— 37 — der Feldzug nicht fortgesetzt11. Solche Umwandlungen des Kriegswesens, von der Wagenburg bis zum takttó&en Körper, vollziehen sich nicht so schnell, es gehort die 'üebung vieler Jahre und die Erfabrung mancher Feldzüge dazu, bis das deutsche FuBvolk auf eigenen Füflen stehen und es wagen kann, allein einen taktischen Körper zu bilden und in ihm zu kampfen. Aber schon hier im Jahre 1474 ist festzustellen, daB Schweizer Gebrauche von dem deutschen FuBvolk aufgenommen werden. Die „Niedere Vereinung" und die Oesterrejcher legen den Schweizern zu Ehren deren Abzeichen, das weiBe Kreuz, an12. Damit zeigen die deutschen FuBknechte an, daB sie auch für Schweizer gehalten werden wollen. Sodann lesen wir in den Quellen, daB inlder Schlacht von Héricourt niemand gefangen genommen werden sollte13. Gerade das FuBvolk hatte schrecklich unter den Burgundem gemordet; nur von den deutschen Reitern waren 70 Gefangene gemacht worden. Dariun wurden die Eidgenossen zornig, und „es war ihnen gar leid, daB küe Ritter so viele gefangen genommen und nicht erstochen natten, denn es ist ihre Gewohnheit, daB sie niemand aufnehmen"14. In dem Sinne schreiben die Berner an N. v. Diesbach: „Wir wollten, es ware anders mit ihnen gehandelt"15. Hier machen die Eidgenossen ihren EinftuB geltend, denn sie können nicht dulden, daB der üble Ruf, der ihren alles hinmordenden Scharen vorangeht, irgendwie abgeschiwacht wird, auch in der Zeit, wo sie mit den Deutschen zusammenkampfen. So wird auf dem Tage der „Niederen Vereinung" zu Basel am 13. Dezember 1474 ein für allemal jausgemacht, daft fernerhin in Scharwfitzeln und Gefechten keine Ge¬ 11. Bernoulli, B. N.-Bl. 76 S. 20/21. 12. Witte a. a. O. S. 371, 375. 13. Mone Bd. 3 S. 395. 14. D. Schilling Bd. 1 S. 184. 15. Ebd. S. 184 Anm. 2.  — 38 — fangenen mehr gemacht werden sollten16. Auf dem Tage von Luzern werden dann weitere Beschlüislsle gefaBt, die sich' ini letzten Feldzug als notwendig erwiesen batten17. Danach! soll die „Niedere Vereinung", wie die Eidgenossenschaft, ihre Knechte den Eid der Berner schwören lassen, daB namlich vor Beendjgung des Kampfes keine Beute gemacht werden dürfe. Wer es doch tue, der salie niedergejtochen werden, daB nicht den Leuten die Beute vorweggenommen werde18. So wird die eiserne, blutige Schweizer Disziplin auch auf die deutschen FuBtruppen übertragen. 2. Das deutsche FuBvolk in den Feldzügen nach Blamont und Lothringen (1475). Wir übergehen die vielen kleineren Beutezüge. die Schweizer und Deutsche nach der Schlacht bei Héricourt in burgundisches Gebiet unternehlmen. Nach einem Zuge der Berner gegen Pontarlier im April d. J. 1475, zu dem diese vor allem 'die Reiterei der „Niederen Vereinung" heranziehen1, da sie selbst nicht über eine solche verhogen, kommt es im Sommer zu 'einem Zuge gegen Blamont, an dem schweizerische und oberdeutsche FuBknechte in groBer Zahl teilnehmen. Von der „Niederen Vereinung" geht dieser Zug aus. Da man aber einsieht, daB man allein nichts gegen die Burgunder ausrichten kann, so siucht man mit aller Kraft flie 16. Witte, Z. f. d. O. d. O. N. F. Bd. 6 S. 402. 17. D. Schilling Bd. 1 S. 187: „Als man davon gehort hat, das an dem strit zu Ericort etlich me auf das roupt gut, dann die viend zu durechten, geneigt warent, um das dann nachmalen, wo es me ze schulden keme, groBer schad davon erstünde, also das die frunde ob dem roupt gut nit einandern erstechen, |und damit die viend nit entrunnen und sich sammeln", wahrend man Beute mache . . . 18. D. Schilling Bd. 1 S. 187/88; Witte, a. a. O. S. 101. 1. Knebel Bd. 2 S. 207/08; Bernoulli a. a. O. 76 S. 27 ff.  39 Schweizer an dem Unternehmen zu beteiligen. Es bedarf auBerordentlicher Mittel, um den Eifer der Schweizer zu erwecken. Auf dem Tage zu Basel im Mai 1475 wird der Vorschlag gemacht, den Schweizern 10 000 Gulden für ihre Teilnahme zu bieten; und etwas spater wird den Schweizern dieses Angebot auf dem Tage von Bern gemacht2. Im Juni d. J. 1475 beschlieBt die „Niedere Vereinung" auf dem Tage zu Ensisheim, den Feldzug zu unternehmen, „allenfaÜs auch ohne die Teilnahme der Schweizer, wenn auch die Stadte dem nur schweren Herzens zustimmten; denn in der Teilnahme der Schweizer lag ihnen eine besondere Bürgschaft für das Gelingen des Feldzuges"3. Die Schweizer werden um „getreues Aufsehen" und eine, wenn auch nur geringe, Anzahl von Knechten gebeten. Aber die Schweizer sind nicht bereit, sich von Staats wegen an dem Zuge zu beteiljgen. Da aber die „Niedere Vereinung" nicht allein den Kampf gegen die Burgunder aufzunehmen wagt, so entschlieBt sich StraBburg, seinen Ammeister Peter Schott in die Schweiz zu schicken, damit er die Schweizer zu diesem Zuge bestimme. Dieser eilt mit einigen Colmarer Ratsfreunden nach Solothurn und legt dort dem Rate dar4, (die „Niedere Vereinung" bedürfe dringend der Hilfe der Schweizer: „sunder wan ir bi uns sint, so ist me umb das geschrei dan umb di maht. Dann ir hant durch1 uwer altforderen biss uff uch harbrocht, wio ir zu felde ziehent, das ein grusen und ein forcht der widerparten davon entstort". — Aehnlich auBern sich die Gesandten vor dem (Rat von Bern, den sie um 400 Schweizer Söldner bitten: „umb das si den namen vom Bern und ander Eidgnossen bi inen haben moechtent, so hofte er, semlichs wurde inen gein 2. Witte, Das Kriegsjahr 1475. Die Reise gen Blamont. Zeitschrift f. d. Oesch. d. Oberrh. N. F. Bd. VIII 1893. S. 204 ff 3. Ebenda S. 213. 4. Witte a. a. O. 216.  — 40 — unser aller vienden gar vil nutzes und fromen bringen und wol erschieBen; dann die von Bern und ander Eidgnossen ir lop also harbrocht hetten, wo oder an welchen enden si im velde werent, das alweg ir iviend darabe gros vorcSit und schrecken hetten"5. Aber nicht allein die Furchf der Feinde wird durch jdie Teilnahme der Schweizer vennehrt; sicherlich ist auch das SelbstbewuBtsein und die Zuversicht des oberdeutsch'en Fuflvolks durch die Schweizer verstarkt worden. Das deutet auch D. Schilling an; er berichtet6, wie die zulHUfe eilenden Schweizer in Basel gar wohl empfangen werden, und wie die Freude über ihre Anfcunft gw>B ist. „Das söll 'jeder woM bedenken, hatten die von der „Niederen Vereinung" den Rücken nicht an denen von Bern und anderen Eidgenossen gehabt noch gewufit, so hatten sie den Heerzug nicht allein gewagt; Wie wohl es auch handfeste, treffliche Leute sind, so war ihnen doch die Macht des burgundtsthen Herzogsfcu groB". Es gelingt also Schott, die Unterstützung der Eidgenossen zu erlangen. StraBburg, Colmar, Schlettstadt und auch Basel nehmen Schweizer in Sold7. AuBerdem haben u. a. die Berner 1000 Mann bewilligt. Zu diesen kommen noch die vielen freien Knechte, die der „Niederen Vereinung" zuliefen. Im ganzen mogen 3500 Schweizer in dem Heere der „Niederen Vereinung" gewesen sein, dessen Starke 12000 FuBknechte und 1250 Reisige betrug8. StraBburg stellt auBer den 400 Schweizer Söldnern 220 Pferde, 135 Handwerker und 434 Landleute ins Feld, die teUweise mit Handgewehr oder Armbrust, die anderen mjt SpieBen oder Hellebarden bewaffnet waren. Leider teilt Witte über die Ver- 5. D. Schilling Bd. I 243—244. 6. D. Schilling Bd. 1 S. 245. 7. Witte a. a. O. S. 217, 224. Knebel Bd. II S. 272 f. 8. Witte a. a. O. S. 224—25. Bernoulli a. a. O. 76 S. 33/34.  — 41 — teihuig dieser Waffen nichts mit. „Wegen unliebsamer Vorkommnisse bei dem Zug von Héricourt war eine strenge Kriegsordnung getroffen, die von Führern und Mannschaften beschworen wurde"». Auch hierüber gibt Witte leider keine genaueren Angaben; sicherlich wird der Eid ahnlich dem der Berner gelautet haben nach dem oben erwahnten BeschluB auf dem Tage von Luzern. Die 400 Baseier Handwerker schwören bei ihrem Auszug am 26. August: „oboedientiam facere capitaneo et non offendere mulieres neque pueros, nee praedari sacerdotes nee ecclesias violare, nee quidquam de eis recipere"10. In diesem Heere, das auf Verlangen der Schweizer vor Stadt und ScbJoB 1'Isle rückt, wird sühlarf auf fDistziplin geachtet. Als die Bemer und die anderen Kontingente zum Sturm geordnet werden, „hielt sich jeder Mann zu RoB und zu FuB in einer guten Ordnung, und es durfte niemand aus der Ordnung genen"". Bei der Erstüxmung der Stadt wird gemeine Beute gemacht; ein Oesterreicher, der einen Kelch genommen und das nicht angezeigt hatte, wurde sofort im Feld gerichtet, und der Nachrichter, der den Uebeltater gefehlt und nicht richtig gerichtet hatte, wurde von den Knechten auf dem Fleck erstochenia. So wird hier im Feld eiserne Disziplin nach schweizerischer Art geübt. Die bei der Eroberung von 1'Isle gemachte Beute wird m drei Teile geteilt: Erzherzog Sigmund, die „Niedere Vereinung" und die Eidgenossen erhalten je ein Drittel. Witte tadelt diese „ungerechte" Bevorzugung der Schweizer, er meint, die Elsasser und Schweizer hatten ohnehin sich nicht gut leiden mögen, und man habe sich einer Tauschung hingegeben, wenn man geglaubt habe, durch jene Bevor- 9. Witte a. a. O. S. 225. 10. Knebel a. a. O. 11. D. Schilling Bd. 1 S. 246. 12. Witte a. a. O. S. 228.  — 42 — zugung die Eidgenossen einigermaBen befriedigt zu haben Nach Witte war der Schweizer Söldner überhaupt unersattlich, und die übrige Mannsehaft fühlte sich zuruckgesetzt- Der Schweizer riB dem Bürger und Bauersmann seine Beute geradezu unter den Handen fort und pochte dabei auf seine Überlegene Kraft und Uebung m den Watten"*3 So schreibt einer der StraBburger Hauptleute nach der Eroberung von 1'Isle: „Die Schweizer wollen die Vorteile alle haben, das wollen die anderen nicht leiden. Weiter geht der Zug gegen Blamont. Immer wieder werden Klagen laut über die Zuchtlosigkeit der Sdhweizer vor allem über die freien Knechte. Die StraBburger Hauptleute lassen nach Thiersteins Abzug den Dingen ihren Lauf einerseits aus übel angebrachter Schonung der Empfindlichkeit der EidgenosSen", anderersteitS, weil sie furchten, die Auflösung des Heeres herbeizuführen, wie Witte annimmt. Trotz dieser schledhten Erfahrungen mit den Schweizern aber suchen die StraBburger mtd Basfeler Hauptleute nachdem der Irste Sturm auf Blamont fehlgesehlagen ist und tiefe Muttosigkeit die Knechte ergriffen hat, d,e Schweizer zum Bleiben zu bewegen und neue Werbeizuziehen. Sie verheiBen den Bemern für ihre Hüfe ein „Kuctaffeld" von tausend QMtn^. Obwohl die Berner die Hitte «ir unnötig halten, senden sie 2500 Mann, zu denen tooch 1200 Baseler, einige Solothurner und Freiburger Knechte «toBeniö. Blamont wird erobert; wieder kommt es zu achweren Ausscbreitungen der Schweizer wegen der Verteilung der Beute. Die StraBburger Mannschaft emport sich offen und will abziehen; sie sagt, sie sei ihres 'Leibes und Lebens mehr vor den Eidgenossen als vor den Feinden in Sorge; denn die Schweizer drohten, sie zu erstechen. 13. Witte a. a. O. S. 228-29, 229 A. 1 14. Witte a. a. O. S. 240, 252. D. Schilling Bd I S. 255, 266 f. Bernoulli a. a. O. S. 41. 15. Witte a. a. O. S. 243.  — 43 — Dazu HeBen sie ihr nicht die Beute zukommen und iredeten sie wollten weiB und rot in zwei Teile sparten. Dazu gabé ihr die Stadt auch kein Geld. Die StraBburger Haupt. leute berichten selbst an die Stadt, daB die Klagen tier Knechte berechtigt seien. Sie erinnern die Knechte an diè beschworene Feldordnung und verspreöhen ihnen, sie zu bezahlen. Vergebens; die Knechite verlangen heimzuktbren. Schon befindet sich das ganze Heer in voller AuH&auig" Trotzdem finden sich manche StraBburger bereit, den Zug weiter nach Grammont mitzumachen. Durch die Tapferkeit der in der Vorhut befindlichen Schweizer wird das SdüoB gestürmt. Dann aber geht das Heer am 24. August in Unfrieden auseinander. Witte beschlieBt seine Betrachtungen über diesen Feldzug mit einer sehr interessanten Kritik der StraBburger Wehrverfassung. Wahrend er MMt^mer den* Uebermut die Disziplmlosigkeit und die Habgier der Schweizer tadelt sagt er hier, wenn auch die StraBburger mit Recht lungetehen gewesen seien, die Meuterei im offenen Felde sei bedenkhch, und mit Recht sei dje Staldt mit Strafen eindritten. Er meint, die Stadt hatte sich früher entschheBen mussen, ihren Leuten Sold zu zahlen, um den Neid uber die reichliche Besoldung der eidgenössischen Knechte zu verhüten17. Uns hat dieser Feldzug gezeigt, wie wenig das deutsche FuBvolk allem ausrichten kann. Die „Niedere Vereinumr" «t eine^Offensive, als der Zuzug der Sdhwetar gesichert «t. Trotz des anspruchsVollen Benehmens der Schweizer aeh'en die StraBburger neue VerstarkUngen aus dei' Eidgenossenschaft heran. Man scheut deshatb keine GeWopfer. Augenseheinlich hat man den eigenen Truppen nicht viel zugetraut. Mit Recht wahrlich stellen die Schwei- 16. Witte a. a. O. S. 247/49. 17. Ebenda S. 252 f.  — 44 — zer ihre Ansprüche bezüglich der Beute, zumal viele freie Knechte unter ihnen waren, die keinen Sold erhielten. Sie bilden den Kern des Heeres und machen überhaupt den Feldzug erst möglich. Mit Recht pochen sie auf ihre überlegene Kraft und Uebung in den Waffen. Aber die Zeit ist nicht mehr weit, da hat sich' das Verhaltnis umgedreht. In einem spateren Kapitel wird darauf hinzuweisen sein, wie deutsiche Landsknechte die Schweizer ebenso behandeln, wie hier die Schweizer die FuBknechte .der „Niederen Vereinung", so daB die Schweizer sich ihres Lebens nicht sdcher fühlen und auch abziehen wollen: im Jahre 1487, im Feldzuge Erzherzog Sigmunds gegen Venedig. Hier im Jahre 1475 sind die DeutSdhen noch die Schuier der Schweizer und auf diestefben angewiesen. Da, wo sie allein gegen die Feinde ziehen, fehlt ihnen der Rückhalt. So werden in diesem Jahre 80 Mann aus dem Sundgaü, die gegen das ScMoB Grammont ziehen, von burgundisehen Reitern angegriffen und in die Flucht gesdhlagen; 18 werden erstochen und einige in einen Weiher gejagt, in dem sie ertrinken. D. Schilling18 knüpft daran die Betrachtung: Waren sie mit Ordnung und mehr Leuten ins Feld gezogen und hatten sie tapfer gekampft, so ware ihnen das nidht geschehen. Darum soll jedermann daran denken und sich in solchen Noten zu fceiner Flucht nimmermehr bringen lassen; denn waren die tapferen Eidgenossen und ihre braven Vorfahren in ihren Kriegen nicht so „hantvest und bestentlich" gewesen, sie waren vor langen Zeiten vertrieben worden und nicht zu sokhem Glück und solcher Ehre gekommen. Anfang September 1475 sammelt sich wiederum ein Heer bei Pont a Mousson in der Starke von 8000 FuBr knechten und 900 Reitern, meistens Lóthringer und Deutsche, 18. Bd. I S. 250/1. \  — 45 _ gegen den von NeuB, heranziehenden Karl den Kunnen™ Von den 4000 deutschen Fuflkïiechten heiBt es, sie seien schlecht bewaffnet gewesen20. AuCh einjge Schweizer befinden sich in dem Heere. Aber isie waren zu schwach als daB sie dem Heere einen Rückhalt hatten gebenlköunen Aus Furcht, die Deutschen mochten vor den Burgundern auseinanderlaufen, erbittet Herzog Reinhard von Lothringen neue Hilfe von der „Niederen Vereinung", und als ihm d.ese nicht gewahrt wird, weicht er einer Entscheidungs^chlacht aus und verteilt sein Heer in die festen Platze Nun bncht Kar] in Lothringen ein; scbnell hat er das Land erobert, nur Nancy wagt einigen Widerstand. Da ruhlt sich auch die „Niedere Vereinung" bedroht. Auf dem lag von Basel wird bescbtossen, daB jeder dritte Mann unter die Waffen treten solle. „Wie es zu jener Zeit üblich war, stellt das Landvolk meist SpieBer, wahrend die Stadte meist Buchsenschützen und Artillerie lieferten"2i Aber die „Niedere Vereinung" erkennt wohl, daB sie mit diesen zumeist nicht sehr kriegsgeübten Massen allein nicht viel eireiöhen kann, und so sieht sie zu, ob sie ,nicht Schweizer erhalten kann22. ja man spricht auch davon> 8m Schwdzer auf einen Monat in Sold zu nehmen, schon wegen der moralischen Wirkung, welche die Teilnahme der Schweizer' haben muBte. Aber der am 30. November 1475 mit Karl dem Kuhnen abgeschlossene Waffenstillstand macht die Aufstellung eines Heeres unnötig. A1. i9- WJüe! Lothringen und Burgund. Jahrb. f. lothr. Qesch u Altertumskunde 2. Jahrg. 1890 S. 65. 20. F. de C-ingins la Sarra, Dépêches des Ambass. Milanais sur les campagnes de Charles le Hardi, duc de Bourgogne de l"" Pans-Genève 1858. Bd. 1 S. 219. S. 242fWitte' ^ Kri€gSj' 1475- Zf QdO. N.F. Bd. 10 1895 22, Witte a. a. O. S. 244  — 46 — 3. Das deutsche FuBvolk in den Sdhjlachten von Grandson und Murten (1476). Bisher ist dargelegt worden, wie die „Niedere Vereinung" immer wieder Schweizer für ihre Feldzüge heranzieht und wie sie ohne dieselben k&um> gröBere Unternehmungen zu beginnen wagt. Es ist jetzt nachzuweisen, was es für Truppen sind, die die Schweizer von ihren oberdeutschen Verbündeten im Kriegsjahr 1476 verlangen, und welchen Anteil diese an den Stegen von Grandson und Murten nehmen. Wie oben berichtet, trugen die Schweizer zu jener Zeit zumeist LangspieB und Hellebarde; weniger zahlreich waren bei ihnen aber die SchuBwaffön. Gerade diese wurden von den Knechten der oberdeutschen Stadte beSonders gut gehandhabt. Diese konnten auch die Schweizer in ihren Schlachten gut verwerten, da sie nicht im Gewalthaufen tochten, sondern als Plankier voraustogen und sich, wenn es zum Nahkampf kam, zurückzogen. Diese oberdeutschen HandbüchsensChützen suchen die Schweizer vor allem vor der Schlacht bei Murten heranzwziehen. Am 13. Marz bittet Bern die Stadte Konstanz, ' Ravensburg und Lindau, eine Anzahl Volks zu RoB und FuB, besonders Büchsensdhutzen, zuzurüsten, daB sie zuziehen könnteni. Von dem schwabisehen Stadtebund wird ebenfalls ein reisiger Zug und einige Handbüchsenschützen verlangt2. Auch Erzherzog Sigmund wird um 1000 Hakenbüchsenschützen gebeten3. Sodann schickt StraBburg 500 Pferde und 300 BüöhsCnschützen4. Hauptsachlich aber suchen die Schweizer aus Ober- 1. O. F. Ochsenbein, Die Urkunden der Belagerung «nd Schlacht von Murten. Freiburg 1876 S. 32. 2. Ebenda S. 147 S. 153/54. 3. Ebenda S. 46. Knebel Bd. 2 S. 378. 4. Archivchronik S. 200.  49 zu den beiden Schlachten zu spat. So jene 300 Reisigen StraBburgs bei Grandson. Sie vvirken in der Schlacht nicht mit. Nur Knebel berichtet, daB sie sich in der Nachhut mit den Baseier Truppen befunden hatten. Die Nachhut nimmt aber nicht am Gefecht teil. Wahrschleinlich kamen die StraBburger erst, als die Anordnungen zur Schlacht schon getroffen waren18. Ebenso können an der Schlacht bei Murten nicht alle oberdeutschen Zuzüge teilnehmen, wenn auch die Eidgenossen diesmal bereit sind, mit der Schlacht bis zur Ankunft des reisigen Zugs von StraBburg und andern zu warten™. Oswald von Thierstein muB siich sehr beeilen, daB er zeitig zur Schlacht kommt: „Viel hübscher Pferde werden abgeritten und hinten gelassen"2». Und wenn diese Reiter kaum rechtzejtig zum Schlachtfetd kommen, wie konnte es dem FuBvolk des Landvogts, das von ihm in sehr groBer Zahl aufgeboten wurde, möglich sein, zumal es sich noch einen Tag spater versammeln sollte21. Möglicherweise kamen die Leute von Colmar, ScMettstadt und die des Bisehofs von Basel noch zeitig an, dieSchaffhaiJsener kamen wahrscheinlich zu spat, ebenso wie die 300 Pferde des Markgrafen von Baden und des Herzogs Ulrich von Württemberg22. In der Schlacht kampfen deutsche Ritter, Büchsen- und 18. Knebel Bd. 2 S. 357. Man vergleiche auch den Brief des Werner von Westhusen und des Philipp von Oberkirch an den Rat von Colmar vom 10. Marz 1476, in dem es heiBt: „und sind die von StraBburg mit ihrem Zug auch nicht bei der Geschicht gewesen, und haben die Eidgenossen über 60 Pferd nicht bei sicb gehabt an sokher Geschicht. Ochsenbein S. 22. Bernoulli a a Ö 77 S. 16/17. • • . 1°. Ochsenbein S. 292, 294. 20. Ebenda S. 299. 21. Ebenda S. 659. 22. Ebenda S. 660.  — 50 — Ambrustschützen in der Vorhut23. Selbst die Schweizer rühmen die Tapferkeit der Deutschen. So schreibt ein Eidgenosse an den Herzog von Mailand: „In cönflicto isto tam egregie sese gessere auxilia ducis Austrie et Lothoringie, Argentini et Basilienses cum confederatis, ut maxime et perpetua coniunctio inter eos ex hoe noscetur^24. Aucli in diesem Feldzuge, in dem deutsche FuBknechte und Schweizer nebenejnander fechten, wird die strenge Feldordnung, und damit die Disziplin der Schweizer, auf die Deutschen übertragen. So wird auf dem Tag von Luzern d. J. der BeschluB gefafit, wenn es wieder zu einem Zug komme, so solle jeder Mann, der im Felde sei, es seien Herren, Stadte oder Lander von den Eidgenossen oder anderen, alle den Eid tun und schwören, den die von Luzern und andere Eidgenossen bisher geschworen hatten, den man auch jedermann gesdhrieben heimzuführen gegeben habe25. Dieser Luzerner Feldeid wird auch von den deutschen FuBknechten geschworen. So wird er vor den 1500 FuBknechten und 100 Reitern, die aus Basel am, 29, Marz ausziehen, verlesen26. StraBburg bes*chueB,t, alle Burgunder, die man antreffe, zu töten, mit Ausnahme der Kinder, Priester und Frauen, und alle Ortschaften, welche man einnehme, zu verbrennen und dem Erdboden gleich zu machen. Und endlich wird noch einmal im Felde -vor Murten allgemein bekannt gemacht27: 1. daB jeder in der Ordnung blejbe, in die er gestellt worden; 23. Bernoulli a. a. O. 78 S. 12: Die Schützen waren teils der Vorhut, teils dem Oewalthaufen zugeteilt. Doch gingen sie zum Feuern stets in aufgelöster Ordnung. 24. Oingins Bd. II S. 316. Witte, L. u. B., Bd. III S.252L 25. Knebel Bd. II S. 380 ff. Ochsenbein druckt den Feldeid aus dem Luzerner Abschiede vom 18. Marz 1476 ab. S. 46 ff. 26. Knebel Bd. 2 S. 385. 27. Bernoulli a. a. O. S. 13—14.  — 51 — 2. daB keine Gefangenen gémadht werden dürften, d.h. daB jeder Feind sofort zu erschlagen sei; 3. daB jeder, der sieh zur Flucht wende, vom nachsten sogleich erstochen werden solle; 4. ebenso jeder, der wahrend des Gefedhtes ein Geschrei erhebe, d. h. etwas anderes rufe als die Hauptleute; 5. daB keine Gefallenen ausgeplündert werden dürften, bevor der Sieg entsdhieden sei; 6. daB Priester, Frauen und Kinder weder getötet noch irgendwie miBhandelt oder beleidigt werden dürften. 4. Das deutsche FuBvolk in den KriegSzügen nach Lot hringen und im Feldzuge nach Ponta-Mo usson. Der Krieg, der nun schon zwei Jahre lang gegen Karl den Kühnen geführt wurde und an dem, wie gezeigt :worden ist, auch die SüddeutsChen Landschaften besonders beteiligt waren, hatte natürlich den kriegerischen Sinn in diesen Landschaften besonders geweckt. Und war es auch aus finanzjellen Gründen und Verpflegungsrücfcs4dhten nicht möglich, langer gröBere Heere ins Feld zu stellen, so boten doch die vielen Beutezüge immer wieder Gelegenheit, die Waffen nicht rosten zu lassen. So ist es denn auch natürlich, daB im Süden DeutSchlands, ebenso wie in der Schweiz, viele junge Leute sich! dem Kriegsdienst Zuwandten und, da sie immer wieder Betatigung fanden, ihrem bürgerlichen Berufe untreu wurden; allerdings ist darauf hinzuweisen, daB es solche Knechte im ganzen Mittelalter gegeben hat. Sie scharen sich zusammen, wenn es gilt, Beutezüge zu unternehmen, oder sie treten auch in die Dienste der Stadte, wenn diese ein Heer aufbringen wollen. Solche freien Knechte waren es wohl, die sich in Basel im April des Jahres 1476 sammelten und an dem fBeute-  — 53 — Lothringische Chronik sagt von ihm7: „Harnexaire estoit bien modéré a faict de guerre; il estoit vaillant et se faisoit aymer de toutes gens". Auch der Baseier Chronist Knebel hat von ihm gehort; er berichtet8: „Quidam dictus Hamesfcher de Tannis Alsacie,' qui multa incommoda prius inferebat Burgundis, receptus secum sociis et equestribus, intravit in Burgundiam et obti- nuit castrum Burgundie . . . accepta multa preda cum salute recessit." In Harnescher hat Herzog Reinhard die rechte Wahl getroffen. Er leistet ihm bei der Wiedereroberung seines Landes gute Dienste. Zuerst nimmt er Stadt und SchlöB Bruyères9. Von da aus wird das Land von Bruyères, St Diez, Arches und Remieremont unterworfen. Wertvolïerï Beistand bezieht er dabei aus dem Sundgau und OberelsaBi°. Harnescher weiB also genau, woher er tüchtige Truppen beziehen kann. Gerade in dem der Schweiz so nahe gelegenen Sundgau war das Schweizer Kriegswesen sicherlich schon teilweise aufgenommen. Vielleicht hat er dort auch die Landsknechte geworben, von denen die Lothringische Chronik berichtet. Er sammelt 1400 „tous gentils compaignons, picques, hallebardes et colverines", überfallt einige Burgunder in den Vorstadten von Epinal, und mit „picques et de hallebardes" werden die Feinde getötet". Hier also werden SpieB und Hellebarde neben der Feuerwaffe als die Hauptwaffen eines FuBvoIks genannt, das zum groBen Teil aus dem Sundgau stammt. Sollten aber wirklich jene FuBknechte, die Harnescher dem Herzog zuführt, den Namen „Landsknecht" geführt haben, wie es die lothringische Chronik angibt, nach der 7 Chron. Lorr. S 212. 8. Bd. 3 S. 87. 9. Chron. Lorr. S. 211/2. 10. Witte, J. f. 1. Q. j. A. 1891 S. 257. 11. Chron. Lorr. S. 214/15.  — 54 — einige Monate spater auch Karl der Kühhe sölche in seine Dienste auf nimmt12 ? Oder ware es nicht mögtich, daB der Chronist einen Namen, der erst spater auftaucht, in eine frühere Zeit hineinversetzt? Laux begnügt sich damit, zu sagen, der Verfasser sei Zeitgenosse und verweist dabei auf seine sehr kurze Kritik der Lothringischen Chronik in seiner Arbeit: „Ueber die Schlacht bei Nancy"13. Hier stellt er nur fest, daB der unbekannte Verfasser an vielen Unternehmungen, von denen er berichtet, beteiligt gewesen sei, daB er eine Art b,Generaladjutant" des Herzogs gewesen zu sein scheine, daB er genau die Intentionen des Herzogs gefcannt und an der Schlacht bei Nancy teilgenommen habe14. Leider finden sich bei fast allen Forschern keine genauen Daten über die Abfassung der Chronik. Auch Mohhier15, der annimmt, der Verfasser des Teiles der Chronjk' von 1461—1477 sei Chretien de Chastenoy, der Sekretar des Herzog Reinhard, schweigt darüber. Witte dagegen stellt fest, daB die Chronik wegen ihrer vielfach ungenauen Angaben mit Vorsïcht zu benutzen sei. Er halt nicht Chretien für den Verfasser, da der Chronist sich gerade durch „Ungenauigkeit in der Erzahlung diplomatischier Vorgange" auszeichne16. Er erzahle die früheren Ereignissé vom Hörensagen und, was er selbst erlebt, aus der Erinnerung jn spateren Zeiten; die Ereignissé habe er behalten, wie das zu geschehten pflege, vielfach bis auf kleine Einzelheiten; der Faden, der Zusammenhang der Ereignissé sei ihm verloren gegangen11. Die Erzahlung selbst enthalte sich fast aller 12. Ebenda S. 246/47: „le duc de Bourgogne des lansquenets de Mets bien était assuré". 13. Berlin 1895. 14. Ebenda S. 14—15. 15. Sourcês de 1'histoire de la France. Bd. 5 Nr. 4709. 16. Witte J.f.l.O.u. A. 1890 S. 17 A. 1. 17. Ebenda S. 45 Anm. 2.  — 55 — chronologischer! Angaben, und die wenigen, welche der Chronist gebe, seien fast ohne Ausnahme falsch. Da er aus der Erinnerung schreibe, werfe er die Tatsachen vielfach in heilloser Weise durcheinander18. Können wir von diesem Chronisten, der lange nach den Ereignissen schreibt, verlangen, daft er welft, ob der Name Landsknecht schon zu jener Zeit, in der er ihn gebraucht, angewandt wurde? Wohï mag er jene Knechte gesehen haben, wohl mögen sie Aehnlichkeit mit den spateren Landsknechten gehabt haben, die auch' freie Knechte waren. Und so übernimrnt wahrscheinlich der Chronist den Namen aus einer spateren Zeit, in der erj&eine Chronik schreibt, und wendet ihn für jene FuBiknechte an. Ob jene Knechte Hameschiers aber „der Sache nach1" Landsknechte waren, wuift dahingestellt bleiben. Aus der Bewaffnung mit Handbüchse, Hellebarde und langem Schwert oder Spieft 'kann man noch keine Schlüsse ziehen, denn im ganzen Mittelalter gab es derartig bewaffnete Fuftknechte; wenn über die Verteihijng dieser Waffen Genaueres mitgeteüt ware, könnte ein solcher SchluB gestattet sein. Dann ist erst festzusteUen, ob es möglieh ist, aus solohem FuBvolk einen taktischen Körper zu bilden, in dem die Landsknechte zu kampfen pflegten. Aber einen solchen haben wir bistier bei einem deutschen FuBvolk noch nicht gefunden und da, wo es im Gevierthauf en kampft, ist immer eine grofie Anzahl von Schweizern dabei gewesen. Somit ist m. E. Laux nicht berechtigt, wenn er aus jener Angabe der Lothringischen Chronik schlieBt, Landsknechte hatten „dem Namen und der Sache nach" an diesem Feldzug teilgenommen. |p$Klï Zur Bekraftigung seiner Annahjme führt Laux eine Stelle aus der Chronik eines anderen Zeitgenossen, Etterlin, 18. Witte J. f. 1. G. u. A. Jahrg. 1891 S. 244 Anm. 1.  — 56 — an, in der es heiBt19: „Das was vorhin ein gesamlot volk von hüpschen Lands knfecht". Dies sagt Etterlin von dem FuBvolk, das Reinhard in Basel gesammelt hatte, um es mit den ihm zuziehenden Schweizer Söldnern zu vereinigen. Die „Landsknechte" und andere 'Truppen hatten Basel raumen müssen, damit die herankommenden Eidgenossen ein besseres Quartier in der Stadt finden könnten. Sie hatten in Basel wohl gelebt, gegessen und getrunken. Als sie in die Schiffe steigen wollten, um nachi Breisach !zu fahren, waren sie übermütig und ungehorsam. „Sie gebaraeten sich dermaBen, daB die beiden Schiffe zerbrachen und ob 140 ertranken"20. Diese „Landsknechte" sind also beteiligt an jenem Unglücksfall, der sich am 19. Dezember 1476 auf dem Rhein ereignete. Da aber viele Quellen darüber berichten, so sind diese zum Vergleich heranzuziehen, um festzustellen, was es für Knechte sind, und woher sie kommen. Der Berner Zeitgenosse D. Schilling21 s>, es seien „etliche Knecht von Basel und andern Eidgenossen" gewesen, die der Herzog von Lothringen um Sold bestellt hatte. Nach Edlibach22 waren es 400 Knechte, deren Hauptmann, ein Metzger von Basel, und andere tüchtige Knechte ertranken; aber der Fahnrich^ auch ein Baseier, rettete sich mit dem Fahnlein. Der Luzerner D. Schilling, der selbst von der Rheinbrücke aus den Unglücksfall sah, sagt, es seien Knechte „uB der Eitgnoschafft und anderswahar" gewesen23. Aus einem Briefe Basels an Veltin v. Neuenstein vom 21. Dezember geht hervor, daB 30 Baseier und andere Knechte ertranken24. Sodann schreibt Basel am 10. Petermann Etterlin, Chronica von der loblichen Eidgenossen- schaft. Herausgeg. von J. «Spreng. Basel 1752 S. 213. 20. Etterlin S. 213. '21. Bd. 2 S. 109. 22. Chronik. Herausgeg. v. Usteri. Zürich 1847 S. 164. 23. „Chronik". Lucern 1862. S. 87 f. 24. Baseier Chioniken. Bd. 3 S. 478.  — 57 — 7. Februar 1477 an seine Bundesgenossen von Zürich, Luzern Schaffhausen, Laufenberg, Sackingen u. a. und verteidigt die Schiffer, denen wegen des Unglücksfalles Vorwürfe gemacht wurden:- Das sei einigen Knechten von „ihnen" bekannt, daB es neue Schiffe gewesen seien. Die ungestümen Knechte selbst harten das Unglück verschuldet, „als sich des glichen bede zu Zürich, Louffenberg und andern ennden, da etlich knecht den schiffen die böden uszgesprungen haben, erzeigt haben"25. Aus diesen urkundlichen Quellen wie aus den Angaben der zeitgenössjschen Chroniken geht unzweifelhaft hervor, daB es'sich hier umiBaseler und Eidgenossen handelt, die von dem Unglück betroffen werden. Auch Bernoulli sagt: „Sowohl der Hauptmann, em Metzger, als auch der Fahnrich samt einem Teile Ider Mannschaft waren Baseier, wahrend die MehrzaM erst zwei Tage vorher aus der Ostschweiz hierher gekommen zu sein scheint"2«. Somit hatte Etterlin unter jenen „Landsknechten" Baseier oder, sagen wir besser, Oberdeutsche und Schweizer verstanden. Es steht aber fest, daB spater die SchWeizer Von den Landsknechten scharf geschieden wurden. Nach Etterlin wurden dann zuerst unter den Landsknechten auch Schweizer verstanden worden sein. Wie dem auch sei, wenn Laux jene Stelle aus Etterlin zur Bekraftigung seiner Annahme, schon im Jahre 1476 hatten Landsknechte existiert, anführt,' so hat er dabei übersehen, daB dieser Chronist in einer sehr viel spateren Zeit schreibt. Zwar ist er Zeitgenosse und macht selbst den Feldzug gegen Karl den Kühn,en mit, er schreibt auf „wirkliches Ansuchen" seiner Vaterstadt Luzern seine Chronik und hat Zutritt zu allen Akten der Kanzlei. Aber auch hier müssen wir mit der Möglichkeit rechnen, daB Etterlin den Namen Landsknecht in eine frühere 25. Bas. Chron. Bd. 3 S. 478/9. 26. Bernoulli a. a. O. 78 S. 27.  - 58 — Zeit hineinversetzt hat, da er erst im Jahre 1507, iüber 30 Jahre nach den Ereignissen, seine Chronik vollendet. Aber wenn man die Frage nach dem Ursprung der Landsknechte lösen will, so ist es nicht allein von Wichtigkeit, nach ihrem Namen und ihrer Bewaffnung zu suchen, sondern vor allem darauf kommt es an festzustellen, ob sie fahig sind, einen taktischen Körper zu bilden, und sich in ihm in der Schlacht zu behaupten. Darüber werden wir AufschluB bekommen, wenn wir den weiteren Verlauf der Burgunderkriege ins Auge fassen. Herzog Reinhard von Lothringen nimmt jetzt nach den Schlachten von Grandson und Murten den Kampf gegen Karl den Kunnen auf. Dieser Feldzug zerfallt in zwei Teile: der erste endet mit der Flucht des deutschen FuBvolks bei Pont a Mousson - hier ist dasselbe fast ganz auf eigene FüBe gestellt, da nur wenige Schweizer an diesem Feldzuge teilnehmen —, der zweite endet mit der Schlacht bei Nancy, und hier spielen die Schweizer die Hauptrolle. Für uns kommt natürlicherweise der erste Teil vor allem in Betracht. Zunachst ist wieder darauf hinzuweisen, daB auch Herzog Reinhard die Schweizer zur Teilnahme an dem Feldzuge zu bestimmen sucht. Auf dem Tage zu Freiburg im Juli und August d. J. 1476 sind die Schweizer wohl bereit, Reinhard 3000 Mann zu geben, „doch in ihren Landen zu gebrauchen und zu behüten, aber auBerhalb ihres Landes vermogen sie es nicht zu tun"". Aehnlich schreibt auch der raailandische Gesandte im Lager Karls des Kühnen an den Herzog: Reinhard habe sich in Freiburg groBe Muhe gegeben, einen Teil des Schweizer Kriegsvolkes zu erhalten, um damit Lothringen wiederzugewinnen. Wegen einer Bombarde habe er Handel bekommen; man habe ihn ohne Leute fortgehen lassen. Das sei eine gute Nachncht fur Lothringen, das durch Streifzüge schon schwer geschadigt 27. Basler Chroniken Bd. 3 S. 448.  64 Teil mit SpieBen und Hellebarden bewaffnet war, vor allem mit SpieBen. Wenn die Angaben der Lothringischen Chronik zutreffend sind, tragen ca. 1/3 der FuBknechte SpieBe, !/3 Hellebarden und 1/3 SchuBwaffen. Ob aber das FuBvolk zu einem taktischen Körper, einem Gevierthaufen, zusammengeschlossen wurde, geht aus den oben angeführten Stellen nicht hervor. Fast überall, wo von „ordonnance" und „ordre" die Rede ist45, handelt es sich wahrscheinlich um eine bloBe Marschordnung. Es ist aber zy beachten, dieses Heer setzt sich meist aus FuBknechten zusammen; die Reiterei spielt in ihm fast gar keine Rolle. Auch ist keine Wagenburg in dem Heere nachzuweisen. Somit ist man also genötigt, falls man irgendwelche Erfolge gegen die Burgunder erringen will, das FuBvolk zu ordnen, und zu einem taktischen Körper zusammenzustellen, wie man es in den Feldzügen, in denen man mit den Schweizern zusammen gefochten hatte, von diesen gelernt hatte. Sicherlich haben auch manche dieser deutschen Knechte in diesen Kriegen oft FuB an FuB mit den Schweizern gegen die Burgunder gefochten und es gelernt, wie man im taktischen Körper zu kampfen hat. Aber die Eidgenossen waren es doch gewesen, die ihnen den nötigen Rückhalt gaben und das Vertrauen auf den Sieg einflöBten. Deshalb hatte man immer wieder versucht, sie herbeizuziehen, auch in diesem Feldzuge. Der schweizerischen Disziplin hatten sich auch die deutschen FuBknechte unterzuordnen, und so war es ihnen auch gelungen, die Burgunder mehrfach zu besiegen. Aber noch haben sie nicht die nötige Kriegserfahrung, das SiegesbewuBtsein, noch fehlt ihnen das nötige Selbstgefühl, als daB sie allein mit den Burgundern hatten fertig werden können. Sie können nicht allein wie die Schweizer einen taktischen Körper bilden und in ihm den Kampf gegen Karl den Kühnen aufnehmen, 45. Man vgl. auch Chron. Lorr. S. 201.  — 65 — p"*! , ?6 S CrIich dCT FeIdzu^ nach Pont-a-Mousson jene Entscheidung gebracht, wie sie erst durch die Schlacht bei Nancy, durch schweizerisches und deutsches FuBvolk vereint ermch wurde. Sicherlich hat Reinhard, der mehr auf die Zahl als auf die Beschaffenheit seiner Truppen sah, dem Heere zuviel zugetraut, wenn er hoffte, mit ihm seinen Gegner zu bestehen. Im Oktober 1476 zieht Reinhard nach der Einnahme von Nancy mit seinem Heere nach Norden. Bei Autreville mmmt er am 14. Oktober eine gute Stellung ein, wahrend Karl der Kuhne mit einem Heere von 10-12000 Mann auf dem andern Ufer der Mosel bei Dieulouard steht*«. Da faBt Remhard mit dem lothringischen Kriegsrat den BeschluB m der Nacht abzuziehen. Witte findet hier den BeschluB unverzethhch Er meint, „auf den gemeinen Mann muBte dieses Aufgeben einer vorteilhaften Stellung, der Rückzue vor emem unbesiegten Feind, in jeder Beziehung verwirrend T rLi Wie kurz vorher vor Nancy entstand auch jetzt der Gedanke, als ob Verrat im Spiele sei»*7. Es ist nur sonderbar daB dieser Abzug weiter nach Norden geht, so daB Remhard sich selbst den Rückzug abschneidet. So fallt auch eine Proviantkolonne, die von 400 FuBknechten aus dem Sundgau, Schwarzwald und vom Oberrhein begleitet wird, den Burgundern in die Hande und wird von ihnen volhg aufgeneben**. Nach Witte best5rkt ^ ^ diesem Ereigms bei 'dem deutschen FuBvolk den Verdacht daBVerrat Im Spiele sei*9. Dreimal nimmt so Reinhard einè 46- Witte. J. f. I. G. u. A. Bd. IV S 75 4/. Ebd. S. 76/77 49. Witte a. a. O s 78 Luginb«H Basel 19H S. 65.  66 — feste Stellung ein, und ebensooft gibt er sie wieder auf. Witte ist der Ansicht, daB dadurch auch ein festgefugtes Heer notwendig erschüttert worden ware, und „so war es am Ende nicht wunderbar, wenn sich bei diesem Heere von dem ein groBer Teil den Feldzug noch widerw. hg mitmachte, die Garung endlich zum offenen Ausbruch kam • . Aber der Kriegshistoriker kann sich mit dieser Erklarung nicht zufrieden geben. Er denkt an jenes lange, fur die Truppen sehr anstrengende, Manövrieren J"ednchs des GroBen bei Bunzelwitz und Gneisenaus und Bluchers, nut der preuBischen Landwehr vor dér Schlacht an der Katzbach wo schlieBlich doch der taktische Zweck erreicht und der Sieg an der Katzbach erfochten wurde. Aber das waren ebïi auch disziplinierte Heere, und gerade diese ^sziphn hatte sich noch nicht völlig von den Schweizern auf das deutsche FuBvolk übertragen. Wir haben über diesen Feldzug einen sehr interessanten Bericht von Nicolai, der, wie oben erwahnt, von der Forschüng noch nicht verwertet worden ist der aber mteressanfe Einzelheiten über die Burgunderkriegj, enthalt^ Hier lesen wir, daB auch die Niederlage jener 400 deutschen FuBknechte den Mut Reinhards nicht niederzudrucken vermochïe „lm Gegenteil, immer auf die Schlacht bedactn, bemühte r sich, das Werk der Entscheidung m,t se.nem Gegne zu vollenden. Er berief deshalb die Hauptleute zusammen, machte einen Vorschlag; aber dkser Vorschlag wurde bestritten. Denn einige Hauptleute fürch eterj, daB wenn die Sache unglücklich ausschlagen wurde, die Gefanr S gegen sie wenden möchte. Andere sagten sie waren nicht'efnmal beauftragt zu siegen, sondern «J« Sta* vor einem Kampfe zu bewahren. Aber er hatte eimge ^^Schrït is/Lrz nach den Burgnnderkriegen in den Jahren 1477 oder 1478, entstanden. S. 78.  — 67 — Schweizer um Sold gemietet, die voll guten Mutes waren52. Das so gesammelte Heer schwankte in seiner Buntscheckigkeit hin und her, und man zögerte, in kleiner Zahl auf fremdem Boden den Kampf zu wagen. Noch waren jene nicht da, deren Ansehen unerschütterlich feststand. Der Herzog aber sah seine Absicht durch Zwietracht vereitelt. Wenn er auch den Hilfsvölkern hatte Befehle geben wollen, so ware es ihm doch nicht zugestanden worden; auch wird berichtet, daB er Tranen vergossen habe"53. Hier also ist es klar und deutlich ausgesprochen: Die Furcht vor einem unglücklichen Ausgang der Schlacht hat viele Hauptleute bewogen, einer Entscheidung aus dem Wege zu gehen. Wenn aber ein Führer so denkt, so wird er nie eine Schlacht wagen und gewinnen. Wieder ist es kennzeichnend, daB die Schweizer gerade guten Mutes sind. Aber ihre Zahl ist nur gering; sie können dem Heere nicht den nötigen Rückhalt geben, und so sagt Nicolai, der kein Schweizer ist54, mit einem gewissen Pathos: „Noch waren jene nicht da, deren Ansehen unerschütterlich feststand." Reinhard sucht also die Schlacht. Er will dem Feind 52. Auch Knebel berichtet von Schweizern, Franzosen und Herzog Reinhard, daB sie sich tapfer gezeigt hatten. Sie seien deir Feinde entgegengezogen; als sie noch nicht mit den Burgundern zusammengestoBen seien, harte die StraBburger Mannschaft sich zurückgezogen in der Meinung, sie sei verkauft. Als das die andern vernommen hatten, waren sie zunickgegangen. Bd. 3 S. 69. Vgl. auch S. 78 und S. 79. Aber Witte stellt fest, „daB man in Base) der machtigen Nachbarstadt StraBburg und ihrem Kriegsruhm nicht gÜHstig gesinnt war" (J. f. 1. O. u. A. Bd. 3 S. 273 A. 1) und halt jenen Bericht Knebels zum guten Teil für „boshaften Baseier Stadtklatsch", denn alle anderen Quellen wüBten nur von einer Meuterei des gesamten deutschen FuBvolks, der StraBburger, Elssaser, Baseier und Schweizer zu berichten. J. f. 1. G. u. A. Bd. 4 S. 78 A. 2. Für die Schweizer trifft dies wohl nicht zu, wie aus Nicolai hervorgeht. 53. Nicolai S. 65 f. 54. Nicolai S. 76.  I 68 am 17. Oktober in einer vorteilhaften Stellung bei Ponta-Mousson die Schlacht anbieten. Aber die deutschen FuBknechte verweigern ihm ihren Dienst, weil Feiertag, „les Innocents", sei55. Mit Recht halt Lud dies für bloBe Ausreden56. Aber sollte auch dieser Tag ein Feiertag gewesen sein, was nicht anzunehmen ist, da der 17. Oktober niemals ein Festtag war, das konnte kein Grund sein, nicht eine Schlacht zu schlagen. So war doch der Sieg bei Héricourt an einem Sonntage erfochten worden, und auch die Schlacht bei Nancy findet an einem Sonntag statt. Aber da waren eben auch Schweizer dabei. Wir stehen hier vor einem Problem, das man nur lösen kann, wenn man einen Bliek auf die Heeresverhaltnisse wirft. Es mag sein, daB MiBtrauen und Abscheu zwischen Deutschen und Welschen bestand57, es ist zuzugeben, daB der Sold nicht recht bezahlt wurde58, ein Grund, den auch Rodt anführt59. Auch die schlechte und nicht einheitliche Führung mag Unzufriedenheit bei den Söldnern erregt haben: Ein tüchtiges Heer, das nach langem Manövrieren endlich gegen den Feind geführt wird, freut sich, wenn es zur Schlacht kommt. Mit der gröBten Entschlossenheit wirft es sich auf den Feind, wie es der Verlauf der Schlacht an der Katzbach klar genug beweist; es geht nicht einer Schlacht aus dem Wege. Ein 55. Chron. Lorr. S. 242; Cayon S. 30; Knebel Bd. III S. 69 u. A. 1: Witte a. a. O. Bd. 4 S. 78 A. ï. 56. Cayon S. 30. 57 Witte, J. f. 1. O- u. A. Bd. 3 S. 279. 58 Nach der Chron. Lorr. S. 242 verspricht Reinhard den Hauptleuten, ats die Soldaten die Stadt Pont a Mousson plündérn: „je promets a les bien contenter". Ebenso spater auf der Flucht; ebd. S. 243. Witte Ieugnet das falschlich, da das nirgends bezeugt würde; doch scheint das aus der oben angeführten Stelle klar genug hervorzugehen. J. f. L O. u. A. S. 78 A. 2. 59. Die Feldzüge Karl des Kunnen und seiner Erben Bd. £ S. 351.  — 69 — Sieg, und man konnte Beute genug finden, die man ja so sehr begehrte. Aber man hatte eben nicht dieses Vertrauen, noch fehlte der Mut und das Zusammengehörigkeitsgefühl, wie sie bei dem schweizerischen FuBvolk zu finden sind, die dazu gehóren, einen taktischen Körper zu bilden und in ihm zu kampfen. Und das muBte geschehen, wenn man eine Schlacht schlagen wollte, bei einem FuBvolk wie diesem, das SpieB und Hellebarde in so groBer Anzahl führte, bei einem Heere, bei dem keine Wagenburg nachzuweisen ist, und in dem sich nur wenige Reiter befinden. Dieses FuBvolk kann eben allein nichts ausrichten. Es fehlt der Rückhalt, der ihm erst durch die Schweizer verliehen werden muB. Furcht und Angst hemmt die FuBknechte; und das ist der Hauptgrund zur Meuterei und Flucht. So wenigstens wird auch diese Niederlage von den Zeitgenossen aufgefaBt. Der 1 Reimchronist, der unmittelbar nach den Ereignissen schreibt, singt60: „Und uff den selben Tag Waren die Teutschen verzagt" . . „Die Teutschen förchten sich also sehr Und n"uhen mit allem irem heer By nacht von der statt" . . . „Das was den Teutschen die gröst schand". Ebenso sagt Lud, Reinhard habe sich über die „craincte sans nécessité" gewundert6*. So sagt endlich auch Nicolai: „Hierauf flohen die Unsrigen und zogen singend heim, denn Furcht hatte allmahlich die Truppen Qefahren sehen lassen"62. Nachdem nun so durch die deutschen FuBknechte die 60. Mone Bd. 3 S. 409. 61. Cayon S. 30. 62. S. 66, vgl. auch Anm. 65.  70 Schlacht verhindert worden ist, zieht Reinhard nach Ponta-Mousson zurück. Hier bricht in der Nacht der Aufstand offen aus Die deutschen Söldner überfallen die Burger und plündern ihre Hiiuser. Sie verlangen, daB man ihnen die Tore öffne. Sie rufen, sie seien verraten und verloren. Vergebens beruft Reinhard die Hauptleute und verspncht, die Söldner zu befriedigen. Noch gelingt es, dieselben bis zum Anbruch des Tages hinzuhalten. Dann aber sind sie nicht mehr zu bandigen. In wilder Flucht stürzt alles aus der Stadt Schon vorher ist darauf hingewiesen worden, wie Reinhard sein Heer zu ordnen sucht, wie er aus den Reitern und Schweizern die Nachhut bildet. Sthlechte Führung, Zuchtlosigkeit und langer Dienst, alles'wirlcte zusammen, daB der Feldzug ein so traunges Ende nahm", wie Witte annimmt^. Sind das aber die einzigen Gründe, an denen dieser Feldzug scheiterte? Aus einem Schreiben Wilhelms v. Rappoltstein vom 9. November, entnehmen wir: „Der verzog, so hievor bescheen, und dasz man so langsam nacheinander gezogen ist, hatt zu gutem teil den schaden und die niderlag gebracht, und were das nit also verzogen, und menglich des ersten an die leger, als die bestimpt woren, kommen, so were man by guter zvt vor dem uffbruch in das lutringisch here kommen und het man dem krieg ein end gemacht. Sust ist grosser kost uffgangen und hett man dennocht verlust genommen, was sust nit beschehen wer<«*. Der Lothringer Lud dagegen sagt das Heer Reinhards sei so stark gewesen, daB man Leute genug gehabt habe, um einem doppelt so starken Heere der Burgunder entgegenzutreten65. Immerhin, Wilhelm von Rappoltstein mag zugestanden werden, daB es die Stimmung der Truppen beeinfluBt hatte, 63. J. f. 1. O. u. A. Bd. 4 S. 80. 64. Knebel Bd. 3 S. 75. 65 Cayon S. 31.  — 71 — wenn sie eine noch gröBere Ueberlegenheit über die Burgunder gehabt hatten. Das andert aber nichts an unserer Annahme, für die wir Beweise genug erbracht zu haben glauben, daB das deutsche FuBvolk noch nicht fahig war, im offenen Feld und im taktischen Körper gegen die Burgunder sich zu behaupten. Ohne die Schweizer wagt es keine Entscheidung. Und das hat auch der Qegner, Karl der Kühne, selbst erkannt, wenn er sagt, daB Herzog Reinhard unmöglich gefahrlich werden könne, solange er von den Schweizern keine Hilfe erlange66. Diese Unterstützung der Eidgenossen erlangt Reinhard erst am Ende des Jahres 1476; und sie helfen ihm, den letzten entscheidenden Sieg über den trotzigen Burgunderherzog zu erfechten: am 5. Januar des Jahres 1477 bei Nancy. 5. Das deutsche FuBvolk in der Schlacht bei Nancy (1477). Ueber diese Schlacht gibt es drei Spezialuntersuchungen, die sich eingehend mit den Quellen befassen: Die erste von Schober1, die zweite von Witte2, die wir schon des öfteren anführen konnten, in der urkundliches Material aus den süddeutschen Archiven, vor allem aus dem straBburgischen, verwertet wird, und endlich die von Laux3. Trotzdem können wir nicht behaupten, daB alle Fragen gelost sind, zumal Laux sich gar nicht mit der Arbeit Wittes auseinandersetzt, die er nicht gekannt hat. Wenn auch Laux den Verlauf der Schlacht richtig darstellt, — auch Delbrück legt im wesentlichen diese Schilderung in seiner Geschichte der Kriegskunst4 zugrunde —, so ist doch noch eine Reihe von Fragen zu 66. Witte a. a. O. Bd. 3 S. 267. 1. „Die Schlacht bei Nancy", Diss. Erl. 1891. 2. J.f.i. G.u. A. Bd.4. 3. Ueber die Schlacht bei Nancy, Berl. 1895. 4. Bd. 3 S. 655—659.  — 72 — lösen, die in einer besonderen Arbeit behandelt werden muitten. Nach der Flucht des deutschen Heeres bei Pont a Mousson rückt Karl der Kühne zum zweitenmal in Lothringen ein. Schnell hat er einen groBen Teil des Landes erobert. Nur Nancy, das Reinhard reichlich mit Truppen versehen hat, leist'et heftigen Widerstand. Von neuem sucht Reinhard ein starkes Heer aufzubringen. Er ruft die „Niedere Vereinung" im November um ihre Hilfe an. Diese ist wohl bereit, Truppen zu stellen, aber sie ist nicht gewillt, ohne die Schweizer den Feldzug zu unternehmen; von deren Hilfe macht sie die ihre abhangig5. Man hat eben aus dem Zuge nach Pont a Mousson die Lehren gezogen. So ist es für Reinhard eine Hauptaufgabe, die Schweizer zum Heerzug zu bestimmen. Er eilt daher Ende November in die Schweiz und sucht durch persónliches Zureden und Werben Hilfe zu erlangen. Aber er findet wenig offene Türen, da die Friedensverhandlungen durch die Vermittlung des Kaisers und des Papstes mit Karl dem Kühnen angeknüpft sind. Er bietet den Schweizern auf dem Tage von Luzern am 23. November 40 000 Gulden6. Aber diese haben keine groBe Neigung, sich an dem Feldzuge zu beteiligen, da die groBe Kalte und Ferne sie abschreckt. Doch Reinhard laBt nicht locker, er weiB, die Schweizer braucht er notwendig, wenn er seine Lande nicht verlieren will. So laBt er, als auf dem Tage von Luzern das Hilfegesuch einstimmig abgelehnt wird, durch seinen geschickten Unterhandler, Wilhelm Herter, vorbringen, die Schweizer sollten, ^ wenn sie sich auch nicht offiziell am Feldzuge beteiligen wollten, ihm doch wenigstens 5—6000 Söldner zulaufen lassen7. Dazu sind die Schweizer bereit. Am 15. Dezember soll die Mannschaft in Basel sein. 5. Witte a. a. O. Bd. 4 S. 87. 6. Knebel 3 S. 76, cf. Schilling Bd. 2 S. 107 f. 7. Segesser Bd. 2 S. 636.  — 73 — So scheut Reinhard keine Opfer, um Schweizer in seine Dienste zu bekommen. Sie bilden den Kern seines Heeres; in sie setzt er „alle seine Hoffnung"8, und ihnen bringt er Vertrauen und Hochachtung entgegen. Er zieht dem Züricher Hauptmann, Hans Waldmann, der mit 1500 Mann gen Basel zieht, entgegen, springt vom Pferde, empfangt ihn „mit groBer Freude", geht zu FuB neben ihm her, und als ihn der Hauptmann bittet, er möge doch sein RoB wieder besteigen, lehnt er es ab. Erst als er nach Basel kommt, schwingt er sich auf sein RoB und reitet neben dem Hauptmann in die Stadt ein9. Und als die Schweizer von Basel abmarschieren, zieht er ihnen mit seinen FuBknechten, eine Hellebarde auf der Schulter tragend, entgegen10. Die Zahl der Schweizer war sehr betrachtlich. Scharenweise meldete sich die junge Schweizer Mannschaft zum Dienst, so daB Reinhard sogar noch eine Auswahl treffen und 1000 Jünglinge, „die noch klein knaben waren", zurückschicken konnte11. Nach Witte waren es 8400 Mann, die Reinhard am 23. November in Basel musterte12. Und wenn wir auch horen, daB diese Schweizer gröBtenteils schlecht ausgerüstete junge Leute waren, die keine Harnische trugen, und daB der Herzog die Schweizer bittet, man möchte ihm solche Leute nicht mehr schicken, sondern 2000 „von den Alten" mit ihren Bannern13: diese Schweizer genügten doch, um dem Feinde Furcht -und Schrecken, ihren deutschen Kampfgenossen aber Vertrauen einzuflöflen. Da Reinhard so mit tüchtigem FuBvolk versehen ist, sieht er nun darauf, seine Reisigen zu verstarken. Diese gerade findet er bei der „Niederen Vereinung". Im ganzen 8. Chron. Lorr. S. 287/88. 9. Edlibach S. 163/64. 10. Cayon S. 36. 11. Edlibach S. 163. 12. Jahrb. f. 1. O. u. A. Bd. 4 S. 104. 13. Segesser Bd. 2 S. 638.  — 74 — sind es 9000 Mann, die er auBer den Sehweizern ins Feld führt, „vor allem wertvoll durch Reiterei"14. Die Schweizer selbst scheinen darauf gesehen zu haben, daB die elsassischen Stadte, deren FuBvolk sich bei Pont-a-Mousson so blamiert hatte, ihre FuBknechte zu Hause lieBen. So wird auf der Tagsatzung vom 23. November der Wunsch geauBert, die Stadte StraBburg, Colmar und Schlettstadt mochten statt ihres Zuzuges an FuBvolk lieber Geld schicken, da ihre FuBknechte zur Wehr untauglich seien, aber die Stadt Basel habe gute Leute, „doby lossent sy es beliben". Wirklich warb hierauf StraBburg statt seines einheiheimischen FuBvolkes fremde Söldner an15. Auch hier wieder können wir feststellen, daB die lothringischen und deutschen FuBknechte den SpieB und die Hellebarde hauptsachlich neben der SchuBwaffe führten16. Die lothringischen Besatzungen ziehen Reinhard am 4. Januar 1477, als er mit „10000 Schweizern" nach St. Nikolas kommt, entgegen, „die Reiter sowohl wie die FuBr knechte, in guter Ordnung (en belle ordonnance), tous se allirent monstrer, dont les Suysses volontiers les veirent; es waren 4000 an der Zahl und alle wohl zugerüstet"17. — Was der Chronist unter dieser belle ordonnance versteht, ist nicht festzustellen. Wir haben es hier wohl nicht mit einem naCh Art der Schweizer gebildeten Gevierthaufen, sondern mit einer einfachen Marschordnung zu tun. Am 5. Januar kommt es bei Nancy zür Schlacht. Nach Laux und Schober wird das burgundische Heer auf beiden Seiten umgangen, wahrend Witte nur eine Umgehung der rechten Flanke annimmt, die vor allem durch die Schweizer Y\ unter Wilhelm Herter und die Reisigen unter Oswald von 14. Witte a. a. O. S. 110. 15. Bernoulli 78 S. 26. 16. Chron. Lorr. 247, 249, 252/53, 255. 17. Chron. Lorr. S. 281.  — 75 — Thierstein ausgeführt wird. Die Ansicht von Laux, die auch Delbrück vertritt, ist wohl die zutrèffende. Laux stellt fest, daB sich in beiden Haufen Schweizer befünden haben18. Also auch hier wird von den deutschen FuBtruppen nicht allein ein Oevierthaufen gebildet und in ihm gekampft, vielmehr muB ihnen wiederum durch die Schweizer der nötige Rückhalt gegeben werden. Diesen hauptsachlich gebührt der Ruhm des Sieges. Ihre Hauptleute sagen am Tage vor der Schlacht zu Reinhard: „Hütet Euch, daB nicht die Franzosen und andere Euch bestimmen, die Schlacht weiter hinauszuschiében. Führt uns, ohne zu zögern, sogleich morgen gegen den Herzog von Burgund; aber wenn Ihr den Tag der Schlacht auf übermorgen verschiebt, so glaubt es wohl, daB wir alle heimkehren werden." Die Schweizer also erzwingen die Schlacht. Kurz vor derselben sind es wieder die schweizerischen Hauptleute, die Reinhard bitten: „Bemüht Euch nicht, Herr, überlaBt das uns. Als die ersten werden wir angreifen, wenn es notwendig ist. . . . Sorgt Euch nicht." . . . „Die genannten Hauptleute steilten alle ihre Leute in die Ordnung"19. Auch Schilling berichtet, daB die Berner und andere Eidgenossen um den Vorstreit baten20. So ist der Sieg bei Nancy lediglich den Schweizern zuzuschreiben, die durch ihre Tapferkeit und ihren Kriegsruhm dem deutschen FuBvolk Mut und Selbstvertrauen einflöBten. Auch die deutschen und lothringischen FuBknechte werden in die schweizerischen Gevierthaufen eingereiht. Sie lernen Unterordnung und Disziplin, die zum taktischen Körper gehören. So gelingt es den Schweizern und Deutschen vereint, den kühnen Burgunderherzog zu schlagen. 18. Laux, Nancy S. 29. 19. Chron. Lorr. S. 287, 297. 20. D. Schilling, Berner Chronik. Bd. 2 S. 112.  — 76 — C. Das Heerwesen Karls des Kühnen und seine Heeresreformen nach der Schlacht bei Granson (1476). Es ist nun die Frage zu erórtern, ob nicht Karl der Kühne selbst vielleicht aus diesen Schlachten, die er mit den Schweizern schlug, seine Lehren gezogen und den Alnfang mit der Umwaffnung und Neuordnung des FuBvolkes gemacht hat. Nicht lange vor den Burgunderkriegen, im Jahre 1471, hatte der Herzog seine Ordonnanzkompagnièn eingerichtet. Nach Delbrück gab er ihnen feste Unterabteilungen, ursprünglich 10 : 10 Lanzen, spater 4 „escadres", die wieder in 4 „chambres" zü 6 Lanzen zerfielen. Die sechste Lanze ist diejenige des „chef d'escadre". „Die Lanze hatte nicht bloB Reiter und Schützen, sondern auch FuBknechte: sie zahlte einen Ritter, einen Coustillier, einen Pagen, drei berittene Bogner und einen Alrmbruster, einen Couleuvtinier (Feuerschützen) und einen SpieBer zu FuB, das sind 9 Köpfe, wozu nicht seiten mehrere Freiwillige treten." „Neben der Einteilung nach Lanzen aber führte Karl noch die Teilung nach Waffen durch, die in der Praxis des Krieges doch auch nicht seiten erforderlich wurde, und schlieBlich erlieB er sogar eingehende Reglements, in denen Oefechtsübungen vorgesChrieben wurden." In diesem Heere „ist der Ritter der Kampfer und alle anderen nur Nebenwaffen". Nur dadurch, daB Karl beginnt, „die Waffengattungen zu trennen", schafft er ein Moment, das in die Zukünft zeigt. So ist nach Delbrück die Lanze innerhalb der Ordonnanzkompagnie doch nur ein „verfeinertes Mittelalter, namlich das Bestreben, in den Mischkampf, die Unterstützung der Ritter durch' die Nebenwaffen, eine gewisse Ordnung und Führung zu bringen"1. Wenn man nun die Berichte dier mailandischen Qe- 1. Delbrück, Kriegskunst BdL 3 S. 534—37.  — 77 — sandten aus dem Lager Karls des Kühnen nach der Schlacht bei Granson durchliest so kann man zu der Ansicht kommen, daB der Herzog schon damals die Ueberlegenheit des SpieBes über die Feuerwaffe jener Zeit erkannt und selbst an dessen Einführung und gröBere Verbreitung in seinem Heere gedacht hat, denn er kauft viele SpieBe auf, um seine Leute mit ihnen zu bewaffnen. So meldet Panigarola am 29. Marz 1476 dem Herzog von Mailand, Karl könne noch nicht abmarschieren, da die „lance" und andere Sachen, die er seinen Leuten geben wolle, noch nicht angekommen seien2. Sodann schreibt Karl an den Grafen von Genf, er moge ihm die 800 Lanzen, die er dem Vernehmen nach besitze, und so viele Waffen senden, wie in der Stadt zu bekommen seien». Dasselbe geht auch aus einem Register des Genfer Rates vom 24. Marz 1476 hervor. Danach will Karl Lanzen kaufen. Man ist bereit, ihm 250 kostenlos zuzuschicken*. Und daB unter diesen „lance" auch FuBknechtspieBe verstanden werden mussen, das ersehen wir aus einem Briefe Panigarolas vom 22. Marz 1476, worin gesagt wird, man erwarte im Lager „Artillerie und lance per dare ali soldati et fanti"5. Es sind auch zum Teil LangspieBe gewesen, die Karl in seinem Heere zu verbreiten sucht; denn Antonio d'Appiano schreibt am 8. Juni 1476: Die vorher schlecht bewaffneten Truppen seien jetzt wohl versehen „per la quantita di archi, de frize, de lance longe, de tarchoni facti condure in campo"6. Ja, auf Karl dem Kühnen selbst scheint schon die Verlüngerung des SpieBes zurückzuführen zu sein. So schreibt, 2. Gingins Bd 2 S. 4. Der Herausgeber spricht faïschlich von „grandes piqués", vergl. auch S. 5 Anm. 8. 3. Schreiben des Ant. d'Appiano an den Herzog von Mailand vom 29. Marz 1476. Gingins Bd. 2 S. 9. 4. Ochsenbein S. 78. 5. Gingins Bd. 1 S. 380. 6. Ebenda Bd. 2 S. 230. i  — 88 einige Reste derselben in seinen Sold genommen und nach diesen Scharen sein eigenes FuBvolk umgewandelt16. Erst in allerneuerster Zeit ist von Max Laux in seinem SChOn haufig erwahnten Buche „Ueber den Ursprung der Landsknechte" diese Ansicht bekampft worden und, soweit wir sehen, sind ihm alle Forscher gefölgt. Nach Laux, der festgestellt zu haben glaubt, daB scnon vor dem Jahre 1477 Landsknechte „dem Namen und der Sache nach" vorhanden gewesen sind, eine Ansicht, die wir widerlegt haben, ist es undenkbar, daB Maximilian in zwei Jahren, von 1477 bis 1479, als zwanzigjahriger Mann. ..noch dazu unter den widrigsten politischen Verhaltnissen. inneren wie auBeren, eine vóllig neue Institution ins Leben rief." „Um eine solche Institution zu schaffen, dazu gehorte Kriegserfahrung, nicht nur theoretische, sondern auch praktische, und die praktische fehlte Maximilian vollstahdig." Nach Laux ist Maximilian nur der „Wohltater der Landsknechte". „Die Nachrichten, die auf ihn den Ursprung der Landsknechte zurückführen, stammen aus der Feder Unwissender, oder sie sind mit der Tendenz niedergeschrieben worden, um einen neuen Zweig in den Ruhmeskranz Maximilians zu flechten"17. Ihm schlieBen sich auch Hermann Escher18 und Beek19 an. Darin aber stimmen alle Forscher überein, daB Maximilian sich groBes Verdienst um die Landsknechte erworben habe. Nach Barthold brachte er zuerst „rüstiges Land- und Stadtvolk aus Vorderoesterreich, Schwaben, Tirol . . . unter seinem roten burgundisehen Banner um Sold zusammen, waffnete dasselbe nach Schwei-zerart ohne Schild mit 18 16. Rose S. 77. 17. Laux S. 20/21. 18. Das schweizerische FuBvolk im 15. und im Anfang des 16. Jahrhunderrs. Neuj. BI. der Feuerwerkerges. in Zürich aus dem Jahre 1906 S. 4. 19. Die altesten Artikelsbriefe für das deutsche FuBvolk. München 1908 S. 2,  — 89 — FuB langen SpieBen, mit Hellebarden und Schlachtschwertern, . . . lehrte es Glied und Rotte halten, mit SpieBen einen Igel machen und führte ein so gerüstetes, unverdrossenes Volk unter adligen Hauptleuten und mit vielen Edelleuten als Doppelsöldner im ersten Glied gegen den Feind". Er war es, der ihnen „Zucht und Ordnung, taktische Uebung, gesetzlichen Zusammenhang verlieh, ihnen ihre Stellung im Felde Vie in sonstigem Waffengebrauch anwies". Ulmann sagt, Maximilian habe seinen FuBknechten den Namen Landsknechte nicht beigelegt. „Dagegen schuf er die Gleichheit der Bewaffnung, indem er ihnen, nach Beseitigung des unnützen und hinderlichen Schilds, die 18 FuB langen SpieBe als Hauptwaffe verlieh, neben welcher noch in bestimmt festgehaltenem Prozentsatz die Hellebarden und die Handfeuerwaffen im Gebrauch blieben." Nach Laux besteht das Verdienst Maximilians darin, daB er die Schweizertaktik und die der schon vor ihm vorhandenen Landsknechte übernahm, alle seine Kriege mit Landsknechten schlug und durch diesé zahlreichen Kriege die Institution allgemein in Europa verbreitete. Diese Ansicht übernimmt auch H. Escher und fügt hinzu, daB Maximilian ihre Organisation förderte20. DaB auch der Adel bei der Erschaffung der Landsknechte eine entscheidende Rolle spielt, wird von manchem neueren Forscher, im besonderen von Laux, fast ganz übergangen. Wenn wir dies Ergebnis der modernen Forschung überschauen, so sehen wir, wie wenig Sicheres wir über das Aufkommen der Landsknechte wissen. Das hat auch schon Erben erkannt, der sagt, zwar sei die Entstehung der Artikelsbriefe, „also die Einreihung der geworbenen Söldner in geschworene DienstVorschriften, nicht mehr Maximilian zuzuschreiben. Damit ist aber die Frage nicht ge- 20. Barthold S. 159 ff; Ulmann Bd. 1 S. 857; Laux, Landknechte S. 22; Escher $. 4, ahnlich (Beek, Artikelsbriefe S. 2,  — 90 — lóst, ob und inwieweit man diesem beweglichen Geist einen Anteil an der Wiedererweckung eines tüchtigen deutschen FuBvolks zuzuschreiben habe. Maximilian kann sehr wohl durch andere wesentliche Neuerungen in die Entwicklung eingegriffen haben"21. In der Tat ist das Verdienst Maximilians um das Aufkommen der Landsknechte viel zu wenig gewürdigt worden. Und das war auch nicht möglich, weil man seine ersten Kampfe in den Niederlanden nicht genügend durchforscht hatte. Das sei nun der Gegenstand unserer weiteren Untersuchung. A. Die flamische Bürgerwehr im Dienste Maximilians. t. Das flamische FuBvolk bis zur Ankunft Maximilians in den Niederlanden. Maximilian fand bei seiner Ankunft in den Niederlanden schon ein ziemlich brauchbares FuBvolk vor, die flamische Bürgerwehr. Schon im Mittelalter hatte sie groBe Bedeutung erlangt. In der Schlacht bei Courtray, im Jahre 1302, war es ihr gelungen, die franzósischen Ritter zu schlagen. Aber dieser Sieg wurde nur durch die auBerst geschickte Aufstellung gewonnen. „Vor sich hatte die flamische Phalanx, die auch in den Flanken infölge von Hindernissen im Gelande unangreifbar postiert war, einen ziemlich tiefen Bach, den Groningen, mit zum Teil versumpften Ufern. Die mit SpieBen und Goedendags, einer Art von Hellebarden, bewaffneten Flamen verstarkten dieses Terrainhindernis durch Aufgraben seichterer Stellen des Baches und durch Anlegung von Wolfsgruben. Beim Ueberschreiten dieses Baches wurden die franzósischen Ritter angegriffen und geworfen1. 21. W. Erben, Landsknechte S. 99. 1. Delbrück, Kriegskunst Bd. 3 S. 439—447,  — 91 — Für die Entwicklung des FuBvolks spielt dieser Sieg, keine Rolle. Von einer prinzipiellen Ueberlegenheit dieses FuBvolks mit der blanken Waffe über ritterliche Streitkrafte kann nicht die Rede sein. Dieses beweist auch die Schlacht bei Rosebeke im Jahre 1382, in der die mit SpieBen und Goedendags gebildete Phalanx, die diesmal nicht eine so feste Stellung einnehmen konnte, im freien Felde von den franzósischen Rittern gesChlagen wird2. Die Tapferkeit dieser FuBknechte bei Rosebeke kann nicht in Frage gezogen werden; sie war mindestens ebenso groB, wie die jener Kampfèr von Guinegate. Von dieser Phalangentaktik bis zu der bei Guinegate angewandten Haufentaktik ist noch ein weiter Weg. Der SpieB und die Hellebarde sind zwar vorhanden, die FuBknechte werden auch zu einem taktischen Verbande, einer Phalanx, zusammengeschlossen, aber sobald dieses FuBvolk in der Flanke gefaBt wird, ist es verloren. NoCh kennt man nicht die Schweizertaktik, nach der verschiedene Haufen gebildet werden, die einander sekundieren und zusammenwirken können. Seit dieser Schlacht bei Rosebeke werden von dem flamischen FuBvolk keine selbstandigen Aufgaben mehr gelost. Es ist gezeigt worden, wie Karl der Kühne in seinen Kampfen mit den Schweizern vor allem die mit Feuerwaffen bewaffneten FuBknechte aus den niederlandischen Stadten zieht. Durch seine Ordonnanzkompagnien wird auch das flamische Volksaufgebot in den Hintergrund gedrangt. Aber mit dem Tode des kühnen Burgunderherzogs tritt eine Aenderung ein. Durch die Schlacht bei Nancy wurde das burgundische stenende Heer ganzlich vernichtet. Nur einige sparliche Trümmer entrannen dien Schweizer SpieBen und Hellebarden. Ringsum von habgierigen Feinden umlauert, steht das vordem so gewaltige Reich wehrlos da. 2. Delbrück, Kriegskunst Bd. 3 S. 453—458.  — 92 — Mit Waffengewalt will König Ludwig von Frankreich Maria, die einzige Tochter und Erbin' Karls, zwingen, seinem Sohne die Hand zu reichen. So lafit er denn seine Heere in die Niederlande einrücken, um seinen Werbüngen Nachdruck zu verleihen. Die Pikardie, die Grafschaft Artois werden von den franzósischen Truppen überschwemmt, Boulogne und Arras werden genommen, und Tournay öffnet ihnen die Tore. Plündernd dringen sie auch: in Flandern ein, ohne auf energischen Widerstand zu stoften. Da raffen sich endlich die Flamen auf, das Volk greift zu den Waffen, und wieder, wie bei Courtray und Rosebeke, wird ein starkes Burgerheer aufgestellt. Leider können wir nicht von gröfterem Kampfen berichten. Der Krieg löst sich zunachst in lauter einzelne kleine Scharmützel auf. Vor allem sind es die Bauern, die sich tapfer zur Wehr setzen, da ihre Dörfer und Fluren von den Franzosen verwüstet werden. Von ihnen werden einzelne Heldentaten berichtet. Zu einem! taktischen Körper aber schlieBen sie sich nicht zusammen, sie wissen das Gelande gut auszunutzen und befestigen es selbst durch Graben. In solchen Stellungen fügen, sie dem Feinde manche Verluste zu. Sie führen auch in groBer Zahl SpieBe und haben es vor allem auf die Pferde der franzósischen Ritter abgesehen3. Wir können auf diese Gefechte nicht naher eingehen. Die Bauern zeigen in ihnen groBen Mut, so daB Molinet sie den Rittern als Vorbild hinstellt, indem er sagt*: „Wundert Euch, Edelleutë, wundert Euch' über diese Bauern und verachtet sie nicht allzusehr, die Euch ernahren und verteidigen das Erbe der Jungfrau, wozu Ihr eigentlich be- 3. J. Nicolai, Cakndrier des guerres de Tournay (1477—79). Mem. d. 1. soc. hist. et litt. de Tournay Bd. 2. Tournay 1853 S. 53 f, 58 f, 97, 102. 4. Jean Molinet, Chroniques Bd. 2, Paris 1828 S. 107. AehnJiches berichtet er S. 104.  — 93 — rufen seid. Wenn neun von Euch solche Tapferkeit gezeigt hatten, so würdet Ihr hohen Ruhm errungen haben." Im Juni rücken auch die flamischen Bürgerwehren unter Herzog Adolf von Geldern in gröBerer Zahl ins Feld. Der Zug richtet sich gegen das von den Franzosen stark besetzte Tournay, dessen Umgegend geplündert wird. In der Zeit vom 27. bis 30. Juni finden dort einige gröfiere Kampfe statt. Aber auch hier ist aus den Quellen nicht zu ersehen, daB die Flamen, deren viele mit SpieBen bewaffnet sind, einen taktischen Körper gebildet haben. Wenigstens berichten die Hauptquellen, Molinet5 und Basinus6, nichts davon. Nicolai, der zwar etwas spater schreibt, aber eine ausführlichere, wenn auch etwas unklare Darstellung dieser Kampfe gibt, sagt, die am 27. Juni von einem Plünderungszuge zurückkehrenden Flamen hatten die sie verfolgenden Feinde „en bataille rengiée entre justice de Maire et Chin" erwartet7. Auch hier wird wohl nicht ein nach Schweizerart gebildeter Gevierthaufen gemeint sein. Der Verlauf des sich nun entwickebiden Gefechtes zeigt deutlich, daB der Herzog von Geldern nicht der Mann dazu war, die in den Schlachten von Granson, Murten und| Nancy gemachten Erfahrungen hier bei dem flamischen FuBvolk irgendwie zu verwerten; er war ja selbst nicht dabei gewesen. Er ist noch ganz in den mittelalterlichen Anschauungen befangen und laBt das FuBvolk im Kampfe nicht zur Geltung kommen, als die Franzosen gegen seine mit Beute beladenen Truppen heranrücken. Er separiert sich mit einigen Rittern tollkühn von seinem Heere, nimmt den Angriff des Gegners auf 5. Bd. 2 S. 67 ff. 6. Bd. 3 S. 32 f. 7. Nicolai S. 66. Das Manuskript des „Calendrier des guerres de Tournay" in der Nationalbibliothek zu Paris ist von einem Schreiber aus Tournay, Jean Blancpain, geschrieben, qui 1'a daté de 1507. Vgl. Buil. d. 1. soc. hist. et litt d. Tournay Bd. 2. Tournay 1851 S. 13.  - 94 — und erliegt der Uebermacht mit den Seinigen nach heftigem Kampfe, ohne daB die flamischen FuBknechte Hilfe bringen können. Das jetzt führerlose FuBvolk wagt keinen langeren Widerstand8. Ebenso ist es bei einem Kampfe, der einige Tage darauf, am 30. Juni, bei Pont-d'Espierre stattfindet, wo ein Teil der flamischen Bürgerwehr, 3—4000 FuBknechte, die noch im Felde geblieben waren, von den Franzosen fast ohne Kampf in die Flucht getrieben werden. So ist auCh hier eine Nachricht, wie sie Nicolai bringt, die Flamen hatten „trois batailles" gebildet, ohne Belang; denn sollten auch die Flamen schon hier den Gevierthaufen gebildet haben, was ich nicht annehme, militarisch waren sie doch nicht höher einzuschatzen als jene Deutschen bei Pont-a-Mousson9. Wir würden aber sicherlich zu weit gehen, wenn wir aus diesen Niederlagen des flamischen Volksaufgebots Schlüsse auf dessen militarische Untauglichkeit ziehen wollten, wie es Pirenne tut, indem er sagt: „Allein die Zeit der Zünfte war nicht nur auf politischem, sondern auch auf militarischem Gebiete für immer vorbei"10. Pirenne übersieht dabei, daB eben diese Bürgerwehr zwei Jahre darauf das französische Heer bei Guinegate in die Flucht schlagt. Die Grimde dieser Niederlagen sind also irgendwo anders zu suchen. Der SpieB ist hier die Hauptwaffe des FuBvolks 'wie bei den Schweizern, wenn auCh neben ihm viele Feuerwaffen 'erwahnt werden. Bei einer einheitlichen und tüchtigen Führung hatte man auch mit dieser Bürgerwehr einige Erfolge erzielen können. Es kommt eben nur darauf an, daB diese Flamen den rechten Anführer bekommen, der 8. In fast allen niedertandischen Quellen finden sich Nachrichten über dieses GefechtL Die besten und ausführlichsten Angaben bringen Basinus, Molinet und Nicolai; s. o. 9. Nicolai, «Calendlrier S. 80/81. Vgl. auch Molinet Bd. 2 S. 70. Basinus Bd. 3 S. 33. 10. Pirenne, Gesch. Belgiens Bd. 3 S. 25.  — 95 — ihnen 'das nötige Vertrauen einflöBit und sie zu einem organischen Ganzen, einem taktischen Körper, zusammenschweiBen kann. Wer War nun dieser groBe Organisator, der zum ersten Male die Schweizertaktik bei diesem flamisch-deutschen FuBvolk erfolgreich zur Anwendung brachte, und wie brachte er es fertig, dieses Bürgerheer unter einen einheitlichen Willen zu beugen, zu einem taktischen Körper zusammenzuschlieBen und mit ihm im Kampfe den Sieg davon zu tragen? 2. Das Heerwesen und die Heeresreformen Maximilians in den Jahren 1477 und 1478. Zu 'dieser Zeit, wo Flandern sich kaum der immer heftiger andringenden Franzosen erwehren kann, naht aus dem 'fernen Osten, aus Oesterreich, der junge 18jahrige Erzherzog Maximilian, um Maria die Hand zu reichen. Er nimmt hun die Zügel der herzoglichen Gewalt fester in die Hand. Seine erste Regierungsperiode hier in den Niederlanden ist mit vielen Kampten ausgefüllt. Vor allem sind es 'die Franzosen, gegen die er immer wieder sein Land schützen muB. Aber auch selbst in seinen eigenen Gebieten hat er mit Schwierigkeiten zu kampfen: Zuerst gegen die aufstandischen Geldern, sodann gegen Lüttich und endlich auch gegen die wider ihn sich empörenden Flamen. Um 'sich in diesen Kampfen siegreich zu behaupten, brauchte er ein tüchtiges Heer, und da die Ordonnanzkompagnien Karls des Kühnen fast völlig vernichtet waren, so muBte er sehen, wie er ein neues Heer organisierte. Er war also der berufene Mann dazu, Neuschöpfungen ins Leben zu rufen, da ihn schon die Not dazu drangte. In der Tat ist er es, der auf das Aufkommen und die Entwicklung der Landsknechte einen entscheidenden EinfluB ausgeübt hat. Zunachst ist die Ansicht zurückzuvveisen, Maximilian  - 96 - habe die Landsknechte aus Deutschland nach den Niederlanden mitgebracht, wie Laux vermutet1. Aus den österreichischen Erblanden konnte Maximilian unmöglich viele Truppen ziehen, da hier groBe Verwirrung herrschte; die Türken verwüsteten durch ihre Streifzüge die südlichen Provinzen, und endlich nahm auch der Krieg mit Ungarn alle Hilfsquellen in Anspruch. Der Kaiser selbst war in groBer Geldnot, so daB er sich genötigt sah, die Herrschaft Steyer gegen eine gröBere Geldsumme dem Erzbischof von Gran zu verpfanden, um Maximilian ausrüsten zu können. Das Gefolge, mit dem der Erzherzog von Wien aufbriCht, besteht aus Rittern, wie aus dem „Weiskunig" Maximilians2 und aus Bircken3 hervorgeht. Ebenso sagt Zauner4, Maximilian sei von dem Erzbischof von Salzburg bewirtet worden, als er mit einer „ansehnlichen Ritterschaft" durchgereist sei. Aus Oesterreich kann also Maximilian unmöglich die Landsknechte nach den Niederlanden gebracht haben; und auch in der Folgezeit war es dem Kaiser unmöglich, seinem Sohne aus den Erblanden gröBere Unterstützung an Geld und Truppen zu senden, da es ihm selbst nicht einmal möglich war, sich der Angriffe des Mathias Corvinus zu erwehren. DaB Maximilian die Landsknechte im Reiche geworben und in die Niederlande geführt habe, halte ich ebenfalls für ausgeschlossen, dazu fehlten ihm damals die Geldmittel. Es ware also nur möglich, daB einer der Reichsfürsten ihm Landsknechte zugeführt habe. Aber nach dem Ausschreiben des Kaisers an das' Reich vom 2. April 1477 sollen die Reichsstande bis Pfingsten „eine Anzahl gerejsiger Pferde" nach Augsburg senden, um Maximilian zu begleiten. Ebendasselbe geht auch aus einem Brief Maximilians ti Laux, Landsknechte S. 23, 26. 2. Wien 1775 S. 112. 3. Spiegel der Ehren S. 855. 4. Chron. von Salzburg Bd. 3. Salzburg 1798 S. 153.  — 108 — von den flamischen Standen Geldmittel bewilligen.25 Ja, er macht sogar die Edelsteine und Kleinodiën, die Karl • der Kühne hinterlassen hatte, zu Geld, wenn die Mittel, die ihm die Stande für seine Söldner bewilligen, nicht ausreichen.26 So ist schon im Jahre 1478 Maximilians Finanzpolitik daraufhin gerichtet, für die Anwerbung und Unterhaltung eines starken Söldnerheeres das nötige Geld flüssig zu machen. Mit diesen Geldmitteln sucht Maximilian tüchtige Söldner, Deutsche, Schweizer und Englander in seinen Dienst zu ziehen27. Im! Februar des Jahres 1478 verlangt er von den flamischen Standen, sie soUten zum Kampf gegen die Franzosen „5000 Z wits en" anwerben „ten koste van den zeiven lande". Die Stande schicken Meister Jean ROegiers te Ryssele zu Maximilian, um mit ihm und seiner Umgebung zu sprechen „angaende der materie van den 1000 mannen, die deze stede toezeyde te betaelne van den voors. 5000."28 Also schon im Anfang des Jahres 1478 sucht Maximilian Schweizer in seinen Sold zu nehmen. In der Tat finden wir in diesem Jahre manche Schweizer in den Niederlanden. Der französische Zeitgenosse Basinus, der im Jahre 1475 nach Loewen und von da spater nach Utrecht geht, wo er um die Mitte der 80 er Jahre seine Geschichte Ludwigs XI. beendet, der also diesen Ereig- 25. Oilliodts S. 171. J. Dadizeele, Memoires. Brügge 1850 S. 11, 60. Diegerick. Inv. d. chartes et doe. app. aux archives d'Ypres Bd. 4. Brügge 1856 S. 39. P. J. van Doren, Inv. des archives d. 1. ville de Malines Bd. 3. Malines 1865 S. 256. Lichnowsky S. 37. Andere Beispiele lassen sich in groBer Zahl anführen.' 26. V. von Kraus, Maximilians I. vertraulicher Briefwechsel mit S. Prüschenk. Innsbruck 1875 S. 26—27. 27. Kervyn de Lettenhove, Histoire de Flandre Bd. 5 S. 288; danach werden auch englische Söldner angeworben. 28. Gilhodts S. 177.  — 1Ó0 — nissen örtlich und zeitlich nahesteht, sagt: Maximilian habe Trappen zusammengezogen, „Flamen wie Deutsche, die nicht aufhörten, taglich aus Oberdeutschland (ex superiore Qermania) scharenweise herabzukommen, um ihm zu dienen und Hülfe zu bringen." In derselben Quelle Iesen wietwas spater wiederum: Maximilian habe viele Trappen aus Oberdeutschland versammelt, „welche taglich, wie wir gesagt haben, aus mannigfaltigen und verschiedenen Provinzen Deutschlands in seinen Sold kamen, um für ihn zu kampfen."29 Zweifellos haben sich unter jenen oberdeutschen ,auch Eidgenossen befunden. Das geht vor allem1 aus der Chronik des burgundisehen Hofhistoriographen Mo'inet hervor, der an mehreren Stellen von Schweizern in Maximilians Diensten berichtet.30 Zu diesen von Basinus erwahnten oberdeutschen FuBknechten gehörten möglicherweise auch die „Landsknechte", von denen Olivier de la Marche zu berichten weiB; wenigstens stenen sie in scharfem Gegensatz zu den Niederdeutschen, den Jülichern, im Heere Maximilians. Es wird namlich berichtet: „Der Herzog war in starker Begleitung, denn er hatte Flamen und Brabanter in groBer Zahl, und er hatte auch eine tüchtige Streitmacht (puissance) aus Jülich, die ihm der Herzog von Jülich für diesen Zug gegeben hatte. Er hatte auch unebonne escadre de lansquenetz, und es erhob sich ein Kampf zwischen den genannten Jülichern und den Landsknechten, aber der Erzherzog brachte sie zur Ruhe, nicht lohne groBe Mühe31." *>9. Basinus Bd. 3 S. 40, 42. 30. Molinet Bd. 2 S. 144, 145, 149. Aehnliches hat auch der karntische Pfarrer Jakob Unrest, der sein „Chronicon Austriacum" um 150Ö schrieb, gehort, denn er sagt, Maximilian habe Volk aus der Schweiz geworben. „Der erhuben sich ihm zu Hilfe 5000." Hahn, Collectio monumentorum Bd. 1. Braunschweig 1724 S. 617. 31. Olivier de la Marche Bd. 3 S. 253.  — 110 — Ob wir es hier in Wahrheit mit Landsknechten zu tun haben, muB dahingestellt bleiben. AuCh hier müssen dieselben Bedenken erhoben werden, die wir gegen das Vorhandensein des Namens Landsknechte als Bezeichnung für deutsches FuBvolk in den Burgunderkriegen eingewandt haben. Zwar ist Ol. de la Marche Zeitgenosse, er nimmt an dem politischen und militarischen Leben unter Karl dem Kühnen und Maximilian einen hervorragenden Anteil, er ist der Erzieher Pbilipps, des Sohnes Maximilians, aber er schreibt aus der Erinnerung nieder, was er selbst erlebte und sich von anderen erzahlen HeB, und der Teil seiner Memoiren, welcher für uns hier in Betracht kommt, ist erst am Ende der 80 er und im Anfang der 90.er Jahre verfaBt worden, wahrend wir schon im Jahre 1486 den Namen Landsknecht urkundlich belegen können, wie spaterhin gezeigt werden wird. So kann also auch dieser Zeitgenosse den Namen in eine frühere Zeit hineinversetzt haben. Aber wir können die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, daB Söldnerbanden, die Keime des spateren Landsknechtswesens in sich trugen, in Maximilians Diensten gewesen sind. So haben wir uns auch jene oberdeutschen Söldnerbanden zu denken, die nach Basinus scharenweise Maximilian zuziehen. Unter diesen oberdeutschen Söldnern haben sich sicheriiCh auch solche bebinden, die mit an den Burgunderkriegen teilgenommen hatten. War doch der kriegerische Sinn in jenen Gegenden durch die fast 3jahrigen Kampfe mit Karl dem Kühnen besonders erregt worden, viele wurden ihrem bürgerlichen und bauerlichen Berufe untreu und suchten nach der Schlacht bei Nancy neue Beschaftigung. Wir finden sie in Burgund im Kampf gegen die$ Franzosen,32 32. Leider können wir auf diese Kampfe nicht eingehen; es wird hier nur ein Kleinkrieg geführt. Zu gröBeren Unterneh- mungen kommt es hier nicht. Naheres darüber findet sich bei Rodt Bd. 2 und Maag.  — 111 — wir finden sie aber auch in den Niederlanden. Ob sie herbeigerufen wurden, oder ob sie von selbst kamen, ist ungewiB, sicherlich wurden diese kriegserfahrenen Veteranen gern aufgenommen. Ich habe einen Beleg dafür gefunden, daB eine Söldnerbande, die bei Nancy gegen den Burgunderherzog gefochten hatte, jetzt in den Niederlanden unter Maximilian gegen die Franzosen dient. So kommen am 28. JuÜ 1478 „24 deutsche Hakenbüchsenschützen und Pikeniere nach Tournay, die, wie sie sagten, gezwungen waren, die Stadt Lille zu verlassen, weil einige von ihnen in der Stadt gesagt hatten, sie hatten an der Schlacht bei Nancy teilgenommen auf der Sejte des Herzogs von Lothringen und sie seien nicht weit von dem Herzog Karl entfernt gewesen in seiner Todesstunde."33 Es ist sonderbar, daB man diese kriegserfahrene Söldnerschar so kurzerhand entlaBt. Augenscheinlich hat man an ihrer Zuverlassigkeit gezweifelt und gefürchtet, sie könnte zu den Franzosen übergehen. Solchen Truppen konnte man die Verteidigung einer Stadt nicht anvertrauen. Neben diesen zahlreichen oberdeutschen FuBknechten finden wir auch viele Truppen aus Niederdeutschland in Maximilians Diensten. Im Juli und August schlieBt Maximilian ein Bündnis mit dem Herzog Wilhelm von Jülich und Johann von Cleve, sodann mit dem Gubernator von Cötn, Landgraf Hermann vön Hessen. Letzterer soll dem Erzherzoge Kriegshilfe gegen Geldern oder den König von Frankreich leisten und auf seine und des Hochstiftes Kosten von des heiligen Reichs wegen 500 reisiger Pferde und 1000 zu FuB 3 Monate lang stellen.34 Ueber die Bewaffnung jener deutschen Truppen Maximilians ist uns wenig berichtet. Jene aus Lille entlassene Söld- 33. J. Nicolai, Calendrier S. 307/08. 34. Lichnowsky Bd. 8 Anh. Reg\ No. 99. Lacomblet, Urkundcnbuch für die Geschichte des Niederrheins Bd. 4. Düsseldorf 1857 S. 496—499.  — 112 — nerbande trug, wie wir sahen, Feuerbüchsen und Piken. Bei einer anderen solchen Söldnerbande aus Lille, die ebenfalls in diesem Jahre zu den Franzosen übergeht, ist auch der LangspieB schon festzustellen.35 Dabei ist zu beachten, daB im allgemeinen solche Besatzungstruppen, — denn mit solchen haben wir es doch augenscheinlich zu tun, meistens SchüBwaffen trugen, da diese bei der Verteidigung einer Stadt besonders wirksam waren und man hier der SpieBtrager, die am besten im freien Felde zur Bildung eines taktischen Körpers gebraucht werden konnten, weniger bedurfte. DaB aber bei dem deutschen FuBvolk Maximilians der SpieB sehr gebrauchlich gewesen sein muB, können wir aus einer anderen Quelle, Molinet, indirekt erschliefien. Danach zieht der Graf von Romont mit Philipp von Ravenstein und Jean von Luxemburg mit 800 Reitern und „einer groBen Zahl von deutschen und schweizerischen FuBknechten, geführt von meinem vorgenannten Herrn von Romont, qui s'estoit mis de pied une picque a son col", vor das SchloB Trelon und erobert es36. Was wir unter Karl dem Kühnen sich anbahnen sahen, hier ist es zur Wirklichkeit geworden. Hier nimmt ein Ritter die typische Waffe des FuBvolkes auf und zeigt zugleich seinen Standesgenossen, daB es sich mit ihrer Ehre vertragt, die Waffen des gemeinen FuBknechts zu führen. Prinzipiell also tritt der Ritter zum FuBvolk über, nicht ausnahmsweise. Romont ist, soweit wir sehen, der erste, der sich dazu entschlieBt, und ihm sind viele andere gefolgt. Dadurch hat er sich ein groBes Verdienst um die Erschaffung der ersten deutschen Infanterie, der Landsknechte, erworben. Denn diese sind es, die den „aus der Ritterzeit überkom- """36. J. Nicolai, Calendrier S. 218. Vgl. auch die Mémoires d. I. soc. hist. et litt. de Tournay Bd. 3. Tournay 1856 S. 127 f, 320. 36. Molinet Bd. 2 S. 145.  — 113 — menen hochgradig gesteigerten Ehrbegriff" und das „ausgepragte StandesbewuBtsein" übernehmen. Das war" nur möglich, indem massenweise die Ritter in die Reihen der FuBknechte eintraten und dadurch den Stand und die Bedeutung des FuB(volkes hoben und förderten. Dieser Uebertritt des Grafen von Romont ist um so wichtiger, als es bedeutende Vorurteile und Widerstande zu überwinden gab. Ein Beispiel dafür finden wir bei Hobohm37, der berichtet, bei der Belagerung von Padua (1509) habe der Bayard eine Rede folgenden Inhalts gehalten: „Es schicke sich nicht für Ritter, mit den Knechten zusammen zu stürmen, sozusagen mit Gevatter Schneider und Handschuhmacher, wenn die deutschen Herren ebenfalls absitzen und mittun würden, dann wollten sie dran." Die Zahl dieser deutschen Söldner in Maximilians Diensten ist im Anfang des Jahres 1478 noch ziemlich klein. Am 4. Februar hat er im ganzen „3000 Mann zu RoB und 3000 zu FuB, so walchen so burger eins den stetn und Teutsch 1000".38 Im Laufe des Jahres aber steigt ihre Zahl durch Zuzügeaus Deutschland und der Sch(weiz, denn Molinet erwahnt spater schon allein 4000 „piétons allemands von sehr grofie; Kühnheit und Furchtlosigkeit vor dem Feind".39 Aber diese Söldnerscharen sind doch zu schwach, um allein etwas gegen die Franzosen ausrichten zu können; und so schreibt auch Maria von Burgund am 2. Juni 1478 an den Herrn von Montigny, sie fordere die Hamen und vor allem die Genter auf, sich baldigst mit dem Heere Maximilians zu vereinigen, „denn obwohl es schön und wohl ausgerüstet ist, so ist es doch klein, wenn man in Betracht zieht, daB. mein Herr wohl besser begleitet sein könnte"*». 37. Bd. 2 S. 426. 38. Maximilian an Prüschenk. Brief vom 4. Februar 1478 Kraus S. 32/33. 30. Molinet Bd. 2 S. 144. Bircken S. 883. Rodt S. 504. 40. Ctrmel, Momimenta Habsburgica Abt. 1 Bd. 2 S. 413.  — 114 — Somit ist Maximilian doch hauptsëchlich auf die flamische Bürgerwehr angewiesen. Aus ihr und dem aufgebotenen Lehnsadel setzt sich auch das 18000 Mann starke Heer hauptsachlich zusammen, das sich im Mai bei Mons versammelt." Es wird gute Auswahl getroffen. Man sorgt dafur, daB man „gute, brauchbare und geeignete Gesellen" aufbnngt« Zahlreiche Musterungen werden abgehalten. So schreibt Dadizeele an Gent, einige Söldner seien nicht mit Waffenröcken, Schuhen und Helmen bekleidet, und da fortan alle die der Stadt und ihrem Gebiet dienten, nach der vorgeschriebenen Art bekleidet sein müBten, so sollten sie niemand bezahlen, der nicht die vorgeschriebenen Bedingurigen erfülle. Man solle alle Unkosten abziehen.*3 Die Stadte selbst tragen Sorge, daB die Disziplin im Heere aufrecht erhalten wird und suchen es zu verhitten, daB siCh ihre Leute von der Fahne entfernen.** Der SpieB wird als Hauptwaffe dieses FuBvolkes erwahnt.*5 Maximilian selbst zieht mit dem Grafen von Romont und jean Dadizeele, den Führern der flamischen Bürgerwehr" ins Feld Aber König Ludwig will das Schicksal seiner Waffen nicht den Zufallen einer Schlacht aussetzen. Er zieht sich mit seinem Heere zurück, und da er den Kaiser nicht aufs auBerste reizen und das ganze Reich gegen sich aufbringen will, ist ër Anfang Juli bereit, einen Waffenstillstand abzuschlieBen. Dieser wird am 6. Juli im Lager 41. Rodt Bd. 2 S. 504. ,, . ~ 42. Schreiben Gents vom 15. Marz 1478. Abgedruckt in Dadizeele, Mémoires S. 60. 43. Ebenda S. 62. . 44. Schreiben Gents an Dadizeele vom 15. Marz 1478_ und an Romont vom 1. Juli 1478 in Dadizeele, Memoires S. 61, 70/71. 45. Molinet Bd. 2 S. 142. D„mrtn+ 46 Ol de la Marche Bd. 3 S. 251 f.: Monseigneur de Romont et le bailly de Gand (Dadizeele) emmenerent les Flamangs en grant nombre. Vgl. auch Dadizeele S. 68, 70.  — 115 — Maximilians auf ein Jahr abgeschlossen und am 11. zu Arras vom Könige ratifiziert. Somit kommt es auch in diesem Feldzuge zu keinem entscheidenden Schlage, and der Krieg bis zum AbschluB des Waffenstillstandes ist ein Kleinkrieg, aus dem nicht zu ersehen ist, wie die Streitkrafte, vör allem das FuBvolk, in der Schlacht verwandt wurden. Fassen wir noch einmal zusammen, so sehen wir, daB sich Maximilians Tatigkeit auf dem Gebiete des Heerwesens schon in den beiden ersten Regierungsjahren in ganz neuen Bahnen bewegt. Er hat aus den Burgunderkriegen seine Lehren gezogen. Die Ordonnanzkompagnien Karls des Kühnen reduziert er und löst die SpieBfcnechte vön ihnen los. Er wirft sein Hauptaugenmerk auf die Erschaffung einer tüchtigen Infanterie. Zu dem Zwecke sucht er möglichst viele schweizerische und oberdeutsche FuBknechte in seine Dienste zu bekommen. Schon hier tritt der Ritter zur neuen Infanterie über. 3. Das Heer Maximilians im Jahre 1479. Die Schlacht bei Guinegate. Wir haben bei der Betrachtung der Burgunderkriege gesehen, wie ein starkes Heer vör einem schwacheren Feinde davonlief, weil das FuBvolk es nicht wagte, im taktischen Körper den Kampf gegen die burgundisehen Reiterscharen aufzunehmen. Daraus ergibt sich, daB der Kampf im taktischen Körper nicht so leicht und auch nicht mit jedem FuBvolk durchzuführen ist. Wenn wir uns das recht klar machen, so mussen wir das heeresorganiSatorische Talent Maximilians bewundern, da er mit dem frisch geschaffenen Heere bei Guinegate den Kampf aufnimmt gegen die berühmten franzósischen hommes d'armes und einen glanzenden Sieg über sie davontragt. Hier sehen wir zum ersten Mal, wie ein FuBvolk zu einem taktischen Körper, dem Gevierthaufen, zusammengeschlossen wird, ohne daB  — 116 — die Schweizer den Kern des Heeres bilden und ihm den moralischen Rückhalt geben, wie es in den Burgunderkriegen stets der Fall war. Es ist hier nicht unsere Aufgabe, auf diese Schlacht genauer einzugehen. Ueber sie existjeren zwei Spezialuntersuchungen, von Klaje1 und eine neuere von Richert2, die an der Hand der Quellen ein genaues Bild von dieser Schlacht geben. Für uns ist es von Interesse, das burgundische Heer zu zergliedern und nachzusehen, ob sich in ihm nicht einige Landsknechte befunden haben und zu untersuchen, wie es kommt, daB das niederlandische FuBvolk einen taktischen Körper bildet und sich in ihm behaupten kann gegen die wiederholten Angriffe der franzósischen Ritter und Schützen. Und gerade über diese Fragen suchen wir vergebens eine Antwort in den oben genannten Abhandlungen. Für das Jahr 1478 hatten wir das Vorhandensein von schweizerischen und deutschen Söldnerbanden in den Niederlanden nachgewiesen. Ob aber diese noch im Jahre 1479 in Maximilians Diensten gewesen sind, darüber geben uns die Quellen keinen AufschluB;. Es ist nicht nachzuweisen, daB' sie entlassen worden sind. Andererseits ist es aber sicher, daB die englischen Söldner und Bogenschützen, die wir schon im Jahre 1478 in den Niederlanden finden, auch an der Schlacht bei Guinegate teilgenommen haben.3 Wir können also die Möglichkeit nicht von der Hand weisen, daB sich deutsche und schweizerische Söldnerbanden auch hier im Heere Maximilians befinden. Darauf deutet auch eine Stelle in den Memoiren Ol. de 1. Hermann Klaje. Die Schlacht bei Guinegate. Greifsw. Diss. 1800. 2. Ernst Richert. Die Schlacht bei Guinegate. Berl. Diss. 1907. 3. Molinet Bd. 2 S. 204.  — 117 — la Mardie's hin, wo es heiBt: „L'archiduc avoit une bonne bande d'A 11 e m a n s 1 a n s q u e n e t s."* Danacb müBten also deutsche, hauptsachlich mit dem SpieB, vielleicht auch schon LangspieB, bewaffnete Söldnerbanden in Maximilians Meer*e vorhanden gewesen sein. Ob aber Ol. de la Marche ihnen mit Recht den Namen Landsknecht beilegt, wie es . auch Laux annimmt5, oder ob er nicht diesen Namen aus einer spateren Zeit übernimmt, ist nicht zu erweisen. Wie wir oben nachgewiesen haben, schreibt er zehn bis funfzehn Jahre nach der Schlacht, und so kann er sehr gut den Namen Landsknecht in eine frühere Zeit hineinversetzt haben. Sonsten finden wir in den Quellen besonders die deutschen Büchsenschützen erwahnt, die nach Guillaume zum Teil aus Jülich stammten.s Maximilian selbst sagt in seiner Autobiographie im AnschluB an die Schlachtschilderung,7 er habe seine Truppen aus Geldern herausgezogen, m qua erant viri strenuissimi ex Germania. Gerade hier in Geldern kampfen Truppen aus niederdeutschen Gebieten Nach einem Soldvertrage mit dem Herzog Wilhelm von Juhch erhalt dieser für jeden Reisigen alle Monate 6 oberlandische rhein. Gld. und für jeglichen FuBknecht, Bürger oder gewappneten wehrhaften Hausmann 3 Gld.» Auch der Gubernator von Cöln, Landgraf Heinrich von Hessen 4. Bd. 3 S. 255. Leider sind die Angaben etwas verworren Auf kernen Fall ist, wie es Laux tut, aus ihnen zu erschlieBen, daB ]ene angebhchen Landsknechte auch an der Schlacht von Guinegate teilgenommen haben. 5. Landsknechte S. 23, 27. 6. Molinet Bd. 2 S.'204. Commynes Bd. 2 S 34 M Guillaume, Hist. de 1'organisation mil. sous les ducs de Bourgogne' Mmoires^conronnés de 1'Académie de Belgique Bd. 22. Brüssei 7. S. 434. 8. Lacomblet, Urkundenbuch Bd. 4 S. 501 f.  — 120 — dem FuBvolk zeigen, daB sie mit ihm leben oder sterben wollen und dadurch das SelbstbewuB-tsein und den Zusammenhalt der Flamen verstarken, wieviel mehr muB der Mut und die Tapferkeit dieser FuBknechte gehoben werden, als sie sehen, daB, sich selbst ihr Herzög, Maximilian, ihnen und ihrer Tapferkeit anvertraut und in ihre Reihen eintritt.18 Dadurch erkennt das FuBvolk, daB, wenn es flieht, auch das Leben seines Fürsten auf dem Spiele steht. — DaB in der Tat dieses zahlreiche Eintreten der Ritter in die Reihen des FuBvolks diesem den nötigen moralischen Rückhalt gegeben und dasselbe zum Zusammenstehen und Aushalten gebracht hat, als die Ritter teilweise flohen, das deutet Commynes an, wenn er sagt:19 Die FuBknechte Maximilians seien nicht geflohen, „als sie in einiger Verwirrung waren, aber sie hatten unter sich wohl 200 tüchtjge Edelleute zu FuB, die sie führten, und es waren darunter der Graf von Romont, der Graf von Nassau und mehrere andere, die noch leben. Die Tapferkeit dieser lehrte sie aushalten, was um so merkwürdiger war, als sie ihre Reiterei fliehen sahen." So haben also jene Ritter zu FuB groBes Verdienst an dem Sieg. An sich war ja ihre Anzahl klein, aber selbst wenn wir mit Gomines eine Anzahl von nur 200 annehmen, so reichten diese doch gut aus, um das erste Glied der 2 Gevierthaufen mit ihnen zu besetzen. Diese mit SpieBen bewaffnete flamische Bürgerwehr tragt nach einigen Quellen auch den Namen Landsknechte. In den Memoiren, die im Auszug von Delepierre aus dem Flamischen ins Französische übersetzt und Jean Dadizeele zugeschrieben werden, ist 'zu lesen: „Seinerseits lieB auch der 18. Darüber berichten die meisten Quellen. Nur wann das geschah, darüber finden wir in ihnen Widersprüche. Ich nehme mit Richert (S. 95—96) an, daB sich Maximilian von Anfang an unter dem FuBvolk befand. 19. Bd. 2 S. 35.  4 121 Graf von Romont dielansquenets flamands vorrücken, die in ihren Reihen 200 Edelleute zahlten," woraus Laux schlieBt, Maximilian habe 14—15 000 Landsknechte gehabt.20 Auch Bircken erwahnt „Lanzknechte" unter dem Grafen Engelbert von Nassau.21 Wie letzterer dazu kommt, hier den Namen Landsknechte einzusetzen, ist nicht zu erweisen. Aber er schreibt erst zwei Jahrhunderte spater, und so brauchen wir ihn nicht erst lange zu widerlegen. Pontus Heuterus, den er u. a. benutzt, spricht von dieser Stelle nur von „hastatis Flandris"22. Die erstgenannte Quelle spielt Laux als letzten Trumpf aus, um zu beweisen, daB für das Jahr 1479 der Name Landsknecht gut verbürgt sei. Er sagt: „Für diese flamischen und deutschen Knechte, die Max aus Deutschland vermeintlich mit sich gebracht hatte, ist nun der Name Landsknechte so gut verbürgt, wie wir es uns nicht besser wünschen können. Zwei Augenzeugen sind es, die uns genaue Auskunft geben." Er führt die oben erwahnte Stelle aus O. de la Marche an, nach der Maximilian „une bonne bande d'AHemans lansquenetz" hatte, die wir schon oben einer eingehenden Kritik unterworfen haben; dann fahrt er fort: „Und Jean Dadizeele, der in Person an der Schlacht teilgenommen hat, sagt: De son cöté le cOmte de Romont fit avancer les lansquenetz flamands. Sein Bericht muB unmittelbar nach der Schlacht geschrieben sein, denn schon im Jahre 1481 wird er als grand bailli von Gent ermordet."23 Wenn wir nun in den im Jahre 1850 zu Brügge im Druck erschienenen Memoiren Dadizeeles nach diesem Ausdruck „Landsknecht" suchen, so finden wir ihn da nirgends erwahnt. Es müBte also dieser Zeitgenosse zwei Memoiren- 20. Delepierre Anhang S. 466; Laux S 23 21. S. 889. 22. L. I Kap. 10. 23. Laux, Landsknechte S. 26/27.  I — 122 — werke verfaBt haben, was nicht gut möglich ist. Schon Richert hat darauf hingewiesen, daB Delepierre diese Darstellung der Schlacht bei Guinegate „falschlich als eine Uebersetzung des Berichtes Dadizeeles veröffentHcht hat". Richert sagt, die Bntstehungszeit sei ebensowenig wie der Autor bekannt. Dazu weist er nach, daB diesem Berichte über die Schlacht bei Guinegate Dadizeele, Comines und andere Quellen. zugrunde liegen24. Somit schreibt auch dieser unbekannte Autor lange nach dieser Schlacht in einer Zeit, in der der Name Landsknecht schon gebrauchlich war. Daher wird auch er diesen Namen in eine frühere Zeit versetzt haben. Können wir überhaupt dieser flamischen Bürgerwehr den Namen Landsknecht beilegen? Die Bewaffnung der Landsknechte, der SpieB, vielkicht auch schon der LangspieB, ist bei ihr vorhanden. Aus ihr werden zwei Gevierthaufen gebildet, die einander sekundieren. Sie vermag im taktischen Körper dem Ansturm der franzósischen Reiter und Schützen zu widerstehen, wenn sie auch noch nicht soweit ist, daB sie selbst die Offensive ergreifen kann, denn sie wartet den Angriff der Franzosen ab.25 Ihr ergeht es nicht wie den schottischen SpieBern bei Falkirk im Jahre 1298, wo diese hilflose Masse von den englischen Bognern völlig zusammengeschdssen wird, nachdem die Ritter nicht in ihre Reihen eindringen konnten. Diesen Schotten fehlte eben der EntschluB zur Offensive, die sich nicht allein damit begnügt, den Gegner abzuwehren, sondern ihm, wenn der Angriff abgeschlagen ist, nacheilt und ihn in die Flucht schlagt. Der flamische Gevierthaufe dagegen verhalt sich nicht nur defensiv, er geht auch offensiv den Franzosen zu Leibe. So wird der Sieg gewonnen. Aber Landsknechte im rechten Sinne des Wortes sind 24. Richert S. 51. 25. Richert S. 67,  — 123 — jene flamischen FuBknechte nicht. Denn die Landsknechte setzen sich nicht aus Landesaufgeboten und Bürgerwehren zusammen, sie sind freie Söldner, die nur vom Kriege leben und die um Sold jedem Kriegsherrn, der sie ruft, folgen, wohin es auCh sei. Bei diesem flamischen FuBvolk ist dies jedoch nicht der Fall. Wie gern hatte es Maximilian nach der Schlacht bei der Fahne gehalten, um mit ihm Therouanne zu erobern und den Franzosen weitere Schaden zuzufügen; aber die Flamen weigern sich, weiter zu marschieren, so daB Maximilian sie entlassen muB26. Dieses FuBvolk will eben lieber in seinem bürgerlichen Berufe fortleben und wünscht vielleicht auch' gar nicht, für den Herzog zu weit führende Siege zu erfechten. So hat auch schon Beek mit Recht seine Bedenken gegen jene Behauptungen von Laux erhoben, indem er sagt: „Laux findet erstmals im Jahre 1476 für deutsche Söldner den Namen Landsknechte, halt aber dafür, daB die Landsknechte auch aufgeboten sein können, was nur bedingt zutrifft. Der Landsknecht ist stets Söldner, auchiwenn er dem eigenen Lande entnoinmen ist, woher er seinen Namen führt."27 Es bleibt jetzt noch die Frage nach dem groBen Feldherrn zu beantworten, der die Flamen in diesem Kampfe zum Siege führte. Mit Recht weist Escher darauf hin, daB die Schlacht bei Guinegate aufs engste mit den Burgunderschlachten zusammenhangt. Er erinnert an die Teilnahme der Süddeutschen an diesen Kriegen, an den aus Tübingen stammenden und damals in österreichischen Diensten stellenden Ritter Wilhelm Herter, der in den Schlachten bei Murten und Nancy Ordnungsmacher für die vereinigten schweizerischen und deutschen Truppen war. Dann sagte er: 26. Ol. de la Marche Bd. 1 S. 161 f. 'Guillaume, Hist. de 1'org. mil. S. 173. Ich glaube nicht, diaB Richerts Vermutung (S. 74) zutrifft, Maximilian sei zum Unterhalt der Truppen das nötige Gekt ausgegangen. 27. Beek, Bayerns Heerwessen S. 160 Anm. 1.  — 124 — „Scharfblickend erkannte der jugendliche, aber hochbegabte Maximilian die Bedeutung eines solchen FuBvolkes, das, wiederum unter Herters Anordnungen, ihm den Sieg bei Guinegate erfochten hatte." „Auch taktischen Neubildungen hat ja immer vorauszugehen, daB das Bestehende d'urch die Praxis als unzulanglic'h erwiesen wird. Wir hatten dabei ganz besonders an Herter zu denken, an dessen Persönlichkeit sich die Neubildung des Jahres 1479 mit den dazu drangenden Erfahrungen von 1474—1477 knüpfte28." Somit nimmt also EsCher an, daB Wilhelm Herter der groBe Organisator und Ordner des flamischen Heeres sei. Dies ist aber nicht gut möglich, denn nach Kinebei29 ist Wilhelm Herter schon am 2. Marz 1477 in Basel gestorben. Wir können aber darin Escher zustimmen, daB Maximilian unmöglich die flamische Bürgerwehr allein zum Siege führen konnte, daB er vielmehr erfahrene Ratgeber gehabt haben muB. Denn Maximilian ist erst zwanzig Jahre alt, als er die Schlacht bei Guinegate gewinnt, und da fehlte ihm sicherlich die nötige Kriegserfahrung, die dazu gehort, das FuBvolk zu einem taktischen Körper zusammenzuschlieBen und zum Siege zu führen. So sagt auch Com-mynes30, Maximilian, als er in die Niederlande gekommen sei, „n'avoit cognoissance de rien tant pour sa jeunesse que pour estre en pays estrange et aussi avoir esté assez mal nourry aut moins ipour avoir cognoissance de grant chose". Trotzdem ist nach Laux31 dieser junge Erzherzog der Ordnungsmacher von Guinegate. Auch hier greift Laux fehl, wie überhaupt seine Darstellung von dieser Schlacht wertlos ist, zumal er noch nicht einmal die Spezialuntersuchung von Klaje gekannt und alle Quellen herangezogen hat. 28. Escher S. 3 f, 38. 29. Bas. Chron. Bd. 3 S. 139. 30. Memorien Bd. 2 S. 16. 31. Laux, Landsknechte S, 24,  - 125 — Als der Sieger der Schlacht ist hauptsachlich der Graf von Romont aus dem Hause Savoyen anzusehen, wie es schon Richert nachgewiesen hat32. Neben ihm wird auch in den Quellen der Graf Engelbert von Nassau genannt. In der Tat waren diese Hauptleute besonders befahigt, das flamische FuBvolk zum Siege zu führen. Beide haben an den Burgunderkriegen teilgenommen. Der Graf von Romont hatte von Jugend an Gelegenheit, die Schweizer kennen zu lernen, da sein Land ganz an das Gebiet der Eidgenossenschaft grenzte. Er kampft in der Schlacht bei Murten mit und rettet dem Herzog Karl einen Teil seines Heeres vor der Vernichtung. Auch an der Schlacht bei Nancy nimmt er teil und entrinnt nur mit Mühe der Gefangenschaft. Ebenso können wir auch tien Grafen von Nassau bei Nancy im Heere Karls des Kühnen feststellen, er wird nach der Schlacht von den vereinigten deutschen und schweizerischen Truppen gefangen genommen33. Sicherlich ist auch an diese beiden tuchtigen Hauptleute zu denken, wenn wir hören, Karl sei im Kriegsrat vor der Schlacht bei Nancy von seinen Hauptleuten vor den Schweizern gewarnt worden und habe von ihnen den Rat erhalten, vor dem Heere der Verbündeten sich zurückzuziehen. Vielleicht ist auch Karl der Kühne von Romont bei seinen Heeresreformen beraten worden, vor allem in betreff der Verlangerung des SpieBes, von der berichtet wurde. Auch in den niederlandischen Kampfen des Jahres 1477 wird Romont mehrfach erwahnt. Er steht der Herzogin Maria mit Rat "und Tat zur Seite. Wir sehen jihn im Jahre 1478 an der Spitze der flamischten Bürgerwehr und der deutschen Söldner. Auf ihn verlaBt sich Maximilian besonders. Wie oben ausgeführt, ist Romont auch der erste Ritter, der prinzipiell zum FuBvolk übertritt, wodlurch er sich ein groBes 32. S. 94-^95. 33. Molinet Bd. 2 S. 56.  126 Verdienst um die Erschaffung des neuen FuBvolkes erworben hat. Ob er sich nicht auch sonsten Verdienste um die Organisation des Kampfes gegen Frankreich und die Aufstellung und Bewaffnung der flamischen Bürgerwehr erworben hat, konnten wir an der Hand der Quellen, die uns zur Verfügung standen, nicht nachweisen. Vielleicht ist in den niederlandischen Archiven manches Material, das darauf hinweist. Auf jeden Fall ist er der Schlachtordner von Guinegate, denn die „Alderexcellentste Cronyke van Brabant" sagt: „Da steilte der Graf von Romont das Volk in die Ordnung, und er steilte den Herzog unter das Volk und unter die Piken." Somit ist wohl auch ihm das Verdienst zuzuschTeiben, daB das FuBvolk auf Kosten der Reiterei vermehrt und so alle Hoffnung auf die Infanterie gesetzt wird, in deren Reihen die niederlandischen und deutschen Edlen, ja selbst der Erzherzog Maximilian, kampfen. Er selbst ist der Führer des einen Haufens, der den anderen unter dem Grafen Engelbert von Nassau entsetzt, als er * von den franzósischen Schützen bedrangt wird34. Wir sehen ihn zu FuB, wie sein flamisches Volksaufgebot mit dem SpieB bewaffnet, mitten unter dem FuBvolk, mit dem er tapfer kampft, so daB er selbst in der Schlacht verwundet wird35. Somit ist Romont der eigentliche Sieger dieser Schlacht. Und wenn es auch nicht aus allen Quellen zu ersehen ist, daB ihm die Leitung obgelegen hat, so ist das wohl darauf zurückzuführen, daB man in dem jungen Erzherzog, der selbst in der Schlacht tapfer kampfte, natürlicherweise den gegebenen Oberfekfherrn sah und sein Verdienst hervorheben und herausstreichen wollte. Es ist nur sonderbar, daB Maximilian selbst in seiner Autobiographie bei der Darstellung der Schlacht den Grafen Romont gar nicht erwahnt. Er 34. Richert S. 71. 35. Molinet Bd. 2 S. 218; Basinus Bd. 3 S. 58.  — 127 — sagt, den einen Teil des FuBvolkes habe der Graf Engelbert von Nassau, den anderen Graf Albert von Zollern geführt36. In derTat beteiligte sich der Graf Albert von Zollern an dem Kampfe, und zwar war er in dem Haufen, den nach den anderen Quellen der Graf von Romont befehligte. Denn Molinet sagt37: „Romont war der Hauptführer der Flamen, begleitet vom Herzog von Zollern, einem Deutschen, der tapfer kampfte an diesem Tage." Also nach Molinet ist Romont der Hauptführer, unter dem der Graf Albert von Zollern steht. Maximilians Angaben sind somit teilweise richtig, er hat nur geflissentlich den Grafen von Romont nicht genannt, da dieser in den Jahren 1484 und 1485 sich an die Spitze der aufrührerischen Flamen stellt. Er muB deshalb, nachdem sich die Genter im Jahre 1485 unterworfen haben, auf Maximilians Verlangen das Land verlassen. itv< Ebenso ist es sicherlich kern Zufall, daB der Graf Engelbert von' Nassau, wie oben erwahnt, den zweiten Haufen der flamischen SpieBknechte in der Schlacht führt. Auch er hatte sicherlich die Ueberlegenheit der Schweizer Bewaffnung und Taktik erkannt, er war ebenso wie Romont in der Lage, die in den Burgunderschlachten gemachten Erfahrungen in den Niederlanden zu verwerten. Aber er war, wie Richert nachweist, dem Grafen von Romont in der Schlacht untergeordnet38. Somit hat also Escher recht, wenn er den Sieg von Guinegate mit den Burgunderschlachten in Zusammenhang bringt .Aber nicht der Sieger in diesen Kriegen, Wilhelm Herter, ist der Heeresorganisator und Führer der Niederlander, sondern gerade die Unterlegenen sind es, der Graf von Romont und Graf Engelbert von Nassau. 36. Maximilians Autobiographie S. 434. 37. Molinet Bd. 2 S. 206. 38. Richert S. 95.  — 128 — In demselben Jahre 1479 sollen ebenfalls deutsche Landsknechte in Burgund für Maximilian gefochten haben, denn der Berner Chronist Ansehn berichtet unter dem Jahre 1480: lm vorhergehenden Jahre sei „die herrliche burgundische Stadt Dole mit unchristiicher, ja unmenschlicher Wietung besonders von beiden Seiten, Titschen Lanzknechten und Eidgenossen, durch die Franzosen genommen und verbrannt" worden39. Allerdings kampften damals in Burgund viele freie oberdeutsche und sChweizerische Söldnerbanden, von denen die unter UlriCh Traber und Meinrad Schütz von Waldshut besonders genannt werden mögen, im Dienste des Fürsten von Orange, des Hauptmanns Maximilians. Aber der Name Landsknecht ist aus unbedingt zeitgenössischen Quellen nicht zu belegen. Zudem cchreibt Anselm seine Chronik erst im 16. Jahrhundert, sio daB auch er sehr gut den Namen in eine frühere Zeit übertragen haben kann. Damit halten wir unsere Untersuchungen über die Landsknechte bis zum Jahre 1479 für abgeschlossen. Wir glauben nachgewiesen zu haben, daB die Arbeit von Laux manche Inkorrektheiten enthalt, und daB es nicht sicher ist, daB schon zu dieser Zeit FuBknechte, die den Namen Landsknechte führten, vorhanden gewesen sind; Wenigstens stammen alle Quellen, die Laux anführt, aus einer viel spateren Zeit, so daB die Belege, die er für seine Behauptungen anführt, nicht ganz beweiskraftig sind. 4. Das Heer Maximilians bis zum Jahre 1481. Maximilian erkannte sehr wohl, dafi er mit seinen Flamen keine tiauernden Erfolge erringen konnte, sie waren und blieben recht unzuverlassige Untertanen und Bundesgenossen. So schreibt auch der Herzog am 8. Juni 1479 an den Kaiser: „Wiewohl auch meine Lande Brabant und 39. Valerius Anselm, Berner Chronik Bd. E Bern 1884 S. 157.  129 — Flandern sich vereint und verwilligt hatten, zu Widerstand dem König mir etliche Hilfe zu tun, so werden sie doch darin etwas hinierstellig." Wie wenig er mit den Flamen ausrichten konnte, das hatte 'er nach der Schlacht bei Guinegate gesehen, wo er Von ihnen gezwungen wurde, sie zu entlassen, da ihre Dienstzeit um war. So wird also Maximilian dazu gedrangt, andere zuverlassigere Streitkrafte in seine Dienste zu ziehen, die schweizerischen und deutschen FuBknechte. Schon am' 1. Oktober 1479 wird die Stadt Cöln gebeten, ƒ1 dem Hans Gein, der 200 Knechte zu Cöln liegen habe und zu Maximilian bringen wolle, behilflich zu sein, „damit der die Knechte zu seinen Gnaden bringen möge"2. Vor allem scheinen sich die Banden aus Burgund, wo bis zum Jahre 1479 viele Schweizer und Deutsche fochten, in die Niederlande begeben zu haben, da in Burgund nach ünterwerfung dieses Gebiets durch die Franzosen für sie nichts mehr zu tun war. Das ersehen wir aus einem Briefe Maximilians an den Magistrat von Mecheln vom 26. Juni 14803. Danach hatte der Herzog seinen Rat Laurenz le Mutre in diese Stadt geschidkt, von Wo er ein eKarrevollSpieBe naCh Brüssel bringen sollte, „bestimmt für einige Edelleute, welche kürzlich aus Burgund gekommen waren, um mit ihnen ihre FuBknechte zu bewaffnen". Aus diesem Schreiben geht also hervor, daB jene FuBknechte, die scheinbar mit ihren adeligen Führern aus Burgund gekOmmen waren, mit SpieBen bewaffnet werden sollten. Auch sonsten werden burgundische Knechte, die „Spietsen" und „Glavien" führen, erwahnt4. 1. Chmel. Mon. Habsb. Abt. 1 Bd. 3 S. 177. 2. Der Brief befindet sich im Historischen Archiv zu Cöln unter den Akten „Cöln und das Reich". 3. Doren Bd. 3 S. 297. 4. Chronyke van Hollant, Zeelant ende van Vrieslant 1517 S. 378.  — 130 — Ja selbst'Söldnerbanden, denen der Name Landsknecht beigelegt wurde, will Maximilian in Luxemburg im Kampf gegen die Franzosen verWandt haben. Er selbst berichtet in seiner Autobiographie5: „Die lanczkneChti Alim a n n y begannen überdrüssig zu werden und versuchten mit allen Kraften heimzukehren. Um Üies zu erreichen, ergriffen sie die erste beste Gelegenhëit und verlieBen ... das Lager. Sie verlachten die burgundisehen Reiter wie auch einen anderen Verband von Truppen tam de lingua Burgundie tam Bassa-Aimanica, gingen vor Tagesanbruch aus dem Lager und schlugen den Weg nach dem Feinde ein; denn es war ihnen von denen, die den Weg kannten, klargemacht worden, daB dies der kürzere Weg nach Oberdeutschland (ad Qermaniam Altam), woher sie gekommen waren, zur Rückkehr sei." Sie werden von dien Truppen Maximilians verfolgt, getötet und gefangen genOmmen. Hier also handelt es sich um oberdeutsche Söldner, die, scharf geschieden von den Niederlandern, von Maximilian Landsknechte genannt werden. Aber, wie oben erwahnt, ist dieses Werk 20 Jahre spater verfaBt, zu einer Zeit, wo der Name Landsknecht schon gebrauchlich war. Ueber dieselben Ereignissé erzahlt der im Jahre 1488 verstorbene Adrien de But in seiner Chronik6: „In diesen Tagen bei Luxemburg kamen mehrere Schweizer (Suetones) und baten um Sold für 3 Monate. Aber da die Lande des Herzogs von Oesterreich durch Armut an Geld nicht wenig geschwacht und dUrch die andauernden Kriege besonders erschöpft waren, so wurde, obwohl die Genter pro libito cuncta tanquam tutoribus patriae de rebus zur Verfügung steilten, kaum für einen Monat der Sold bezahlt. 5. S. 431. 6. Abgedr. in den Chron. rel. a Phist. de ia Belgique. Textes latines Bd. 1. Brüssel 1870 S. 557. _  — 131 — Bald gingen die Schweizer getrennt fort, ein Teil plümderte das Lager, der andere blieb in Luxemburg." Die Plünderer werden angegriffen, teils getötet und teils gefangen genommen. Wer ist nun mit jenen „tutoribus patriae" gemeint; sollte das eine Umschreibung des Namens Landsknecht sein? Dann wurden wir unter dieser Bezeichnung einen „Beschützef des Landes" zu verstenen haben. Aber man braucht jene Worte nicht auf die Schweizer, auf eine bestimmte Truppenart zu beziehen, das ganze Heer Maximilians kann gemeint sein, alle die, welche das Land zu schützen hatten. So braucht der Begriff „tutores patriae" nicht speziell auf die Landsknechte hinzuweisen, die in anderen lateinischen Quellen „patriae ministri" genannt werden7. Dahër ist es • meines Erachtens noch zweifelhaft, ob es schon in diesem Jahre FuBknechte mit dem Namen Landsknecht gegeben hat. Auf jeden Fall ist es für die Bedeutung dieses Namens wichtig, daB hier vOn But Truppen Maximilians „Schützer des Landes" genannt werden. Ebenso wie But spricht auch der im Jahre 1501 verstorbene Metzer Bürger Jean de Aubrion8 von Schweizern, die sich am 21. Oktober in der Zahl von 200 Mann erhbben hatten. Der burgundische Hofhistoriograph Molinet, der auBerst vorsichtig im Gebrauch des Wortes Landsknecht gewesen zu sein scheint, berichtet endlich: Einige „Deutsche" verlangten ihren Sold für einen Monat. Aber man bot ihnen denselben für nur 15 Tage an. Damit wollten sie sich nicht zufrieden geben und sagten: „Nous avons mis a la fin le duc Charles, encores y niettrons nous cestuy-cy." Sie zogen aus dem Lager fort, wurden aber verfolgt, teils vernichtet und teils zur Ergebung gezwungen9. 7. Aventinus, |S,amtliche Werke. Bd. 2 S. 495. 8. Journal, Publ. p. Lorédan Larchey. Metz 1857 S. 119 9. Molinet Bd. 2 S. 245.  — 132 — Somit steht also Maximilians Angabe, jene Knechte seien Landsknechte gewesen, ganz allein. Immerhin stammten sie aus Oberdeutschland, teilweise sogar aus der Schweiz, und sie haben auch in der Schlacht bei Nancy gegen Karl den Kühnen gekampft. Dies ist von besonderer Wichtigkeit. Es ist das zweite Mal, daB wir solche altgediente Veteranen, die schon von den Burgunderkriegen her den Kampf im taktischen Körper kannten, in Maximilians Diensten feststellen können. Neben diesen deutschen Söldnerbanden finden wir auch viele englische Bogenschützen im Heere des Herzogs, die er gerade in diesem Jahre 1480 in gröBerer Zahl für seine Kriege heranzuziehen sucht. So bewilligt am 3. August König Eduard IV. dem Erzherzog Maximilian 6000 Schützen. Nach Rodt blieb dieser Vertrag ohne Folgen, da es Maximilian nicht mögbch war, das nötige Geld aufzubringen. Doch war die Zahl derer, die er in seine Dienste aufnahm, bedeutend genug: Es waren 1500 Bogenschutzen, wie Rodt angibt10. Diese Tatsadie, daB Maximilian solche Söldner in so groBer Zahl in seine Dienste aufnimmt, zeigt deutlich sein Bestreben, sich unabhangig von dem Aufgebot der Niederlande, besonders der Flamen, zu machen. Je fester seine Herrschaft in diesen Gebieten Wurzel schlagt, je mehr weiB er die finanziellen Krafte dieser reichen Lande anzuspannen, daB sie ihm die Mittel für sein Söldnerheer bewilligen11. Ebendasselbe gilt für das Jahr 1481. Auch in diesem Jahre werden die schweizerischen und deutschen FuB- 10. Lkhnowsky, Bd. 8 Anh. Reg. Nr. 282. Rodt Bd. 2 S. 538 11. Im Mai werden Maximilian von den flandrischen Standen 120 000 couronnes pour 1'entretien de 6000 hommes de guerre pendant 5 mois bewilligt. Diegerick, Inventaire Bd. 4 S. 47. Ueber weitere Oeldbewilligungen vergteiche mam: GSlhodts S. 197, 202; Doren Bd. 3 S. 297, 299; Devillers, Inventaire des archives des Etats de Hainaut. Bd. 1 Mons 1884 S. 29/30, App. S. XCVII.  — 133 — knechte efcensb wie die englischen Bogenschützen in vielen Quellen erwahnt. So berichtet z. B. Molinet von 1000 Deutschen unter Salezar12. 12. Bd. 2 S. 277, 282. Vgl. auch Dadizeele S. 24; Histoire des Pays-Bas, ed. p. J. de Smet im Corpus Chronicorum Flandriae Bd. 3. Brüssel 1856 S. 698; Chronik von Holland S. 481.  B. Das Anwachsen der deutschen Söldnerscharen im Heere Maximilians. 1. In 'den Jahren 1482—1483. Hier mussen wir einmal einhalten und einen Bliek werf en auf die politischen Verhaltnisse in den Niederlanden. Das Jahr 1482 bildet einen wichtigen Wendepunkt sowohl für das Leben, als auch für das Heerwesen Maximilians. Es ist gezeigt worden, wie in der ganzen ersten Regierungsperiode dieses Herrschers das niederlandische, besonders das flamische VolksaufgebOt eine groBe Rblle spielt, und wie der Tapferkeit dieser Bürgerwehr die Franzosen bei Guinegate erliegen. Allerdings haben wir auch schon deutsche und schweizerische FuBknechte und englische Bogensdiützen in Maximilians Diensten festgestellt, aber ihre Zahl war verhaltnismaBig gering. Das Jahr 1482 bringt hierin einen Umschwung. Am 27. Marz dieses Jahres stirbt Maria von Burgund, die Gemahlin Maximilians, und an ihren Tod knüpfen sich jene schweren Verwicklungen, die zwischen dem jungen Erzherzog und den niederlandischen, besonders den flamischen Stadten und Standen zum Ausbruch kommen. Man ist der jahrelangen Kampfe müde, die groBe Kosten verursacht hatten. Andererseits befürchten die Flamen, Maximilian könne jetzt wieder jen es absolute Regiment ein führen, unter dem sie zur Zeit Karls des Kühnen so schwer zu leiden hatten. Dieser hatte nur so zu herrscheii vermocht, indem er sich stützen konnte auf sein stehendes Heer, die Ordon-  - 137 — und Knechte zum Herzog Maximilian hinwegführt"7. Auch aus einem Brief Maximilians an Cöln vom 12. Juni 1482 können wir darüber Naheres erfahren. Er beschwert sich, daB zwei Bandenführer „sich unterstanden haben, etliche FuBknechte aufzubringen und sie herab zu unseren Feinden und Widerwartigen zu bringen und zu führen. Nun haben wir unsern getreuen, lieben Cunraden Qechauff und Jorgen Vj Hierten deshalben unseres Begehren an Euch zu bringen ' und zu werben befohlen8." Danach befindet sich also in diesem Jahre der Ritter Konrad Gachuff in Maximilians Diensten. Dieser war aber zu jener Zeit einer der berühmtesten Söldnerführer, der schweizerische und oberdeutsche FuBknechte anwarb' und im Solde fremder Herren kampfte. Wir finden ihn im Jahre 1477 im Dienste von Jean v. Chalons, des Fürsten von Ij Orange9, der damals unter Heranziehung vieler schweizerischer und deutscher Söldnerbanden Burgund gegen die An-j! griffe der Franzosen verteidigte. Im Jahre 1483 hat dieser Konrad Qachuff wiederum Schweizer oder wenigstens Knechte aus solchen Gebieten, die an das Land der Eidgenossen grenzten, aufgebracht. Wir hören namlich, „auf Sonntag vor Madelene (20. Juli) zogen aus unserer Stadt (St. Gallen) 200 wohlgerüsteter Gesellen gen Kesswil zu 7. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 118. Abschied von Luzern am 27. Marz 1482. 8. Hist. Archiv zu Cöln. Akten „Cöln und das Reich" 9. Mossmann Bd. 4 Nr. 1816. Knebel sagt: „Et obtenta Dola per regem Francie 200 Switzeros suspenderunt, inter quos fuit unus de superioribus Switzeris nomine Qebuff, miles Mortanensis vir quamvis ignotoilis, tamen in armis strenuus fuit. Wahrschehilich ■st dieser „Qebuff" unser Konrad Gachuff. Dann hatte er auch an der Schlacht bei Murten teilgenommen und ware auch dort zum Ritter geschlagen worden. Die Einnahme von Dole, von der Knebel hier berichtet, hat nach dem Herausgeber Vischer damals gar nicht stattgefunden, und so kann auch der vermeintliche Gachuff damals nicht gehenkt worden sein. Basier Chroniken Bd. 3 S. 156  — 138 — Herrn Konrad Gachuff, der den Rat darum gebeten und sie mit Ernst geladen hatte"10. Vielleicht waren diese Knechte auch für Maximilian bestimmt. Ebenso horen wir noch spaterhin öfters, daB dieser Gachuff Schweizer anwirbt, wie wir nachher nachweisen werden. So liegt die Vermutung nahe, daB dieser Konrad Gachuff audi im Jahre 1482, vielleicht auch schon vorher, schweizerische und oberdeutsche Knechte in Maximilians Dienste gebracht hat. Sicherlich hat auch der Prinz von Orange, der an den Kampfen gegen Wilhelm von Aremberg hervorragenden Anteil nimmt, noch mehr solcher Banden aus Burgund in die Niederlande geführt Diese deutschen Söldnerscharen sind aber doch zu schwach, als daB Maximilian sich allein auf sie hatte stützen können. Neben ihnen werden Gaskogner und Englander erwahnt11. Den Kern des Heeres bilden auch jetzt noch die von den niederlandischen Provmzen gestellten Truppen und die aufgebotenen Vasallen, vor allem die Brabanter Piqueniere, die Pikarden und die Hennegauer12. Von diesem Heere wird am 10. Januar 1483 eine Schlacht geschlagen, in der Wilhelm von Aremberg ganzhch besiegt wird. Jean von Chalons, der Fürst von Orange, und Philipp v. Cleve belagern das Kastell Hollogne, das zwei Meilen von Lüttich entfemt liegt. Wilhelm von Aremberg rückt zum Entsatz heran13. De Hauptleute Maximilians, die über 6000—7000 FuBknechte und 1200 Reiter, im ganzen 10. Joachim v. Watt (Vadian), Chronik der Aebte des Klostere St. Gallen. 2. Halfte herausgeg. v. Ernst Goetzingen. St. Gallen 1877 S. 308. 11. Chronik von Holland S. 380; Molinet Bd. 2 S. 282. 12. Molinet Bd. 2 S. 312, 365 f, 369; Gachard, Lettres inédits de Maximilien, duc d'Autriche Bd. 1. Brüssel 1851 S. 25—28; Devillers, Hainaut après la mort de Marie de Bourgogne, Compte rendu d. 1. Gom. d'hïstoire. SeT. 4 Tome 8. Brüssel 1880 S. 175, 178. 13. Nach Molinet Bd. 2 S. 367 harte er 15—17000 Mann. Die Zahl ist wohl übertrieben.  — 139 — 8000 Mann, verfügen, stellen ihr Heer in einem gewaltigen Haufen auf14. In der Mitte stehen die mit SpieBen bewaffneten FuBkhechte, auf beiden Seiten die Haken- und Büchsenscbützen; die Ritter werden auf den rechten Flügel gesfellt. Wilhelm vön Aremberg als der Starkere greift an. Ein heftiger Kampf findet statt. Endlich werden die Lütticher „durch die Oeschosse der Brabanter und den heftigen Empfang durch dieselben, sodann durch den wunderbaren Mut der Deütschen, die ihr Móglichstes taten, durch die gute Führung und die sichere SchlieBung der Wagenburg in die FluCht geworfen. Wilhelm versuChte von hinten in die genannte Wagenburg einzudringen, aber er fand so heftigen Widerstand, daB er den Rücken vvandte mit den Flieh enden15." Diese Darstellung Molinets ist unklar. Zuerst redet er von einer Aufstellung „en une masse", worunter wahrscheinlich ein Gevierthaufen gemeint ist. Dann aber sagt er, die Schlacht sei u, a. entschieden worden durch die „seure closture du charroy", und etwas vorher lesen wir, die Leute Maximilians „versterkten sich dürch ihre Wagenburg, in die sie eintreten lieBen die Marketander und Weiber des Heeres". Da aber auch nach den anderen Quellen die Wagenburg in der Schlacht eine groBe Rolle spielt, und zudem durch die groBe Wirkung der Artillerie und SchuBwaffen die Lütticher erschiïttert worden sein sollen, so ist es sicher, daB Maximilians Hauptleute ihre Aufstellung durch Auffahren und Aneinanderkoppelung von Wagen und Gesehützen jverstarkt haben «lussen1*5. (Hier also, iwie auch beji 14. Molinet Bd. 2 S. 366, 369. Basinus sagt, die Leute Maximilians hatten den Feind „aciebus suis debito ordine dispositis" erwartet. Bd. 3 S. 118. Pontus Heuterus L. II Kap. 2: Austriaca acies propter paucietatem una quadrataque fuit. 15. Molinet Bd. 2 S. 369—370. 16. Maximilian, Autobiographie S. 436: Der Angriff erfolgt, „antequam bombarde iterum currus positi fuissent"; Los S. 68:  - 140 — Guinegate, verhalt sich das Heer Maximilians rein defensiv; wie wir damals diese Haltung mit der geringen Kriegserfahrung des flamischen FuBvolkes begründen konnten, so kann man hier die Begründung in der numerischen Unterlegenheit des herzoglichen Heeres finden. Auf jeden Fall haben sich aber hier Schon die deutschen FuBknechte Maximilians ausgezeichnet; durch ihre heroische Tapferkeit wird vor allem der Sieg gewonnen. Ein groBer Teil der Schweizer und Deutschen auf der Seite der Lütticher wird getötet durch die Deutschen und Brabanter, „qui guaires ne les aimoient"17. So kampfen hier Deutsche gegen Schweizer, und da vielleicht auch iuiter jenen deutschen Söldnern Maximilians einige Schweizer waren, Schweizer gegen Schweizer. Im Juni dieses Jahres schreitet Maximilian zur Belagerung. von Utrecht. Sein Heer setzt sich zusammen aus Söldnern verschiedener Nationalitat. Ein Zeitgenosse, Basinus, der zu dieser Zeit in Utrecht lebte, sagt, Maximilian habe ein Heer gehabt „unzahlig an Menge, von mannigfaltigen Sprachen, Gallier, Spanier, Teutonen und zum groBen Teil aus Niederdeutschland"18. In diesem Heere befinden sich auch wiederum 1500 deutsche FuBknechte unter dem BeN fehl des Grafen Friedrich Albrecht von Zollern19. Sie sind es vor allem, die, als man von Unterhandlungen zwischen den Utrechtern und Maximilian hört, ohne irgendeinen Befehl abzuwarten, einen Sturm auf die Stadt unternehmen, um sie plündern zu können. Bei diesem Sturm erleiden „ordinantissime positis hinc pro sui defensione curribus atque inde telorum ac bombardorum plurimum apparatum in uno parco, ut vulgo dicitur, ad invicem bene dispositum et convenienter conglobatum." Man vergleiche auch über diese Schlacht: Schelz, Oesterrekh. mil. Zeitschrift 1840, H. 3. 17. Molinet Bd. 2 S. 371. 18. Basinus Bd. 3 S. 163. 19. Molinet Bd. 2 S. 383 ff.; Pontus Heuterus L. II Kap. 3: Bircken S. 921.  — 141 — sie bedeutende Verluste; sie verlieren ihren Führer, den Grafen von Zollern20. Ende August ergibt sich die Stadt, Maximilian zieht „mit 3000 FuBknechten und 800 hommes d'armes" in die Stadt ein21. Es halt schwer, hier Djsziplin und Ordnung aufrecht zu erhalten; die Stadt wird geplündert, und als einige Söldner zum Tode verurteilt wurden, „zog sich eine Schar deshalb Unzufriedener zu einem Haufen (agmen) zusammen und befreite die Schuldigen mit Gewalt. Damit nicht noch eine gröBere Schandtat passierte, blieb dies ungestraft. Allmahlich jedoch nach Ausbezahlung des Soldes brachte man sie dazu, die Stadt zu verlassen und dahin zu gehen, wohin es der Fürst anordnete. Als sie so wieder zum Gehorsam gebracht waren, begannen sie zum groBen Teil, von der Gewalttatigkeit abzulassen"22. Derartige wüste Auftritte werden in den Quellen dieser Zeit haufig geschildert, und sie sind überhaupt, wie Hobohm nachweist, für das Heerwesen der Renaissance typisch23. Wir ersehen daraus, daB es bei dem freien Vertragsverhaltnis, welches zwischen Soldherr und Söldner bestand, keine Disziplin in unserem heutigen Sinne geben konnte. Dies ergibt sich auch aus dem Bericht Maximilians über einen Söldnerauflauf, der für uns umso wertvoller ist, als wir nach ihm Blicke tun können in den inneren Aufbau des herzoglichen Heeres. Maximilian hatte, um gegen Amersfoort zu ziehen, sein Heer in Utrecht verstarkt. „Da erhob sich ein sehr groBer Streit zwischen den Truppen des Fürsten, besonders den pikardischen FuBknechten und den Niederdeutschen (bassos Alemannos). Es waren wohl 1000 auf beiden Seiten. Be- 20. Molinet Bd. 2 S. 384. 21. Ebenda S. 391. 22. Basinus Bd. 3 S. 163—164. 23. Hobohm Bd. 2 S. 362 ff.  — 142 — vor der Fürst von diesem Auflauf benachrichtigt war, iielen beiderseits ungefahr 40 Mann. Aber der Fürst bestieg bald sein Pferd und rief alle Hauptleute, etwa 100, zu sich, um den Streit zu schlichten. Inzwischen, wahrend sie noch die Pferde bestiegen, erhoben sich ungefahr 3000 lanczk n e c h t i in dem Qlauben und auf die NaChricht der Pikarden hin, die Stadter hinderten sie an diesem Unternehmen, was aber nicht der Fall war, um den Pikarden zur Ehre und Sicherheit des Fürsten zu Hilfe zu kommen; und sie rückten heran posita ordinancia mit erhobenen Fahnen." „Von der anderen Seite eilten die bassi Alem a n n i mit einer anderen Schar von Hollandern herbei." „Endlich . . . rückten diese Truppen, die Landsknechte und Hollander gegeneinander vor, in ipsa furia nescienubus unis ab alys se unanimiter reperierunt." In dem Augenblick aber, als man zum Kampfe schreiten wollte, kam Maximilian herbei, stürzte sich zwischen die beiden Schlachthaufen (acies) unter eigener Lebensgefahr und trennte beide Teile. „Dann lieB der Fürst die Hollander in einen mit Mauern umgebenen Kirchhof eintreten, bis sich alle Erregung gelegt hatte." Bald aber erhob sich ein anderer Aufruhr. „Es scharten sich zusammen die Pikarden und die alti Alemanni, 1 au ter Fu Bik n echte, auf der einen Seite und andererseits die Hollander, Brabanter, Geldern und Rheinlander, viele sehr luchtige Manner, und andere in gleicher Zahl." Diesen kamen 300 Reiter zu Hilfe „und steilten sich in ihre Ordnung (acies), auf das beste bewaffnet". Sie nahmen eine auBerst feste Stellung ein und erwarteten den Angriff der Oberdeutschen und Pikarden. Wütend rückten diese nun heran, obwohl die Hauptleute sie aufhalten wollten. Wiederum ritt Maximilian zwischen die beiden Schlachthaufen und bewahrte die Oberdeutschen vor der Verniditung; „denn die einen waren durch die Mauern und den FluB so stark, daB die Niederdeutschen die Ober-  — 143 — deutschen und Pikarden, die in der ersten Schlachtreihc standen, alle durch ihre Qeschossie und durch ihre Tapferkeit in das Wasser geworfen Natten, denn die Wütenden hatten gegen sie über einen ganz engen Raum heranzurücken"24. Hier also handelt es sich um einen Aufruhr zwischen den pikardischen und oberdeutschen FuBknechten einerseits und den Niederdeutschen andererseits. Welches der Grund war, können wir nicht ersehen. Sollte ein gewisser Brotneid zwischen den Ober- und Niederdeutschen bestanden haben, oder sollten die Oberdeutschen, pochend auf ihre groBe Kriegstüchtigkeit und Kriegserfahrung, wie wir es in den Burgunderkriegen bei den Schweizern nachgewiesen haben, die Niederdeutschen provoziert und benachteïligt haben? Wir sind hier nur auf Vermutungen angewiesen. Auf jeden Fall waren Oberdeutsche und Niederdeutsche im Heere streng geschieden. Beide haben nichts miteinander zu tun, sie waren nicht zusammengewürfelt und etwa nach der Waffengattung geordnet. Beide, die ober- und niederdeutschen FuBknechte, hatten, wenn sie organisiert waren, völlig getrennte Organisationen. Alle kampfen sie im taktischen Körper: wir hören ein mal von einer „posita ordinnancia Cum vexillis erectis et timpanis", sodann ist mehrfach von einer „ades" dSe Rede. Dabei ist zu beachten, daB die Niederdeutschen sich das eine Mal defensiv verhalten und eine von Natur auBerst feste Stellung einnehmen, wahrend die Pikarden und Oberdeutschen zum Angriff schreiten. Dazu haben die Niederdeutschen 300 Ritter in ihrer Ordnung, die ihnen wohl den nötigen Rückhalt geben. Die Oberdeutschen sind es, die besonders zu Maximilian halten, denn sie greifen „pro honore et securitate principis" zu den Waffen. Zweimal wird, wie wir sehen, der Ausdruck „lanczknechti" gebraucht. Es ist nur die Frage, ob er hier mit 24. Maximilians Autobiographie S. 437/38.  — 144 — Recht angewandt wird. Es ist darauf hinzuweisen, daB hier die beiden Handschriften, J Juhjd K, wie sie der Herausgeber nennt voneinamder abweichen. In J, dem nur noch in Bruchstüdken vörhandenen Original, steht „lanczknechti", in K, einer im ausgehenden 16. oder beginnenden 17. Jahrhundert entstandenen Handschrift, lesen wir „lanceati"25. Sollte der Autor hier mit Absieht den Namen Landsknechte als nicht zutreffend tallen gelassen haben, oder haben ihm, wie Richert für Guinegate annimmt26, auch hier andere Quellen zugrunde gelegen? Für diese letztere Annahime können wir keinen Beleg anführen. Vielmehr mussen wir darauf hinweisen, daB die Handschrift K hier völlig mit dem Original J übereinstimmt, abgesehen von einigen kleinen Korrekturen. Wir glauben auch nicht, daB der Verfasser von K absichtlich den Ausdruck Landsknechte umgangen hat, weil er vielleicht einsah, daB er hier nicht am Platze sei. Der Grund ist vielmehr der: Der Autor zeigt auch hier das Bestreben, das Mönchslatein, dessen sich Maximilian im rechten Sinne des Wortes bedient, zu verbessern. So konnte er auch nicht den latinisierten Namen „lanczknechti" stehen lassen, und daher wahlt er dafür den besseren Ausdruck „lanceati". Damit fallt also dieser Grund fort, der uns bewegen konnte, hier den Ausdruck Landsknecht abzulehnen. Andererseits ist aber darauf hinzuweisen, daB das Orijglnal J erst in den Jahren 1497 bis 1501 entstanden ist, sodaB Maximilian den Ausdruck auch hier wieder aus einer spateren Zeit in eine frühere hineinversetzt haben konnte. Das müssen wir jedoch zugestehen, wenn auch Maximilian erst 14 bis 18 Jahre nach den Ereignissen dies seinen Schreibern diktiert hat, so konnte er sich doch der Vorgange noch recht gut entsinnen. Dazu sind alle Bedingungen gegeben, die uns zu der Ahnahme bringen könnten, es 25. Dieser Teil der rte. K isit abgedruckt im WeiBkunig ed. 1775 S. 194/195 Anm. 26. S. 17—18.  — 145 sa en Landsknechte gewesen: der taktische Körper und damit die überwiegende Bewaffnung des FuBiVolkes mit dem SpieB,. Es ist eine groBe, 3000 Mann starke Söldnerbaindie, die in zahlreidie Unterabteilungen zerfallt, an dieren Spitze Hauptleute stehen. Von 100 Hauptleuten allein wird uns berichtet. Dazu nahem wir uns der Zeit, in der zuerst der Name Landsknecht urkundlich gebraucht wird: im Jahre 1486, wie wir zeigen werden. Und da er dort von einem Söldnerführer gebraucht wird, den wir in diesen Jahren in Maximilians Diensten festgestellt haben: Kjonrad Gachiuff, und wir diesen Namen wiederum in demselben oder im folgenden Jahre urkundlich bei einigen Söldnern Maximilians feststellen können27, wo also wiederum die Beziehüng zu Maximilian feststeht, so könnte man wohl zu der Ahnahme gelangen, daB auch jene SöWner in Utrecht vielleicht schon „Landsknechte" genannt wurden. Dieser Name wird hier gebraucht für ein FuBvolk, das aus Oberdeutschland stammt und das scharf getrennt wird von den Niederlandern: „Lanczknechti" und „Hollandrini" werden einander gegenübergestellt. Daraus können wir wohl mit Recht schlieBen, daB unter Landsknechten zuerst oberdeutsches FuBvolk verstanden wurde. Somit nimmt also Maximilian gerade in dieser Zeit, wo er in den Kampf mit den Niederlandern, vor allem den Flamen, eintritt und er sich daher nicht mehr so sehr auf ihre militarischen Krafte stützen kann, seine Zuflucht zu den oberdeutschen Söldnern, die wir von jetzt ab zahlreicher in seinen Diensten finden. Das ersehen wir auch aus einer Mitteilung des Schweizer Chronisten Anselm, der allerdings erst im 16. Jahrhundert schreibt, der aber das urkundliche Material aus dem Berner Archiv verwertet; dieser sagt: „So blieb der römische König im Niederland und ward da so hart von seinen aufrührerischen Untertanen mit Zustand der Franzosen getrieben, daB er gedrungen aus oberdeut- 27. Vgl. S. 166—170.  — 146 — scfien Landen von Schwaben und Schweizern gleich Teil auf 6000 Knecht zu ihm bracht, erobert durch sie und besonders durch die Schweizer, vor im burgundisehen Kriege erkannt, ohne Streich einen Frieden, nahm Lübeck (Lüttich), Gent, das ihm seinen Sohn vorenthielt, und andere von ihm abgefallene Platze wieder ein28." Danach hatte Maximilian neben den Schweizern vor allem Schwaben in seine Dienste gezogen. Es ware eine lohnenswerte Aufgabe, einmal die süddeutschen Archive zu durchforschen und nachzuweisen, wo diese oberdeutschen Knechte geworben waren. Die Akten des Cölner Archivs wurden von dem Verfasser daraufhin durchgesehen, aber aus ihnen geht hervor, daB Maximilian wenige Söldner aus dieser Gegend in seine Dienste nahm. Wir finden hier nur einen Brief des Herzogs an Cöln vom 10. Oktober 1483, in dem es heiBt: „Wir haben unsern getreuen Jacoben Müllner befohlen, uns 200 Dienstknechte zu FuB in unsern Dienst und Sold aufzunehmen." Er bittet, man moge mit besonderem und ganzeni FleiB demselben Förderung und Beistand tun, damit er dieselbe Zahl desto stattlicher aufbringen Und in seine Dienste bringen moge29. Auch für dieses Jahr 1483 gilt dasselbe, was schon vorher nachgewiesen werden kann, daB namlich die Söldner nach dem Kriege nicht entlassen, sondern auch im Winter unter der Fahne gehalten werden; denn wir hören, daB die Hollander zur Belagerung von Montfort „alle die Knechte, die in allen Flecken und Stadten den Winter hindurch in den Landen von Holland gelegen hatten", versammeln30. Somit haben wir gesehen, daB Maximilian im Jahre 1483 schon über ein starkes Söldnerheer, das er standig unter seiner Fahne hat, verfügt. Er ist bereit, noch weitere Söld- 28. Anselm Bd. 1 S. 283. 29. Hist. Arch. zu Cöln. Akten: „Cöln und das Reieh." 30. Chron. v. Holland S. 393.  - 161 dasselhe stark und sagen, die Eidgenossen haben ihnen nichts zu gebieten, sie seien nicht ihre Herren." Sodann ist etwas spater wiederum die Rede von „förtwahrenden Anwerbungen" Konrad Gachuffs. Und endlich lesen wir, daB auf dem Tage zu Zürich am 2. November 1486 der BeschluB gefaBt wird, daB gegen die Knechte, „welche beim römischen König gewesen und dieses Jahr wieder heimgekommen sind", mit Straten eingeschritten werden soll1. Maximilian versucht also in diesem Jahre, gröBere Scharen von Schweizern in seine Dienste zu bekommen, und um sich dauernd solche Zuzüge aus der Eidgenössenschaft zu sichern, wünscht er ein Bündnis mit ihr zu schlieBen2. Die Starke dieser Schweizer im So|de Maximilians wird von Molinet auf 3000—4000 angegeben3, und daB sie in dier Tat sehr zahheich waren, geht auch aus anderen Quellen Hervor4. Diese Schweizer werden unterschieden von den Landsknechten. Nach Molinet hatte Maximilian „3 000 — 4000 Suisses, et autant d'Allemands 1 a nsq u en e t s5". Ebenso sagt die Chronik von Holland, im Juli sei Maximilian mit dem Kaiser in die Niederlande mit „vele swytzen efi lantknechten6" gekontmen. Wir wissen leider nicht direkt, aus welcher Qegend Deutschlands diese Landsknechte stammten, aber durch einige Kombinationen ist der Beweis zu erhringen, daB es Süddeutsche waren. V. iMan vgl. darüber Segesser Bd. 3 Abt. 1 S 227 f. 242, 246, 248, 250, 253. 2. Ebd. S. 260—290. 3. Molinet Bd. 3 S. 122 4. But S. 663: „Magnus numerus Swicerorum." Histoire des Pays-Bas S. 715: „Une grosse bande d'Allemands, dont la pluspart estoient Suisses." Chronik v. Holland S. 397: „vele Switzen." Ebenso berichtet die Alderexcellenste Chronyke van Brabant. 5.; Molinet Bd. III S. 122. 6. S. 397. Vgl. auch die Alderexc. Chronik v. Brabant.  4* 162 — lm Cölner Archiv befindet sidh ein Brief Maximilians an diese Stadt vom 28. Februar 1487 folgenden Inhalts: Wahrend der Herzog zu Beginn des Jahres 1486 in Deutschland weilte, wo er von den deutschen Reichsfürsten zum König gewahilt wurde, hatte er eine merkliche Anzahl von Knechten, die dem Stifte Lüttich langere Zeit wider ihn gedient hatten und nicht bezahlt werden konnten, anwerben lassen. Diese „o b e r 1 an d i s ch en Dienstknechte aus unsern und des heiligen Reichs Untersassen, der Eidgenossen und anderen Landen, sind ohne alle Ursache aus eigenem Mutwillen zum König von Frankreich und anderen Feinden wider uns gezogen." Sie hatten nach Angabe des Briefes in seinem Lande wie die Feinde gehaust, und als er ins Feld rückte und sich erbot, ihnen den rückstandSgen Sold von nicht mehr als 14 Tagen in vier- Tagen zu bezahlen, da erhoben sie sich, schlugen alles ab und drohten ihm sowie den Seinen, so daB Maximilian von diesem Feldzug Abstand nehmen mufite. Die Halfte ging zu den Franzosen über und versuchte, auch die anderen zum Abfall zu bewegen. Und wiewohl die anderen o b e r 1 a n d i s c h e n K n e c h t e , die nicht übergelaufen waren, seine Untertanen sehr geschadigt batten, gab er ihnen doch, da sie ihm gehorsam gedient hatten, eine Slimme Oeldes, mehr als sie verdienten. „Und naChdem wir vernehmen, daB viel derselben oberlandischen Knechte und in Sonderheit, die also verraterisch an uns gefahren und uns solche zur Trennung, wie vor gerührt, gemacht haben, jetzt wiederum Zum König von Frankreich und dem von Aremberg wider uns ziehen und den Landen Limburg, Luxemburg u. a. merklichen Schaden zufügen," so soll Cöln sie nicht durchlassen und, die es ergreifen kann, gefangen nehmen7. 7. Historischcs Archiv zu Cöln. Akten „Cöln und das Reich." Vgl. das Regest bei Janssen, Frankfurts Reichskorrespondenz Bd. 2 Freiburg 1872 S. 450/51.  169 neuerer Forscher, daB man zu jener Zeit die Truppen einexerziert und gedrillt habe, denn echte Disziplin, erzwimgener Oehorsam sei mit dem so freien Vertragsverhaltnis, wie es hier zwischen Führer und Mannschaft zu finden sei, ganzlich unvereinbar. Das maBgebende Element kriegerischer Tüchtigkeit sieht Hobohm mit Recht in der Erfahrung. Er gibt zu, „daB der Infanterist eine Anzahl bescheidener Kunstregeln besaB, die er auch nicht verschmahte, als Ahfanger handwerksgemaB zu üben. Aber die Beherrschung dieser Regeln trug zu der Qualitat des Soldaten nur sehr wenig bei. Diese beruhte vielmehr auf der Entschlossenheit und Gewohnheit, die Technik vor dem Feinde auch wirklich anzuwenden16". Für wen weiterhïn diese Anwerbungen Gachuffs bestimmt waren, ist nicht zu erweisen, vermutlich für Maximilian, da Gachuff schon im Januar dieses Jahres für diesen Schweizer anwirbt. Somit treten also schon 1486 oberdeutsche Söldnerbanden unter dem Namen Landsknechte als scharfe Konkurrenten der Schweizer auf. Sie scheinen sidh auch bisweüen den Namen „Schweizer" zugelegt zu haben, denn die Eidgenossen führen auf dem Tage zu Konstanz am 19. Februar 1486 darüber Klage: „Fremde Dienstknechte, die zuweilen «ich in der Eidgenossenschaft aufhalten und von da in fremde Kriege laufen, geben sich für Eidgenossen aus und bringen unser Land in sChlechten Ruf. Man soll darüber ratschlagen, wie solchem abgehoffen werden könne"." Es kann sich' hier augensdheinlich nur um freie Söldnerbanden, um Landsknechte, handeln, die aus den benachbarten Gebieten Ober- 16 Vgl. Lochner, Z. Gesch. d. Feditschulen in Nürnbcrg Anz. f. Kunde d. deutschen Vorzeit. N. F. Bd. 7 1860 S 408Hobohrn Bd. 2 S. 387-408. Man vergleiche auch meine Rezension S 2221 Werkes dcr Deutschen Literaturztg. 1913 Nr. 35 17. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 228 f.  — 170 — deutschlauds in die Schweiz eilten * B wdtautf Schweizer, also hauptsachlich den ^/^L*^ Schweizer nannten, um eben auch von deren Kne^hn^ über den sie noch «nicht verfügten, zu profitieren denn so Z«Zr eine se* »s efcuelne «^'^K^ Uebersicht übe, die Ausgaben, welche der Entadhol Jo^ to„ «, Salzburg „amens des Ka.sers un ttm*^' ^ Nurmberg gelost: 25 Rh. Gld." Woher Maximilian diese Landsknechte hat ob « «e . im Süden Deutschlands geworben oder aus den Nieder ZdenMnaufgeschickt hat, ist ungewiB. Für uns ,st es von knechte in Maximilians Diensten, von denen Mohnet und __uTD^Über hat gehandelt F. Wagner, Das «tteJJ«J*J Buch der Markgrafen von Brandenburg. Forsch. z. dt. Gesch. Bd. Oöttingen 1884. ' Frankfurt gegen Mathias von 20. Leider undat.ert, so da8 w.r menr r^Tierrr ,r»- «svu —- dieses Jahr versetzen können,  — 174 — die Reiter auf die Flügel, um zu scharmützeln und vorzueilen, und sie hatten eine so gute Ordnung, daB einer den andern nicht übertraf. Jeder wuBte, was er tun sollte." Nach ihrer Gewohnheit werfen sich die Deutschen auf die Knie und küssen die Erde. Dann folgt die übliche Rede des Feldherrn zur Ermunterung und Ermutigung der Truppen, worauf die Deutschen antworten, sie wollten mit ihm leben und sterben. Einige werden sogar zu Tranen gerührt, bedenkend, daB sie auf seltsamen Wegen in das Land und in den Dienst des Königs gekommen sind, um freimütig sich der Gefahr des Todes darzubieten. Hieraus ersehen wir wiederum, daB diese Knechte wahrscheinlich aus Oberdeutschland stammen. Die Franzosen wagen keinen Angriff, „sei es, daB alle diese Vorbereitungen zur Schlacht fein getroffen waren, sowohl um anzugreifen wie angegriffen zu werden, oder daB sie in dieser notable ordonnance ganz in der Nahe der Stadt marv schierten". So gelingt es, Therouanne zu verproviantieren, worauf die Fürsten mit dem Heere und den Wagen „en notable ordonnance" zurückkehren32. Hier also ist von einer Schlachtordnung die Rede, die so ausgezeichnet ist, daB die Franzosen keinen Angriff wagen. Und wenn wir hören, daB man sich der Wagenburg bedient, so ist darauf nicht viel Wert zu legen. De Wagen führten hier den Proviant für die belagerte Stadt Therouanne mit, und da war es selbstverstandlich, daB man sie, als man in die Nahe des Feindes kam, zusammenschloB. Zudem bedient man sich auch noch in viel spaterer Zeit der Wagen als SchUtzwehr, so jene Proviantkolonne, die im Jahre 1758 dem Heere Friedrichs des GroBen nach Olmütz zuzieht, als sie von den Oesterreichern angegriffen wird. Wiederum steigen hier die Fürsten und Ritter vom Pferde und greifen zum SpieB, um zu FuB unter dem meistens aus Deutschland stammenden FuBvolk zu kampfen. 32. Molinet . Bd. 3 S. 157-161.  — 175 — Etwa fünf Wochen darauf kommt es nach der Einnahme von Therouanne durch die Franzosen zu einem gröBeren Kampf. Wir haben über dieses- Gefecht ausführliche Schilderungen von zwei Zeitgenossen. Der im Jahre 1509 verstorbene burgundische Hofhistoriograph Molinet, dem bei der Abfassung seiner Chronik zahlreiche Quellen zuganglich waren, gibt uns einen sehr ausführlichen Bericht33, der im wesentlichen mit dem des franzósischen zeitgenössischen Geschichtsschreibers Wilhelm v. Jaligny34 übereinstimmt. Dieser hatte Beziehungen zu dem franzósischen Hof. Er war Sekretar des Connétable Johann H. und spater der Herzogin Anna. Seine Geschichte ist mit einer groBen Gewissenhaftigkeit verfaBt. Wir legen unserer Erzahlung den Bericht Molinets zugrunde und ziehen zur Ergauzung die Schilderung Jalignys heran. Philipp von Cleve zieht mit dem Grafen Engelbert von Nassau, Herzog Karl von Geldern und anderen Hauptleuten, mit „aulcune escades de la gard e"35, im ganzen mit 1600—1700 FuBknechten und 1200—1300 Reitern36 vor Bethune, um dieses zu überfallen. Der französische Befehlshaber DesCordes ist davon wohl unterrichtet, er verstarkt die Besatzung der Stadt und legt 1500—1600 Reiter in einen Hinterhalt37. „En notable ordonnance" rücken die ahnungs- 33. Bd.3 S. 166—176. 34. S. 33—35. 35. Schon vorher wird eine Garde von Molinet erwahnt. Bd. 3 S. 142. Die Garde nimmt auch nach der Histoire des Pays-Bas an dem Zuge teil. Nach dieser Quelle schlagt der Zug fehl, nicht weil die Burgunder verraten wurden, wie Molinet annimmt, sondern es mufite so kommen wegen der vielen Schandtaten, welche die Kriegsknechte „tant de la garde comme les piétons" auf dem platten Lande verübt hatten. S. 717. Nach But nimmt die „gardia regis Romanorum" schon an dem Zuge gegen Therouanne teil. S. 674. 36;. Nach Jaligny waren es 3000 Mann zu RoB und zu FuB. S. 34. 37. Jaligny: „500 hommes d'armes." S. 34.  — 176 — losen Burgunder vor. Zwei Meilen vor der Stadt wird eine Marschordnung (ordonnance pour marcher) gemacht: Voran gehen die FuB,truppen, die sich meistens aus Deutschen zusammensetzen. Kurz. vor den Toren Bethunes dringen die franzósischen Reiterscharen auf die ahnungslosen Burgunder ein38. Es findet nach Molinet ein erbitterter Reiterkampf statt wahrend nach Jaligny ein groBer Teil der bei der Nachhut behndlichen niederlandischen Ritter sofort die Flucht ergreift. Die genannten Reiterscharen werden geworfen und lassen das FuBvolk im Stich*. Dieses dagegen halt sich in geschlossener Ordnung40. Unter ihm befinden sich viele Edle, die ihm den nötigen Rückhalt geben wollen. Graf Engelbert von Nassau und der Herzog von Geldern sind beide vom Pferde gestiegen und haben den SpieB ergriffen41. AuBer ihnen haben viele andere in den Reihen des FuBvolkes gekampft, denn Molinet sagt: „Der Herzog von Geldern, der Graf von Nassau, Ferry de Nouvelle u. a. tapfere Edelleute boten ihre Körper allen tödlichen Gefahren dar, um die FuBknechte zu halten. Sie sagten, 38 Nach Molinet sind die Burgunder schon vor Bethune angelangi und haben da erfahren, daB ihr Anschlag erkannt sei und die Franzosen einen Hinterhalt gelegt hatten. jaligny dagegen sagt, die Franzosen seien direkt auf die Marschkolonne e.ngesturzt m einem für die Burgunder ungünstigen Gelande, „und da sie einige Seen ganz nahe bei ihnen entdeckten, so beschtossen s.e, sie zu besiegen, die in guter Ordnung marschierten." . 39. Nach Jaligny fliehen nur die Reiter der Nachhut, wahrend sdch eine Schar bei dem FuBvolke halt. 40 M de la Maulde, Procédures politiques du regne de Louis X I. Paris 1885 S. XL1, sagt: „L'infanterie se forma en batailïe carré. Maulde nimmt also an, daB eine gevierte Ordnung gebiklet wurde, was aus seiner Quelle. Jaligny, nicht zu ersehen ist. Allerdings ist es wahrscheinlich, daB ein Gevierthaufen gebildet worden lSt. 41 Et avec les diets gens de pied estoient descendus, pour leur dó'nner plus de couraige, le Duc de Gueldres et le Comte de Nassau tenant chacum une picque en la ma in." Jaligny S. 34.  sie wollten mit ihnen leben und sterben. Unter anderm verrichtete der Herr von Lassaras, ein edler Ritter aus Savoyen, Wunder der Tapferkeit, indem er sich, verteidigte wie ein kleiner Ogier mit einem groBen Schwert, das er in der Hand hatte." Er wird tödlich verwundet und stirbt einige Tage darauf. So karnlpfen die Fürsten und Ritter zu FuB und vergieBen ihr Blut „en la protection des piétons". Da muB auch der Mut und die Entscblossenheit der FuBknechte gehoben werden. Es gelingt diesen, die Alnsltürme der franzósischen Ritter eine gute halbe Stunde lang abzuwehren42. Von allen Seiten stürmen endlich die Feinde ein; auch der Graf von Nassau wird tödlich verwundet. Dann aber erlahmt die Kraft der FuBknechte, der Haufen wird durchbrochen, und alle fliehen. 229 bleiben tot auf dem Schlachtfeld, und ungefahr ebensOviele werden auf der Flucht getötet und verwundet43. Der Graf von Geldern, der Graf von Nassau und mehr als 40 Ritter werden gefangen. Hier also kampft wiederum ein deutsches FuBvolk im taktischen Körper. Viele Edle treten in seine Reihen und geben ihm den nötigen Rückhalt. Der Name Landsknecht ist für diese FuBknechte nicht überliefert, jedoch können wir annehmen, daB es solche waren: es Sind deutsche Söldnerscharen, die meist den SpieB. führen und im taktischen Körper kampfen44. Der SpieB ist allmahlich die' Hauptwaffe des FuBvolkes geworden; massenhaft wird er eii^efuhrt. So hören wir, daB 42. Nach Jaligny waren die Franzosen in wenigen Stunden Herren des Schlachtfeldes. k 43. Kerv. de Lettenhove Bd. 5 S. 392 berichtet von 900 Toten, und Rodt Bd. 2 S. 568 sagt, fast das ganze FuBvolk sei zu Grande jgegangen. 44. Auch neuere Forscher nehmen mit Recht an, daB es Landsknechte gewesen seien; vgl. Eduard Heyk, Deutsche Geschichte Bd. 2 S. 368.  — 178 — am 18. Juni 1487 in Brugge zwei mit Waffen beladene Schiffe sind, „teen schip vul pyken, ende tander vu lyfwapenen ende ooftwapene". Sie werden auf zwe. Wagen geladen und zur Schmiedepforte herausgefahren, um dem Heer zu folgen*5. D • ^ Somit glauben wir festgestellt zu haben, daB ui den Niederlanden zuerst die Landsknechte in groBer Zahl verwandt worden sind, und daB sie auch hier eine gewisse Orga„isation und Ausbildung zuerst erlangt haben. Tausende von solchen oberdeutschen Söldnern haben in den niederlandischen Kampfen Verwendung gefunden. Sie übernehmen „un die Rolle der Schweizer, in groBen Scharen eden sie ietzt in die Fremde und legen dort Proben ab von ihrer Tuchtigkeit und Tapferkeit. Das gilt vor allem auch von jenen deutschen Söldnerscharen, die im Jahre 1487 nach England ziehen unter der Führung des bekannten Soldnerhaupt^ manns Martin Schwarz. 2. Die deutschen FuBknechte Maximilians in England. Die Schlacht bei Stoke. Martin Schwarz^ ist einer der interessantesten Söldnerführer jener Zeit. Er stammte aus Augsburg wo er früher das Schuhmacherhandwerk betneben hatte2! Er war ein Mann von kriegerisehem Sinn und groBer mihtanscher Begabung. Anselm sagt von ihm- „Er der Eidgenossen oberster Hauptmann hatte die Schweizer heb und wert, also daB Cr zehn seines Leibs Trabanten, lauter Berner wohl bekleidet und versoldet, von denen der eine sein Venner < Hans Kutler war, stets bei «Ch hielt." Hier also wird em V deutscher Hauptmann, unter dem wir deutsche und schweize- 45. Carton S. 158/5Q. 1 Man vgl. über ihn Mülinen S. 121 f 2. Anselm Ed. 1 S. 283; Chronik von Holland S. 390. 3. Bd. 1 S. 283.  179 — rische Söldiner feststellen können, „der Eidgenossen oberster Hauptmann" genannt. Dazu ist es bemerkenswert, daB ein berühmter Schweizerführer, Hans Kutler, der schon in den Burgunderkriegen, bei Pontarlier, Blamont, Granson und Murten das Banner Berns geführt hatte, sein Venner ist*. Schon bei der Belagerung von NeuB im Jahre 1475 zeichnete Schwarz sich aus und wurde dort wegen seiner Mannheit zum Ritter geschlagen5. Wir haben gesehen, daB er in den niederlandischen Kampfen, im Jahre 1485, mit 200 Schweizern von Engelbert von Nassau in Dienst genommen wurde. Wiederholt tut er sich hervor: Auf einem Zuge gegen Gent sowie bei der Eroberung von Ninove verrichtet er Wunder der Tapferkeit6. Ulmann vermutet, daB er es gewesen sei, der Maximilian bei der Neugestattung des FuBvolkes und der Ersch'affung der Landsknechte zur Seite stand7, eine Hypothese, für die der Beweis nicht zu erbringen ist. Allerdings wurde Schwarz von Maximilian hoch geschatzt, der ihn zum Ritter8 schlug, und als er mit dem Kaiser am 22. Juli 1486 in Brüssel einzog, hatte man meinen können, Schwarz sei der Held des Tages, denn er allein zog hoch zu RoB ein, wahrend der Kaiser, der König und die Ritter zu FuB gingen9. Dieser Martin Schwarz laBt sich im Jahre 1487 für die Yorksche Partei anwerben. Margareta, die Witwe Karls von Burgund, die Schwester Eduards IV. und Richards III., 4. D. Schilling, Berner Chronik Bd. 1 S. 214, 256, 357, 377; Bd. 2 S. 33, 93, 165 Anm. 1. 5. Anselm Bd. 1 S. 283. 6. Molinet Bd. 2 S. 421 f., 430f.; Chronik von Holland, ed. 1595 S. 439; But S. 625, 651; Theodoricus Paulus, De rebus actis sub ducibus Burgundiae compendium. Chron. rel. a 1'hist. de la Belgique sous les ducs de Bourgogne, ed. p. K. de Lettenhove. Bd. 3. Brüssel 1876 S. 324/25. 7. Bd. 1 S. 853 Annu, 1. 8. Chronik von Holland, ed. 1595 S. 439. 9. Molinet Bd. 3 S. 98.  — 185 — reihe ist nach Rapin de Thloyras30 6000 Mann stark. Da nun aber nach den englischen Quellen die beiden anderen Schlachtreihen überhaupt nicht in den Kampf eingreifen — nach Fisher31 waren sie „entweder aus FurChtsamkei^ oder Treulosigkeit oder durch schlechte Führung verhindert, an der Schlacht teilzünehmen" 4*1 und zudem vor allem die englischen Bogenschützen den Gevierthaufen der Rebellen vernichten, wie gleich gezeigt werden wird, so können sich in der Vorhut, von der Molinet spricht, nicht allein Ritter befunden haben. So kommen wir zu dem Ergebnis: Die erste Schlachtreihe ist aus beiden, Rittern und Bogenschützen, gebildet worden. Den Rittern fallt die Aufgabe zu, den tiefen Gevierthaufen der Rebellen aufzuhalten, bis die Bogenschützen, vielleicht auch einige Ritter, durch einen Angriff auf die Flanken den Gegner zum Stehen gebracht haben. Auch der Verlauf der Schlacht ist von den Quellen verschieden überliefert. Molinet berichtet, als es zum Kampf gekommen sei, hatten vor allem die Deutschen, die nur halb bewaffnet gewesen seien, die Geschosse der englischen Bogenschützen nicht ertragen können; „und obwöhl sie groBe Tapferkeit zeigten, soweit es ihnen möglich war bei ihrer geringen Zahl und Menge, so wurden sie dennoch durchbrochen und vernichtet, mit Pfeilen überschüttet und mit Geschbssen bespickt wie Igel". Hier finden wir also nichts vön einem Angriff der Rebellen; zwar zergen sie groBe Tapferkeit, aber daB sie dem Gegner auf den Leib gerückt sind, darüber hören wir nichts. Die englischen Bogejrtschützën schieBen in den Haufen ihre Pfeile, und der Vergleich mit dem Igel ist treffend genug. Da nach Molinet nur 200 entkommen sein sollen, so hat er sicherlich angenommen, daB die Rebellen von allen Seiten urmringelt wurden. Danach hatte sich' also diese Schlacht gerade so abgespielt wie die 30. Bd. 4 S. 415. 31. S. 18.  I — 186 — bei Falkirk, wo auch die schbtfischen SpieBer von den englischen Schützen umfcingelt und niedergeschossen wurden. Auf der anderen Seite stehen die englischen Berichte. Danach führte der Graf Linkbln die Truppen in den Kampf „herab". Die tapferen und kriegsgewandten Deutschen in 'der ersten Schlachtreihe standen den Englandern im Kampfe nicht nach, und nicht viele übertrafen ihren Führer Martin Schwarz ari Mut und Tapferkeit. Dagegen wurden vor allem die Iren trotz ihrer Tapferkeit niedergemetzelt (ante omnes cadebant), da sie nach Vatersitte nicht gepanzert waren. „Eorum Caedes aliis multo maxime formidini erat." Drei Stunden wahrte der Kampf, ohne daB die Entscheidung gefallen war. Da griff die erste Schlachtreihe des Königs, die die gesehlossenste und starkste war, mit solcher Gewalt den Gegner an, ÜaB die Führer getötet wurden und sich die anderen zur Flucht wandten; sie wurden niedergemetzelt oder gefangen. Erst nach der Schlacht zeigte es sich, wie tapfer das Heer der Rebellen gekampft hatte; denn die Anführer, der Graf von Linkoln, Lovel, Broughton, Martin Schwarz und Thomas Gerardin, der Führer der Iren, „wurden an demselben Fleck getötet, welchen die Manner im Kampfe eingenommen hatten". 4000 Rebellen fielen, und der König verlor um die Halfte weniger von denen, die den ersten Angriff gemacht hatten. Am SchluB betont Virgilius abermals, daB die Rebellen mit groBem Mut zu den Waffen gegriffen hatten, „atque ad extremum haud segniter in certamen desCendisse". Mit diesem Schlachtbericht stimmt der Halls überein32. Nach den englischen Berichten also halten sich die Rebellen nicht in der Defensive. Sie stürmen von dem Hügel herab. Ueber drei Stunden lang wogt der Kampf unentschieden. Vor allem die Deutschen, aber auch die Iren zeigen groBe Tapferkeit. Erst nach dem Tode ihrer Führer, 32, Virgilius S- 728/9; Hall S. 434/5.  — 187 — die also in der ersten Schlachtreihe tochten, werden sie geworfen. Auf beiden Seiten sind die Verluste sehr groB. Diese Schlachtschilderung steht also im schroffsten Gegensatz zu der Molinets. Nach diesem befinden sich die Rebellen in der Defensive, wahrend die englischen Quellen von dem Herabstürmen von einem Hügel sprechen. Nach jenem werden sie mit Pfeilen überschüttet und ohne Widerstand vernichtet, wahrend diese von einem langen, unentschiedenen Kampfe sprechen; erst nach einem letzten umfassenden Angriff der Englander werden die Rebellen überwunden. Und endlich werden nach Molinet die Aufstandischen fast samtlich vernichtet; von groBen Verlusten der Englander dagegen sagt er nichts. Virgilius jedbch spricht auch von groBen Verlusten der Englander33. Aber wir können auch eine wesentliche Uebereinstimmung der beiden so verschiedenen Ueberlieferungen kbnstatieren. Nach den englischen Quellen haben die Iren groBe Verluste, weil sie keine Schützwaffen tragen, „ante omnes cadebant eorumque caedes multo maxime formidini erat". Auch Molinet spricht von einem solchen massenhaften Hinscblachten von Menschenleben, welches darauf zurüdkzuführen ist, daB die Rebellen mit Geschbssen überschüttet werden, derer sie sich nicht erwehren können, da sie nur halb bewaffnet sind. Allerdings denkt er dabei hauptsachlich an die deutschen FuBkn echte. Der wahrscheinliche Verlauf der Sdhllacht. De in einem groBen, tiefen Haufen aufgestellten Rebellen, die Deutschen als die besser Bewaffneten voran, rikken vbn dem Hügel herab gegen die in nicht sehr groBer Tiefe aufgestellte erste englische Schlachtreihe. Es kommt 33. Allerdings lesen wir bei Bernardus S. 52, Heinrich habe gesiegt „pauds admodum suorum in eo bello trucidatis". Aber Bernardus ist poeta laureatus des Königs, und so ist es verstandlich, daB er diesem seinem Oönner wenig Verluste zuschreibt.  — 188 — darauf an, diesen Haufen zum Stehen zu bringen, bevor die vorderste Linie der Englander durdhbrochen wird. Hier halten vor allem die englischen Ritter tapfer aus34. Es gelingt den Rebellen nicht, die Front der Englander zu durchbrechen. Die englischen Schützen, vielleicht auch einige Ritter, fallen nun dem Gegner in beide Flanken35. Dadurch hört der Druck nach vorne auf. Nach allen Seiten müssen sich die Rebellen wehren. Die englischen Bogenschützen senden ihre Geschbsse in die jetzt hilflose Masse. Diesen können die kaum gepanzerten deutschen und irischen FuBknechte nicht widerstehen. Die Führer, die sich in die Front des Haufens gestellt haben, fallen, vor allem auch Martin Schwarz, von dem es heiftt: „Er hat eine Menge Pfeile im Streit empfangen36." Nach dem Tode der Führer wenden sich die Rebellen zur Flucht, aber nur wenige entrinnen aus der Umklammerung. 4000 fallen37 und viele werden gefangen. Aber auch die Englander haben schwere Verluste, von ihnen fallen 2000 Mann. Die in den ersten Schlachtreihen der Rebellen befindlichen Deutschen haben sehr unter den ihnen gegenüberstehenden englischen Rittern aufgeraumt Somit haben wir gesehen, wie 2000 Deutsche, unter denen sich auch einige Schweizer befinden, mit SpieBen be- 34. Nach Virgilius fallen die Anführer der Rebellen alle an demselben Fleck, „den die Marmer im Kampfe eingenommcn hatten". Daraus kann man vielleicht schliefien, daB die englischen Ritter nicht zurückgedrangt worden sind. 35. DaB die Rebellen auch in beiden Flanken angegriffen worden sind, ergibt sich erstens aus ihren groBen Verlusten, sodann aus der Tatsache, daB nach den englischen Quellen besonders die Iren, die hinter den Deutschen standen, groBe Verluste durch die Bogenschützen erlftten haben. 36. Anselm Bd. 1 S. 284. 37. Auch But berichtet, daB 4000 Mann getallen seien, an einer anderen Stelle spricht er von 5000 Toten. S. 674—676. Nach Molinet fallen alle bis auf 200,  — 189 — waffnet und verstarkt durch die Iren, bei Stoke einem übefstarken Gegner erliegen. Zwar haben wir bei ihnen noch nicht die bei den Schweizern und Landsknechten iibliche Haufentaktik, wo mehrere Haufen einander sekundieren, nachweisen können. Dieses kleine Heer konnte auch •unmöglich mehrere taktische Körper bilden, zumal da die Iren einen Kampf in solcher Formation nicht kannten und des Rückhaltes bedurften, den ihnen die deutschen und schweizerischen Söldnerscharen geben mutSten. De Formation und der Kampf der Schweizer im Gevierthaufen ist aber hier von uns nachgewiesen worden. Dieses Heer beschrankt sicti nicht zuerst, wie wir es bei Guinegate gesehen haben, auf die Defensive, sóndern es geht von vornherein offensiv vor. Alle Quellen rühmen die Tapferkeit der deutschen kriegsgewohnten Schar und vor allem ihres Führers Martin Schwarz. Es ist auch zu leicht verstandlich, daB, die Englander gerade diesen schweizerischen und deutschen SpieBknechten ihre besondere Aufmerksamkeit schenken inufiten, da ihnen ihre Bewaffnung und Taktik unbekannt war. So wird auch Martin Schwarz in Sage und Dichtung gefeiert. Ein zeitgenössischer Sanger singt von einiem „gendarme nouvel, qui se nommoit par nom Martin Swart" und veigleicht ihn mit dem grausamen und unmenschlichen Domedes38. 3. Die deutschen FuBknechte Maximilians in der Bretagne. Durch die Unterwerfung der Flamen im Jahre 1485 war Maximilian der unumstrittene Herr der burgundisehen Lande geworden. Das Haus Habsburg hatte dadurch einen ungeheuren Machtzuwachs erfahren. Aber Maximilian ist nicht mit dem Erreichten zufrieden, noch weiter nach dem Westen gehen seine Eroberungsplane, er denkt an die Erwerbung der Bretagne, wo bis zum Jahre 1488 Herzog 38. Bernardus S. 142/3.  — 190 — Franz II. regierte. Um' dessen Tochter und Erbin bewirbt sich nun Maximilian. Aber auch Karl VIII. von Frankreich tritt als Mitbewerber auf, denn er kann eine solche Machterweiterung des Hauses Habsburg nicht dulden. So stoBen auch hier wieder die Interessen beider Fürsten aufeinander, und beide lassen ihre Truppen in die Bretagne einrücken. Im Juli des Jahres 1487 werden von Maximilian 1500 Mann unter der Führung Baudouins, des Bastards von Burgund, dem Herzog Franz von der Bretagne zugeschickt1. Wir hören auch von weiteren Nachschüben vor allem im Jahre 14902. Aber die Zahl dieser deutschen Hilfstruppen hat nicht über 2000 Mann betragen3. Maximilian war eben durch seine Kriege gegen Frankreich, Ungarn und die aufrührerischen Flamen allzusehr in Ajnépruch genommen, als daB er viele Hilfstruppen in die Bretagne hatte werfen können. Unter jenen deutschen Hilfstruppen befindet sich auch eine groBe Anzahl Schweizer. Nach Molinet setzen sie sich zusammen aus „Schweizern und Pikarden"4. Ueber die 1. Molinet Bd. 3 S. 394 spricht von 2—3000 Schweizern und Pikarden; Surquet S. 508 von 3—4000 Mann. DaB es nur 1500 waren, geht aus einer urkundlichen Nachricht hervor: Choix des doe. inéd. s. 1. règne d. 1. duchesse Anna en Bretagne 1488—1491. Buil. et mém. d. 1. soc. d'arch. du département d'Ille et Villaine Bd. 6 S. 336/7. Ebenso Jaligny S. 27; A. M. de la Borderie, Histoire de Bretagne Bd. 4. Rennes 1906 S. 535. 2. Choix des documents S. 267. Man vergleiche die Angaben der Chronyke von Brabant unter dem Jahre 1492; Bertr. d'Argentré, Hist. de la Bretagne. Paris 1588. BI. 786. Nach Pontus Heuterus L. 4 Kap. 4 und Bircken S. 1038 schickt Maximilian 1490 Wolfgang von Polheim mit 2000 deutschen FuBknechten in die Bretagne. Doch ist die Zahl wohl übertrieben, Molinet berichtet nur von 1300 Deutschen in Rennes. Bd. 4 S. 142. 3. Argentré BI. 786. 4. Bd. 3 S. 394. Etwas spater bezeichnet er die Herzöge von Orange und Orleans und den Grafen von Dunois als „conducteurs de multitude de Suisses." Molinets Angabe wird bestatigt durch Alain  — 191 — Starke dieser schwéizerischen Söldner erfahren wir von dem Berner Chronisten Anselm Naheres. Er gibt die Zahl der im Jahre 1491 in Rennes als Besatzung liegenden Eidgenossen auf 600 an, die unter dem Grafen Philipp von Nassau stehen. „Sie wurden zu Rennes mit den Lanzknechten um zwiefachen Sold abgekauft und geradteswegs heimgeleitet. Ihr Hauptmann (war Hans Etterli von Bern5." Somit haben wir auch hier den Namen „Landsknecht" überliefert, allerdings in einer erst im Anfang des 16. Jahrhunderts verfaBten Quelle, wahrend alle anderen Quellen über diese Ereignissé in der Bretagne diesen Namen nicht überliefern, sondern nur von „Allemands" sprechen6. Auch hier werden Schweizer und Landsknechte geschieden. Ueber die kriegerischen Ereignissé in der Bretagne glauben wir schneller hinweggehen zu können. Am 28. Juni kommt es zur Schlacht bei St. Aübin, in der das Heer der Bretagner geschlagen wird. Es sind im ganzen 800 deutsche FuBknechte7, die an der Schlacht teimehmen und Bouchard, Les grandes croniques de Bretagne. Rennes 1886 S. 238, wonach der Herzog von Orleans in der Schlacht von St. Aubin „entre les Suisses" erkannt wird. 5. Anselm Bd. 1 S. 376. In der Tat ist Joh. Etterli im Jahre 1490 in Maximilians Dienst als Hauptmann wider der Obrigkeit Willen getreten. Vgl. J. Leu, Helvetisches Lexikon Bd. 6. Zürich 1752 S. 452. 6. Boutaric, Institutions militaires de la France. Paris 1863. S. 328 sagt: Bei St. Aubin hatten „1500 Allemans lansquenets" mitgekampft, was aus seiner Quelle, Jaligny, nicht hervorgeht, denn Jaligny S. 27 spricht nur von 12—1500 FuBknechten. Auch M. de la Borderie Bd. 4 S. 548 spricht davon, daB Maximilian 1500 Landsknechte geschickt hatte. Aus zeitgenössischen Quellen laBt sich dieser Name Landsknechte für jene FuBknechte nicht belegen. 7. A. Bouchard S. 338; N. Gilles, Annales et Chroniques de France. Paris 1553 S. CX1I1; Jaligny S. 27 gibt allein „12—1500 Allemans" an. Man vgl. M. de la Borderie Bd. 4 S. 548, der sagt: Die Zahi der Deutschen sei, da sie schon seft einem Jahre in der Bretagne kampften, auf 800 zusammengeschmolzen.  - 192 — diej in demïast 12 000 Mann starken Heere der Bretonen nur eine geringe Rolle spielen können. Wir übergehen daher diese Schlacht und verweisen auf die ausführliche Untersuchung derselben von M. de la Borderie8. Wir heben nur hervor, daB auch in dieser Schlacht eine Reihe von Rittem und Fürsten vom Pferde steigen, um unter den deutschen FuBknechten zu kampfen9. Nach A. Bouchard10 geschah das aus dem Orunde, weil die FuBknechte argwöhnten, daB die franzósischen Fürsten im Heere mit ihren Feinden im Einverstandnis standen und sie verraten wollten. Um diesen Verdacht zu zerstreuen, seien der Herzog von Orleans und der Fürst von Orange zu FuB in die Reihen der Deutschen geheten, wahrend der Franzose Jaligny11 davon spricht, die Fürsten hatten die Kampfeslust: der FuBknechte erhöhen wollen. Ebenso sagt ein anderer Zeitgenosse12: Der Herzog von Orleans „dachte wegen der groBen Kühnheit seines Herzens nicht an StandesrüekSichten und Gefahren und achtete nicht der Stellung, die er innehatte, denn er war die zweite Persön in Frankreich. Er ging zu kampfen mit den gemeinen FuBknechten, um den Seinigen Mut einzuflöBen, daB sie gut und tapfer das Werk verrichteten". Er führt aber nicht, wie Wir es in den Niederlanden bei vielen Rittern 8. Bd. 4 S. 548—554. 9. Molinet Bd. 3 S. 395: „Le duc d'Orteams, le prince d'Orange, le comte de Dunois, conducteurs de multitude de Suisses et Je seigneur Descales avec plusieurs Anglois, tous a pieds, ensemble le seigneur d'Albrecht et le seigneur de Rieux, descendoient d'ung pendant d'une tnontaigne pour joindre aux Franchois." 10. S. 239. Vgl. auch J. Bouchet, Histoire de Louis, seigneur de Trimouille, in Oodefroy, Hist. de Charles VIII. Paris 1684 S. 211; Argentré S. 755; L'histoire anonyme de Louis d'Orleans, in Oodefroy, Hist. de Charles VIII. S. 272: „donec abiectis armis, equis dimissis per medium Alemannorum agmen aequato pugnae genere principes alemanico habitu velitarentur. Vgl. auch M. de la Borderie Bd. 4 S. 550. 11. S. 92. 12. Jean de St. Gelais, Histoire de Louis XII. Paris 1622 S. 61.  — 193 — und Hauptieuten nachgewiesen haben, den SpieB, sondern das ritterliche Schwert13. Aber das Heer der Bretonen kann doch nicht dem überlegenen französischen Heere, in dem sich auch zahlreiche Schweizer befinden, widerstehen, obwohl so viele Ritter kübh vom Pferde steigen und sich in die Reihen der FuBknechte stellen, es wird geschlagen, und der Herzog von Orleans und der Fürst von Orange geraten in französische Gefangenschaft1*. Bis zum Jahre 1491 können wir das deutsche FuftvOlk in der Bretagne verfolgen. Diese FuBknechte treten sehr selbstbewuBt und anspruchsvoll auf, sie zeichhen sich durch Gewalttatigkeit und Dsziplinlosiigkeit aus, vor allem im Jahre 1491, als sie Rennes gegen die Franzosen zu verteidigen haben15. Mehrfach hören wir, daB sie auf Zahlung ihres Soldes dringen16. Sie sind es, die in Rennes, als die Zufuhr dar Stadt abgeschnitten ist und Mangel an Geld herrsCht, „selon leur mode accoustumée" ihre Trommeln rühren und Vorauszahlung des Soldes für einen Monat verlangen17. DaB aber die 600 Eidgenossen mit den Landsknechten in Rennes um zweifachen Sold von den Franzosen abgekauft und bes toch en worden seien, wie es Anselm berichtet18, ist nicht anzunehmen. Wohl werden sie endlich mit französischem Gelde bezahlt und darauf entlassen; denn nach dem am 15. November 1491 zu Rennes abgeschlossenen Vertrage zwischen Karl VIII. und Anna von der Bretagne verspricht der König, dieser 120000 Livres anweisen zu lassen für ihren Unterhalt und die Bezahlung 13. J. de St. Oelais S. 62: „L'espée au poing." 14. M. de la Borderie Bd. 4 S. 554. 15. A. Dupuy, Histoire de la réunion de la Bretagne Bd. 2. Paris 1880 S. 228. 16. Ebenda S. 175. 17. Molinet Bd. 4 S. 174. 18. Bd. 1 S. 376; auch die spateren Pontus Heuterus L. 4 Kap. 4 und Bircken S. 1038 sprechen von Verrat.  — 194 ihrer auslandischen Hilfstruppen für den Fall, daB, sie diese sofort entlasse und verabschiede, was auch ausgeführt wird19. Somit haben wir auch in der Bretagne FuBknechte Maximilians, die schon an den niederlandischen Kampfen des Königs teilgenommen haben und die sich nach Anselm Landsknechte nannten, festgestellt. 4. Die deutschen FuBknechte Maximilians im Dienste des Herzogs Karl von Savoyen. Ebenderselbe Schweizer Chronist Anselm berichtet von Landsknechten Maximilians, die im Jahre 1487 nach dem Süden gezogen sind, um im Solde des Herzogs Karl von Savoyen gegen den Markgrafen Ludwig II. von Saluzzo zu kampfen. Danach hatte der Herzog „den freien Hauptmann" Cüni LoBner von Solothurn und dessen Fahnrich Hans Kuiler von Bern mit ca. 300 „Tütscher Eidgenossen und lanzknechten", die vom römischen König aus den Niederlanden heraufgekommen waren, zu Genf in seinen Dienst aufgenommeni. Auch hier also sind wieder Schweizer und Landsknechte dem Namen nach geschieden. Sie bermden sich aber in ein und demsdben Haufen und stehei» unter Schweizer Offizieren. Der Annahme, daB schon zu dieser Zeit schweizerische und deutsche Landsknechte getrennten Organisationen angehörten, scheint diese Tatsache zu widersprechen. Wïederholt zeichnen sich diese Schweizer und Landsknechte aus dem Denste Maximilians bei der Belagerung von Saluzzo aus. Mutig schlagt sich diese Schar durch das feindliche Qebiet, und als sie vor Saluzzo überfallen 19. M. de la Borderie Bd. 4 S. 580. !. Anselm Bd. 1 S. 306. Wir haben oben ausgeführt daB dieser Hans Kutler auch Fahnrich unter Martin Schwarz war Nach Mülinen laBt es sich nicht feststellen, ob Hans Kutler der Martin Schwarz erst nicht nach England folgte, nach dem savoyschen Zuge von Saluzzo sich seinem alten Herrn wieder anschloB." S. 122.  — 195 — wird, wirft sie die Angreifer airück. Bei einer anderen Gelegenheit bitten die „freien Deutschen" die ejdgenössischen Abgesandten, sie bei einem Ueberfall auf das 4000 Mann starke Entsatzheer der Feinde zu unterstützen, und als die Schweizer ihnen ihre Hilfe versagen, zieht das „freie Fahnlein" Cuni Lofiners tait etwa 40 gasoognischen Bogenschützen und ebensovielen Reitern „den Berg hinauf an die Feinde". Der überraschte Gegner mufi trotz seiner Uebermacht weichen. Deser Sieg erregt dermaBen den Neid der Schweizer, daB ihre Hauptleute in Gefahr geraten, erstochen zu werden. „Sie vermieinten, es ware eine Schtnach für sie, daB, sie nicht bei solcher Tat gewesen waren, und wo not, nicht gewuBt hatten, die Ihren zu retten2." So sehen wir, wie der deutsche Landsknecht wenige Jahre nach seiner Entstehung, in der Zeit, wo seine Entwicklung und Organisation sicherlich noch nicht abgeschlossen ist, seinen Siegeszug halt in viele Staaten Europas. Wir sahen die Landsknechte des römischen Königs Ende 1486 oder Anfang 1487 in Nürnberg auf dem Marsche nach Ungarn; in demselben Jahre zogen solche freien Söldnerbanden auch aus den Niederlanden nach England, und ihr unerschrockener Mut und ihre Tapferkeit rief selbst bei den Feinden Bewunderung hervor. In die Bretagne hat Maximilian ebenfalls viele solcher FuBknechte geschickt, und auch hier taten sie ihre Pflicht; und endlich fanden wir diese Landsknechte im Denste des Herzogs von Savoyen. Ueberall steht die Beziehung Maximilians zu diesen Landsknechten fest. Aus seinem Heere, mit dem er so siegreich seine Rechte in Flandern durchgesetzt hatte, genen sie hervor. 5. Die Besiegung der ita 1 ienischen Condottieren durch die Landsknechte im Feldzuge Erzherzog Sigmunds von Tirol gegen Venedig. Die Schlacht bei Calliano. In dem Jahre 1487 finden wir auch schon solche Lands- 2. Anselm Bd. 1 S.306, 309; Mülinen S 114.  — 196 — knechte, bei denen es fraglich ist, ob sie vörher in Maximilians Diensten gewesen sind: in Tirol, im Kriege des Erzherzogs Sigmund gegen Venedig. Ueber das Heerwesen Tirols und die Zusammensetzung des Heeres in diesem Jahre gibt Wotschitzky in seiner gediegenen Arbeit1 an der Hand der Akten im Innsbrucker Staatsarchive ein ziemlich klares Bild. Der Feldzug selbst ist ausführlicher behandelt worden jn der gründlichen, auch noch heute in den wesenthchen Punkten anerkannten Arbeit G. Primissers2, die auch den neueren Bearbeitungen zugrunde liegt3. Das Heer Sigmunds setzt sich natürlicherweise zunachst aus Tiroler Landeskindern zusammen. Dese scheinen damals als Söldner schon sehr begehrt gewesen zu sein. Denn am 4. Marz 1482 bewilligt der Doge Johann von Mocenigo, dem Erzherzog Sigmund die Getreideausf uhr aus den Bezirken der Republik, „doch möge derselbe von dem allgemeinen Verbot für seine Untertanen, fremde Kriegsdienste zu nehmen, zugunsten Venedigs eine Ausnahme gestatten"4. Diese tüchtigen Tiroler Truppen führt Erzherzog Sigmund zuerst ins Feld. De aufgebotenen Vasallen bilden die nicht sehr zahlreiche Reiterei. De „eigenen Leute" des Landesfürsten und die aus seinen groBen Besitzungen zur Verfügung stenende Mannschaft, die nach einzelnen Gerichten aufgeböten wird, stellen die FuBknechte5. Erst spater, vor 1. Ferd. Wotschitzky, Beitr. zur Oesch. d. Krieges Erz. Sig. mit Venedig 1487. Progr. d. K. Staatsobergymnasiums in Bieütz für das Schuljahr 1889/90. Bielitz 1890. 2. Der venezianische Krieg unter dem Erzherzog Sigmund, Grafen zu Tirol, 1487. Samml. für Gesch. u. Stat. v. Tirol. Bd. 2. Innsbruck 1807. 3. Vgl. über die neuere Literatur Wotschitzky, dazu F. R. Hegi, Die geachteten Rate des Erzherzogs Sigmund von Oesterreich und ihre Beziehungen zur Schweiz 1487—1499. Innsbruck 1910 S. 126. 4. Lischnowski Bd. 8 Anh. Reg. Nr. 457. 5. Wotschitzky S. 15, 20.  107 allem nach Abzug der zahlreichen Söldnerscharen, tritt auch die Tiroler Landwehr in Tatigkeit6, durch deren tapferes Eingreifen der Sieg von Calliano entschieden wird, wie wir nachher nachweisen werden. Zunachst wird jedoch von der Tiroler Landschaft weder Geld noch Mannschaft verlangt7. Dies mag vor allem daran liegen, daB die Stande dem Kriege abgeneigt waren8. Zudem stützt sich Sigmund meist auf kriegserfahrene Söldner. So erklaren die Stande auf dem Landtage zu Hall dem Erzherzog, er möge wohl ermessen, daB die Landschaft nicht Söldner bestellen möchte, wo man s?.e nur um ;hren Sold, wenn sie gefangen wurden, verderben lassen und nicht mit anderen erledigen wollte. Auch ware es den Inlandern schwer, wo sie hinauskamen, nicht erledigt zu werden, und daB sie also elendiglich von ihren Weibem und Kindern, Hab und Gut, um ihrer Treu willen, kommen sollten. Es sei Not, daB man sich eines ritterlichen Krieges beflCiBige9. AuBerdem erheben die Stande den Vorwurf, daB die Regierung „der Gefangenen so Viele losgegeben habe, um die man doch andere batte auswechselh können. Dese Klagen erschienen um so berechtigter, als von der Regierung ja auch ,Gnadengeld für gemachte Gefangene' ausbezahlt wurde"10. Derart kann man aber hur mit fremden Söldnern oder Leibeigenen, aber nicht mit freien Landeskindern verfahren, und so findet Sigmund' seine Hauptstütze neben seinen Vasallen in den schwabischen und schweizerischen Söldnern. Vor allem versucht der Erzherzog die Hilfe der Schweizer für diesen Krieg zu erlangen. Zwar wird sein Hilfegesuch am 9. Mai auf dem Tage von Luzern abgelehnt. 6. Primisser S. 114 ff. Ueber die Tiroler Landwehr vgl. W". Erben, m der Allgem. Zeitung, Nr. 200 S. 480. 7. Wotschitzky S. 8; Primisser S. 113. 8. Primisser S. 114. 9. Primisser S. 237. 10. Wotschitzky S. 19.  — 198 — Trotzdem aber hatte das Oesueh Sigmunds bei einzelnen Orten, Zürich und Zug, obrigkeitlichen Erfolg; dazu kommen die vielen Reislaufer, die sich um Sold anwerben lieBen11. Wie stark die Gesamtzahl der Schweizer gewesen sein muB, das ersehen wir aus einem Briefe der Züricher Hauptleute aus dem österreichischen Feldlager von Roveredo an ihre Herren und Oberen vom 28. Juni 148712, ein Brief, der von der Forschung bisher fast ganzlich unbeachtet geblieben ist, der aber, wie wir sehen werden, interessante Einzelheiten über diesen Feldzug enthalt Danach befanden sich, als die Züricher (13. Juni) ins Feldlager kamen, daselbst bei 800 Eidgenossen. Die Zahl der Knechte aus dem Züricher Oebiet wird auf 350 angegeben, und sonst werden noch „bei 40 aus der Eidgmossensehaft" erwahnt, die auch unterdas Fahnlein geschworen haben. Damit kommen wir auf eine Mindeststarke der Schweizer Söldner in Sigmunds Diensten von 1200 Mann13. Auf diese Schweizer setzen die Tiroler die gröBten Hoffnungen. Man höfft, durch sie die Venezianer, die nicht über Schweizer verfügen, in Schrecken zu setzen1*. So raten der Graf von Sulz und Gaudenz vön Matsch den Zürichern, 11. Auf dem Tage von Zürich am 24. April 1487 laBt Sigmund beantragen, daB von den eidgenössischen Orten je 100 Mann gestellt wurden, und auBerdem erbittet er, freie Knechte anwerben zu dürfen. Segesser Bd.3 Abt. 1 S.265, Ablehnung des Hilfegesuches S., 266; Reislaufer S. 271. Hilfstruppen von Zürich u. Zug Hegi S. 152, Wotschitzky S. 29—30. 12. Abgedruckt im Schweizerischen Museum 2. Jahrg. 8 St. Zürich 1785 S. 688—695. 13. Vgl. auch Hegi S. 591 f. 14. Hegi sieht in dem fast gleichzeitigen Losschlagen auf der ganzen Alpenlinie von Friaul bis ins Wallis, zwischen Venedig und Tirol und zwischen Mailand und den beiden Freistaaten Graubünden und Wallis samt dem Bischof v. Sitten, einen ideellen Zusammenhang, der die Alpenvölker wechselweise zum Losschlagen veranlaBte in dem gut begründeten Vertrauen, daB die italienischen Verbündeten auf sich selbst angewiesen sein würden.  — 199 — als sie ins Lager kommen, sie sollten den Venezianern eine Absage schicken, da solehes Von allein denen, die für dien Erzherzog ins Feld gezogen seien, geschenen sei. Als sie ins Feld rücken, legt man sie, wie sie nach Zürich berichten, „an das sorglichste End gegen den Feind in ein Kloster; da liegen wir Tag und Nacht in merklicher Sorge, denn die Venediger mit ihrem Heer, das da groB ist, liegen nicht mehr denn eine halbe Meile Wegs von uns im Feld". Mit aller Macht sucht man sie im Feld zu halten, als sie wegen der Drohungen und Schmachlreden, die die anderen FubV knechte gegen ' sie aussprechen, aus dem Feld ziehen wollen. Man sagt ihnen, wenn sie aus dem Felde zogen, so müsse man besbrgen, daB auch von den anderen Knechten „ein Aufbruch geschenen" werde. Auf sie setze der Erzherzog sein ganzes Vertrauen15. — Somit sehen wir, daB die Schweizer den Kern des Heeres bilden. Sie'sind es, die sowohl den Venezianern Schrecken einflöBien, als auch die eigenen Truppen Sigmunds im Felde halten und ihnen den mOralischen Rückhalt geben. Zu diesen Schweizern kommen noch die zahlreichen Zuzüge aus dem gesamten Oberdeutschland, vor allem den österreichischen Vorlanden, dem ElsaB, dem Schwarzwald, aus Schwaben, Württemberg und Bayem16. AuBerdem soll noch Maximilian aus den Niederlanden Georg(\l von Sonnenberg und Gaudenz v. Embs, zwei tapfere Kriegs- r helden, mit einer guten Zahl wohlversuchter Kriegsleute geschickt haben. Allerdings erfahren wir davon nur durch eine sehr spate Quelle, Bircken17, wahrend das aus anderen Quellen dieser Zeit nicht zu ersehen ist. Somit setzt sich also das Heer Sigmunds, neben den 15. Brief der Züricher Hauptleute an Zürich. Schweiz. Mus. K 2. Jahrg. S. 690—695. 16. Wotschitzky S. 22 ff. 17. S. 966/7. Ihm folgt auch Primisser S. ,13 u. a. Wotschitzky weiB davon nichts zu berichten.  — 200 aufgebotenen Vasallen und den als Diener von Haus aus angenommenan Rittern, aus Tirolern, Schweizern und oberdeutschen FuBknechten zusammen. DaB sich unter ihnen auch Landsknechte befinden, geht weder aus der Arbeit Wotschitzkys, noch aus allen anderen Bearbeitungen hervor. In Wirklichkeit spoelen aber die Landsknechte auch in diesem Heere eine groBe Rolle. Wir finden diesen Natoen in einer Urkunde, in jenem Brief der Züricher Hauptleute an ihre Oberen vom 28. Juni. Hier lesen wir folgendes: lm Lager von Roveredo hört man am 24. Juni abends davon, daB die Venezianer sich erhöben hatten. De Schweizer, die in der Nahe sind, ziehen ihnen zuerst entgegen. Ihnen rückt Qaudenz von Matsch nach, >t „desgleichen Herr Detrich von Blumegg mit den Knechten v | von den 4 Stadten am Rhein und von dem Schwarzwald, r\ deren bei 800 Sind, die Lan zkn ech t und alle in schneller Eil." Was für Knechte hier unter den Landsknechten verstanden werden, ist ungewiB. Um Tiroler FuBknechte kann es sich nicht handeln, denn diese setzten sich zumeist aus den Eigenleuten Erzherzog Sigmunds zusammen, die aufgeboten wurden, die also keine freien Söldner waren. Es ist sonderbar, daB jene Truppen vom Schwarzwald und von den vier Stadten am Rhein von den Landsknechten geschieden werden. Ahdererseits aber lesen wir etwas spater, datj, sich auf dem St. Johannistag (24. Juni) „ein merkhcher Aufruhr unter den Lanzknechten und anderen Leuten Sigmunds erhob", . und weiter unten hei&t es, Herr Detrich von Blumeneck ft habe einen reitenden Boten zu den Schweizern geschickt und sich erboten, wenn er einige unter seinen Leuten habe, die den Schweizern etwas Böses zufugten, so wolle er den oder dieselben alle an Leib und Gut straf en18. Hier also werden die Landsknechte in Beziehung zu Detrich von Blumeneck gebracht, sie haben sdheinbar unter seinem Kom- 18. Schweizer Museum. 1785 S. 691 ff.  — 201 — mando gestanden. Nun aber wissen wir, daB Ende M'ai gegen 1000 Knechte aus dem Schwarzwald, Sundgau und Breisgau „von den Stadten, Aemtern und Landen" in drei Abteilungen, die ersten zu 275 Knechten unter dem Hauptmann Ritter * von Blumeneck, dann weitere 466 „Freiknechte" und die letzte Abteilung mit 232 Mann nach Tirol kommen19. Man könnte vermuten, dafi jene 466 Freiknechte auch unter jen en Landsknechten verstanden wurden. Es können aber auch JMögKcherweise andere Truppen gewesen sein, die unter dem Kommand© BlumeneCks standen. Wie dem auch sei, jene Knechte stammten aus Oberdeutschland. Es ist bezeichnend, daB es gerade Blumenecks Knechte sind, die Handel mit den Schweizern bekommen. Wie ihr Hauptmann zu den Eidgenossen stand, das ersehen wir aus den Schweizer Abschieden, wo es heiBt: „Den Dietrich von Blumenegg will man wegen seiner und seines Knechts Schmachreden gegen die Eidgenossen zu Konstanz berechtigen20." Das Heer, das Erzherzog Sigmund gegen die Venezianer ins Feld steilte, war Sehr betrachtlich. Es ist schwer, genauere Zahlen anzugeben, da die Truppen zu verschiedener Zeit im Lager ankamen, wie aus Wotschitzky hervorgeht. Nach Wenger21, dem Domherrn zu Brixen, der im Jahre 1488 einen Kommentar über diesen Krieg schrieb und sich darin gegen .einen gewissen Jacobus Caniceus von Parma, „qui adversus Germanum profluit iniuriis", wandte und seine Schrift dem Erzherzog überreichte, waren es niemals über 12000 Mann, wahrend der genannte JacObus die Zahl auf 24000 angibt. Von den venezianischen zeitgenössischen Geschichtsschreibern berichtet Sabellicus22 von 20000 Mann, 19. Wotschitzky S. 25. 20. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 282, 287, 289. 21. Konrad Wenger, De bello inter Veneto? et Sigismundum, Austriae archiducem, gesto commentarius. Anno 1487. Abgedruckt in M. Freher, Oerm. rer. scriptores Bd. 2. Frankfurt 1637 S.217. 22. M. A. Sabellicus Enneades. Venedig 1504. L. X. S. 168 f.  — 202 — Naugerius23 von 7000 Fanti et 500 Cavalli, wahrend dessen NaChfolger und Fortsetzer, der im Jahre 1547 verstorbene Bembus, der im Auftrage der Stadt schreibt, von 10 000 Mann spricht24. Der im Jahre 1466 geborene und 1535 verstorbene Sanuto, der das Leben der Dogen von Venedig bis zum Jahre 1493 mit groBer Oenauigkeit schreibt, schatzt das Heer der Tiroler auf 8000 Mann25. Brandis halt diese Zahlen für übertrieben und teilt mit, daB Inaeh einer schriftlichen Relation niemals über 4000 Mann beisammen gewesen seien26. Aber diese Zahl trifft sicherlich nicht zu, denn aus dem Briefe der Züricher Hauptleute ersehen wir, daB Ende Juni 1487 über „4000 oder 5000 Mann nicht im Felde sind", und damals waren schon 800 Eidgenossen und „unsers Herrn von Oesterreich und andere Leute" in groBer Zahl aus-dem Feld wiederum heimgezogen27. Somit hat wohl Wotschitzky recht, wenn er die Starke des erzherzoglichen Heeres auf 8000 Mann angibt28. Deses groBe Heer setzt sich aus lauter kleinen Kontingenten zusammen, die teils aufgeboten, teils um das übliche Handgeld angeworben werden. „Ueber je ein Fahnlein, dessen Starke etwa unserer Kompagnie entsprach, gebot ein Hauptmann, neben welchem als weitere Chargen noch der Fahnrich und bei den Söldnern einerseits die sogenannten Doppelsöldner, andererseits bei den eigenen Leuten die Rottmeister erscheinen." De Zahl der Chargierten ist verschieden. „Da erscheint ein Hauptmann mit 23. Andreas Naugerius, Historia Veneta. Abgedruckt in Muratori, R. I. S. Bd. 23. Mailand 1733 S. 1194. 24. Petius Bembus, Historiae Venetae. StraBburg 1611 S. 4. 25. Marino Sanuto, Vitae Ducum Venetorum. Abgedruckt in Muratori, R. I. S. Bd. 22. Mailand 1733 S. 1241. 26. J. A. von Brandis, Geschichte der Landeshauptleute von Tirol. Innsbruck 1850 S. 306. Vgl. Primisser S. 118 Anm. 24. 27. Schweizer Museum 1785 S. 690. 28. Wotschitzky S. 32,  — 203 — 630 Knechten (vom Schwarzwald) und 19 Chargierten, ein anderes Mal ein Hauptmann mit 172 Knechten, 1 Fahnrich und 56 (!) Chargierten, ein Hauptmann vön Konstanz mit 160 Knechten Und 6 Chargierten; sjo schwanken die Zahlen öfters noch zwischen 450 -f- 37, 261 -f- 17, 101 -(- 6" usW.29 So haben wir auch hier schon die bei den spateren Landsknechten sO berühmten Doppelsöldner nachgewiesen, die sich teilweise aus den besser bewaffneten Rittern rekrutierten. Wir werden nicht feMgehen, wenn wir sie auch unter den Landsknechten, von denen wir oben sprachen, annehmen. Ritter zu FuB, mit SpieBen bewaffnet, haben wir ja schon in den niederlandischen Kampfen festgestellt; und daB auch hier in der Tat Ritter zu FuB kampfen, das ersehen wir aus dem Briefe der Züricher Hauptleute vöm 28. Juni, in dem es heifit: „Besonders, als Herr Ulrich von Sax vernahm, daB wir gegen den Feind zogen, kam er vor menniglichen mit einem langen SpieB gelaufen und steilte sich Vor unsere Ordnung, desgleichen Melchior von Landenberg30." Die Höhe des Soldes für die FuBknechte ist verschieden. Halbmonatlich wird er ausbezahlt. Es erhalten einige FuBknechte einen Gulden, andere drei, regelmafiig aber bekommen sie zwei Gulden. Entsprechend erhalten die Doppelsöldner oder dier Fahnrich meist vier, bzw. 2 oder 6 Gulden. Auch die SpieMeute, deren Zahl auf 30 angegeben wird, beziehen Doppelsöld31. De Frage nach der Bewaffnung der FuBknechte ist von Wotschitzky nicht genügend gelost worden. Er sagt: „De Waffen, welche ins Feld geschickt wurden, waren jener Zeit entsprechend, der Uebergangsperiode des Mittelalters zur Neuzeit." Er berichtet davon, daB die Bogner von Bozen, 29. Wotschitzky S. 15. 30. Schweizer Museum 1785 S. 691—692. 31. Man vgl. über diese Heeresverhaltnisse Wotschitzky S. 15/16.  211 die immer sorgsam laviert zwischen Offensive und Defensive, und die immer, wenn sie zum Angriff übergeht, eine gewisse Chance des Sieges haben will48. Wohl mag auch zuerst das Heer nicht stark genug gewesen sein. Auf jeden Fall lassen sie Rovedero von den Deutschen belagern, ohne irgendwie an den Entsatz der Stadt zu denken, so daB, diese nach 40tagiger Belagerung genommen wird. Auch noch im Juni liegen sich die beiden Heere fast völlig untatig gegenüber, bis endhch der österreichische Feldhauptmann sich genötigt sieht, abzuziehen. Der Hauptgrund war nicht der, daB Gaudenz v. Matsch von den Venezianern bestochen worden war, wie es von den neueren Forschern noch Vuljpinus49 annimmt, sondern es' ist, wie aus dem Brief der Züricher Hauptleute an ihre Oberen50 bervorgeht, der Mangel an Sold, der viele Schweizer bewög, aus dem Feld zu ziehen; ihnen folgten zahlreiche Leute des Erzherzogs Sigmund und andere, „denn an Essen und Trinken merklicher Mangel ist; dazu werden viele Knechte krank". Man glaubt, wenn auch noch die Züricher abzögen, daB dann das ganze Heer auseinandergehen würde. So ist es dem Feldherrn unmöglich, sich mit den immer schwacher werdenden Streitkraften im Felde zu behaupten. Er geht daher zurück und entlaBt sein Heer. 48. Ueber diese Taktik der Condottieren vergleiche man die eben erschienene Arbeit von W. Block, Die Condottieri. Studiën über die sogenannten „unblutigen Schlachten". Berlin 1913. Block weist die Vorwürfe, die heute gegen die Condottieren erhoben werden, zurück und sagt, von einer prinzipïellen Schonung und einem unblutigen Verlaufe der Schlachten der Condottieri, von Turnieren, Scheinmanövern, Spielereien und Possenspielen könne nicht die Rede sein. 49. Ritter Friedrich Kappler. Beitr. zur Landes- und Volkskunde von ElsaB-Lothringen Heft 21. StraBburg 1896 S.63. 50. Schweizer Museum 1785 S. 690. Vgl. auch Bembus S. 10; Sabellicus S. 169; Naugerius S. 1195 ; Wotschitzky S. 35/36; Hegi S. 86; S. Riezler, Geschichte Bayerns Bd. 3. Gotha 1889 S. 514/15.  — 212 — Jetzt endlich nach dem Abzug des Tiroler Heeres entschlieBt sich der venezianische Oberbefehlshaber Severin zu einer energischen Offensive. Er zieht mit seinem Heere das Etschtal aufwarts, um' einen VbrstoB gegen Trient zu unternehmen. Mit mehr. als der Halfte seiner Armee, deren Starke sich auf ca. 10000 Mann belauft, setzt'er bei Calliano, 16 km südlich von Trient, über die Etsch und lagert in der Ebene von Calliano51. Plündertnd durChziehen seine Reiterscharen ordnungsios das Land und stoBen vor bis Matarello bei Trient52. Aber in dieser Stadt hat Oaudenz v. Matsch einen seiner -J fahigsten Unterführer, Friedrich Kappler, mit 300 Reitern „et certo milite pedestri"53 zurückgelassen. Dieser trifft jetzt alle Mafiregeln zu einem energischen^Widerstand. Dazu ist es notwendig, daB von neuem ein starkes Heer gesammelt wird. Wotschitzky weist darauf hin, daB gerade in diesen Monaten, Juli und August, eine betrachtliche Zahl von Söldnern und anderem Kriegsvolk aus Tirol, den Rheingegenden und der Schweiz herbeirückt54. Hieraus können wir wohl schlieBen, daB wahrscheinlich auch Kappler Verstarkung erhalten hat. Nach Wenger muB der Erzherzog Sigmund auf einer auBerordenrJichen Zusammenkunft der Stande im Juli zu Meran auf deren Bitten und Ermahnung versprechen, die fremden Söldner sogleich wieder zu entlassen 51. Nach Sabellicus S. 169 werden von 40 Reiterschwadronen und 5000 FuBknechten 24 Schwadronen „cum suo peditatu" übergesetzt. Nach Wenger S. 218 dringt zu Kappler die Kunde, der Feind wolle mit 10 000 Mann die Etsch überschreiten, und schon fast die Halfte des ganzen Heeres sei übergesetzt. Er gibt die Starke der Venezianer in der Schlacht auf 4000 Reiter und FuBtruppen an. 52. Sabellicus S. 169; Naugerius S. 1195; Marcellus, De vitis principum et gestis Venetorum. Venedig 1554 S. 91; Statut von Trient bei Primisser S. 251. 53. Wenger S. 217. 54. S. 36. Vrf&J  — 213 — und den Hauptmann in Trient zu verstarken. Das erstere geschah, wie Primisser annimmt, ob auch das letztere, bezweifelt er55. DaB aber in der Tat Kappler Verstarkung erhielt, ersehen wir daraus, daB die Stadt Hall am 31. Juli 20 trefflich gerüstete Büchsensehützen und zwei Tage spater 34 ebensolche Söldner auf den südlichen Kriegsschauplatz schickt, die an der Schlacht bei Calliano teilnehmen56. Dazu kommt aus Judikarien der Hauptmann Michalet Segato mit 300—400 Mann auserlesenen deutschen FuBknechten her-/ bei, die ebenfalls noch zeitig zur Schlacht eintreffen57. AuBer diesen Söldnern, die den Kern des Heeres bilden, sucht sich Kappler auch noch anderweitig zu verstarken. So wird die Trienter Bürgerwehr aufgeboten, deren Zahl auf „kaum" 600 angegeben wird58. Dazu kommt endlich noch die Landwehr, die von Georg von Ebenstein, einem Tiroler Edelmann," unter die Waffen gerufen wird, vor allem die des Gerichts Bisein, deren Zahl 400 Mann betrug59. Die Gesamtstarke des Tiroler Heeres mag etwa 250Ó Mann betragen haben, darunter einige Reiter60. Mit dieser kleinen Schar beschlieBt der „Dux generalis" Friedrich Kappler, die fast doppelt so starken Venetianer anzugreifen. Und er durfte es wagen mit den tüchtigen und tapferen, meist mit dem SpieB bewaffneten Scharen, die Ordnung und Disziplin kannten, und aus denen ein taktischer 55. Primisser S. 140/41. 56. Straganz S. 129/30. 57. Statut von Trient, bei Primmiser S. 251. Wenger S. 218. 58. Statut von Trient. Primisser S. 252. 59. Primisser S. 148 gibt ihre Zahl falschlich auf 1000 Mann an, obgleich seine Quelfe, Bembus S. 15, ausdrücklich die Trienter Truppen darin einbegreift. Der Irrtum Primissers kommt daher, daB er die Trienter Bürgerwehr nicht unter Georg von Ebenstein von der Flanke her, sondern mit Fr. Kappler in der Front in die Schlacht eingreifen laBt, was, wie wir nachweisen werden, nicht zutrifft. 60. Die Zahl der Reiter betragt nach Wenger S. 218 300, nach dem Statut von Trient 100, Primisser S, 251.  f — 214 — Körper gebildet werden konnte. Zudem1 hatten die Feinde eine unvorteilhafte Stellung eingenommen. In der Ebene von Calliano hatte Severin sein Lager aufgesehlagen. Zwischen den Höhen, der Etsch und der Burgfeste Stein, die er belagerte, hatte er sich gleichsam selbst eingeschlossen. In dem engen Tale IkOnnten sich seine Schlachtreihen nicht entwickeln61. Dazu kommt noch, daB die venetianischen Reiter, statt die Tiroler zu beobachten, plündemd umherzogen. So konnte Kappler seine Oegner überraschen; und dieser plötzliche Angriff, verbunden mit der überlegenen Taktik der Tiroler, hat dann auch den Sieg entschieden. Dese Taktik der Tiroler ist von allen Forschern bistier nicht richtig erkannt worden. De Darstellung von Primisser, die hier nicht ganz ohne Fehler ist, wird von den neueren Autoren einfach kritiklos übemommen. Primisser sagt82, Michalet sei Von Kappler mit dem Vortrabe von Trient aus1 voraufgeschickt worden, dieser selbst habe mit der Ritterschaft das Zentrum gebildet, dïe Bürger von Trient das dritte Treffen, wahrend Georg von Ebenstein mit der Landwehr auf die Höhen beordert Worden sei, die Calliano, den Markt, und das venezianische Lager beherrschiten. Somit müBten wir eine Einteilung des Heeres in vier Haufen annehmen. Des trifft jedoch nicht zu; die Trienter Bürgerwehr hat wohl das dritte Treffen gebildet, aber zusammen mit der Landwehr unter Ebenstein. So sagt das Statut von Trient ausdrücklich: „Georg vön Ebenstein, dem die Bürger und EinwOhner der Stadt und des Distriktes Trient bis zu einer Zahl von kaum 600 gefolgt waren63." Ebenso berichtet Bembus64, die Tiroler hatten Georg von Ebenstein gebeten, „daB er mit den Truppen, die sich nach Trient zurückgezogen hatten, und mit einer schnell gesammelten Schar Von Bauern 61. Pincius, De gestis ducum Tridentinorum. Mantua 1546 S. 31. 62. S. 148/49. 63. Primisser S. 251/52. 64. S. 15.  — 215 — und Bergbewohnern dem Feind entgegeneile und, wenn möglich, aufhalte, bis von Sigmund Hilfe kiime. Dieser sammelte die Truppen, die ihm der Zufall zuführte, teils von den Seinigen, teils von denen, die das Dorf Besin auf den Höhen der Calliano bedrohenden Alpen bewohnten, und begann mit etwa 1000 Mann unter groBem Trommel- und Hörnerschall von dem Berge herabzusteigen". Hier also führt Ebenstein den Flankenangriff aus, und zwar befindet sich in seiner Schar auch die Trienter Bürgerwehr. Nur ist dabei zu bedenken, daB Bembus von einem Frontalangriff unter Kappler überhaupt nichts zu berichten weiB. Aber auch Wenger selbst, durch dessen unklare Angaben Primisser irregeleitet wird, scheurt von einem Flankenangriff der Trienter zu sprechen65. Nach ihm wird Michalet mit 300 Mairn vorausgeschickt, dann laBt Kappler schnell seine Leute sich wappnen, um Michalet mit 1000 Mann nachzueilen. „Die Trienter Bürgerwehr zögert nicht, sie wirft sich schnell in die Waffen und folgt dem Hauptmann auf dem FuBe (subsecfuuntur)." Daraus schlieBt Primisser, die Trienter seien Kappler auf der StraBe nachgefolgt. Doch auch Wenger spricht davon, daB sie nach langem Marsche Von den Bergen her in die Schlacht eingreifen; denn er laBt Kappler die Knechte zum Kampfe anfeuem: „Die Hülfstruppen der Trienter eilen, uns zu Hilfe zu kommen." Sodann sagt Wenger etwas spater: „Extemplo deproperat aestuans cursu pulverulenta Tridentina militum cohors, arma movet." Daraus geht unzweifeïhaft hervor, daB die Trienter Bürgerwehr einen langeren Weg hat und daher erst spater in den Kampf eingreifen kann. Sie stürmt nach einem beschwerlidhen Marsche vön den Höhen herab. Damit kommen wir zu folgendem Ergebnis: Kappler zeigt sich in der ganzen Anlage der Schlacht als ein Schüler 65. S. 218.  216 der Schweizer, deren Taktik er in den Burgunderkriegen kennen gelernt hatte. Aus den 300—400 deutschen FuBknechten, die Michalet Segato mitgebracht hatte, wird eine Vorhut gebildet, die auf der HeerstraBe, welche von Trient südwarts am Ufer der Etsch entlang nach Calliano führt, vorrütikt. Ihm folgt der Gewalthaufen unter Kappler, 1000 Mann mit den Reitern66, wahrend Georg von Ebenstein mit der Trienter Bürgerwehr und der aufgebbtenen Landwehr, im ganzen etwa 1000 Mann, den Weg über die Berge nimmt, um dem Gegner in die Flanke zu fallen. Am 10. August rücken diese Streitkrafte gegen die Venetianer plötzlich vor. Wohl mögen die plündernden Feinde überrascht worden sein, aber von einer Flucht ohne vorhergehenden heiBen Kampf, wie einige venetianische Schriftsteller, vor allem Marcellus, Sanuto und der spiitere Justinian67 angeben, kann kejne Rede sein. Denn nach Wenger greift Michalet mit der Vorhut, ohne den Gewalthaufen unter Kappler abzuwarten, den Feind an und wird mit 200 Mann getötet68. Kappler folgt mit dem Gewalthaufen bald darauf auf der StraBe nach. Er feuert Seine Leute an und erinnert sie daran, daB sie schon GröBeres im Kampfe gegen Karl den Kühnen geleistet hatten, und daB sie gegen vaterlandslose Condottieren und Söldner kampften. Er verlangt von ihnen nach Schweizerart, weder Menschen noch Vieh zu schonen69. Vor dem Gewalthaufen fluten die venetianischen Reiter zurück und setzen Severin von dem drohenden Ueberfall der'Tiróler in Kenntnis70. Jetzt rückt der venezianische Oberbefehlshaber mit 66. Wenger S. 218. 67. Marcellus S. 537. hatte Maximilian ,1100 Pferde. Jakob Meyer Annales Flandnae in den Chron. rel. a 1'hist. de la Belgique, ed. p K d Lettenhove Bd. 3. Brussel 1876 S. 497/98: „800 equites" ' j' ?°« ' »™ mémoires m d. t rép. Sequanoise, Arbois 1846,' | H "81(LChfra"X " Pontus Heuterus I- L. I Kap. 7 und Bircken S. 856: 1200 Pferde ohne die Knechte. Nach Nicolai, Calendrier S. 152 sollen es sogar „5400 chevaulx sans touchier a ordonnance dudrt Maximilien" gewesen sein. Diese Zahl ist sicherlich übertneben. 8. Man vgl. Delepierre, der die im Jahre 1577 annonym in Antwerpen gedruckten „Wonderlijken Oorloghen van Kayser Maximilian ubersetz* in seinem Werke: „Chronique des faits et des gestes admirables de Maximilien I." Brüssel 1839, S. 64 83 Bircken benchtet sogar von 3000 Deutschen, die der Landgraf Heinrich von Hessen herbeigeführt habe. Ob darunter auch FuBknechte gewesen sind, ist nicht zu ereehen. S. 877. S 856 werden 250 geharnischte FuBknechte erwahnt.  — 98 — Schon bald nach seiner Ankunft in Flandern scheint der Herzog sein Interesse dem dortigen Heerwesen zugewandt zu haben. In seiner lateinisch verfaBten Autobiographie, die er in den Jahren 1497 bis 1501, wie der Herausgeber A. Schulz annimmt, seinen Sekretaren diktierte, lesen wir: „Als der junge Fürst nach Burgund gekommen war und gesehen hatte, daB ein anderes ludum hastarum hier im Gebrauch sei, wollte er dieses auch lemen und er war bestrebt, sich in ihm auszuzeichnen, noncontentuscommunibus lanceis, eas duppliCatas imo quatruplicatas habere voluit pluresque interprisias ex fortitudine et agilitate cOrporis sui habuit." Sodann schildert er, wie er im Zweikampf zu Pferde seinen Gegner wirft. Darauf fahrt er fort: „Saepius quidem hastiludiis in carni- priviis ordinarie et etiam in treugis guerrarum exercuit Excogitavit etiam proprios ludos in armis, tormenta guerrae agitavit et primus ad Allemanniam adduxit et suos per hoe multum agiles in armis effecit9." Damit will also Maximilian die Lange des SpieBes ververdoppelt, ja vervierfacht haben. Aus der Schilderung mussen wir aber entnehmen, daB die Ritterlanze gemeint ist, da er von Turnieren spricht Nun aber haben wir oben bei der Behandlung des Heerwesens Karls des Kühnen darauf hingewiesen, daB der ReiBspieB spatestens um das Jahr 1450 seine gröBte Lange (4—5 m) erreicht hat und es sich spaterhin nur um kleinere Verlahgerungen handeki kann. Somit hatte also Maximilian hier ungeheuerlich übertrieben, denn selbst wenn wir nur eine Verdoppelung der SpieBlange annehmen wollten, dann würden wir schon auf 9. Fragmente einer lat. Autobiographie Maximilians I. Jahrb. der kunsthist. Samml. des Kaiserhauses, herausgegeben von Trauttmannsdorf-Weinsberg Bd. 6. Wien 1888 S. 427.  — 99 — eine Lange von zirka 8-10 m kommen. Das ist aber ein Unding. Wenn wir jedoch den SchluB: betrachten, wo Maximilian sagt, er habe „eigene Waffenspiele ausgedacht, dem Qeschutzpark seine Aufmerksamkeit geschenkt und zuerst diese Neuerungen nach Deutschland gebracht" und es sei ihm gelungen, „auf diese Weise seine Leute sehr waffentüchtig zu machen", so sehen wir, daBi da nur das gesamte Heer gemeint sein kann. Zudem kann er diese seine Neuerungen nicht vor dem Jahre 1486 nach Deutschland gebracht haben, da er erst damals zuerst wieder deutschen Boden betritt' und zu dieser Zeit bildet, wie wir nachweisen werden,' das FuBvolk, die deutschen Landsknechte, den Kern seines' Heeres. Beziehen wir nun jene Angaben Maximilians auf die Allgemeinheit, indem wir annehmen, die Verdoppelung, ja Vervierfachung der Lange des SpieBes beziehe sich auf die^ sen überhaupt, also auch auf den FuBknechtsspieB, so sind wir jener Schwierigkeit überhoben; denn; nach Hobohm wird der SpieB in der Zeit der Renaissance von nicht ganz 3 m bis auf etwa 5i/2 m verlangert. Allerdings nimmt Hobohm noch für das Jahr 1494 eine SpieBlange von nicht über 3 m an", doch dürfte das nicht zutreffen, denn in den Niederlanden ist der 18 FuB lange SpieB urkundlich schon lange vorher bezeugt, wie wir gleich nachweisen werden. Beim FuBknechtsspieB mag also jene durch Maximilian durchgeführte Verdoppelung zutreffen, beim ReiBspieB jener Zeit ist sie aber eine Absurditat. Natürlich ist die Angabe des Herzogs, er habe die SpieBlange sogar vervierfacht, als ubertrieben zurückzuweisen. Uebrigens wird man dem 20 Jahre nach den Ereignissen schreibenden Kaiser solche Fehler zugute halten, dessen Autobiographie sich durch verschrobenen Stil und unklare Ausdrucksweise auszeichnet Nach dem „WeiBkunig" soll Maximilian den Lang- 10. Hobohm Bd. 2 S. 429.  — 100 — SpieB schon in Oestereich gekannt haben, da er berichtet, der Herzog sei in seiner Jugend schon im Fechten mit LandsknechtsspieBen unterwiesen worden11. Doch ist dieser Angabe kein Wert bèizülegsh, da der „WeiBkunig" erst im Jahre 1514 geschrieben worden ist. Zudem geht der erste Teil nicht auf'Maximilian selbst zurück. Aber das Verdienst der Verlangerung des SpieBes kann Maximilian nicht allein für sich in Anspruch nehmen, denn, wie wir sahen, ist sie schon auf Karl dem Kühnen zurückzuführen; unfd schon vor der Ankunft Maximilians scheiht man in der Niederlanden wohl erkannt zu haben, daB ein mit einem sehr langen SpieB bewaffneter FuBknecht, dem es dadurch möglidh gemacht wird, zuerst zum Stich zu kommen, am meisten ausrichten könne. Und so kauft die Stadt Brügge bei dem Kleinschmied Corneille van dem Bussche „100 picques de 20 pieds de long" und „200 de 14 pieds12". Diese Bewaffnung mit dem langen LandsknechtsspieB gibt uns Anhlaltspunkte für die Aufstellung eines taktischen Körpers, des Gevierthaufens; denn sonst hat die Verlangerung des SpieBes gar keinen Wert. Der einzelne mit einem so langen SpieB bewaffnete FuBknecht kann nichts ausrichten; denn mit einer solchen Waffe laBt sich nur schwer fechten. Ballt man aber viele so bewaffnete FuBknechte zusammen und ordnet sie in einem taktischen Körper ein, den ein Geist und ein Wille beseelt, so kommt erst dieser lange SpieB zur vollen Verwendung. Doch auch hier in den Niederlanden ist, wenn solche mit SpieBen bewaffnete FuBknechte auftreten, immer wieder die Frage aufzuwerfen, ob sich nicht unter ihnen auch Schweizer befunden haben. Schon im Jahre 1477 sind solche 11. WeiBkunig. Wien 1775 S. 92. 12/ L. Gilliodts van Severen, Inventaire des archives de la ville Bruges. Sekt. 1. Inv. d. chartes. 3erie 1 Bd. 6. Bruges 1876 S. 169.  — 101 — Söldnerbanden hier festzustellen. Im Ahfang des Jahres werden von der Stadt Valenciennes 150 Söldner in Deutschland angeworben". Nach Molinet setzen sie sich zusammen aus „Allemands, Suissers hacquebutiers."14 Es ist sonderbdr, daB hier Schweizer Hakenbüchsen führen sollen, wahrend ihre eigentliche Starke doch in der Führung des SpieBes besteht. In Wahrheit scheinen auch solche mit SpieBen bewaffnete Schweizer dabei gewesen zu sein, denn Molinet sagte etwas Vorher: „Valenciennes und Donay unterhielten Truppen in ihrem Sold, piquenaires, archers Suissers et hacquebutiers15." Aber die Zahl dieser deutschen und schweizerischen Söldner ist auf jeden Fall gering. Maximilian muB sich hauptsachlich auf aufgebotenen Vasallen und Bürgerwehren stützen, und was er von ihnen zu erwarten hat, ist ungewiB, da er sie noch nicht im Kampfe erprobt hat. So konnte er froh sein, daB im September des Jahres 1477 mit König Ludwig von FrankreiCh ein Waffenstillstand zustande kam. Diese Zeit der Waffenruhe benutzte er zur Reorganisation und Verstarkung seines Heeres. Um seine Herrschaft gegen die Feinde nach auBen, wie auch im eigenen Lande zu sichern, braucht er Truppen, auf die er sich verlassen kann. Karl der Kühne hatte dazu seine Ordonnanzkompagnien, eine Art stehendes Heer, das er zu jeder Zeit verwenden konnte, gegen wen es auch sein mochte. Aber aus der Schlacht bei Nancy hatten sich nur sparliche Reste nach den Niederlanden hinübergerettet. Maximilian erkannte sehr wohl, daB ihr Kriegsruhm durch die Niederlagen von Granson, Murten und Nancy vernichtet war, und so setzt hier seine Heeresreform ein. Guillaume berichtet darüber, daB kein historisches 13. Molinet Bd. 2. S. 34, Oultremann, Histoire de la ville et comté Valenciennes S. 183. 14. Molinet Bd. 2 S. 108. 15. ebenda S. 73,  — 102 — Dokument selbst indirekt auf das Bestehen der Ordonnanzkompagnien vom Tode Karls des Kühnen bis zu den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts hinweise. Es sei keine Rechnung vorhanden, die sie angebe. Nichts beweise, daB auch jene 850 Lanzen, die an der Schlacht bei Guinegate teilnahmen, Kompagnien ahhlich jenen Karls des Kühnen gebildet hatten. Vermutlich seien es Vasallen gewesien, die Maximilian aufgeboten habe. Zwar existiere kein Aktenstück, aus dem die Entlassung der OrdonnanzkOmpagnien hervorgehe, wie es von Neny16 angenommen werde. „Vielmehr laBt sich der Beweis erbringein, daB sie in den ersten Regierungsjahren Maximilians, wenn sie auch nicht mehr vereinigt und für den Krieg verwendet wurden, eine gesetzliche Existenz behaupteten. Aber sie erhielten eine andere Organisation. Sie wurden fast alle auf 50 Lanzen mit 50 Schützen zu Pferd und 50 zu FuB reduziert. Nach der Rechnung des Kriegsschatzmeisters Louis Quarré waren im Jahre 1478 noch zwei Banden zu 100 Lanzen und 15 Banden zu 50 Lanzen vorhanden17." Diese letztere Angabe wird bestatigt durch ein Dokument aus dem Düsseldorfer Archive vom 8. November 1477, in dem es heiBt, daB Maximilian und Maria eine ziemliche Anzahl von Kriegsleuten aufgebracht haben, „sowohl hommes d'armes (Ritter), Bogenschutzen zu Pferd, wie Bogenschützen, Armbruster und Couleuvriniers (Schützen mit der Feuerwaffe) zu FuB, eingeteilt in Kompagnien, die einen mit 100, die anderen mit 50 hommes d'armes, versehen mit den genannten Bogenschützen und FuBknechten." Sie emennen Philipp von Cleve, den Sohn des Herzogs von [ Ravenstein, „zum Führer und Hauptmann einer der Kom' pagnien mit 100 hommes d'armes, 100 Bogenschützen zu 16. Mémoires hist. et pol. sur les Pays-Bas Autrichiens. Kap. 18. 17. Histoire des bandes d'ordonnanoe des Pays-Bas. Nouveaux mémoires de 1'Acad. de Bruxelles. Bd. 40. Brüssel 1873 S. 53 ff.  - 103 — Pferd und 200 gens de trait zu FuB, aux gages de 100' francs de 32 gros par mois"18. Nehmen wir nun diese Zahlen als Norm an für die vom Kriegsschatzmeister Quarré aufgezahlten übrigen Kompagnien, so muB ihre Gesamtstarke 3800 Köpfe betragen haben, von denen die Halfte FuBknechte waren. Das ist immer noCh ein ganz respektables Ritterheer. Wir sehen also, daB Maximilian im Anfang seiner Regierungstatigkeit nicht schroff die durch seinen Vorganger getroffenen Heereseinrichtungen über den Haufen wirft, ër behalt sie in beschranktem MaBe bei, soweit wir dies übersehen können. Dabei ist zu bedenken, daB die alten Kompagnien von den Burgunderkriegen her stark dezimiert waren, aber wenn es Maximilian gewollt hatte, so hatte er sie auf die alte Starke bringen können. Das tat er aber nicht. Vielmehr ist zu bemerken, daB jene Anordnung vom 8. November 1477 im Jahre 1478 dahin korrigiert wird, daB der Mannschaftsbestand einzelner Kompagnien noch mehr verrmgert wird. Es ist uns aus dem Jahre 1478 (leider ohne naheres Datum) eine Beschwerdeschrift folgenden Inhalts erhalten: Der Herzog hat einen Hauptmann, der unter Karl dem Kühnen 100 Lanzen führte und auch Maximilians Gemahlin Maria treu gedient hatte, als Hauptmann von 50 Lanzen in seinen Dienst aufgenommen gegen einen monatlichen Sold von 50 Frank. Jetzt haben seine Kommissare dSesem Hauptmann nur 25 Lanzen, 25 Schützen zu Pferd und 50 Schützen zu FuB lassen wollen, wodureh sich sein Sold um die Halfte verringert, so daB er sich in Maximilians Diensten nicht halten kann.19 Hier haben wir also den Beleg dafür erbracht, daB 18. M. Gachard, Les archives royales de DüsseMorf. Notice des doe. qui concernent 1'histoire de Belgique. Compte rendu d. 1. Com. d'histoire. Série 4 Tome 9. Bruxelles 1881 S. 303. 19, Monumenta Habsburgica. Abt. 1 Bd. 2 S. 424/25.  104 Maximilians Kommissare bei einer Kompagnie eine Reduzierung um die Halfte vornehmen. Ob das auch bei anderen Kompagnien geschah, wissen wir nicht, auf jeden Fall ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen. Ueber die Grimde, die ihn dazu bewegten, können wir nur Vermutungen aussprechen. Es ware z. B. zunachst an Geldmangel zu denken. Aber ich glaube, der Grund liegt tiefer. Maximilian hat eingesehen, daB man mit den alten Ordonnanzkompagnien, in denen der Ritter immer noch der „Kampfer" war, keine Schlacht mehr gewinnen konnte, ohne daB sie unterstützt wurden von einem FuBvolk mit der blanken Waffe. Diese Annahme wird bekraftigt dürCh eine andere Tatsache. Wenn wir die beiden oben angeführten Urkunden vergleichen, so ersehen wir, daB sie, obwohl in ihnen genau die Zusammensetzung der Kompagnie angegeben wird, keine FuBknechte mit blanken Waffen erwahnen. Es steht aber fest, daB nach der letzten Verordnung Karls des Kühnen jede Lanze aus 3 Armbrustern, 3 Büchsenschützen, 3 Pikenieren und dem Ritter bestehen sollte. Daraus ergibt sich mit einiger Sicherheit, dlaB Maximilian das FuBvolk mit der blanken Waffe aus den Ordonnanzkompagnien ausgeschieden hjat. Dies ist von funidamentaler Wichtigkeit. Unter Kari dem Kühnen „ist die Lanze innerhalb der Ordonnanzkompagnie schlieBlich doch nur ein verfeinertes Mittelalter. Sie dient dem Bestreben, in den Mischkampf, zu welchem sich der Ritter mit den leichten Reitern und FuBkampfern vereinigte, eine gewisse Ordnung und Führung zu bringen." Unter Maximilian dagegen tritt eine Scheidung ein. Die Ordonnanzkompagnien werden allmahlich zur Reiterei und als solche in der Schlacht bei Guinegate verwertet, denn ich glaube nicht, daB die Vermutung Guillaumes, sie seien nicht für den Krieg verwandt worden, zu Recht oestehtr Jm Anfange des 16. Jahrhundierts treten sie aufs neue hervor, aus ihnen vor allem bildet Karl V. die moderne Kaval-  105 — lerie.20 Sodann verwendet Maximilian das durch die Reduzierung der Ordonnanzkompagnien erübrigte Geld dazu, um nun der Reiterei ein tüchtiges FuBvolk zur Seite zu stellen, das fortan, wie wir sehen werden, der schlachtenentsCheidende Faktor in seinem Heere wird. Möglicherweise hat er schon im Jahre 1478 die aus den Lanzen ausgeschiedenen SpieBknechte zu einem besonderen Verbande zusammengeschlossen. Aus den Ordonnanzkompagnien können also auf keinen Fall die spateren Landsknechtsfahnlein entstanden sein. Schon Delbrück hat darauf hingawiesen, indem er sa^t: „Wohl bilden die Ordonnanzkompagnien, soweit sie aus Reitern zusammengesetzt sind, eine Abwandlung, die vom Rittertum hinüberführt zur Kavallerie, aber der Weg ist noch sehr weit, und zunachst sind diese hommes d'armes noch durchaus Ritter. Die FuBknechte und Schützen in den Ordonnanzkompagnien aber haben mit der zukünftigen Infanterie in Europa überhaupt nichts zu tun. Diese ist aus völlig anderer Wurzel erwachsen."21 Hier möchte ich noch einige Satze anführen, mit denen Guillaume seine Betrachtungen über diesen Stoff schlieBt. Er sagt: „Es laBt sich wohl erklaren, daB wahrend der bewegten Periode der Regierung Maximilians die Ordonnanzkompagnien unbeachtet geblieben, ja sogar beinahe völlig in Vergessenheit geraten sind. Die unselige Verschwendung dieser Regierung hatte das Finanzwesen in Unordnung gebracht. Die in so vielen Schlachten siegreichen nationalen Armeen waren ersetzt worden durch auslandische Söldner, deren Habgier und Disziplinlosigkeit sowohl den Völkern, die sie bezahlten, als auch den Feinden, gegen die sie kampfen sollten, furchtbar war. Dieser auslandische Fürst, der sich das Recht angemafit hatte, unsere Provinzen zu regie- 20. Guillaume, Histoire des bandes d'ordonnance S. 57 63. 21. Delbrück, Kriegskunst Bd. 3 S, 537,  106 ren, hatte wahrscheinlich nicht in den nationalen Truppen, wie es die Ordonnanzkompagnien waren, so lenksame Werkzeuge des Despotismus gefunden, wie es die deutschen Söldner waren, die Kaiser Friedrich lieferte. Alle diése Grimde trugen dazu bei, die alte Kavallerie, deren Organisation ein Ruhm des letzten Burgunderreiches gewesen war, verschwinden oder wenigstens in Vergessenheit geraten zu lassen."22 Wir denken heute zwar anders über die Regierungstatigkeit Maximilians in den Niederlanden, und es wird auch unsere Aufgabe sein, darauf hinzuweisen, wie der Herzög immer mehr dazu gedrangt wird, fremde und kriegstüchtige Söldnerbanden, die Landsknechte, in seinen Dienst zu nehmen, aber im Grunde hat Guillaume das Richtige getroffen. Maximilian legt, wie wir sahen und noch sehen werden, in den Niederlanden sofort nach Uebernahme der Regierung Wert auf das FuBvolk, dieses entscheidet fortan bei ihm die Schlachten, und so war ës natürlich, daB hinter ihm die Reiterei zurücktreten muBte. Aber nicht allein die Reform der Ordonnanzkompagnien muB uns zur Ueberzeugung bringen, daB Maximilian schon früh sein Hauptaugenmerk" auf die Infanterie gerichtet hat, das zeigt uns auch seine ganze innere Politik in seinen ersten Regierungsjahren, wie auch der Bericht vieler Quellen über die Kriegsereignisse des Jahres 1478. Hobohm beginnt seine Ausführungen über die Landsknechte mit folgender Betrachtung: „Der Landsknecht aller Nationen . . laBt in seinem Wesen mannigfach die Wirkungen der staatlichen und wirtschaftlichen Zustande seiner Zeit erkennen. Der politische und finanzielle Fortschritt der romanisch-germanischen Welt war in den vergangenen Jahrhunderten soweit gedièhen, daB Heere besoldet werden konnten, die dem Mittelalter Marchen gewesen waren. GroBe Völker und Landergebiete waren unter einheitlichem poli- 22. Guillaume, Hist. d. fbandes d'ord. S. 55—50.  — 107 — tischen Willen zusammengefaBt. Der Vorrat Europas an Edelmetall war durch neue Ausbeutung des Bodens seit langem standig im Wachsen und nahm durch ZufluB von ' auBen nun bald einen groBen Aufschwung23." Diese progressive Rückkehr zur Geldwirtschaft ist für die Entstehung der nationalen Infanterien von eminenter Bedeutung. Gerade in der Zeit, wo das Haus Habsburg den Grund zu seiner europaischen Vormachtstellung legte, und wo es deshalb eintreten muBte in den gewaltigen Kampf mit seinem Nebenbuhler, Frankreich, da muBte es nach dem Verfall des mittelalterlichen Lehnskriegertums im Grunde darauf ankommen, wer die gröBten Heere aus dem Boden stampfen und wer sie am langsten unterhalten konnte. An diesem Kampfe hatten die niederlahdïschen Provinzen kein groBes Interesse, und so konnte die flamische Bürgerwehr für den jungen Maximilian nur eine höchst unzuverlassige Stütze sein, wie wir auch spaterhin zeigen Werden; sie trat nur dann zahlreicher in das Feld, wenn der Feind unmittelbar vor den Toren stand, und auch dann nur für ganz kurze Zeit. Aber es waren in diesen reichen Provinzen, aus denen schon Karl der Kühme die Mittel zur Unterhaltung der Ordonnanzkompagmien zumeist geschöpft hatte, die Einkünfte des Herzogs recht groB, und so war es Maximilian möglich, zahlreiche Söldnerscharen in seine Dienste zu ziehen und zu unterhalten. Diese Einkünfte zu vermehren und für die Unterhaltung des Heeres möglichst viele Mittel bereitzustellen, ist von Anfang an Maximilians Hauptsorge gewesen. Wir können feststellen, wie die Provinzen, die nicht vom Kriege direkt berührt werden, keine Truppen, sondern Geld stellen.24 Wiederholt laBt er sich 23. Hobohm Bd. 2 S. 350. 24. M. Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg Bd. 8. Wien 1844 Anh. Reg. No. 56. Jules de St.-Genoisi, Lettres adr. p. Maximïhen I. a 1'abbé de St.-Pierre, a Gand . . . Messager des sc. hist. de Belgique. Gent 1845 5. 204/05.  — 118 — Graf Atfolf von Nassau und Herzog Johann von Cleve nehmen an diesem Kampf in Geldern teil9. Das Reich selbst, das Maximilian aufruft10, laBt ihn im Stich; diese Hilfstruppen hatten auch nicht zeitig bis zur Schlacht cintreffen können, da Maximilian seinen Kriegsplan andert und schnell die Entscheidungsschlacht zu schlagen sücht11. Somit ist Maximilian hauptsachlich auf die Hilfstruppen angewiesen, die ihm die Niederlande stellen. In der Tat ist es die mit SpieBen bewaffnete flamische Bürgerwehr, der nach fast allen Quellen das Hauptverdienst des Sieges zuzuschreiben ist. Mit der gröBten Sorgfalt sucht man die tüchtigsten Leute aus. Die erfahrensten Manner werden mit der Musterung betraut12. Die Vorgesetzten im bürgerlichen Leben, die Amtleute (baillis) ziehen mit ins Feld. Sie üben hier die Rechtsprechung aus und sorgen dafür, daB ihre Truppen sich recht führen. Das militarischë Kommando über dieses Bürgerheer haben kriegserfahrene Ritter13. Aber auf diese Weise konnte wohl Ordnung und Disziplin auf recht erhalten werden, auch mögen die Truppen, da sie unter ihren Vorgesetzten im bürgerlichen Leben tochten, zur Tapferkdt und zum Aushalten angefeuert worden sein. J edoch damit sich diese Massen im taktischen Körper behaupten und den Angriffen der feindlichen Ritter und Schützen widerstehen konnten, muBte man ihnen den nötigen moraüsChen Rückhalt geben, den das oberdeutsche FuBvolk in den Burgunderkriegen, wie gezeigt wurde, durch die Schweizer erhalten hatte. Hier aber hat man keine 9. K. Menzel, Geschichte von Nassau Bd. 5. Wiesbaden 1879 S. 442. Vgl. auch Chmel, Mon. Habsb. Abt. 1 Bd. 3 S. 177. 10. Maximilians Brief an seinen Vater vom 8. Juni 1479, bei Chmel, Mon. Habsb. Abt. 1 Bd. 3 S. 176—178. 11. Richert, Guinegate St 60. 12. Schreiben Maximilians vom 30. April 1479, bei Dadizeele, Memoiren S. 77 f. 13. Guillaume, Histoire de I'organisation militaire S. 173.  — 119 — Schweizer, und so muB man andere Wege einschlagen. Obwohl das burgundische Heer nicht soviel Reiter hat wie das französische, werden zahlreiche Edelleute aus der Reiterei genommen, dSe zu FuB in den ersten Reihen des FuBvolks an der Schlacht teilnehmen14. Die Hauptanführer, der Graf von Romont und Graf Engelbert von Nassau, Jean von Dadizeele, der grand bailli von Gent, Fiennes Chanteraine, sie alle treten in die Reihen der FuBknechte ein. Ja, es scheinen auch einige vornehme Flamen schon von Anfang an als SpieBer in das Feld gezogen zu sein; wenigstens finden wir unter den Leuten Dadizeeles, die am 11. Juni gemustert werden, als „pykenaers" erwahnt: Wilhelm und Daniël von Dadizeele; und ob sich unter den anderen SpieBtragern, die genannt werden,15 nicht auch einige Ritter befinden, konnten wir nicht feststellen. Wir horen auch, daB Ritter ihren rechten Arm entblöBen16, um dem FuBvolk zu zeigen, daB sie nicht nur mit ihm alle Gefahren teilen, sondern auch ihr Leben in die Schanze schlagen wollen. Auch die Pike führen sie wie die FuBknechte.17 Und wenn schon so die Hauptleute und Ritter 14. Man vergleiche Richert S. 67. Die Zahl der Ritter, die zu FuB kampfen, wird verschieden angêgeben. Nach Comines Bd. 2 S. 35 waren es „wohl 200 Edelleute", nach Ol. d. la Marche Bd, 1 S. 161 „wohl 500 Edelleute", nach Dadizeele S. 19 „Romont, Nassau ende vele andere goete rudders ende edelmannen, die met hemlieden te voet waren", nach Bircken S. 891 „300 von Adel". 15. Dadizeele S. 159. 16. Molinet Bd. 2 S. 206, 223. Ol. de la Marche Bd. 1 S. 161. Delepierre S. 277. 17. Delepierre S. 229. Guillaume, Histoire de Porg. mil. S. 173. Dasselbe können wir auch aus der Alderexcelentste Chronyke van Brabant, van Vlaenderen, Hollant, Zeelant int generael. Antwerpen 1518, ersehen, in der es heiBt: „Ende grave van Romont ende van Nassau hielden die vlaminghen staende mit haren pyken." Da in diesem Werke die Seiten nicht numeriert sind und die Einteilung nach Kapitein mangelhaft ist, lassen sich keine genaueren Angaben machen.  — 135 — nanzkompagnien. Auch Maximilian ist auf dem Wege dazu, sich eine solche Truppe, auf die er sich verlassen kann, zu schaffen, indem er so viele fremde Söldner um sein Banner schart. Und die Zahl dieser Söldnerbanden wird wachsen, wenn der Krieg gegen Frankreich seinen Fortgang nimmt. So wirkt alles zusammen: die allgemeine Kriegsmüdïgkeit, die Scheu vor weiteren Geldausgaben, die Furcht vor der immer starker werdenden Uebermacht Maximilians, daB der Friede zwischen Frankreich und den Niederlanden zu Arras Ende 1482 abgesChlossen wird1. Aber nicht genug damit, daB man Maximilian diesen ungünstigen Frieden aufzwingt, man macht ihm auch nach dem Tode Marias die Rechte eines Vormundes und Regenten bis zur Volljahrigkeit seines Sohnes streitig, und so kommt es zu jenem erbitterten Kampfe, der nicht sein Ende erreicht, selbst als Maximilian im Jahre 1489 den Kriegsschauplatz verlaBt. Dieser Kampf ist für uns geradle von besonderem Interesse, denn in ihm fehlen Maximilian die Streitkrafte, auf die er bisher angewiesen war: das flamische Volksaufgebot, gegen das er sich hun selbst zu wenden hat. So muB er sich denn noch mehr als früher nach anderen Hilfskraften umsehen, und er findet sie in den schweizerischen und deutschen Söldnern, in den Landsknechten. Diesen Zusammenhang zwischen dem Kampf Maximilians gegen die Flandern und dem Aufkommen der Landsknechte haben fast alle Forscher nicht herausgefundien. Der einzige, der ihn andeutet, ist J. J. de Smeth2, der sagt: „GewiB, wenn man Maximilian die Regentschaft bedingungslos zugestanden 1. Man vgl. über diese Friedensverhandlungen Rodt Bd. 2 S. 552 ff; K. de Lettenhove, Histoire de Flandre Bd. 5. Brüssel 1850 S. 531—535. 2. Mémoire hist. sur la guerre de Maximilien contre les villes de Flandre (1482—88). Mém. de PAcad. R. de Bruxelles. Bd. 35. Brüssel 1865 S. 7.  — 136 — hatte, so hatte man zu erwarten gehabt, wie die Folgezeit bewies, den Eintritt einer Menge von Landsknechten und Schwarzreitern in das Heer und von einigen Herren von Ravenstein und Katzenellen bogen in den Rat des Fürsten." Im Jahre 1482 hat sich Maximilian gegen zwei Fronten zu verteidigen: gegen die Franzosen, in deren Diensten sich 6000 Schweizer befinden3, und gegen den verraterisChen Vasallen Wilhelm v. Aremberg, (der den Bisehof von Lüttich, Ludwig von Bourbon, iin Kampfe getötet (am 30. August) und dessen Gebiet daraufhin besetzt hatte. In dem Heere des Arembergers befinden sich, abgesehen von den Lüttichern, Schweizern und Franzosen, vor allem Leute aus Cleve4. Auch Maximilian verfügt über oberdeutsChe Knechte. Ein Graf Friedrich von Zollern wird als „Kapitan van dein Hoochduytschen" erwahnt5. Die Zahl dieser deutschen und schweizerischen Söldner wird einmal von Molinet auf „1500 allemands piétons" angegeben". . Es ware interessant, etwas darüber zu erfahren, woher diese Söldner waren und wie sie in Maximilians Dienste kamen. Leider sind die süddeutschen Archive noch nicht genügend nach diesem Gesichtspunkt hin durchforscht. DaB Maximilian aber in der Tat Verstarkungen aus dem Süden, vor allem aus derSchweiz, heranzog, das ersehen wir aus den eidgenössischen Abschieden. Danach soll man auf dem Tage von Luzern antworten, „welche Vorkehrungen man treffen wolle gegen das Weglaufen der Knechte und namentlich gegen den Bergec, welcher zu Mülhausen liegt 3. Molinet Bd. 2 S. 307 ff. 4. Joh. de Los, Chronicon rer. gest. ab anno 1455 ad annum 1514, in d. Doe. rel. aux troubles du pays de Liège, p. p. P. F. de Ram. Brüssel 1844 S. 81; Maximilians Autobiographie S 436; Molinet Bd. 2 S. 370 f. 5. Chronik von Holland S. 389. 6. Molinet Bd. 2 S. 369.  — 147 — nerbanden aus Deutschland herbeizurufen, um' seine Heeresmadit zu verstarken. 2. Das Anwachsen der deutschen Söldnersc haren im Heere Maximilians in den Jahren 1484 —1 485; der Kampf gegen die flamische Bürgerwehr. Für die Jahre 1484 und 1485 können wir wiederum eine bedeutende Zunahme der oberdeutschen und besonders der schweizerischen Söldner im Heere Maximilians nachweisen. Es war auch hicht schwer, solche zu erhalten, denn gerade nach den Burgunderkriegen, in denen der kriegerische Sinn der Schweizer neu erweckt war, waren viele Knechte bereit, gegen guten Sold in fremde Dienste zu treten. Immer wieder lesen wir in den eidgenössischen Abschieden jener Tage Klagen über die ungehlorsamen Knechte, die gegen das ausdrückliche Verbot in fremde Dienste laufen. Es war ungeheuer schwer, solche Knechte wieder zur Arbeit zu bringen. Zudem war gerade zu jener Zeit eine groBe Anzahl Schweizer brotlos geworden. Karl VIII. von Frankreich hatte eine Reihe von Söldhem entlassen, da er sie nach dem Frieden von Arras nicht mehr brauchte. Diese Knechte überschwemmten nun gleichsam die oberdeutschen Qebiete, raubten und plüindlerten, „schwörten übel", sodaB die Schweizer einschreiten muBten. So lesen wir im Abschied von Münster: „Um dem müBigen und lasterhaften Leben der aus Frankreich heimgekehrten Knechte, die sich um Baden herum aufhalten, abzuhelfen, soll jeder auch die Seinigen heimrufen und zur Arbeit anhalten, die fremden, die nicht arbeiten wollen, soll man aus dem Lande zu bringen trachten." Wie leicht konnte Maximilian diese Knechte in seine Dienste bekommen. Zudem befand sich zu jener Zeit eine groBe Zahl von Hauptleuten und Auf-  — 148 — wieglern in der Sctiweiz. Als Ende 1485 eine Botschaft Maximilians von Ort zu Ort zieht, um die Eidgenossen um Hilfe anzugehen, sehen diese sich genötigt, „dem Treiben der Aufwiegler, welche für den Herzog in der Eidgenossen Gebieten Knechte an wer ben und wegführen, möglichst Einhalt zu tun". Auch an den Abt und die Stadt St. Gallen, sowie nach Appenzell, Thurgau, Sargans, Baden und in die freien Aemter wird geschrieben, daB solches Gelauf abgestellt werden solle1. In diesen Abschieden ist auch von einem Söldnerführer, Hans Müller, die Rede, der in „groBen Lümden" stehe, daB er wider Eid und Ehre Schweizer aufgewiegelt und zu den Burgundern geführt habe. Ob er solche auCh zu dieser Zeit in die Niederlande gebracht hat, ist nicht zu ersehen. Auf jeden Fall war er dier „rechte MaChmann" bei der Tat von Dole im Jahre 14792. Von einem anderen Söldnerführer aber ist es bestimmt nachzuweisen, daB er Schweizer zu dieser Zeit in die Niederlande brachte: es ist der spater so berühmt gewordene Martin Scbwarz. Dieser führte dem Grafen von Nassau ungefahr 200 Schweizer, „gens de faicts et prests a la torce", zu, „und der von Nassau gab einem jeden von ihnen einen Florin pour la bien venue"3. Möglicherweise waren auch die Schweizer, die der Ritter Konrad Gachluff entgegen seiner Zusage im Jahre 1485 aufwiegelte und hinwegführte, für Maximilian bestimmt4. Ueber die Starke dieser Schweizer Söldner im Dienste Maximilians können wir nichts Genaueres erfahren. Immer wieder finden wir sie in den Quellen erwahnt, ohne daB ihre li Man vgl. Segesser Bd.3 Abt. 1 S. 205,173 224. 2. Abschied von Luzern vom 2. August 1484. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 187. 3. Molinet Bd. 2 S. 421. 4. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 215.  — 149 — Zahl angegeben wird. Sicherlich sind sie ziemlich zahlreich gewesen5. Diese Schweizer bilden zusammen mit ober- und niederdeutschen Söldnern den Kern des Heeres Maximilians. So berichtet der Zeitgenosse But, der unmittelbar nach den Ereignissen schreibt, Maximilian habe die „Anglicos, Geldrehses, Renenses, Suetones et ceteros" unter die Waffen gerufen6. Aber auch von den Niederlanden selbst werden groBe Opfer an Mannschaft und Truppen verlangt. Natürlichlerweise muBte Maximilian besonders viel daran gelegen sein, aus seinen Provinzen das Geld für die Bezahlung der Söldner zu erhalten, was auch des öfteren berichtet wird7. Zugleich aber verstürkt er sein Heer mit Truppen aus den ihm treugebliebenen Provinzen. Zunachst sind es die Vasallen, die aufgéboten werden, sodann werden auch Leute zu Pferd und zu FuB ausgehoben8. Auf diese Aufgebote wird vor allem zurückgegriffen, wenn es sich darum handelt, die Provinzen gegen einen feindlichen Einfall zu sichern. Zu diesem Zwecke werden auch Musterungen abgehalten und VerteidigungsmaBregeln verabredet, Glockenlauten usW.9 Daher hat auch Guillaume nicht recht, wenn er sagt, Maxi- 5. Molinet berichtet, Maximilian sei nach Holland gezogen mit „10000 combattants, Suissers et archers de Haynault". Bd. 2 S. 431. Man vgl. auch S. 416, 421 f, 426f.; But S. 625. Die spateren Pontus Heuterus L. II. Kap. 4, Bircken S. 938 und Oer. Roo, Annales. Oeniponti 1592 S. 357 sprechen von 1200 Schweizern. 6. S. 625. 7. Devillers, Inventaire. Anhang S. Cl.—ClI; ebenderselbe, Le Hainaut s. I. rég. de Max. Compte rendu d. séances d. 1. Com. R. d'hist. Serie 4 T. 10. Brussel 1882 S. 396—440. Nach But erbrttet Maximilian von den Brabantern 200000 tl. zur Unterhaltung seiner Söldner. S. 625. 8. Max. Brief an den Grand Bailli von Hainaut vom 16. Januar 1485 bei Gachard Bd. 1 S. 54; vergt, auch S. 55—58. 9. Gachard Bd. 1 S. 51—52, 55.  — 150 — milian habe seine ganze Infanterie m derSchweiz mé n deutschen Landen angeworben, 20 000 auslandrsche Söldner seTen in seinem Dienst gewesen". Er übersieht dabe,, daB Truppen aus dem Hennegau und aus Brabant hauftg ff den Ouellen erwahnt werden11. . Ueber die Bewaffnung dieser FuBknechte Maximmans fehlen uns ausführlichere Angaben. Der SpieB ist, wie wir auch gleich sehen werden, die Hauptwaffe, und so beste t Maximilian am 3. januar 1485 in Mons 100 p.cques ferees12. MU dieser Vermehrung der Infanterie dureh Maxmuhan geht Hand in Hand die innere Hebung und K^sohdierung dieser neuen Truppengattung. Man ^ l^ ^aus wieviel verschiedenen Elementen das FuBvolk s,ch zu ammènletzte. Aus der Schweiz und aus Oberdeutschland wTnTherb^ee^ oberdeutschen Truppen standen, wie wir des_oft«n nach^ weisen konnten, auf ziemlich gespanntem FuBe nut den TrnmeT noch zanlreichen niederdeutschen FuBknechten im Heere des Herzogs. Nur der Sold hielt diese Söldner be. M^LuZs Fahnen, und wenn dieser, was auch hauhg emtrat nicht ausbezahlt werden konnte, so zogen s e e nch he m, oder siegingen sogar zu den Feinden uber Haubg genug HeBen sie sich zu schweren Ausschreitungen hmreiBen lTso erschwerten sie Maximilian seinen <*"£<^£ nicht leichten Stand in den Niederlanden. Kern Wunder alst daB der Herzog Mittel und Wege suchte un. tes Söldner fester an seine Fahnen zu knupfen. Eff nach dieser Richtung hin ist die, daB zu dieser Zeit Hunderte vof Rittern veranlaBt werden, zum FuBvolk überzutreten. "ïT^iilaume, Hist. de 1'org. mS. S. '^J^ überlieben, wenn auch zuzugeben ist, daB Maxnmhan uber em STes Heer verfügte. Molinet berichtet «nmal er habe „4000 cavalliers et 12000 pietons" gehabt. Bd. ^ s m 11. Molinet Bd. 2 S. 415 f. Ol. de la Marche Bd. 3 S. 270. 12. Devillers, Haynaut S. 400.  — 151 — An der Hand eines Beispiels aus der neueren Geschichte machen wir uns die Bedeutung dieser Anordnung am besten klar. Es ist bekannt, daB Friedrich der GroBe der Ansicht war, daB der Adel besser zum Offizierberuf taugé als der Bürger, weshalb er die Offiziersstellen fast samtlich mit Adeligen besetzte. Er brauchte eben für sein Heer, welches sich zum Teil aus fremden Söldnern zusammensetzte, eine Stütze, auf die er sich verlassen konnte, und das war für ihn der Adel. Dieser adelige Offizier war es, der das Heer des groBen PreuBenkönigs mit Strenge im Frieden einexerzierte, der aber auch im Kriege, wenn es nötig war, mit der Pistole in der Hand seine Leute in die Sehladht hineintrieb und jeden, der sich widersetzte, erbarmungslos niedersChöB,. Eine derartige Disziplin war bei den Heeren der Renaissance unmöglich und hat es auch nie in ihnen gegeben. Hier hatten die ritterlichen Hauptleute und Doppelsöldner keine solche Gewalt über die Truppen, aber sie konnten auf dieselben moralisch einwirkén, indem sie sich in die ersten Glieder der Gevierthaufen steilten und so die Truppen zu tapferem Widerstand anfeuerten. Dadurch, daB die Ritter nun zum FuBvolk übertraten, teilten sie diesem ihre Standesideale und ihr EhrbewuBtsein mit und wirkten so unwillkürlich auf die FuBknechte ein. Der Ritter war es aber auch, dessen Interesse, wie es bei Friedrich dem GroBen der Fall war, mit dem des Fürsten zusammenging, und so bekam Maximilian dadurch, daB er ihn veranlaBte, zum FuBvolk überzutreten, dieses fester in seine Hand. Somit ist also der besonders durch Maximilian veranlaBte Uebertritt des Rifters zum FuBvolk für die Entwicklung der Infanterie von ganz eminenter Bedeutung. DaB Maximilian dieses Verdienst zugeschrieben werden muB, ersehen wir aus zwei Berichten, nach denen er sich allen voran seiner ritterlichen Waffen entledigt und mit dem SpieB auf der Schulter in die Reihen der FuBknechte eintritt. Bei der Einnahlme von Oudenarde im Anfang des Jahres  — 152 — 1485 muBten, so lesen wir bei Molinet13, „mein Herr von Oesterreich und die meisten seiner Edelleute" vom Pferde steigen. „Und mein Herr, der Herzög, stieg ab, zugleich die edle Kavallerie: der Herzog von Geldern, der Graf von Chimay, der Herr von Ligne, vön Montigny und von Trelon und andere ih der Zahl von ungefahr 30. Sie lieBen ihre Pferde den Pagen und folgten mit sehr kühnem und gutem Mut, wünschend, ihrem Fürsten zu getallen." „Sie miBachteten aïl die feiine höfische Lebensart und nahmen keine Rücksicht auf Regen, Hagel, Wind, Frost, Sturm, Kalte und andere Unannehmlichkeiten, welche leicht Körpern délicatement nourris schaden, ayans picques et demi-lances ès mains." So genen sie vor gegen ein SchloB von Oudenarde. Aehnlich berichtet ein anderer Zeitgenosse: Als Maximilian nach einem miBglückten Zug gegen Gent auf Oudenarde zurückging, verlieBen ihh die Wallonen, da sie lange keinen Söld mehr erhalten hatten. „Aber Maximilian erschrack nicht, sondern sammelte alle seine Deutschen, deren er eine gute Schar hatte. Diese Deutschen befriedigte er, so gut er konnte, print une picque surson col comme un pi é ton und führte diese Deutschen in das Land von Was1*." Diesem Beispiele Maximilians folgten auch die Hauptleute der FuBknechte. So laBt der Herr von Myngoval, als die Genter einen Zug gegen Oudenarde unternehmen, seine Leute vom Pferde steigen, um einen Ausfall zu machen. Er selbst geht heraus la picque au poing mit einigen anderen von der Garnison, als Führer der FuBknechte15. Den besten Beweis dafür, daB der Ritter jetzt prinzipiell zum FuBvolk übergegangen ist, bietet der Einzug 13. Bd. 2 S. 415 f. 14. Ol. de la Marche Bd. 3 S. 273. 15. Molinet Bd. 2 S. 428.  — 153 — Maximilians an der Spitze seiner Söldinerscharen in Gent am 7. Juli 1485. Nach Molinet waren es 6000 Deutsche, die „in einer guten Ordnung, in einer Frontbreite von 8 Mann,' alle zu FuB, dér Graf von Nassau, der Herr von Montigny, der Herr von Palmes und andere Führer", einziehen16. Olivier de la Marche, der selbst damals in Gent war, berichtet an zwei Stellen ausführlicher darüber. Nach der ersten marschierten am Anfang „zu FuB la picque sur le Col der Herzog von Geldern, Herr Philipp von Cleve, Herr Engelbert, Graf von Nassau, und mehrere Grafen, Barone, Ritter und Knappen ... mit einer groBen Menge von DeutsChen". „Und nach diesen FuBgangern kam der König, Euer Vater und Ihr (Erzherzog Philipp) und die gens d'armes zu Pferde." Ein noch klareres Bild gewinnen wir aus der zweiten Schilderung. DanaCh hat Maximilian „3000 Kampfer und nicht mehr" bei sich, die alle in eine Ordnung gebracht werden, deren Frontbreite 5 Rotten betragt. An der Spitze marschiert die Kompagnie Engelberts von Nassau, dieser selbst voran „comme les aultres la picque sur le col", nach ihm der Herzeg von Geldern, Philipp von Cleve und der Graf von Joingny. Darauf folgen die Ritter, sodann die deutschen FuBknechte, „und es war eine sehr schone Schar zu sehen, denn es waren wohl 2000 Kampfer". Den SchluB bilden Reiter „en une grosse flotte". Und zwischen den FuBknechten und Reisigen befinden sich Maximilian und sein Sohn, der Herr von Ravenstein, und andere vom Rat17. Danach hat sich also bei diesem' deutschen FuBvolk der SpieB ganz durchgesetzt. Sowohl die Hauptleute als auch andere Ritter ziehen mit dem SpieB auf der Schulter ein. Die Starke des Heeres betragt nach Olivier de la Marche 3000 Mann, darunter 2000 deutsche FuBknechte, zu denen wohl noch die Kompagnie Engelberts von Nassau zuge- 16. Molinet Bd. 2 S. 450. 17. Olivier de la Marche Bd. 1 S. 172—173, Bd.3 S. 280-281.  — 154 — rechhet werden muB, wahrend Molinet die Zahl des Heeres auf „6000 Allemands" angibt18. Diese Truppen ziehlen in guter Ordnung, nach Olivier de la Marche in Rotten zu fünf, nach Molinet in Rotten zu acht Mann ein. NatürUch ist unter dieser „tres belle ordonnance", wie sie Molinet nennt, nur eine Marschordnung zu verstenen, die nicht zu verwechseln ist mit der Ordnung der spateren Landsknechte, unter der ein Gevierthaufen verstanden wurde. So ist auch die Ansicht Uhrianns abzulehnen, der sagt19: „Dafür, daB, wie Oben angenommen, die Geburtsstunde der Reorganisation im Jahre 1485 geschlagen hatte, spricht der weitere Umstand, daB in demselben Jahre bei dem Einzug des Königs in Gent zum erstenmal die spater so berühmt gewördene Ordnung des deutschen FuBvolkes -angedeutet Wird, in deren erstem Glied» wie das für Paraden von da ab üblich blieb, zu FuB auch die adligen Hauptleute marsChierten." — Von einer Ordnung hören wir in den Niederlanden auch schon vorher, und wenn hier das FuBvolk in guter Marschordnung einzieht, so ist das nur ein Beweis dafür, daB bei ihm auf eine gute Marschdisziplin gesehen wurde. Aber daraus zu schlieBen, daB im Jahre 1485 das FuBvolk reorganisiert worden sei, ist sehr gewagt. Ebenso ist der zweite Hauptbeweisgrund, den Ulmann für seine Hypothese anführt, abzulehlnen, namlich daB Maximilian in diesen Kampfen Vergleichie machen konnte, „besonders als er, was zuerst 1485 nachweisbar ist, Schweizer und Deutsche nebeneinander in seinen Diensten hatte. Die Schweizer, die damals bereits eine ausgebildete Kriegsordnung besaBen, wurden sein Modell, wie mehrfach bezeugt wird. Der junge Fürst aber war der anschlagige Kopf, der 18. Kervyn de Lettenhove, Hist. d. Flandre Bd.5 S. 378 nimmt 5000 Mann an. Diese Zahl entnimmt er wohl Pontus Heuterus L. 2 Kap. 8, der auch von 5000 deutschen FuBknechten spricht, ebenso wie Bircken S. 945 und Roo S. 364. 19. Bd. 2 S. 852.  — 155 — die ihm einleuchtende Bewaffnung und Kriegsart in den deutschen Reihen zur Einführung zu bringen wuBte20." Aber wir haben gesehen, daB Schiweizer und Deutsche schon lange vor dem Jahre 1485 sich in Maximilians Diensten befinden. Dazu steht es fest, daB das niederlandische FuBvölk auch bereits vör Maximilians Ankunft sich zum groBen Teil des SpieBes, ja auch des 18 FuB langen SpieBes bediente. Doch ist zuzugeben, daB der Herzog die Erfahrungen, die die Burgunderkriege gezeiugt hatten, verwertete, und daB er von den Schweizern in seinen Diensten und den Hauptleuten, die deren Art und Bewaffnung kannten, manches annahm. Wann aber die Landsknechte zuerst ins Leben treten, und welchlen Zeitpunkt wir Überhaupt für ihre Entstehung festsetzen können, darüber wird sich schwer Klarheit gewinnen lassen. Sie haben sich eben entwickelt, und für den Forscher kommt es darauf an, typische Züge, wie wir sie bei den spateren Landsknechten finden, in ihre Entstehungszeit hinein zu verfolgen. So ist auch die Ansicht von Max Jansen21 zu verwerfen, der sagt: „im Jahre 1485, in den Kampfen in Burgund, soll Maximilian dieser Waffengattung ihr Geprage gegeben haben, d. h. er sonderte die deutschen Landsleute als eine nationale Truppe von der der Schweizer Eidgenossen22." Es handelt sich hier nur um eine Hypothese, für die quellenmaBig der Beweis nicht erbracht ist. Das ist jedoeh zuzugeben, wir haben es vielleicht in der Tat hier mit Landsknechten zu tun, wenn auch dieser Name für diese Knechte noch nicht überliefert ist. Es sind freie, zum groBen Teil in Oberdeutschland und in der Schweiz 20. Ulmann Bd. 1 S. 851 f. 21. Kaiser Maximilian I. München 1905 S. 139. 22. Wir werden spater nachweisen, daB das unzutreffend ist. Soweit wir sehen, hat Maximilian die oberdeutschen Landsknechte und die Schweizer nicht zu getrennten Verbanden zusammengesch lossen,  — 156 — geworbene Söldnerbanden, deren Hauptwaffe der SpieB ist. Ein derartig bewaffnetes Heer, bei dem dazu das FuBvolk völhg überwiegt, kampft auch im taktischen Körper. Zwar können wir nicht den Gevierthaufen mit Bestimmtheit feststellen, aber das hangt Wohl damit zusammen, daB in dieser Zeit kein gröBerer Kampf stattfindet. Eine „belle ordonnance" wird in den Quellen oft erwahnt23. Auch auf gute Ordnung scbeint man gesehen zu haben, denn nach Olivier de la Marche hielt Maximilian bei der Einnahme von Oudenarde „seine Truppen in soldier Disziplin, daB bei dieser Eroberung keine Plünderüng, SchJagerei und kein Morden vorkam24". Allerdkigs hören wir auch wieder von Ausschreitungen der Deutschen, vor allem in Gent, wo einige Deutsche deswegen ins Gefangnis gelegt werden muBten, die dann von ihren Gentossen befreit wurden, weshalb es zu einem scharfen Konflikt zwischen Maximilian und der Stadt kam25. Auch, sonst hören wir von blutigen Konflikten mit der Bevötkerung der Niederlande. Man sucht die Söldner mit aller Macht aus dem Lande fernzuhalten26. In diesen Söldnerscharen hat Maximilian ein Werkzeug gefunden, mit dem er die Flamen niederzuwerfen vermag. Mit Recht Sagt Molinet vton diesem Heere, es sei das beste gewesen, das Maximilian bisher gehabt habe27. Aber auch die Flamen sörgen ihrerseits dafür, daB sie ihrem machtigen Gegner widerstehen können. Zwar lesen wir bei Pirenne: „Die von diesen (den Flandern) auf dem platten Lande ausgehobenen Bauern und die stadtischen Handwerker waren nicht imStande, den von Maximilian in Deutschland gemieteten Sökbieim die Spitze zu bieten. 23. Ueber die Ordnung in Gent s. o. Man vergl. sodann Molinet Bd. 2 S. 452; Histoire des PaysvBas S. 708. 24. Bd. 3 S. 271. 25. Ich verweise nur auf Molinet Bd. 2 S. 451 ff. 26. Cülhodts S. 265. 27. Bd, 2 S. 426.  — 157 — Die noch in den aufrühTerisdfoen Zeiten des 14. Jahrhunderts gefürchteten stadtischen Mannschaften hatten seit der Umwandlung der Bewaffnung und der Taktik jede militarische Bedeutung eingebüBt28." Diese Ansicht ist aufs scharfste zurückzuweisen. Wir haben gesehen, welche Bedeutung die flamische Bürgerwehr in den niederlandischen Kampfen hat. Auch sie ist an der Umwandlung der Bewaffnung und Taktik beteiligt, ja, vielleicht spielt sie sogar darin eine führende Rolle. Das ersehen wir aus einem1 Briefe „der Herren des groBen Rates im Namen des jungen Herzogs Philipp an die Baillis der Stadte und der Burgvogteien von Ypem, Cassel, Bailleul und an die Bürger und den Rat der Stadt Ypern" vom 27. -September 1483. Danach werden für die Verteidigung von Flandern alle MaBregeln getroffen. Es sollen Musterungen der Leute vom 18. bis zum 70. Lebensjahre abgehalten werden; jeder soll eine Kleidung tragen in den Farben Flanderns, „die, welche den Bogen handhaben, sollen mit einem spanischen Bogen mit 12 Pfeilen oder mehr versehen sein; die andern d'une piqué long de dixhuit pieds mesure de Gand. Diese Revue soll geschéhen in jedem Kirdhspiel durch den officier du lieu". Derselbe soll die tapfersten und die am besten bewaffneten und geeigneten Leute aussuehen, „um ihr Kontingent zu formieren für die 150 000 Kampfer, die Flandern liefem soll29". Hier also wird zum erstenmal der 18 FuB lange SpieB neben der SchiuBwaffe für das gesamte FuBvolk vorgeschrieben. Es ist gezeigt worden, wie schon Karl der Kühne die SpieBe verlahgert, wie der achtzehn FuB lange SpieB schon kurz vor Maximilians Ankunft in den Niederlanden eingeführt wird, und wie Maximilian selbst die Ver- 28. Pirenne S. 51. 29. Diegerick, Inventaire Bd. 4 S. 70/71.  — 158 — lahgerung des Reiterspieftes, vielleicht auch des FuBknechtSpieBes, als ein Verdienst für sich in Anspruch nimmt. Allerdings haben wir diesen 18 FuB langen SpieB bei den FuBknechten Maximilians noch nicht feststellen können. Darüber gaben uns die Quellen keinen AlufschluB. Sicherlich haben die Genter, wenn sie hier von dem FuBvolk eine solche Bewaffnung verlangen, einen erfahrenen Kriegsmann gehabt, der ihnen diesen Rat gab. Da müBten wir zunachst an den Grafen von Romont denken, der den Kampf gegen Maximilian organisiert und leitet. Ihn finden wir in der Schlacht bei Murten im Heere Karls des Kühnen, und da könnte er seinem Kriegsherm die Verlangerung des SpieBes angeraten haben; er ist weiterhin schon vor Maximilians Ankunft in den Niederlanden und hat auch an der Verteidigung dieser Gebiete gegen die Franzosen teilgenommen, vielleicht hat er auch hier bei der Einführung des LangspieBes mitgewirkt. Dann waren wir aber auch vielleicht zu der Annahme berechtigt, daB er auch den jungen Erzherzog Maximilian von den Vorzügen dieses LangspieBes überzeugt habe, so daB dieser ihn bei seinem Kriegsvolk einführte. Ist dem aber sö, dann ist es ganz selbstversitandlich, daB Romönt auch bei der flamischen Bürgerwehr diesetbe Bewaffnung durchsetzte, damit sie nicht im Nachteil war. Somit hat Hobohm30 recht, wenn er betont, der SpieB sei verlangert worden zu der Zeit, wo Infanterie gegen Infanterie foCht, nur tritt dieser Zeitpunkt nicht erst nach dem Jahre 1494 ein, sondern schon im Jahre 1483, als die Flamen den Kampf gegen die Infanterie Maximilians aufnehmen. In dem Kriege, der in den Jahren 1484—1485 zwischen Maximilian und den Flamen tobt, zeigt sich doch endlich der Erzherzog als der Ueberlegene dank seiner kriegsgeübten oberdeutschen und schweizerischen Söldnerbanden, 30. Bd. 2 S. 426 ff.  — 150 — gegen die das flamische Aufgebot nicht viel ausrichten kann. So wird das Land schnell bezwungen, und Maximilian vermag seine Forderungen im F rieden vom 28. Juni 1485 durchzusetzen, ohne daB es zu einem gröBeren Entscheidungskampf kommt. Wenn wir noch einmal kurz auf das Heerwesen in den Niederlanden b is zum Jahre 1485 zurückschauen, so kommen wir zu dem Ergebnis: Bis zum Jahre 1483 stützt sich Maximilian hauptsadilich auf das niederlandische Aufgebot und die flamische Bürgerwehr. Auch deutsche und schweizerische Söldnerscharen sind schon nachzuweisen. Diese nehmen nun in den folgenden Jahren immer mehr überhand. Die Bewaffiiung mit dem SpieB ist durchgedrungen, ja sogar schon der 18—20 FuB lange SpieB ist hier in den Niederlanden zuerst nachzuweisen. Auch der Adel greift zum SpieB und tritt zum FuBivolk über. Dieses hat schon eine solche Ausbildung und Erfahrung erlangt, daB aus ihm in der Schlacht ein taktischer Körper gebildet werden kann. Es weist also alle die typischen Eigenschaften der spateren Landsknechte auf. Ob aber der Name Landsknecht in dieser Zeit schon gebrauchlich war, ist nicht mit Sicherheit zü erweisen. Wir haben nachgewiesen, daB alle die Quellen, die von Landsknechten sprechen, zum Teil aus sehr viel spaterer Zeit stammen. Ich bin der Meinung, daB dieser Name erst nach dem Jahre 1482 hier in den Niederlanden sich durchgesetzt haben kann, da sich erst nach dieser Zeit solche Söldnerbanden aus Deutschland, vor allem aus Oberdeutschland, in gröBerer Zahl in Maximilians Diensten befinden. Hier bot sich auch für ihn die Gelegenheit, diese Banden zusammenzuschlieBen, und diesem neuen, nach Schweizerart bewaffneten und kampfenden FuBvolke wird dann jener Name beigelegt.  160 C. Die Landsknechte bis zum Jahre 1490. f In den Jahren 1486 und 1487. Die Schlacht bei Bethun e. Erst im Jahre 1486, wo wir zugleich ein neues Anwachsen jener oberdeutschen Elemente im Heere Maximilians feststeJlen können, finden wir den Namen Landsknecht in den Urkunden, wie auch in vielen anderen Quellen jener Zeit erwahnt, und es ist bemerkenswert daB gleichzeitig eine sehr groBe Zahl von Schweizern im Dienste des Herzogs nachzuweisen ist. Wer die eidgenössischen Abschiede dieses Jahres clurchsieht, der gewinnt die Ueberzeugung, daB gerade in dieser Zeit die Schweizer scharenweise in den Sold Maximilians nach den Niederlanden gezogen sind. Auf dem Tage in Zürich am 9. Januar 1486 herat man, wie man mit dem -Ritter Gachuff, den wir schon oft erwahnten, und von dem wir vermuteten, daB er Knechte in die Niederlande geführt habe, handetn wolle, „der in der Eidgenossen Land sitzt und gegen sein Versprechen Knechte im Thurgau, in des Abts von St. Gallen Land, in Appenzell u. a. aufwiegelt, um mit ihnen zum Herzog Maximilian zu ziehen. Am 3. Juli, auf dem Tage von Zürich, eröffnet die französische Botschaft, der König habe mit Bedauern vernommen, „daB entgegen der Vereinung eidgenössische Knechte seinem Feinde zulaufen". Sodann lesen wir im Abschied von Zürich vom 15. August 1486: „Heimbringen, ob man die Knechte, die beim römischen König sind, heimfordern wolle, damit sie nicht gegen Frankreich geführt werden, was gegen unsere Vereinigung mit dem König von Frankreich ware." Daraufhin wird am 14. September beschlossen, die Knechte, die beim römischen König und beim Pfalzgrafen sind, heimzumahnen. Dazu lesen wir, daft !auf den Tagen wón Luzern und Zürich (am 26. September und 9. Oktober) Klagen über das Reislaufen der Knechte laut werden. „Besonders die Appenzeller betreiben  — 163 — Vergleichen wir nun diese Urkunde mit dem Berichte Molinets, so finden wir, daB, dieslem der Brief vorgelegan haben mufi und von ihm nur etwas erweitert worden ist, An zwei Stellen spricht er von einer solchen Erhebung. Er erwahnt eine Bande „d'Allemands Suisses", die an dem Verrat von Dole (1479) beteiligt war, die dann dem! Herzog von Lothringen gedient hatte und auch im Solde Wilhelms von Aremberg gewesen war. Diese habe, augenscheinlich im Einverstandnis mit den Franzosen, Maximilian mit seinen Hauptleuten in deren Hande liefern wollen. Deshalb hatten sie sich erhoben und von Maximilian ihren Sold verlangt, den man ihnen auch verabreichte. Maximilian habe ihre Absichten durchschaut und ihnen mitgeteilt, sie konnten geben, wöhin sie wollten. Einige hatten sich entschuldigt, die andem, 300—400, seien zu den Franzosen geflohen8. Widhtiger ist für uns der andere Bericht, in dem Molinet von einer Meuterei gröBeren Stiles spricht. Als Maximilian von seinem Zuge gegen St. Quentin wieder nadh Valenciennes zurückkehrte, plünderten deutsche Söldner Maubeuge und Avesnes, so daB ein groBer Teil des Volkes sich gegen ihn erhob und sagte, er bedrücke das Land mehr als die Feinde. Die Deutschen hatten keinen Grund zum Plündern, denn der Herzog hatte ihren Sold bereit gelegt und schon nach dem Schlosse Sorre geschickt, „als 150Q Allemands d'une bande et 1400 d'une autre, ohne ihren Sold in Empfang nehmen, zu den Franzosen übergingen, wahrend die anderen, plus heureux, in der Zahl von 3000—4000, ihren Sold empfingen9." Wir sehen, daB vör allem dieser zweite Bericht Molinets mit ,jenem Briefe Maximilians übereinstimmt; nur spricht der Chronist ausdrücklich von Deutschen, wahrend Maximiüan auch von Schweizern berichtet; denn er nennt 8. Molinet Bd. 3 S. 123 f. 9. Molinet Bd. 3 S. 130—131.  — 164 — diese Söldiner „oberUindiscbe Dienstknecht aus unsern und des heiligen Reichs Untersassen, der Eidgenossen und anderen Landen." Wenn Molinet jene Knechte „Allemands" nennt, so ist dabei zu bedenken, daB in den Quellen jener Zeit Deutsche und Schweizer oft durcheinauder geworfen werden. Das können wir aus dem Bericht des franzósischen Zeitgenossen Jaligny10 erschlieBen, der auch von „2000 Allemands" spricht, die zu den Franzosen übergehen; aber wir können nach seinen Angaben den Rückmarsch derselben durch Frankreich verfolgen. Sie ziehen durch Burgund, überschreiten die Saóne bei Mascon, nicht weit von Lyon, und ziehen durch Bresse nach „Allemaigne". Dieser Marsch führt also jene Söldner direkt in die Schweiz und nicht nach Oberdeutschland. Auch viele andere Quellen berichten von Schweizern, die übergehen11. Die Zahl der abfallenden Schweizer wird von Molinet auf 2900 angegeben, und die Zahl kann richtig sein, da auch Maximilian von einer „merklichen Anzahl" spricht. Nach Molinet bleiben 3000—4000 Deutsche bei dem König, und dieser selbst spricht von den „andern oberlandischen Knechten, die nicht übergelaufen waren". Nun sagt aber Molinet an einer anderen Stelle, die wir oben mitteilten, Maximilian habe 3000—4000 Schweizer und ebenso viele deutsche Landsknechte in seinen Diensten gehabt. Diese Zahlen stiirünen mit den hier bei der Erhebung erwahnten fast überein, und da nach Maximilians eigenen Angaben sowohl die von ihm abfallenden, als auch die ihm treu bleibenden Knechte aus Oberdeutschland stammen, so müssen auch die 3000—4000 Landsknechte, von denen Molinet berichtet, Oberdeutsche gewesen sein. Somit glauben wir den Beweis erbracht zu haben, daB auch hier wieder deutsche Knechte, 10. Histoire du règne de Charles VIII. in Godefroy, Hist. de Charles VIII. Paris 1684 S. 10—11. 11. Ich verweise nur auf But S. 663 und Anselm Bd. 1 S. 284.  — 165 — denen der Name Landsknecht beigelegt wird, aus Oberdeutschland stammen. Diese Schweizer und oberdeutschen Landsknechte scheinen auch zu gröBeren Banden, zu einer Art von Regimentern, zusammengeschlossen worden zu sein. Jedoch haben beide, Schweizer und Landsknechte, obwohl sie dem Namen nach, wie gezeigt wurde, auseinandergehalten wurden, nicht verschiedenen Organisationen angehört, denn Molinet berichtet, wie oben ausgeführt, von 3000—4000 Schweizern und ebensöviel Landsknechten in Maximilians Diensten, und an einer anderen Stelle sagt er, „1500 Deutsche einer Bande und 1400 einer andern" seien zu den Franzosen übergegangen, und die anderen hatten ihren Sold empfangen. Also kann es keinem Zweifel unterliegen, daB diese abziehenden Schweizer Söldner zwei verschiedenen Regimentern, die beide 3000—4000 Mann stark waren, angehörten, in denen sich auch jene 3000—4000 Landsknechte befanden. Aber beide, Schweizer und Landsknechte, mussen innerhialb der Regimenter geschieden gewesen sein, denn sonst ware es nicht möglïch, daB sich die Schweizer so leicht aus ihnen loslösen und teils zu den Franzosen übergehen, teils heimkehren konnten. Des ist auch Jansen entgegenzuhalten, der sagt, Maximilian habe die deutschen Landsleute als eine nationale Truppe von den Schweizer Eidgenossen getrennt12. De Gründe für den Abzug der Schweizer aus dem Heere Maximilians haben wir wohl zunachst darin zu suchen, daB die Obrigkeit einen gewissen Druck auf sie ausübte und ihnen den Befehl zur Heimkehr gab. Auch eine Bestechung durch Karl VIII. von Frankreich, der ein Interesse daran hatte, seinen Gegner der besten Truppen zu berauben, hat stattgefunden; denn er selbst schreibt den Schweizern, er habe den Knechten, die in Flandern gegen ihn gewesen, 12. S. 139.  — 166 — Geschenke und Gnaden verlichten, aber sie hatten, wiewöhl sie zugesagt hatten, zu ihm zu kommen, es doch nicht gehalten. Auch der Berner Chronist Anselm sagt, sie seien von den Franzosen durch Geschenke und Geld bestochen worden13. Und endlich kann eine gewisse UnregelmaBigkeit in der Bezahlung des Soldes nicht in Abrede gestellt werden, was auch aus dem Briefe Maximilians unzweifelhaft hervorgeht und auch von Molinet, dem burgundisehen Hothistoriographen, nicht ganz verdeckt werden kann. Sollten aber nicht Molinet und die anderen Chronisten, wie wahrscheinlich die meisten Autoren, die vorher von Landsknechten sprachen, diesen Namen in eine frühere Zett hineinversetzt haben? Das ist nicht nötig anzunehmen, denn für dasselbe Jahr ist der Name Landsknecht,für ein oberdeutschtes FuBvolk zum erstenmal urkundlich überliefert. Auf dem Tage zu Zürich, am 9. Oktober 1486, beschweren sich die Eidgenossen „über die Schimpfreden des Gachuff und seine fortwahrenden Anwerbungen eidgenossischer Knechte" . . . „So soll derselbe unter anderem auch geauBert haben, er Wolle die schwabischen und andere Landsknechte dermaBen ausrüsten und unterrichten, daB einer derselben mehr wert sei als zwei Eidgenossen1*. Die Stelle, die mir Herr Staatsarchivar Fr. Hegi freundlicherweise aus dem StaatsarChiv des Kantons Zürich mitteilte, heiBt wortlich- ,Züdem ich anbracht, wie der selb Gachuff allerley smachiicher worten wider Uns Eydtgnossen bruche und rede, das er die s ch w & b i s c h e n oder annder Landtskn echte zürusten und underrichten welle, das einer der unnsern zweyer wart sye. Das sol yeder bott züsamyst sinem schedlichen bruch, den er mit stater hinffirung unnster knechten geübt hat, heimbringen und uff berürten tag annt- 13. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 253. (Abschied von Zürich vom 2. November 1486.) Anselm Bd. 1 S. 284. 14. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S, 250.  — 167 — wort geben und gehanndellt werden als die notdurfft mercklich hoeischt." Leider wurde, wie mir mitgeteilt wird, die Sache auf den Tagungen der EidgenossensChaft nicht mehr zur Sprache gebracht. Aus dieser urkundlichen Nachricht geht hervor, daB der Ritter Konrad Gachuff von KeBwil, der aus einem an die Schweiz grenzenden Gebiete stammt, auch hier wieder, wie schon früher nachgewiesen werden konnte, Schweizer Söldner in seine Dienste zu ziehen sucht. Wie gezeigt wurde, gaben sich die Schweizer auch schon vorher alle Mühe, den Zulauf ihrer Leute zu Gachuff zu verhindern. Auch hier, im Jahre 1486, suChen sie ihre Knechte im Lande zu behalten. Nun wurde von mir nachgewiesen, daBi in den Niederlanden neben den Schweizern viele Tausende von Knechten aus schwabischen und überhaupt oberdeutschen Landen fechten, die die Schweizer Eigenart bezüglich der Bewaffnung und Taktik völlig angenommen haben. Wenn auch ihre Tüchtigkeit noch nicht der der Schweizer gleichzusetzen ist, so treten sie doch schon als ihre Konkurrenten auf. Des hat auch Gachuff erkannt, der sicherlich viele jener Schweizer und oberdeutschen Knechte Maximilian zugeführt hat. So halt er sich auch noch im Jahre 1486 vor allem an die Schweizer Söldner, weil sie im Kriege erprobt waren und über einen groBen Kriegsruhm verfügten. Als aber die Eidgenossen ihm keine Knechte zulaufen lassen wollen, da macht er sie darauf aufmerksam, dafi man nicht mehr auf sie allein angewiesen sei, denn er könne in ihrer Nachbarschaft, in schwabischen und anderen Landen, viele Knechte finden, die er so ausrüsten und unterrichten wolle, daB einer derselben mehr wert sei als zwei Eidgenossen. Diese letztere Angabe ist wohl übertrieben; denn noch sind die oberdeutschen Landsknechte nicht so ausgebildet und geübt wie die Schweizer, noch verfugen sie nicht über den Kriegsruhm wie ihre Lehrmeister, und der Schweizerkrieg  — 168 — im Jahre 1409 zeigt deutlich, wie wenig die schwabischen und überhaupt die oberdeutschen Landsknechte den Schweizern gewachsen waren. Immerhin zeigt die Aufriahme, die jene AeuBerung Gachuffs bei den Eidgenossen findet, deutlich, wie sehr diese die Konkurrenz der oberdeutschen Landsknechte damals fürchteten, da sie jene Rede Qachuffs als „smachlicher worteti" bezeichhen. J. Hane15 schlieBt aus dieser Stelle, es mache den Eindruck, als ob die Behörden in der Schweiz eifrig bestrebt gewesen seien, die Kunst des UnterriChts im Lande zu behalten. Das sei ein Grund für die vielen Reislaufverbote dieser Zeiten gewesen, die fredlich so gut wie nichts fruchteten. Er meint auch, es sei grofie Uebung dazu nötig, mit dem SpieB. und der Hellebarde zu hantieren und die Situation im rechten Augenblick zu erfassen. Nach Hane ist es sicher, daB sehr vieles von der Kriegsausbildung der Landsknechte, wie wir sie in dem Kriegsbüche des Leonard Fronsberger vom Jahre 1555 finden, im 15. Jahrhundert der schweizeïischen jungen Mannschaft gelehrt wurde. DaB, sich keine Instruktionen in den Archiven finden, kommt nach Hane daher, daB sie den Zünften, Vogteien und Gemeinden überlassen wurden. Ein Beweis für diese Vorstellung ist nicht geführt, und innere Wahrschemh'cbJceit kann ich ihr auch nicht zuspreehen. Ich glaube nicht, daB wir unter dem „Unterrichten", von dem Gachuff hier spricht, ein regelrechtes Einexerzieren dieser schwabischen und oberdeutschen Landsknechte zu verstenen haben. Aus Deutschland lassen sich kaum Belege dafür anführen. Wir haben nur ein Beispiel finden können: lm Jahlre 1479 wird in Nürnberg von einigen Schweizern das Fechten mit SpieBen gelehrt. Hobohm, einer der besten Kenner des Heerwesens der Renaissance, widerlegt endgültig die Ansicht MachiaVellis und 15. Zum Wehr- und Kriegswesen in der Blütezeit der alten Eidgenossenschaft. Zürich 1900 S. 8 ff.  — 171 — andere Quellen berichten, wirkhch diesen Namen geführt haben, und daB derselbe nicht, wie wir vordem annehmen muBten, vielleicht aus einer spateren Zeit in eine frühere übemommen worden ist. Maximilian ist somit der erste Heerführer, von dem wir mit Bestimmtheft behaupten können, daB er Landsknechte unter diesem Namen in seinem Dienst gehabt hat. In dem Kriege, den Maximilian im Jahre 1486 gegen Frankreich führt, bilden diese Schweizer und Landsknechte den Hauptbestandteil seines Heeres. Auch die Niederlande stellen, abgesehen von zahïreichen Qeldmitteln21, manche Truppen. Besonders die Pikarden und Hennegauer werden erwahnt, sOdann 400 Englander22. Die Gesamtstarke des Heeres wird von Molinet etnnial auf 14 000—15 000 Mann angegeben23. Wir brauchen auf die Kriegsereignisse dieses Jahres nicht naher einzugehen, da es nicht zu gröBeren Schlachten kömmt. Wir erwahnen nur einen Aufstand der deutschen Söldner in Brüssel, da wir dabei wieder eine Ordnung erwahnt finden und wir zugleich Blicke werfen können in das bunte und wilde Leben der Söldner damaliger Zeit. Im August 1486 ziehen der Kaiser, Maximilian und Erzherzog Philipp in Brüssel ein. Dort erhebt sich ein Auflauf zwischen den Bürgern und deutschen Kriegsknechten, deren Zahl von der „Histoire des Pays Bas" auf 1500 bis 1600 angegeben wird24. „Die Bürger wurden vom Rat zeitlich getaubet (beschwichtigt), aber die Deutschen machten eine Ordnung und zogen mit hellen Haufen vor das Rathaus, wo der Kaiser, Maximilian und Erzherzog Philipp mit den Fürsten zur Tafel saBen. Dort fanden die Knechte 21. Devilfers, Inventaire. Anhang S. CII; Gilliodts S. 270 f. Diegeridk, Inventaire. S. 121—124. 22. Molinet Bd. 3 S. 87, 122. 23. Bd. 3 S. 122. 24. S. 714.  — 172 — auf Wagen etfiche FaB Wein, die der Rat dem Kaiser an demJselben Tage gescheukt hatte. Sie legten ihre Waffen nieder und lieBen ihren Zorn an diesem Wein aus, von welchem sie auch nicht ablieften, bis alle Fasser rein ausgezechet waren und man öffentlich sahe, was die versoffenen Teutschen vor durstige Lebern hatten25." Dieser Bericht wirft ein helles Licht auf den Charakter der Landsknechte in den Niederlanden, von deren Neigung zum Alkohol wir in spaterer Zeit sehr viel hören. Der Schweizer Chronist Anselm, der viel urkundliches Material in seiner Chronik verarbeitet, sagt, um das Jahr 1492 hatten fremde, mutwillige ReiBer böse Sitten und Laster in die „fromme und schlechte" Eidgenossenschaft gebracht. Zu dieser Zeit habe das „niederlandisch, lanzjcnechtisch, ja süwisch" Zutrinken in der EidgenossenscWaft angefangen und lasterlich iïberhand genommen26. Auch in diesem Jahre können wir wiederum feststellen, daB Ritter von dem Pferde steigen. Der Herr von Montigny zieht mit „abenteuerlichen Gesellen bis zu 150 Lanzen und 800 FuBiknediten" nach St. Quentin. „La compagnie de chevat . . . desCendirent a pied cuidans avoir sequelle de piétons27." Für das folgende Jahr (1487) können wir aus zeitgenössischen Quellen nicht nachweisen, daB oberdeutsche Söldner unter der Bezeichnung Landsknechte sich in Maximilians Heere befinden. Aber es ist sicher, daB viele solcher FuBknechtscharen im Dienste des Königs gewesen sind. Es ist keine Abnahme zu verzeichnen, vielmehr scheint ihre Zahl, obwohl im Jahre vorher jene 3000 Schweizer Maximilian verlassen hatten, sogar gestiegen zu Sein. Neue Söldnerbanden werden in Sold genommen28. Ueber ihre Zahl 25. J. J. Muller, Reichstheatrum unter Maximilian I. Bd. 1. Jena 1718 S. 46. 26. Anselm ,Bd. 1 S. 414—415. 27. Molinet Bd. 3 S. 127—128. 28. Vgl. Fr. v. Mülinen, Geschichte der Schweizer Söldner bis zur EiTkhtung der ersten Garde 1497. Bern 1887 S. 117.  — 173 — und ihre Verwendung in der Schlacht erfahren wir von Molinet Naheres. Am Anfang des Jahres rückt Maximilian zum Entsatz der von den Franzosen belagerten Stadt Therouanne mit mehr als 7000 — 8000 deutschen FuBknechten, 3000 — 4000Flamenundl600Rittern heran. Hundert mit Lebensmitteln beladene Wagen begleiten das Heer. Der König ordnet seine Kompagnien29, eine groBe Zahl von Schützen wird auf die Flügel verteilt. Aber die Franzosen wagen es nicht, die Ankunft Maximilians zu erwarten und es auf einen Kampf ankommen zu lassen. So verproviantiert Maximilian ungehindert die Stadt30. Einige Zeit spater zieht das Heer Maximilians abermals vör Therouanne, um es zu verproviantieren. Am 17. Juni bricht der Graf van Nassau mit 530 FuBknechten „alle te voed, pijken, calveneren ende ardchiers" und 60 Reitern von Brügge auf, um zu dem Haupttrupp unter Philipp von Cleve zu stoBien31. Sie ziehen nun mit dem Herzog Karl von Geldern und dem Grafen Friedrich von Zollern, mit 200 anderen Reitern und einer „groBen und tapferen" Bande von Deutschen, deren Zahl Molinet spater auf 2000 angibt, und mit 700—800 Flamen nach Therouanne. Als man hört, daB in der Umgegend der Stadt sich Franzosen aufhalten, wird eine Ordnung gemacht. „Philipp ordnete die Schlachthaufen (batailles) nach dem Rat der Fürsten, q u i tous se mirent a pied, chacun une picque en la ma in, und sie lieBen ihre Pferde den Pagen weit hinter sich, damit sie keine Hoffnung hatten ohne den Sieg. Sie umgaben sich mit ihren Wagen (se cloyrent de leur charroy), steilten 3 Feldschlangen in die Front und 3 an das Ende, 29. Von einer „bon ordre" spricht auch die Histoire des PaysBas S. 716. 30. Molinet Bd. 3 S. 133, 138 f. 31. C. Carton, Boek van all't gene datter geschiedt is binnen Brugghe sichtent jaer 1477 tot 1491. Gent 1859 S. 157—158.  -u. 180 — Welche auch nach deren Tode den Lancaster verfeindet blieb, nimmt ihn in ihren Dienst. So zieht er mit Johin de la Pöle, dem Grafen von Linkotn, nach Irland. In der Kathedrale von Dublin wird der falsche Richard York (Lambert Simnel) zum König gekrönt. Das Heer wird durch zahlreichen Zuzüg der Iren versterkt. Unter der Führung des Oraïen von Linkom landet es an der Westküste von Lancashire. Aber man findet in England wenig Anhang. Es kommt zwischen den Aufstandischen und dem Heere König HeinrichsVIL bei Stoke am Trent, unweit Nottingham, zu einem heftigen Kampf. Den Kern des Heeres der Aufstandischen bilden die von Martin Schwarz herbeigeführten deutschen FuBknechte. Ihre Zahl betrug nach den englischen Quellen ungefahr 2000 Deutsche10. Nach Molinet waren es nur „1500 bis 1600 Allemands"11. Ein anderer Zeitgenosse, Jean Surquet, gibt übertriebene Zahlen an: 25000 Deutsche und Schweizer12. Für uns ist diese Angabe deshalb wichtig, weil hiernach sich auch Schweizer in der Bande Schwarz' befunden haben. Des ist auch anzunehmen, denn bisher haben wir Martin Schwarz als Schweizer Söldnerführer 10 Polydorus Virgilius, De rebus Anghcis, herausgegeben von Thysius. Leyden 1651 S. 727. VirgiUus ist die Hauptquellè für unsere Schlacht. Um 1470 zu Urbin in Italien geboren, lept er im Beginn des 16. Jahrhunderts in England und wird Erzdiakon in Wells Er wird von Heinrich VII. an den Hof gezogen und steht auch in groBer Gunst bei Heinrich VIII. Im Auftrag des Bischofs von Winchester, Richard Fox, schreibt er seine englische Geschichte und hat dabei Zutritt zu allen Archiven. Sein Werk wird 1534 gedruckt. Von ihm ist abhangig sein Zeitgenosse Ed. Hall, Chronicle London 18G9 S. 433 ff. 11. Auch Molinet, Bd. 3 S. 153-156, gibt über diese Schlacht interessante Details. Als burgundischer Hofhistoriograph hatte er gute Quellen zu seiner Verfügung; dazu konnte er sich von Teilnehmern von dieser Schlacht berichten lassen. 12. Mémoires; im Corpus chron. Flandiae, herausgegeben von J. de Smet. Bd. 4. Brüssel 1865. S. 508.  — 181 — kennen gelermt. Auch nach Anselm befinden sich in der Bande, die er nach 'England führt, „vil von Eidgenossen"13. Hier also haben wir es mit schweizerischen und deutschen Söldnern zu tun, und das ist auch jenen Forschern entgegenzuhalten, die sagen, Schwarz habe nur deutsche Landsknechte gehabt14! In den-Quellen kommt der Name nicht vor. So berichtet auch der neueste Forscher, Fisher15, von „2000 deutschen Veteranen". Ueber die Bewaffnung dieser FuBknechte hören wir nichts Naheres. Da sich aber viele Schweizer unter ihnen befinden und überdies in den Niederlanden zu jener Zeit bei dem deutschen FuBvolk der SpieB überwiegend vorkommt, so können wir auch hier mit einiger Sicherheit annehmen, daB der SpieB von den meisten FuBknechten geführt wurde. Scfrützwaffen scheinen sie nicht viele getragen zu haben, denn Molinet sagt. „Besonders die Deutschen, die nur halb bewaffnet waren", woraus wohl zu schlieBen ist, daB sie höchstens den Brustpanzer trugen16. Hierauf führt es Molinet auch zurück, daB die deutschen Söldner bei aller ihrer Tapferkeit so wenig gegen die englischen Schützen ausrichten konnten und niedergeschossen und vernichtet wurden. Zu diesen 2000 deutschen FuBknechten kommen noch die Iren und die wenigen Verstarkungen, die sich in England selbst den Aufrührern anschlieBen. Ihre Gesamtzahl kann nicht viel gröBer als 6000 Mann gewesen sein17. Die 13. Bd. 1 B. 284. 14. R. Pauli, Gesch. von England Bd. 5. Gotha 1858. S. 538 ff.; Münch Bd.1 S. 51. 15. The history of England from the accession of Henry VII. to the death of Henry VIII. 1485—1547. London 1906 S. 17. Fisher gibt eine ziemlich eingehende Darstellung von dieser Schlacht. 16. Vgl. Hobohm Bd. 2 S.424, 17. Molinet gibt die Zahl des Gesamtheeres der Rebellen auf 8000 Mann an, ziehen wir von diesen die 1600 Deutschen ab, so bleiben für die anderen nur 6400 übrig.  — 182 — Bewaffnung der Iren besteht iin Wurfspeeren und kurzen Sehwerteru (darts and sceans18). Sie tragen scheinbar überhaupt keine Schutzwaffen, denn Virgilius berichtet19: „Die Iren, da sie nach Vatersjtte nullis armis corpora tecta haberent." Im ganzen belief sich also das Heer der Rebellen auf 8000 Mann. A|uf der anderen Seite sind wir über die Starke des Heeres HeinriChs VII. weniger gut orientiert. Wenn wir die Zahlen, die Molinet angibt, addieren, so würden wir auf eine Gesamtstarke von mindestens 38 000 Mann kommen. Ein anderer Zeitgenosse, Albert Krantz20, sagt sogar, König Heinridh habe 40 000 Mann bei sich gehabt. Natürlich sind diese Zahlen übertrieben. Sicher ist, daB das Heer der Englander an Zahl weit überlegen war, was auch aus den englischen Quellen hervörgeht. Nach Rapin21 soll allein die Zahl der Truppen, die in der ersten Schlachtreihe fochten, 6000 Mann betragen haben. Das Heer der Englander besteht meist aus Bogenschützen22, deren Tüchtigkeit zu jener Zeit bekannt war, und die, wie wir gesehen haben, auch vön Maximilian gern angeworben wurden. Neben diesen Schützen nehmen auch viele englische Ritter an der Schlacht teil. Molinet gibt schon allein die Zahl der Ritter in der Vorhut auf 3400 an; dazu kommen noch viele Ritter, die in dem Gewalthaufen (grand bataille) mit dem König standen. Auf der einen Seite also haben wir ein FuBvolk, das nur 18. Fisher S. 17. 19. S. 729; Hall S. 434/5. 20. Saxonia. Cöln 1520 L. 13 Kap. 6. 21. M. Rapin de Thoyras, Histoire de l'Angleterre Bd. 4. Haag 1724 S. 415. 22. Das geht aus der Schilderung der Schlacht, wie sie Molinet und Virgilius geben, deutlich hervor. Man vergl. auch Anselm Bd. 1 S. 284, wo es heiBt, Martin Schwarz sei von vielen Pfeilen getroffen worden.  183 Waffen tragt, die für den Nahkampf berechnet sind, SpieB und Wurfspeer, den wir vielleicht auch dazu rechnen können, wahrend auf der anderen Seite die Fern- und SchuBwaffen überwiegen. Damit gewinnen wir festere Anhaltspunkte über den wahrscheinlichen Verlauf der Schlacht. Gerade weil sich alle Forscher nicht die Frage nach der Bewaffnung der beiden Heere vorgelegt haben, so sind ihre Schilderungen über den Verlauf der Schlacht nicht ausreichend. Auf zweierlei Art und Weise kann sich nur die Schlacht abgespielt haben: verhalten sich die Rebellen nur defensiv, so ist es ihnen wohl möglich, die englischen Ritter abzuwehren, aber sObald es dem Feinde gelingt, die Schützen an die Rebellen heranzubringen, so sind sie vernichtet. Dafür ist die SchlaCht bei Falkirk im Jahre 1298 der beste Beweis, in der Eduard I. von England auf diese Weise die schottischen SpieBer vernichtete. Die Rebellen können also nur einigen Erfölg haben, wenn sie, wie die Athener bei Marathon, die Defensive mit der Offensive verbinden und zur gegebenen Zeit in die feindlichen Reihen eindringen. Wenn wir mit diesen Gesichtspunkten an die Quellen herantreten, sü wird es uns möglich sein, aus den widersprechenden Angaben ein klares Bild zu gewinnen. Alm 15. Juni sind die Rebellen mit ihrem Heere bis nahe an das kleine Dorf Stoke gekommen. Sie biwakieren nahe bei dem Orte auf dem Abhange eines Hügels23. In der Ebene vor. ihnen können sie die lange Linie der HeerstraBe sehen, die nordöstlich nach New'ark lauft. Zwischen 23. Bernardus Andreas, Historia regis Henrici VII. Herausgegeben v. J. Gairdner, London 1858 S. 52, sagt: „Illique supercilio montis instructi". Bernardus ist Italiener. Er lehrt an der Schule von Oxford und wird als poeta laureatus an den Hof Heinrichs VII. oft herangezogen; er erhalt auch von diesem eine jahrlichc Pension. Da er zudem mit der Biographie Heinr. VII. schon im Jahre 1500 beginnt, so kann er gut orientjert sein.  — 184 — ihnen und der alten rötnischen HeerstraBe liegt das englische Heer24. Am folgenden Tage kommt es zur Schlacht. Die Rebellen werden auf dem Gipfel des Hügels25 in einem tiefen Haufen26, den. nach Ware27 Martin Schwarz ordnet, aufgesteltt, und zwar stenen die „Deutschen, abgehartete Menschen und geübt in den Waffen, in der ersten Schlachtreihe (in prima acie)"28. Ueber die Aufstellung des ertglischen Heeres haben wir zwei widersprechende Berichte. Molinet berichtet, wohl in Anlehnung an die niederlandischen Verhaltnisse, von einer Dreiteilung des Heeres in Vorhut, Gewalthaufen und Nachhut. Nach ihm besteht der rechte Flügel der Vorhut aus 2000, der linke aus 1400 Reitern. Der Gewalthaufen, in dem sich König Heinrich mit vielen Fürsten und Rittern befindet, ist 20 000 Mann stark. De Nachhut bilden 14 000—15 000 Mann. Natürlich ist es unmöglich, aus einem Heere, wie dem englischen, einen tiefen Gewalthaufen zu büden, da so die vielen englischen Bogenschützen kaum zur rechten Verwendung gek om men waren. Diese können nur wirksam von ihrer Waffe Gebrauch machen, wenn sie in breiter Front fechten können und heien Spielraum haben. Virgilius sagt29, das englische Heer sei in drei Teile geteilt worden: „In triplici instructa acie" zieht der Könignach Stoke. Etwas Spater berichtet er: „De erste Schlachtreihe (acies), die bei weitem geschlossenste und festeste war es, welche allein die Schlacht begann und aushielt." Diese erste Schlacht- 24. Virgilius S. 728; Hall S. 434ff.; Fisher S. 17. 25. Bernardus S. 52. 26. Molinet Bd. 3. S. 155: Mais la bataille du roi Edouard estoit en une masse. 27. Annales. London 1658 S. 12: In Stoke ubi comes suos satis animose Swarti directione duxit. 28. Virgilius S. 729. 29. S. 728. Vgl. auch Hall S. 434 ff.: Der König teilte sein Heer in drei Teile, die in guter Ordnung auf Stoke losmarschierten.  — 204 — Meister und Gesellen, im April, und im Juli ein „pheylschiffter" van Sterzing mit 24 Gesellen ins Feld ziehen. Melchior Pheilschlmid stellt für die Truppen SpieBe und Lanzen her und bekornmt dafür 47 Gulden ausbezahlt; der „Hofsattler" Konrad Hanns erhatt „für etliehe Köcher" 14 Gulden. Daneben lesen wir, daB ganze Wagen mit Harnischen „rughk" und „krebs", Harnischteilen zur Bedeckung des Rüdkens und der Brust für das FuBvolk, oder mit „panzer" und „goller" ins Feld geschickt wurden, sowie ein „plattner" zur Herstellung von Plattenpanzern Auftrage erhielt32. Hieraus ist zu sehen, daB eine groBe Anzahl von FuBknechten mit SpieBen versehen gewesen sein muB, vor allem, wenn man in Betracht zieht, daB jene für das FuBvolk bestimmten Schutzwaffen für Truppen bestimmt sein muBten, die blanke Waffen trugen. Daraus, daB so viele Schutzwaffen ins Feld geliefert werden mufften, kann man vielleicht den SchluB ziehen, daB jene FuBknechte und Söldner kaum Schutzwaffen trugen, wenn sich auch viele Doppelsöldner unter ihnen befunden haben, die gut bewaffnet waren. Das ersehen wir auch aus Bebel, der von den „nackten Spieflknechten" der Tiroler spricht im Gegensatz zu den schwergewaffheten veinezianischen Reitern33. Nur ist dabei zu bedenken, daB nach Hobohm34 Ausdrücke wie „nackend", „nudati", „tout mus" nicht notwendig auf das Fehlen selbst des Bruststückes ausgelegt zu werden brauchen; der Mangel an Deckung blieb auch mit ihm noch groB. Aus der obigen Angabe Bebels können wir auch erSchlieBen, daB der SpieB die Hauptwaffe der Tiroler gewesen sein muB. An einer anderen Stelle spricht er von den Tirolern „nudis lancea tantum instructis miütibüs". 32. Wotschitzky 6. 12/13. 33. Heinriclis Bebelius, Epitoma laudum Suevorum. Abgedr. in M. Ooldhastus, Rerum Qermanicarum scriptores. Uhn 1727 S. \% Bebel schreibt im Jahre 1504. 34. Bd. 2 S. 424.  205 Ebenso schildert Wenger in seiner Darstellung der Schlacht bei Calliano, wie der Deutsche auf die Pferde die SpieBe richtet und sie durdibohrt, wie die „Tridentiina militum cohors arma movet, spicula mittit, lanceas in hostem et cuspides procusos dirigit", und wie Friedrich Rappier auf seine Leute einspricht „quorum hasta nunquam est aversa"35. Auch der LangspieB scheint schon im Heere verbreitet gewesen zu sein, denn, wie oben erwahnt, stellen sich nach dem Bericht der Züricher Hauptleute an ihre Vaterstadt Herr Ulrich von Sax und Melchior von Landenberg „mit einem langen Spie B" vor die Ordnung. Es unterliegt somit keinem Zweifel, daB die FuBknechte sich m diesem Feldzuge hauptsachlic'h des SpieBes bedienten. Dem widersprechen auch nicht jene Angaben Wotschitzkys; denn SchuBwaffen haben die Landsknechte immer getragen, allerdings nur in geringer Anzahl. Immerhin mag zugestanden werden, daB in diesem Feldzuge noch die SchuBwaffen eine gröBere Rolle spielten. So schickte z. B. am 31. Juli die Stadt Hall 20 und am 2. August 34 trefflich gerüstete Büchsenschützen ins Feld36. Ebenfalls hören wir von dem Venezianer Bembus, daB das kleinere Feuergewehr bei der Belagerung von Roveredo im Jahre 1487 angewandt wurde und solche Wirkung tat, daB die Venezianer, die es noch nicht kannten, mit der gröBten Sorgfalt ihre Truppen darin zu unterrichten sich bemühten37. Der Bewaffnung der FuBknechte entspricht auch die Taktik. In diesem Feldzuge sehen wir es deutlich, daB bei dem deutschen FuBvolk der taktische Körper zusammengestellt wird. Wir können dafür einen ausgezeichneten Beleg aus jenem Briefe der Züricher Hauptleute an ihre Oberen 35. Wenger S. 218. 36. M. Straganz, Hall in Tirol Bd. 1. Innsbruck 1903 S. 129. 37. Bembus S. 29—30; vgl. auch S. 5. Primisser S. 121. J. Egger, Geschichte Tirols Bd. 1. Innsbruck 1872 S. 645.  — 206 — anführen: Auf St. Johanin.is abends (am 24. Juni) hören die Züricher im Lager von Rioveredo, daB die Venezianer sich erhoben hatten und gegen sie zögen. Sie brechen mit 350 und sonst mit ca. 40 von der Eidgenossenschaft auf, um die Feinde anzugreifen. Ein Trupp von 20 Mann wird zur Beobachtung des Gegners vorausgeschickt. Dem Ober• befehlshaber Gaudenz v. Matsch wird nach Roveredto Nachricht gesamdt, dafi jedermann - ruhig sei, bis man Naheres über den Gegner in Erfahrung gebracht habe. „Nichtsdestoweniger erhob sich der von Matsch in eigener Person, desgleichen Herr Detrich von Blumeneck mit den Knechten von den 4 Stadten am Rhein und vom Schwarzwald, dero bei 800 sind, die Lanzknecht und menniglich in schneller Eil, zugen ze uns so trostlich in jd-a-s Feld in guter ordnung, daB( wir daran ein gefallen empf Lengen." Als man hört, daB die Feinde sich ruhig verhalten, zieht man ins Lager zurück38. DaB hier unter der Ordnung nicht eine gewöhnliche Marschordnung verstanden werden kann, ist als sicher anzunehmen, da sich der Feind in unmittelbarer Nahe befindet. Wenn aber deutsche FuBknechte so zuversichtlich und in so guter Ordnung in das Feld ziehen, daB sie selbst den Schweizern, deren Kohkurrenten sie jetzt schon sind, Gefallen und Bewunderung abnötigen, so geht daraus sicherlich hervor, daB die Landsknechte hier schon einen gewissen Grad der Ausbildung erreicht und sich an Ordnung und Dsziplin, die zum taktischen Körper gehören, gewöhnt haben. Ebenso können wir bei der Schlacht von Calliano feststellen, daB das deutsche FuBvolk im taktischen Körper kampft. Bembus berichtet, wie die Venezianer geschlagen werden, „urgentibus Germanis cum suorum globo", sodann wie Guidus Maria Rubius mit seiner 38. Schweiz. Mus. S. 691.  — 207 — Schwadron sich „per medios hostium cuneos" den Weg bahnt39. Von demselben Rubius berichtet ein anderer Zeitgenosse, er habe, als die Deutschen nach der Besiegung der Venezianer schon aus der Ordnung herausgegangen waren und den Feind verfolgten, bewirkt, dafi sie in die Schlacht zurückkehrten. „AJber jener neue Versuch war diesen nicht glücklicher, Caesus, disjectusque passim globus Veneto equitatui cessit40." Und endlich berichtet Wenger, wie die „a g m i n a" auf beiden Seiten nach langem, heiBem Kampfe ausruhen wollen; und etwas spater sagt er: „O inclyte Roberte, qui, ut aiunt, post multam militiam actam per tempora cupieras Germaniam militiam in suo ordine etiam agnosdere41." Somit glauben wir festgestellt zu haben, daB, sowohl die Landsknechte, wie audh die übrigen FuBtruppen Sigmunds in diesem Jahre im taktischen Körper fechten und gute Ordnung halten und in dieser Ordnung ihre Erfolge im Kampfe erringen. Bevor wir uns nun der Betrachtung des venezianischen Heeres zuwenden und auf den Feldzug selbst eingehen, halten wir es für notwendig, das Verhaltnis der Landsknechte zu den Schweizern haher zu erlautern, da uns hierüber der Brief der Züricher Hauptleute an ihre Oberen Interessantes berichtet. Wir haben schon bei der Betrachtung der Burgunderkriege darauf hingewiesen, wie hochmütig zu jener ZeitA die Schweizer Knechte die deutschen behandelten, wie sie überall den Löwenanteil an der Beute für sich in Anspruch nahmen, so daB bittere Klagen gegen dieses arrogante Benehmen der Schweizer immer wieder laut wurden. Dieses Verhaltnis andert sich im Laufe der Zeit. Man hat die 39. Bembus S. 15/16. 40. Sabellicus S. 169/170. 41. Wenger S. 219.  — 208 — Schweizer nicht mehr so unumgahglidh nötig. Es hat sich jetzt ein FuBvolk ausgebildet, das die Schweizer zu verdrangen slicht und sie entbehrlich macht, wie wir es schon aus jener AeuBerung Konrad Gachuffs entnommen haben, der im Jahre 1486, als man ihm keine Söldner geben wollte, den Eidgenossen einfach sagte, daB er die schwabischen und andere Landsknechte zurüsten und unterrichten wolle, daB einer derselben soviel wert sei wie zwei Schweizer. Und diese AeuBerung nannten die Schweizer damals „schmahliche Worte". Hier in unserem Feldzug haben die Landsknechte, wie wir sehen, einen gewissen AbschluB in ihrer Entwicklung erreicht. Sie tragen den SpieB ebensogut wie die Schweizer, sie rücken in so guter Ordnung und so zuversichtlich in das Feld, daB selbst die Eidgenossen daran Gefallen haben. Es laBt sich begreifen, daB sich da auch ein gewisses Korpsgefühl und SelbstbewuBtsein bei den Landsknechten entwickeln muBte. Dieses kommt zum Ausdruck besonders den Schweizern gegenüber, in denen sie ihre Konkurrenten sehen muBten. Und sio hat sich jetzt das Verhaltnis umgedreht. Jetzt sind die Schweizer die Angegriffenen, jetzt schreiben sie an ihre Oberen: „Wir haben bisher nach Gestalt und viel gebrauchter Red nicht allen unseren Freunden trauen dürfen, sondern die zuweilen mehr fürchten müssen als die Feinde." Etwas spater lesen wir in demselben Briefe, daBi sich auf dem St. Johannistag (am 24. Juni) ein merklicher Aufruhr unter den Landsknechten und anderen Leuten Erzherzog Sigmunds — ihre Zahl kann nicht gering gewesen sein, denn nachher werden 100 gefangen gesetzt — erhebt. Sie erstechen zum mindesten fünf Mann, „daB sie.nicht anders wüBten, denn es ginge über uns" (die Schweizer). Jene Landsknechte glaubten also, sie hatten es nicht mit den Ihrigen, sondern mit Eidgenossen zu tun. Deshalb wollen die Schweizer aus dem Feld ziehen. Sie gehen zu dem Hauptmann Gaudenz v. Matsch und erklaren, weil sie  — 200 — taglich so „unehrliche Red", die wider sie gebraucht würde, hören und erwarten muBten, daB man sie ersteche, wie man es ihnen schon angedroht habe, so baten sie, daB man ihnen Urlaub gabe, da es schwer sein würde, diese Mifistahde abzustellen. Vor versammelten Hauptleuten und Raten wollten sie am anderen Tage darlegen, daB sie nicht um kleiner, sondern um groBer Ursachen willen abziehen wollten42. Hieraus ist deutlich zu ersehen, wie groB der HaB der Landsknechte gegen die Schweizer ist; und den Grund dafür haben wir wohl im Brotneid zu suchen. Daher hat auch Rose unrecht, wenn er sagt, erst im Schwabenkriege (1499) sei die zwischen Schweizern und deutschen Landsknechten herrschende Todfeindschaft offen zum Ausbruch gekommen43. Nachdem wir uns so die Starke und Organisation des Heeres Sigmunds klargemadit und festgestellt haben, daB in ihm Schwdzer-Bewaffnung und -Taktik angewandt wurde, gehen wir nun kurz auf das venetianische Heer ein. Es ist klar, daB die Nachricht von dem plötzlichen Einfall des Tiroler Heeres Schrecken und Bestürzung hervorrufen mufite, .selbst in einer so machtigen Stadt wie Venedig. Kannte man doch auch hier den Kriegsruhm der deutschen und Tiroler Söldner, die man selbst immer gem in Dienst genommen hatte, und auch die Absage der sieggewohnten Schweizer wird noch zur VergröBerung des Schreckens beigetragen haben. Ueber all die Vorbereitungen zum Kriege, die nun eilends von der Republik getroffen werden, gibt uns der Zeitgenosse Marino Sanuto ein anschauliches Bild, und er schlieBt seinen Bericht mit den Worten: „So hatte man groBe Furcht über diesen plötzlichen Krieg und die gefahrliche Ankunft des Herzogs von Oesterreich, ohne Grund." 42. Schweizer Museum 1785 S. 690/692. 43. Rose S. 87.  — 210 — Ein groBes Heer, dessen Starke Wenger auf 10 000 Mann angibt, wird ins Feld gestellt. Diese Zahl ist zutreffemi denn auch der Venezianer Sabellicus spricht von 40 Reiterschwadronen und 5000 FuBknechten. Hieraus ersehen wir auch, daB die Hauptstarke der Venezianer in der Reiterei besteht44. Diese italienischen Condottieren, deren Hauptanführar Severin ist, treten in diesem Kriég zum erstenmal scheinbar gegen die neue Infanterie der Schweizer und Deutschen auf, denn Wenger legt Severin die Worte in den Mund, er wolle „Germaniam militiam in suo ordine etiam agnoscere". Aber es ist auch das letztemal, daB, die Condottieren in Italien zu gröBeren Entscheidungen herangezogen werden; denn mit dem Sieg der deutschen FuBknechte undrflër Tiroler Landwehr bei Calliano ist ihr Schicksal besiegelt. Sie verschwinden von da ab von dem Kriegs&chauplatz, und an ihre Stelle tritt der Landsknecht und' überhaupt die neue Infanterie, die in diesem Kriege ihre Tüchtigkeit schon hinreichend an den Tag legt. Hier im Feldzuge v:r 1 ) wir noch fest- stellen, daB die Condottieren an ihrer alten Taktik festhalten. Sie sind darauf bedacht, die Vorteile im Gelande geschickt auszunutzen45 und So dem Gegner einen Vorteil abzugewinnen. Es fehlt ihnen nicht an Mut, den Gegner anzugreifen, wie es Primisser annimmt46; und daraus ihre Vorsicht erklaren zu wollen, daB sie dem tirolischen Kriegsheer nicht trauten47, ist nicht ganz zutreffend, wenn auCh anzunehmen ist, daB sie erst diesen neuen Gegner kennen lemen wollten. Es lag eben ganz in ihrer gewohnten Taktik, 44. Sanuto S. 1242; Wenger S. 218; Sabellicus S. 169. 45. Wenger S. 216/217. 46. S. 126. 47. Brandis S. 303.  217 seiner Reiterei dem Feinde entgegen. Er befiehtt den FubV knechten, zu den Waffen zu greifen und, „in ordinem redacti, ihm schnell zu Hilfe zu eilen". Aber die Truppen waren durch die grofte Hitze und die gewaltigen Anstrengungen ersehöpft und zum groBen Teil darauf bedacht, sich zu pflegen. Daher kam es, „daB sie weder zeitig zu den Waffen griffen, noch etwas nutzten, als sie diese aufgenommen hatten". Severin sieht daher bald, daB er dem Feinde nicht standhalten kann, und weicht zurück71. Ein erbitterter Kampf findet statt. Wenger berichtet davon, wie der Germanus impar virtute in equos lanceas torquet, perfodit. Equi torti, confossi spiCulis, frendunt spumantia frena mandentes, corruunt sub onere, quae gestant. Von 1 Uhr nachmittags bis 3 Uhr wogt der Kampf. Die ermüdeten Soldaten verlangen auszuruhen. Da feuert Kappler die Truppen abermals an und weist sie darauf hin, daB die Trienter bald kommen und sie entsetzen werden. Mit neuem Mut stürzt sich der Haufe auf die Feinde, und ein neuer erbitterter Kampf findet statt72. Da erscheint plötzlich nach langem Marsche staubbedeckt die Nachhut unter Ebenstein auf den Bergen in der rechten Flanke des Qegners und greift mit lautem Geschrei und Trommelgewirbel in den Kampf ein73. So werden die Venetianer jetzt in der Front und Flanke gefaBt. Von allen Seiten dringen die Tiroler ein. Furcht und Entsetzen ergreift die Venetianer, als sie sich so von den meistens ungepanzerten und mit dem SpieB bewaffneten Deutschen und Tirolern umringt sehen, bei deren Anblick sie zurückschrecken, ne vultum quidem Germanorum atque aciem fulgeremque oculorum ferre potuerunt74. 71. Sabellicus S. 169. 72. Wenger S. 218. 73. Bembus S. 15. Nach Sabellicus S. 169 bedrangten die Feinde Severin sowohl in der Front als auch in der Seite, wo die Berge an den FluB heranstieBen. Nach Pincius S. 31 erhob sich auf allen Seiten ein ungeheures Geschrei, i74. Bebelius S. 11.  — 218 — So fliehen die eine ritterliche Kampfweise gewohhten Condottieren, das FuBivolk voran, in wilder Flucht vor dem Feinde, der alles erbarmungslos niediermetzelt. Sie werden vort den Deutschen in den FluB gedrangt. Vergebens sucht Severin die Fliehenden zu halten, er wird mit fortgerissen75. Bei dem Ansturm der Venetianer auf die nur schwach fundierte Schiffsbrücke bricht diese76, als kaum wenige über den FluB gekömmen sind. So ist den Venetianern der Rückzug abgeschnitten, und da sie wissen, daB der Feind keinen Patdon gibt, werfen sie sich in den FluB, um wenigstens das nackte Leben zu retten; aber viele, darunter ihr Führer Severin, werden von der 'reiBenden Strömung des Flusses verschlungen77. Nur Wenige unter dem Befehl des tapferen Guidus Maria Rubeus, von Parma gebürtig, der sich mit einigen ReitersChwadronen auf einen höhergelegenen Punkt zurückgezogCn hatte, leisten noch tapferen Widerstand. Guido, der sich schon bei Beginn der Schlacht mirten durch die Haufen der Feinde den Weg gebahnt haben soll, „lenkt die frohldckenden Deutschen auf sich". Nach Sabellicus findet abermals ein blutiger Kampf statt. Die Tiroler, „die blindlings auf die geschkossenen Reiterscharen tuchtig losschreiten", erleiden groBe Verluste. Die deutschen Reiter werden vertrieben. Diese Schar-sOrgt auch dafür, daB die FuBknechte, 75. Sabellicus S. 169; Bembus S. 15. 76. Nach Bembus S. 15—16 lafit Andreas Burgius, um die Fliehenden zum Stehen zu bringen, die Seile, mit denen die Schiffsibrücke am Lande befestigt war, zerhauen. Nach Wenger S. 218 hatte der Führer der Deutschen vorher die Seiie gelost. Die anderen Quellen wissen davon nichts zu berichten. Vgl'. Primisser S. 151 Anm. 63. . 77. Wenger S. 218/19; Sabellicus S. 169/70; Bembus S. 15/16; Marcellus S. 91. Nach Sabellicus ist es ungewiB, ob Severin durchs Schwert fiel oder im Flusse ertrank: „plures aiunt eum cum toto equo in fluvium praecipitatum, cum circa amnem dimicaretur, periit."  — 219 — „die schon aus der Schlachtordhung (acie) herausgegangen waren", in die Schlacht zurückkehren. Aber jener neue Angriff der Tiroler soll nach Sabellicus nicht von Erfolg begleitet gewesen sein. „Geschlagen und zersprengt weicht der Haufen (globus) der venezianischen Reiterei." Nachdem Guido die Feinde geschlagen hat, setzt er über die Etsch78. Allerdings tritt schon, wohl mit Recht, Wenger, der ein Jahr nach der Schlacht schreibt, dieser Ansicht, d&Bi namlich Guido die Tiroler in die Flucht geschlagen habe, aufs entschiedenste entgegen. Er halt dem Jacobus CaniCëus, der auch diese Ansicht vertritt, entgegen: „Was ich schreibe, ist wahr, Du aber bist geflohen und kannst daher nicht wissen, was ohne DCh vollb'racht wurde in diesem ganzen Kampf7»." So errimgen endlich nach heiBem Kampfe die Tiroler den Sieg. Um ein Uhr hatte die Schlacht begonnen. De Venetianer, zuerst in der Front gefaBt, hatten sich lange tapfer gewehrt. Endlich nach 6 Uhr, naChdem Georg von Ebenstein den entscheidenden Schlag gegen die Flanke des Gegners ausgeführt hatte, wenden sich die VenetianeT zur Flucht. GroB sind die Verluste auf beiden Seiten. Von den 78. Man vgl. über diesen Kampf Ouidos: Marcellus S. 91; Bembus S. 15/16; Sabellicus S. 169/70. Letzterer schreibt sogar den Venezianern den Sieg zu, er sagt: „Kaum hat man je gehort, daB sich an einem Tage das Glück so gewandelt habe. Am Morgen hielten die Venezianer nach Vertreibung der Feinde das Ufer, von hier wurden sie plötzlich in den FluB geworfen, bald wurde die Lage durch die Tapferkeit weniger wiederhergestellt, und die eben für Besiegte gehalten wurden, waren Sieger. Endlich gingen die, welche gesiegt hatten, miBtrauisch wegen ihrer geringen Zahl wie Besiegte nach Zurücklassung der Pferde unter dem Schütze der Nacht auf einen Kahn über den FluB, aus Furcht, sie mochten bei Tagesanbruch von der feindlichen Ueberzahl erdrückt werden." Vgl. auch Pincius S. 32. 79. Wenger S. 218/19.  — 220 — 54 Mann, welche die Stadt Hall geschickt hatte, fielen allein 21. Der Gesamtverlust der Tiroler betragt mit Anrechnung der Verluste der Schar Michalets Segato „nicht" 500 Mann. De Verluste der Venezianer belaufèn sich nach Bembus auf „ungefahr" 1000. De Tiroler Schriftsteller geben viel gröBere Zahlen an, so berichtet Wenger von „vielen Tausenden", und das Statut von Trient sagt sogar, daB 3000 Reiter durch das Schwert gefallen und 7000 in der Etsch ertrunkeni seien80. So haben wir gesehen, wie in diesem Kriege Schweizer und Landsknechte nebeneinander fechten, wie die Landsknechte einen gewissen AbschluB in ihrer Entwicklung erreicht und die Schweizer Bewaffnung und Taktik völlig aufgenommen haben. Ein gewisses Kbrpsgefühl und SelbstbewuBtsein hat sich schon bei ihnen entwickelt, was in ihrem Verhalten gegen die Schweizer deutlich zum Ausdruck kommt. Deutsches FuBvolk, verstarkt durch die Tiroler Landwehr und die Trienter Bürgerwehr, mit dem SpieB bewaffnet und gewöhnt, Ordnung und Dsziplin zu halten und im taktischen Körper zu fechten, bringt es unter der genialen Führung eines deutschen SöMherführers81 fertig, einen doppelt sO starken Feind, die berühmten italienischen Condottieren, zu schlagen und völlig aufzureiben. Auch dieser Sieg wird wie der Maximilians bei Guinegate erfochten ohne die Schweizer; wenigstens können wir ihre Anwesenheit an der Hand der Quellen, die uns zur Verfügung standen, nicht beweisen. Bei Guinegate noch verhielten sich die beiden Gevierthaufen zunachst defensiv, sie lieBen die Franzosen angreifen, die Schlacht bei Bethune war auf niederlahdischer Seite überhaupt eine Defensiv- , 80. Vgl. über die Verluste Straganz Bd. 1 S. 130; Wenger S. 219; Bembus S. 16; Primisser S. 251. 81. Kappler wird nach dem Feidzug wegen seiner groBen Verdienste in den Adelsstand erhoben. Vgl. Primisser S, 156—157,  f — 236 — „Piken" bei den FuBknechten Maximilians sprechen, der LangspieB anzusetzen, da jene oben angeführte zeitgenössische Quelle sagt: „Piken, das sind lange SpieBe"; alsO wurde zu jener Zeit unter der Pike der LangspieB verstanden. Werfen wir jetzt noch einen kurzen Bliek auf das Reichsheer, das sich im Anfang des Jahres 1488 zur Befreiung Maximilians versammelt. Nach Molinet wurde seine Starke auf mehr als 20000 Mann geschatzt. Er weiB die Tüchtigkeit dieses Heeres1 nicht genug zu rühhien: „Niemals zu unserer Zeit, nOch zur Zeit unserer Vorfahren kam an, noch stieg herab in unsere Lande eine solche Macht aus Deutschland, So hervörragend und so schicktich geführt und befehligt32." Auch Ultaann sagt: „Seit langem hatte das Reich kein so gut diszipliniertes und wohlausgerüstetes Heer auf die Beine gebracht33." Das mag auch zutreffen, denn in diesem Heere befanden sich u. a. auch die Sieger von Calliano, Wilhelm Kappler und Georg von Ebenstein, der mit 1000 Knechten Erzherzog Sigmunds' zu dem Reichsheere stieB34. Der Graf Wilwolt von Schaumburg, den wir spater in den Niederlanden Oft als Hauptmann der Landsknechte erwahnt finden, kommt mit 300 Pferden und 30 FuBknechten35. De Stadt Aiugsburg schickt 180 FuBknechte und 18 Pferde, deren oberster Rottmeister Walther Sumerawer von Zürich ist, der zwiefachen Sold erhalt36. Es ist bemerkenswert, daB sich hier Augsburger FuBknechte unter einem Züricher Hauiptmahn befinden. 32. Molinet Bd. 3 S. 359. 33. Ulmann Bd. 1 S. 27. 34. Vgl. „Vermerkt die Hofmar aus dem Niederlant (1488)", bei Licbnowsky Bd. 8 Anhang S. 742, sodann S. 640, Reg. Nr. 1138. Brief Maximilians an Erzherzog Sigmund vom 31. Mai 1488. 35. Höhlbaum S. 43. 36. Clemens Sender, Chronik. Chroniken der schwabischen Stadte Bd. 4. Leipzig 1894 S. 48 und Anmerkung 1. Nach den Augsburger Stadtrechnungen waren es 141 FuBknechte,  — 237 — Auch Landsknechte können wir in diesem deutschen Heere feststellen. So berichtet Kjonrad Belwyn am 16. April 1488 von Cöln aus an den Rat von Frankfurt, es sei noch keine Hilfe aus Oberdeutschland gekommen, ausgenommen Herzog Christoph von Bayern und sein Bruder von Mongen. Diese hatten bei sich ca. 800 FuBknechte, „lantknecht obel gerost". Darauf seien einige Schweizer nach Cöln gekommen, die habe niemand aufnehmen wollen „der lantknecht halben", um Zwietracht unter den Knechten zu vermeiden. So seien die Schweizer wieder den Rhein hinaufgezogen. Die Knechte des Herzogs von Mongen seien unwillig geworden, man habe ihnen viel verheiBen, und es werde doch nicht gehalten37. Hier also sehen wir abermals oberdeutsche Landsknechte auf dem Marsch in die Niedierlandle. Sie werden unterschieden von dien Schweizern. Sodann zeigt dieser Brief wiederum deutlich, wie diese Eidgenossen überall zu finden sind, wo Krieg geführt wird, und der Historiker kann nicht vorsichtig genug sein, Schweizer und deutsche FuBknechte auseinanderzuhalten, vor allem in der Zeit, wo sich der Gegensatz zwischen ihnen noch nicht ausgebildet hatte. Gar oft werden sich unter jenen FuBknechten, die Schweizer Waffen trugen, Eidgenossen befunden haben, ohne daB wir es aus den Quellen der Zeit ersehen können. Haufig finden wir, wie nachgewiesen, den Namen Landsknecht für Söldner gebraucht, unter denen auch Schweizer nachgewiesen werden können. Mit der Zeit aber setzt die Scheidung ein. Im Jahre 1486 treten die Landsknechte zuerst nachweisbar bewuBt in Gegensatz zu den Schweizern. Noch scharfer zeigt sich der Konkurrenzkampf im Feldzuge Sigmunds gegen Venedig.. Und hier bereits ist der HaB zwischen beiden, wie wir aus unserem Berichte ersehen, so groB, dafl man gern auf die Hilfe der kriegserfahrenen und sieg- 37. Janssen Bd. 2 S. 508 f.  245 Somit sucht also Maximilian auch hier freie, oberIandische Söldnerbanden, die er von tüchtigen Hauptleuten anwerben und von denen er eine gleichmaBige Bewaffnung verlangen kann, in seine Dienste zu ziehen und diese an Stelle jener buntgemischten Reichsvölker zu setzen. Dabei ist zu beachten, daB ein groBer Teil dieser Knechte in der Schweiz geworben zu sein scheint. Wenigstens verlangt Maximilian von den Schweizern auf dem Tage zu Luzern am 15. Juni 1489, in seinen und des Reiches Sold von den Eidgenossen 1500 Knechte zu senden, mit deren Anwerbung er Charlin von Willer beauftragt habe8. Diese von Maximilian in Sold genommenen Knechte werden auch von einem Nürnberger Zeitgenossen „lantzknechte" genannt9. Sodann wird auf dem Reichstage beschlossen, daB es jedem freigestellt sein solle, seine Leute in die Niederlande herabzuschicken oder dort Söldner zu werben. Aus einem Briefe Wilhelm Besserers erfahren wir darüber interessante Einzelheiten, aus denen wir ersehen, wie man gerade in Schwaben zu jener Zeit darauf Wert gelegt hat, daB das FuBvolk im Kriege selbst geübt und ausgebildet werde. So schreibt der Bürgermeister von Ulm an die schwabischen Stadte, obwohl viel dafür spreche, daB solche Beatellung im Niederland geschehe, so sei er doch mit seinen Freundlen der Ansicht, daB die Bestallung im Oberland den Stadten viel löblicher und nützlicher sei, denn dadurch werde da unten im Land glaublich befcannt, daB man hier oben im Land guter, auserlesener Knechte genug habe, die sich bestellen lieBen. „Auch mögen die Hauptleute im Land bekannt und gesessen mehr und besser Vertrauen und auch mehr Folge bei ihnen finden als bei fremden Knechten im Niederland zusamt dem, daB auch die o b e r l a n d i s ch en 8. Segesser Bd. 3 Abt. 1 S. 320. 9. Nürnberger Chroniken, in den Chroniken der deutschen Stadte Bd.11 S. 721/22.  25d — leicht dem Feinde den Rücken kehren, sondern nur gewöhnt sind, ihm das Gesicht zu zeigen. Sie sind mit dreierlei Waffen ausgerüstet, mit denen sie den Feind angreifen. AuBer dem kurzen und deshalb handlidren spitzen Schwert führen sie lange SpieBe (lOngas hastas); dem zweiten Zug ist zu dem Schwert der Bihander hinzugegeben, die übrigen führen ebenfalls das Schwert und das kleine Feuergewehr, quod ipsi pilularkm, eo quod plumbeam excutiat pilulam, vocant." Tubero hat also die Eigenart der Landsknechte, die meist nur einen Brustpanzer tragen und mit langen SpieBen bewaffnet sind, recht erkannt. Ein anderer Schriftsteller, der etwa um das Jahr 1491 schreibt, also unmittelbar unter dem Pruck der Ereignissé steht, meint sogar, den Namen LandskneëSt seinen Lesern erklaren /u müssen, er spricht von Söldnern, „qui se provinciae servos volgariter lantzknecht n un c u p a b a n t"2. Auch der österreichische Zeitgenosse Jakob Unrest scheint die Landsknechte bisher noch nicht gekannt zu haben, denn er sagt: Maximilian erhob sich nach Ungarn; „er hat nicht zuviel Volk, aber g u t Volk, darunter FuBvolk genannt die Lannd'sknecht, die hielten sich mit ihrem Wesen nach der Schweizer Qewohnheit"3. Ebenso berichtet der Wiener Arzt und Zeitgenosse Johannes Tichtel in seinem TagebuCh* von „milites dictos lancz kchnecht". Auch die spateren Geschiehtss'chreiber Fugger und Heuterus haben angenommen, daB Maximilian um diese Zeit die Landsknechte aufgebracht habe5. 2. Meyer, Analekten zur österreichischen Geschichte im 15. Jahrhundert. Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien. Jahrgang 31. Wien 1880 S. 19. 3. Unrest S. 745. 4. Abgedruckt in den Oesterr. Geschichtsquellen, herausg. v. der Kaiserlichen Akademie in Wien. Bd. 1 Abt. 1. Wien 1855 S. 55. 5. Fugger bei Meynert Bd. 3 S. 47 Anm.; Heuterus L. 7 Kap. 18,  - 257 führer, Graf Eitelfriedrich von Zollern, hervor, der, wie oben gezeigt wurde, schon in den Niederlanden Lands knechte und Ritter Maximilians mit dem SpieBe einübte und mit ihnen die Schnecke probierte. Dieser erhalt am 18. Juli 1490 von Maximilian den Auftrag: „lm Lande Schwaben und andern Enden eine Anzahl Dienstleute zu RoB und zu FuB aufzunehmen"12. DaB unter diesen Söldnern sich auch jene Landsknechte befunden haben müssen, geht aus dem' Ausschreiben Maximilians hervor, in dem es heiBt: „Etliche Landsknechte aus oberdeutschen Landen, die über ihre Pflicht und Eide, so sie dem Edlen, unserm Hauptmann in unserer Herrschaft Hohenberg und des Reichs lieben und getreuen Eytelfriedrichen Graf zu Zollern . . . laut ihrer Bestallung getan haben. . . ." Nach Bircken stammten diese Knechte ebenfalls aus Schwaben und Hegau. Auch die ungarischen Quellen, vor allem Bonfinius und der spatere Isthuanfi, sprechen des öfteren von schwabischen FuBknechten (Suevis)13. Sollten sich aber nicht unter diesen Landsknechten, die sich „nach der Schweizer Gewohnheit" hielten, auch einige Eidgenossen befunden haben? In der Tat ist es der Fall. Der St. Galler Chronist Watt14, der zwar erst um das Jahr 1530 sdireibt, aber sicher gut orientiert ist, sagt: „In diesem Zuge sind bei den lan'zknechten viele Eidgenossen und auch etliche aus unserer Stadt St. Gallen gewesen." Es ist wiederum beachtenswert, daB es sich um Schweizer und um Leute aus den Schweizer Grenzgebieten handelt. Sodann lesen wir in den Nürnberger Chroniken, daB sich im Jahre 1491 mancherlei Volks in Nürnberg sammelt „und namentlich viele lantsknecht aus 12. Lichnowsky Bd. 8 S. 667 Reg. Nr. 1413. 13. Beek, Artikelsbriefe S. 52ff.; Bircken S. 1028; Bonfinius S. 704; Isthuanfi, tiistoriarum de rebus Hungaricis libri 34. Cöln 1622 S. 0 ff. Nach Riezler, Geschichte des Hauses Fürstenberg. Tübingen 1883 S. 395 f., stammten sie aus Oberschwaben. 14. Bd. 2 S. 369.  — 258 — der Schweiz und Eidgenossenschaft, die bei der Königlichen Majestat vor und in StuhlweiBenburg gewesen waren und auf neues Unglück und neuen Krieg warteten"15. Somit steht fest, daB. auch an diesem Feldzuge manche Schweizer teilgenommen haben, daB auch hier Schweizer und Landsknechte nicht getrennten Formationen, sondern beide einem Verband angehörten, und daB endlich Schweizer auch unter jenen Landsknechten verstanden wurden. Allerdings werden sie beide im allgemeinen streng auseinandergehalten. Dazu scheinen jene Landsknechte groBenteils gerade in den Gebieten geworben zu sein, die unmittelbar an die Schweiz grenzten. Natürlich muBite gerade in diesen Gebieten „die Schweizer Gewohnheit" auch hinsichtlich der Bewaffnung und Taktik zu allererst aufgenommen werden. Die Zahl dieser Landsknechte ist sehr betrachtlich. Das ersehen wir aus dem Ausschreiben Maximilians, in dem es heiBt, diese Landsknechte hatten ohne sein und seiner Hauptleute Willen und Wissen eine Gemejnde gemacht und beschlossen, aus seinem Denst zu gehen, „obwohl sie überdies uns bei 1800 Knechte gemelter Bürgschaft nach 12 Tage und die andern all aus ihnen auch soviel Tage und doch etlich wenig minder tage zu dienen schuldig gewesen . . ." Danach hat also die Zahl jener Landsknechte, die der Graf von Zollern angeworben hatte, weit über 1800 betragen. Neben diesen deutschen Landsknechten machten die böhmischen Söldner, die aber scharf von den Landsknechten geschieden wurden16, die Hauptstarke des Heeres aus. AuBerdem berichtet Molinet noch von Oesterreichern und einigen Burgundern „in geringer Zahl". Bei diesem Heere, dessen Starke Maximilian in seinem Tagebuch auf 16000 15. Nürnberger Chroniken, in den Chroniken der deutschen Stadte Bd. 11. Leipzig 1874 S. 730. 16. Vgl. das Journal Maximilians bei Firnhaber S. 450. Die Böhmen treten zuerst vor StuhlweiBenburg zum Sturm an, dann folgen die Landsknechte.  — 259 — bis 18000 „gute Kampfer" angibt, ist das FuBvolk die Kerntruppe, und so spricht Unrest auch mit Recht von FuBknechten, „daran sein (Maximilians) meist Geding lag"17. Nach Ulmann ist es das erstemal unter gröBeren Verhaltnissen, daB die Infanterie nicht aus Kontingenten der Pflichtigen besteht18. Diese Ansicht trifft sicherlich nicht zu, denn Maximilian hat in den Niederlanden schon viele Tausende von Schweizern und Landsknechten in seinen Diensten gehabt. Es ist nun die Frage aufzuwerfen: Wie waren jenè FuBknechte und vor allem die Landsknechte bewaffnet? Zunachst ist darauf hinzuweisen, daB jene Landsknechte zum groBen Teil aus Schwaben stammten. Gerade hier scheint sich der SpieB bei dem FuBvolk jener Zeit schon durchgesetzt zu haben. So befinden sich in einem Heere, das der Graf Eberhard im Jahre 1490 aufbringt, „297 Pferde von der Ritterschaft, 141 reisige Knechte und 3500 FuBgahger; unter diesen kamen zum letztenmal auch 370 Mann mit Armbrüsten vör, 1857 hatten Lanzen, 509 Hellebarden, und nur 764 waren mit Büchsen bewaffnet"19. Ob unter jenen Lanzen schon lange SpieBe verstanden werden müssen, ist fraghch. In Bayern z. B. lassen sich diese nach Beek erst im Jahre 1503 feststellen20. Auf jeden Fall hat der kriegserfahrene Graf von Zollern darauf gesehen, daB die FuBknechte solche Waffen führten, daBi aus ihnen ein taktischer Körper zusammengestellt werden konnte. So laBt sich auch bei diesem FuBvolk der SpieB als Hauptwaffe feststellen. Wie oben er- 17. Vgl. Ulmann Bd. 1 S. 98: Oesterreichisches Dienstvolk und schwabischer Adel vervollstandigten die Kavallerie. Molinet Bd. 4 S. 110; Maximilians1 Journal' bei Firnhaber S.449f.; Ulmann S.99; Unrest S. 746. 18. Ulmann Bd. 1 S.98 f. 19. L. J. v. Stadlinger, Geschichte des wüttembergischen Kriegswesens. Stuttgart 1856 S. 193. 20. Beek, Bayerns Heerwesen S. 183.  — 260 — wahnt, sagt Tubero, die Landsknechte Seien mit langen SpieBen bewaffnet gewesen. Und Jakob Unrest berichtet: „die (Landsknechte) hietten sich in ihrem Wesen nach Schweizer Gewiohnheit." Somit haben diese Landsknechte sicherlich auch die Waffen der Schweizer, so vor allem den SpieB geführt. Das geht auch aus vielen anderen Quellen hervor. Nach Füetrer springt Herzog •ChrisÜloph von Bayern bei dem Sturm auf StuhlweiBenburg vom Pferd luid reiBt einem Landsknecht eine Schweizer Lanze aus der Hand; die FuBknechte überschreiten mit Hilfe der SpieBe den Graben. Auch der Zeitgenosse Grünpeck spricht von einigen „lancearii pedites". Sodann sagt Bonfinius: „Suevi, hastatis et gravis armaturae praemissis miHtibus" ... „hastati fosSa limoso vado trajecta, lanceas pro scalis moenibus admovent, eisque innixi celéTiter in muros ascendunt21." Man könnte hieraus schlieBen, daB die Landsknechte kurze „SauspieBe" geführt hatten; denn diese konnte man besonders leicht in das Mauerwerk stoBen, um dann an ihnen emporzusteigen; aber solche kurze SpieBe sind auf keinen Fall allgemein von dem FuBvolk geführt worden, wie auch schon aus den Oben angeführten Quellen zum Teil hervorgeht. Zudem berichtet auch der unbedingt glaubwürdige Bonfinius selbst davon, daB das FuBvolk 20 FuB lange SpieBe gehabt habe. Er schildert, wie die ungarischen Reiter aus StuhlweiBienburg ausfallen und sie in die Reihen der Landsknechte nicht eindringen können, „cum1 praesidium fraxinea lancea pedes circiter viginti longa c o m i n u s manus conserere aliquandiu prohibuisset et praecedentem phalangam protexisset, tandem machinariis omnia fumo et strepitu involventibus constematum in urbem se reCipere est cömpulsum". EbenSö berichtet auch der spatere 21. Füetrer S. 263; Joseph Grünpeck, Die Geschichte Friedrichs III. und Maximilians I., übersetzt von Ilgen. Leipzig 1891 S. 54 Anm. 2; Bonfinius S. 705.  — 261 — Isthuanfi von den kriegserfahrenen Deutschen mit „longioribus hastis". Natürlich haben auch viele Knechte SchuB^ waffen geführt, was aus verschiedenen Quellen ersichthch ist22. Dieses so bewaffnete FuBvolk wurde im Kampfe zu einem taktischen Körper zusammengestellt. Schon aus der oben angeführten Stelle Bonfinius' war ersichtlich, wie die mit langen SpieBen bewaffheten FuBknechte in dicht ges schlossenen Haufen (densatis agminibus)23 die ungarische Reiterei abwehrten. Aber auch schon vorher, bei der Belagerung der Feste Eisenburg können wir feststellen, daB das deutsche FuBvolk im taktischen Körper zu fechten gewohint warr-Dort hatte Maximilian 700 schwabische FuBknechte24 zurückgelassen. Diese geben sich einem Schlemmerleben hin und genie&en den Wein, den es dort in groBer Fülle gab. So werden diese zügellosen Söldnerscharen in einer Nacht durch die ausfallende Besatzung überrascht. Wohl stellen sie sich zur Wehr, „aber da der Feind sie bedrangte und sie so nicht einen Haufen bilden konnten (in unum globum coire non possent) und die Zerstreuten bald hier, bald da einzeln und in kleinen Scharen (manipulatim) fechten muBten, wandten sie sich endlich zur Flucht"25. In „du©s ^randeS armatorum tumulos et 11 cuneos minos" rückt Maximilian nach StuhlweiBenburg Vor26. Die Vorhut stürmt diese Stadt, wahrend die „Bataille" Vor der Stadt liegen bleibt27. Nach der Erstürmung der Stadt durch die Böhmen und Schwaben „desilientes globo facto 22. Bonfinius S. 705, Isthuanfi S. 10. Schutzwaffen erwahnt bei Bonfinius S. 705 f.; Isthuanfi S. 10ff. 23. Isthuanfi S. 10. 24. Bonfinius S. 704, nach Isthuanfi waren es Vier Fahnlein. S. 0. 25. Isthunanfi S. 9. 26. Meyer, Analekten S. 18/19. 27. Maximilians Tagebuch bei Firnhaber S. 45Qf,  — 262 — portam effringunt"28. Auch Molinet, der offenbar den Bericht des von Maximilian als Emissar nach Ungarn in diesen Monaten mehrfach verwendeten Kaplans Sebastian de Bonis aus dem St. Antonienorden benutzt29, berichtet, Maximilian sei in StuhlweiBenburg eingezogen „durch das Tor mit bewaffneter Hand marschierend auf den Markt in bemerkenswerter ordonnance de bataille"30. Aus diesen Quellenstellen geht deutlich hervor, daB das FuBvolk Maximilians im taktischen Körper kampft. Allerdings hat der König auch Wagen mitgeführt, aus denen auch eine Wagenburg gebildet wird31. Da es aber zu keinen gröBeren Schlachten kommt, so ist es ungewiB, ob und inwieweit Maximilian sich der Wagenburg im Kampfe bedient hatte. Doch ist darauf nicht viel Wert zu legen, wie oben nachgewiesen, bedient man sich auch noch in spaterer Zeit der Wagen als Schutzwehr. Wir haben és hier zweifellos mit einem disziplinierten deutschen FuBvolk zu tun, das im taktischen Körper zu fechten gewohht ist. Auch zu gröBeren Verbanden scheinen jene von dem Orafen von Zollern angeworbenen Landsknechte zusammengestellt worden zu sein. So spricht Isthuanfi von einem „C onrad Langus, SueviCae legionis tribun u s"32. Das Regiment zerfallt wieder in Kompagnien; denn Maximilian will, um seine deutschen Landsknechte aus StuhlweiBenburg herauszuziehen und gegen Budapest zu führen, gestatten, daBi sie von jeder Kompagnie zwei von ihnen der Beute wegen zurücklassen33. tt.ili. -28. Isthuanfi S. 10. 29. Ulmann Bd. 1 S. 97 Anm. 1. 30. Molinet Bd. 4 S. 110. ■0.2 31 i i Vgl. Ehenheim S. 455 f.; Maximilians Brief an Erzherzog Sigmund vom 24. August 1490 bei Firnhaber S. 413. 32. Isthuanfi S. 10. 33, Maodrrnïians Tagebuch, bei •,Firnhaber S. 451,  — 263 — Diese Landsknechte haben auch schon auf gewisse Di e n s t v o r s ch r if t e n geschworen, wenn wir auch noch nicht an einen Artikelsbrief, der erst in spaterer Zeit nachzuweisen ist34, zu denken haben. Leider ist uns dieser Söldnereid nicht überliefert, aber wir können seinen Inhalt aus dem obenerwahnten Briefe Maximilians erschlieBen. Darin heiBt es, daB einige Landsknechte aus oberen deutschen Landen sich des Gehorsams begeben hatten mit Kirchenaufbrechen, Entheiligung des heiligen Sakramentes und Heiltumbs, mit Brennen und Totschlagen und in anderer Weise über uns er ernstlich Verbot merkliche und verderbliche Schaden zugefügt haben. Also alle diese Punkte scheinen damals noch nicht in den Söldnereid aufgenommen, sondern nur in dem Heere verboten worden zu sein. Dann aber heiBt es weiter, daB diese Landsknechte über ihre Pflicht, Gelübde und Eide, die sie dem Grafen Eitelfriedrich Von Zpllern geschworen hatten: sich in des Kaisers und Maximilians Diensten wie die anderen Dienstteute in Oesterreich gehorsam zu halten, und ohne des Königs, ihrer Hauptleute und Rottmeister Wissen und Willen keine Gemeinde zu machen, vor Ablauf der Zeit, die sie dem Kaiser und Maximilian gehorsam zu dienen schuldig gewesen seien, aus ihrem eigenen bösen Mutwillen und ohne alle redliche Ursachen, „nachdem sie an der Lieferung noch an der Bezahlung, darum wir ihnen über das zu jener Zeit nichts schuldig gewesen, dennoch zu Veszprim mit 8 unsern Raten und Denern genugsam Bürgschaft getan, der sie auch Wohl benuegt, kein Abgang noch Mangel gehabt: wider diegenannten ihre Pflicht, Gelübde und Eide 34. Man vergleiche darüber: W. Erben, Ursprung und Entwicklung der deutschen Kriegsartikel. Mitteitungen des Inst. für österreich. Geschichtsforschung. 6. Erg. Bd. 1901; W. Beek, Artikelsbriefe,  — 264 — zu StuhlweiBenburg nach Eroberung derselben . . . solche Oemeinde ohne unser und ihrer Hauptleute Wiss en und Willen gehalten und beschlossen, abzuziehen, daB sie über das uns noch bei 1800 Knecht noch 12 Tage und die andern alle aus ihnen auch söviel Tage und doch etliche wenig minder Tage zu dienen schuldig gewesen . . ,35" Dauach haben also die Landsknechte geschworen, dem Kaiser und Maximilian gehorsam zu sein, ohne Maximilians, ihrer Hauptleute und der Rottmeister Wissen und Willen keine Oemeinde zu machen und Maximilian bis zu einer gewissen Zeit treu zu dienen. Es ist anzunehmen, daB dieser Söldnereid aueh noch andere Vorschriften enthalten hat, und daB vor allem Maximilian, der Soldherr, auch gewisse Zusicherungen gegeben hat, die auch in diesem Söldnereid enthalten waren36. Somit haben wir es hier bereits mit einem ziemlich weit entwickelten Söldnereid zu tun. Es tuiden sich in ihm schon Formeln, die wir in den spateren Artikelsbriefen wiederfinden; und dies bei einem Heere, das Maximilian ins Feld führt, bei Landsknechten, die er hat anwerben lassen. Wir sehen, der Begründer der Landsknechte ist auch ihr Weiterbildner, er festigt'und hebt sie innerlich, indetm er ihre wilde Ungebundenheit durch Gebote und Gesetze in onientliche Bannen zu lenken sucht. Ueber die Qründe, die die Landsknechte zu diesem Auf stand zu StuhlweiBenburg bewegen, hat uns schön jenes Ausschreiben Maximilians an die Reichsstande einige Aufklarung gegeben. AugensCheinlich fehlte es dem König an ba rem Geld, diese Söldjner zu bezahlen. Wie Oben er- 35. W. Beek, Artikelsbriefe S. 52. 36. Uebrigens hat schon W. Erben darauf hingewiesen, daB die Beeidigung der Söldner in Deutschland nichts Neues ist und sich in Nürnberg bis ins 14. Jahrhundert zurückverfoïgen laBt. Immerhin ist das Verbot der Oemeinde hier neu, worauf auch schon Erben hinweist. Vgl. Erben, Kriegsartikel S. 479 f.  — 265 — walmt, hatte Maximilian schlon einmal bei Beginn des Feldzuges mit acht seiner Rate den unzufriedenen Landsknechten Bürge werden müssen für die in Zukunft falligen Soldraten; sodann wird ihnen zu StuhlweiBenburg „zur Ueberflüssigkeit zur Bezahlung ihres künftigen Dienstes und Soldes" von den „trefflichsten Fürsten über die erste Bürgschaft hinaus" weiterhin solche geleistet. Dazu hatte Maximilian ihnen die Stadt mit allem Gut, weiehes sie darin fanden, „für ir bezahlung und peut" preisgegeben und ihnen gestattet, die Stadt zu besetzen und das Gut daselbst bis zu ihrer Rückkehr nach StuhlweiBenburg und „zu Voller Bezahlung ihres Soldes, die ihnen alsdann unverzogenlichen geschehen ware, bei ihren Handen bleiben zu lassen"37. Olivier de la Marche ist sicherlich gut orientiert, wenn er sagt: Erstlich hatten die Landsknechte groBe Beute in StuhlweiBenburg gemacht, „daB keiner seinen Gewinn und seinen Teil der Beute aufgeben wollte". Z w e i t e n s habe man dort so viele Lebensmittel, Wein, Fleisch und Brot, gefunden, daB 60 000 Menschen sie nicht hatten aufessen können. Drittens habe der Sold gefehlt, und es sei die Gewöhnheit der Deutschen, „wenn sie bis heute bezahlt sind und es mlorgen einen Sturm oder eine Schlacht gibt, dann verlangen sie neuen Sold und die, welche am lautesten schrien, das wlaren die lansquenetz und die Leute zu FuB und der BeschluB^ sie wollten auf keinen Fall weitermarSchieren"38. Rechnen wir nun noch dazu, daB der Winterfeldzug die Leute sehr mitgenommen hatte, so daB schon auf dem Hin- 37. Beek, Artikelsbriefe S. 52 f. 38. Olivier de la Marche Bd. 3 S. 308. Vgl. auch Meyer, Analekten S. 19; Unrest S.746; Journal Maximilians bei Firnhaber S. 451; Tubero S. 66; Bonfinius S. 706 f.; Isthuanfi S 11; Ehenheim S,456; Bircken S. 1028 f.; Ulmann Bd. 1 S. 105.  — 266 — marsche der groBen Katte halber viele Knechte entlaufen waren39, so ist diese Meuterei der Landsknechte zur Genüge mötiviert. Hier also lernen wir die jungen Landsknechte von einer Seite kennen, die Hobohm, einer der besten Kenner des Heerwesens der Renaissance, oft bei ihnen in ihrer Blütezeit beobachtet hat. Er sagt: „Bisweilen schlugen die Knechte auch die umgekehrte Taktik ein und verweigerten das Fechten, wenn Not am Mann war, um auf diese Weise ihr Geld zu erlangen." Das hat auch schon Machiavelli, der das deutsche Heerwesen eingehend studiert hat, herausgefunden, denn er berichtet: „Der Kaiser hat, um Krieg zu führen, mehr Geld nötig als irgendein anderer Fürst. Denn weil seine Völker frei und reich sind, so zieht sie weder die Dürftigkeit noch sonst ein Interesse, sondern sie dienen auf Befehl ihrer Kommune (comunita) und für Sold. Wenn daher nach dreifiig Tagen kein Geld kommt, gehen sie sogleich davon, und es halt sie weder Bitten, noch Versprechungen, noch Drohung, wenn er kein Geld hat40." Als nun so die besten Truppen, die Maximilian hat, die Landsknechte, ihm den Weitermarsch verweigern, ist es ihm unmöglich, weiter gegen Budapest zu ziehen. Er kehrt nach Oesterreich zurück und entlaftt sein Heer. Somit steht fest, daB Maximilian der erste ist, der gröBere Landsknechtsscharen in Oesterreich und Ungarn verwendet. Offiziere, die in den niederlandischen Kampfen geschuif worden waren, stenen hier an der Spitze der Landsknechte. Da ist vor allem der Graf Eitelfriedrich von Zollern zu nennen, unter dessen Kommando deutsche Ritter im Jahre 1488 in Brügge exerzierten und eine Schnecke bildeten. 39. Brief WaWaufs vom 9. November 1490, bei Viktor Knus, Maximilians Beziehungen zu Sigmund von Tirol, 1490—1496. Wien 1879 S. 38. 40, Hobohm Bd. 2 S. 211 f., 360,  — 267 — Nach Ulmann hatten auCh die Führer der Vorhut, Reinprecht v. Reichenburg und der Oberstallmeister Hans vom Deschitz an den niederlandischen Kampfen teilgenommen41, aber sie können dort, soweit wir feststellen konnten, nicht viel Lorbeeren errungen haben, da ich sie in den niederlandischen Quellen nicht besonders erwahnt gefunden habe. Auch hier in Ungarn treten wiederum Ritter in die Reihen der FuBknechte ein. So steigt der Herzog Christoph von Bayern bei dem Sturm auf StuhlweiBenburg vom Pferd, reiBt einem Landsknecht eine Schweizer Lanze aus der Hand und schreit die FuBknechte an: „Wollauf, lieben Brüder, kumbt mir nach42!" Nachdem wir so die deutschen Landsknechte bis zum Jahre 1490 verfolgt und festgestellt haben, daB hier die Landsknechte schon eine gewisse Organisation und einen AbschluB in ihrer Entwicklung erreicht haben, glauben wir die Frage nach dem Ursprung dieser ersten deutschen Infanterie hinreichend gelost zu haben. Allerdings sind diese Söldnerscharen noch nicht so tüchtig und geschuif wie ihre Lehrmeister, die Schweizer, wie es der Schweizer Krieg im Jahre 1499 deutlich zeigt, wo die Landsknechte so schmahlich vor den kriegserfahrenen Eidgenossen wiederholt davonlaufen. In einer spateren Arbeit hoffe ich die Landsknechte in den Jahren 1490—1500 zu behandeln und mich da besonders dem Schweizerkriege zuzuwenden. 41. Ulmann Bd. 1 S. 98. 42. Füetrer S. 263.  — 280 — ist aber (nichts anderes als eine Polizeiwache zu Pferde, gleich unserem heutigen Gendarm. Der „Lantknecht" ist also allgemein im mittelalterlichen Deutschland ein Vertreter der Staatsgewaft, ein Dien er der Behörden, der den WiHen der Ohrigkeit zur Durchführung bringt, und zwar scheint er besonders auf dem Lande gewirkt zu haben. In allen deutschen Gebieten ist er ein „geschworener und unverletzlicher Gerichtsbote, der das Ding gebieten, ansagen und dazu vtorladen soll, ein öffentlicher Gerichtsvolbaeher31". Im Niederdeutschen und Niederlandischen hat der „lantknecht" auBerdem noch einen gewissen militarischen Ahstrich; er ist ein Polizeidiener, eine Polizeiwache zu Pferde, kurz ein Mann, der für den öffentlichen Schutz, die öffenthche Sicherheit zu sorgen hat. Hier muB also eine gewisse militarische Aüsbildung, hier mussen kriegerische Fahigkeiten vorausgesetzt und verlangt worden sein. De Lantknechte sind sonach bewaffnete Exekutoren der Obrigkeit Es ist natürlich, dafi sie im Kriegsfall auch für kriegerische Aufgaben, besonders zur Bewachung von Stadt und Burg verwandt und zu diesem Zweeke auch wohl in der Zahl verstarkt wurden. Um solche „lantknechte" handelt es sich' vermutlich auch im Jahre 1414; dafür spricht sowohl ihre geringe Zahl, als auch die Erwagung, dafi es sich um' niederdeutsche „lantknechte" handelt, die eben auch mifitarische Funktionen hatten. Zugleich aber wurden wir dann hier den Beleg dafür haben, dafi die „lantknechte" auch im Krieg verwandt wurden. Wir müssen nun mit der Möglichkeit rechhen, daB die Söldnerbanden, die sich in und besonders' nach den Burgunderkriegen in Oberdeutschland gebildet hatten und die Maximilian, wie wir sahen, in groBer Zahl in seine Dienste auf nahm, ihren Namen von diesem Exekutor der Obrig- 31. Brinkmeier Bd. 1 S,442,  — 281 — fceit dem lantknecht, erhielten. Ob der Name schon in Oberdeutschland jenen Söldnerbanden beigelegt wurde, oder ob das erst in den Niederlanden geschah, ist ungewiB. In Oberdeutschland, in den eidgenössischen Abschieden des Jahres 1486, wird, wie gezeigt wurde, der Name zum ersten Mal urkundlich erwahnt. Doch mochte ieh vermuten, daB in den Niederlanden die Uebertragung zuerst stattgefunden hat. Jener Gachuff, der nach den Schweizer Abschieden sajgte, er wolle die schwabischen und andere Landsknechte so ausbilden und unterrichten, daB einer derselben mehr wert sei als zwei Eidgenossen, beland sich, wie wir nachweisen konnten, im Beginn der achtziger Jahre im Dienst Maximilians in den Niederlanden. Hier konnten wir zuerst zahlreichere Landsknechfescharen feststellen, hier wurden sie zuerst zu gröBeren Verbanden zusammengeschllossen und hier endlich in den Niederlanden, in Niederdeutschland überhaupt, hatte der alte „lantknecht" auch speziell militarische Befugnisse. Es ist auch innerlich verstahdlich, daB die Landsknechte ihren Namen von jenem ExekUtor der Obrigkeit erhielten. De Landsknechte Maximilians waren es, die in den Niederlanden einerseits den Schutz nach auBen, gegen die Feinde übernahmen, und dahin gehort jene Angabe des Zeitgenösslen But, der die deutschen Söldner Maximilians die „tutoreS patriae" nennt, andererseits Sörgten die Söldner auch für Sicherheit, Ruhe und Ordnung int Lande selbst, indem sie die Aufrührer zur Ruhe zwanjgen, z. B. die Geldern, die Lütticher und die Flamten. Dazu paBt auch jene Angabe der Chronik von Holland, die berichtet, „nicht lange nach Maximilians Rückkehr aus Oberdeutschland nach Flandern (1486) erhoben sich die Genter und Brügger. DeShalb hatten ejnige von seiriem Rat ungefahr 2000 Knechte zu Pferd und zu FuB bestimmt, um ihn zu bewahren"; diese Leute werden dann spater in derselben Quelle die „groBe  — 282 — Garde" genamint32. Die Landsknechte waren also die Vertreter, die Exekütoren der Staatsgewalt im Lande, sie waren die Stütze Maximilians in diesen rebellisehen Gebieten, die sich nach de'm Tode Karls des Kühnen gegen jedes absolute Regiment emipörten und die am liebsten den auslandischen Fürsten vertrieben hatten. So ist es zu verstehen, daBi die Niederlander immerzu versüchten, sie aus dem Lande zu schaffen, Diese Füfitruppen aber waren für die Niederlander keine „einheimischen Knechte", sie stammten vielmehr alle aus Oberdeutschland. 'Aiber auch abgeseh'en davon, nehlmen wir selbst an, der Name sei neu gebildet worden, unabhangig vön jener alten Bezeichnung, der zweite Teil des Wlortes „Knecht" bedeutet in allen deutschen Dialekten jener Zeit auch' soviel wie „Detter"; dann würden Wir auf die Deutung „Diener des Landes" herauskommen. Das aber hangt auch wieder aufs engste mit dem alten „lantknecht" zuslammen, der in den Niederlanden, wie gezeigt, für den öffentlichen Schutz, die öffentliche Ordnung storgte. Somit behalten also Rüstow und Laux eigentlich beide der Sache nach Recht, historisch = etymologisch aber ist der Ursprung des WorteS ein anderer. Der Landsknecht ist zunachst ein Söldner, der dem Lande dient, wie Laux ganz richtig herausgefunden hat, wozu auch trefflïeh jene Bezeichnung des unbekannten ZeitgenosSen „proVinciae servlos"33 oder die AventinS „patriae kninistros" paBt. Er übernimmt sioWohl den Schütz und die Verteidigung des Landes nach auBien, er sorgt aber auch für Ruhe und Ordl nung innen im Lande. Spaterhin versteht man im allgemeinen unter ihm den deutschnnationalen FuBknecht, er tritt als solcher auf im Gegensatz nicht allein zu den Schweizern und Böhmen, sondern auch zu den anderen nationalen Truppen der Spanier, Italiener und der Franzosen. 32. Chronik von Hölïalnd S. 398. 33, Meyer, Analekten S. 19.  — 283 — Der Name verschwindet im Ahfange des 17. Jahrhunderts zu einer Zeit, wo die deutschen Regimenter Zuzug von auBen erhielten, „so daB sich' der Name Landsknecht allmahlich verlor"34. 34. Meyer, OroBes Konversationslexikon. Leipzig und Wien 1905 Bd. 12 S. 126/127. In diesem Werke findet sich ein sehr instruktiver Vermerk über die Landsknechte.  Maximilians Verdienst um das Aufkommen der Landsknechte. Ueber Maximilians Verdienste um das Aufkommen der Landsknechte wird sich wohl sehwerlich Oenaueres feststellen lassen. Man weiB eben nicht, wieviel von all den Neuerungen, die bei dem FuBMolke in den Niederlanden zu finden sind, auf Maximilian selbst oder auf seine militarischen Ratgeber zurückzuführen ist. Andererseits ist aber zu beachten, daBi diese von Maximilian in Dienst genommen und bezahlt wurden, so daB ein gewisses Verdienst auf Maximilian selbst zurückfallt. Zunachst wurde nachgewiesen, daBi vor und in den Burgunderkriegen wahreehtetabch von iLandskhechten keine Rede sein kann, da alle Quellen, die von ihnen sprechen, aus einer viel spateren Zeit stamlmen. Zudem ist von dem deutschen FuBivolk, das hier kampft, selbstandig nichts geleistet worden. Immer wieder werden die Schweizer herangezogen, sie geben den Deutschen den nötigen moralischen Rückhalt, und da, wo die Schweizer nicht in groBer Zahl festzusteilen sind, im Feldzuge nach Pont a Mouson, flieht das deutsche FuBvöik, ohne es zur Schlacht kommen zu lassen. Allerdings hat es auch mit den Schweizern bei Héricourt und Nancy im taktischen Körper gefochten, aber das war. auch schon vorher im Jahre 1462 in dem Treffen bei Seckenheim der Fall1. Immerhin haben die Burgunderkriege dazu beigetragen, 1. Delbrück, Kriegskunst Bd. 3 S. 619 f.  — 285 — schweizerische Bewaffnung, Dszipun und Taktik bei dem deutschen FuBvolk zu verbreiten. Maximilian und seine in den Burgunderkriegen geschulten Hauptleute, der Graf von Romont und Graf Engelbert von Nassau, ziehen aus den Schlachten bei Granson, Murten und Nancy ihre Lehren. Die Ordonnanzkompagnien Karls des Kühnen werden umgestaitet und' die Spieftknechte aus ihnen ausgeschieden. So wird ein neues, selbstanddges FuBvolk geschaffen. Zunachst stützt sich Maximilian noch vorzüglich auf das flamische Volklsaufgebot, und mit ihm erringt er zum erstenmal ohne die Schweizer durch Anwendung der Taktik derselben den Sieg bei Guinegate. Dann aber, als die Flamen Von ihm abfallen, zieht er fremde Söldner in gröBerer Zahl ins Land, vor allem die Schweizer und die oberdeutschen FuBknechte. Es ist ungewifi, ob er diesen Söldnern den Namen Landsknechte beigelegt hat; auf jeden Fall ist er der erste, bei dem zahlreiche FuBr knechte unter diesem Namen nachzuweisen sind. Mit ihhen erringt er seine groBen Erfolge über die Franzosen, Flamen und Ungarn. Aus seinen Diensten gehen jene Söldner und Landsknechte hervor, die im Jahre 1487 in Ungarn, in England, in der Bretagne und in savoyischen Mensten fechten. Somit hat Laux recht, wenn er sagt, Maximilians Verdienst an dem Aufkommen der Landsknechte sei u. a. gewesen, daB er alle seine Kriege mit Landsknechten schlug und durch diese zahireichen Kriege die Institution in ganz Europa verbreitete2. Maximilian selbst bezeichneties in seiner Autobiographie ah? sein Verdienst, daB er den SpieB verdoppelt, ja vierfach so lang gemacht habe; das trifft auch teilweise zu, wenn auch nicht auf ihn zuerst die Vertangerung des SpieBes zuiückZuführen ist. Auf jeden Fall hat er dem LangspieB in seinem Heere gröBere Verbreitung verschafft. Hier in 2. S. 22.  — 287 — spüren HaBt, wenn Vaterlandsliebe und Pflichttreue, die als die wirksamsten Bindemittel' die Igewaltigen Heere der Jetztzeit zusammenhalten, dort nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen können . . ., erwecken die auf meist auBerliche Mittel angewiesenen Heeresorganïslatiönen jener Zeit um so mehr unser lebhaftes Interesse. Sie zwingen uns, die Frage aufzuwerfen, ob denn die Heere jener Zeit wirklich jeglichen idealen Gehaltes entbehren mufiten, was sicherlich zu verneinen ist. Er findet sich in dem aus der Ritterzeit überkommenen liochgradig gesteigerten Ehrbegriff und in dem ausgepragten StandesbewuBtSein, die beide dem Adel auch in den Zeiten wirtschaftlichen und sittfa'chen Niederganges niemals ganz verloren gegangen sind. Als siodann der Adel aufgehört hatte, der ausschlieBliche Kriegerstand zu sein, und auch andere Stande sich als Kriegsleute betatigen dürften, muBte die Entwicklung dlarnnführen, daB auch diese dem landesherrlichen KriegSdienste bisher ferngehaltenen Elemente jene im Verblassen begriffenen Ideale der Ritterschaft in sich aufnahmen, wodurch ein immerhin beachtenswertes Mittel gegeben war, um in den auf kurze Zeit zusammengestellten Haufen vön Kriegsleuten wenigstens Ansatze zu jenem inneren Halte und Gehalte zu verbreiten, deren höchste Blüte erst durch die Friedensgewöhnung und' durch das ziefbewuBte Zusammenarbeiten von Führern und Mannschaften im heutigen nationalen Volltsheere erreicht werden konnte." Dieser hochgradig gesteigerte Ehrbegriff und das ausgepragte StandesbewuBtsein des Rittertums konnte aber nicht besser auf das FuBvölk übertragen werden als dadurch, daB der Ritter selbst zum FuBvolk übertrat Und das ist sicherhch ein Verdienst, das sich Maximilian selbst erworben hat. In seinem Heere finden sich zuerst ritterliche FuBknechte, ritterliche Hauptleute und Offiziere führen das Kommando, und er sorgt dafür, daB die Ritter als Doppelsöldner in die Reihen der Landsknechte eintreteh, die ihren  ' — 288 — ritterlichen Geist, das ritterliche StandesbewuBtsein und sodann vor allem den ritterlichen Ehrbegriff dem FuBvolk mitteilten, der auch noch in dem heutigen Volksheere weiterlebt. Somit ist auch noch in der heutigen Zeit der Geist Maximilians lebendig. MaxuniÜan ist der Begründer der ersten deutschen Infanterie, der Landsknechte.   ■