r 1 BROCHURES No. 5t31 KONINKLIJKE BIBLIOTHEEK llllllllllllllllllllllllllllllll 0650 8219 ZENTRALORGANISATION FÜR EINEN DAÜERNDEN FRIEDEN (SECRETARIAT: THERESIASTRAAT 51, HAAG). INTERNATIONALER STUDIEN-KONGRESS. BERN, 1916. SOZIOLOGISCHE UND GESCHICHTSPHILOSOPHISCHE BEMERKUNGEN ZUR ORGANISATION DER ZWISCHENSTAATLICHEN BEZIEHUNGEN (DIPLOMATIE). VON Dr. ALEXANDER GIESSWEIN. (UNGARN.) HAAG MARTINUS NIJHOFF 1916 SOZIOLOGISCHE UND GESCHICHTSPHILOSOPHISCHE BEMERKUNGEN ZUR ORGANISATION DER ZWISCHENSTAATLICHEN BEZIEHUNGEN (DIPLOMATIE). DR. ALEXANDER GIESSWEIN, UNGARN. Es ist ein unverkennbarer Zug der gesellschaf tlichen Entwickelung, dass sich die menschlichen Gruppen immer mehr und mehr aneinanderschliessen, urn mit gemeinsamen Kraften und auf Grund der Erkenntniss ihrer Interessen-Gemeinschaft das gemeinsame Ziel zu erreichen. Eine wahre Weltherrschaft der Menschheit kann nur durch eine je vollkommenere Durchführung der Assoziation angestrebt werden. „Les hommes en s'unissant pour lutter contre le milieu — so schreibt Le Dantec — et contre les autres espèces vivantes, se sont assuré peu a peu la domination du monde." Wie hier der Biologe so kommt auch der Geschichtsphilosoph Xénopol zu demselben Ergebniss: „Le progrès de 1'humanité tend précisément a amomdrir la concurrence entre les individus humains, et a remplacer la lutte pour 1'existence entre les hommes, par leur domination sur la nature." Von Stufe zu Stufe kommt dieses Prinzip m der Vereinigung der Familien zu Horden, der Horden zu Clans, der Clans zu Stammen, der Stamme zu Vólkern und Staaten zur Geltung. Es ist zwar in der VON A. GIESSWEIN. 2 Regel das Zusammenstossen von Horden, Clans, Stammen und Vólkern anfangs der Anlass zu Interessencollisionen, man meint im neuen Nachbarn einen mehr oder weniger gefahrlichen Rivalen zu haben, und diese Besorgniss ist sehr oft die Ursache von blutigen Fehden. Doch führt darm gewöhnlich dieser Kampf zur Einsicht, dass man gemeinsame Interessen habe, und dass diese viel leichter und mit weniger Opfern, also für beide Teile vorteilhafter durch Vereinigung der Krëfte erreicht werden können. „Struggle i.e. the specialization of interests — sagt A. Small (Gener. Sociology. S. 363.) — unwittingly pays tribute and becomes vassal to socialization." Kurz fasst man dieses Prinzip auch in dem Axiome zusammen: „From struggle to cooperation." Die in aufsteigender Richtung sich stets ausbreitende Sozialisation, die Vereinigung früher loser Gruppen ist das leitende Prinzip der socialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung. AUerdings kommen auch Trennungsmoraente und Auflösungserscheinungen zu Tage, dies ist aber immer mit einem Rückfall im kulturellen Emporsteigen verbunden. Das Bestreben nach einer möglichst grossen Vereinigung getrennter Gruppen hat die W^ltreiche bervorgebracht, die aber, weil gewöhnlich durch eiserne Gewalt zusammengebracht und deshalb die Auflösungskeime in sieh bergend, in der Regel von kurzer Dauer waren. Diè Geschichte lehrt uns zwar, dass auch in kleineren Gruppen eine hohe kulturelle Entwicklung erreicht werden kann, wie es die Beispiele von Hellas, Israël, der phönizischen Gemeinwesen, und in spaterer Zeit die Stadterepubliken und Fürstentümèr 3 A. GIESSWEIN. Italiens beweisen, aber die Entwicklung des sozialwirtschaftlichen Lebens forderte dennoch immer eine Vergrösserung des Gebietes. Kann dies auf friedliche Weise nicht geschenen, wie es bei weniger entwickeltem Kulturstand fast stets der Fall ist, so greift dann, zum Schaden der Freiheit, die Hand des Eroberers ein. Die Form der Assoziation, wie sie uns in den Weltreichen entgegentritt kann darum nicht als eine besonders hohe Stufe der Vereinigung gelten. Sie ist nur teilweise kulturfördernd, und oft um vieles mehr kulturvernichtend, weil sie unbedingt auf das individuelle des Volktums vernichtend einwirkt, andrerseits aber in den gewaltsam unterdrückten und willkürlich beherrschten Völkern den Revanchegeist grosszüchtet. Sie wirkt darum in der Regel nicht wirklich organisatorisch, sondern zersetzend. Die festeste und dauerhafteste Form der Organisierung in ein weltumspannendes Reich — nach den damaligen Begriffen kam noch dem römischen Reiche zu, wenn man von dem eine mehr national-kulturelle Einheit bildenden chinesischen Reiche absieht. Diese verhaltnissmassige Festigkeit rührte aber auch teilweise aus der mehr bündnissartigen Zusammensetzung des Reiches her, in Folge dessen es auch der selbstandigen Entwicklung der kultur-ethnischen Bestandteile kein Hinderniss in den Weg legte. Nach dem Zerfall des weströmischen Reiches kam für den Westen Europas die Zeitepoche der ethnischen Zersetzung, die nur mitunter durch aeitweilige Vereinigtingsyersuche (z. B. Karls d. Grossen) unterbrochen wurde. Allerdings wurde dadurch die Heranbildung der A. GIESSWEIN. 4 ethnischen Individualitaten, die teilweise in den jetzigen Kulturvölkern weiterleben, begunstigt. Doch konnte die wirtschaftliche Entwicklung eine solche Zerspütterung, wie sie besonders das Feudalwesen ins Leben rief, nicht dulden. Der Assoziationstrieb musste den Sieg davontragen. So kam zuerst das vereinigte Spanien, Frankreich, Gross-Britannien z\l stande, und dieses Werk wurde dann weiter in der Vereinigung von Deutschland und Italien, wenn auch auf verschiedene Weise vollzogen. Eine solche wirtschafthche Zerbröckelung, wie sie noch vor einem Jahrhundert ja vor einigen Jahrzehnten in Deutschland und Italien, mit ihren vielfach getrennten Zollgebieten vorhanden war, ware bei der modernen Verkehretechnik eine reine UnmögUchkeit. Es war also das Bedürfniss der Assoziation, welches bewusster- oder unbewussterweise am Zustandekommen der Nationalstaaten arbeitete. Das 19-te Jahrhundert hat uns die Idee des Nationalstaates gebracht, mit dem Bestreben die Angehörigen desselben Volkstumes in einen Staat zu bringen. Freilich mussten dabei geographische und historische Schwierigkeiten, oft in blutigen Fehden, überwunden werden. Anderseits hat aber diese Idee auch zersetzend gewirkt, indem sie die ethnisch einander fremden Angehörigen desselben Staates voneinander trermte und zwischen den ethnischen Gruppen neue Reibungsflachen schuf. Man hat namlich den Satz: „eine Nation ein Staat" umgekehrt in der Formel: „Ein Staat eine Nation", und demzuf olge die Angehörigen des Staates mit mehr oder weniger Gewaltsamkeit gezwungen ihr Volkstum aufzuge- 5 A. GIESSWEIN. ben und in dem Volkstum der herrschenden Nation aufzugehen. Dass dadurch nicht jene Einheit erzielt wurde, welche die Assoziation fördert, is selbstverstandlich; in diesem Sinne ist darum die Idee des Nationalstaates, mit Rücksichtslosigkeit dmchgeführt, vielerorts kein Prinzip der engeren Vereinigung geworden. Der weitere Fortschritt der wirtschaftlichen Entwicklung, wie ihn die hohe Stufe unserer Verkehrstechnik bedingt, kann aber bei den nationalen Einheiten nicht stehen bleiben, er erheischt weitere Gebiete und demnach die, wenn auch sonst losere Verbindung von verscbiedenen ethnischen Gruppen und Staat en. Für die Staaten Europa's bleibt nichts anderes übrig, als den Weg der fortschreitenden Assoziation weiter zu wandeln, oder kulturell und wirtschaftlich einer Dekadenz anheimzufallen. Die fortschreitende Assoziation selbst aber kann zwei Bannen einschlagen. Entweder die Bahn der freien Vereinigung zu einem, wenn auch lose zusammenhangenden Staatenbunde, zu dem ,Zweckverband Europa' wie A. Fried es nennt, oder wenn dies nicht gelingt, so dürfte der Assoziationstrieb der menschlichen Gesellschaft den Weg der erobernden Weltreichbestrebung einschlagen. Ein gewaltsamer, freiheitswidriger, blutiger Weg, wie ihn die Menschheit schon öfter betreten hat, der aber nie ein dauerndes Gleichgewicht zu schaffen vermochte. Und es sind nicht die Waffen allein, welche hier die Entscheidung bringen, welcher Weg betreten werden müsse, sondern vor allem der Umstand ob das Erleben des jetzigen Weltkrieges, mit seinen durch die vervoll- A. GIESSWEIN. 6 kommnete Kriegstechnik gesteigerten Verwüstungen an Menschenleben und Kulturwerten, die Einsicht der Völker auszulösen und zu reifen vermag, es müsse ein innigeres Band zwischen den Kulturstaaten geschaffen werden, das eine auf Interessengemeinschait und Solidaritat beruhende Organisation zu Stande bringt, und einen dauernden, unverletzlichen mit gehöriger Sanktion versehenen zwischenstaatlichen Rechtszustand ins Leb en ruft. Es ist jedenfalls auffallend dass diese Idee einer SoUdaritat der Völker besonders in jenen Zeiten die Geisler beschaftigte, da der Mangel einer Organisation sich am meisten fühlbar machte und die Kulturwelt durch blutige, verwüstende Kriege entzweite. So taucht namenthch zu Ende des XVI. und Beginn des XVII. Jahrhunderts, im Zeitalter des absoluten staatlichen Individualismus, der Gedanke einer europaischen Völkerfamilie und eines zwischenstaatlichen Rechtes auf, wie er zuerst von Gentilis und Suarez deutlich aufgefasst, und dann von Grotius auf geniale Weise aufgebaut wird. Die Vereinigung der christlichen Staaten Europas iwird in den Memoiren Sully's (erschienen 1634, also mitten unter den Wirren des 30. jahrigen Krieges) als der grosse Plan seines Königs (Heinrich IV.) dargestellt; im 18-ten Jahrhundert ist es aber Christian Wolff der die Idee einer ,Civatas maxima gentium' aufstellt, einer ideellen überstaatlichen, alle Staaten in sich begreifenden Organisation, und es ist kein geringerer als der grosse Denker Kant, der dann spater wieder diesen Gedanken aufgreift. Eine jede Idee ist die Projection der Bedürfnisse, 7 A. GIESSWEIN. und es will darum jede Idee zur Tatsache werden. Freilich stehen der Verwirklichung oft fast unüberwindliche Hindernisse in dem Wege. Aber der Entwicklungsprocess kennt keine Hemmnisse; seine Bewegung ist zwar in der Regel ein ganz unmerklicher, aber sicherer, steter und unaufhaltsamer Verlauf, gerade so, wie das Gletschereis vom Gipfel in das Tal herabsteigt, und der Giessbach sich in ungezahlten Jahrtausenden einen Weg durch die Felsen bahnt. Mitunter sind es dann dem Anschein nach plötzlich eintretende, aber in der Tat allmahlich vorbereitete katastrophale Erscheinungen und Kataklysmen, die dem Erdboden eine neue Gestalt geben. In der Menschheitsgeschichte ist der jetzige Weltkrieg unbedingt eine solche katastrophale Erscheinung, die der politisch-sozialen Welt eine neue Organisationsform verleihen muss. Unser Zeitalter hat für das nationale Zusammenleben den Solidaritatsgedanken zur höheren Entwicklung gebracht, sie hat die festen nationalen Einheiten geschaffen. Wir können und durf en aber bei dieser Stufe nicht stehen bleiben. Es muss die Solidaritat der Völker und Staaten untereinander ausgebaut werden. Schon der jetzige Krieg hat zwei grosse Staatenbündnisse (Alliance und Entente) ins Leben gerufen, und ein wahrer Friede ist früher nicht zu erwarten, bevor es nicht gelingt die Gegensatze durch eine Vereinigung beider Gruppen zu begleichen, alles übrige ware nur ein kürzerer oder langerer Waffenstülstand, dazu dienend die Rüstungswut in beiden Teilen auf das Höchste zu steigern. Ist aber unter den gegenwartigen Verhaltnissen eine A. GIESSWEIN. 8 gemeinsame Verstandigung der Völker denkbar, sind wir nicht gerade jetzt am entferntesten von der Solidaritat der Völker? Auch auf diese Frage gibt uns die Geschichte eine Antwort. Die sozial-wirtschaftiichen Sonderinteressen der Süd- und Nordstaaten Amerikas haben in den sechziger Jahren des verflossenen Jahrhunderts zu dem mit solch grausamer Erbitterung durchgekampften Sezessionskrieg geführt, und dennoch war die Frucht dieses Krieges das innigere Zusammenschliessen der Staaten der Union; man hat durch den Sieg des Freiheitsprinzips zugleich den trait d'union der gemeinsamen Interessen gefunden. Und diese Möglichkeit ist auch für die Staaten Europas vorhanden; die Verwirklichung derselben ist die Bedingung eines dauernden Friedens und der Freiheit der Völker Europas. Denn da die Tendenz einer wirtschaftlich-politischen Conzentration gegeben ist, ist das föderative Zusammenschhessen der einzige Weg der Völkerfreiheit; kann oder will man diesen nicht betreten, so wird der eiserne Ring eines Imperiums die streithaften Völker zur Einheit zwingen. Man befürchtet zwar durch eine derartige Union, die allenfalls in einem ganz anderen Stil und nach einem ganz anderen System aufgebaut werden muss, als dies bei der amerikanischen Union der Fall ist, müsse die Souveranitat der Einzel-Staaten beeintrachtigt werden. Das ware aber nur der Fall wenn man unter Souveranitat eine unbegrenzte Willkür der Staatslenkung versteht, wie eine solche eigentlich niemals bestand und nicht bestehen kann. Denn jedwede Staatslenkung, sei sie eine absolut monarchistische oder sogar despoti- 9 A. GIESSWEIN. sche, sei sie eine parlamentarisch gemassigte Monarchie, oder eine republikanische, kann nie und nimmer durch blosse Willkürsakte geleitet werden, sie ist an Traditionen, an die Macht der Staatsbedürfnisse, an Vorschriften des Gewohnheitsrechtes, an die Forderungen der wirtschaf tlich-sozialen Entwicklung gebunden, von denen sie sich nicht lossagen kann. Ist aber die wenn auch losere Vereinigung der Kulturstaaten ein soziales und politisches Bedürfnis, so muss sich jedwede Souver&nitat vor dieser Forderung des Tages beugen. Ohne das Bewusstsein der zwischenstaatlichen Solidaritat gibt es kein lebendes System des Völkerrechts, es kann nur völkerrechtliche Satzungen geben, die aber bei dem ersten Anlasse einer Interessencollision zusammenbrechen. Sehr richtig hat darum Kant als zweiten Definitivartikel zum ewigen Frieden das Axiom aufgestellt: „Das Volkenrecht soll auf einen Föderalismus freier Staaten gegründet sein." Allerdings müssen sich aber noch gar manche unserer staatlichen Institutionen diesem Solidaritatsprinzipe anpassen, vor.allem anderen das veraltete System der diplomatischen Vertretung, das noch ganz und gar auf der staatlich individualistischen Grundlage ruht. Das System unserer jetzigen Diplomatie ist selbst kaum mit der parlamentarischen d.h. volksvertretenden Regierungsform vereinbar, es ist ein Überbleibsel jener absolutistischen Zeit, welche keine dem Volke und der Volksvertretung verantwortliche Staatsfunktionare kannte. Es ist darum die Diplomatie in ihrer jetzigen Form selbst im modernen Staate ein gewisser A. GttÈSSWEIN. 10 Anachronismus gewesen, sie wird es aber noch mehr sein in einem solidaristisch eingerichteten Staate, für den die aüssere Politik eine stets mit voller Aufmerksamkeit zu verfolgende Angelegenheit sein wird. Nur eine dem Volke, wenigstens in seiner Vertretung verantwortliche Diplomatie vermag es durchzuführen, das9 in den gegenseitigen Beziehtingen der Staaten die Forderungen des Rechts und der Sittlichkeit ebenso zur Geltung kommen, wiè in den Beziehungen der Staatsburger untereinander. Für die geheimtuende und unverantwortliche Diplomatie müssen aber noch immer die Ratschlage eines Macchiavelli und die Regeln eines Richelieu gelten. Dort wo es zum Prinzipe geworden ist den Nachbar oder Genossen zu überlisten, wo der heilige Egoisihüs mi zwischenstaatlichen Verkehre der leitende Grundsatz geworden, muss an die Stelle des gegenseitigen Vertraüens ein allgemeines Misstraueb treten. „Der Ausdruck befreundete Machte wird dadurch ein dekoratives Beiwerk, das man je nach Bedürfniss an der Maner des Staatsgebaudes anbringt oder weglasst, und die Diplomatie, die eigentlich den Friedefa unter den Völkern auf den Grondlagen der natürlichen Billigkeit und des Völkerrechtes aufbauen sollte, wird entweder unmachtig oder eine hohe Schule unveTahtwortlicher Konflikte, die man künsthch einfadelt, wenn man besser gerüstet ist, als das Nachbarvolk, auf dessen Unkosten man sich vergrössern will." (A. Osseg, Der europ. Miötafistnus S. 101 f.). Dass unter diesen Umstanden das der Leitung der Diplomatiè anvertratite europaische Conzert zu einer Katzenmusik, und das II A. GIESSWEIN. beriichtigte europaische Gleichgewicht zu einer lacherlichen Lügenphrase werden musste, ist selbstverstandf lich. Wie es eine Unmöglichkeit ist innerhalb des Staates eine Rechtsordnung ohne Solidaritat der Staatsburger auf Grund der egocentrischen Anarchie zu schaffen, so wird man nie zu einer zwischenstaatlichen Rechtsordnung gelangen, wenn man in der angeblièh die Staats- und Völkerinteressen vertretenden Diplomatie ein System aufrecht erhalt, das jenseits von Gut und Böse steht. Der heilige Egoismus der Nationen muss aber jetzt gerade durch den Weltkrieg zur Einsicht kommen, dass seine höchste Forderung eine feste zwischenstaatliche Rechtsordnung ist, und dass diese nur dann gesichert werden kann, wenn die Lenkung der Diplomatie in den Handen der Völker niedergelegt ist; aller Parlamentarismus, und jedwede Art von Volksvertretung ist von geringer Bedeutung, wenn das wichtigste Moment der Staatserhaltung die Regelung der zwischenstaatlichen Beziehungen ausser ihrem Bereiche hegt. Der Sdbsterhaltungstrieb der Völker muss siezurUeberzeugung gebracht haben, dass im 20-ten feldgrauen Jahrhundert der Bestand der Staaten nur durch das Sohó^tatsprinzip gesichert werden kann, und dass darum die Diplomatie, als wichtigstes Organ der zwischenstaatlichen Beziehungen unbedingt der Kontrolle der Volksvertretungen untergeordnet werden muss. „Hors du droit des gens — sagt der französische Staatsmann Guizot — il n'y a que 1'état révolutionnaire, qui est la barbarie jetée au travers de la civilisation." Aber bei dem jetzigen System der Diplomatie ist alles Völ- A. GIESSWEIN. 12 kerrecht ein blosser Formelkram. Darum um aus dieser Periode der Zwischenstaatlichen Barbarei und des Umsturzes herauszukommen und in einen allen Vólkern notwendigen Gleichgewichtszustand versetzt zu werden, muss unsere Forderung sein: Reorganisation, parlamentarische Lenkung und Verantwortlichkeit der Diplomatie. Organisation Centrale pour une Paix Durable Zentralorganisation für Central Organisation einen danernden Frieden for a Durable Peace SECRÉTARIAT: THERESIASTRAAT 51 - LA HAYE, (PAYS BAS) INTERNATIONAL COMMITTEE OF RESEARCH No. IX. PARLIAMENTARY CONTROL OF FOREIGN POLICY. QUESTIONARY. 1. Which are the historical Experiences and other grounds that make it desirable to submit foreign policy to efficiënt parliamentary control? 2. Might not be said that similar control is absolutely indispensable during the period of the policy of Alliances between the different States? 3. Which are the Agents to be used by the Parliarnents for the active execution of the control? 4. What is to be the competency of these agents and of the parliarnents themselves in regard to this control? 5. Is it possible to settle the extent of these competencies in the same way in monarchical and republican States, or must 1 one accept that these two different constitutions raust lead to a different settlement as regards the extent of these competencies? 6. Are these competencies to be regulated differently for times of Peace and times of War, and how are they to be regulated? 7. Which are, according to the actual public law, the competencies of the Parliarnents of each single state, to which belong the members of the Commission, in regard to their foreign policy? What are the parliamentary customs in this respect? 8. In which manner is the question of parliamentary control to be brought before each single parliament and each Government? Would it be possible to fix international rules in regard to parliamentary control? 9. Is it possible to anticipate cooperation of any shape between the agents of parliamentary control of the various parliarnents? 1 10. What would be the influence of similar cooperation between the agents of parliamentary control on the national groups of the Interparliamentary Union and on the action of the latter? 11. Would it be recommendable to form extra-parliamentarian organisations for permanent control of the foreign policy in order to complete the parliamentary control and what are the experiences made hitherto in this respect? The President of the International Committee No. IX, J. SCHERRER-FÜLLEMANN. National Councillor. St. Gall (Switserland) Rosenbergstrasse 34. 2 The Central Organisation for a Durable Peace hos received the following reports in regard to these questions. It hos much pleasure in putting them at the disposal of anybody who may be interested to receive them. 1. Die parlamentarische Kontrolle der auswartigen Politik von Ed. Bemstein. 2. Soziologische und Geschichtsphilosophische Bemerkungen sur Organisation der Zwischenstaatlichen Beziehungen (Diplomatie) von Mgr. Dr. Alexander Giesswein. 3. Parliamentary Control of Foreign Politics by Dr. Mikael H. Lie and Prof. Halvdan Koht. 4. The Democratie Control of Foreign Affairs by A. Ponsonby M. P. 5. Notes on the Control of Foreign Relations by Denys P. Myers.