PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 15 nologie bei den Hellenen handelt. Im Anschluss an das über Hesiod gesagte kommt es hier hauptsachUch auf die vier Arten vernünftiger Wesen an. Wahrend Hesiod sowohl die Heroën wie die Damonen aus Menschen entstehen lassf, hat der mit Êrepot bezeiehnete Autor, entsprechend der ó$og av rov voovvrog. 589a evxaüSa yap, £t>S T° voovv axr&v mém xat ópn&v xarareïvovatv dpyiav rovrov tik auaSévrog shtopsvou onaoi xat dWTswoim rov uvSpwiov ibid. b. owx av otfiai óSxrmiortas fyoiiisv vnè vov xpetaaovog vovv- av ayso-Sat). Die.Auffassung des Poseidonios ist sowohl ■BH i8 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK Jemand gehort hat, dass er es erlebt habe, so muss es auch in der Dichtung gehalten werden. So ist wohl auch Aridaios-Thespesios in de vindicta' eine von Plutarch erfundene Person. Dafür spricht, dass er als wenig alterer Zeitgenosse Plutarchs im fernen Kilikien wohnt u. Plutarch die Kunde von seinem wunderbaren Erlebnis durch Protogenes, einen. Landsmann u. Freund des Thespesios, erhalten haben will, dem dieser e§ selbst im Vertrauen mitgeteilt hatte u. der dann spater einmal Chaeronea besucht hatte. Dieser Protogenes bleibt ganz schemenhaft u. scheint den andern Gesprachspersonen unbekannt zu sein. Wenn er eine wirkliche Person ware, würde Plutarch mehr von ihm sagen, um ihn als glaubwürdigen Gewahrsmann zu kennzeichnen. Thespesios selbst ist ein Gewahrsmann ganz von der Art des Timarchos. Auch seine Seele ist vor dem Tode in das Jenseits entrückt worden, wo sie Zeugin der jenseitigen Bestrafung der Sünder wurde, u. ist dann in ihren Leib zurückgekehrt. Diese Entrückung der Seele in den Himmel und darauf folgende Rückkehr in den Leib wird im Timarchmythos durch die Aufschlusse selbst, die Timarch im Jenseits erhalt, die auch das Daimonion des Sokrates erklaren sollen, begreiflich gemacht. Auch Timarch gehorte zu den sbrrviot xai xaxyxooi rjSvg s§ *pyr,q xai yevsrews xov oixeiov èaipjovoq, wie Hermotimos von Klazomenai; auch für ihn gelten daher die Worte: ob yap géfiaivev r] tyvy?1 T0^ ^auaxog, vnetxovaa ó*dei xai /aXfio*a x& daipuovt xov ovvdsap.ov «h'tfou lupiopopJKv xai TKpvfoixrjaiv, aoxe 7roXXa ovvopéivxa xai xaxaxovovxa x&v èxxog eiaayyélhtv. Der Damon des Menschen_ist__sein Nus, namlich der Teil seiner Seele, der bei der Einkörperung allein ausserhalb des Leibes geblieben ist. Er bleibt immer mit der übrigen Seele verbundén und das Band, das ihn mit ihr verknüpft* ist gleichsam der Zaum, mit dem er sie zu meistern sucht. Je besser ihm dies gelingt, desto mehr Spielraum lasst sie seiner freien Aufwartsbewegung, die ihm zum Erwerb übernatürlichen Wissejis Gelegenheit giebt. Weil so auch die Seele des Timarchos, wie die des Hermotimos, beschaffen war, hatte sie der Offenbarung teilhaftig werden können. So wird auch de vindicta 564c dem Thespesios gesagt: yxeig deüpo xa fpovoOvxc xr,v ff aXX>jv tyu/yv aanep ayxvptov èv x& a&pjxxi xaxaHkotnag. Da in de genio diese Vorstellung ausführlich begründet wird u. ein Hauptmotiv des Mythos bildet, wahrend sie in de vindicta nur kurz berührt wird und fur den ganzen Mythos ohne Bedeutung ist, so darf man wohl PLUTARCH ÜBER DAMONÈN UND MANTIK l9 schliessen, dass de vindicta sp'ater geschrieben ist. Die Stelle 5Ó6d: aWrspu yup oux èmdtöbicriv ouó*s' /aXa to rilq tywy>riq iniyuov, a'XXa xaTaTetvet tw aap/mi npoaripxïipsvov ist für den Leser, der nicht die ausführliche Darstellung im Timarchmythos kennt, kaum verstandlich; denn diese Worte setzen das dort. über den owdeofiog u. yahvóg Gesagte als bekannt voraus; dort war zu lesen, dass mittels dieses j#av zkayporryzi 3avp.uarïi xai óSdrreiv èn' siësta? av&>, rag tfaonsp ot atpaxxoi mpiazpsfopJvag upia xuxXw xat tots ph xar» tots ó*è av&> peitovotxg /yttx-rijv Ttva v ^u/ai xnymama vxiag — npoatpéfovzai) und 942 f £tg (Js toOto tpayXog jutiv ov&ig ovffs uxuSapxog «vêtfftv, ot o*s xpwzoi \xzxa rrjv tsXsvtw xo/xto*3svT£g avxó3t parrov-jSibv — s/ovTsg — mazzloOai. In den zuletzt angeführten Worten ist zugleich auch schon die Parallele zu den folgenden Worten des Timarchmythos: tcXw saat [xiapax xai axuSapzot enthalten. Das Mittel freilich, mittels dessen der Mond im Timarchmythos die unreinen Seelen zurückweist. das Blitzen u. Brullen (zaCrag $' ocaxpzmovaa xai fxvxajJLSvri cpofiscbv ojx sa TtsXa'^tv) kehrt in de facie nicht wider, wohl aber verzerrt sich dort das Mondgesicht zu drohender Miene 944 b: èxyofid ayrag xai to xakoujxs.vov npoaaizov, órav èyybg yévavzai, pkoovpóv zt xai fpix&dsg épifisvov und 943 d heisst es: rraXXag yxp iSuM xai zTtoxv[xaxfëi yki^ophag >;ó\j f% mkttms- Dass die so zurückgewiesenen Seelen Verstorbener einer neuen Einkörperung entgegengehen, wird zwar nur im Timarchmythos ausdrücklich gesagt (a'XXa SpYivovaai tov saurav mx[xov ano^aHópjEvai fipovxai xotu na'Xtv sV a'XXïjv y/vs7tv), dass es aber in de facie ebenso gemeint ist, zeigen die Stellen 944d: «Sowrat yap av3tg êni yrjv owzipyvOixsvoi aLjxarsiv dvSpvmvoiq und 945 b, wo Daemonen, die schon auf dem Monde Aufnahme gefunden hatten, die Widereinkörperung zugeschrieben wird. Die Schilderung der Gerausche, die aus dem Abgrund des Erdsehattens zu Timarch empordringen 590 f: Heulen u. Gebrüll von Tieren, Kindergeschrei, Wehklagen von Manner- u. Frauenstimmen wird im Timarchmythos nicht weiter erklart. Das Wehklagen der Manner und Frauen könnte auf die Bestrafung der sündigen Seelen bezogen werden, die nach de facie 943c (sv ra ijjxafêb yr,gxai PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 29 ytiioia — ai amxoi xai axokaaxoi ö\xa? tc3v dóSxrifuéztov Ttvoufft vgl. 944 b ai to5v xoXo^ofJiévwv ^u/at) im Luftraum zwischen Erde u. Mond stattfinden; aber die Tier- u. Kinderstimmen sprechen dafür, dass der Verfasser Gerausche des Erdenlebens meint. Wichtig ist die Stelle über die vier Weltregionen 591b. Den vier dpyat des Alls, Leben, Bewegung, Werden (yéWig), Vergehen (fóopu) entsprechen vier Regionen des Weltganzen, die von drei göttlichen Machten, Monas, Nus, Physis, unter einander verbunden werden. Das Leben verknüpft mit der Bewegung die Monas in der Region des Unsichtbaren, die Bewegung mit dem Werden der Nus auf der Sonne, das Werden mit dem Vergehen die Natur auf dem Monde. Für jede dieser Verbindungen ist eine der drei Moiren als Schlüsselbewahrerin (xXetifo-J/os) eingesetzt, Atropos für die des Lebens mit der Bewegung, Klotho für die der Bewegung mit dem Werden, Lachesis für die des Werdens mit dem Vergehen. Es tritt also in jedem folgenden Reiche, von oben nach unten gerechnet, eine neue "hinzu u. wird mit den schon vorhandenen verbunden. Im Reich des Unsichtbaren u. der Monas herscht das reine Leben, in dem des Nus Leben u. Bewegung, in dem der Physis Leben, Bewegung, Werden, in dem der Persephone Leben, Bewegung, Werden u. Vergehen. Als Urheberin der Verbindung, die das nachstfolgende Reich begründet, wird immer die göttliche Macht genannt, die das vorige, nachsthöhere Reich beherscht. Die Monas, die im Unsichtbaren thront, begründet die für das Reich des Nus grundlegende Verbindung. Das Reich des Nus gehört also der sichtbaren Welt an. Es umfasst die obere Region des Kosmos bis abwarts zur Sonne. Auf der Sonne, die seines Reiches untere Grenze bildet, schafft der Nus die neue Verbindung, die das Reich der Physis begründet. Dieses reicht von der Sonne bis zum Monde. Auf dem Monde, der die untere Grenze ihrer Region ist, schafft Physis die Verbindung, aus der das vierte u. letzte Reich, das Reich der Persephone, hervorgeht. Atropos bewacht also die Verbindung, die das Reich der Nus, Klotho die, welche das Reich der Persephone begründet. Die Sonne und der Mond sind als Grenzpunkte behandelt, die sowohl dem über wie dem unter ihnen befindlichen Reiche angehören. Wenigstens für den Mond ist das klar ausgedrückt. Denn der Monddaemon sagt 591a von sich u. seines gleichen: wir verwallen das 30 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK Reich der Persephone; von dem Monde selbst aber heisst es 591c: ashjVYi ó*e dtajxó'vttv «n/Sovéwv oxxsa. fevyet trsv ItOya jxatpov vnepfépovo-oc Xa/xfiavetou 0* txitalg év [xétpoig óWrepoig exatov ifi&ofiYixovza. èittd. Die gleiche Mittelstellung muss also auch der Sonne zugeschrieben werden. Es war nötig, den Sinn dieser Worte ausführlich u. sorgfaltig klarzustellen, um auch in diesem Punkte die Vergleichung mit dem Mythos in de facie durchführen zu können. Wie verhalt sich das am Schluss von de facie über die drei Moiren gesagte zu der eben dargelegten Lèhre des Timarchmythos über denselben Gegenstand? u. wie verhalten sich die in de facie behandelten beiden ovvbHapjai: „Nus mit Seele" und „Seele mit Leib" zu den drei owSeo-jxoi des Timarchmythos: „Leben mit Bewegung", „Leben und Bewegung mit Werden", „Leben, Bewegung und Werden mit Vergehen". Die Beantwortung dieser Fragen ist von grösster Bedeutung auch für die Entscheidung der Fragen ob Plutarch für den Mythos in de facie eine oder zwei Quellen benützt hat u. ob er sich eng an seine Vorlagen angeschlossen oder auch selbst an dem Mythos weitergedichtet hat. Was zunachst die Moiren betrifft, so fallt auf, dass sie alle drei in de facie um eine Stufe weiter abwarts gerückt sind als im Timarchmythos. Atropos hat ihren Wohnsitz aut der Sonne (nept tov «Xtov «Jpu^év»?), also an der Grenze des zweiten u. dritten Reichs des Timarchmythos, wahrend sie nach dem Timarchmythos selbst an der Grenze des ersten u. zweiten Reiches als xketdov/pg waltet. Klotho schwebt, mit Binden u. Mischen beschaftigt, um den Mond herum. Im Timarchmythus bewacht sie den zweiten awdeopjog (tov <}g devtépov KXwScu scil. ffuvoVo*/u,ou xkudov^og wzBrytai), welcher auf der Sonne vom Nus hergestellt wird (ouvdsc 5 rpttvj Novg xo& «Xiov). Lachesis endlich legt auf der Erde mit Hand an zur Schöpfung des Menschen {kyavn 6% owsfdmsxat nept yijv 1} Au/eaig). Im Timarchmythos bewacht sie den dritten auf dem Monde von der Physis zustande gebrachten ovvó^or^og. Die Frage ist ob hierin eine Verschiedenheit nur der Ausdrucksform oder auch des philosophischen Gedankens zu erkennen ist. Die Sonne, auf der Atropos wohnt, liefert nach de facie zur Menschwerdung den Nus, den sie wie einen Samen auf den Mond streut (tov vouv dvSig ênurrKipavzog tov rXiov und jjXtog tè-dnolaixfióvst-tov PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 31 vovv oVfovs); der Mond, welchen Klotho umschwebt, fugt die Seele hinzu u. verbindet u. mischt sie mit dem Nus; die Erde endlich, die der Schauplatz ist für das^Wirken der Lachesis, vollendet die Menschwerdung, indem sie den Leib als dritten Bestandteil zu Nus u. Seele hinzufügt. Wie verhalten sich diese beiden awbS.aiJ.oi zu den drei des Timarchmythos? Ich denke, sie sind identisch mit dem zweiten u. dritten. Der Nus ist Leben u. Bewegung, die Seele bringt zu diesen beiden Bestandteilen die yévsats hinzu, der Leib zu diesen drei Bestandteilen die fëood. In de facie wird nur bis auf den Nus zurückgegriffen. Da giebt es nur drei Bestandteile des menschlichen Wesens: Nus, Seele, Leib, die den drei Weltkörpern: Sonne, Mond, Erde entsprechen. Also kann es auch nur zwei awbSa[u>i geben. Im Timarchmythos dagegen wird schon der Nus als das Product eines avvèsa(iog aufgefasst, indem auf die «róesiva xoü voü stehende Movag zurückgegriffen wird, die im Unsichtbaren wohnt u. deren Wesen Leben ist. Da giebt es drei ovvóW/xot, denen die drei Moiren der Sage zugeordnet werden konnten. In de facie konnten die drei Moiren nur so verwendet werden, dass sie den drei Bestandteilen des menschlichen Wesens u. den drei Weltkörpern zugeordnet wurden. Denn hier ist diese Dreiheit das Grundmotiv des ganzen Mythos. Im Timarchmythos konnte die Dreiheit: Nus, Seele, Leib auch hier im ersten Teil nicht hervorgehoben werden, weil in seinem zweiten, aus anderer Quelle geschöpften Teil, den ich früher besprochen habe, die ursprüngliche Verschiedenheit von Nus u. Seele ausdrücklich bestritten und behauptet wurde, der Unterschied von Nus u. Seele entstehe erst durch die Einkörperung. Es musste daher der Aufzahlung u. Kennzeichnung der vier Weltregionen eine Form gegeben werden, die den Leser gar nicht an die Bestandteile des menschlichen Wesens erinnerte. Das wird auch der Grund dafür sein, dass als Gottheit des dritten Reiches, nach Mova's u. Noüg, nicht wie man erwarten sollte Yuxfl, sondern Ovo*ts genannt wird. Es ist also klar, dass ein tiefergehender philosophischer Lehrunterschied zwischen de facie und dem Timarchmythos bezüglich der Metaphysik nicht vorhanden ist. Es liegt vielmehr dem betr. Teil des Timarchmythos dieselbe metaphysische Lehre zugrunde wie dem Mythos de facie. Beidemal ist gemeint, dass der Nus aus dem zweiten, die Seele aus dem dritten Reiche stammt u. aus dem vierten der Leib. Nur ist in de HGSSSSSrSSSBKS? 3* PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK facie das zweite u. dritte Reich durch'seine untere, im Timarchmythos durch seine obere Grenze bezeichnet u. dem entsprechend der Wohnort jeder der drei Moiren verschieden angegeben. Die ovwo^cr/xot im Timarchmythos beziehen sich aulTdie kosmischen Machte u. ihre Regionen, die in de facie auf die einzelne Menschenseele. Dadurch ist es gerechtfertigt, dass der vjvdso-ixog dort an die obere, hier an die untere Grenze der betreffenden Region verlegt wird. Auch der Mythos de facie weiss sehr wohl, dass es über der Region des vovg, die symbolisch durch die Sonne vertreten wird, noch ein höheres Reich giebt, das Reich des höchsten Gottes, der im Timarchmythos mehr pythagoreisch als Monas, in de facie mehr platonisch als Idee des Guten gekennzeichnet wird: de facie 944 e otav 6 vovg dnbxpiBfi rcg tivyjjg «TOxpivsrat 0* spwTt rng mol rov r,uov tütovog, ÓY r,g êixikccp.n£L xo iozxov xat xaXsv xat 3stov xat juiaxactoy, ■ oy nócaa. fvoig, aXX7j ó* ct/Xtóg opsyerca. Man könnte gegen die Identitat der philosophischen Lehre in beiden Mythen noch ein wenden, dassin de facie die Seele aus der Mondsubstanz gebildet Wird, welche als ein Gemisch aus Astralfeuer u. Erde körperücher Natur ist, im Timarchmythos dagegen, oder vielmehr in der seinem ersten Teil zugrundeliegenden Lehre, wenn meine Deutung richtig ist, durch die Verbindung des Nus mit der yévtoig entsteht. Aber es liegt auf der Hand, dass grade dieser Zug des Mythos de facie, die Bildung der Seele aus der körperlichen Mondsubstanz u. ihre Widerauflösung in den Mondkörper rein mythisch ist u. nicht theoretisch ernst genommen sein will. Wenn dieser Zug ein ernst gemeintes Dogma ware, so müsste entsprechend auch der Nus aus der Sonnensubstanz stammen u. sich nach seiner Rückkehr wider in sie auflösen. In Wirklichkeit ist, nach der eben angeführten Stelle 944 e, die Sonne nur deswegen für den Nus ein Ziel der Sehnsucht, weil sie ein Bild (a'x^v) von der Idee des Guten ist. Ich meine also, dass Plutarch für diesen Teil des Timarchmythos keine andre Quelle gehabt hat als seinen eignen Mythos in de facie, beziehungsweise dessen philosophische Quelle, aus der er einen einzelnen Zvjg, wie die Unterscheidung der vier Reiche, der in de facie weggeblieben war, hier nachtragen konnte. Zu diesen Nachtragen aus der Quelle rechne ich aber nicht die Schilderung des Himmelsraumes über dem Monde und der Milchstrafse, die den PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 33 Anfang von Timarchs Erzahlung bildet. Denn diese enthalt nichts, was Plutarch nicht auf Grund seiner astronomischen Kenntnisse jederzeit ohne Vorlage selbst schreiben konnte. Timarch hört über seinem Haupte ein Sausen, als ob sich etwas im Kreise herumbewegte, das zugleich einen lieblichen Ton hervorbr'achte. Als er emporblickt, sieht er zwar die Erde nirgends, wohl aber Insein, die von mildem Feuer leuchten (Xa/xTO/x/vas jmaXaxdS wp(). Die Gestirne, die hier als Insein eingeführt werden, bestehen ja nicht aus irdischem, verzehrenden, sondern aus himmlischem Feuer, dass nur belebend, nicht zerstörend wirkt. Bekanntlich schwankt Plutarch auch sonst zwischen der aristotelischen Annahme eines vom Feuer verschiedenen Aethers als des fünften Elements (toimitov aapa) und der stoischen Gleichsetzung des Aethers mit dem mp ts/vixov. Die stoische Ansicht über den Mond ist, nach de facie 92if, er sei «épog cuytia xat fxaXaxou izupég, 922 a wird dasselbe Feuer nvp «vSpaxwffss genannt. Die folgenden Worte sind wohl so zu schreiben: xaTaXX>?X«y, nicht vwwv) harmonisch zusammengefügt war. In diesem die Spharenharmonie der Pythagorëer schildernden Satze ist in den Handschriften vor etvat yup eine Lücke von 6, bezw. 8 Buchstaben bezeichnet; aber im Gedanken vermogen wir keinen Defect zu erkennen. — Es folgt weiter die Schilderung der Milchstrasse als eines Meeres, das diese Inselwelt des Aethers durchquert. Aus dem Graublau dieses Meeres leuchten farbig hier u. da die beigemischten Insein (Sterne) hervor. In dem folgenden Satze ist <ó\>£xrcXsfv zu schreiben, da nur durch das Compositum klar wird, dass die Planeten wie Fahrschiffe die Milchstrasse durchqueren: xai twv vijffav oliyag /*èv ($t)exiiteïv. xazu. népoy xai èiaxoixC^rs^ai nspav rov psvfiarog. — Die folgenden Worte, die leider durch zwei Lücken entstellt sind, beziehen sich nur auf diejenigen Fixsterne, die in der Milchstrasse sichtbar werden. Denn die folgende Periode setzt die Schilderung der Milchstrasse fort. Es muss also auch der Satz über die Fixsterne zu dieser gehören. Ist dies richtig, dann müssen. die Lücken so erganzt werden, dass der Satz besagt: „viele andre Insein werden von dem Meere, das sich ebenfalls im Kreise herumbewegt, mitfortgerissen, also: a'XXag <3s nóXkdg (rovrcp ow> efélxeaSai rü(g SaXaWjg xai avxijg xvxla) ayeiov vT:orpspo[xsvYig. Dass auch die Milchstrasse an dem Kreisen des Himmelsgewölbes teilnimmt, musste an irgendeiner Stelle gesagt werden. Das konnte nur hier geschehen. Tovra>, das ich in der ersten Lücke erganze, bezieht sich auf das unmittelbar vorher erwühnte ptv\xa. So kommt ein scharfer Gegensatz heraus zwischen den Insein, die den Strom durchqueren, u. denen, die nur von ihm in seine eigne kreisende Bewegung mit .fortgerissen werden, weil sie nicht stark genug sind, ihn zu durchschwimmen. — Wenn wir weiter hören, dass das Meer an manchen Stellen grosse Tiefe hat, namentlich im Süden, an manchen Untiefen hat u. seicht ist, so bezieht sich dies auf die ungleiche Lichtstarke der Milchstrasse, desgleichen die Bemerkung über die Verschiedenheit der Farbe. Der PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 35 Wechsel breiterer und schmalerer Stellen der Milchstrasse wird als ein Überfluten u. Ebben des Meeres dargestellt. — Der folgende Satz, der im Anschluss an Plato Tim. 36b. 38 b ff. die scheinbar spiralförmige Fortbewegung der Planeten aus der Combination ihrer westöstüchen Eigenbewegung mit der ostwestlichen Gesamtbewegung des Himmels erklaren will, enthalt wider mehrere noch ungeheilte Verderbnisse. Die Worte lauten in der Überlieferung: xav èl poSïav rag vhaovg ap.a repaivotdvag enavayeev oitfèv eig xodixo tv5 ap^i? owdmetv népa^ oyds Ttoiefv xvxXov, aXX' inav/ri TrapaXXaWev -rag êmfioïag éXoca izoiovactq tu'av ev x& nspiaxpéfeaSai. Hier könnte der Genetiv tov po$(av nur von oyóVv abhangen; ovó*ev xav poStwv müsste Subject zu ênavor/eiv sein, dessen Object xotg vwoug ist. Nun giebt es aber nicht mehrere Ursachen für die rücklaufige Bewegung der Planeten, sodass gesagt werden könnte, keine von ihnen führe den Planeten zu dem Ausgangspunkt seiner Eigenbewegung zürück, sondern es giebt in dem platonischen Weltsystem nur eine einheitliche Ursache dafür, namlich die in 24 Stunden sich vollziehende Umdrehung des ganzen Himmels. Es ist also zunachst der Plural póSia anstössig u. damit auch die Verbindung tov poSiwv ovóVv, da der partitive Genitiv neben ovtfév nur im Plural möglich ist. Dazu kommt, dass póSiov nicht die kreisende Umdrehung des Himmels bezeichnen kann, die als Subject zu «ravaysiv allein denkbar ist. Wenn poBiov eine Bewegung bezeichnen kann, dann jedesfalls nur eine der der brandenden Wogen ahnliche Bewegung. Auch das Nebeneinander der beiden unverbundenen Infinitive ènavayetv u. oxivaVreiv beweist eine Störung der Satzconstruction. Für nspaivopsvocg hat schon Wyttenbach repatov/xévag richtig hergestellt. Denn wir brauchen hier ein Synonym für das ó^sxirXstv xai tèv vtcvov fxs^ïj/ocvnff^at (wörtlich übereinstimmend mit de facie 941 f), tcoXXoüs dl nepi aÜTov 42 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK «vat Saijxovag ónufobg xat ^epdnovzag. Zur Bestütigung meiner Erganzung dient diese Stelle, insofern auch hier neben den Daemonen ein ihnen vorgesetzter Oberaufseher auftritt. Da man den Briareos nicht ohne Gewaltsamkeit in die Stelle de facie 941 a hineinbringen kann, so ist wohl anzunehmen, dass Plutarch selbst den Ogygos an die Stelle des Briareos, den er in seiner Quelle fand, eingesetzt hat. Dass umgekehrt Ogygos in der Vorlage stand und Briareos von Plutarch eingesetzt wurde, ist unmöglich. Denn in de defectu hatte er keine Veranlassung, an seiner Vorlage etwas zu andern, da er den Kronos u. seine Daemonen nur gelegentlich erwahnt, nachdem er eine andre für ihn wichtige Thatsache aus derselben Quelle übernommen hat. Dagegen ist leicht ersichtlich, dass der gewaltthatige Briareos als Wachter des Kronos schlecht in das Bild hineingepasst hUtte, das in de facie von dem friedlichen, an Wissenschaft u. Offenbarung reichen Leben auf der Kronosinsel entworfen wird. Die Parallelstelle aus de defectu oraculorum beweist, dass die Erzahlung in de facie nicht von Plutarch erfunden, sondern aus einer Vorlage übernommen ist, bei deren Benützung er sich allerdings jegliche durch den Verwendungszweck geforderte Freiheit nahm. In de defectu wird der Mythos von der Kronosinsel nur herangezogen, um zu beweisen, dass die Daemonen sterblich sind. Er ist ein Seitenstück zu der Geschichte vom Tode des grossen Pan. Eine der plutarchischen Gesprachspersonen, der Grammatiker Demetri*>s v. Tarsos, der eben aus Britannien zurückgekehrt ist, hat im Auftrage des Kaisers als Forschungsreisender auch die Britannien nachstgelegene jener Insein besucht. Als nun bald nach seinem Eintreffen dort ein ungeheurer Orkan wütete, hatten die Inselbewohner behauptet, die Ursache dieses Naturereignisses sei der Tod eines grossen Daemons. Es üege namlich dort (auch das gehort noch zu der Mitteilung der Inselbewohner) eine Insel, auf der Kronos von Briareos bewacht gefangen gehalten werde u. zwar als Schlafender (als Fessel namlich sei ihm der Schlaf angelegt) und viele Damonen seien um ihn als Gefolge u. Dienerschaft. Es ist ganz klar, dass Plutarch hier aus der Quelle, die er in de facie ausgiebig benützt hat, einen einzelnen, seinem augenblicklichen Zwecke dienenden Zug, den Tod des grossen Daemons entlehnt, einen Zug, den er in de facie nicht aufgenommen hatte. Die Gefangenschaft des Kronos PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 43 auf seiner Insel u. sein Gefolge von Daemonen wird hier nur ganz beilaufig erwahnt; um dem Demetrios ihre Erklarung des Orkans aus dem Tode eines Daemons plausibel zu machen, müssen die Inselbewohner ihn überzeugen, dass es in jener Gegend Daemonen giebt. Unmöglich kann also Plutarch die Geschichte erfunden haben. Sie muss, wie die vorausgehende vom Tode des grossen Pan, die auf einen Schriftsteller der Zeit des Kaisers Tiberius zurückgeht, aus Überlieferung geschöpft sein. Wir können nicht sagen, Plutarch habe die für de facie erfundene Geschichte hier in de defectu wider verwendet, nicht nur weil er eine selbsterfundene Geschichte nicht in einer ernstgemeinten Erörterung als Beweis verwenden konnte, sondern auch weil grade das, worauf es ihm hier ankommt, in de facie nicht enthalten ist u. sogar der dortigen Darstellung widerspricht. Die Stelle in de defectu handelt von bösen Daemonen. Denn Philippos verteidigt hier gegen Herakleons Bedenken die Annahme, dass es ycaïkoi xai Bvriroi daiixovsq gebe; nur für die schlechten Daemonen wird Sterblichkeit in Betracht gezogen. Denn cp. 17 p. 419 folgen auf den Hinweis, dass Platon, Xenokrates, Chrysippos, Demokritos auch schlechte Daemonen angenommen haben, die Worte: mpl $k Savdxov töv TsiouTuv (scil. tov (paóXwv) oxvxoa Xóyov u. s. w. Gilt dies auch zunachst für die Geschichte vom grossen Pan, so muss es doch auf die von den Kronosdaemonen mitbezogen werden. Dagegen sind die Kronosdaemonen in de facie gute Daemonen — sie sagen es ja selbst 944d extr. — und wenn sie je sterben, dann sicherlich nur im Sinne des t zweiten Todes' d. h. indem sich ihr Nus von der Psyche trennt, um zu höheren Regionen emporzusteigen. Ein solcher Tod ist in de defectu sicherlich nicht gemeint; denn der könnte schwerlich Orkane, Verpestung der Luft u. Epidemien herbeiführen. Wie die Vorlage Plutarchs beschaffen war u. in welchem Sinne sie von der Kronosinsel u. ihren Daemonen berichtete, das ergiebt sich aus de defectu cp. 18 deutlicher als aus de facie. Die Vorlage war ein phantastischer Reiseroman, der durch abenteuerliche und aberglaubische Erfindungen sensationslüsterne Leser verbluffen u. unterhalten wollte; mit Philosophie hatte sie- nichts zu schaffen. Erst Plutarch hat wahrscheinlich den Zug in die Geschichte hineingetragen, dass den Colonisten dieser Insel nóvou èiya xai npay/xarov dcpBova ndpeaxi navza, Ttpoj SuoréaiS xat yoprrfiai$ $1 nepi Xóyoug Ttva? dzi xai yikoaotpiav maxpifiovav Savpaaxw 44 PLUTARCH ÜBER damonen UND MANTIK yap dvai xijg ts vhcov xyv yvavxü'yrpapjevog hat er Philosophie getrieben. Grade deswegen weil das über die Sehergabe der Daemonen gesagte nicht geeignet ist, die folgende Offenbarung zu erklaren, können wir sicher sein, dass es in der Vorlage stand. Da hatten wohl die Kronosdaemonen die Aufgabe, dem Helden des Romans über seine zukünftigen Schicksale Orakel zu erteilen, wie es im griechischen Roman üblich ist, nicht aber ihn über die Herkunft und die Bestimmung der menschlichen Seele zu unterrichten. Wendet man aber ein, die Daemonen seien besonders geeignet über ihresgleichen auszusagen, so behaupte ich, dass die Daemonen des Kronos Daemonen ganz anderer Art sind als die in cp. 27—30. Die Daemonen •dieser Kapitel sind ausschliesslich Menschenseelen, die nach einem von Frevel rreien Leben vom Körper befreit zu ihrer Heimat auf 46 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK dem Monde zurückgekehrt sind u. nachdem sie dort in dem Aether, der den Mond umgiebt, sich gestarkt haben und ganz zu Daemonen geworden sind, als solche in das irdische Leben einzugreifen beginnen. Dagegen sind die Kronosdaemonen der Einleitung nach 942 a Gefahrten des Kronos schon damals gewesen, als er König der Götter u. Menschen war. Offenbar waren sie seine Gefahrten als Daemonen, nicht als Menschen, so wie wir auch sonst in der griechischen Mythologie Daemonen im Gefolge der grossen Götter finden. Der Erfinder dieser Geschichte hat sich unter ihnen nicht entkörperte Menschenseelen gedacht, die erst nach Beendigung eines Menschenlebens Daemonen u. Gefahrten des Kronos geworden sind. Die Stelle in cp. 30 (at b*s tov {SsXtwvwv eWvmv oi nspi tov Kpóvov ovreg 'scpaaav avzovg eïvat) versucht zwar den Kronosdaemonen eine Beziehung zu der philosophischen Daemonologie der cp. 23—30 zu geben, aber der Versuch ist nicht gelungen. Denn die Zeit des Kronos ist für jeden Griechen die Urzeit des Menschengeschlechtes u. die Daemonen, die Gefahrten des Kronos schon zur Zeit seiner Herrschaft über Götter u. Menschen waren, sind von jeher Daemonen gewesen. Kronos selbst müsste nach der philosophischen Daemonologie Plutarchs, wie wir sie aus de defectu kennen, zu den Daemonen, nicht zu den Göttern gerechnet werden. Denn er hat die wavixa Tta3yj xai xivw/Aora xüg tyu/ife noch nicht abgelegt; nur wenn er schlummert, wird das Göttliche in seiner Seele frei, sodass er die Gedanken des Zeus Iraumt. In der Erzahlung selbst ist er trotzdem ein Gott, für die Landsleute des Alten sogar der höchste nachst Herakles u. nach der wahrscheinlichsten Erganzung nicht minder geehrt in Karthago. Derselbe Alte, der als treuer Diener des Kronos geschildert wird u. nur deswegen sich so lange in Karthago auf halt, weil auch da sein Lieblingsgott besonders hoch geehrt wird, tragt dann eine Lehre vor, welche die Göttlichkeit des Kronos ausschliesst.- Daraus kann man mit Sicherheit schliessen, dass die Einleitungserzahlung nicht eigens gedichtet ist, um die Monddaemonologie der cp. 27—30 zu beglaubigen, sondern erst von Plutarch aus derselben Quelle, die er schon in de defectu benützt hatte, ihr zugefügt worden ist. Diese Quelle, das sehen wir jetzt ganz klar, war keine philosophische. Wir müssen nun weiter untersuchen, ob der Hauptteil des Mythos de facie cp. 27—30 in sich einheitlich ist u. so wie er uns vorliegt PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 51 u. es muss erklart werden, wovon sie sich ernahren. Denn die Seele ist nicht wie der Nus unsterblich. Sie besteht ja aus der Mondsubstanz, also aus Materie. Sie kann sich also nur durch StofFwechsel erhalten. Der Nus allein genügt zu ihrer Erhaltung nicht. Dass auch er dazu unentbehrlich ist, konnte spater an geeigneter Stelle nachgetragen werden. So erfahren wir das wichtigste über die Entstehung der Seele, dass sie namlich von dem Nus geformt wird, noch spater. Von einem Widerspruch kann hier nicht die Rede sein. 4.) „Cp. 27 extr. heisst es, nur die reinen Seelen gelangten auf den Mond; dem entsprechend cp. 28, der Mond stosse viele zurüek, die nach ihm verlangen; selbst die guten müssen erst in der Luft gelautert werden, ehe sie in die Seligkeit eingehen. Ebenso sind in cp. 29 nur die guten Seelen JBewohner des Mondes. Ganz anders cp. 30 in: hier wird von Daemonen, also Mondbewohnern gesprochen, die sich von Leidenschaften aller Art zu Unrecht hinreissen lassen u. dafür gestraft werden, und auch nach der Trennung vom Nus sind einige Seelen noch in Irrtum u. Leidenschaft befangen". Diese Beobachtung von Heinze ist entschdeden, wenn sie richtig ist, die bedeutsamste. Denn aus ihr würde sich ein wichtiger Unterschied zwischen der xenokratischen und der posidonischen Daemonenlehre ergeben, was bei den übrigen angeblichen Widersprüchen nicht der Fall ist. Xenokrates- hatte reine u. unreine, gute u. schlechte Seelen ohne Unterschied auf den Mond gelangen lassen, Poseidonios dagegen nur die von jeder irdischen UnvolHcommenheit gereinigten vollkommenen Seelen. Es könnte somit für'Poseidonios nur gute Daemonen gegeben haben, für Xenokrates dagegen gute u. böse. Aber die Ansicht, dass die Seelen, auch wenn sie schon als Daemonen den Mond bewohnen, noch Unrecht hegehen u. dafür bestraft werden, findet sich nieht nur in cp. 30, das Heinze auf Xenokrates, sondern auch in cp. 29, das er auf Poseidonios zurückführt. Wenn ferner nach Xenokrates die Zulassung der Seelen zum Monde von ihrer maralischen Beschaffenheit ganz unabhangig ist, warum werden dann die Daemonen, die sich als solche eine Ungerechtigkeit zuschulden kommen lassen, zu erneuter Einkörperung verdammt? Von wem stammt ferner der Zug, dass die Seelen im Luftraum für die Sünden ihres Erdenlebens bestraft werden ? Von Poseidonios stammt er auch nach Heinze nicht. Er stammt doch wohl von dem, der in cp. 27 den Luftraum zwischen 52 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK Erde u. Mond als Hadés bezeichnet. Stammte er von Xenokrates, so ware dies ein Beweis, dass er nicht auch die bösen Seelen auf den Mond gelangen liess. Wenn andrerseits Poseidonios nur die ganz vollkommnen, für immer von Sünde freien Seelen auf den Mond gelangen liess, warum heisst es auch in cp. 28, das aus ihm geschöpft sein soll: evtag $s xai tüv éxrrixóv zum Gehorsam gegen den Logos erzogen hat, ist darum noch nicht vollkommen u. göttlich u. den höheren Aufgaben, die ihr nun gestellt werden, gewachsen. Auch sie kann noch der Versuchung erliegen u. sündigen. Es ergiebt sich also 1.) dass ein Widerspruch gar nicht vorliegt, 2.) dass, wenn wir einen anerkennen müssten, die widersprechenden Ansichten nicht durch die von Heinze befürwortete Scheidung der beiden Quellen auseinander geklaubt werden konnten. Richtig ist, dass die in cp. 29 gegebene Schilderung des Mondes, seiner Substanz, Grösse, Bewegung, Oberflache (seines Gesichts) zun'achst den Eindruck einer Einlage macht. Von dem Treiben der kürzlich auf den Mond zurückgekehrten und zu Daemonen gewordenen Seelen, dessen Schilderung am Ende von cp. 28 begonnen war, wird unsre Aufmerksamkeit in cp. 29 auf einen ganz andern Gegenstand abgelenkt: auf die physikalische Beschaffenheit des Mondes. Erst mit cp. 30 in. kehren wir zu dem cp. 28 extr. begonnenen Gegenstande zurück. Der Form nach freilich wird auch cp. 29 in die Schilderung des Lebens u. Treibens der Monddaemonen eingeordnet durch die Worte: èyopapi ó*s rcpöTOv ph cdtrtig oeXvjvvk to pgy&og xat to xaXXog xai rov yCaiv u. s. w., denen die Anfangsworte von cp. 30: oüx a« ó*s iïïonpïfiovoiv èn alz?,g oi datuoveg entsprechen. Aber das andert nichts daran, dass der Sache nach in cp. 29, abgesehen von den Worten xdg Töv ayotS&v «f^/a's — rf,g nspi tov oüpavov app.o-nag und spater: repatoüvrat ydp at u^u/ai di xin&v — zo\ npèg yüv, nicht von dem Leben u. Treiben der Daemonen, sondern von der physikalischen Beschaffenheit des Mondes gehandelt wird. Die Art der Einordnung erscheint daher PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 53 als ein blosser schriftstellerischer Kunstgriff Plutarchs, sodass die Frage berechtigt ist, ob nicht dies Kapitel aus einer andern Quelle eingefügt ist. Da der ganze Dialog, dessen Abschluss der Mythos bildet, nicht die Daemonen, sondern den Mond, ganz besonders .seine Substanz u. sein Gesicht behandelt, so könnte man glauben, Plutarch habe diesen Abschnitt, der sich auch durch seine Philosophencitate von den übrigen Teilen des Mythos unterscheidet, aus andrer Quelle geholt, um dem Mythos eine starkere Beziehung zu dem Hauptthema des Dialogs zu geben. In der That stimmt ja die Behauptung des cp. 29, dass die Mondsubstanz aus Erde u. Aether (oder Astralsubstanz) gemischt sei zu der Ansicht, die Plutarch selbst billigt u. in dem ganzen vorausgehenden Gesprach durch seine Schulgenossen gegen die stoische Lehre, dass die Mondsubstanz aus Feuer u. weniger Luft bestehe, verfechten lasst. Aber einen Beweis der Interpolation dürfte man hierin doch nur dann sehen, wenn diese Ansicht dem Mythos selbst widersprache oder doch wenigstens zu seinem Grundgedanken ohne Beziehung ware. Statt dessen ist diese Beziehung eine ganz enge. Die Substanz des Mondes musste besprochen werden, um zu zeigen, dass er, entsprechend der Mittelstellung der Seele zwischen Geist u. Leib, ein Mittleres zwischen Sonne u. Erde ist. Dies ist der Grundgedanke des ganzen Mythos, der als solcher wirkungsvoll am Schluss ausgesprochen wird: jjiixtov dè xai pfaov ri ^v^c, xo&otnep ri asknvrj TfiSv av&) xat xarw aCpixiyixa xai //.sTaxspafffxa vno tov 5so£i yéyove., toütov apa npèg fjXtov ïyipvaa. tov Xóyov, ov e/et yü npèg oikrivriv. Nach stoischer, auch von Poseidonios gebilligter Lehre besteht die Mondsubstanz aus Feuer u. Luft; der Mond gehört als Gestirn zur Himmelsregion u: nimmt keineswegs jene Mittelstellung zwischen der oberen u. der unteren Region des Kosmos ein, die unser Mythos so stark betont. Schon dies macht die Zurückführung von cp. 29 auf Poseidonios unmöglich,' bei dem sich auch die Daemonen immer nur unter, niemals auf dem Monde aufhalten. Die Erörterung über die Mondsubstanz gehört also, trotz ihrer etwas künstlichen Einordnurig, die unsern Argwohn erregte, zu dem Mythos. Ob Plutarch auch Plato u. Xenokrates in seiner Hauptquelle citirt fand, können wir hier noch nicht fragen. Denn vorher müsste klar gestellt sein, ob eine solche cHauptquelle' überhaupt vorhanden war oder Plutarch den Mythos selbst gedichtet hat. Nur das sei schon jetzt betont, dass die Lehre des Xenokrates als der 54 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK richtigen (offenbarten) Lehre nahe verwandt u. ahnlich, nicht als mit ihr identisch gelobt wird. Der Mond besteht nach unsernt Mythos aus Erde u. Aether (= Astralsubstanz) Die Erde besteht nach unsernt Mythos aus Erde, Wasser u. Pneuma Die Sonne besteht nach unsernt Mythos aus Aether. nach Xenokrates aus dem zweiten Dichten u. Luft. nach Xenokrates aus dem dritten Dichten, Wasser u. Feuer. nach Xenokrates aus dem ersten Dichten u. Feuer. Man kann sicherlich nicht sagen, dass zwischen unserm Mythos u. Xenokrates in diesem Punkte nach den von Plutarch überlieferten Angaben völlige Übereinstimmung der Lehre besteht. Auch wenn man in den Xenokratischen Angaben bei der Erde die Luft, beim Monde das Feuer hinzufügte, um bei beiden Autoren eine stetig fortschreitende Reihe zu erhalten: Mythos. Sonne. Aether. Mond. Aether \ Erde. Erde. Aether (== Pneuma ?) -\- Erde -f- Wasser. Xenokrates. Erstes Dichtes -f- Feuer. Zweites Dichtes -\- (Feuer) -f- Luft. Drittes Dichtes -f~ Feuer -f- (Luft.) -f- Wasser. sind diese Reihen keinesfafls identisch, sondern nur darin einander entsprechend, dass vom obersten Weltkörper u. Element angefangen bei jedem folgenden u. niederen Weltkörper ein weiteres Element hinzu kommt. Aber statt der drei Xenokratischen Abstufungen des dritten Elements kennt der Mythos nur eine Form desselben: Erde; u. statt der zwei dunnen Elemente des Xenokrates, Feuer u. Luft -kennt der Mythos nur eines, Aether (= Pneuma), als Bestandteil der drei Hiramelskörper. PLUTARCH ÜBER DAMONEN" UND MANTIK 55 Eine Beziehung zu dem Mythos hat die Erörterung über die gemischte Substanz des Mondes auch dadurch, dass diese als geeigneter Trager seeKschen Lebens erwiesen wird. Wie das Fleisch durch die Beimischung des Blutes der Wahrnehmung teilhaft wird, so macht die Durchdringung des Erdstoffs mit Aether den Mond beseelt u. zeugungskraffig. Diesem Satze errtspricht in dem Xenokratescitat die Behauptung, weder die dicke Substanz ohne Beimischung einer dünnen, noch die dünne ohne Beimischung einer dicken könnte Trager seelischen Lebens werden. Neben der Mittelstellung des Mondes zwischen der oberen u. unteren Welt ist dies in der Erörterung über die Mondsubstanz der beherschende Geskhtspunkt. Dadurch ist dieser Erörterung eine Beziehung auf den Mythos gegeben. Sie soll beweisen, das der Mond vermöge seines Stoffes geeignet ist, Seelen aus sich hervorzubringen u. sie wider in sich aufzulösen (vgl. 945 a). Werter ist dann von der Grösse des Mondes die Rede, einem Gegenstande, der gleich zu Anfang von cp. 29 angekündigt war: ifopaai dl np&tov [xlv avzijg asXwfljg to jutsyeSos xai to xaXXog. Leider ist dieser Satz in der Überlieferung schwer verderbt. Subject des Satzes kann nicht zvpog xai /utsyêSog sein, dem der Artikel fèhlt, sondern nur das aus dem vorhergehenden zu erganzende h vzkrw, ivpog u. fxêyéSa; sind Accusative der Beziehung zum Praedicat. Ferner kann das überlieferte jxet^ov rcoXXaxtg ssrt nicht bedeuten: „sie ist vielmal so gross = ein Vielfaches an Grösse", sondern nur „sie ist oft grösser", als ob der Mond bald kleiner bald grösser ware. Es ist daher noXXaxt; in ttoXXcï = „um vieles grösser" zu andern. Der ganze Satz muss also lauten: svpog de xai [xéy&og q'j% sotjv (statt ócrov) ot ysujxérpat Xsyowtv, aXXa ^st^wv ttoXXö (statt jutef%ov noXkócxig) èm. Der folgende Satz: * xaTa/xêTpst dl r^v oxtav -rijs y>3S óXr/ots (statt óXtyoxtc) xoïg savrifc \xsrp$&iv will dafür einen Beweis geben. Der Erdschatten gemessen mit dem Monddurchmesser ergiebt einen kleinen Quotiënten. 'OXtyaxtg ist eben sowenig haltbar wie das vorher besprochene roXXaxts,- das zeigt der Plural totg /xsyÖsaty, geschützt durch die Parallelstelle 923 b: vm tovwu dl (scil. rov avw -rij; oxta?) opaq ahaxouévY) raïg sxXïRj/so'tv ïj .o'sXkvïj rpiii fxóXt; toi? iavrrïq tj.syé3s sretyst tïiv xm)7tv, Jnus rayv (hexnepa tov axoraóVj tÓttov u. s. w. Grade die Oberflachlichkeit, Unklarheit u. wissenschaftliche Unhaltbarkeit dieses Gedankens zeigt, dass dem Autor hier nicht die Astronomie am Herzen liegt, sondern einzig u. allein sein Mythos. Einen astronomisch annehmbaren Gedanken wird in diese Stelle nicht leicht jemand hineincorrigiren können, ohne sich weiter als die WahrscheinUchkeit erlaubt, von dem Überlieferten zu entfernen. Auf die Stelle über die Grösse des Mondes folgt zunachst die, welche uns das Verhalten der guten u. der sündigen Seelen wahrend der Mondfinsternis schildert; eine Stelle, die ein Hauptstück des Mythos selbst bildet u. von ihm nicht losgerissen werden darf, wie es Heinze versucht hat. Denn wenn man dieses Stück, indem man es auf eine zweite Quelle zurückführt, aus dem Mythos herauslöst, dann raubt man diesem den dramatischen Höhepunkt, auf dem sich die Vorstellung von dem Monde als der Heimat der Seele zu einem für die Phantasie eindrucksvollen, für das Gemüt ergreifenden Vorgange steigert, der an den Mythos im platonischen 4Phaidros' erinnert. Kein ernstbafter Philosoph kann den Mond dogmatisch als die Heimat der Seelen angesehen haben u. ebensowenig die Sonne als die des Geistes; sondern dem Erfinder dieses Mythos war es nur darum zu thun, seine metaphysische Anschauung, dass die Seele aus höherer Region stamme als der Leib u. der Geist aus höherer Region als die Seele u. dass die Seele ein zwischen der geistigen u. der körperüchen Welt vermittelndes Zwischenwesen sei, in einer anschaulichen Vorstellung für die Phantasie zu verkörpern. Darum hat er Erde, Mond u. Sonne zu Angelpunkten seines Mythos gemacht u. ihnen die drei Moiren beigesellt. Der Mond ist bei ihm Vertreter der ganzen Weltregion, in der die Weltseele waltet, wie die Sonne für ihn Vertreterin u. Abbild des unsichtbaren göttlichen Geistes u. der Idee des Guten ist: omoxpwezai o voös rr)g tyu-/ris £pom rüg rept tov nhov sotóvoq, (überl. ov*) exvxix^ovog) stimmen zu dem in der Einleitung cp. 27 über Persephone u. das elysische Gerilde gesagten. Dass die Seelen durch diese Schlupflöcher bald aufwarts bald abwarts schlüpfen, ist nur aus dem nach Heinze xenokratischen, nicht aus dem nach ihm posidonischen Teile des Mythos zu verstenen. — So hat sich uns also durchweg die enge Zusammengehörigkeit von cp. 29 mit dem Hauptteile des Mythos bestatigt. Der einzige Abschnitt in den Kapitein 27—30 de facie, der nicht in festem Zusammenhang mit dem übrigen Mythos steht, ist der, auf welchen Heinze hauptsachlich seinen Beweis für Xenokrates als Quelle des Mythos gründet, namlich der Anfangsabschnitt von cp. 30, der ahnlich wie de defectu cp. 13 f u. de Iside et Osiride cp. 25 die Wirksamkeit der Daemonen auf der Erde schildert u. sie namentlich zur Erklarung der Orakel benützt. Es befremdet, dass die Seelen, deren Freude über ihre Heimkehr aus dem irdischen Exil in ihre herrliche Heimat auf dem Monde uns soeben so lebhaft geschildert worden ist, dieselben Seelen, die nicht einmal wahrend der kurzen Zeitspanne einer Mondfinsternis die himmlische Musik der Spharenharmonie entbehren wolken, sondern schreiend den Mond zur Eile antrieben, nun doch wider auf die Erde hinabsteigen müssen, nicht zu kurzem Besuch, sondern zu dauernder Ausübung eines Berufes, der sie Jahrhunderte lang auf der Erde festhalt. Denn wenn sie die Orakelstatte verlassen, so muss diese ihre Wirksamkeit cinstellen. Auf den Mond u. zu dem leichten, wenn auch nicht göttlich-sehgen Leben, das ihnen versprochen war (vgl. 942 f) kehren sie auch dann nicht» zurück, denn ihre irdische Wirksamkeit hört erst auf, wenn sich der Nus vom Leibe trennt u. zur Sonne u. über die Sonne hinaus zum Reich des Unsichtbaren emporsteigt. Als sie nach dem irdischen Tode zum Monde emporschwebten, da sahen sie mit banger Unruhe, dass nicht nur viele ihrer Reisegefahrten u. Mitheimkehrer von dem Monde zurückgewiesen wurden, sondern auch einige der bereits den Mond bewohnenden Seelen wider in den Abgrund hinabtauchen mussten. Was ihnen damals so entsetzlich schien, das ist nun ihr eignes Los, obgleich sie doch zu den guten (wenn auch nicht vollkommenen) Seelen sehören. Wenn sie sich aber bei ihrer Berufsthatigkeit als 6o PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK Daemonen etwas unrechtes zu schulden kommen lassen, so werden sie nun erst auf die Erde hinabgestossen, auf der sie ohnehin schon ihren Wohnsitz haben (aSovvzat ydp avSiq êni yrjv) u. von neuem eingekörpert. Ich denke, es ist schon jetzt^ klar, dass hier zwei Vorstellungskreise mit einander verschmolzen werden, die ursprünglich unabhangig von einander bestanden haben. Ist es aber Plutarch, der sie mit einander verschmilzt, so kann er keinen von beiden selbst erfunden u. ausgebildet haben. Wenn man die Widerholung des Monddrama's im Timarchmythos mit heranzieht, so wird der Eindruck bestatigt u. verstarkt, dass die Quelle, die Plutarch beidemal benützt, ein Widerhinabsteigen der auf dem Monde wohnenden Seelen auf die Erde zu Jahrhunderte waehrendem Aufenthalt nicht enthalten haben kann, ausser zum Zweck der Widereinkörperüng. Da schreien die Seelen, wenn der Erdschatten gegen den Mond heransaust, voll Furcht von ihm mitfortgerissen zu werden: roXXag yap ó 'AioNjg dfapnd&i neptókaSavovo-as; u. unter den in den dunklen Abgrund hinabtauchenden Sternen zeigt dem Timarch sein Mentor keine Daemonen, die sich auf die Erde begeben, um dort uneingekörpert als Daemonen thatig zu sein, Persephone (= Selene) ist es, die 9436 den zweiten Tod herbeiftihrt, indem sie mit sanfter Hand allmahlich den Nus von der Seele ablöst. Bedeutet das nicht, dass diese Entwicklung sich vollzieht, wahrend die Seelen im Reich der Persephone wohnen? Dagegen findet nach 944 e die Thatigkeit der Daemonen auf der Erde ihren Abschluss, wenn sie durch die dpumn EfaXXayó abberufen werden u. der Nus sich von der Seele scheidet. Diese Trennung hat sich also auf • der Erde, nicht auf dem Monde vorbereitet. Wenn dann wider wenige Zeilen spater die Ablösung des Nus von der Seele aus der ihm innewohnenden Sehnsucht nach der Sonne erklart u. hinzugefügt wird: auch Selene selbst folge liebend den Spuren des Helios u. möchte sich von ihm befruchten lassen (xat ydp alzriv zr,v aèkóvïp epvzt zou -«Xiov nspinoteïv dei xai avyyiyveaSai opeyojxevriv dn' avtov (Xa^stv) zb yovipazazm), ~ so zeigt das avzw, dass die Seelen auf dem Monde wohnend gedacht sind. Dieselbe Sehnsucht erfüllt den Mond selbst u. seine Bewohner. Die vom Nus verlassenen auf dem Monde zurückgebliebenen Seelen führen ein Traumdasein, in dem bisweilen die Sehnsucht nach dem Erdenleben wider in ihnen rege wird u. sie mit der jetzt, wo sie PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 6l keinen Nus mehr haben, doppelt entsetzlichen Gefahr erneuter Einkörperung bedroht. Ganz sicher vor dieser Gefahr sind nur die aéfpovsg, [xeza. ff/oXife anpdypova xat fikóaofov Wpfaoai fiiov, die sogleich hinwelken u. sich wider ui die Mondsubstanz auflösen. Diese Worte können meines Erachtens nur auf das Verhalten der Seelendaemonen zwischen dem ersten u. dem zweiten Tode bezogen werden. Denn ihr Verhalten im irdischen Leben liegt zu weit zurück, um jetzt noch ihr Schicksal zu entscheiden. Diese Seelen haben offenbar wahrend ihres Lebens auf dem Monde sich der philosophischen Musse hingegeben u. sich dadurch ein besseres Los verdient. Hier herscht offenbar eine ganz andere Auffassung von der Aufgabe u. Bestimmung der auf den Mond zurückgekehrten Seelen als in dem Anfangsabschnitt von cp. 30, der uns die guten Daemonen durchaus nicht in philosophischer Musse dahinlebend, sondern als npaxzatoi mit Angelegenheiten des irdischen Menschenlebens beschaftigt zeigt. Es hat sich gezeigt, dass der Anfangsabschnitt von cp. 30 nicht innerlich mit dem Mythos festzusammenhangt, sondern ihn störend unterbricht. Da ganz ahnliche Darlegungen über die Bedeutung der Daemonen für Götterlehre, Kulte, Mysteriën u. Orakel sich auch in der früher verfassten (siehe oben S. 46) Schrift de defectu u. in der Schrift de Iside et Osiride finden, ohne mit der Heimkehr der Seele auf den Mond in Verbindung gebracht zu werden, so ist es wahrscheinlich, dass diese Verbindung erst von Plutarch selbst stammt, der dass Bedürfnis fühlen móchte, was er in de defectu über Daemonen gelehrt hatte mit dem neuen Mythos einigermassen in Einklang zu bringen. Dem Erfinder dieses Mythos war es offenbar nicht auf Daemonenglauben, sondern auf die Herkunft der Menschenseele u. ihre Schicksale nach dem Tode angekommen. Abgesehen von dem Anfangsabschnitt des cp. 30 kommt der Ausdruck nur ein einziges Mal in dem Mythos vor, gegen Ende jon cp. 29, wo den Seelen im 'Exotïjs /xu/ós Recht gesprochen wird «v av y;$yi yzyzvYipivat dat'fxovss ï7 nuBuoiv « èpaaam. Bemerkenswert ist, dass 945 b Wesen wie Tityos, Typhon, Python für Seelen erklart werden, die nach dem zweiten Tode ohne Nus wider eingekörpert worden sind. Von schlechten Daemonen, die es ausser den guten gebe, war in dem Anfangsabschnitt von cp. 30 die Rede. Die Strafe ihrer Vergehen bestand in erneuter Einkörperung. Dagegen werden Tityos, Typhon, Python 62 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 945 b durch die vorausgegangene Einkörperung in Menschen- oder Tierleiber zu so gefahrlichen Ungeheuern. Sie können also nach den Voraussetzungen unseres Mythos nicht zu den Daemonen gereehnet werden, wie Giganten, Titanen, Python, Typhon de Is. et Os. cp. 25. Daraus möchte ich schliessen, dass diese Stelle zur Hauptquelle gehört. Die Übereinstimmung des Anfangs von de facie cp. 30 (d.h. der Angaben über die irdische Befhatigung der Daemonen bei Orakeln u. Mysterienculten sowie als Racher menschlicher Frevel u. Erretter aus Meeresgefahr) mit der sicher auf Xenokrates zurückgehenden Darstellung der Daemonenlehre in de defectu cp. 13—15 und de Is. et Os. cp. 25. 26 hat für Heinze den Hauptgrund gebildet, das Hauptstück des Mythos in de facie ebenfalls auf Xenokrates zurückzuführen. Nachdem wir uns überzeugt haben, dass grade dieser Abschnitt in de facie cp. 30 mit dem Hauptteil des Mythos nicht fest zusammenhangt, ist der Zurückführung des letzteren auf Xenokrates die Hauptstütze entzogen. Auch was Heinze sonst anführt (schon Schmertosch de Plut. sententkrum quae ad divinationem spectant origine Leipz. Diss. 1889 u- Dümmler Akad. 202 hatten vor Heinze die gleiche Ansicht vertreten) auch was sonst angeführt wird, scheint mir nicht stichhaltig. Zwischen der Daemonenlehre des Xenokrates und der des Mythos de facie scheint mir nicht völlige Übereinstimmung zu bestehen. Heinze hat S. 83 aus de defectu cp. 13 p. 4176 geschlossen, dass auch die Daemonen des Xenokrates, wie die des Mythos, abgeschiedene Menschenseelen waren. Die Stelle lautet: tiert yap, «5 èv xvBp&miq, mi èaiixoaiv dpszrj$ ó\ocd5v. Diese grössere Starke und Macht, die der eines Gottes nahekommt, wird offenbar nicht aus der Körperfreiheit abgeleitet. Denn de Is. et Os. cp. 25 lesen wir, dass die Daemonen to Ssibv oix ««mg °ud' axoazov z/ovav, «XX« xat Xov, die Rede ist, wenn dieses im Gegensatz zu den adpxeg einerseits und dem 0 èv^ooCp^a xai fpovoO[iev andrerseits durch die Ausdrücke 3vp.óg, fó'fiog, fadvpfe gekennzekhnet wird, und 945 a, wo die Seelen df&ïaai unb zoü voü xai izpbg obóiv en yjpunsvai toi? naSemv dnofiapaivovzai. Hier ist also eine von der Xenokratischen durchaus verschiedene Auffassung vom Wesen der Seele ausgedrückt, welche die Zurückführung des Mythos auf Xenokrates unmöglich macht. — Übrigens ist auch die Deutung der PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 65 drei Moiren, Atropos, Lachesis, Klotho, die Sextus adv. math VII 148 für Xenokrates bezeugt, mit der in de facie (und de genio) vorgetragenen Deutung unvereinbar. Klotho und Lachesis haben ihre Platze getauscht. — Der Mittelstellung der Seele zwischen Geist und Körper entspricht im Mythos die Mittelstellung des Mondes zwischen Sonne und Erde. Diese wird ausdrücklich auf eine Mischung 4er Mondsubstanz aus Astralstoff und Erde zurückgeführt cp. 29 in. (p. 943 e) wv fvaiv ov/ a'fitxtov, °mt "^P™ T** ouffav' Vgl. cp. 30 (p. 943 d) x aèmti t<3v am xat xotö avufuypa^ xai fxeraydpa xai xowpov ipfipitt hóvouzv aaanaaaaxBai npèq npx&, Miv ^êvavrtuv loyiafiüv Baxépa npoaèSèv eXvos -rèv driopuxv, rijg iaémrtoq mcupeBeèms, S>rzs *v*nnots flndsu&nr d &éypYiyopóxas xat xa&ot&kas ra fpovüv dparós xtvcwi, 3aufjiafftov ïfyowrat xat ■airwrev, aamp av zï xiq oïoixo tov ^ouatxcv dvapJvri W Ivpa zpApwov, oxav (jixjxü xoïg -róvot? r, xa5ap^oa5i5 pr, «KuaSeu fuj* XpnaBai. Die hier bekampfte Ansicht, ist ebendieselbe, die'wir aus Cicero als die des Poseidonios kennen: de div. I 113 : nee vero umquam animus hominis naturaliter divinat, nisi cum ita solutus est et .vacuus, ut ei plane nihil sit cum corpore; quod aut vatibus contingit aut dormientibus. Nur diese zwei Arten der naturalis divinatio kennt Poseidonios. Mit keiner von beiden ist die von Simmias bei Plutarch geschilderte identisch, mit der einen nicht, weil sie kein Traum ist, und mit der vaticinatio des Poseidonios auch nicht, weil diese eine ^ovta, eine Verzückung ist, wahrend nach Simmias gerade den dSópvfiov riïog xat vnvep-ov i/ovai dw tytyfa, den xa^zaxaxeg êv «SS tppovetv die OfFenbarung zuteil wird. Vgl. de div. I 34. concitatione quadam animi u. vaticinantibus per furorem. 38. vis lila terrae, quae mentem Pythiae divino adflatu concitabat. 66. inest in animis praesagitio extrinsecus iniecta atque inclusa divinitus. ea si exarsit acrius furor appellatur, cum a corpore animus abstractus divino instinctu concitatur. 114. ergo et ii, quorum animi spretis corpóribus evolant atque excurrunt foras, ar do re aliquo inflammati atque incitati cernunt illa profecto, quae vaticinantis pronuntiant, multisque rebüs inflammantur tales animi etc. 129. cum — mente permoti per se ipsi liberi incitati moventur. Poseidonios stellt § 111 der ratio humana den 8 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK divinus impetus als ausschliessenden Gegensatz gegenüber u. wiU die Voraussagen derjcnigen „qui se a corpore avocent et ad divinarum rerum cognitionem cura omni studioque rapiantur" weil sie aus der ratio entspringen, nicht als Weissagungen geiten lassen. Simmias dagegen bei Plutarch führt das Daimonion des Sokrates auf seinen voug zurück, der von einem starkeren, göttlichen voGg berührt dessen Xfyoi vernimmt. Plutarch kann also unmöglich,, was er scinem Simmias in den Mund legt, aus Poseidonios geschöpft haben. Simmias erklart das sokratische Daimonion für eine innere Stimme, die man ohne Vermittlung eines körperlichen Organs vernimmt, indem der lóyog eines Damons sich direct, durch eine rein geistige Berührung auf unsern voGg übertragt: Xóyov duipjovog trveu parijs ifanxópsvov a-jxa tü dylovfiévto xoG vooGvxog und gleich darauf: ó tfê xoO xpehxovog voGg ayu xkv eïfua &v ist nach stoischer AufFassung unkörperlich. Es kann also weder auf einen Körper noch auf ein andres ünkörperliches durch Berührung Wirkungen ausüben. To noioGv xat maxpv a&pA êmv. Von Simmias dagegen wird dieses vo*$év als der wirkende Factor in dem Offenbarungsvorgang dargestellt: & xat ^altera xè vor,3iv vloer» e> Mvofin xattt/iaSsfv «téfaatv. An Stelle von xè vorfiév steht 589 b gleichbedeutend swei?3stg Xóyog. An dieser Stelle wird zuerst der vowwrat die Bewegung des Leibes zu einer Handlung zugeschrieben, dann aber verbessert sich Simmias selbst und macht den Xóyog èvyoy&ig zur Bewegungsursache: d xüg xtwjreug xpónog —, xo5" cv ri aXXov l Xóyoi dia navtm ftpépLsvoi [xévotg è v v\ % 0 G cmep ypap.parsïov aypacpov xai aloyov xód aoptaxov si; avxov, «Jfexrtxov §\ yavzaaiüv nó&eai xat npoaur5v;(7£uv_, aavXXoy iaxutg anxtxai xov plXXovxog, oxav èxoxti px/iXiaxa xov napóvxog. 'éyaxaxat 0% xpdaa xai Aa3aret xov aétuaxog. Dies ist unsre ausführlichste u. beste QueUe für Poseidonios' Lehrevon der natürlichen Weissagung. Sie macht noch klarer als Cicero's Darstellung, dass die purvxtxx S0vap.tg bei Poseidonios dXoyog ist u. sich intuitiv ohne Beteiligung des vovg u. loyiop&g bethatigt. Unmöglich kann also Poseidonios der Urheber der von Plutarch de gertio Socratis in der Simmiasrede, von der die Theanorrede unabtrennbar ist, vorgetragenen Lehre sein. Durch blosses Versehn schliesst R. Heinze S. 103 Anm. 3 aus der eben angeführten Stelle das Gegentcil. Ebensowenig wie die Simmias- u. die Theanorrede kann m. E. der von Simmias erzahlte Timarchmythos aus Poseidonios stammen. Dieser Punkt ist deswegen von besonderer Bedeutung, weil R. Heinze auf Grund der Zuweisung des Timarchmythos an Poseidonios aus dem Mythos in de facie ein mit ihm inhaltlich sich nahe berührendes Stück ausschneidet u. so zu einer Scheidung der xenokratischen von der posidonischën Damonenlehre gelangen wül. Er geht dabei von der Voraussetzung aus, dass Plutarch derartige Mythen im allgemeinen unveründert aus seinen Vorlagen übernommen hat Gerade dieser Punkt bedarf aber einer genaueren Untersuchung. Denn warum soll nicht Plutarch derartige Mythen nach1 dem Vorbüde Platons entsprechend der künstlerischen Absicht des einzelnen Dialogs selbst gedichtet oder doch in Anlehnung an altere Mythen frei gestaket haben ? Dass Xenokrates und Poseidonios sich jemals der mythischen Darsteilungsform nach dem Vorbüde Platons bedient haben, ist nirgends PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 23 oben gezeigt habe. Die Erzahlung von dem umherschweifenden Geiste des Hermodoros (oder Hermotimos) stimmt nicht zu der von Cic. de div. I 114 nach Poseidonios geschilderten Ekstase. Denn sein Geist gehorte nicht zu denen „qui spretis corporibus evolant atque excurrunt foras", weil er nie in dem Leibe gewesen war und er war auch nicht „ardore inflammatus atque incitatus", worauf Poseidonios in diesem Satze das Hauptgewicht legt. Der animus, der nach de div. I 115 viget in somnis liber a sensibus omnique impeditione curarum iacente et mortuo paene corpore ist nicht das fpoyovv, der vovg, sondern die Seele selbst. Die Kraft der vom Körper möglichst unabhangigen Seele, nicht des Geistes, ist der Lieblingsgedanke des Poseidonios. Die 'Lehre, „dass der Daimon des Menschen garnicht im Körper sei, sondern über ihm schwebe" kann nicht als eine mythische Einkleidung des posidonischen Lieblingsgedankens aufgefasst werden. Sie mag uns phantastisch vorkommen, aber von ihrem Urheber war sie theoretisch ernstgemeint. Man kann sich leicht vorstellen, wie aus der aristotelischen Lehre vom vovg ttoojtixÓs u. seinem Verhaltnis zum Leibe diese Lehre entstehen konnte. Auch für Plotin ist es kein Widerspruch, dass die Seele gleichzeitig im Leibe und im göttlichen Nus ist. Der Urheber der Lehre, die im Timarchmythus benutzt ist', kennt aber keine Trennung von Nus u. Seele: 491 d éuvrj nöaa vov [uxéd^sv, ukcryoq èï xai avovg oux eaxtv, aXX' oï oxta \a\xPavo\xtvrp, nur dass dort noch hinzugefügt wird; óXrya'xts ó*s toöto b\a itévxs (iyjv&v ndaypvaav. Auch die folgenden Worte im Timarchmythos: xai tjjs Ztoybg èitifépo(iévr)g ai 4/u/ai fio&n Tovg cfè óWeoSéVrag zu schreiben. Bis dahin war die Darstellung allgemein, von hier an spricht der Alte von sich u. seinen Fahrtgenossen. Ausserdem ist in diesem Abschnitt 941 e in. die Bemerkung Wyttenbachs, die Bernardakis anführt, zutreffend: excidit loei, in quem ro-paiovvrai homines, significatio. Denn wenn man auch erraten kann, dass die Kronosinsel das Ziel der Reise bildet (obgleich von dieser 941a nur gesagt ist: «v sv \xiS. tov Kpóvov ot pdpfiapoi xaMp/Sau tj.v3oloyov>v <]t>xai) s^cn vvehklagend herandrangen, so passt diese Begründung nicht für Poseidonios, der ja nach Heinze's richtiger Ansicht keine Höllenstrafen im Luftraum zwischen Mond u. Erde annahm. Finden dort keine Höllenstrafen statt, so PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 49 kann der Erdschatten kein Ort des Schreckens sein, wenn nicht etwa auch die Erde selbst ein Ort des Schreckens ist. Der Widerspruch, wenn einer anzuerkennen ist, besteht auch in cp. 27 selbst. Denn der Eintritt des Mondes in den Erdschatten soll einerseits die Vereinigung u. Umarmung der Demeter u. Kore bedeuten, andererseits das Verweilen der Kore in Nacht u. Dunkel, also ihre Trennung von der Mutter. Man darf offenbar in dieser spielenden Anknüpfung an die Sage von Demeter u. Kore, die nach Plutarchs eignen Worten auch tfewfo? enthalt, keine Folgerichtigkeit fordern. Kore kann den Hades nicht verlassen, weil sie 'Aidov itépag ist. Aber der Hades ist das Reich ihrer Mutter Demeter, denn "A$ov rópaq ist gleich dem homerischen mipona. yairig. Kann sie also den Hades nicht verlassen, so ist sie immer bei ihrer Mutter. Insofern sie aber nur alle ftinf bis sechs Monate von ihrer Mutter der Erde mittels des Schattens ereilt wird, ist sie von ihr getrennt (xapk ovaa). Dieses Spiel mit dem Mythos darf man nicht zu ernst nehmen. 2.) „Die Wesensverschiedenheit von vovg u. i^u/w, die cp. 28 zu Anfang so stark betont wird, tritt im Folgenden ganz zurück, um erst cp. 30 wieder zu erscheinen; im zweiten Teil von cp. 28 und in cp. 29 wird ifu/w durch weg von der ganzen Seele gebraucht." Am Anfang des von R. Heinze ausgeschiedenen Abschnitts heisst es ausdrücklich: jede Seele, sowohl die des vov$ entbehrende wie die mit dem vovg verbundene, müsse nach ihrer Entkörperung laut Schicksalsschluss in dem Raum zwischen Erde u. Mond langere oder kürzere Zeit umherirren. Die ungerechten u. zuchtlosen würden hier für ihre Sünden bestraft, die wackeren («nsocos) dürften, nachdem sie eine bestimmte Zeit in dem Luftraum, der Wiese des Hades genannt werde, sich von der ihnen noch anhaftehden Befleckung durch den Leib gereinigt hatten, zu ihrer Heimat auf dem Monde, wie aus der Vérbannung, zurückkehren. Von den letzteren ist dann bis zum Schluss von cp. 28 ausschliesslich die Rede. Da unter den «kieixecs uj/u/ai sich keine des voüg entbehrenden befinden können, so ist klar, dass dieser ganze Abschnitt von den (j/u/at uszd voö handelt. Auch das blosse fv/aï könnte, wenn es in diesem Abschnitt vorkame, nur auf sie bezogen werden u. dürfte keinen Anstoss erregen. Es kommt aber nirgends vor ausser in dem Heraklitcitat am Schluss des Kapitels. Hier ist also ein Anstoss nicht gegeben, da die Erwihnung Verh. Afd. Letterk. 1921 (v. Arnim). 4 5° PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK der [uza vov u/u^ai am Anfang das richtige Verstandnis des ganzen Abschnitts sichert, weil diese, ohne noch einmal genannt zu werden, in allen folgenden Satzen Subject bleiben. Das gilt auch noch für den Anfangssatz des cp. 29: èfop&m o*s u. s. w. Wenn dann nach langerem Zwischenraum, in der Mitte des Kap. 29, nochmals die Seelen der Guten u. die Seelen der Straflinge einander gegenüber gestellt werden, so wird man auch hier an der Nichterwahnung des mit den guten Seelen verbundenen, Nus nicht Anstoss nehmen. Diese Daemonen gehören, wênn sie auch mit Nus verbunden u. nach ihrer Zusammensetzung Doppelwesen sind, als einheitliche Lebewesen in die Gattung der u/at Recht gesprochen wird 2>v av r)dr) yeyev^jxevac datfxovss 3 ndSuaiv rj dpacrwaï u. von ihrem Auf- u. Absteigen durch die Offnungen in der Mondscheibe. Ebenso natürlich ist es, dass am Anfang von cp. 30 der Ausdruck daifxovtq bevorzugt wird. Denn hier gilt es, den herkömmlichen Daemonenglauben mit der vorausgehenden Darstellung von den Schicksalen der Seele zu verschmelzen. 3.) „Am Schluss von cp. 28 hören wir, die befreiten Seelen erstarkten in der Luft (vielmehr: im Aether) des Mondes u. würden fest u. durchsichtig; da von dass der Nus zu ihrer Erhaltung beitragt, wird nichts gesagt, und doch schwinden nach cp. 30 die vom Nus getrennten Seelen allmahlich hin." Hierin scheint mir kein Widerspruch zu liegen, der uns zur Scheidung zweier Quellen nötigte. Mit welchem Rechte fordern wir, dass schon in cp. 28 die Bedeutung des Nus für die Erhaltung der Seele hervorgehoben werde ? In cp. 28 extr. soll erklart werden, wie die entkörperten Seelen zu Daemonen werden. Das sind sie noch nicht, wenn sie auf den Mond zurückgekehrt sind. Denn die Daemonen denkt sich der Verfasser mit grösserer Macht (dCvapig) ausgestattet als eine Menschenseele. Sie müssen auch widerstandsfahig gegen aussere Gefahren u. von grosser Lebensdauer sein, um die Rolle zu spielen, die ihnen zugedacht ist, 66 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK zónog zu deuten, bei welcher der Mond immer zum oiipavóg gerechnet wird, als auf eine Mittelstellung des Mondes, wie sie unser Mythos annimmt, bei welcher der Mond "Aidov népag ist und von èm/Sévtoi 8at.tp.ovig bewohnt wird. Dass der Mythos nicht aus Plutarchs eignem Kopfe entsprungen ist, dafür scheint mir auch die Art und Weise zu sprechen, wie im Timarchmythos der Schrift de genio auf ihn zurück gegriffen wird. Dass hier neue Züge binzutreten, wie die zéaaapeg xp/ai 591 ab, die mit dem Ganzen in bestem Einklang stehen, kann nicht als ein Weiterdichten Plutarchs an seinem selbsterfundenen Mythos aufgefasst werden, weil wie ich früher gezeigt habe, Plutarch im Timarchmythos einer ganz anderen, dkekt widersprechenden Auffassjjng des Verhaltnisses von voüg und ij/u/ij folgt. Denn hier entsteht ja die Seele, soweit sie von dem Nus verschieden ist, nur durch die Einkörperung. Plutarch' hatte also, wenn er im Timarchmythos auf den Mythos de facie zurückgriff, keine Veranlassung, den letzteren grade nach der Richtung weiterdichtend zu vervollstandigen, die der jetzt von ihm befolgten Lehre widersprach. Nach der Lehre von den vier Reichen ist schon in dem Weltraum, der sich von der Sonne bis zum Monde erstreckt, zu Leben und Bewegung die yévzaig hinzugetreten, die offenbar als Untërscheidungsmerkmal der Seele gegenüber dem Nus angesehen wird. Diese AufFassung passt nicht zu der Lehre, die den Nus eingekörpert und dadurch, soweit er eingekörpert wird, zur Seele werden lasst. Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass Plutarch aus sich selbst heraus, als er die Schrift de genio verfasste, die Lehre von den vier Reichen zu dem in de facie verwendeten Gedankenkreis, den er ebenfalls schon selbst geschaffen hatte, nachtraglich hinzuerfand. Wahrscheinlich ist, dass er als Eklektiker der geringeren Art mit fremden Gedanken operirte und aus verschiedenen Quellen schöpfte, ohne selbstandig und tief genug zu denken, um die Unvereinharkeit der philosophisehen Lehren dieser verschiedenen Quellen überhaupt zu bemerken. Ist dies richtig, dann ergiebt sich der Schluss, dass Plutarch den Mythos in de facie seinem Hauptinhalt nach aus einem alteren Philosophen übernommen hat, der aber sicherlich nicht der Altakademiker Xenokrates war, von dem sich ja auch durch nichts erweisen lasst, dass er sich jemals zur Darstellung seiner philosophisehen Ansichten der dichterisch-mythischen Form in diesem grandiosen Stil bedient hat. PLUTARCH ÜBER DAMONEN l'NI) MANTIK J| VON H. VON ARNIM VERHANDELINGEN DER KONINKLIJKE AKADEMIE VAN WETENSCHAPPEN TE AMSTERDAM AFDEELING LETTERKUNDE JOHANNES MÜLLER — AMSTERDAM — 1921 10 PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MAN/TIK Aber mit der stoischen Tonoslehre, die sich auf pneumatische Körper bezieht, hat auch dies nichts zu thun. Der Mensch wird hier mit einer Puppenspielfigur verglichen, die durch ein System von Schnüren bewegt wird. Die Triebe sind die Schnüre, die vom Xóyog aus, in dem sie alle Zusammenlaufen, angezogen u. gespannt werden u. so die Glieder des Leibes mitanspannen (ovvémacrtg). So vergleicht schon Platon Leg. I 644 d e den Menschen. mit éiner solchen Puppe u. die ntxBn u. den Xoyiap.óg mit Drahten aus verschiedenem Metall. Dieser Platonstelle steht Plutarchs Darlegung viel naher als der stoischen Tonoslehre. Denn von den naturphilosophischen, psychologisehen u. ethischen Anwendungen der Tonoslehre, die für die Stoa bezeichnend sind, findet sich bei Plutarch nichts. — Auch die von Heinze S. 103 angeführten Stellen aus Cic. de div. sind nicht beweisend. Der Verkehr mit den im mor tal es animi findet nach Poseidonios nur im Schlaf u. Traum start. Die wachen Seelen diiungunt se a societate divina (I 110). Erst wenn sich im Schlaf die Seele vom Leibe befreit hat, kann sie wider mit der multitudo animorum consentientium in coniunctio treten und dadurch das ZukUnftige schauen (II 119). Gerade diese Trennung der Seele vom Leibe ist für-Poseidonios die Vorbedingung des Eintritts in die Gemeinschaft mit Gott u. den unsterblichen Seelen; Simmias sagt von solcher \ Trennung nichts: ihm genügt es schon, wenn sich die Seele nicht mehr ah nötig mit dem Leibe vermischt hat. Die societas divina, die conunctio animorum consentientium, die cognatio divinorum animorum, durch welche die Menschenseelen weissagen lernen, ist ofFenbar etwas ganz anderes als die Übertragung eines Xóyog durch einen einzelnen Damon auf eine einzelne Seele, wie sie Simmias schildert. Diese Gemeinschaft der körperfreien Seelen unter einander u. mit Gott ist ein Gedanke, der mit dem Pantheismus der Poseidonios in engstem Zusammenhang steht. Dass Poseidonios das Daimonion des Sokrates ganz anders erklart hat, wurde schon oben dargelegt. Simmias lasst auf seine Erklarung des sokratischen Daimonion (cp. 20) zu weiterer Bestatigung noch einen Mythos, den Timarchmythos folgen (cp. 21—23), von dem spater zu handeln.sein wird. Dann folgt in cp. 24 die Rede das Pythagoreers Theanor, die sich selbst als Verteidigung des von Simmias vertretenen Standpunktes PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 11 cinführt (Saujuwcija xotg vnb 2tju,jxtou Isyofxsvoig rapt alxov tonaamao'JGi xiveg). Plutarch selbst hat also angenommen, dass Theanor auf dem Boden derselben Philosophie wie Simmias steht (beide sind ja Pythagorëer) u. hat'wahrscheinlich die Gedanken, die er Theanor in den Mund legt, aus derselben Quelle wie die des Simmias entnommen. Theanor führt den schon von Simmias ausgesprochnen Gedanken, dass nur tspot u. (tet/xóviot óvdpss die Stimmen der Damonen vernehmen können, weiter aus. Über die Frage, wie solche Offenbarungen zustandekommen, sagt er nichts, sondern acceptirt einfach die Ansicht des Simmias. Dagegen aussert er sich genauer über die Wesen, von denen solche Offenbarungen ausgehen und über die, denen sie zuteil wérden. Die Urheber der Offenbarung hatte Simmias als Damonen bezeichnet, ohne sich über ihr Wesen auszusprechen; daneben hatte er Ausdrücke wie xüv xpsirrevwv, ó xov xpstrrovo; vovg, vno vov xodaaovog xai (|*u/)5s Baoxipag gebraucht. Erst der Timarchmythos hatte über die Natur der Damonen genauere Aufschlüsse gegeben, die aber mit der vorausgehenden Rede nicht ganz im Einklang stehen. Wahrend namlich in dieser die Weissagung aus Mitteilungen von Damonen abgeleitet wird, die von der die Offenbarung empfangenden Seele verschieden sind, ist der weissagende Damon im Timarchmythos ein unabtrennbarer Teil dieser Seele selbst, namlich der Teil der Seele, der bei ihrer Einkörperung ausserhalb des Leibes geblieben ist, ihr vovg. Auch körperfreie Seelen spielen im Timarchmythos als Damonen eine Rolle, aber zur Erklarung der Weissagung u. des sokratischen Daimonion werden sie nicht herangezogen. In diesem Punkte nun geht die Theanorrede den Weg der Simmiasrede, nicht den des Timarchmythos. Sie kennt keinen zu der einzelnen Menschenseele gehörigen u. von ihr unabtrennbaren Damon; sie führt die inneren Offenbarungen auf Mitteilungen teils der Götter selbst, teils anderer Seelen zurück, die nachdem sie die Kampfe des irdischen Lebens überstanden haben, wegen ihrer a'per/j zu Damonen geworden sind u. nun an dem ahnlichen Streben der noch eingekörpérten Seelen wohlwollend Anteil nehmen u. denjenigen Seelen, die nach erfolgreicher Zurücklegung einer Reihe von Lebensfëufen dem Ende der yéivng u. der Rückkehr in die himmlische Heimat schon nahe sind, durch Winke und Mahnungen zur Erreichung des Zieles behilflich sind. Diese Lehre widerspricht der der Simmiasrede nicht, sondern efganzt sie nur. T2 plutarch über damonen und mant1k Eine wichtige Erganzung ist es, dass ausser den Damonen auch den Göttern selbst ein erziehliches Eingreifen in das Leben bevorzugter Menschen durch directe Offenbarungen zugeschrieben wird. Diese bleiben aber auf ganz wenige Menschen beschrankf: ovg «V axpws paxaptevg xe xai Bsmg ég ah)B&g aTtspydoocaBai fiovhiB&ow; die Förderung anderer immerhin auch noch bevorzugter Menschen überlassen die Götter den Damonen, u. zwar jeden einzelnen demjenigen Damon, der gerade ihm zu helfen willig u. bereit ist; den gewöhnlichen Durchschnittsmenschen endlich giebt die Gottheit nur Zeichen (oypsta), auf denen sich die sogenannte Seherkunst aufbaut ( & tav r] "ksyouévYi [xavxao) avvhxrpu). Man versteht den Zusammenhang u. den Gedankengang des Verfassers nur richtig, wenn man eirisieht, dass für lhn auch die von den Démonen directer Mitteilungen gewürdigten zu den bevorzugten GötterUeblingen gehören, von denen gleich im Anfang die Rede ist, dass also der Hauptgegensatz für ihn nicht besteht zwischen denen, die die Götter selbst, u. denen, die nicht die Götter selbst fördem, sondern zwischen solchen die directe Mitteilungen von höheren Wesen (Göttern oder Damonen) empfangen und solchen, denen sie nur auf die von dem allgemeinen Weissagungsglauben anerkannte Weise Zeichen giebt. Es ist zu beachten, dass 593 b in. absichtlich nicht oi Stot, sondern ot vrop »j/a«s steht, ein Ausdruck also, der auch die Damonen mit umfasst. Nur von Homer wird gesagt, er unterscheide von den Sehern, die aus dem Vogelflug {oiwonokot) oder dem Schlachtopfer (Upetg) weissagen, solche, die sich mit den Göttern selbst unterreden. Dagegen wird 593 d statt ot Bso( gleich wider absichtlich der allgemeinere Ausdruck xè Bsïov gesetzt, der auch die Damonen umfasst. Nur wenn man so versteht, kann der mit Bsoi }uv yap ovv 593 d beginnende Abschnitt bis zum Schluss des Kapitels als Begründung des Hauptgedankens gelten, dass xè Bsiov öXryot? êvvjy%xm 6\' ocvxov xat oTravtw;. Die Begründung zerfallt in zwei mit /xéw-oV einander gegenübergestellte Abschnitte (Bsoi /u.èv yo\p ovv — poukqS&m und at' &aiu])layixévai ysvéjst^g ^vyai — Kapitelschluss) entsprechend den beiden in xè Bzïov enthaltenen Bestandteilen: Götter u. Damonen. Wenn xè Bsïov = ot 3sot ware, so würde ein unertragUqhes bis idem entstehen u. die Anwehdbarkeit des Hauptgedankens (Beschrankung der directen Offenbarung auf bevorzugte Götterlieblinge) auf das Daimonion des Sokrates, von dem Theanor sprechen will, verloren gehen. Auch die PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MASTOC *3 Stimme des Damons (-ro tJaijuóvwv) wird nur óliyou; xat onavax; vernehmHch, namlich nur solchen Menschen, die dem Abschluss der Seelenwanderung schon nahe sind. So verstanden ist die ganze Theanorrede einheitlkh u. braucht nicht mit R. Heinze p. 104 in zwei ursprünglich selbstandige, erst von Plutarch vereinigte Stücke zerlegt zu werden. Auch mit der Simmiasrede schliesst sie sich gut zusammen und erganzt sie zu einem einheitlichen Ganzen. Wir werden daher ebensowenig diese wie jene Rede auf Poseidonios zurückführen dürfen. Der Gegensatz zwischen bevorzugten Menschen, die von Göttern oder Damonen directer Mitteilungen (X0701) gewürdigt werden, u. den iraXXot xat aysikatoi, die nur ©Tjfju-fa empfangen, erinnert allerdings an die stoische Unterscheidung der artificiosa und der naturalis divinatio, ist aber doch nicht ganz identisch mit ihr. Denn in der Theanorrede ist weder an prophetische Traume gedacht, noch an prophetischen Wahnsinn, also nicht an das, was Poseidonios unter naturalis divinatio versteht, sondern an Offenbarungen im wachen Zustand u. ohne Verzückung, wie das Daimonion des Sokrates. Poseidonios lehrte nicht, wie Theanor, die Beschrankung der naturalis divinatio auf auserwahlte Menschen. Theanor dagegen stellt die von ihm angenommene göttliche oder damonische Stimme, die Poseidonios nicht kennt, als die seltenste u. vornehmste Art der Offenbarung zu allen übrigen Arten der Weissagung in Gegensatz. In der von R. Heinze S. 105 angeführten Stelle der pseudoplutaschischen Vka Homeri cp. 212 wird keineswegs Helenos u. der Vers H 53, wié in der Theanorrede, als Beispiel der naturalis divinatio angeführt u. das Daimonion des Sokrates dieser zugerechnet. Es wird • auch nicht behauptet, dass schon Homer, wie die Stoiker, jene beiden Gattungen der Mantik unterscheide (das ts/vixóv u. das avs/vov), sondern nur, dass er alle unter diese Gattungen fallenden Arten der Mantik kenne. Zum axeyyov rechnet der Verfasser, ganz wie wirs aus Cicero für Poseidonios entnommen haben, nur. èvOmia u. ivBoTmaap.ovg. Für prophetische Traume führt er kein homerisches Beispiel an, for die Verzückung: tot? 3jxaiv«v xa [xêXkovza u 350. Die noch folgenden Worte: srei <ïè xat 0' 'EXsvög avrmoog cpriai Biictq fwvfis ysyovévaf &g yap ryuv 'ón ootovaa Se&» atsrysvsra'wv (H 53) uojpkyv. nvntUcit Zn xai 2öxpar»?s dnè zijg zov $aip.oviov tpvvtig ifuamCsto haben zu der stoischen Lehre u. Einteilung der Mantik PLUTARCH ÜBER DAMONEN UND MANTIK 17 bezeugt. Es müsste erst noch bewiesen werden. Ich werde im folgenden Kapitel zunachst den Timarchmythos mit dem Mythos in de facie vergleichen. 2. DER TIMARCHMYTHOS U. DER MYTHOS DE FACIE'. Die plutarchischen Mythen, die ich behandeln will, auch der in de sera numinis vindicta', geben sich als übernatürliche Offenbarungen. Es wird ein Gewahrsmann eingeführt, der durch besondere Umstande in die Lage gekommen ist, über das Jenseits, das menschlicher Wisschenschaft u. Erfahrung im allgemeinen unzuganglich ist, sicheres zu berichten. Es findet sich daher in jedem eine Einleitung, die erklaren soll* wie der Gewahrsmann zu seinem übernatürlichen Wissen gelangt ist. Timarchos v. Chaeronea, ein jung verstorbener, hoffnungsvoller Schüler des Sokrates u. Freund von dessen ebenfalls früh verstorbenem Sohne Lamprokles, hatte sich ungefahr zwei Monate vor seinem Tode, um naheres über das Daimonion des Sokrates zu erfahren, zu dem Trophoniosorakel nach Lebadeia begeben. Nachdem er zwei Nachte u. einen Tag in der unterirdischen Höhle zugebracht hatte, war er am zweiten Morgen gesund und froh wider heraufgekommen u. hatte seinen Landsleuten Simmias u. Kebes erzahlt, dass inzwischen seine Seele in den Himmel entrückt gewesen u. dort über das Wesen des sokratischen Daimonion aufgeklart worden war. Dieser Timarch v. Chaeronea ist ohne Zweifel eine von Plutarch erfundene Person u. wir dürfen nicht annehmen, dass die Angaben über ihn auf Überlieferung beruhen. Um den Mythos in seinen Dialog einzuführen brauchte Plutarch einen Gewahrsmann, der ihn dem Simmias mitgeteilt u. zu Sokrates nahe Beziehungen gehabt hatte, der aber früh verschollen war, sodass aller übrigen Sokratiker Unkenntnis dieser Offenbarung begreiflich schien, zumal Timarch nicht einmal -dem Sokrates selbst, sondern nur seinen Landsleuten Simmias u. Kebes das Erlebnis erzahlt hatte. Aus Localpatriotismus macht Plutarch diesen Gewahrsmann zum Chaeroneë'r. Dem Simmias selbst konnte er die Vision nicht zuschreiben. Wie man im Leben nie den antrifft, der das Wunder selbst erlebt hat, sondern immer nur den, der von Verh. Afd. Letterk. 1921 (v. Arnim). *