/^L 1 'O der historischen Methodik. Von Alfred Feder s. J. Mit Erlaubnis der Obern. Als Manuskript gedruckt. 1919. Druck; Ignatiuskolleg, Valkenburg. Veritatis enim splendore ecclesia gaudet eoque tantum auspice historia fit vitae magistra. Leo XIII in Ansprache an die Vorsteher der röm. hist. Institute (4. Mai 1902). Sant etiam, aai, soa in fide constant es, critices disciplinae quasi demolienti succensent, quae uiaem ipsa per se culpa vacat legitimeque adhiita conducit ad investitrandum feïirissimp. Pius X in Litt. encycl. „Iucunda sane" (Acta S. Sedis 36 [1903—4] 521). Vorwort. Der vorliegende Grundrifi ist in erster Linie als Grundlage für die Vorlesungen der Historischen Kritik bestimmt, deren Hauptaufgabe in der eigenttichen QaeUenkritik oder in der methodischen Anleitung besteht, die durch die Überlieferung berichteten geschichtlichen Vorgange und Erscheinungen auf ihre Tats&chlichkeit zu prüfen und das positiv gewertete Material für die weitere geschichtliche Forschung bereitzustellen. Die systematische Behandlung der Quellenkritik greift aber über die eigentliche Kritik hinaus: sie hat zur notwendigen Voraussetzung die wissenschaftliche Untersuchung über die Natur und die Hilfsmittel der Quellenkande und zur naturgeiMBen Erganzung die Lehre von der Synthese der berichteten Tatsachen. Die Quellenkunde bietet namlich dem Kritiker die Anweisungen, wie das gesamte einer Einzelforschung dienendeXJuellenmaterial zu beschaffen ist, und die Lehre von der Synthese ermöglicht erst das volle Verstindnis des geschichtlichen Geschehens, indem sie die Wege zeigt, um zur Erkenntnis der den geschichtlichen Tatsachen und Erscheinungen zugrundeliegenden Faktoren und Beziehungen zu gelangen. Der Grundrifi muBte deshalb auch zu diesen beiden Teilen historischer Methodik Stellung nehmen. Er tat dies inbezug auf die Quellenkunde in ausführlicherer Weise, inbezug auf die Synthese in knapper Übersicht, weil eine eingehendere Behandlung derselben streng genommen zur Metaphysik der Geschichte gehort Wegen der besagten Beziehung zu den Gesamtfragen der historischen Methodik wurde dem Lehrbuch der Titel Grundrifi der historischen Methodik gegeben. Sollte der Grundrifi dazu beitragen, kritischen Sinn für das historische Sein und Geschenen zu wecken bzw zu fördern, so würde er dadurch nicht nur der historischen, sondern auch der ewigen Wahrheit dienen: denn nirgends offenbart sich Gott in der unserer natürlichen Erkenntnis zuganglichen Schöpfung auf so sinnfailige und überzeugende Weise als in der Menschheitsgeschichte. Valkenburg, den 8. Sept 1919. A. F. Irthaltsübersicht. s Seite Vorwort V Vorbemerkungen. § 1. Begriff, Wissenschaftswert, Einteilung der Geschichte . . 1 § 2. Begriff und Einteilung der Geschichtsphilosophie ... 6 Die historische Methodik. Einleitung. § 1. Begriff und Einteilung der historischen Methodik ... 9 § 2. Das Ziel der historischen Methodik: die historische GewiBheit 10 § 3. Der Eigencharakter der historischen Methodik . . . . 14 § 4. Wert und Bedeutung der historischen Methodik ... 16 § 5. Voraussetzungen kritisch historischen Arbeitens . . ■ 17 § 6. Hilfs wissen schaften 18 § 7. Geschichte der historischen Methodik 20 Erster Hauptteil. Quellenkunde (Heuristik). Erster Abschnitt. Begriff und Einteilung der Quellen. Erstes Kapitel. Begriff der historischen Quelle. 28 Zweites Kapitel. Einteilung der Quellen. § 1. Einteilung der Quellen nach dem Ursprung .... 29 § 2. Einteilung der Quellen nach der Stellung des Urhebers . 30 § 3. Einteilung der Quellen nach dem Verhaltnis zur Religion . . 30 § 4. Einteilung der Quellen nach ihrer Seinsverbindung mit dem historischen Objekt . 30 A. Die sachlichen Quellen (Überreste) oder virtuellen Zeug- nisse 31 B. Die redenden Quellen oder formellen Zeugnisse ... 33 Seite 1. Einteilung der redenden Quellen nach ihrem Verhaltnis zur objektiv historischen Wahrheit 33 2. Einteilung der redenden Quellen nach der auBern Form der Darstellung 39 Tabelle der Quellen 39 Note 1. Andere Einteilungen der Quellen 41 Note 2. Die hagiographischen Quellen ...... 42 Zweiter Abschnitt. Die Lehre vom Auffinden der Quellen. Erstes Kapitel. Die Aufbewahrungsstatten der Quellen. § 1. Die Bibliotheken 45 § 2. Die Archive 48 § 3. Die Museen , . 49 Zweites Kapitel. Quellennachweise. § 1. Quellensammlungen 50 § 2. Quellenverzeichnisse 54 § 3. Sonstige bibliographische Hilfsmittel 55 § 4. Biographische Hilfsmittel (Personaln ach weise) .... 56 Anhang. Literatur zur Einffihrung in die HiKswissenschaften . . 56 Zweiter Hauptteil. Quellen kritik. Vorbemerkungen: Einige wichtige logische Beweismitttel der historischen Methodik § 1. Die historische Analogie 59 § 2. Die historische Hypothese 61 § 3. Die historische Induktion und Statistik . . . . . 64 Einleitung 69 Erster Teil. Kritik der Tatslchlichkeit der Quellen (auBere Kritik). Erster Abschnitt. Kritik des Ursprunges der Quellen (höhere Kritik). Erstes Kapitel. Kritik der Echthelt der Quellen. § 1. Der beanspruchte oder beigelegte Ursprung (negative Echtheits- kritik) 72 1. Die Echtheit und die Falschung 74 2. Die Echtheit und der Irrtum 83 Seite § 2. Bestimmurig der aufteren Umstande des Ursprunges (positfve Echtheitskritik) 86 1. Bestimmung der Entstehungszeit 86 2. Bestimmung des Entstehungsortes 88 3. Bestimmung des Urhebers . ^ 89 Zweites Kapitel. Kritik der Ursprünglichkeit (Originalitat) bzw Abhangigkeit der Quellen (Quellenanalyse). § 1. Bestimmung der Ursprünglichkeit bzw Abhangigkeit der Quellen 91 § 2. Nachweis der Verwandtschaftverhaltnisse im einzelnen . . 95 1. Eine Urquelle und eine oder mehrere abgeleitete Quellen . 95 2. Eine abgeleitete Quelle und verschiedene Urquellen . . 98 Zweiter Abschnitt. Kritik der Urform oder der Integritat der Quellen (philologische Kritik). Erstes Kapitel. Begriff und Kriterien der Integritat. 100 Zweites Kapitel. Die Ursachen der Mangel der Integritat. 101 Drittes Kapitel. Wiederherstellung der Urform. 1. Die Rezension 103 2. Die Emendation . 104 .Zweiter Teil. Kritik der GlaubwSrdigkeit der Quellen (innere Kritik). Erster Abschnitt. Fehleruraachen beziiglich der Glaubwürdigkeit der Quellen. Erstes Kapitel. Inhaltliche Irrtflmer und ihre Fehlerursachen. 1. Notwendigkeit und Möglichkeit der Erkenntnis der Fehlerursachen . ' . . . . 106 2. Die Fehlerursachen im einzelnen 108 Zweites Kapitel. Inhaltliche Falschungen und ihre Fehlerursachen. 116 Seite Zweiter Abschnitt. Die Kritik der Glaubwürdigkeit im besondern. Erstes Kapitel. Der Eigenwert der Quellen. § I. Gattungskritik der Glaubwürdigkeit 119 A. Die stummen Quellen (Überreste) . , 119 B. Die redenden Quellen oder die forneHen Zeugnisse . 120 1. Der Gattungscharakter der Quellen nach der auBern Form betrachtet . 120 1. Die mündliche Überlieferung 120 2. Die schriftliche Überlieferung 126 3. Die bildlich-figürliche Überlieferung 126 2. Der Gattungscharakter der Quellen nach ihrem Hauptzweck bzw führenden Nebenzweck betrachtet 126 1. Die rein historischen Quellen 127 2. Die nicht rein historischen Quellen 128 3. Der Gattungscharakter der Quellen nach dem Typ des Aussagesubiektes betrachtet 129 § 2. Die Indi vi du al kritik der Olaubwürdigkeit 131 A. Die Glaubwürdigkeit des unmittelbaren Berichterstatters. . 132 1. Das Wissen des unmittelbaren Berichterstatters . . 132 2. Die Wahrhaftigkeit bzw die Wahraussage des unmittelbaren Berichterstatters 135 B. Die Glaubwürdigkeit des mittelbaren Berichterstatters . . 138 Zweites Kapitel. Der Erganzungswert anderer Quellen und Beweismittel. § 1. Der Erganzungswert innerer Grande 1. Die innere Möglichkeit 141 2. Die innere Wanrscheinlichkeit 146 § 2. Der Erganzungswert anderer Quellen 146 1. Übereinstimmende Zeugnisse 146 2. Widersprechende Zeugnisse 153 3. Der Beweis aus dem Stillschweigen 154 Dritter Hauptteil. Synthese der bezeugten Tatsachen. Erstès Kapitel. Die Interpretation der Zeugnisse. 158 Zweites Kapitel. Die auBere Kombination. 160 Drittes Kapitel. Die Innere Kombination. § 1. Aufgabe der innern Kombination 163 § 2. Die Faktoren des innern Zusammenhanges im einzelnen . . 164 § 3. Die Erkenntnis der Faktoren des innern Zusammenhanges. 171 Seite Viertes Kapitel. Subjektive Voraussetzungen einer guten Kombination. 174 Fünftes Kapitel. Die Darstellung. 176 Au toren verzeichnis 180 Sachverzeichnis 184 Nachtrage und Berichtigungen 190 Siglen und Abkürzungen. Bernheim = EBernheim, Lehrbuch der hist. Methodik 5-6 1908. Bernheim, Einleitung = Ders., Einleitung in die Oeschichtswissenschaft (Samm- lung Oöschen 270). Langlois (Seignobos) = ChLanglois - ChSeignobos, IntroducUon aux études historiques 4 o. J. Meisters Grundrifi = AMeister, Grundrifi der Geschichtswissenschaft 1, 12 1913. Philolog. Methodik = AFeder S.J., Philolog. Methodik und einige wichtigere rtilfswissenschaften (Manuskript 1918/9). Triennium philol. = WFreund's Triennium philologicum 31906 ff (= Grundzüge der klass. Philologie). de Smedt = ChdeSmedt, Principes de la critique historique 1883. MA = Mittelalter. MÖh = Monumentu Qermaniae historica (n. 149). MSO(MSL) = Migne, Patrologiae Graecae (Latinaé) cursus completus (a. 147). CIO (CIL) = Berliner Corpus Inscriptionum Graecarum (Latinarum) (n. 154). CSEL = Wiener Corpus scriptorum ecdesiasticorum Latinorum (n. 147). Mtf einem Sternchen (*) versehen wurden protest, theologische Werke. Vorbemerkungen. § 1. Begriff, Wissenschaftswert, Einteilung der Geschichte. 1. Begriff der Geschichte. 1. Lit.: Bernheim 1 ff; ADXénopol, La théorie de l'histoire 1908 (= 'Les principes fondamentaux de l'histoire 1908); LRiefi, Historik 1 (1912); andere Ut s. unten n. 9 u. bei Bernheim. Ehe wir die genauere Begriffsbestimmung der Geschichte aufstellen, mussen wir erst das Material- und Formaiobjekt derselben genau abgrenzen. 2. 1. Das Materialobjekt. Unter dem Materialobjekt verstehen wir das Objekt, mit dem die Geschichte sich direkt beschaftigt Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch ist Geschichte im weitesten objektiven Sinne das, was geschenen ist, also der zeitliche Verlauf der Dinge in der Welt, und Geschichte im subjektiven Sinne die geistige Auffassung und Darstellung dessen, was geschehen ist Dasjenige nun, was geschieht und aufgefaBt wird, kann sowohl der Natur- wie der Menschenwelt angehören. In dem einen Fall sprechen wir von Natur geschichte, in dem andern Fall von Menschengeschichte. Doch teilen wir den Namen Geschichte im eigentlichen Sinne nur der Art des Geschehens zu, die eine freie Selbstbestimmung voraussetzt, d. h. der Menschengeschichte. 1. Als erstes Erfordernis schlieBt der Begriff des historischen Gegenstandes also die freie Betatigung des Menschen in sich. 3. 2. Aber nicht unter jeder Rücksicht sind die freien Betatigungen Gegenstand der historischen Forschung, sondern nursoweitsie örtlieh und zeitlich beschrinkt sind. Denn insofern die menschlichen Betatigungen von Ort und Zeit abstrahieren, insofern also nur die Natur der menschlichen Fahigkeiten und Betatigungen selbst sowie ihre Gesetze betrachtet werden, gehören sie anderen Wissenschaften an, wie Psychologie, Soziologie, Anthropologie usw. Gegenstand der eigentlichen Geschichte ist somit nur der Mensen, insofern er sich zu bestimmter Zeit und an bestimmtem Ort als vernünftiges Wesen betatigt. 4. 3. Weiterhin beschaftigt sich die Geschichte aber nicht mit den Betatigungen von Einzelindividuen als solchen, sondern nur mit denen, die für einen kleinern oder gröBern Menschenkreis von Wichtigkeit sind, mit anderen Worten, mit den Betatigungen der Menschen als sozialer Wesen oder als Olieder der menschlichen Gesellschaft. Feder, Hist. Methodik. 1 Alles Individuelle erhilt den historischen Wert erst durch die Einwirkungen, die es auf eine Gesamtheit ausübt oder aus ihr empfangt Die Einzelheiten der Tagesarbeit oder des Familienlebens von Einzelindividuen gehören deshalb nicht in die Geschichte, wenn diese Einzelheiten nicht das Wesen oder Werden irgend einer Gemeinschaft oder irgend welcher Gemeingüter betreffen. Für die Weltgeschichte ist es z. B. belanglos, welch einen Unterrichtsgang ein unbekannter Knabe der karolingischen Kaiserzeit durchmachte oder welches das Empfangszeremoniell irgend e i n e s byzantinischen Patriziers war. Anders aber, wenn wir die beiden Tatsachen als typische Beispiele für das betreffende Kulturzentrum, innerhalb dessen die erwahnten Personen standen, betrachten. Das erste Beispiel bildet so einen wichtigen Beitrag zur Erkenntnis des karolingischen Unterrichtswesens, das andere zur Erkenntnis der sozialen Stellung des byzantinischen Adels. Der Grund, weshalb die geschichtliche Forschung sich nur mit Betatigungen der Menschen als sozialer Wesen beschaftigt — wohlgemerkt, nicht mit den sozialen Betatigungen — ist dieser: das nahere Ziel der geschichtlichen Entwicklung ist die Vervollkommnung der menschlichen Gesellschaft und damit auch der Einzelnen. Deshalb müssen auch alle Einzelteile der geschichtlichen Entwicklung irgendwie auf diesen Zweck hinzielen. Sie tun dies aber nur insofern, als sie sozialen Charakter tragen, d. h. insofern sie durch ein gemeinsames Ziel, gemeinsames Interesse und eine gemeinsame Leitung verbunden sind. 5. 4. Aber auch die Betatigungen der Menschen als sozialer Wesen gehören noch nicht schlechthin zum Objekt der Geschichte, sondern nur diejenigen, die von Bedeutung sind. Von Bedeutung ist aber nur das, was die Entwicklung einer sozialen Gemeinschaft in einer weitere Kreise interessierenden Weise 'beeinfluBt und deshalb wissenschaftlich von Wichtigkeit sein kann. Je umfassender die soziale Gemeinschaft ist, desto wertvoüer wird die Geschichte. So steht die Geschichte einer Gemeinde über der Geschichte einer Familie; höher als jene steht die Geschichte eines Staates, noch höher die universale Geschichte der menschlichen Gesamtheit. Der oben gebrauchte Ausdruck bedeutsam empfiehlt sich besser als der Ausdruck wertvoll, weil er. den AusschluB der bösen und der üblen Ereignisse verhindert 6. 5. Unter dem Namen Betatigungen, der a potiori gewahlt ist, fassen wir nach dem Vorgange Bernheims alle menschlichen Bekundigungen zusammen, welche die vorhin besprochenen Bedingungen aufweisen, die also raumlich und zeitlich bedingt sind, sozialen Charakter haben und- sozial bedeutsam sind. Sie können eingeteilt werden: 1) nach dem handelnden Prinzip in rein innere (wie Denkund Willensakte) und auBere oder gemischte Betatigungen. 2) nach der Aufeinanderfolge oder dem anscheinend ruhigen Nebeneinander in flieBende und in scheinbar ruhendeoder zustandli che. Zustande sind ja in Wirklichkeit nur aufgehaufte, gleichsam als summarisch betrachtete Endresultate von einzelnen menschlichen Betatigungen, wie z. B. der Zustand der Qesetzgebung, der Wissenschaft, der Volkswirtschaft. In der Tat ist kein Zustand stationar, sondern aus einer Summe von Betatitigungen entstanden, erhalt er sich nur durch neue von einander verschiedene Betatigungen und ist selbst in stetem Wechsel begriffen. Zu den Zustanden gehören auch menschliche Charaktere und Persönuchkeiten, insofern sie Ausbildung und Betatigung bedeuten. Die menschlichen Anlagen und materieile Objekte gehören nur mittelbar in die Oeschichte, insofern sie Ursachen bzw Wirkungen der Betatigungen sind. 3) nach der Einheit der Betatigungen in solche mit innerer Einheit (z. B. Gebet, Charakter eines Menschen oder Volkes, Schlacht, Kulturzustand) und solche mit au Berer Einheit (z. B. Aufruhr, Ereignisse einer bestimmten Zeitperiode). 4) nach dem Verhaltnis zu anderen ahnlichen Betatigungen in singulare (individuelle), typische d. h. solche Betatigungen, die uns den Durchschnitt dessen veranschaulichen, was gewisse bestimmte Klassen in gewissen Zeiten geleistet haben, und kollektive d. h. solche Betatigungen, die durch ein auBeres oder inneres Band zu einer Einheit verbunden sind. 7. 2. Das Formalobjekt der Oeschichte: die Entwicklung. Die Geschichte betrachtet die Betatigungen nicht in ihrem raumlichen oder zeitlichen Bei- bzw Nebeneinandersein, sondern in ihrer Entwicklung. Die einzelnen Betatigungen sind namlich die Resultante einer Reihe von Faktoren und sie selbst wirken wieder als Ursachen auf andere neue Betatigungen. So bestehen zwischen den Betatigungen wechselvolle Beziehungen, welche die einzelnen Betatigungen zu kleineren und diese wieder zu gröBeren Entwicklungskomplexen zusammenfassen und die gesamten Reihen der groBen Entwicklungskomplexe zum groBen Ganzen der Menschheitsgeschichte verbinden. So erscheint uns der geschichtliche Verlauf als ein groBes Gewebe von Betatigungen, in dem die einzelnen Faden die Handlungen darstellen. Die Geschichtswissenschaft hat demnach den konkreten Zusammenhang der einzelnen geschichtlichen Tatsachen unter sich und den Zusammenhang der gröBeren Ereignisgruppen zu erforschen und darzustellen. Es ist deshalb aus der Mannigfaltigkeit des Geschehenen das herauszusuchen, was zu dem einheitlichen Ganzen eines Erscheinungskomplexes wesentiich gehort, was zu dessen Zustandekommen wesentiich beigetragen hat Die Auswahl wird durch die Beziehung des jeweiligen materiellen Objektes zur Entwicklung des Ganzen geleitet Diese Auswahl vollzieht sich standig durch Werturteile, die ihrerseits an objektiven Normen zu messen sind, die innen selbst objektive Gültigkeit und Wahrheit verleihen (s. Metaphysik der Geschichte). 8. Nunmehr können wir die Geschichte definiëren als die Wissenschaft von der Entwicklung der Menschen in ihren Betatigungen als sozialer Wesen oder die Wissenschaft, welche die irgendwie sozial bedeutsamen Betatigungen der Menschen als sozialer Wesen in ihrem kausalem Zusammenhang erforscht (vgl. Bernheim). Historisch (geschichtlich) nennen wir 1) alles, was in der objektiven Ordnung als Einzelfaktum tatsachlich geschehen ist oder zustindlich war und für uns Gegenstand der Erkenntnis ist (hist. Vorgang, hist. Ereignisse, hist Kulturzustand); 2) alles, was in der objektiven Ordnung eine Beziehung zum tatsachlich Oeschehenen hat (hist. Ursachen, Wirkungen, Kontraste); 3) alles, was in der subjektiven Ordnung eine Beziehung zu den historischen Tatsachen hat (hist. Wahrheit, Kritik, Methode). NB. Falsche Definitionen der Geschichte s. bei Bernheim 19 ff. 87 ff. \* 2. Die Oeschichte als Wissenschaft. 9. Lit.: Bernheim 161 ff; ARhomberg, Die Erhebung derOesch. zum Rang einer Wissenschaft 1883; EMöiler, Ist die Gesch. eine Wissenschaft? im Hist. Jb 23 (1902) 7—21; WWindelband, Qesch. u. Naturwiss. 1894, auch in Prdludien 24 (1911); HRickert, Rulturwissenschaft u. Naturwiss.2 1910; Ders. Die Grenzen der naturwiss. Begriffsbildung2 1913; HMaier, Das gesch. Erkennen 1914. 10. Die Wissenschaftslehre wurde bis in die jüngere Zeit von dem aristotelischen Wissenschaftsbegriff beeinfluBt. Aristoteles batte der Wissenschaft die Aufgabe gestellt, das Allgemeine zu suchen und er hatte das allgemein Begriffliche mit dem wissenschaftlichen Wissen überhaupt identifiziert Der Geschichte, die sich mit dem Individuellen beschaftigt, hatte er keinen wissenschaftlichen Charakter zuerkannt, sondern sie sogar unter die Poesie gestellt. Die groBen Historiker der Neuzeit betrachteten die Geschichte stets als Wissenschaft und, wenn sie auch keine erkenntnistheoretische Grundlage ausgebaut batten, so stützten sie sich doch auf gewisse leicht erkannte oder auch überlieferte methodologische Grundsatze. Als man sich der erkenntnistheoretischen Probleme bewuBt wurde, suchte auch die Philosophie der geschichtlichen Behandlung des Individuellen ein wissenschaftliches Recht einzuraumen. 11. Unter den modernen Versuchen, die Wissenschaftlichkeit der Oeschichte zu begründen, haben besonders die Versuche von Windelband, Rickert, Maier groBen EinfluB ausgeübt. Windelband teilt die Wissenschaften in nomothetische und idiographische oder Gesetzeswissenschaften und Ereigniswissenschaften ein. Die ersteren suchen Gesetze auf, die letzteren hingegen behandeln Einzelvorgange und suchen Gestalten darzustellen. Das Einteilungsprinzip ist der formale Charakter der Erkenntnisziele: in dem einen Falie das generelle, apodictische UrteiL im andern Falie der singulare, assertortsche Satz. Die beiden Wissenschaftsarten tallen zusammen mit der Einteilung von Natur- und Geisteswissenschaften. Nach Rickert liegt der Einteilungsgrund für die Wissenschaften in der Methode. Die Erkenntnis des Historischen d. h. des Individuellen geschieht durch die historische Begriffsbildung, die der generalisierenden der Naturwissenschaften gegenübergestellt wird. In dieser Begriffsbildung besteht das Wesen der Oeschichte als Wissenschaft Allgemein gültig werden die historischen Begriffe erst durch die Wertbeziehung; denn zum Wesen des eigentlich Historischen gehort, daB es zu den KuUurwerten in Beziehung steht. Konsequent kommt R. zur Annahme, daB nur Kulturgeschichte eigentliche Oeschichte ist, und darum gelten einige positive Wissenschaften R. nur als vorwissenschaftliche Materialsatnmlungen. Den Rulturwissenschaften stellt /?. die Naturwissensi haften gegenüber, die in ihren Objekten ein von aller Wertbeziehung freies Sein und Qeschehen erblicken und die nur deren Gesetze herzuleiten suchen. Maier scheidet die Wissenschaften nach dem Oegenstand in Begriffswissenschaften (allgemeine W.) und Individualwissenschaften (anschauliche W.) und beide Grappen wieder nach dem Zweck des Auffassens oder Begreifens in beschreibende und erklarende. Die Geschichte ist z. B. eine erklarende, die Astronomie eine beschreibende Individualwissenschaft, jede Oesetzeswissenschaft ist eine erklarende, die Botanik eine beschreibende Begriffswissenschaft usw. 12. In wiefern ist nun die Geschichte eine Wissenschaft? Wir können die Wissenschaft in dreifacher Weise definiëren: 1. als die systematische Einheit prinzipiell zusammengehöriger Erkenntnisse, erworben auf Grund bestimmter Regeln. 2. als die systematische Erkenntnis der Einzeldinge aus ihren n aller en O runden {individualiserende Wissenschaften). 3. als die Erkenntnis der Dinge aus ihren allgemeinen und letzten Oründen und als die Erkenntnis der Gesetze der Dinge (generalisierende Wissenschaften). In ersterm Sinne ist bereits die erste Phase der geschichtlichen Erkenntnis, die Feststellung der Tatsachen auf Grund des Erfahrungsmaterials und bestimmter logischer und psychologischer Gesetze, eine wahre Wissenschaft, die uns ein sicheres systematisches Erkennen vermittelt Auch im zwei ten Sinne ist die Geschichte eine Wissenschaft Sie ist zwar eine Erkenntnis der raumlich-zeitlichen Erscheinungswelt, aber doch in ihrer kausalen Bestimmtheit Die Begriffe und Urteile, die wir bei Auffassung und Darstellung des Geschehens anwenden, beruhen auf Kausalerkenntnis. Wenn die Geschichte auch nicht eine generalisierende Wissenschaft ist so kann sie doch bei ihrer allseitigen genetischen Betrachtungsweise nicht des Lichtes der letzten (geschöpflichen und göttlichen) Ursachen entbehren. Zudem gibt es auch im geschichtlichen Geschehen gewisse Regelmassigkeiten, die oft mit dem Namen Gesetze in weiterm Sinne bezeichnet werden. 3. Einteilung der Geschichte. 13. Lit.: reiche Literatur bei Bernheim 52—84; ChSeignobos, Introduction aux études hist. 202 sq; ABöhm, Über Periodisierung der Weltgeschichte (Pr. Sagan) 1888; GSchnfirer, Über Periodisierung der Weltgeschichte1900; RMMeyer, Prinzipien der wissenschaftlichen Periodenbildung im Euphorion 8(1901)1—42. Die Geschichte laBt eine Einteilung nach verschiedenen Gesichtspunkten zu: 1) nach Art der Auffassung: in referierende oder erzahIende, pragmatische oder lehrhafte, genetische oder erklarende Geschichte. 2) nach dem Umfange des Gegenstandes in Universalgeschichte und Parti kulargeschichte. Die Universalgeschichte mit genetischem Charakter, die auch der Tatsache der Offenbarung und der Vorsehung gerecht wird, ist die höchste Form der allgemeinen Geschichte Früher bezeichnete man vielfach als Universalgeschichte auch die geschichtsphilosophischen Betrachtungen über die Menschheitsgeschichte, die andere Allgemeine KuUargeschichte, Geschichte derMenschheit benannten. 3) nach dem natürlichen oder fibernatürlichen Charakter der historischen Tatsachen: in natürliche Geschichte und die Oeschichte der Offenbarung. 4) nach der direkten Beziehung zur Kirche: in Kirchengeschichte und P r of an geschichte. 5) nach der zei tl ich en Folge: in gewisse durch Hauptereignisse von einander abgegrenzte Perioden. 14. Aus dem frfihen MA bekannt sind besonders die 6 aetates des hl. Augustinus: Adam bis Noe, Noe bis Abraham, Abraham bis David, David bis babyion. Exil, babyion. Exil bis Chr., Chr. bis Wettende. Durch Isidor von Sevüla und Beda erhielten diese aetates Burgerrecht im ganzen MA. Dionysius exiguus (532) gab dem Mittelpunkt der Periodisierung, der Geburt Christi, einen festen Halt, indem er mit ihr seine Osterdatierung begann. Die Theorie der 4. Weltreiche der Babylonier, der Meder-Perser, der Makedonier, der Romer (Dan. 2,37 ff. 7,3 ff) wurde besonders von Hieronymas im Abendland verbreitet. Die in der Neuzeit meist angewandte Einteilung in AUertum bis Konstantin d. O., in MA bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Turken (spater Reformation, Entdeckung Amerikas), in Neuzeit stammt von ChCellarius (1634— 1707). Schnürer schlug eine Einteilung in AUertum und Neuzeit vor; die ersten 6 Jahrh. nach Chr. sollen eine Übergangsperiode bilden; die Neuzeit soll das Abendlandische Zeitalter umfassen, das wieder zerfallen soll in die kirchliche (7.—16.), die politische (16.—19.) und die soziale Periode (19. Jahrh.). Ober die Perioden von Comte, Lamprecht, Lorenz s. Bernheim 81 ff. 15. 6) nach dem raumlichen Unterschied: in Geschichte der alten und n e u e n Welt, der verschiedenen Erdteile usw. Diese Einteilung als Haupteinteilung widerspricht aber dem tatsachlichen Verlauf der Geschichte und ist anderen Ein teil ungsprinzipien unterzuordneh. 16. 7) nach dem thematischen (inhaltlichen) Prinzip: I. Allgemeine Geschichte (Universalgeschichte, Weltgeschichte). II. Sondergeschichte: A. Oeschichte von Einzelpersönlichkeiten. B. Engere Familiengeschichte. C. Geschichte der Gesellschaften: 1. Politische Geschichte: 1) Geschichte der Staaten: a) allgemeine b) besondere (Einzelstaaten, Provinzen usw). 2) Geschichte staatlicher Aktionen und Institutionen (franz. Revolution, ein bestimmter Krieg). 2. Nichtpolitische Geschichte (Kulturgeschichte): 1) Allgemeine Kulturgeschichte. 2) Besondere Kulturgeschichte: a) nach versch. Arten der Kulturwelt: materielle, soziale, geistige, religiöse. b) nach einzelnen Zweigen der Artgebiete (z. B. Universitaten, Konziliengeschichte, Handelsgeschichte). § 2. Begriff und Einteilung der Geschichtsphilosophie. 17. Lit.: Bernheim 685 — 749; ThLindner, QPh 1904; GSimmel, Die Probleme der QPh 1905; OMehlis, Lehrbuch der QPh 1917; ADyroff, Zur Geschichtslogik im Hist. Jb 36 (1915) 725 ff. 38J1917) 41 ff; andere Lit. s. bei OBraun, QPh in Meisters Qrundrifi 1,1 (1913); PBarth, Die Gesch. der Philos. als Soziologie 12 (1915). 1. Begriff der Geschichtsphilosophie. 18. Unter Geschichtsphilosophie verstellen wir kurz die Lehre von den allgemeinen Prinzipien der Oeschichte. Zunachst ist sie die Wissenschaft, welche die allgemeinen Ursachen, Ziele und Beziehungen des geschichtlichen Seins und Geschehens zum Gegenstande hat Weiterhin hat sie sich mit dem historischen Denken zu beschaftigen; sie muB zeigen, wie Logik und Erkenntnislehre beim historischen Denken sich gestalten; sie muB u. a. die Fragen iösen von der historischen Begriffsbildung und SchluBfolgerung, von der Möglichkeit und Sicherheit historischen Erkennens, vom Wesen des Autoritatsglaubens usw. Die Geschichtsphilosophie als Wissenschaft ist erst in neuerer Zeit gepflegt worden. Als Gründe für ihr spates Erwachen dürften wohl diese gelten: 19. 1. Man hat erst in der Neuzeit angefangen, die Geschichte selbst als Wissenschaft zu betrachten, und dadurch der Geschichtsphilosophie den Weg gebahnt. 2. Dem heidnischen Altertum, das für die philosophischen Wissenschaften den Orund Iegte, fehlten auflerdem die innem Voraussetzungen für unsere Wissenschaft: die Ideen der Einheit des Menschengeschlechts, des Zusammenwirkens von menschlicher Freiheit und Vorsehung, des Fortschrittes der Mensch- 3. Die Entwicklung des Wissenschaftssystems überhaupt Die Wissenschaften zielen vor allem auf das Notwendige und Unveranderliche, auf Oesetze, und zwar zunachst auf das, was mehr unveranderlich ist weil dies für die Erkenntnis leichter zu erreichen ist. Das Notwendige und Unveranderliche wurde auf intellektuellem Gebiete am ersten erreicht in Logik und Ontologie, auf materiellem Gebiete in Physik, Astronomie, Mathematik. Dann erst kamen systematisch die Probleme zur Behandlung, welche die freie Seele und das Leben betreffen: Psychologie und Biologie; noch spater die Erscheinungen der menschlichen Gesellschaft mit ihren moralischen Gesetzen, die vom freien Willen so oft durchkreuzt werden, schlieBlich das geschichtliche Sein und Oeschehen, dessen letzter Trager der freie Wille ist und das in der Oeschichtswissenschaft nicht seiner allgemeinen Natur nach, sondern wesentiich in seiner konkreten Erscheinungsform dargestellt wird. Die Jetztzeit schenkt der Geschichtsphilosophie auch vor allem deshalb groBe Aufmerksamkeit, Weil ihr ein ausgepragter Sinn für das Reale und im besondern für das reale Leben der Menschen und der Menschheit und zugleich ein groBes Streben, die Menscheitsgeschichte als ein Oanzes zu erforschen und zu erklaren, eigen ist. Zu gute kommt ihr bei der Pflege der Geschichtsphilosophie die allseitige Ausbildung der Geschichtswissenschaft selbst 2. Einteilung der Geschichtsphilosophie. 20. Die Geschichtsphilosophie ist — wie vorhin schon bemerkt wurde — teils Metaphysik, teils Logik der Geschichte Die Metaphysik der Geschichte hat die Aufgabe, die verschiedenen allgemeinen Ursachen, auf denen das geschichtliche Geschehen und die geschichtliche Entwicklung beruhen, aufzusuchen und zu' erforschen, also Materialursachen, Formalursachen, Wirkursachen, Zweckursachen der Oeschichte sind ihr Gegenstand. Die Geschichts logik im weitern Sinne ist die Wissenschaft von den Denkformen und Prinzipien der Erkenntnis. Soweit die geschichtliche Erkenntnis keine Besonderheiten aufweist, fallt sie natürlich mit der allgemeinen Logik zusammen. Die Geschichtslogik unterscheiden wir wieder in die eigentliche Logik (Dialektik), welche die Denktatigkeit oder die Denkformen nach ihrem Wesen, ihrer Gesetzmafiigkeit und Richtigkeit untersucht oder die Ubereinstimmung des historischen Denkens mit den Denkgesetzen d. h. die Richtigkeit des historischen Denkens behandelt, und in die Erkenntnistheorie (Kritik), welche von der Ubereinstimmung des historischen Denkens mit seinem Gegenstand, d. h. von der Wahrheit des historischen Erkennens handelt. 21. Je nachdem die historische Logik und die historische Erkenntnistheorie ihren Gegenstand mehr in theoretischer oder spekulativer Weise oder mehr in praktischer Weise als Anleitung zu richtigem und wahrem Denken behandeln, unterscheidet man wieder die spekulative und die n o r m a t i v e Logik bzw Erkenntnislehre. Letztere heifit auch historische Methodenlehre. Methodenlehre ist ja die Lehre von der Methode oder dem Verfahren, durch systematische Anwendung der Erkenntnismittel zum Ziel der betreffenden Wissenschaft, d. h. in unserm Falie zum Ziele einer wahren und sichern Erkenntnis historischen Seins und Geschehens zu gelangen. Jede besondere Methodenlehre, deren System durch die Natur des betreffenden zugehörigen Forschungsobjektes bestimmt wird, kann nun ihre Leitsatze mehr in allgemeiner Form oder in einem Aufbau von sehr ins Einzelne gehenden Vorschriften bieten, die der Eigenart und den praktischen Bedürfnissen der Sonderwissenschaft eng angepafit sind. Im letztern Falie bezeichnet man die betreffende Methodenlehre besser als Methodik. Darum bezeichnen wir auch die Methodenlehre, die unser Grundrifi bietet, als historische Methodik. Die historische Methodik. 22. Lit: JODroysen, Qmndrifi der Historik 1867, 31882; ChdeSmedt SJ, Principes de la critique historique 1883; EAFreeman The methods of historical study 1886; PDold, Sintesi di scienza storica 1887; JNirschl, Propadeutik der KG 1888; EBernheim 1889, 51908; Ders., Einleitung (QSschen); ChVLangloisChSeignobos, Introduction aux études historiques 1898, 4 o. ].; AMeister, Grundzüge der hist. Methode= Grundrifi 1,1 (1906,21913); BAlbers, Manuale dipropedeutica storica 1909; ZQarcia Villada SJ, Metodologia y critica historicus 1912; weitere Lit s. Dahlmann-Waitz, Quellenkunde der deutschen Geschichte «1912, 1-6. Einleitung. § 1. Begriff und Einteilung der historischen Methodik. 23. Unter der historischen Methodik verstenen wir die Wissenschaft, die uns die Mittel lehrt, um zu einer sichem historischen Erkenntnis zu gelangen. Ihr letztes Ziel ist die Vergegenwartigung der vollen historischen Wahrheit Doch sei hier schon bemerkt, daB wir in den folgenden Ausffihrungen den Ausdruck historische Tatsache nicht ausschlieBlich im Sinne der Geschichtswissenschaft (s. oben n. 2 ff), sondern oft in einem weitern Sinne für jeden auBern sinnlich wahrnehmbaren Vorgang gebrauchen. Im besondern bietet sie neben den theoretischen Ausffihrungen eine systematische wissenschaftlich begrfindete Summe von Anweisungen, um historische Vorgange nach folgenden drei Seiten hin zu prfifen: nach der Vollstandigkeit der Bezeugung, nach dem Werte der Bezeugung, nach dem innern Zusammenhang der bezeugten Tatsachen. Die historische Methodik umfaBt somit drei Teile: 1. die Quellenkunde (HeuristJk), welche der Sammlung der Quellen dient und darum die Regeln aufstellt, um eine höchstmögliche Vollstandigkeit der Bezeugung zu erreichen. 2. die Quellenkritik, welche der Sichtung und Bewertung der Quellen dient und deshalb die Regeln aufstellt durch die der Wert der Bezeugung geprfift wird und zwar zunachst die Tatsachlichkeit der Quellen (quaestio facti) durch die auBere Kritik, sodann die Glaubwürdigkeit oder Zuverlassigkeit (quaestio iuris) durch die innere Kritik. 3. die Synthese der Tatsachen, welche der historischen Auffassung dient und darum die Regeln aufstellt für die ErschlieBung des wahren Sinnes des Quelleninhaltes, für die Anordnung der beglaubigten Vorgange, für die Erkenntnis des innern Zusammenhanges und für die historischen Darstellung. Probleme der spekulativen Logik kommen in der hist Methodik nur insofern zur Sprache, als sie zum Verstandnis unumganglich nötig sind. § 2. Das Ziel der historischen Methodik: die hist GewiBheit. 24. Lit.: Bernheim 189—206; TPesch-CFrick SJ, InstiL logic. etontoL 1 J(1914) n. 713 sq; ADyroff, Qeschichtslogik I im Hist. Jb 36 (1915) 729 ff. 1. Begriff der historischen GewiBheit. Das Ziel der historischen Methodik ist die historische OewiBheit Unter dieser verstenen wir im allgemeinen die sichere Erkenntnis der hit storischen Tatsachen und im besondern die sichere Erkenntnis der Tatsüchlichkeit dieser Tatsachen, namentlich der auBeren sinnlich wahrnehmbaren. Im'Folgenden wird zumeist die Rede von der historischen. GewiBheit im engern Sinne sein. 25. Das Erkenntnismittel der historischen Tatsachen ist für die meisten Menschen auBer der eigenen Beobachtung der formale Autoritatsglaube, durch den sie die Tatsachen auf das Zeugnis anderer hin annehmen. Die GewiBheit nun, welche der Autoritatsglaube vermittelt ist an und für sich nur eine moralische. Er stützt sich namlich auf die Autoritat des Zeugen, d. h. das Wissen und die Wahrhaftigkeit desselben, und zwar auf Grund der zwei nachstehenden moralischen Gesetze, die der wissenschaftlich begründete Autoritatsglaube klar und reflex, der vulg&re, dem jeweiligen Auffassungsvermögen angepaBte Autoritatsglaube nur konfus erkennt: 1) jeder vernünftige Mensen benützt die sinnlichen und geistigen Erkenntnisfahigkeiten gemaB dem von der Natur bestimmten Zweck, d. h. um eine sichere Erkenntnis der dem klaren BewuBtsein vorgeführten Erkenntnisobjekte zu erlangen; 2) jeder Mensch, der im habituellen Besitz der Tugend der Wahrhaftigkeit ist, wird unter gewöhnlichen Umstanden nicht gegen diese Tugend verstoBen. Auch die historische Methodik anerkennt dieBerecht i g u n g des formalen Autoritatsglaubens, ja seine Notwendigkeit für das Einzelleben wie für das gesellschaftliche Leben. 26. Da namlich der Mensch in Raum und Zeit, in seinen gesamten seelischen Anlagen und Fahigkeiten beschrankt ist, auf der andern Seite sich ein gewisses MaB von Wissen sichern muB, das ihm zur Erfüllung seiner eigenen Bestimmung und zur Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben notwendig ist oder beides fördert, so greift er vielfach zum Autoritatsglauben, der ihm dieses Wissen leicht vermittelt. Und so sehen wir denn auch, wie im praktischen Leben nicht nur das Kind und der Ungebildete gar haufig auf den Autoritatsglauben den Eltern und Vorgesetzten bzw gebildeten Mitmenschen gegenüber angewiesen sind, sondern wie auch Oebildete und selbst Oelehrte viele Wahrheiten, dogmatische wie historische, die auBer ihrem Erfahrungsoder Forschungsgebiete liegen oder deren innern Wahrheitsgehalt sie wegen Mangel an Zeit oder einschlagigem Wissen unmöglich selbst prüfen können, auf das Zeugnis von anderen Autoritaten hin annehmen. Ja, wir dfirfen sagen, der gröBte Teil der Menschheit erwirbt sein Wissen, betreffe es nun historische Tatsachen oder die sonstige geistige, sittliche, soziale, politische Ideenwelt, durch den Autoritatsglauben. Mit Recht sagt darum der hl. Augustinus: Multa possant adferi, quibus ostendatur nihil omnino humanae societatis incolume remanere, si nihil enden statuerimus, quod non possumus tenere perceptum (De utilit. credendi 12, CSEL 25,1, 34). 27. Oleichwohl geht die historische Methodik, da sie ais wissenschaftliche Methodik den höchst erreichbaren Grad der historischen GewiBheit anzustreben hat, darauf aus, die Sicherheit der durch den Autoritatsglauben gebotenen Erkenntnis von der Tatsachlichkeit der historischen Objekte durch andere SuBere oder innere Beweismittel zu betatigen und zu bekraftigen, jazu erhöhen. Und dies aus folgenden Grimden: 1) Die Art des reinen Autoritatsglaubens, die uns wirkliche moralische GewiBheit auf Grund der wissenschaftlich erkannten Autoritat bietet, ist im gewöhnlichen Leben n i c h t so h a u f i g, da die Anforderungen, die an eine wahre Autoritat zu stellen sind, sehr hoch sind und das DurchschnittsmaB des Wissens und der Wahrhaftigkeit der Zeugen übersteigen. 2) Das alleinige Motiv für die Zustimmung des Verstandes zum Zeugnisinhalt ist beim formaten Autoritatsglauben die Autoritat des Zeugen (Formalobjekt), nicht aber die Einsicht in die innere Wahrheit des Zeugnisinhaltes. Die Zustimmung stützt sich so allendings auf die innere Evidenz der erkannten Autoritat und die innere Evidenz des erkannten iuBern Zusammenhanges zwischen Zeugnis und der Wahrheit des Zeugnisinhaltes. Doch ist es das Streben aller wissenschaftlichen Erkenntnis, nach Möglichkeit zur innern Evidenz des Erkenntnisobjektes selbst vorzudringen. 28. Die Erkenntnismittel, deren sich die historische Methodik und sehr haufig auch die Menschen im gewöhnlichen praktischen Leben bedienen, um zur historischen GewiBheit zu gelangen, sind also gemischter Natur, und deshalb kann der ProzeB, der zu dieser GewiBheit hinleitet, für gewöhntich nur in analogem Sinne Olaube {kritischer Olaube im Gegensatz zum Autoritatsglauben) genannt werden. Die Prinzipien, auf welcher jener ProzeB bei seinen SchluBfolgerungen sich stützt, sind teils moralische, teils metaphysische. Zu den moralischen gehören besonders diese beiden; 1) jeder Mensch strebt im Einzelfalle nach der Erkenntnis der Wahrheit, wenn ihm diese Vorteil bringt; 2) niemand lügt, wenn die Lüge für ihn nicht vorteilhaft ist Von den metaphysischen Prinzipien werden namentlich das Prinzip des Widerspruches und das vom zureichenden Grunde angewandt z. B.: Diese historische Tatsache wird von mehreren Zeugen berichtet Nun kann aber diese Obereinstimmung nur in der Wahrheit der Tatsache selbst ihren Grund haben. Also ist die Tatsache wahr. 29. Die historische GewiBheit, welche die Methodik uns bieten wiil, kann also nach Art der Motive, auf Grund deren der Verstand das Geschehensein einer Tatsache mit fester Zustimmung annimmt, eine verschiedene sein, je nachdem namlich das Nichtgeschehensein mit jenen Motiven moralisch, physisch oder metaphysisch unvereinbar ist: wir unterscheiden demnach eine moralische, physische, metaphysische historische Gewifiheit Neben der moralischen GewiBheit im strengen Sinne gibt es auch eine moralische GewiBheit im weitern Sinne: sie ist dann vorhanden, wenn der Verstand die Tatsachlichkeit einer historischen Tatsache auf Grund von Motiven annimmt, die schwerwiegend genug sind, um dem Verstand eine entgegenstehende Furcht vor dem Irrtum fast ganzlich zu benehmen. Sie ist also nur eine Art von hoher Wahrscheinlichkeit. 30. Wie andere Wissenschaften, so schliefit auch die Geschichte bei ihrer Forschung und Synthese die Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit nicht aus. Wahrscheinlich nennen wir die historische Tatsache, für deren Geschehensein positive schwerwiegende Berichte oder sonstige Gründe vorliegen, die für sich eine Sicherheit nicht ergeben oder denen andere positive Berichte oder Gründe entgegenstehen. Möglich ist die historische Tatsache, deren Geschehensein durch positive Gründe oder Berichte zwar nicht bezeugt, aber auch nicht ausgeschlossen ist Die historische (aposterioristische) Möglichkeit setzt natürlich die innere (apriorische) voraus. 2. Die Möglichkeit der historischen GewiBheit 31. Diese Möglichkeit ergibt sich aus der objektiven Wahrheit und der erkennbaren Natur der historischen Tatsachen sowie aus der Anlage des menschlichen Geistes, der in sich die Fahigkeit hat solche Tatsachen durch Wahrnehmung oder durch fremdes Zeugnis oder durch SchluBfolgerungen entsprechend dem objektiven Oeschehen zu erkennen. Wir unterscheiden deshalb eine objektive und eine s u b j e k t i v e Möglichkeit sicherer historischer Erkenntnis. 1. Die subjektive Möglichkeit historischer OewiBheit 32. Diese subjektive Möglichkeit wird aus folgenden Gründen erwiesen. Die menschliche Vernunft tragt in sich die Fahigkeit die Wahrheit zu erkennen; wenn also die Vernunft sich gemaB ihrer Natur inbezug auf ein ihr konvenientes historisches Objekt betatigt, so muB sie dieses Objekt mit Sicherheit erkennen. Sodann würde die lllusion des Menschen, der da glaubt die historische Wahrheit erkennen zu können, und doch dazu nicht im stande ware, auf den Schöpfer selbst zurückzuführen sein. SchlieBlich wissen wir aus dem SelbstbewuBtsein, daB die inneren eigenen Erlebnisse der objektiven Wirklichkeit angehören und daB es unmöglich ist dieselben hinwegzuleugnen; nun sind aber die Objekte der geschichtlichen Erkenntnis menschliche Handlungen, die sich ebenfalls ihrem innersten Wesen nach innerhaib der Seele abspielen und durchaus analog den inneren eigenen Erlebnissen verlaufen. °e?ner der subjektiven Möglichkeit historischer OewiBheit sind die Vertreter der allgemeinen Skepsis. Zwar haben dieselben bei Verteidigung Uires Systems weniger geschichtliche Erscheinungen vorgebracht, als Erscheinungen der Natnrwelt. Den Skeptikern ist dieselbe Antwort zu geben die man in der Erkenntnislehre auf die Einwfirfe des Skeptizismus im allgemeinen erteut. Zudem ist im besondern noch hinzuweisen auf die innere Unmöglichkeit, daB alle Menschen die an sich unübersehbare Menge von Personen und Ereignissen der Oeschichte auf dieselbe Weise erfinden und auffassen. 2. Die objective Möglichkeit historischer OewiBheit. 34. Die objektive Möglichkeit sicherer historischer Erkenntnis folgt notwendig aus der subjektiven. Ist namlich von seiten des Subjektes die Möglichkeit gegeben, das historische Objekt zu erfassen, so liegt von seiten des Objektes — seine Existenz vorausgesetzt — die Möglichkeit vor, von den Menschen erkannt zu werden; denn das historische Objekt, wie es von uns verstanden wird, überschreitet nicht den Umfang der möglichen Objekte des menschlichen Erkenntnisvermögens. Gleichwohl gibt es eine Reihe von Oegnern, welche diese objektive Möglichkeit sicherer historischer Erkenntnis in Zweifel ziehen und die als Vertreter eines partiellen historischen Skeptizismus gelten mussen. Sie scheiden sich in zwei Klassen, je nachdem sie dem geschichtlichen Objekt selbst die Erkennbarkeit absprechen, wie die Idealisten, oder nur den objektiven Erkenntnismitteln, vor allem den Quellen der Überlieferung, eine genügende Erkennbarkeit nicht zuerkennen. 35. I. Zur ersten Klasse gehören also die Anhanger des Idealismus. und zwar sowohl des kntJschen Idealismus eines Kant, der die Formen der trkenntms wie auch des absoluten Idealismus eines Fichte, Schelling. Heeel der auBer den Formen auch den Stoff der Erkenntnis zum denkgesetzlichen' Gebilde unseres Oeistes gestaltete. Besonders im AnschluB an den altern krftischen Idealismus ist in neuerer Zeit von einigen Philosophen ein gemaBigter Oeschichtsideahsmus ausgebildet worden, so von QSimmeL WWindelband, n Kicken, OMehlis u. a. ' Der Idealismus im allgemeinen findet ebenfalls seine Widerleeunein der allgemeinen Erkenntaiskntik. Dem Oeschichtsidealimus im besondern ist entgegenzuhalten, daB die Annahme eines eigenen Oegenstandes der Geschichte unmoghch wird, wenn der erkennende Oeist den Erfahrungsstoff wesentiich f»^°1eru U2formVf5merLdaB der vorzügliche Gegenstand der Geschichte Individualobjekte sind die aber in ihrer Besonderheit durch kein apriorisches Wissen bestimmt werden können, schlieBlich daB als wesentliche Aufgabe der Geschichte gefordert wird, die Zusammenhange der Tatsachen, deren Erkenntn!Lh -hlst0^^Xn-these »usn»»cht, frei von jeder apriorischen Zutat in ihrer remen Objektivitat zu erfassen. ^ u ?uïl zJwei,t?n Klasse gehören besonders jene Oegner, welche die S2S«»wttta^ °der dCS Z«—hangest i- *\ A?efstc$l ""«nn'&faltiger Widersprüche und einer gewissen Unzuverlass.gkeit der Überl eferung glaubten bereits einige altere Schriftsteller eme sichere Erkennbarkeit der Vergangenheit in Abrede stellen zu mfissen so fteTöc„T Nttestm^ «en» Sdnift De Incertitudine et vanitate srientiamm Mfi ',fPH erf'^fl yaq nolrjois pMïav ra xa&ókov, fj 6' laxoQia ia xoAFexaaxov léyet (Poet 9, 3; vgl. 23, 2); doch hatte er die Einsicht daB eine Literaturgeschichte nur auf Grund von Quellenmaterial möglich sei, zudem studierte er selbst vor Abfassung seiner Politik, Poetik, Rhetorik die bezüglichen Quellen. 54. Als der „Vater der Geschichtschreibung" (Cic. de leg. 1, 1, 5) gilt Herodot (t c 425),- der Verfasser der 'Imooiac ónódefa . Obschon er sich haufig historischen Zeugnissen gegenüber zu Zweifeln verpflichtet glaubt, ist er doch in zahlreichen Fallen noch sehr naiv und leichtglaubig. Der erste eigentliche Geschichtschreiber ist Thukydides (t c. 396). Seine Grundsatze hat er an den Beginn seines Peloponnesischen Krieges (1, 1. 21. 22) gestellt: Beschrinkung auf einen Abschnitt der Zeitgeschichte, Autopsie kritische Bewertung der Zeugnisse Stellungnahme gegenüber widersprechenden Zeugnissen, logische und psychologische Beurteilung der Zeugen. Daneben verleugnet sich aber auch die zeitgenössische Rhetorik nicht, besonders in den Reden. 55. An der Spitze der römischen Historiker stehen Sallust, Livius, Tacitus. Sallust (87 — 34, De bello Catilinae, Jugurtha, ffistoriae) wahlte Thukydides als Vorbild; er war wahrheitsliebend, erzahlte hauptsachlich Selbsterlebtes, war gewandt in der Charakterzeichnung, daneben stand er noch sehr unter dem EinfluB der Parteiüberlieferung, Quellen nennt er nicht die Chronologie ist vernachlassigt. Livius (t 17 n. X., Historiae oder Annales) Hebt die pragmatische Darstellung, zeichnet sich durch psychologische Charakterisierung und reiche Darstellungsgabe aus; andrerseits besitzt er groBe Schwichen: man vermiBt eigene Urkundenforschung, die methodische Prüfung des Stoffes, die kritische Auswahl; dazu überwiegt das rhetorische Interesse Tacitus (55—119, Agricola, Oermania, Historiae, Annales) ragt hervor durch hohe Auffassung und Wahrheitsliebe, er bevorzugt die pragmatische Darstellung, übt oft strenge Kritik — meisterhaft sind z. B. seine kritischen Ausffihrungen über den Untergang des Drusus (Annal. 4, 11) und den Tod des Germanicus (ebd. 2, 82. 3, 11 ff) — und ist hervorragend in der Charakterzeichnung und psychologischen Analyse Aber auch er ist beherrscht vom Parteigeist (Standesvorurteile, stoïsche virtus, Christentum unverstanden) und neigt zu entstellendem Pessimismus und rhetorischer Ausschmfickung. 56. Von groBem EinfluB auf die Ausbildung der philologischen Methodik im Altertum und in der Folgezeit waren vor allem die alexandrinischen yea/ifiauxol. Verschiedene Momente natten mitgewirkt, um Alexandrien zu einer Statte wissenschaftlicher Kritik zu gestalten: das kulturelle Aufblühen der Stadt, reiche Unterstützung durch die Ptolemaer, die Anlegung der Bibliotheken im Brucheion (400 000 Rollen) und im Serapeion sowie die Oründung des Museion, einer Art Akademie. Unter den Oelehrten Alexandriens, die besonders auf dem Qebiet des Edierens, des Kommentierens, der Lexikographie tatig waren, sind die bedeutendsten Zenodotos von Ephesos (c 280), Kallimachos von Kyrene (310—235), Eratosthenes von Kyrene (276—196), der namentlich für das Studium der Oeographie von Bedeutung war, Aristophanes von Byzanz (260—180), besonders als Lexikograph bekannt, Aristarchos von Samothrake (215—145), ein bedeutender Kommentator, Dionysios Thrax (c. 120 v. X.), der Vater der griechischen Orammatik, Didymos (geb. 63 v. X.), berühmt durch seine Homerstudien. 57. Unter den spateren jüdischen Historikern ragt Josephos Flavios (37—100) mit seinen Hauptwerken Jüdische Archéologie und Jüdischer Krieg hervor. Von groBem Wert sind die von ihm mitgeteilten Aktenstücke und selbsterlebten Ereignisse. Doch ist eine Prüfung seiner Angaben oft geboten, da er mit den Mitteln der damaligen Darstellungskunst arbeitet und die Partei der Kaiser vertritt 58. Der gröBte Historiker des christlichen Altertums ist Eusebios von Kaisareia (t c. 340), u. a. der Verfasser einer Chronik (bis 325) und einer Kirchengeschichte ('Iotogla èxxXrjoiaotixrj). Namenuïch letztere ist ein Quellenwerk ersten Ranges wegen der mitgeteilten Aktenstficke und der für das Altertum relativ zuverlassigen kritischen Darstellung. 2. Das Mittelalter. 59. 1. Das frflhe Mittelalter (375 — c. 500). Von den heidnischen Hauptvertretern der klassischen Bildung und der Geschichte sind zu erwahnen die Senatorenfamilien der Symmachi und der Nicomachi (4. Jahrh.) und Amntianas Marcellinus (c. 330—400) mit seiner Geschichte der Jahre 96—378 (erhalten nur 353—78), die wertvoll ist als Quellenwerk der eigenen Zeii Unter den christlichen lateinischen Historikern und Kritikern ragen besonders hervor Rafinus von Aquileja (t 410) mit der Übersetzung der Kirchengeschichte des Eusebios, der er zwei Bücher über die Zeit von 324—95 zufügte, Sulpidus Severus (t c 420), Verfasser einer Chronik (bis 400), die er nach guten Quellen und mit kritischen Sinn abfaBte und für die letzten Jahrzehnte sdbstandig bearbeitete, Orosius (Anfang des 5. Jahrh.) mit der Historia adversus paganos (bis 417), die besonders für die letzten 40 Jahre von kritischem Wert ist, Hieronymus (t 420), der hier Beachtung verdient wegen seiner Arbeiten auf dem Gebiet der biblischen Kritik und Hermeneutik, seiner tiefgehenden Sprachforschung, seiner zeitgenössischen Biographien — Vorbild für erstere Studiën war für Hieronymus der Alexandriner Origenes (t c. 255) gewesen —, der frühere Staatsmann Cassiodorus (t c. 578) mit seiner ausgesprochen enzyklopadischen Tatigkeit, hier besonders von Bedeutung als Verfasser eines Chronicon (bis 519) und der Oeschichte der Goten (spater bearbeitet von Jordanes). 60. Unter den christlichen griechischen Historikern ragen hervor Sokrates, Sozomenos, Theodoret von Kyros. Ihre Hauptbedeutung besteht in der Mitteilung von Urkunden, besonders Konzilsakten, und in der Darstellung der eigenen Zeitgeschichte. Sokrates (t 440, von 305—439) nennt fast alle seine Quellen ausdrücklich, er verwertet auch die mündliche Tradition mit Oeschick und die Anwendung von Kritik der Quellen ist bei ihm nicht seiten. Sozomenos (t vor 450, von 324—425) benützte viel Sokrates, sah aber auch die Quellen selbst ein, verbesserte und erganzte oft seinen Vorganger. Namentlich benützte er das Synodikon des Sabinos von Heraklda für die dogmengeschichtlichen Ausführungen. In Fallen, wo die Quellen verschieden lauten, bietet er öfters die verschiedenen Versionen. Theodoret (f 458, von 323—420) ist weniger zuverlassig. Seine Hauptfehler sind die Ungenauigkeit in der Wiedergabe der Quellen, seine Neigung zur Obertreibung, seine Gleichgültigkeit gegen den innern Zusammenhang, die Vernachlassigung der Chronologie. Evagrios Seholastikos (geb. c. 536, von 431—594) ist besonders wichtig für die Dogmengeschichte; er ist im allgemeinen auch sorgfaltig und objekhv. 61. 2. Das 6.—12. Jahrh. Die Kritik litt sehr unter dem Rückgang der Kultur, dem Erblassen des wissenschaftlichen Interesses, der Vernachlassigung der Bibliotheken, dem Schwinden des Griechischen bei den Gebildeten des Westens. Gleichwohl gab es auch in jener Periode noch manche Zentren der Bildung, denen es an kritischer Befahigung nicht fehlte. Es waren vor allem die Klöster und namentlich die der irischen Mönche (Bobbio, St Gallen u. a.) in Irland, in England, auf dem Kontinent, welche Statten geistiger Kultur waren. In Deutschland beobachten wir zwei Höhepunkte kritischer Bildung, das Zeitalter Korts des Grofien und das spatere 11. und 12. Jahrhundert Kart zog zur Belebung der Studiën manche hervorragende Gelehrte an seinen Hof, so Alcuin von York (t 804), Paulus diaconus (t 799, Historia Longobardorum), Einhard (t 840, Vita Caroli). Haupttrager der neuen Studiën waren vor allem die Klöster Fulda, Hersteld, spater auch Freising, Reichenau, in Frankreich Tours, Chartres, Oriéans. Dieser Periode gehort ferner die Weltchronik Frechulfs von Lisieux (t c. 852) an, sowie verschiedene Reichsannalen. 62. Vertreter der spatern Blüteperiode sind Hermaan von Reichenau, der Verfasser eines Chronicon, einer bedeutenden Weltchronik bis 1054, z. T. nach persönlichen Eriebnissen, Lambert von Hersfeld, Herausgeber von Annalen (bis 1077), die besonders von 1040 an wegen der Berichte von Augenzeugen wichtig, aber nicht immer zuverlassig sind, Adam von Bremen (t 1076), der erste und beste Geschichtschreiber des nördlichen Deutschlands (Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum), Ekkehard von Aura bei Kissingen (t c 1130), dessen Weltchronik (gröBerer Teil von Frutolf von Michelsberg) stofflich die vollendeste des MA und die Hauptquelle für 1080—1125 bildet, Otto von Freisingen (t 1158), Verfasser einer Chronik De duabus civitatibus, einer geschichtsphilosophischen Darstellung nach dem Vorbild des hl. Augustinus, und der Gesta Friderici unter Benützung vieler Akten. 63. Byzanz erlebte eine Renaissance kritischer Studiën unter dem EinfluB der 863 gegründeten Universitat von Konstantinopel. Als Hauptvertreter gelten Plwtios (f 891), der Verfasser verschiedener Lexika und der Bibliothek, Arethas von Kaisareia (t 939), der Herausgeber von Plato, Euklid, Pausanias, der griechischen Apologeten usw, Konstantinos Porphyrogennetos (Kaiser912—-959), Verfasser groBer Exzerptenwerke, bes. einer historischen Enzyklopadie (53 Bde), Suidas (10. Jahrh.), Autor eines bedeutenden Lexikons, Zonaras (12. Jahrh.), Verfasser der 'Exiro/iij htoQi&r, einer Weltchronik, die bis 1118 reicht und wichtig ist wegen vieler jetzt verlorener Quellen. 64. 3. Das 13. n. 14. Jahrh. Im ganzen herrschen zusammengetragene Weltchroniken ohne Kritik vor. Ein Fortschritt zeigt sich in der Pflege der Stadtchroniken, der Territorialgeschichte, der Anwendung der Nationalsprachen (z. B. sachsische Weltchronik, florentinische Geschichtschreibung). 3. Die Neuzeit. 65. 1. Das 15.—17. Jahrh. In diese Periode fallen die Anfange der systematischen Ausbildung der Methodik. Zu den fördernden Faktoren gehören vor allem 1) der Humanismus oder jene geistige Bewegung, die um das Ende des 14. Jahrhunderts entstand und eine Erneuerung antikklassischer Bildung in Schule und Leben, mancherorts in antichristlichem Sinne, anstrebte. Seine ursprüngliche Tendenz war zwar weniger die wissenschaftliche Erkenntnis des Altertums als die Wiedergeburt der antiken Wohlredenheii Spater wandte er sich auch den kritischen Studiën zu. Reiche Förderung erhielt der Humanismus durch die Fürsten, wie die Mediceer in Florenz (bes. Cosimo 1389—1469, Lorenzo Magnifico 1449—92), die Visconti und Sforza in Mailand, die Este in Ferrara, die Montefeltro in Urbino, die Könige von Neapel, die Papste. Voriaufer des Humanismus war Petrarca (1304—74). Sehr tatig und erfolgreich im Auffinden alter Hss war zur Zeit des Konzils von Konstanz (1414—8) Poggio Bracciolini (1380—1459), der Sekretar des Papstes Nikolaus V (Reisen in Deutschland, Frankreich und England). Von Bedeutung sind ferner LBruni, (1369—1444), der Begründer der humanistischen Annalistik, LValla (1407—57), der die erste kritisch-historische Untersuchung (über die Konstantinische Schenkung) verfaBte. Unter den kritischen Altertumsforschern ragt hervor Flavio Biondo (Blondus, 1388—1463) mit den Werken Roma instaurata, Italia Ulustrata, Roma triumphans und Angelo Poliziano (1454— 94) mit den Miscellanea. Hauptvertreter der Sachkritik war BGiustiniani (1408 — 89) mit seinem Werk De origine urbis gestisqae Venetoram (bis 809). Von groBem EinfluB auf die genetische Geschichtschreibung wurde die Florentinische Oeschichte des NMachiaveUi (1469—1527) wie die Florentinische Oeschichte des FrQuicciardini (1483—1540) den Beginn der modernen analysierenden Historik bedeutet 66. Von gröBtem EinfluB auf die Entwicklung des Humanismus waren die Wiederbelebung der griechischen Studiën (Manuel Chrysoloras in Florenz seit 1397, Theodoros Gaza f 1475), die Gründung neuer groBer Bibliotheken, wie der Marciana und der Laurentiana in Florenz durch Cosimo Medici, der Vaticana durch Nikolaus V, der Markusbibliothek in Venedig, das Aufblühen der Universitaten, wie in Padua, Paris, Oxford, Löwen, Prag, Wien, Köln, und der Akademien, wie in Rom, Florenz, Wien, Heidelberg. 67. Von nicht - italienischen Humanisten verdienen Erwahnung für Frankreich FrEudes (de Mèzeray, 1610—83), GDaniel SJ (l649— 1728), JAdeThou (1553—1617), Saint-Simon (1675—1755), für England Thomas Morus (f 1535), WCamden (t 1623), für Deutschland KCeltes (t 1508), der Finder der Peutingerschen Tafel und der Gedichte der Hrosvitha, JReuchlin (1455—1522), DErasmus (1465— 1536), Herausgeber des Aristoteles, des Livius, vieler Kirchenvater usw, HSchedel, (f1514), JTarmair (Aventinus, 11534), WPirkheimer (t 1530), für die Schweiz ATschudi (t 1572), für Spanien JdeMariana SJ (t 1624). 68. 2) die Erfindung der Buchdruckerkunst (c. 1450). Diese wirkte fördernd durch die Verbreitung alter und neuerer Autoren, durch die Anforderungen sorgfaltiger Ausgaben, durch die Konkurrenz der Drucker. Berühmte Statten für klassische Autoren waren bes. Mainz (Pet. Schöffer), StraBburg, Basel (bes. Joh. Froberi), Rom, Venedig (Aldus Manutius seit 1489), Florenz. 3) die neuen Landerentdeckungen regten ebenfalls zu kritischer Historiographie an. Diese hatte ihrerseits wieder EinfluB auf die inlandische Geschichtschreibung (exoticisme). 69. 4) die Glaubensspaltung, insofern sie AnlaB gab zu kritischen Untersuchungen auf dem Gebiet der Kirchengeschichte und der historischen Theologie überhaupt. Die Magdeburger Centurien (1559—74) unter der Leitung des MFlacius aus Illyrien mit ihren Angriffen auf die katholische Kirche riefen das Gegenwerk des Oratorianers CBaronius (1538 —1607) Annales ecclesiastici hervor, das sich durch den Reichtum der mitgeteilten Quellen und eine gesunde Kritik auszeichnet. Eine ErgSnzung zu Baronius bildet das kritische Werk des Franziskaners APagi (1624—69) Critica kistorico - chronologica in universos annales Baronii (1705 u. 24). Auf dem Gebiet der historischen Theologie ragen hervor MCano OP (1509—60) mit den Loei theobgici, DPetau SJ (1583— 1652) mit dem Opus de theologicis dogmatibus, der Oratorianer Lde Thomassin (1619—95) mit den Dogmata theologica, die Jesuiten Ph Labbe (1607—67), JSirmond (1559—1651), JHardouin (1646—1729) mit ihren Konziliengeschichten, LSLe Nain de TiUemont (1637—98) mit den Mémoires pour servir d l'histoire ecclés. des 6 premiers siècles (1693—1712) usw. 70. 5) die sog. beUa diplomatica, die besonders zwischen Maurinern und Jesuiten geführt wurden. Sie förderten in dreifacher Hinsicht die Kritik. Die Frage nach der Echtheit der Hss führte zur Kritik des Textursprunges, die Untersuchungen über die Abhangigkeit der Hss führte zur Analyse der Quellen, die Vergleichung der Hss deckte die Fehlerquellen der Überlieferung auf. Die an den bella Beteiligten waren vor allem DPapébroch SJ (1628—1714) mit der im zweiten Aprilband der Acta Sanctorum erschienenen Abhandlung Propylaeum antiquarium circa veri ac falsi discrimen in vetustis membranis (1675), die u. a. die Unechtheit gewisser die Benediktiner betreffenden Merovingerurkunden verteidigte, der Mauriner JMabillon, der in dem Werk De re diplomatica l. VI (1681) die Angriffe Papebrochs erfolgreich zurückwies — auch Papebroch anerkannte in einem ihn selbst ehrenden Brief die Überlegenheit der Beweisführung —, der Jesuit BGermon, der 1703 in einer Schrift De veteribus regum trancorum diplomatibas et arte secernendi antiqua diplomata etc samtliche altere Diplome für gefalscht erklarte und Mabillons Grundsatze verwarf, endlich die Mauriner, die gegen Germon auftraten (bes. Thierry, Ruinart). 71. 6) der Auf schwung derjurisprudens imlö. Jahrh., besonders in Frankreich. Derselbe hatte einen doppetten Vorteil: er übte groBen EinfluB auf die Entwicklung der Methodik und schaftte ein reiches Quellentnaterial für altes römisches wie nationales und lokales Recht herbei. Hauptvertreter: JCujas (f 1590), Frtiotman (t 1590), BBrisson (f 1591), PPithou (f 1596). 7) der Aufschwung der O r d e n s geschichte, besonders der der Jesuiten (Ribadeneira, Maffei, Orlundini, Strada, Sacchini) und der Benediktiner (Mabillon). 8) die' Pflege der Hagiographie durch JBolland SJ (1596—1665) und seine Oefahrten (s. unten n. 148). 72. 9) die Wiedergeburt der kritisch philologischen Studiën, namenüich in Frankreich, Holland, England. In Frankreich zeichnen sich u. a. aus DLambinus (t 1572), ein bedeutender Kommentator zu lateinischen Autoren, die Verlagshandler Etienne oder Stephanus, bekannt durch den griechischen und lateinischen Thesaurus, JJScallger (t 1609), berühmt durch seine textkritischen, chronologischen, epigraphischen Arbeiten. Unter den hollindischen Kritikern ragen hervor JLipsias (t 1606), NHeinsius (t 1681), der auch als Jurist bekannte HQrotius (t 1645), JPerizonius (t 1715), ein Vorlaufer Niebuhrs in der Kritik der römischen Geschichte. Von den Englandern ist besonders zu erwahnen der Kritiker RBentley (t 1742). 73. Eigentlich methodologische Untersuchungen liegen aus dieser Periode vor von MCano in dem n. 69 erwahnten Werk, in Methodus ad facUem historiarum cognUionem von JBodin (1566) — neu ist die Heranziehung von Ethnologie und Anthropogeographie —, im Sammelwerk Artis historiae penas (Basel 1579), in der Ars historica von QJVoss (1623). 74. 2. Das 18. Jahrh. Es wird eine groBe Reihe bedeutender kritischhistoriseher Werke verfaBt, von denen besonders zu nennen sind die Histoire littéraire de la France 1733 ff; Gallia christiana 1715 ff; Sacrorum concilioram collectio von JMansi (1759—98), die Werke der Italiener AMuratori (t 1750), ScMaffei (t 1755), B u. GBallerini (t 1769 u. 1781), EForcellini (t 1768), GMoreUi (t 1819). Die Methodologie selbst wurde auch weiter ausgebaut, besonders gegen die Skeptiker. Ein verbreitetes Handbuch war die Méthode pour étudier l'histoire 1713 (1740) von NLenglet da Fresnoy. Einen Fortschritt in mancher Hinsicht bedeutete auch das Werk des Karmeliters Honoratus a S. Maria (t 1729), das den Titel führt Réflexions sur les régies et sur Pasage de la critique. EinfluBreich war ferner die Allgemeine Geschichtswissenschaft von JMChladenius (1752), der auch der Erkenntnistheorie besondere Aufmerksamkeit schenkte. 75. Die Hilfswissenschaften wurden machtig gefördert durch die Palaeographia Oraeca des Mauriners BdeMontfaucon (1655—1741), den Nouveau traité de diplomatique (1750—65) der Mauriner Tassin und Toustain, sodann durch L'art de vérifier les dates (1750). Unter den kritischen Philologen ragen hervor: in England der Graast RParson (f 1808), in Holland DRuhnken (t 1798), der Orazist LCValkenaer (t 1785), in Deutschland JAErnesü (f 1781), der Orazist JReiske (f 1774), der Mythologe ChGHeine (f 1812), der Archaologe JJWinckelmann (f 1768), der Münzforscher JHEckhd (SJ, t 1798). 76. 3. Das 19. (20.) Jahrh. Es ist das Zeitalter der systematischen A u s bildung der historischen Methodik. Zu dieser Ausbildung trugen besonders folgende Mo men te bei: 1) das Erwachen und Durchdringen des Entwicklungsgedankens und der genetischen Geschichtsauffassung seit Herder. 2) die nationale Wiedergeburt und Befreiung. Man erinnerte sich der Vergangenheit, ihrer Eigenartigkeit, ihrer Einheit. Die Historiker faBten die sonst getrennten Kufturgebiete als AuBerungen eines groBen Volkslebens auf. 3) die Blüte der Romantik, welche gegen Rationalismus und Weltbürgertum gerichtet, den Bliek besonders auf die christliche Geschichtsauffassung hinlenkte. 4) die Pflege der Rechtsgeschichte, die in vieler Hinsicht befruchtend auf die Methodik wirkte: KFrEichhorn, Deutsche Staats- u, Rechtsgeschichte 1808—23, FCvSavigny, Geschichte des Römischen Rechts im MA 1815—31. 5) der Aufschwung der Philologie als der Zusammenfassung des gesammten klassischen Geisteslebens. Im besondern wurden begründet oder ausgebildet die diplomatische Methode der Textkritik (Wekker, KLachmann, FrRUscht), die emendatorische Textkritik (GHermann, JN Madwig, ORibbeck, JVahlen), die historische Quellenkritik (HNissen, CWachsmath), die literarische Quellenkritik (FA Wolf, KLachmann), die monumentale Kritik (EQerhard, OJahn). Ober die hervorragendsten Philologen der Neuzeit s. Trienn. phüoL 69 ff und Godman (oben n. 52). 6) die reichen privaten und staatlichen Unterstützungen für gelehrte Oesellschaften und Unternehmungen, wie Forschungsreisen, Ausgrabungen, groBe Editionen. Namentlich förderten die Forschungsreisen viele neue Quellen aller Art an das Licht 77. Begünstigt von diesen Faktoren hat sich die historische Methodenlehre, weniger als einheitliche Wissenschalt als vielmehr in ihren Sonderteilen, langsam systematisch entwickelt, wenngleich ihr Ausbau noch nicht voilendet ist Angewandt wurde die historische Methodik, oft in vorzüglicher Weise, teils in Einzelwerken, teils in groBen Sammelausgaben alter Autoren, und vor allem in den Monumenta Germaniae historica, deren Gründung auf KyStein (1819) zurückzuführen ist und deren erster Band 1826 erschien (s. unten n. 149). Die Monumenta, die in groBem Stile die Grundsatze der philologischen Kritik auf die Geschichtsquellen anwandten, wirkten ihrerseits wieder vorbiidlich auf die Ausbildung der gesamten kritischen Methodik zurück. Hauptarbeiter an den Monumenta waren GHPertz, GWaitz, ThMommsen, EDümmler, WWaitenbach, OHolder-Egger. Unter den Historikern natten BG Niebuhr und LRanke die neue Methode bereits vor den Monumenta auf die römische (Römische Geschichte 1811—13) und die neue Geschichte (Geschichte der roman, u, german. Völker von 1495—1535, 1824) angewandt Über die methodologischen Arbeiten s. oben n. 22. 78. Zentren historisch - kritischer Arbeit: Die Seminare an groBen Universitaten, die Institute für historisch-kritische Studiën, besonders die Institute in Rom, das lnstitut für österreichische Oeschichtsforschung, die Ecole des Chartes, die Ecole partique des hautes études usw (vgl. unten n. 156). Erster Hauptteil. Quellenkunde (Heuristik). 79. Unter Quellenkunde im weitern Sinne verstenen wir die Lehre von den wissenschaftlichen Quellen, d. h. von den ursprünglichen Fundorten des Stoffes einer wissenschaftlichen Arbeit bzw von den Materiën, aus denen die betreffenden wissenschaftlichen Erkenntnisse geschöpft werden, sowie von den Hilfsmitteln zur Auffindung jener Quellen. Unter Quellenkunde im besondern verstehen wir die Lehre von den historischen Quellen und von den Hilfsmitteln, welche es ermöglichen, das gewünschte Quellenmaterial vollstandig zu sammeln und davon Einsicht zu nehmen. Letzterer Teil der Quellenkunde heiBt auch Heuristik, da ja seine Aufgabe darin besteht, die Materialien für die historische Forschung herbeizuschaffen. Erster Abschnitt. ^■'■h--f Begriff und Einteilung der historischen Quellen. 80. Lit. (vgl. oben n. 52): Droysen 13 ff; Nirschl 18 ff; Bernheim 253 ff; Bernheim, Einleitung 79 ff; Langlois-Seigriobos 1 ff, 181 ff. Erstes Kapitel. Begriff der historischen Quelle. Cr*Ck'ï Quellen im geschichtlichen Sinne sind die Materie, aus der direkt oder indirekt geschichtliche Erkenntnisse geschöpft werden. Des nahem verstehen wir unter geschichtlichen Quellen Qberreste menschlichen Lebens und Resultate menschlicher Betatigungen, welche entweder von ihren Urhebern zur Erkenntnis geschichtlicher Tatsachen oderZustande erstlich bestimmt oder vermöge ihrer Natur dazu geeignet sind. Wir fügen den Ausdruck Überreste menschlichen Lebens in die Definition, um auch die körperlichen Überreste (z. B. Reliquien) einzuschlieBen. Die Zweiteilung der Resultate menschlicher Betatigung in solche, die zur Erkenntnis geschichtlicher Fakta erstlich bestimmt waren, und in solche, die vermöge ihrer Natur dazu geeignet sind, ist in der Natur der Quellen selbst begründet und für die methodische Behandlung der Quellen von der gröBten Tragweite. Das eigentliche Erkenntnisobjekt der historischen Forschung sind aber nicht die Quellen selbst, sondern der Quelleninhalt, d. h. das, was die Quellen über die historischen Tatsachen uns mitteilen oder was wir aus ihnen erschlieBen. Die Quellen sind nur Mittel der historischen Erkenntnis. Deshalb ist auch die Heuristik mit der Berg- mannskunst zu vergieichen, weil sie wie diese die Materiën an das Licht zu fördern hat; Niebuhr hat sie in diesem Sinne die „Arbeit unter der Erde" genannt. 81. Die unmittelbare Anschauung, durch welche wir selbst Zeugen von historischen Tatsachen werden, kdjinèHa nur uneigentlich Quellen genannt werden, und dies aus zwei Gründen. Die unmittelbare Wahrnehmung ist das Mittel der Erkenntnis nur für Augen- oder Ohrenzeugen, also für Zeitgenossen und somit für verhaïtnismaBig sehr wenige Menschen; eine Quelle soll dies aber für alle sein. Sodann wird der Inhalt der unmittelbaren Anschauung erst durch die Mitteilung an andere in die Tradition, welche nach allgemeinem Sprachgebrauch den Bestand der eigentlich formellen Zeugnisse (s. unten n. 92) ausmacht, übergeleitet. Auch die Literatur ist keine Quelle im eigentlichen Sinne. Unter ihr verstehen wir die geistigen Erzeugnisse, deren Zweck es ist, einen Gegenstand wissenschaftlich nach einem bestimmten Oesichtspunkte oder auch allseitig zu untersuchen: ihr direkter Zweck ist aber keinenfalls die Erkenntnis und der Nachweis geschichtlicher Tatsachen. 82. Der Umfang der Quellen für ein jeweiliges Forschungsobjekt la6t sich nicht von vorriherein bestimmen; es geschieht diese Bestimmung vielmehr durch die konkrete Fragestellung. Wir müssen namlich genau feststellen, welchem bestimmten Punkt der Geschichtsforschung wir unsere Aufmerksamkeit widmen wollen und im Laufe der Arbeit selbst, welche Quellen in Betracht kommen können. Zweites Kapitel. Einteilung der Quellen. 83. Die Quellen können wir nach einer vierfachen Hauptrücksicht einteilen: nach dem Ursprung, nach der Stellung des Urhebers, nach der Beziehung zur Religion (Kirche), nach der Seinsverbindung zwischen Quelle und historischem Objekt § 1. Einteilung der Quellen nach dem Ursprung. Der Urheber der Quelle kann Gott oder ein Mensch sein. Danach unterscheiden wir zwischen göttlichen und menschlichen Quellen. Die göttliche Quelle nennen wirgöüüche Offenbarung. Die menschlichen Quellen teilen wir wieder ein in die unmittelbaren und die mittel bar en, je nachdem die Urheber direkte Zeugen der historischen Tatsachen bzw Teilnehmer an dem Ereignis waren oder die Kunde davon erst mittelbar von direkten Zeugen erhalten haben. Die unmittelbare Quelle heiöt auch ursprüngliche im engern Sinne oder primare, die mittelbare auch abgeleitete oder sekundare. Den unmittelbaren Zeugen nennt man je nach der Art der Kenntnisnahme der historischen Tatsache einen Augenzeugen oder einen Ohrenzeugen.. Zu den primaren Quellen gehören z. B. die Berichte der direkten Zeugen einer Schlacht, manche Martyrerakten, Reichstagsbeschlüsse, Bullen der Papste, Erlasse von Regenten, Vertrage usw. Der Unterschied zwischen ursprünglichen und abgeleiteten Quellen wurde erst im 19. Jahrhundert in seiner Tragweite erkannt und praktisch zur vollen Anwendung gebracht s § 2. Einteilung der Quellen nach der Stellung des Urhebers. 84.. Nach der Stellung des Urhebers unterscheidet man die Quellen in private und öffentliche, je nachdem der Urheber eine Privatperson ist oder die Quelle wenigstens privaten Charakter tragt oder je nachdem der Urheber eine Amtsperson bzw amtliche Korporation ist und die Quelle amtlichen Charakter tragt. Die rechtlichen Urkunden im besondern können nach einer dreifachen Rücksicht in öffentliche und private eingeteilt werden: 1) nach dem In halt, der Objekte des öffentlichen oder des privaten Rechtes betreffen kann, 2) nach der Be weiskraft, d. h. dem Moment der öffentlichen Beglaubigung, 3) nach der Rechtsstellung des Urhebers, je nachdem dieser eine amtliche Gewalt innehat oder nicht. Von den Urkunden des frfihen Mittelalters gelten wegen des eigenartigen rechtlichen Charakters alle Dokumente, die von Papsten und Bischöfen sowie von selbstandigen oder halbselbstandigen Herrschern, namentlich von Königen und Kaisern ausgegeben wurden, als öffentliche Urkunden, als Privaturkunden gelten hingegen alle anderen Dokumente, wer auch immer ihr Aussteller gewesen ist. § 3. Einteilung der Quellen nach dem Verhaltnis zur Religion. 85. Nach dem Vorhandensein oder Fehlen eines direkten Verhlltnisses zur Religion unterscheidet man die Quellen in religiöse oder sakrale und profane. Erstere zerfallen wieder in einheimische oder solche, deren Urheber unserm Bekenntnis angehört, und in f rem de oder solche, deren Urheber einer andern christlichen oder auch nichtchristlichen Religionsgemeinschaft zugehört, z. B. anglikanische oder jüdische Darstellungen religiöser Gegenstande. Betreffen die religiösen Quellen die wahre von Christus gestiftete Kirche oder auch angeblich von ihm gestiftete Kirchen (protestantische, anglikanische), so nennt man die Quellen auch kirchliche Quellen. § 4. Einteilung der Quellen nach ihrer Seinsverbindung mit dem historischen Objekt 86. Nach der Seinsverbindung zwischen Quelle und historischem Objekt können wir die Quellen einteilen in sachliche Quellen (dingliche, stumme Q., fontes entitativi), welche mit dem Objekt nur in der ontologischen Ordnung verbunden-sind, und in redende Quellen (wissende Q., fontes cognoscitivi), welche mit dem Objekt auch in der logischen Ordnung verbunden sind. Besser meiden wir die Unterscheidung in objektive und subjektive Quellen, da der Ausdruck subjektive Quelle leicht im Sinne einer nicht mehr die reine historische Wahrheit wiedergebenden Quelle verstanden wird. 1. Die s ach li ch en Quellen sind alles, was unmjttelbar von den Begèbenheiten uns selbst erhalten ist, d. h. die sogen. Überreste, welche teils Überbleibsel menschlichen Lebens (SchSdel), teils die materielle Ursache einer Tatsache (blutbefleckte Waffe), teils die Wirkung, das Resultat einer Betatigung (Grenzstein, Sprachreste,) teils den Rest eines solchen Resultates (Tempelruine) darstellen. Die Überreste sind von Natur aus stumm. Weil sie aber geeignet sind, durch das Mittel der menschlichen SchluBfolgerung vom historischen Objekt Zeugnis abzulegen, dürfen wir sie füglich virtuette Zeugnisse nennen. Es können z. B. aus den sprachlichen Überresten Resultate für die Eigenart eines Volkes oder seine Beziehungen zu anderen Vólkern gewonnen werden, aus den Namen von Flüssen, Oebirgen, Landern, Orten können mit Hilfe der Namenkunde oft wichtige Schlüsse auf die Namengeber, auf die Zeit der Namengebung und andere historische Vorgange gezogen werden. 2. Die redenden Quellen sind alles, was uns von den Begebenheiten mittelbar durch das menschliche Zeugnis überliefert ist, d. h. was durch die menschliche Auffassung hindurchgegangen und wiedergegeben ist Diese Quellen fallen also mit den sogenannten formellen Zeugnissen zusammen. Sie sind alle durch die mehr oder weniger klar hervortretende Absicht geleitet, die Begebenheiten dem Gedachtnis naher oder ferner interessierter Personen oder Kreise, sei es der Gegenwart sei es der Nachwelt, zu überliefern. 87. Aus den nachstehenden Erörterungen wird sich ergeben, daB manche Quellen nach verschiedener Rücksicht verschiedenen Klassen zugeteilt werden müssen, da ihre begrifflichen Grenzen in einander überflieBen. Deshalb ist eine Einteilung, welche die einzelnen der Wirklichkeit angehörenden Quellen stets auch begrifflich gegeneinander absondern will, nicht möglich. So sind alte Münzen, die in der Erde oder unter Schutt ausgegraben werden, oft unter einer Rücksicht direkte Berichte — denn sie tragen haufig das Bildnis eines bestimmten Regenten, einer Stadt oder dgl, oft auch eine historische Inschrift — als Überreste aber -lassen sie oft au? gewaltsame Ereignisse, wie eine Schlacht, einen Brand, einen Raub oder dgl schlieBen und gewahren zudem Aufklarung über das Münzwesen der betreffenden Periode. Es kann uns eine altrömische Inschrift als redende Quelle Zeugnis von einer historischen Tatsache geben, als Überrest bietet sie AufschluB über altrömisches Inschriftenwesen, Schriftwesen, altrömische Kultur. Eine agyptische Papyrusurkunde der römischen Periode kann uns einen historischen Kaufvertrag mitteilen, zugleich können wir aus ihr Resultate für die Oeschichte des damaligen Rechts-,' Urkunden-, Schriftwesens erschlieBen. Die Akten einer Reichstagssitzung des MA melden uns etwa von politischen Ereignissen und wichtigen Beschlüssen, als Überreste gestalten sie uns einen Einbiick in die damaligen Verfassungsverhaltnisse, geistigen Strömungen, kultureilen Zustande überhaupt. 88. An dieser Stelle sei bereits darauf hingewiesen, daB der besagte Unterschied zwischen sachlichen nnd redenden Quellen für die methodische Behandlung der Quellen von der weittragendsten Bedeutung ist da eben das Verhaitnis der beiden Quellengattungen zu den Tatsachen selbst grundverschieden ist und daB die Vernachlassigung des Unterschiedes in der historischen Forschung die übelsten Folgen haben kann. A. Die sachlichen Quellen (Überreste) oder virtuellen Zeugnisse. 89. Zu den sachlichen Quellen oder Überresten, d. h. den Quellen, die unmittelbar von den Begebenheiten uns erhalten sind, rechnen wir (vgl WWundt, Logik des Oeisteswissenschaften 3 [1908] 374 f): 1. die Überreste im engern Sinne oder die Überbleibsel, d. h. die Überreste rein physischer Natur oder die ohne Absicht auf Erinnerung und spatere historische Erkenntnis übriggebliebenen Teile menschlichen Lebens. Ihnen gehören z. B. an: 1) die körperlichen Überreste von Menschen, wie Knochen, Schadel, körperliche Reliquien. 2) die Überreste von Haustieren, Kulturpflanzen, Küchenabfalle (Kjökkenmöddinger an den danischen Küsten). 3) die physischen Spuren klimatischer oder geographischer Einflüsse auf das Menschenleben. 90. 2. die eigentlich historischen Überreste oder Überreste materieller Natur, die zugleich einen geistigen Wert darstellen. Dieser Klasse gehort der gröBere und wichtigere Teil der Überreste an, und zwar 1) die nichtbildlichen Erzeugnisse der Technik und des Handwerkes, wie Pfahlbauten, Orabstatten, Brücken, Werkzeuge. 2) die Produkte der Kfinste sowie die Akten und Urkunden des Gesch af tsverkehrs, insofern sie eben charakteristische Produkte ihrer Zeit und bestimmter Menschenklassen sind. 3) Die I n d i z i e n oder Anzeichen einer historischen Tatsache — im weitesten Sinn können alle Überreste als Indizien bezeichnet werden — und zwar zunachst m a t e r i e 11 e Sachen, besonders Werkzeuge und Spuren, aus denen wir auf eine gewisse Person oder Handlung oder Beschaftigungsart schlieBen können, wie etwa die Spuren eines unbekannten Wohltaters oder in den Ruinen eines antiken Hauses aufgefundene Schreibinstrumente und Buchreste. Sodann gehören zu diesen Anzeichen auch Indizien tatsachen oder sinnlich wahrnehmbare Tatsachen, die einen SchluB auf andere Tatsachen als ihre Ursachen, Wirkungen oder sonst mit ihnen verbundene Fakta zulassen, wie der Ausdruck der Freude oder der Trauer auf dem Antlitze eines Menschen, der Zusammenlauf einer Volksmenge, die Wunder (Mittel für die Erkenntnis göttlichen Eingreifens). 4) Hierhin zu rechnen sind auch die Indizien im engern Sinne oder die für das Rechtsverfahren so wichtigen gerichtlichen Indizien, und zwar wieder sowohl die materiellen Indizien, wie physische Gegenstande, die durch ihre auBeren Umstande (zerrissene Kleidung), besonders durch ihren Auffindungsort (gestohlene Sachen) auf eine bestimmte Tatsache oder Person hinweisen, als auch die Indizientatsachen, welche auf eine andere Tatsache schlieBen lassen, wie die Gegenwart einer Person am Tatort, die Ergreifung der Flucht, die Verbreitung falscher Gerüchte. 91. 3. Geisteserzeugnisse der Vergangenheit nicht materielier Natur, insoforn sie als charakteristische Produkte einer bestimmten Vergangenheit betrachtet werden; diese nennen wir Überlebnisse. Erhalten sind uns solche Überlebnisse durch die mündliche, bildliche oder schriftliche Überlieferung. Zu dieser Klasse rechnen wir unter der besagten Einschrankung: 1) die sprachlichen Überreste. 2) die religiösen, sittlichen, geistigen Anschauungen. 3) Zustande, Gebrauche, Einrichtungen. 4) die Produkte der Wissenschaften. Aus all diesen Überreste erschlieBen wir die historischen Tatsachen hauptsachlich mittels der oben n. 49 ff genannten Hilfswissenschaften durch Deduktion (Interpretation). B. Die redenden Quellen oder formellen Zeugnisse. 92. Die redenden Quellen oder formellen Zeugnisse, die wir auch unter den Namen Überlieferung, Tradition, Berichte, Monumente im weitern Sinne zusammenfassen, können wir nach einer zweifachen Rücksicht einteilen, namlich nach dem Verhaltnis der Quellen zur objektiven historischen Wahrheit und nach der auBern Form der Darstellung. 1. Einteilung der redenden Quellen nach ihrem Verhaltnis zur objektiven historischen Wahrheit. 93. Unter dieser Rücksicht zerfallen die Quellen in solche mit rein historischem und in solche mit nicht rein historischem Charakter, d. h. solche, die den Nebenzweck subjektiver Beeinflussung des Verstandes oder der Beeinflussung des Willens durch einseitige sittliche Belehrung oder des asthetischen Wohlgefallens verfolgen. 1) Quellen mit rein historischem charakter. Der Zweck, der dieser Klasse von Quellen innewohnt, kann wieder ein doppelter sein, namlich der Zweck einfach referierender Überlieferung oder der Zweck des Geschaf tsverkehrs und dementsprechend fallen unter jene Klasse wieder zwei Gruppen von Quellen, namlich die einfach referierenden Zeugnisse und die Zeugnisse des Geschaftsverkehrs, die wir mit dem Ausdruck Akten bezeichnen. 94. a, Einfach referierende Überlieferung. Die Quellen, welche dieser Gruppe angehören, entbehren der direkten Zukunftsbestimmung oder sie weisen eine solche auf, mit anderen Worten, sie wenden sich entweder ausschlieBlich oder doch erstlich mit ihrem Zeugnis über historische Begebenheiten oder Tatsachen an die Zeitgenossen oder es liegt bei ihrer Abfassung hauptsachlich die Absicht zugrunde, die Erinnerung an die mitgeteilten Tatsachen der Nach welt zu überliefern. a) Der ersten Familie gehören z. B. viele Briefe, Tageszeitungen, Wochenschriften, Verhandlungsberichte an. b) Die andere Familie umfaBt: a. historische Inschriften als die aiteste Art der schriftlichen Überlieferung überhaupt ƒ• genealogische Verzeichnisse, teils in Form von Inschriften, téils in Form von geschriebenen Listen, wie Listen von Fürsten und Beamten (Archonten, Konsuln usw), Verzeichnisse der Papste, Bischöfe Abte und dgl. }'• Kalendarien oder Verzeichnisse von Festtagen, besonders die christlichen Osterlisten und Martyrologien. 95. d. annalistische, d. h. von Jahr zu Jahr gemachte Aufzeichnungen wichtiger Ereignisse, erst in loser skizzenhafter Form, spater in zusammenhangender Darstellung, wie in Annalen oder Jahrbüchern und in Chroniken oder Zeitbiichern. Feder, Htat. Methodik. 3 Diese Art von Geschichtschreibung war schon bei den Assyrem in Gebrauch und wurde besonders von Griechen und Römern gepflegt. Mit dem Untergang der klassischen Literatur sank die Annalistik zu Randnotizen in Personallisten oder Kalendarien oder zu jenen tabellenartigen Aufzeichnungen herab, in denen kurz die biblischen mit den profanen Ereignissen chronologisch geordnet wurden. MaBgebend für die ganze mittelalterliche Annalistik und mit ihrem EinfluB noch in die Neuzeit hineinreichend war die Chronik des Eusebios von Kflisareia (bis zum J. 325 nach X.) in der lateinischen Bearbeiding, die der hl. Hieronymus besorgte und die von seiner Hand Erganzungen bis zum J. 378 enthielt. In unserer Zeit lebt die Annalistik besonders in den Geschichtstabellen und Jahrbüchern fort. 96. e. die ei gen tl ich geschichtlichen Darstellungen, sogenannte Gëschichtswerke aller Art, die in Zeiten höher entwickelten geschichtlichen Denkens entstanden und welche die chronologische Reihenfolge meist sachlichen Gesichtspunkten unterordnen. C. Biographien oder Lebensbeschreibungen. Nach manchen, wie EdMeyer, soll die Biographie nicht zur eigentlichen Geschichte gehören, weil ihr Objekt eine Persönlichkeit in ihrer Totalitat, nicht aber als historisch wirksamer Faktor ist und weil sie als Lebensbeschreibung keine allseitige und erschöpfende Darstellung eines historischen Vorganges sein kann (Zur Theorie und Methodik der Oeschichte 56 = KI. Sehr. [1910] 66). Die Biographie darf indes als eine eigentlich geschichtliche Darstellung und sómit als eigentiich geschichtliche Quelle deshalb betrachtet werden, weil eben ihr Gegenstand nur historisch irgendwie bedeutsame Personen mit ihren Handlungen sind, diese Handlungen aber selbst dadurch historisch bedeutsam werden, daB sie zum einheitnehen Ganzen der Wirksamkeit der betreffenden Personen gehören und dieses Ganze ohne jene nicht verstanden werden kann; das Oleiche gilt von dem Charakter solcher Personen. Die Biographie entwickelte sich aus gröBeren Orabinschriften, Leichenreden, Charakterschilderungen in Geschichtswerken allmahlich zu einer selbstandigen literarischen Gattung. Sie erhielt eine relativ hohe Ausbildung bei Griechen und Römern. Das Mittelalter pflegte namentlich die Heiligenbiographie. Seit dem Humanismus wandte sich auch das wissenschaftliche Interesse der Biographie zu. 97. Verwandt mit der Biographie ist die A u t o b i o g r a p h i e oder die Beschreibung des eigenen Lebens, die schon im klassischen Altertum bekannt war und seit der Renaisance einen neuen Aufschwung nahm. In gewisser Hinsicht stehen der Autobiographie die Memoiren oder Erinnerungen nahe, insofern diese namlich die Ereignisse vom persönlichen Anteil des Verfassers aus zur Darstellung bringen. Die Zeit der Renaissance, Frankreich im 18. Jahrhundert, die Gegenwart sind vor allem reich an Erzeugnissen dieser Quellengattung. 98. b. Überlieferung mit dem Zweck des Geschaftsverkehrs (Akten). Die Akten können wieder nach einem doppeltem Gesichtspunkt eingeteilt werden, namlich a) nach dem Gesichtspunkt der Zukunftsbestimmung: a. in solche, welche ohne Zukunftsbestimmung abgefaBt werden; sie werden auch Urkunden im weitesten Sinne genannt, wie viele ge- schaftliche Akten und gewisse Briefarten. /?. in solche, welche eine Zukunftsbestimmung in sich tragen und durch bestimmt geregelte Formen zur Beglaubigung geeignet sind; sie hei Ben auch diplomatische Urkunden, die definiert werden können als Sckrifstücke, die als historisches Zeugnis dienen sollen und durch Beobachtung gewisser Formen geeignet sind, das Zeugnis auch für die Zukunft zu beglaubigen (vgl oben n. 49). Es gehören hierher viele geschaftliche Akten, alle rechtlichen Urkunden, viele Briefarten, andere unter n. 99 genannte Zeugnisse, auBerdem alle Schriftstücke, welche der Vorbereitung, Erhaltung, praktischen Befolgung soldier Zeugnisse dienen, wie darauf bezügliche Ausfertigungen, Entwürfe, Praliminarakte, Abschriften usw. 99. b) nach Art des Geschaftsverkehrs: a. in solche mit Zwecken des rechtlichen Verkehrs oder die eigentlichen Urkunden, die wir definiëren können ais schriftliche Zeugnisse, die unter Beobachtung bestimmt geregelter Formen den Zweck haben, Vorgange oder Tatsachen rechtticher Natur auch für die Zukunft zu beglaubigen, und zwar: a) zur Feststellung einer schon rechtswirksamen Handlung (Beweisurkunde). Zu dieser Klasse gehören z. B. die Zeugenurkunden fiber die erfolgte Rechtshandlung. fi) zur Regelung eines Rechtsgeschaftes (Oeschaftsurkunde). Hierhin gehören z. B. Urkunden (dispositive), die durch ihre Ausstellung etwa einen Kauf, eine Schenkung, einen Vertrag rechtsgüitig machen. y) zur Erlassung eines Qesetzes, eines Befehls (Oesetzesurkunde). Unter diese Klasse fallen z. B. Beschlüsse von Konzilien und Parlamenten, Erlasse von Papsten, Fürsten, amtlichen Behörden, Ordensregeln, offizielle liturgische Bficher u. dgl. jS. in solche mit nichtrechtlichen Zwecken der Regierung und Verwaltung, wie Manifeste, offizielle Statistiken, Eingaben, Denkschriften, Gutachten, Protokolle, Registraturen, amtliche Listen. Grappen solcher Akte sind z. B. Gesandschaftsberichte, Nuntiaturberichte, Ratsprotokolle, Konzilsakten, Reichstagsakten. y- in solche mit nichtrechtlichen Zwecken des unmittelbaren praktischen Geschaftsverkehrs, wie geschaftliche Korrespondenzen, Geschaftsberichte usw. 100. 2) Quellen mit nicht rein historischem Charakter. Die Quellen, Welche diese Klasse bilden, verfolgen auBer dem Zweck der Mitteilung historischer Tatsachen an erster oder zweiter Stelle einen Nebenzweck, der der Auffassung und Darstellung der Tatsachen mehr oder weniger bewuBt eine ausgepragt subjektive Farbung verleiht. Diese subjektive Farbung hebt sich vor dem Auge des unparteiischen Kritikers um so mehr ab, je mehr die Quelle sich den Anschein eines rein objektiven Zeugnisses gibt. Der verfolgte Nebenzweck kann ein dreifacher sein: a. der Nebenzweck der subjektiven Beeinflussung des Verstandes, und zwar: a) im Dienste der offiziellen Beeinflussung der öffentlichen M e i n u n g, wie bei vielen behördlichen Kundmachungen, offiziösen Pressemeldungen, Kriegsberichten. b) im Dienste des Interesses von Privatpersonen oder einer Partei, wie bei vielen Lobreden, Grabinschriften, Nekrologen, privaten Streitschriften, Pamphleten, Flugschriften. 3* b. der Nebenzweck der Beeinflussung des Willens durch einseitige sittliche Belehrung, wie bei stark subjektiv ausgepragten Geschichtsdarstellungen. c. der Nebenzweck des asthetischen Wohlgefaltens, wie beim historischen Lied, einer poëtisch en historischen Erzahlung, einer in die Form einer Novelle gekleideten Heiligenbiographie usw. 2. Einteilung der redenden Quellen nach der auBern Form der Darstellung. 101. Nach der auBern Form der Darstellung teilt man die Quellen in die mündliche, bildl ich-figürliche, schriftliche Überlieferung ein oder in die Arten der Überlieferung, die auf Wiedergabe durch das Wort, durch Bild und Figur, durch die Schrift beruhen. Lange Zeit, meist auch heute noch, pflegte man die historischen Zeugnisse als Qeschichtsquellen im engern Sinne zu bezeichnen. Manche Untersuchungen über die historischen Quellen beschranken sich unter Vernachlassigung der übrigen formellen Zeugnisse und der überreste nur auf sie und viele Geschichtsdarstellungen bis in die neueste Zeit beruhen nur auf ihnen. 102. i) Die mündliche überlieferung. Bei der mündlichen Überlieferung unterscheiden wir gleichfalls, wie bei den beiden anderen Arten. der Überlieferung, entsprechend den oben mitgeteilten Einteilungsprinzipien, unmittelbare und mittelbare Quellen, ferner solche mit dem Charakter einfacher historischer Mitteilung und solche mit asthetischem Nebenzweck. Unter den mündlichen Quellen letzterer Art ragt als Ilteste Form der in sich geschlossenen geschichtlichen Überlieferung überhaupt das historische Lied oder der liedartige Vortrag berühmter geschichtlicher Vorgange hervor. Das Lied enthalt für gewöhnlich sagenhafté Zutaten, die aber mehr und mehr abgestreift werden, ie weiter die Völker auf der Bahn der Kultur voranschreiten. Das historische Lied blieb auch noch zu den Zeiten bestehen, wo es eine geregelte Geschichtschreibung gab. Die Blüte der Lieder fallt meist in die Periode der groBen Kampte um die Selbstandigkeit der Völker. wie z. B. in die Zeiten der Völkerwanderung des frühen MA. Das Lied tand als unbestrittene historische Tradition öfters auch Eingang in die schriftliche Überlieferung. So haben die ersten Oeschichtschreiber der Germanen, der Oote Jordanes, der Franke Gregor von Tours, der Longobarde Paulus diaconus in ihren lateinischen Zeitbüchern manches aus historischen Liedern übernommen. 103. Wegen des eigenartigen Charakters der mündlichen Überlieferung, der für die Fragen der Glaubwürdigkeit der Quellen von tiefgehender Bedeutung ist, empfiehlt es sich, die Quellen einzuteilen in solche über nahe Ereignisse und in solche über entfernte Ereignisse a. Mündliche Überlieferung über nahe Ereignisse. Bei dieser Klasse von Zeugnissen ist der Urheber für uns bestimmbar oder nicht Deshalb teilen wir die mündliche Überlieferung über nahe Ereignisse wieder ein: a) in Überlieferung mit bestimmbarem Urheber. Dieser Klasse gehort die groBe Zahl der mündlichen Zeugnisse des gewöhnlichen Lebens an, sowohl die unmittelbaren als vide mittelbare, diese jedoch im allgemeinen mit wenigen Mittdgliedern; denn es ist bei dner rein mündlichen Überlieferung sdten möglich, eine gröBere Zahl von Mittdgliedern im einzelnen festzustellen. 104. b) in eine anonyme Überlieferung, die vor allem das Gerücht, vide Anekdoten und historische Sprichwörter umfaBt. Unter Gerücht verstehen wir eine namenlose mündliche Überlieferung über Ereignisse der Oegenwart, besonders solche aufregender Natur. In bewegten Zeiten namentlich genügen wenige Tage, oft nur wenige Stunden, um ein Ereignis durch das Gerücht zur Unkenntlichkeit zu entstellen und dasselbe im Volksglauben derart zu befestigen, daB selbst die überzeugendsten Widerlegungen nichts dagegen ausrichten. Eine Anekdote ist die Erzahlung eines Vorganges aus dem Privatleben einer bedeutenden Persönlichkeit, der sich der öffentlichen Kenntnis entzieht. Bei den Anekdoten ist oft eine Ubertragung auf andere Personen und Verhaltnisse zu beobachten. Das historische S p r i c h w o r t ist eine historische Redensart, welche einen irgendwie bedeutenden Vorgang oder eine historische Erfahrung in einen kurzen pragnanten Ausdruck kleidet. Mit dem Sprichwort verwandt sind die Geflügelten Worte historischen Inhaltes. Viele Beispiele für die drei letzten Arten mündlicher Überlieferung s. bei WLHertslet-HHelmolt, Der Treppenwitz der Weltgeschichte *1905, SWidmann, Qeschichtsd 1891, GBüchmann, Geflügelte Worte 211904. 105. b. Mündliche Überlieferung über entfernte Ereignisse. Diese Überliderung kann uns entgegentreten: a) als dgentliche Volks überliderung, mit der die Überliderung bei ungebildden Vólkern nahe verwandt isi Die Form, in der die Überliderung uns begegnet, ist teils die Sage, teils die Mythe, tdls die Legende. Die Sage (ahd Saga) bedeutd erstlich die gesprochene Geschichtserzahlung im Gegensatz zum gesungenen historischen Lied. Heute versteht man allgemein unter Sage eine Einzelerzahlung, mdst poetischen Gehalts, über einen Vorgang der Vergangenheit aus dem Volksmunde, die allmahlich Gemeingut einer gröBern Gemeinschaft geworden ist Die Volkssage Hebt es, ihre Ereignisse in möglichst graue Vorzeit zu verlegen, wo die Kritik sie nicht erreichen kann. Um so üppiger gedeiht sie bei einem Volke, je weniger der geschichtliche Sinn entwickelt ist. Namentlich haben es die Völker gdiebt, groBe Minner der Vorzdt oder berühmte Orte mit einem Kranze von Sagen (besonders Lokalsagen) auszustatten. Eine weit verbreitete Art dieser Sagen sind die sogen. atiologischen Sagen, d. h. durch einen historischen AnlaB hervorgerufene Sagen. Den AnlaB bilden oft alte Denkmaler, sonderbar geformte Hügel (Hünengraber) oder Oesteine (Gesichtsformen), nicht mehr verstandliche Namen von Personen oder Orten, alte Einrichtungen oder Gesetze und dgl. Viele Sagen haben den Charakter einer W a n d e r sage angenommen, d. h. sie werden von einer Person, einer Zeit, einem Ort auf andere Personen, Zciten, Orte übertragen. Solche Wandersagen sind z. B. die Alexandersage, die Gralsage, manche indische Sagen, die besonders zur Zeit der Kreuzzüge den Weg ms Abendland fanden. 106. Verwandt mit der Sage ist die Mythe. Diese tritt uns in einer zweifachen Gestalt eutgegen. Die eine Form der Mythen deutet Naturereignisse, Naturkrafte, sittliche Krafte auf persönliche, nach menschlicher Weise handelnde göttliche Wesen um. Die andere Form dient der Verherrlichung historischer Ereignisse und Persönlichkeiten, indem diese über die Grenzen der menschlichen Natur hinaus in eine göttliche Sphare gerückt werden, so daB die Ahnen oder Helden als Abkömmlinge von Göttern, ausgerüstet mit übermenschlicher Sendung und übermenschlichen Kiiften, dargestellt werden. Über den Begriff Legende s. unten n. 119. 107. b) als eigentlich historische Tradition gebi 1 deter Völker, unter der wir die mündliche ununterbrochene Überlieferung wichtiger historischer Tatsachen durch den Mund der einzelnen Generationen verstehen. Damit diese Überlieferung aber eine wahre, von der oben unter n. 105 beschriebenen Volksüberlieferung verschiedene Quelle sei, muB sie einige Eigenschaften aufweisen, von denen wir spater noch naher handeln werden. Sie findet sich gewöhnlich nur in schreibarmen Zeiten. 108. 2) Die figflrlich - bildliche Überlieferung. Diese faSSen wh auch ÖfteTS unter dem Namen Monumente, Denkmaler im engern Sinne zusammen. Nach der Art der Darstellung unterscheiden wir wieder: a. die monumentale Überlieferung oder die Überlieferung durch Monumente im engsten Sinne, d. h. durch selbstandige nichtgraphische Denkmaler der Kunst und des Handwerks. Ihr gehören an: a) historische Denkmaler der Baukunst, wie Pyramiden, Tempel, Kirchen, viele Grabdenkmaler. b) historische Denkmaler der B i 1 d n e r e i und Malerei, wie die Triumphbögen des Titus, Konstantin, die Saulen Trajans, des Marcus Aurelian, des Arkadios, welche je ein aufgerolltes Buch darstellen, Stadtbilder historischer Persönlichkeiten. c) historische Denkmaler der K1 e i n k u n s t, des Kunst g e w e r b e s, des Handwerks von den Erzeugnissen feinster Goldschmiedekunst bis hinab zum schmucklosen Grenzstein, vor allem Gemmen, Münzen, Siegel, Wappen usw, insofern sie bildliche Darstellungen bieten. 109. b. die ornamentale Überlieferung oder die historische Überlieferung, die uns auf sogenanntem schmückendem Beiwerk erhalten ist. Sie umfaBt z. B. historische Bildnereien an Bauten, historische Malereien in Büchern, Pergamentrollen, ornamentale Wappen. 110. c. die graphische Überlieferung oder die durch Zeichnen hergestellte Überlieferung, wie kartographische Darstellungen, topographische Aufnahmen, (Stadteplane), statistische Tabellen. d. die photographische Überlieferung oder die durch das Lichtverfahren getreu hergestellte Abbildung historischer Tatsachen. An Genauigkeit übertrifft sie die übrige bildlich-figürliche Überlieferung um ein Bedeutendes. Über die verschiedenen Arten des photographischen Verfahrens s. Philolog. Method. 93. 111. 3) Die in Schriftzügen niedergelegte Überlieferung. Sobald die mündliche Überlieferung in die schriftliche Tradition übergeht, gehort sie dieser an, wiewohl ihr eigener Charakter bei der Kritik ihrer Glaubwürdigkeit stets in Anschlag zu bringen ist. Nach dem Material und der dadurch bedingten Schreibart unterscheiden wir die schriftliche Überlieferung in a. eine Überlieferung durch Mei Bel n, GieBen, Pragen, Einritzen oder dergleichen Verfahren. Sie umfaBt einerseits die a) Inschriften, die uns in auBerordentlich groBerZahl besonders aus dem Altertum erhalten sind. Nur zum geringen Teil befinden sich diese heutigentags an ihrem urspünglichen Standort, sie sind zum gröBten Teil in Museen und private Sammlungen übergeleitet worden. Inhaltlich erstrecken sich z. B. die klassischen Inschriften auf alle Gebiete des Staats- und Privatlebens im weitesten Umfange von den staatlichen Vertragen und Gesetzen, behördlichen Akten bis hinab zu den Aufschriften auf Lampen und TrinkgefaBen und den Fabrikzeichen auf irdenen GefaBen und Backsteinen; sehr zahlreich sind die erhaltenen Grabinschriften. b) die mit Schriftzügen versehenen M ü n z e n, Medaillen, S i e g e 1, Wappen. 112. b. die Überlieferung durch Schreiben, und zwar a) die Überlieferuug auf fes ten Stoffen, z. B. auf Stein, Kalkwanden (Dipinti, Graffiti), auf Thon (Ostraka) und dgl. b) die Überlieferung auf eigentlichen Schreibstoffen (schriftliche Überlieferung, schriftliche Denkmaler). Sie umfaBt z. B. die Überlieferung auf Wachstafeln, auf Papyrus, Pergament, Papier sowohl in Form von Blattern als von Rollen oder Büchern, ferner die gedruckte Überlieferung in ihren verschiedenen auBeren Formen. Tabelle der Quellen. 113. I. Nach dem Ursprung: 1. göttliche. 2. menschliche: 1) unmittelbare (urspriingliche, primare). 2) mittelbare (abgeleitete, sekundare). II. nach der Stellung des Urhebers: 1. öffentliche. 2. private. III. nach der Beziehung zur Religion (Kirche): 1. religiöse, sakrale (kirchliche): 1) einheimische. 2) fremde. 2. profane. 114. IV. nach der Seinsverbindung zwischen Quelle und historischem Objekt: A. sachliche (dingliche, stumme) Quellen oder virtuelle Zeugnisse (Überreste): 1. Überbleibsel oder Überreste im engern Sinne. 1) körperliche Überreste von Menschen. 2) Überreste von Haustieren und Kulturpflanzen. 3) Spuren klimatischer und geographischer Verhaltnisse. 2. eigentlich historische Überreste: 1) nichtbildliche Produkte der Technik und des Handwerks. 2) Produkte der Künste und des Geschaftsverkehrs als Überreste. 3) materielle Indizien und Indizientatsachen. 3. Überlebnisse oder Geisteserzeugnisse nichtmaterieller Natur als Produkte ihrer Zeit: 1) sprachliche Überreste. 2) religiöse, sittliche, geistige Anschauungen. 3) Zustande, Gebrauche, Etnrichtungen. 4) Erzeugnisse der Wissenschaften. 115. B. redende Quellen oder formelle Zeugnisse (Tradition, Monu¬ mente im weitern Sinne): 1. nach dem Verhaltnis der Quellen zur obiectiven hist Wahrheit: 1) Quellen mit rein historischem Charakter: a. mit dem Zweck einfach referierender Überlieferung: a) ohne direkte Zukunftsbestimmung. b) mit Zukunftsbestimmung: a. historische Inschriften. fi. genealogische Verzeichnisse. y. Kalendarien. <5- annalistische Quellen. «. eigentlich geschichtliche Darstellungen. (. Biographien, Memoiren. b. mit dem Zweck des Ge schaf tsverkehrs (Akten): a) nach der Rücksicht der Zukunftsbestimmung, wie unter a. b) nach Art des Geschaftsverkehrs: o. mit Zwecken des rechtlichen Verkehrs (Urkunden im eigentl. Sinne): ' a) zur Festellung einer rechtswirksamen Handlung (Beweisurkunde). fi) zur Regelung eines Rechtsgeschafts (Oeschaftsurkunde). y) zur Erlassung eines Gesetzes (Gesetzesurkunde). ft- mit nichtrechtlichen Zwecken der Verwaltung und Regierung. y. mit nichtrechtlichen Zwecken des praktischen Geschaftsverkehrs. 2) Quellen mit nicht rein historischem Charakter, u. zwar a. mit dem Nebenzweck der subjektiven Beeinflussung des Verstandes: a) im Dienste der offiziellen Beeinflussung der öffentlichen Meinung. b) im Dienste des Interesses einer Privatperson oder einer Partei. b. mit dem Nebenzweck der Beeinflussung des Willens durch einseitige sittliche Belehrung. c. mit dem Nebenzweck des asthetischen Wohlgefallens. 116. 2. nach der au Bern Form der Darstellung: 1) mündliche Überlieferung: a. über nahe Ereignisse: a) Überlieferung mit bestimmbarem Urheber. b) anonyme Überlieferung. b. fiber entfernte Ereignisse: a) Volksfiberlieferung u. Überlieferung bei ungebildeten Vólkern (Sage, Tradition). b) Überlieferung bei gebildeten Vólkern. 2) figürlich-bildliche Überlieferung (Monumente im engern Sinne): a. monumentale Überlieferung; historische Denkmaler: a) der Baukunst. b) der Bildnerei u. Malerei. c) der Kleinkunst u. des Kunstgewerbes. b. ornamentale Überlieferung. c. graphische Überlieferung. d. photographische Überlieferung. 3) in Schriftzügen niedergelegte Überlieferung: a. Überlieferung durch MeiBeln, OieBen, Ptagen usw: a) Inschriften. b) Mfinzen, Medaillen, Siegel mit Schriftzügen. b. Überlieferung durch Schreiben: a) auf festen Stoffen. b) auf eigentlich en Schreibstoffen. 117. Note 1. Andere Einteilungen der in n. 115—116 angeffihrten Quellenklasse. JGD r o y s e n (Grundrifi der Historik3 [1882114) stellt drei Klassen historischer Quellen auf: Überreste oder das Material, das „aus jenen Gegenwarten, deren Verstandnis wir suchen, noch unmittelbar vorhanden ist", Quellen oder das Material, „das in die Vorstellungen der Menschen übergegangen ist und zum Zweck der Erinnerung_ fiberliefert ist", Denkmaler, in denen sich beide Formen verbinden, d. h. Überreste, „bei deren Hervorbringung zu anderen Zwecken die Absicht der Erinnerung mitwirkte", z. B. Urkunden, Kunstwerke, Inschriften, monumentale Bezeichnungen bis zu Grenzstein und Titeln. Bernheim (256 f) scheidet das Quellenmaterial in die zwei groBen Grappen der Überreste und der Tradition. Die Überreste teilt er sodann nach dem Gesichtspunkt, „ob bzw inwieweit denselben die Absicht beiwohnt, Material für die Erinnerung der Begebenheiten zu liefern", wieder in zwei Klassen : in die Überreste im engern Sinne, „welche ohne jede Absicht auf Erinerang und Nachwelt nur fibrigebliebene„Teile der Begebenheiten und menschlichen Betatigungen selbst sind", wie Überbleibsel, Sitten, Werke der Künste, geschaftliohe Akten, und in die Denkmaler, „welchen die Absicht innewohnt, Begebenheiten für die Erinnerung naher oder ferner speziell dafür Interessierter aufzubewahren", wie Urkunden, Inschriften, Monumente. Die Tradition unterscheidet B. in bildliche, mündliche, schriftliche. L a n g I o i s-S e i g n o b o s (45 ff) unterscheiden unter der ffir die Methode verhangnisvollen Vernachlassigung der eigentlichen Überreste nur folgende zwei Grappen: documents matérieh (monuments, objets fabriques) und documents écrits, und wenden ihre Aufmerksamkeit fast ausschliefilich den letzteren zu. KJacob (Quellenkunde der deutschen Geschichte im MA 12 [1917] 7) entscheidet sich ffir eine zweifache Orappierung, die einmal die Quellen umfaBt, „die bei ihrer Entstehung irgendwie bestimmt waren, als geschichtlich bedeutsam betrachtete Ereignisse einer nahern oder fernern Vergangenheit der Nachwelt zu überliefern" und andrerseits die „unmittelbaren Zeugnisse geschichtlich wichtiger Vorgange, denen die Absicht, als geschichtliche Überlieferung zu dienen, nicht oder doch nur nebensachlich innewohnt Erst durch die wissenschaftliche Untersuchung werden sie zu geschichtlichen Quellen." Note 2. Die hagiographischen Quellen. 118. Lit.: HLeclerq, Artikel Actes des martyrs im Dict. d'archebL chréL; Jvd Gheyn, Art. Acta martyrum im Dict. de théol. cath.; HDelehaye, Les légendes hagiographiques2 (1906) 126 sqq. 1. Begriff. Wir nennen eine Quelle hagiographisch, welche 1) einen religiös biographischen Charakter tragt, 2) einen religiös erbaulichen Zweck verfolgt. So war die Schrift des Eusebios von Kaisareia über die Martyrer von Palastina ein hagiographisch es Werk, nicht dagegen seine Kirchengeschichte, die zwar auch viel über die Martyrer und Heiligen erzahlt, aber nicht in der oben gekennzeichneten Absicht. Zum Wesen einer hagiographischen Quelle gehort nicht, daB sie die historische Wahrheit mitteilt oder mitteilen will. 119. Da der Begriff Legende oft auf hagiographische Quellen angewandt wird, müssen wir hier einiges über die Bedeutung des Wortes Legende sagen. Legende (legenda) bedeutet etymologisch das zu Lesende. Der historischen Entwicklung nach bedeutete das Wort früher die Gesamtheit der zur gottesdienstlichen Vorlesung oder Absingung bestimmten Texte. Spater bezeichnete es im Unterschied von den Passionarien die Geschichte der Bekenner, die an ihren Festtagen vorgelesen wurde: Passionarius est Uber continens passiones sanctorum et legitur in festis martyrum... Legendarius autem vocatur Uber iUe, ubi agitur de vita et obitu confessorum... et legitur in festis eorum. (WDurandus ff 1296] im Rationale Div. off. 6, 1 n. 29—30 = ed. Lyon 1574, 234; vgl. J. Beleth [c 1165], Rationale Div. off. 60 MSL 202, 66). Seit dem 13. lahrhundert gebrauchte tnan aber das wort Legenda allgemein für die Akten der Martyrer und für Biographien der Heiligen. Heute nennt man Legende: 1) jede hagiographische Erzahlung, 2) jede besonders wundervolle hagiographische Erzahlung nichtglaubwürcu'gen Charakters, 3) jede Erzahlung nichtglaubwürdigen Charakters überhaupt (Delehaye), 4) jede subjektiv gefarbte Geschichtsdarstellung. Wegen der leichten Möglichkeit eines MiBverstandnisses meidet man jedoch am besten das Wort Legende bezüglich der hagiographischen Literatur und wendet es nur im dritten Sinne, d. h. im Sinne einer Erzahlung nichtglaubwürdigen Charakters im allgemeinen an. In der Numismatik, Heraldik, Kartographie, lkonographie bezeichnet Legenda oft eine Omschrift, Beischrift, Aufschrift. 120. 2. Einteilung. Die hagiographischen Quellen können natürlich nach den in n. 84 ff angegebenen Gesichtspunkten eingeteilt werden. Hier mochten wir nur noch auf zwei praktische Einteilungsarten der schriftlichen Überlieferung aufmerksam machen, namlich die nach der Klasse der Heiligen und die nach dem Grad der ihnen innewohnenden historischen Wahrheit 1) Nach der Klasse der behandelten Heiligen zerfallen die Quellen in Martyrerakten, Leben von Nichtblutzeugen, wie Bekennern, Jungfrauen usw, Leben von biblischen Persönlichkeiten. a. Die Martyrerakten stellen die alteste Art der christlichen hagiographischen Literatur dar. b. Die Leben der Nichtblutzeugen treten erst seit der Mitte des 4. Jahrhunderts auf. Die Biographien tragen meist den Namen der Verfasser, die gewöhnlich Zeitgenossen waren und zu den Heiligen oft als Schüler, Nachfolger oder Klostergenossen in naher Beziehung standen. Im Anfang bekundete sich eine besondere Vorliebe für die Mönchsviten, namentlich im 4. und 5. Jahrhundert. Ein hl. Athanasios verfaBte die Vita des hl. Antonios, ein hl. Hieronymus die Viten der Mönche Hilarion, Paulus, Malchus, der Nonnen Paula, Eustochium, Fabiola u. a. c. Das Interesse an den biblischen Personen und ihren Erlebmssen führte schon früh (in den ersten 3 Jahrhunderten) zu den apokryphen Apostelgeschichten der Onostiker, die spater (4.-6. Jahrh.) von den Kathotiken umgearbeitet wurden. Auch anderen biblischen Persönlichkeiten wandte sich die Biographie noch bis zum 9. und 10. Jahrhundert zu. 121. 2) Nach dem G rad der den Quellen innewohnenden historischen Wahrheit lassen sich folgende Klassen unterscheiden: a. Unmittelbare streng historische Berichte. a) Unter ihnen gebührt die erste Stelle den Martyrer akten, die uns die offiziellen Protokolle des Verhörs (acta proconsularia) berichten. Die Akten weisen natürlich entsprechend dem chrisüichen Charakter der Quelle Zutaten des Redaktors, besonders am Anfang oder SchluB auf, die aber nur als Einkleidung dienen. Hierher gehören z. B. die Passio der Scillitaner (Scilli in Numidien), die Passio des hl. Cyprian mit ihren drei Stücken, dem Verhör v. J. 257, dem Verhör v. J. 258, der Schilderung des Martyriums. b) An zweiter Stelle stehen die Berichte von Augenzeugen oder gut informierten Ohrenzeugen. Dieser Klasse gehören wieder- d r e i ramilien von Dokumenten an, namlich Dokumente, in denen der Zeuge bzw zeitgenössische Berichterstatter selbst redet, wie in den Akten des hl. Polyharpos (f 155) oder der Martyres Lugdunenses (f 177), oder Dokumente, in denen der zeitgenössische Autor nur die Niederschrift des Zeugnisses anderer vorlegt, wie Eusebios in manchen Berichten über die Martyrer, endlich Dokumente, in denen der Autor seine eigenen Beobachtungen mit den Zeugnissen anderer verbindet, wie es z. B. geschieht in der Vda Cypriani des Diakons Pontius oder in den Akten der Perpetua und Felicitas (Selbstzeugnis der Perpetua und des Saturus). Für alle drei Familien bieten auch die Heiligenleben der Neuzeit zahlreiche Beispiele. 122. b. Mittel bare Berichte oder von unmittelbaren Quellen abgeleitete Berichte. Sie scheiden sich wieder: ..a) in streng historische Berichte, die höchstens in Stil und Anordnung eine Anderung aufweisen. b) in freie Bearbeitungen, die besonders durch Erweiterungen und Interpolationen charakterisiert sind, wie viele Martyrerakten und frühe Heiligenleben. Die Passio der Scillitaner ist uns z. B. in 7 Redaktionen erhalten; verschiedene Fassungen sind uns auch überliefert von den Akten des Pionios, des Saturninus von Tolosa, des Quirinus von Siscia, des Sabas Qothus u. a. Der Hauptgrund für die inhattlichen Anderungen war hauptsachlich die Sucht nach Ausschmückung und nach auBergewöhnhchen Wunderberichten. c) inhistorischeDichtungen oder Berichte, welche nur einige wenige historische Elemente, wie Name, Heiligtum, Festdatum, sonstige Fakta aufweisen, im übrigen aber auf Phantasie beruhen. Hierher gehören z. B. die Akten des hl. Georgios, der hl. Symphorosa und ihrer 7 Söhne, des Petros Balsamos, der hl. A/ra u. a. 123. c. Hagiographische Quellen rein dichterischen Charakters ohne historische Grundlage. Ihr Zweck ist, eine Wahrheit religiöser oder sittlicher Art den Lesern verstandlich zu machen. Der Autor selbst erhebt nicht den Anspruch, wirkliche Tatsachen zu schildern. Diese Klasse umfaBt manche hagiographische Marchen, Novellen, Romane. DeUhaye rechnet zu ihnen z. B. die Akten von Didymos und Theodora, des Schauspielers Genesius, des Theodotos von Ankyra, des Kyprianos von Antiocheia (Motiv verwendet in der Faustage) u. a. Es wurden selbst heidnische Motive für die christliche Dichtung benützt, so eine buddhistische für Barlaam und Josaphat, die griechische von Ödipus für einen Martyrer Albanus (Catalogus codd. hagiogr. lat. bibl. Bruxell. 2, 1889, 443 sqq). d. Falschungen, die den Zweck absichtlicher Tauschung haben. Beispiele: die Translation des hl. Dionysius nach Regensburg, Legenden mit dem Zweck, den apostolichen Ursprung gewisser Kirchen zu bezeugen, das Leben des hl. Maurus von Odo von Olanfueil u. a. Zweiter Abschnitt. Die Lehre vom Auffinden der Quellen. 124. Die beste und zuverlassigste Kenntnis der für ein Arbeitsgebiet dienlichen Quellen erwirbt man sich durch langjahrige Leistung persönlicher wissenschaftlicher Arbeit. Übersichten über vorhandene Quellen können diese selbsterworbene Kenntnis nicht ersetzen, wohl freilich dabei behilflich sein, zur Kenntnis des Quellenmaterials leichter und schneller zu gelangen. Die systematische S a m m 1 u n g von Quellen begann erst seit der Renaissance. Erklarlicher Weise wurden die Quellen der schriftlichen Tradition bevorzugt, weil sie am zuganglichsten waren und den reichsten Stoff boten. Dann folgten die Urkunden und Münzen. Hingegen wurde die Sammlung der Quellen der übrigen Tradition und der Überreste lange vernachlassigt. Den wichtigsten Quellen der alten orientalischen Geschichte hat man sogar erst in jüngster Zeit ein systematisches Interesse zugewandi Die Schuld an dieser Vernachlassigung trugen vor allem der Mangel an Kenntnis der Wichtigkeit solcher systematischer Sammlungen, die Schwierigkeit des Sammelns bei groBer raumlicher Entfernung, die Schwierigkeit der Reproduktion. 125. Die Sammelarbeit der Neuzeit erfahrt eine reiche Förderung namentlich durch die Ausbreitung der allgemeinen Bildung, die Vervollkommnung der Buchdruckerkunst und der graphischen Künste überhaupt, die Erleichterung des Verkehrswesens, die Ausdehnung des Buchhandels und des Zeitungswesens. Es gibt jetzt bei allen Kulturvölkern groBe Zentren, in denen ein reiches Quelienmaterial, sei es in der ursprünglichen Gestalt, sei es in der Reproduktion angesammelt wird: es sind die Aufbewahrungsstatten der Quellen, die wir Bibliotheken, Archive, Museen nennen. Erstes Kapitel. Die Aufbewahrungstatten der Quellen. § 1. Die Bibliotheken. 126. Unter den Bibliotheken verstehen wir die Aufbewahrungsstatten der geschriebenen und gedruckten Quellen (vgl. aber n. 139). In ihnen werden uns zahlreiche Quellen, sowohl stumme als redende, im Original oder in der Wiedergabe durch Schrift oder Druck zuganglich gemacht. Aufier den Quellen selbst enthalten die Bibliotheken auch viele Abhandlungen, Sonderschriften, gröBere Werke, die Quellen zum Gegenstande haben und somit als Quellennachweise dienen. Da nun eine fruchtbringende Benfitzung der Bibliotheken nur dann stattfinden kann, wenn man eine Kenntnis der wesentlichen Elemente der Buchkunde besitzt, seien hier einige wichtigere Bemerkungen über diese Elemente vorausgeschickt 1. Einiges aus der Buchkunde. 127. Lit.: FJKIeemeier, Handbuch der Bibliographie 1903; OWeise, Schriftu. Bachwesen2 1903; OSauberlich, Buchgewerbliches Hüfsbuch M914 Wir handeln hier nur vom gedruckten Buch; über das Buch des Altertums und des Mittelalters s. Lit. unten n. 166. i. Begriff des Bucnes. Unter Buch verstehen wir eine aus mehreren Blattern oder Bogen bestellende Druckschrift. UmfaBt diese nur ein Blatt oder wenige Blatter; oder Bogen, so nennen wir sie Einblattdruck, Flugblatt, Flugschrift, Heft, Broschüre, Traktat usw. Jahrlich einmal erscheinende Druckschriften mit gleichartigem Inhalt nennt man Kalender, Taschenbücher, Jahresberichte, Jahrbucher. Druckschriften gleichartjgen (nhalts, die mehrmals im Jahre als Teile eines Jahrbandes erscheinen, heiBen Zeitschrift, Journal, Wochenblatt, Wochenschrift, Monatsschrift, Quartalschrift usw. 128. XuBere Aniage des Buches. Das gröBere Buch besteht aus Bogen, die bei Oktavformat 16, bei Quartformat 8, bei Folioformat 4 Seiten umfassen. Jeder Bogen tragt auf der 1. und 3. Seite unten rechts am FuB die Signator, d. h. eine fortlaufende arabische Ziffer, auf der 3. Seite mit *. Auf der ersten Seite wird zudem die Norm, d. h. die Schlagwortbezeichnung von Verfasser und Titel des Werkes mit Band und Auflage in kleiner Schrift gesetzt. Zweck der Signatur ist, die Reihenfolge der Bogen zu bezeichnen, Zweck der Norm, die Zugehörigkeit des Bogens zum Werk darzutun. Altere Druckwerke trugen am FuBe jeder Seite oder jedes Bogens die Kustoden oder Blattweiser, die aus der Anfangssilbe des ersten Wortes der folgenden Seite oder auch aus dem ganzen ersten Wort bestanden. 129. Der S a t z oder die typographische Wiedergabe des Manuscriptes durch die aus Metall gegossenen Buchstaben oder Typen (Lettern) kann in drei Hauptarten von Druckschrift erfolgen, die selbst wieder mehrere durch Oröfie oder Dicke unterschiedene Klassen umfassen, namlich in Antigua oder lateinischer Schrift, in Fraktur oder in deutscher (gotischer)_ Schrift, in Kursive oder einer schrag nach rechts überhangenden Schrift. Uber den Charakter dieser Schriften s. Philolog. Method. 40, 45. Kpmprefi nennen wir den Satz, wenn die Buchstaben oder Zeilen dicht aneihanderstehen, durchschossen, wenn sie durch Zwischenraume getrennt sind. Diese Trennung, das Sperren, geschieht durch die Durchsch&sse zwischen den Zeilen oder die Ausschluflstücke zwischen den Buchstaben. 130. Jeder gröBere Abschnitt beginnt gewöhnlich mit einer neuen ungeraden Seite; zudem laBt man meist am Kopf einen Raum frei, den Vorschlag. Anmerkungen stehen entweder am FuB der Zeile oder am Rande als Glossen bzw Marginaliën oder am SchluB des Werkes. Im ersten und driften Falie werden sie mit einem Buchstaben (a, b) oder einem Zifferexponenten 2) oder einem andern Zeichen (t, *) versehen und mit demselben Zeichen wird dann im Text auf die Anmerkung hingewiesen. Im driften Fall versieht man die Anmerkungen am einfachsten mit fortlaufenden Zahlen. 131. Das Buch tragt gewöhnlich nur einen Titel, am besten einen kurzen Titel, bei mehreren Banden einen Haupt- und Untertitel, die sich meist gegenüberstehen. Vor dem Haupttitel findet sich oft- auf einem besondern Blatt der abgekürzte Titel, der sog. Schmatztitel. Ober jeder Seite treffen wir bei vielen Werken die Kplumnenütel, d. h. kürzere Titel oder Inhaltsangaben. In der Vorrede legt der Verfasser oft das Ziel, das er sich gesetzt, und die Grundsatze, die er befolgt hat, dar. AuBerdem enthalten viele Werke noch eine Einleitung oder Einfflhrung, welche meist in su'mmarischer Weise Oegenstande behandelt, deren Kenntnis. eine Voraussetzung für das zu behandelnde Thema ist. 132. 3) inkunabien oder wiegendrucke. Unter den Inkunablen verstehen wir die frühesten Erzeugnisse der Buchdruckerkunst bis 1500. Man schatzt ihre Zahl auf ungefahr 24 000. Die Bedeutung der Wiegendrucke ist eine doppelte. Kulturgeschichtlich sind sie Zeugen für die erste Entwicklung der Buchdruckerkunst Inhaltlich haben sie allein viele Werke der Theologie, der Philosophie, der klassischen und altchristlichen Literatur, vor allem aber auch der Volksliteratur, wie Erbauungs- und Unterhaitungsbücher, ferner Flugschriften und andere Schriften ephemeren Charakters uns überliefert. 133. Die Inkunablen erkennt man oft an der Art der Typen, wie sie in bestimmten Druckereien gebrauchlich waren, sodann an einigen anderen auBeren Merkmalen. Zu diesen gehören: die Titelblatter fehlen anfangs völlig und auch spater enthalten sie nur kurze Inhaltsangaben; es fehlen oft die Namen des Druckers und des Ortes, die Bezeichnung des Jahres; oft findet sich aber ein ausführliches Datum nebst jenen Namen in der SchluBschrift; es feh-. len vielfach Seitenzahlen und Signaturen; desgleichen fehlen manchmal die Kapitale am Anfang der Abschnitte oder auch ganze Teile, indem der Raum für die Ausfüllung durch Kalligraphen oder Rubrikatoren frei gelassen wurde und die Ausfüllung nachher unterblieb; die Einteilung in Kapitel und Abschnitte ist seiten; das Papier weist gewöhnlich eine auffallende Festigkeit und Starke auf. Ka t aio ge über Inkunablen und die alten Offizinen: GWPanzer, Annales typographia, 1793—1803; FAEbert, Allgemeines bibliogr. Lexikon 1821—30; JGThuraesse, Trésor de livres rares et précieux 1859—69; LHain, Repertorium bibliographicum 1826—38 ; Supplement by WACopinger 1895—1902; Appendices von DReichling 1904—7; RProctor, An index to the eariy printed books in the British Museum 1898 ff; Einzelkataloge für Berlin, Leipzig, Trier usw. 134. 4. Seitene Bficher. Aus praktischen Rücksichten sei noch auf einige Bücherarten hingewiesen, die als seiten gelten dürfen: 1) kostspielige aus vielen Banden bestehende Sammelwerke, 2) kostspielige Bilder- und Tafelwerke, 3) viele Wiegendrucke, 4) gesuchte Drucke aus einigen berühmten Offizinen, wie von Aldus Manutius in Venedig, von Etienne in Paris, von Elsevier in Leiden und Amsterdam, 5) Bücher mit wenigen Abzügen, 6) Werke, die unvollstandig blieben, 7) Bücher, deren Aufbewahrung wegen des schwierigen Verstandnisses vernachlassigt wurde, 8) Bücher, die durch Feuer oder andere auBere Zufalle gröBtenteils zugrunde gingen, 9) Bücher, die nie in den öffentlichen Handel kamen, 10) Bücher, die aus politischen, religiösen oder anderen Gründen verboten oder vertilgt wurden, 11) Bücher, deren Teile an verschiedenen Orten oder zu verschiedenen Zeiten veröffentlicht wurden, 12) Schriften, die nur für den ephemeren Oebrauch veröffentlicht wurden und deshalb meist zugrunde gingen. 2. Einiges aus der Bibliothekskunde. 135. Lit.: EEdwards, Memoirs of libraries 1859; AOraesel, Handbuch der BibUothekslehre 1902; FrMilkau, Die Bibliotheken in Kultur der Gegenwart 1 (1906) 539—590; LTraube, Vortesungen u. Abhandlungen 1 (1909) 103 ff. i. Geschichte der Bibliotheken. Über dieselbe s. Troube a. a. O. und Triennium philol. Method. 145 ff. 2: Bibiiothekskataioge. Die Kataloge sollen die gesamten in der Bibliothek vorhandenen Bücher in übersichtlicher Ordnung vermerken und es dem Benützer ermöglichen, schnell, leicht und bequem ein gesuchtes Werk aufzufinden. Die Grundlage aller Kataloge bildet die Abschrift der Titel der vorhandenen Werke auf Z e 11 e 1 n. Die Zettel enthalten 1) die durch Buchstaben oder Ziffern ausgedrückte Bezeichnung für die wissenschaftliche Einordnung und den Standort des Werkes, 2) Namen und Vornamen des. Autors, 3) den Titel des Werkes mit der Angabe der Auflage, der Ausgabe, der Art des Abdruckes, eventuell den Charakter einer Übersetzung, eines Auszuges, 4) die Zahl der Teile oder Bande des Werkes, Angabe des Erscheinungsortes und -jahres, des Verlegers oder Druckers, 6) die Angabe der Beiiagen, 7) die Zahl der Seiten (römische und arabische Ziffern), 8) das Format des Buches. 136. Die Kataloge unterscheidet man in die Nominalkatologe, die nach den Verfassern alphabetisch geordnet sind, in die Realkataloge oder wissenschaftlichen oder systematischen Kataloge, die nach den einzelnen Wissenschaften geordnet sind, in die Standortskataloge, welche die Werke nach ihrer Reihenfolge in den Büchergestellen aufweisen. Neben diesen allgemeinen Katalogen findet man in manchen Bibliotheken auch noch besondere (Speztat-) Kataloge, wie z. B. der Inkunabeln. 137. 3. Bestand der Bibliotheken und ihre Kataloge. Zu schneller Orientierung dienen u. a. PSchwenke, Adrefibuch der deutschen Bibliotheken 1893'; Das Jahrbuch der deutschen Bibliotheken 1902 ff; LTraube, Vorlesungen u. Abhandlungen 1 (1909) 114 ff; Serapeum 1840—71; Zentralblatt für Bibliothekswesen 1884 ff mit Beiheft Bibliographie des Bibliotheks- u.Buchwesens (AHortschansky) 1905 ff; Minerva 1891 ff; fiber Handschriftensammlungen und -kataloge s. auBerdem noch WWeinberger, Catalogus catalogorum. 1902 und Beitrage zur HssKunde 2 (1909); FBlaB in JvMüllers Handboek 1 2 (1892) 350 ff. 138. 4. Elnige Winke für Bibliotheksbeniifcter: 1. AUS BilligkeitSgrÜllden und zur Vermeidung von Unzutraglichkeiten halte man sich streng an die Regelordnung der betreffenden Bibliothek. 2. Beim Bestellen von Büchern schreibe man genau den Titel auf mit vollem Namen und Vornamen (wenigstens mit Anfangsbuchstaben) des Verfassers samt Ort und Zeit des Erscheinens, bei Zeitschriften die Bandzahl und den Jahrgang. 3. Bei Zweifeln scheue man sich nicht, bei den zustandigen Beamten um Rat zu f ragen. Man spart so viel Zeit beim Suchen und erhalt oft wertvollen AufschluB. § 2. Die Archlve. 139. Lit.: FALöhrer, Archivlehre 1890; MBar, Leitfaden für Arckivbenützer 1896; HBreBlau, Handbuch der Urknndenlehre für Deutschland u. ItaUen \2 (1912); FEhrle SJ, Historia bibhoth. Rontanorum pontificum etc 1 (1890). t. Zur Oeschichte der Archlve. Unter Archiven (aQ%eïov = Amtshaus, Statte der behördlichen Schriften und Urkunden) verstehen wir die Aufbewahrungstatten der Urkunden (im weitern Sinne). In At hen war in alterer Zeit das Metroon (Tempel der f*^rt]Q imv Semv\ in Rom der Saturntempel zwischen Forum und Kapitol der Sammelort für die öffentlichen Dokumente. Neben diesem gab es auch Privatarchive für religiöse Körperschaften, Familien usw. Das öffentliche und private Urkundenwesen wurde im römischen und spater im byzantinischen Kaiserreich immer sorgfaltiger ausgestaltet. In den altesten Christengemeinden schlossen sich die Archive mit den Urkunden über Disziplin, Martyrien, Vermogen, Verwaltung usw an die Kirchen (Apsis) an. Aber erst seit Kpnstantin konnte das kirchliche Archivwesen sich ungestört entwickeln. Von Damasus (366-84) an mehren sich die Zeugnisse über die papstIichen Archive. Der erste Sitz des papstlichen Archivs scheint in der Basilica des hl. Laarentias in Damaso gewesen zu sein. Innozenz III lieB 1198 neue Gebaude bei St Peter für Kanzlei und Archiv errichten. 2. Den kirchlichen und klösterlichen Archiven des Mittelaiters wurden vielfach auch Urkunden von Fürsten, Stadten, Privaten anvertraut. Ein standiges königliches Archiv beginnt in Frankreich erst unter Philipp August (1180—1223), in Deutschland unter Kaiser Sigismund (1410—37). In der Folgezeit wurde das Archivwesen bei staatlicheii, kirchlichen, stadtischen Behörden, bei Körperschaften, Privaten immer reicher und in der Neuzeit auch systematischer ausgebildet. Durch Kriege, durch Vererbung und Linienteilung hat im Laufe der Jahrhunderte eine groBe Verschiebung der öffentlichen und privaten Archivbestande stattgefunden, so daB Übersichten über den jetzigen Bestand der einzelnen Archive dringend gefordert werden. Meist bestehen auch schriftliche Kataloge, gedruckte Repertorien sind noch seiten. 3. Die bedeutendsten Archive der Jetztzeit sind das vatikanische, die Archive von Paris (Archives nationales), London (Public Record Office), Wien (k. k. Haus-, Hof- und Staatsarehiv), Berlin (Qeheimes Staatsarchiv, das HohenzoUerische Hausarchiv), Simancas bei Valladolid (Archivo generat). 140. 2. Die Archivbestande. Diese werden heute im allgemeinen nach den verschiedenen Klassen der Dokumente, wie eigentlichen Urkunden, Planen, Karten, Orundbüchern, Steuerregistern usw gesondert und die einzelnen Klassen wieder nach dem Provenienzsystem,_d. h. nach der historischen und lokalen Zusammengehörigkeit eingeteilt. Über die Archive und ihre Bestande unterrichten CAHBurkhardt, Hand- u. Adrefibuch der deutschen Archive *1887, HOesterley, Wegweiser durch die Lit. der Urkundensammlungen 1885/6, Archivalische ZeUschnft 1877 ff, Centralblatt für Bibliothekswesen 1884 ff, Minerva § 3. Die Museen. 141. Lit.: KSittl, Archaologie (1895) 32^69;DMurray,Museums, their history and their use, 3 B., 1905; LPallet, Art. Museen in Kultur der Oegenwart 1 (1906) 347—389; ebenda weitere Lit. 1. Zur Oeschichte der Museen. 1. Unter den Mnseen verstehen wir an dieser Stelle die Aufbewahrungsstatten von Überresten (materiellen) und formellen Quellen monumentalen Charakters. Das Altertum kannte nur Privatsammlungen von Kunstwerken und eine reiche Ausschmükkung öffentlicher Platze mit solchen. Die meisten alten Denkmaler gingen in den Kriegen, besonders zur Zeit der Völkerwanderung verloren. Das frühe Mittelalter hatte wenig Sinn für das Sammeln von Kunstwerken. Dagegen rieten die Kreuzzüge und spater das Wiederaufleben der klassischen Studiën im Beginn der Neuzeit ein reges Interesse für Antikensammlungen wach und diese wurden wieder das Vorbild für Sammlungen anderer Kunstwerke und monumentaler Quellen überhaupt und auch für Sammlungen verschiedenartiger Überreste. Der Name Museum selbst trat erst seit dem 18. Jahrhundert in den allgemeinen Gebrauch. 2. Staatliche Museen enstanden zunachst in Frankreich unter Ludwig XIV und in England unter der Revolution von 1649. Der allgemeine Zutritt zu den Museen wurde aber erst im 18. Jahrhundert (seit der französischen Revolution) gestattet Das 19. Jahrhundert brachte den Museen vor allem eine systematische A n o r d n u n g und reichsten Zuwachs. Man schied die Museen immer mehr nach den verschiedenen Klassen ihres Bestandes in GemSldegalerien, Antikensammlungen (AbguBmuseen), Kupferstich-, Münzkabinette, Inschriftensammlungen, dann prahistorische, ethnographische und dergleichen Sammlungen. Feder, Hist. Methodik. 4 142. 3. Die an klassischen Kunstwerken (namentlich Architektur, Plastik) reichsten Museen der Jetztzeit sind die von Rom (bes. Museo Capitoüno, Museo Pio-Clementino, Museo Chiaramonti), Neapel, Florenz, Venedig, Paris (Louvre), London (British Museum), Amen, Verona, Mailand, Marseille, Wien, München, Dresden, Berlin. — Die wichtigsten Inschriftensammlungen finden sich in Rom (bes. Galleria lapidaria des Vatikan), Neapel {Museo Borbonico), Venedig {Museo Naniano), Verona, Paris, London {Brit. Mus.) Oxford (Marmora ArunaeUana). — Die bedeutendsten M ü n z kabinette sind in Paris (Louvre), Rom (Vatikan), Florenz, London, Wien, Berlin, Dresden, Gotha, München, Kopenhagen, St Petersburg. — Diean Überresten reichsten naturwissenschaftlichen Museen besitzen folgende Stadte: London, Paris, Berlin, Bonn, München, Breslau, Stuttgart, StraBburg, Tübingen, Wien, Prag. — Die gröBten ethnographischen Museen sind in London, Paris, Berlin, Hamburg, Wien, Frankfurt, München. 143. 2. Die Miueumsbestande. Vielseitige Unterstützung erfahren die Bestande der öffentlichen Museen heutigentags durch die Kunstvereine, Altertumsvereine, Oeschichtsvereine; sehr fördernd wirkt auch das Interesse für Qründung von Nationalsammlungen (Deutsches Museum, Bayerisches Nationalmuseum) und Kunstgewerbesammlungen und die Verbindung von Kunstschulen mit den Museen. Über die Bestande unterrichten die betreffenden Lokal-, Provinz-, Landeskataloge. Reiche Literatur über die Monumente und Notizen, fiber viele Monumente selbst s. in den Handbfichern der betreffenden Hilfswissenschaften (unten n. 165 ff), ferner in der Zeitschrift für Museumskunde 1905 ff. Zweites Kapitel. Quellennachweise. § 1. Quellensammlungen. 144. Die Übersicht, die wir im Folgenden bringen, berücksichtigt nicht die Quellen nach der früher gebotenen systematischen Einteilung, sondern sie schlieBt sich in praktischer Weise an die vorhandenen Sammlungen an. Von den Sammlungen werden nur die bedeutenderen und dem allgemeinern Oebrauch dienenden angeführt 145. 1. Das babylonlsch-assyrische und Sgyptische Schrifttum i Keilinschriftlicne Bibliothek, Sammlung von assyr. u. babyion. Texten, in Umschrift u. Ubersetzung hsg von ESchrader, 1889 ff; RLepsius, Denkmaler aus Agypten u. Athiopien: Texte, 4 B. von KSethe 1897 ff, 5. B. von WWreszinski 1913. 146. 2. Das grlechisch-römische Schi-lfttami Bibliotheca scriptorum Graecorum et Rpmanorum Teubneriana 1849 ff. Die Sammlung umfaBt griechische und lateinische Klassiker, auch Kirchenschriftsteller, über 550 B. — Corpus scriptorum historiae Byzantinae, ed. BGNiebuhr, JBekker, W et LDindorf.alii, Bonn 1828—97, 50 B.; Bibliotheca Graeca et Latina von AFirmin-Didot, Paris 1838 ff. 147. 3. Das patristlsche Schrifttum lm besondern < Maxima bibliotheca vete- rum Patrum et antiquorum scriptorum eccles., Lyon 1677, 27 B.; AOallandi, Bibliotheca veterum Patrum antiquorumque scriptorum eccles., Venedig 1765—81, 14 B.; Patrologia cursus completus, ed. JMigne, Series Latina (bis 1216) 1844—55, 221 B. (MSL); Series Graeca (bis 863: Photios) 1857—86, 165 B. (MSG). Migne ist eine brauchbare Nachdrucksamtnlung in handlichem Kleinquartformat in bisher nicht vorhandener Vollstandigkeit •JAGiles, Patres ecclesiae anglicanae 1844—48; *MJRouth, Rehquiaesacrae, 1814—18, 21846—48; die Sammlungen von AMai 1825 ff und JBPitra 1852 ff; vermerkt sei hier auch das Verzeichnis von Initia ffir die latein. Kirchenschriftsteller von MVatasso, Initia patrum aUorumque scriptorum eccl. Lat^ 1906—8. — Orientalen: JSAssemani, Bibliotheca Orientalis, 4 B., 1719—28; VLanglois, Collection des historicus anciens et modemes de f Armenië, 2 B., 1867—69. Neue kritische Ausgaben von Kirchenschriftstellern: Die griechischen christlichen Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte, hsg von der Kirchenvaterkommission der k. PreuB. Akad. der Wissensch., Leipzig 1897 ff (Gr. chr. Sehr). In der Sammlung werden vor allem die vornicanischen Schriftsteller ediert — Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, ed. Acad. Vindobon., Wien 1866 ff (CSEL). Die Sammlung umfaBt die Vater bis in das 7. Jahrhundert hinein. Die Ausgabe hat wie die Berliner hauptsachlich den Zweck, kritisch zuverlassige Textrezensionen herzusteilen. GroBer Wert wird auch auf kritische Einleitungen (Oberlieferungsgeschichte, Probleme der Textkritik) und wissenschaftliche Register gelegt — Corpus scriptorum christianorum Orientalium, ed. JBCabot u. a., Leipzig 1903 ff (CSCÖ). Zur Ausgabe gelangen arabische, athiopische, koptische, Syrische Schriftsteller. Die Sammlung ist auf c 200 Bande berechnet. — Patrologia Syriaca, ed. RGraffin 1894 ff; Patrologia Orientalis, ed. Graffin-FNau 1903 ff. Kleinere patristische Sammelausgaben der neuern Zeit: (HHurter SJ, SS patrum opuscula selecta 1868—92, 49 B.); ORauschen, Florilegium patristicum 1904 ff; HHemmer-PLejay, Textes et documents du Christianisme, Paris 1904 ff; JVizzini, Bibliotlieca ss patrum, Rom 1901 ff; 'OKriiger, Sammlung ausgewahlter kirchen- u. dogmengesck. Quellenschriften, Freiburg 1891 ff; (bei *HLietzmann, Kleine Texte für theol. u. philolog. Vorlesungen u. Übungen, Bonn 1902 ff); 'AJMason, Cambridge patristic texts, Cambridge 1899 ff. 148. 4. Sammlungen von Martyrerakten uud Heillgenlebent Bei alten Schrift- stellern sind verschiedene Akten und Leben erhalten, so bei Eusebios von Kaisareia, Hieronymus (s. n. \2Q), Palladios (367—420, Aavaiaxóv = Historia Lausiaca), Gregor von Tourstf 594, De gloria martyrum, De gloria confessorum, Vitae patrum), JMoschos (t 619, Aeiuoiv) usw. Aus dem 10. Jahrhundert stammt die Legendensammlung (Menologion) des Symeon Metaphrastes, der freilich nur Kompilator war und die Fassungen vielfach desorganisierte: Ausgabe von JBMalou in MSG 114—6, lateinische Übersetzung von ALipomani 1551; der kritische Text ist noch herzusteilen. 4* In den lateinischen Kirchen, die schon frühzeitig zahlreiche Passionarien und Legendarien besaBen, übten groBen EinfluB die Legendensammlungen von JdeVoragine (Viraggio, t 1298) Legenda aurea und von BMombritius Sanctuarium sive Vitae sanctorum (c. 1496, relativ wertvoll). Viel gelesen wurde spater auch LSurius, De probatis Sanctorum historüs, 6B., 1570 u. öfters. Die klassische Sammlung sind die Acta sanctorum (A SS) 1643 ff, bisher 66 B. Plan: Die Acta sollen das Leben aller Heiligen exakt und kritisch nach den zuverlassigsten Quellen umfassen. Erste Mitarbeiter: JBolland, OHenschen, DPapebroch. Zeitschrift der Bollandisten: Analecta Bollandiana mit viel Textpublikationen. Martyrerakten im besondern: ThRuinart, Acta primorum martyrum sincera et selecta 1689, 51859; StEAssemani, Acta s. Martyrum Orientalium et Ocddentahum 1748; PBedjan, Acta martyrum et sanctorum (syr.) 1890— 97; HHyvernat, Les Artes des martyrs de l'Egypte 1886; Auswahl von Martyrerakten: HLederq 1902—3, RKnopf 1901, OvQebhard 1902. 149. 5. Nationale geschichtliche Sammlungen i Die Monumenta Qermaniae historica (MOh) 1826 ff. Sie bestehen aus folgenden Abteilungen: 1) Scriptores (SS), und zwar Auctores antiquissimi (AA) mit Schriftstellern des 4.—7. Jahrhunderts, Scriptores rerum Merovingicarum (SS rer. Merov.), Scriptores rerum Langobardicarum et Italicarum (SS rer. Langob), Scriptores (SS), LibelU de lite imperatorum et pontificum saec. XI et XII; 2) Leges (LL), und zwar Leges nationum Oermanicarum, Capitularia regum Francorum, Concilia, Constitutiones et Acta publica imperatorum et regum, Formulae Merovingici et Carolini aevi; 3) Diplomata (DD), und zwar die Urkunden der Merovinger, der Karolinger, der deutschen Könige und Kaiser seit 911; 4) Epistulae (Epp); 5) Antiqaitates (Antiq), z. B. Libri confraternitatum, Necrologia, Poetae Latini medii aevi. Von der Leitung der MGh gent auch die Schulausgabe aus: Scriptores rerum Oermanicarum in usum scholarum. Den MGh dient als Zeitschrift das Archiv der GeseUschaft für altere deutsehe Oeschichtskunde (1820 ff) und das Neue Archiv seit 1876. Die Oeschichtschreiber der deutschen Vorzeit 1849 ff, 2 von WWattenbach 1884 ff, svon OHolder-Egger 1909 ff; MBouquet, Receuil des historiens des Qaules et de la France 1738—1752, mit Forts. 1757—1904; Collertion de documents indits sur l'histoire de France 1835 ff; HFlorez, Espana sagrada 1754 ff; LAMuratori, Rerum Italicarum scriptores praedpui 1723—51, 1900 ff; Rerum Britannicarum medii aevi scriptores (Rolls Commission) 1858 ff usw. 150. 6. Pilgerfahrten nach Palestina u. Kreuzzüge: TTobler-AMolinier, Itinera Hierosolymitana 1 (1879); POeyer, Itinera Hierosolymitana saec. 4—8, 1898; RRöhricht-HMeisner, Deutsche Pilgerreisen nach dem Heiligen Lande 1880 (Kleine Ausgabe 1900); RRöhricht, Regesta regni Hierosolymitani 1893, Suppl. 1904; JBongars, Qesta Dei per Francos 1611; Receuil des historiens des croisades (Académ. des incriptions et des belles lettres 1841 ff. 151. 7. Akten und Urkunden: 1. P a p y r u su rk u n d e n : Viele der Bibliotheken und Museen, welche im Besitz von Papyrusurkunden sind, haben ihre Bestinde ganz oder teilweise veröffentlicht, so das Britische Museum in London, das Queen's College in Oxford, der Louvre in Paris, die Wiener Hofbibliothek, die Kgl Museen in Berlin, das Museum in Kairo. Die erschienenen Sammlungen sind bei LMitteis-UWilcken, QrundzageiuChrestonudhj&fa 1 (1912) XXV f aufge- zahlt (s. auch FrLübkers Realtex. d. klass. AUertums 8 [1914] 764 f). 2. Römisches Recht: Fontes iuris Romani antiqui, ed. COBnins «1893, 1 7 (1909); Cod. Theodosianus (kaiserliche Erlasse von 312 bis Theod. II), ed. ThMommsen und PMMeyer 1905—6; Cod. Justinianus (kais. Constitutiones 529 gesammelt, 534 neu bearbeitet), ed. PKrüger 1873—77; Digesta (533, Sammlung aus alten Juristen mit Oesetzeskraft), ed. Krüger-Mommsen 1866—70. 152. 3. Papstakten und -urkunden: Epistolae Roman, pontificum usque ad Leonem Magnum, ed. PCoustant 1721; (bis 523), ed. A Thiel 1868; Collecüo Avellana (307—553), ed. OOünther 1898; Acta pontificum Roman. 1—3 (bis 1198), ed. JvPflugk-Harttung 1881—88 (nicht immer zuverlassig). — Dazu die Papstregesten, d. h. Auszüge aus den Urkunden mit Angabe von Bibliothekshdmat und Drucken: Phjaffé, Regesta pontificum Roman, (bis 1198) 1851, 21885—88 (ed. SLöwenfeld, FKaltenbrunner, PEwald); APotthast, Regesta pontificum Roman. (1198—1304) 1874; PKehr u. a., Regesta Roman, pontificum 1906 ff. Über französische Veröffentlichungen von Regesten s. AMeister, Grundrifi 1, 2, 177.— Acta Sanctae Sedis 1865 ff, Acta Apostolicae Sedis (offiziell) 1909 ff. 4. Liturgische Sammlungen : JOoar,Euchologion sive RitualeGraecorum, 1647, 2 1730; ERenaudot, Liturgiarum Oriënt, collectio, 2 B., 1716,21847 ; JAAssemani, Codex liturgicus ecclesiae univers^ 13 B., 1749—66; HDenzinger, Ritus Orientalium etc 1863—64; — * ChASwainson, The Greek liturgies chieflyfrom original authorities 1884; * FEBrightman, Liturgies Eastern and western 1 (1896). 5. Konzilienausgaben: Collectio regia, Paris 1644, 37 B.; PhLabbe-QCossart SJ, Paris 1674, 17 B.; JHardouin SJ, Paris 1715, 12 B.; NColeti, Venedig 1728—34, 23 B.; DMMansi, Florenz 1759 ff, 31 B.; Forts. von JBMartin-LPetit 1900 ff. 153. 6. Deutsche Akten und Urkunden: Viele Kaiser- und Königsurkunden sind aufgenommen in die MQh (Diplomata und Leges, s. oben n. 149). Für Kaiserregesten ist das Hauptwerk: JFBöhmer, Regesta... regum et imperatorum Romanorum (911—1313) 1831, spater von Böhmer und Nachfolgern unter dem Titel Regesta imperii bis in das 14. Jahrhundert fortgesetzt — Chroniken der deutschen Stadte (1862 ff) und Deutsche Reichslagsakten (1867 ff) von der „Hist. Kommission bei der k. bayr. Akad. der Wiss."; Phjaffé, Bibliotheca rerum Germanicarum, 6 B., 1864—73; Fontes rerum Austriacarum 1855 ff. 154. 8. inschriften i Die erste nach den neuen kritischen Grundsatzen bearbeitete Sammlung ist das von ABöckh begonnene Corpus inscriptionum Graecarum (C/G) und das nach dessen Vorbild von FrRitschl und ThMommsen uuternommene Corpus inscr. Latinarum (CIL). Durch diese Unternehmungen sind die alten Sammlungen überholt und die neueren Sammlungen, welche jene erganzen, angeregt und befruchtet worden. Das Anordnungsprinzip der Berliner Sammlungen ist das topographische (nach Fundort); in den letzten Jahrzehnten sind den Banden treffliche Karten und Register beigegeben worden; als ein Hauptgrundsatz gilt die Autopsie der Inschriften. CIQ, auctoritate et impensis Aead. litt. reg. Borussicae, ed. ABockh, 4 B., 1825—77; Inscriptienes Oraecae (spater CIG), ed. consilio et auctor. Acad. litt. reg. Bor. 1873 ff; C1L, consilio et auct. Acad. litt. reg. Bor. ed. 1863 ff Corpus inscriptionum Semiticarum, Paris 1881 ff. — Das Wiener Corpus der kleinasiatischen Inschriften: Tituli Aslae minoris 1901 ff. — JLaurent-FCumont bereiten ein Corpus inscriptionum Graecarum christ. vor. Für Rom hat noch immer Wert JBdeRossi, Inscriptiones christianae urbh Rpmae 1861, Suppl. 1 von OOatti 1915. 155.. 9. Münzen t JEckhel, Doctrina nummorum veterum, 8B., 1792—8 (9. B. 1829); ThMionnet, Description de médailles antiques Qrecques et Romaines, 7B.f 1806—8, Suppl. 9 B., 1819—37; HCohen, Description hist. de monnaies f rappees sous F empire Romain, 8 B., 2 1880—92; BVHead, Historia numorum 21911. — Weitere Lit. s. Triennium philolog. 1,267 ff. 156. In den e i n z e 1 n e n L a n d e r n genen viele Quellenpublikationen von den gröBeren gelehrten Oesellschaften und Akademien aus, z. B. in Deutschland von den bereits erwahnten, in Österreich besonders von der Wiener Akademie der Wissenschaften, vom Institut für österreichische Geschichtsforschung, in England von der Rolls Commission, der Record Commission, der Camden Society, in Frankreich von der Académie des inscripüons et belles lettres, der Société de l'histoire de France usw. In Rom waren verschiedene nationale Institute tatig: das Preufiische hist. Institut. die Ecole francaise de Rome, das Istituto Austriaco di studii storici, das Institut der Oörresgesellschaft usw. § 2. Quellenverzeichnisse. 157. 1. Verzeichnisse als eigene Werke i APotthast," Bibliotheca historica medii aevi (bis 1500)2 1896; UChevalier, Répertoire des sources historiques du moyen-dge: 1. Bio-Bibliographie2 1905 f, 2. Topo-Bibliographie 1894—1903; FCDahlmann-GWaitz, Quellenkunde der deutschen Oeschichte* (besorgt von PHerre) 1912; PHerre, Qaellenkande zur Weltgeschichte 1910; AMolinier, Les sources de Fhistoire de France 1 (bis 1494) 1902—4; ChVLanglois, Manuel de bibliographie historique2 1901—4. Für die altklassische Literatur im besondern: WEngelmahnEPreuB, Bibliotheca scriptorum class. (Liter, von 1700—1878)8 1880— 82; Forts. von RKluBmann (Liter, von 1878—96) 1 (1909). Über die handschriftlichen Quellen im besondern orientieren die alteren Verzeichnisse von BdeMonfaucon, Bibliotheca bibliothecarum manuscriptorum nova (1739) und OHanel, Catalogi librorum mss, qui in bibliqthecis Galliae, Hetvetiae, Betgü, Britanniae, Hispaniae, Lusitaniae adservaniur (lS3Q), sodann die Kataloge der einzelnen Bibliotheken und zahlreiche in_ Zeitschnften zerstreut erschienene Verzeichnisse und Notizen; die Aufzahlung der Kataloge, Verzeichnisse und Notizen s. bei Weinberger und BlaB (oben n. 137) und VOardthausen, Sammlungen und Katalogegriechischer Handschriften (1903) und in den n. 137 erwahnten Zeitschriften und periodischen Sammelwerken. 158. 2. Bearbeitungen der Quellen ■ CWachsmuth, Einleitung Ül das Studium der alten Geschichte 1895; ASchüfer-HNissen, Abrifi der Quellenkunde der griechischen und römischen Geschichte l4 (1889), 22 (1885); HPeter, Die geschichtl. Lit. über die röm. Kaiserzeit bis Theodosius I. u. ihre Quellen 1897; ders., Wahrheit u. Kunst, Oeschichtschreibung und Plagiat im klass. Altertum 1911; WWattenbach, Deutschlands Oeschichtsquellen im MA bis zur Mitte des 13. Jahrh. 17 (Dümmler-Traube) 1904, 2° (1894); OLorenz, Deutschlands GeschichtsqueUen im MA seit der Mitte des 13. Jahrh., 2 B., 1886-7; HVildhaut, Handbach der Quellenkunde zur deutschen Gesch. I2 (1906), 22 (1908); KJacob, Quellenkunde der deutschen Gesch. im MA 21917. 159. 3. verzeichnisse in gröBeren Werken; Viele Verzeichnisse finden sich auch in den Li t era t u rgeschichten und in den O e schicht swerken der Neuzeit, z. B. bei EMeyer, Gesch. des AUertums 1884—1902,13 (1910); HFHelmolt, Weltgeschichte 1899—1907; ASdiöpfer,Geseft.4#É7i Testamentes* 1906; •RKiftel, Qesch. des Volkes Israël 1» (1916), I3 (1917); PJFelten, New testam. Zeitgesch. 1910; * ESchfirer, Gesch, des jüdhcken Volkes im Zeitalter Jesu Chrisa* 1901—9; ferner in Sammelwerken, wie in (IvMüller) Handbach der klass. Altertumswissenschaft 1892 ff, (AOercke-ENorden) Einleitung in die Altertumswissenschaft21912—14, (AMeister) Grundrifi der Qeschichtswissenschaft 1906 ff, (PHinneberg) Dit Kultur der Gegennwrl905 ff, (OvBelow-FMeinecke) Handbach der mittelalterl. u. neuern Gesch. 1903 ff, ferner in den kleinen Sammlungen von Göschen, Weber, Kösel u. a. und in den unten n. 165 ff erwahnten Werken der Hilfswissenschaften. Für die Verzeichnisse der deutschen mündlichen Tradition (Sagen, Sprichwörter, Lieder) im besondern s. HPaul's Grundrifi der german, Philologie 22, 1224ff (Sage), 1261 ff (Sprichwörter) und KOoedeke, Grundrifi zurGesch, der deutschen Dichtung2 1, 278 ff, 287ff. 3, 27 f. § 3. Sonstige bibliographische Hilfsmittel. 160. I. Enzyklopadische Werke der Neuzeit: 1. Fachlexika: HJ Wetzer-BWelte, Kirthenlexikon 2(von JvHergenröther-FrKaulen) 1882—1903; AVacantEMangenot, Dictionnaire de théologie cath. 1903; ABaudrillart etc, Dictionnaire d'histoire et de géographie eccles. 1912; MBuchberger, Kirchl. Handlexikon 1907 ff; 'JHerzog, Realenzyklopadie f. prot. Theologie* (von AHauck) 1896 ff; FVigouroux, Dictionnaire de la Bible 1895 ff; "JHastings, A Dictionary of the Bible 1898 ff; "TKCheyne, Encyclopaedia biblica 1899 ff. — APauly, Real-Encyklopadie der klass. Altertumswissenschaft, 2 (OWissowa) 1894 ff; Staatslexikon der Qörresgesellschaft 21900—05; FvHoltzendorff, Enzyklopadie der Rechtswissenschaft, 6(JKohler) 1904; JHoops, Reallexikon der german. Altertumskunde 1911 ff. 2. Allgemeine Lexika: JSErsch u. JGGruber, Allgemeine Enzyklopadie der Wissenschaften u. Künste, 170 B., 1818—90 (nicht vollstindig). — Ene Konversationslexika von Brockhaus, Meyer, Herder. Pierer, Larousse, The catholic encyclopedia, Tke_encyclopaedia Britannica, The Jewish encydopedia. Verzeichnisse der Überreste und der Denkmaler im engern Sinne finden sich in den Museumskatalogen, in den Werken der Archaologie (s. unten n. 169) und der anderen betreffenden Hilfswissenschaften. 161. 2. BficheriexTkat ChOKavser, Vollst&ndiges Bücherlexikon (von 1750 an) 1834 ff; WHeinsius, AUgemeines Bücherlexikon (von 1700—1892) 1812—94; JCHinrichs Unternehmungen: Halbjahrskataloo- (seit 1798), Wöchentliches Verzeichnis (seit 1842), Vierteljahrskatalog (seit 1846), Fünjffahriger Katalog (seit 1851); Brockhaus, Allgemeine Bibliographie (seit 1855). Fur anonyme und pseudonyme Werke: MHolzmann uHBohatta, Deutsches Pseudonymenlexikon (1906) und Deutsches Anonymenlexikon 1902 f; andere Lexika s. bei LFonck, Wissenschaftl. Arbeiten 2 (1916) 339 ff. Für Inkunablen s. oben n. 133. 162. 3. Zdtschriften ■ Historische Zeitschrift 1859 ff, Historische Viertelsja.hrschrift (1889) 1898 ff, Hist. Jahrbuch der Oörresgesellschaft 1880 ff, Revue historique 1876 ff, Revuedes questions hist. 1866 ff, Revue d'histoire eccl. 1900 ff (Löwen), Revue de synthese historique 1900 ff, Bibliothèque de VEcole des chartes 1839 ff, Zentralblatt für Bibliothekswesen 1884 ff. Zeitschriften mit bibliographischen Angaben: auBer den genannten bieten solche Angaben besonders: Jahresberichte der Geschichtswissenschaft 1878 ff, Literarisches Zentralblatt 1851 ff, Deutsche Literaturzeitung 1880 ff, Literarische Rundschau 1881 ff, Literarischer Handweiser 1862 ff, Polybiblion 1868 ff, ferner Fachzeitschriften wie Theologische RevueWXl ff, * Theol.Jahresbericht 1881 ff, Byzantinische Zeitschrift 1892 ff, Neues Archiv furaltere deutsche Oeschichtskunde 1876 ff usw. Ober Zeitschriften aufsatze, Abhandlungen, Oesells c h a f t s schriften unterrichten FKoner, Repertorium (von 1800—50) 1852—6; FDieterich, Bibliographie der deutschen Zatschriften-Literatur 1897 ff (seit 1911 auch der fremdsprachlichen). § 4. Biographische Hilfsmittel (Personalnachweise). 163. ChOJöcher, Allgemeines Gelehrtenlexikon, 4 B., 1750—51, Forts. von JChAdelung, HWRotermund, OOünther, 7 B., 1784—1897; Allgemeine deutsche Biographie 1875 ff; JMichaud, Biographie universeüe ancienne et moderne 1811 ff, 21842—65; JFHöfer, Nouvelle biographie générale 1857 ff; OVaperau, Dictionnaire universel des contemporains °1895; WSmith-HWace, Dictionary of christian biography 1895—1902 (Altertum) ; HHurter, Nomenclatorliterarius theologiaecath.3 1903 ff. — Für die Hiërarchi e: MLeQuien, Orienschristianus 1740; BOams, Series episcoporum ecclesiae cath- 1873 (79. 86); KEubel, Hierarchia catholica medii aevi 1898 ff. Verzeichnisse 1 e b e n d e r Schriftsteller: (JKfirschner) Deutscher Literaturkalender (seit 1878); (HKeiter) Kath. Literaturkalender (seit 1891); (HALDegener) Wer ists? (seit 1905), Who's who? (seit 1848), Who's who in America? (seit 1899); andere Personalnachweise s. bei Bernheim 311. 164. Weitere Literatur fiber die Quellen s. bei Bernheim 271 ff, Fonck, Wissenschaftl. Arbeaen2 329 ff, ffir Kir ch en geschichte im besondern s. Cde Smedt, Introductio generalis ad hist. eccl. (1876) 65 ff, JNirschl, Propadeutik der Kirchengesch, (1888) 21 ff, BAlbers, Manuale di propedeutica storica (1909) 19 ff, KKirch, Leitfaden der Kirchengesch. (o. J.) 3 ff. NB. Auskunft fiber die Bibliothekszugehörigkeit seltener Bücher erteilt das Auskunftsbüro der deutschen Bibliotheken (Berlin NW 7, Unter den Linden 38). Anhang. Literatur zur Einffihrung in die Hilfswissenschaften. 165. 1. Philologie: Die Sammelwerke von IvMfiiler, Oercke-Norden (oben n. 158); APauIy-GWissowa, Realencyklopddie der klass. Altertumswissenschaft2 1894 ff; ttP&vA, Grundrifi dergerman. Philologie2 1896 ff; GOröber, Grundrifi der roman, Philologie 1888 ff; BMaurenbrecher-RWagner, Grundziige der klass. Philologie (= Freunds Triennium philolog.3 1906 ff; LTraube, Ein&itungin dielatein. Philologie des MA 1911. Weitere Lit. s.Philolog. Methodik 1. Philologische Methodenlehre: ABöckh, Encyklopadieu. Methodologie der philolog. Wissenschaften, hsg von EBratuscheck 1877,2 von RKluBmann 1886; Olmmisch, Wie studiert man klass. Philologie? 1909; OStahlin, Editionstechnik 1909; Regulativ für die Anlage der Ausgaben des Corpus script eccles. Latin. 1901; Grundsatze für die Herausgabe des Corpus catholicorum 1913. Weitere Literatur s. Philolog. Methodik 67. 95. 2. Sprachkunde: HPaul, Prinzipien der Sprachgeschichte41909; KBrugmann-BDelbrück, Grundrifi der vergleichenden Gram.rn.atik der indogermanischen Sprachen 1880 ff; die ebengenannten Samme!werke von HPaul, Göröber. Weitere Literatur, besonders auch über die griechischen und lateinischen Lexika s. Philolog. Methodik 6. 8. 15. 166. 3. Palaographie: BdeMontfaucon, Palaeographia Graeca 1718; W Wattenbach, Einleitung zur griech. Palaographie 1867, 3 1895; VOardthausen, Griech. Palaographie 1879, 21911—3; WWattenbach, Anleitungzur latein. Palaographie 1869,4 1886; ders., Das Schriftwesen in MA 1871, 3 1896; MProu, Manuel de pal. latineet francaise 1890, 31909; EMThompson, Handbook of greek and latin palaeography 1894; CPaoli-KLohmeyer, Grundrifi zu Vorlesungen über latein. Palaographie u. Urkundenlehre31900; BBretholz, Latein. Palaographie 1906, 21912; LTraube, Vorlesungen u. Abhandlungen 1 (1909), 2 (1911); ders., Nomina soera 1907. — Tafelwerke von Thompson, MProu, AChroust, W Arndt-MTangl, FSteffens, MIhm, SGdeVries, JLietzmann, HOmont. — Lexika für Abkürzungen: JL Wal ter, Lexicon diplomaticum 1745. 1756; ACappelli, Lexicon abbreviaturarum 1901; GZereteli, Griech. Abkürzungen (russ.) 21904.— Altes Buchwesen: ThBirt, Das antike Buchwesen 1882; WSchubart, Das Buch bei den Griechen a. Römern 1907; KDziatzko, Ausgewahlte Kapitel aus dem antiken Buchwesen 1900; VGardthausen, Das Buchwesen im Altertum u. im byzantin. Mittelalter2 1911. 4. Urkundenlehre (Diplomatik); JMabillon, De re diplomatica I. VI 1681, 2 1709, Suppl. 1704; (Toustain et Tassin) Nouveau traitédediplomatique, 6 B. 1750—65; HBreSlau, Handbach der Urkundenlehre f. Deutschland u, Italien 1 (1889,2 1912); FLeist, Urkundenlehre 1882; RThommen, LSchmitzKallenberg, HSteinacker in Meisters Grundrifi 1; WErben, ORedlich im Handbach der mittelalterl. u. neuern Gesch. von GvBelow-FMeinecke 1907. 1911; AGiry, Manuel de diplomatique 1894.— Zeitschriften: Bibliothèque de P Ecole des chartes 1839 ff; Mitteilungen des Instituts für österr. Geschichtsforschung 1880 ff; Archiv f. Urkundenlehre 1907 ff. 167. 5. Epigraphik: RCagnat. Cours d'épigraphie latine 1914; EHübner, Röm. Epigraphik in Müllers Handbuch l2 (1892); WLarfeld, Handbuch der griech. Epigraphik 1902—7; ders., Griech, Epigraphik in Müllers Handbuch 1,53 (1914); CMKaufman, Handbuch der altchristl. Epigraphik 1914; EdeRuggiero, Dizionario epigrafico di antichita Romane 1886 ff. 6. Münzkunde: HDannenberg, Grundzüge der Münzkunde2 1898; HHalke, Einleitung in das Studium der Numismatik3 1905; ders., Handwörterbuch der Münzkunde u. ihrer Hilfswissenschaften 1900. 168. 7. Siegel- u. Wappenkunde: HGrotefend, Über Sphragistik 1875; Thllgen, Sphragistik in Meisters Grundrifi 1, 2 (1906); EvSacken, Heraldik 6 1899; EGntzner, Heraldik in Meisters Grundrifi 1,2; AvKeller, Leitfaden der Heraldik 1892. 8. Genealogie: OLorenz, Lehrbuch der gesamten wissenschaftl. Genealogie 1898; OForst-Battaglia, Genealogie in Meisters Grundrifi 1,4a (1913). 169. 9. Archaologie; FXKortleitner, Archaeologia biblica 1917; MHagen, Realia biblica geogr., nat.,archaeol. 1914; * WNowack, Lehrbuch der hebr. Archéologie 1894; *JBenzinger, Hebr. Archaologie2 1907; GMaspéro, Arch. Egyptienne 1887 (deutsch von GSteindorff 1890); KSittl in Müllers Handbuch 6 (1895); FXKraus, Realencyklopadie der christl. Altertümer, 2 B., 1882—6; OMarruchi, Eléments d'arch. chr.2 1900—3; CMKaufmann, Handbuch der christl. Archaologie2 1913; CCabrol, Dictionnaire d'arch. chr. et de liturgie 1903 ff; FKHermann (HBlümner-WDittenberger), Lehrbuch der griech. Antiquiteiten 1882—95; JMarquardt-ThMommsen, Handbuch der röm. Altertümer 1—33 (1887), 4—62 (1881—5), 7 2 (1886). 170. 10. Chronologie: FRühl, Chronologie des MA u. der Neuzeit 1897; OFUnger, Zeitrechnung der Griechen u. Romer in Müllers Handbuch 12 (1892); KFOinzel Handbuch der mathemat. u. technischen Chronologie, 2 B., 1906—14 ; HOrotefend, Chronologie des deutschen MA u. der Neuzeit 1891—8; ders. in Meisters Grundrifi 1 (1°°6); BMLersch, Einleitung in die Chronologie2 1899. 171. 11. Oeographie: HWagner, Geographisches Handbuch* 1909; AForbiger, Handbuch der alten Geographie 1—2 (1842—4), 32 (1877); HKiepert, Lehrbuch der alten Geographie 1878; ERecIus, Nouvelle géographie universelle 1887 ff; EAFreeman-IBBury, The historica! geography of Europe 1903. — Historische Karten von HKiepert, WSieglin, KvSpruner-ThMenke, FWPutzger, ODroysen. — Topographische Lexika: KRitter, JOThOraesse, CBöttcher, UChevalier, HOsterley. Historische Kultur geographie: KKretschmer, Hist. Geographie von Mittdeuropa 1904; EOberhummer, Die SteUung der Geographie zu den hist. Wissenschaften 1904; RKötschke, Quellen u. Grundbegriffe der hist. Geographie usw in Meisters Grundrifi 1,2 (1906); FrRatzel, Anthropogeographie 1882— 91, 31909. Kirchliche Geographie u. Statistik: * lEThWiltsch, Handbuch der kirchl. Geographie u. Statistik 1846; HAKrose, Kirchliches Handbuch 1908 ff. Altere Literatur bei OWerner, Orbis terrarum cath. (1890) 265 f.—Karten: KStreit, Kathol. Missionsatlas 1906; ders., Atlaskierarchicus 1913; 'KHeussiHMulert, Atlas zur Kirchengesch. 1905; 'Statistica! Atlas of christianmissions 1910. — Dictionnaire d'hisfoire et de géographie eed. 1912 ff. 172. 12. Völkerkunde: JBumMsr, Die Urzdt des Menschen31914; HObermaier, FBirkner u. a., Der Mensch aller Zeiten, 3 B., 1912 ff; HObermaier, Der Mensch der Vorzdt; 1912 FrRatzel, Völkerkunde2 1894—95; OPeschel, Völkerkunde 21897; KWeule, Leafaden der Völkerkunde 1912; die verschiedenen Kulturgcschichten.— Weitere Literatur s. in den Weltgeschichten (z. B. HFHefmolt 1899—1907), bei Weule 149 ff — Zeitschriften: Globus 1862 ff; Zeitschrift für Ethnologie 1869 ff; Archiv für Ethnographie 1888 ff; Anthropos 1906 ff. Quellenkritik. Vorbemerkungen: Einige wichtige logische Beweismittel der historischen Methodik. 173. Die Eigenart der historischen Erkenntnis beeinfluBt in vieler Hinsicht auch die Eigenart der logischen Beweismittel der historischen Forschung, namentlich auf dem Gebiet der Kritik und Synthese Deshalb sei den Ausffihrungen über diese Hauptteile der Methodik eine kurze Untersuchung über einige jener Beweismittel, soweit ihre Anwendung besondere Schwierigkeiten bietet, vorausgeschickt. 174. Das logische Verfahren, mittels dessen wir die weiteren Merkmale, die Ursachen, Wirkungen und andere Beziehungen der historischen Tatsachen auff inden, ist in den Fallen, wo die Zeugnisse über diese Momente schweigen, teils ein eigentliches Beweisverfahren, das sichere Schlüsse vermittelt, teus ein Wakrscheinlichkeitsverfahren, das nur wahrscheinliche Resultate ergibt. Letzterm gehören an die historische Analogie, die historische Hypothese und vitKiA die historische Inuuktion und StatistiL ais deren Vorstufen Analogie und Hypothese gelten. Da in der historischen Betrachtung der AnalogieschluB haufig mit dem strengen, auf dem Satz von der Ursprungseinheit (dem henologisóhen Prinzip) beruhenden SchluBverfahren verwechselt wird, so fugen wir den Ausffihrungen über die Analogie einiges über dieses Verfahren bei. Auf einige andere sichere Beweisverfahren werden wir spater noch ausführlicher zurückkommen, so auf den historischen indirektcn Beweis e silentio, auf den historischen Beweis a priori usw. § 1. Die historische Analogie. 175. Lit.: StvDunin-Borkowski SJ, Vorfragen zur urchristl. Verfassungsgeschichte in Z.f. kath. Theol. 28 (1904) 216 ff. 29 (1905) 28 ff, vgl. 211 ff. ADeneffe SJ, Das henologische Prinzip in Stimmen aus Maria-Laach 83 (1912) 423 ff; COutberlet, Logik u. Erkenntnistheorie4 (1909) 147 ff. 1. Wesen der historischen Analogie. 1. Die historische Analogie (im aktiven Sinne) besteht darin, daB man auf Grund von bereits festgestellten Ahnlichkeiten zweier historischer Objekte auf weitere schlieBt. Man folgert also aus der Übereinstimmung zweier Objekte in einem oder mehreren Merkmalen bzw Beziehungen, daB diese Objekte auch in anderen Merkmalen oder Beziehungen übereinstimmen. Dem eigentlichen AnalogieschluB ist es eigen, daB er von einem Fall auf einen andern folgert und daB das Verfahren nicht von der Vergleichung vieler Objekte abhangig ist 2. Der i nnere Grund für die Berechtigung des Analogieschiusses beruht auf dem Prinzip, daB ein jedes Wesen seinem Sein entsprechende Merkmale oder AuBerungen, also ahnliche Wesen ahnliche Merkmale und AuBerungen haben und daB jede Ursache eine ihr entsprechende Wirkung, also ahnliche Ursachen ahnliche Wirkungen haben und umgekehrt. 176. 3. Der Erkenntnisgrad des historischen Analogieschlusses ist nur der der Wahrscheinlichkeit; denn die SchluBfolgerung leiten wir nicht aus der Natur der ahnlichen Objekte her, sondern nur aus einer gewissen Proportion. Nun können aber Objekte mit ahnlichen Merkmalen in anderen verschieden Sein; ferner können dieselben Wirkungen verschiedene Ursachen haben und umgekehrt. Wenn dies schon für jede Analogie im allgemeinen gilt, um so mehr für'die historische Analogie, deren Gegenstand ja freie Betatigungen der Menschen sind. 177. 4. B e i s p i e 1 e für die Analogie: Aus der Tatsache, daB die römische Priesterschaft einen Qberpriester hatte und Opfer darbrachte, schlieBt man, daB auch andere alte Völker, die eine Priesterschaft hatten, einen Oberpriester bestellten und Opfer darbrachten. Aus dem Umstande, daB eine Person oder ein Personenkomplex mit bestimmtem Charakter und einer gewissen Verkettung von Umstanden so oder so handelte, schlieBt man, daB eine Person oder ein Personenkomplex von ahnlichem Charakter unter ahnlichen Urnstanden ebenso handeln wird. 178. 2. Der Wert der historischen Analogie. Dieser ist ein doppelter: 1. ein didaktischer, insofern die Analogie als Mittel der Veranschaulichung dient. Durch den Vergleich werden unbekannte oder undeutlich erkannte Merkmale oder Beziehungen eines Objektes durch die bekannten Merkmale oder Beziehungen eines andern Objektes verdeutlicht, gleichsam durch das von dort einfallende Licht erhellt. 2. ein heuristischer als Mittel der Forschung: 1) Zunichst führt die Analogie zur Erkenntnis neuerMerkmale oder Beziehungen und es bedeuten oft sowohl die beobachteten Übereinstimmungen als Differenzen ebensoviele neue Momente, um die Natur der Tatsachen besser zu erkennen. 2) Weiterhin führt sie oft zur Aufstellung von neuen Problemen, zur Bildung wichtiger Hypothesen, zur Vervollkommnung von I n dukti onsbeweisen. 3) SchlieBlich führt sie unter Anwendung des henologischeu Prinzips zum SchluB auf ein Abhangigkeitsverhaltnis zweier Objekte. 179. 3. Das SchluSverfahren auf Grund des henologischen Prinzips. Uber dieses Verfahren seien hier einige Worte beigefügt, weil, wie schon bemerkt, in der geschichtlichen Betrachtung oft beim einfachen AnalogieschluB eine irrtümliche Anwendung desselben stattfindet In allgemeiner Form lautet das. Prinzip also: Ahnliche Objekte steken immer in einem urspranghaften Zusammenhange, oder ausführlicher: Wenn zwei Objekte in einem Merkmal übereinstimmen, so stammt inbezug auf dieses Merkmal das eine Objekt vom andern oder dieses von jenem oder beide von einem dritten, dem jenes Merkmal in gleicher oder vorziiglicherer Weise eigen ist. Die Anwendung dieses Prinzips ist, wie im gewöhnlichen Leben, so auch in der geschichtlichen Betrachtung überaus haufig; es wird namlich von uns mit Naturnotwendigkeit angewandt ahnlich wie das Kausalitatsprinzip. Beim henologischen Grundsatz liegt aber die Gefahr einer falschen Anwendung deshalb so nahe, weil man leicht eine oder zwei der drei eben angegebenen Möglichkeiten nicht berücksichtigt. Besonders haufig begegnet uns eine solche falsche Anwendung auf dem Oebiet der vergleichenden Religions-und Rechtsgeschichte und der Völkerkunde. 180. 4. Fehierhafte Anaiogieschifisse. 1. Man folgert bei un wesen tlichen au Beren Ahnlichkeiten auf innere Abhangigkeiten; man zieht aus der Ubereinstimmung in einem Merkmal oder einer Beziehung sichere Schlüsse auf die ubereinstimmung in anderen Merkmalen oder Beziehungen, besonders bei Objekten des Gesellschafts- und Völkerlebens; man setzt zeitlich und sachlich weit auseinander liegende Objekte in Beziehung, man fibertragt z. B. Anschauungen und lnstitutionen von einem Zeitalter auf ein ganz verschiedenes, von einem Oebiet auf ein ganz heterogenes; man geht von der falschen Voraussetzung aus, daB die Entwicklung der Völker oder Staaten einen gleichen Oang genommen hat. 181. 2. Beispiele falscher Analogien: auf rein mechanische Weise übertrug man die physischen Qesetze der Natur auf das Oesellschaftsleben, indem man die Erscheinungen dieses als notwendig resultierende Wirkungen aus den Eigenschaften der einzelnen Komponenten herleiteté (AComte, AQuetelet, JStuart MUL KLamprechi); man übertrug die Merkmale und Gesetze des lebenden Körpers auf den Staat (PvLUienfeld, ASchaffk); man steilte auf Grund von auBerlichen Ahnlichkeiten eine Abhangigkeit zwischen Essenern und Christen (AFGfrörer) oder zwischen dem Amt heidnischer Finanzaufseher (ènioxonoi) und dem christlicher Kirchenobern (EHatch) oder zwischen den religiösen Waschungen griechischer Mysterienreligion und der christlichen Taufe auf; man interpretierte alte Texte nach den Ideen und Gebrauchen unserer Zeit usw. 182. Regein für die historische Analogie. 1. Die historischen Texte oder Tatsachen, die in Beziehung gesetzt werden, sind vorher im einzelnen genau zu anaiysieren. 2. Ein AnalogieschluB darf nie einer sichern Tatsache oder Quelle widersprechen. 3. Um so mehr Wahrscheinlichkeit besitzt der AnalogieschluB, je zahlreicher die Übereinstimmungen in anderen Merkmalen sind. — Über den eigentlichen AnalogieschluB hinaus reichen noch folgende Regeln: 4. Die Aufstellung der Abhangigkeit von Texten oder Tatsachen ist nur dann berechtigt, wenn eine sichere Beziehung, ein greifbarer Zusammenhang nachgewiesen ist. 5. Im besondern ist die Übertragung von Anschauungen und lnstitutionen zu verwerfen, wenn nicht eine direkte Abhangigkeit nachgewiesen ist. 6. Die Abhangigkeit oder Entlehnung ist um so unwahrscheinlicher: 1) je allgemeinerer Natur die betreffenden Objekte sind und je inniger sie mit der menschlichen Natur und deren Gesetzen verwachsen sind, 2) je selbstatiger die menschlichen Urheber der Objekte waren, 3) in je gröBerm Gegensatz die beiden angeblich abhangigen Personen oder Parteien standen, 4) je höher die Kulturentwicklung zur Zeit des zweiten Objektes war, 5) je ausgepragter und individuelier die Zweckstrebigkeit des zweiten Objektes war. § 2. Die historische Hypothese. 183. Lit.: ENaville, La logique de Fhypothèse 1880; deSmedt 238—262; M deMunnyncks, L'hypothèse saentif. in Rev. Néoscolastique 6 (1899) 242—58. 337—51; WWundt, Logik 33 (s. Index); HPoincaré (Fu. LLindemann), Wissenschaft u. Hypothese 21906; vDunin-Borkowski (n. 175) 231—249 (ebd weit. Lit.). i. Wesen der historischen Hypothese. 1. Dieselbe ist eine auf Wahrscheinlichkeitsgründe gestützte vorlfiufige Annahme einer oder mehrerer historischer Tatsachen mit dem Zweck, eine oder mehrere historische Erscheinungen oder eine ganzes System soldier Erscheinungen in ihren (besonders ursachlichen) Beziehungen, die sich dem Nachweis noch entziehen, einwandfrei zu erklaren. Wir unterscheiden eine doppelte Art von Hypothesen. Einfach nennen wir die Hypothese, wenn sie der Erklarung einer einzigen Tatsache dient. Sie heifit zusammengesetzt, wenn sie einen ganzen Komplex anscheinend zusammengehöriger Tatsachen einheitlich zu erfassen und zu erklaren sucht. 184. Werden zur Erklarung von bestimmten Tatsachen mehrere Hypothesen aufgestellt, so nimmt gewöhnlich eine die leitende Stellung ein; gerade bei geschichtlichen Vorgangen ist es wegen der vielseitigen und vervvickelten Verkettung der Tatsachen oft unerlaBÏich, daB man, um die bestimmenden Momente aus der Verbindung herauszulösen, eine leitende Hypothese aufstellt, welcher die übrigen Hilfsvoraussetzungen untergeordnet werden. 185. 2. Damit nun eine Hypothese wissenschaftliches Forschungsmittel sei, muB sie durch wahrscheinliche, auf der Erfahrung oder Analogiè beruhende, Gründe gestützt sein, ferner dem jeweiligen Stand der Forschung entsprechen und endlich die Aussicht haben, durch die weitere Untersuchung mit Sicherheit in allen Teilen bewahrheitet zu werden. Die bewahrheitete Hypothese nennt man Theorie, wahrend andere diesen Namen der zusammengesetzten Hypothese beilegen. 186. 3. Von der Hypothese zu unterscheiden ist die Konjektur. Unter ihr verstehen wir eine irgendwie begründete, gleichsam divinatorische Vorwegnahme einer Tatsache, die aber zugleich mit einem starken Schwanken des Verstandes verbanden ist Sie ist sozusagen die erste Phase der Hypothese. Zu dieser wird sie dadurch, daB man sie mit allen bezüglichen Tatsachen in Ubereinstimmung findet, ohne daB sie aber die einzig mögliche Erklarung der in Frage stehenden Tatsachen bietet. Haufig wird die Konjektur auch Vermutung genannt. Doch schlieBt dieses Wort mehr den Begriff einer spontan und willkürlich sich vollziehenden und nicht reflex begründeten Vorwegnahme einer Tatsache in sich. 187. 4. Konjektur wie Hypothese sind beide in der Natur des menschlichen Geistesbegründet. Sie entspringen namlich dem philosophischen Bedürfnis des Verstandes, der die Beziehungen, vor allem die Gründe der Erscheinungen erforschen will und, wenn er diese Gründe nicht mit Sicherheit erkennt, wenigstens eine wahrscheinliche Erkenntnis derselben und Wege zu einer sichern Erkenntnis sucht. Solche Wege weisen aber dem Geist die Konjektur und Hypothese. Ihr logischer Wert beruht ja namentlich auf dem Prinzip, daB jede Ursache eine entsprechende Wirkung und jede Wirkung eine entsprechende Ursache hat. 188. 5. Be is piel e für Konjekturen: die noch nicht begründete Annahme, daB von zwei Urkunden, die einander widersprechen, die eine gefalscht ist, oder daB in einem verderbten Text dieser oder jener grammatische bzw logische Sinn zugrunde zu legen isi — Beispiele ffir Hypothesen: Ein Forscher rekonstruiert im Oeiste den Tnhalt eines Werkes, von dem er wenige Überreste auf alten Pergamentblattern fand. — Eine Meeresströmung führte Columbus fremdartige Pflanzen und Tierleichen, kunstvoll geschnitzte Hölzer herbei; in seinem Oeiste entwarf er ein Bild des Landes, das er bald entdecken sollte. — In der Sprachwissenschaft huldigen viele der sogenannten Aggiutinationstheorie, die aus zwei Hypothesen besteht, namlich aus der Annahme einsilbiger Wurzeln und aus der Voraussetzung, dar) die Personalendungen des Verbs angehangte Pronomina sind. — Zusammengesetzte Hypothese: Das Schwanken der O e t r e i d e preise kann durch mannigfache Umstande bedingt werden. Welche im Einzelfall den bestimmenden EinfluB ausgefibt haben, lafit sich — wenn die Ursachen nicht klar zutage treten — oft nur durch verschiedene gleichzeitig aufgestellte Hypothesen erweisen, welche wieder auf zwei leitende Hypothesen zurückgefuhrt werden können. Das Schwanken wird namlich bedingt durch die Wertanderung des Zahlungsmittels, z. B. des Qoldes, oder durch die Wertanderung der Ware. Beide Momente selbst können aber wieder durch verschiedene Fakta bestimmt sein, deren Existenz an sich denselben Orad der Möglichkeit hat. Die Wertanderung des Ooides hangt z. B. ab von der Menge des vorhandenen Qoldes, von der Nachtrage nach Ooldmaterial, von dem Stand des Kreditverkehrs und der übrigen Wahrungsmittel. Die Wertveranderung des Oetreides aber hangt z. B. ab von der Produktion und ihren Mitteln, von Einfuhr und Ausfuhr, von Handelsvertragen, von Nachtrage, von der Volkszahl. 189. 6. GemaB ihrer Natur bieten Konjektur und Hypothese für gewöhnlich nur eine Wahrscheinlichkeit, eine geringere oder gröBere nach der Zahl und Beschafferiheit der erklarten Erscheinungen. Viele, vieileicht die meisten Hypothesen verschwinden darum wieder. Sie sind wie ein Werkzeug; ist es nicht mehr brauchbar, so wirft man es fort Aus dem Wesen der Hypothese folgt ferner, daB sie nicht Forschungsergebnis, sondern Forschungsmi11e 1 ist. Sie ist nicht die strenge SchluBfolgerung eines Syllogismus, dessen eine Pramisse etwa das in Frage stenende Faktum ist Sie ist vielmehr das Erzeugnis eines intuitiven Oeistes, der die Wahrheit mit Zuhilfenahme der konstruktiven Phantasie erschaut, indem diese Zusammenhange aufbaut, die der Oeist mit den vorhandenen Forschungsmitteln nicht streng erschlieBen kann. Je gröBer deshalb die Intuitionsgabe eines Menschen ist, desto begabter wird er ffir das Aufstellen von guten Hypothesen sein. 190. 2. Der wert der historische Hyphothese. Der Wert ist vor allem ein heuristischer, und dies in doppelter Hinsicht Jede Hypothese gibt AnlaB zu einem syllogistischen Verfahren, das die Hypothese entweder bewahrheitet und so eine sichere Erkenntnis bietet, oder das sie widerlegt und neue bessere Hypothesen vorbereitet Und so ist die Hypothese in der Tat eines der wichtigsten Mittel des Forschrittes auf dem Gebiet der geschichtlichen Forschung, indem sie entweder zu einer sichern Erkenntnis führt oder der Forschung neue Wege weist Ein sehr anschauliches Beispiel ffir eine geistreiche, aber falsche und doch ffir die Wissenschaft so fruchtbare Hypothese ist die Theorie, die JBdeRossi fiber die als collegia tenuiorum staatlich anerkannten christlichen Oememden der Verfolgungszeit aufstellte (La Roma sotterranea 1 [1864] 101— 108. 208—210). Uber ahnliche Hypothesen HSchü'emanns s. unten n. 247. 191. 3. Fehlerhafte Hypothesen. In den letzten Jahrzehnten hat in der Oe- schichtschreihung eine Hypothesenmachem fiberwuchert, die zu den gröBten methodischen Fehlern geführt hat. Man übertrug namlich die naturwissenschaftlichen Ziele und Methoden auf die geschichtliche Forschung und übersah, daB das direkte Ziel der letzteren nicht die Auffindung von allgemeinen Qesetzen, sondern die ErkennÖlis der einzelnen Tatsachen und Tatsachenkomplexe in ihrem kausalen Zusammenhange ist. Man übersah ferner, daB in den Naturwissenschaften vielfach oder meist das Oesetz der Einfachheit die Entwicklung und Bewegung der Körper regelt, wahrend bei den geschichtlichen Erscheinungen dieses Oesetz nur in beschrankter Weise sich bemerkbar macht und daB deshalb jede Erscheinung und jede Phase für sich der Forschung unterworfen werden muB. Ein anderer Grund für viele fehlerhafte Hypothesen der Neuzeit lag in der Anwendung des Zirkelschlusses, der nach dem Vorgange von FChrBaur offen von ARitschl (Die Entstehung der altkatholiscken Kirche1 [18571 1) empfohlen wurde, da es nicht zu umgehen sei, dafi die Qesamtanschauung der Periode, welche erst hypothetisch aus der Analyse der einzelnen Schriften hervorgehen soll, vidmehr schon als Basis der Untersuchung derselben sichgeltend macht. . Ein weiterer Fehler wird sehr haufig dadurch begangen, daB nicht genügend begründeten Hypothesen bei der Forschung eine sichere Beweiskraft eingeraumt wird, die sich zuweilen auf weite Forschungsgebiete erstreckt, wie es z. B. bei manchen Hypothesen über die Entstehung und den innern Gehalt von Mythen der Fall ist. 192. 4. Regeln für die historische Hypothese. 1. Man stelle eine Hypothese nie ohne genaue Einsicht in das zugangliche Forschungsmaterial auf. 2. Man stelle keine Hypothese ohne Wahrscheinlichkeitsgründe auf; diese Gründe sind genau zu bewerten und gegen die Gründe der Gegenannahme genau abzuwagen. 3. Widerspricht eine Hypothese auch nur einer sichern tatsache oder Quelle, so ist sie preiszugeben. 4. Man strebe danach, die Hypothese stets durch neue Gründe zu stützen und, wenn möglich, zur Sicherheit zu erheben. 5. Nie fehle der Hypothese die zentrale Einheit, auf die alle Elemente der in Frage stehenden Tatsachenreihe bezogen werden können. 6. Je vielseitiger und verwickelter die Tatsachenkomplexe sind, desto gröBere Vorsicht Ist bei der Handhabung der Hypothesen geboten. 7. Stehen sich mehrere, besonders latende Hypothesen, gegenüber und ist keine als direkt unhaltbar zu erweisen, so muB versucht werden, einen Ausgleich zwischen ihnen herzusteilen; es wird dann zuweilen, wie z. B. bei den Hypothesen über die Verfassungsentwicklungen des Mittelalters und der Neuzeit, der Fall eintreten, daB jede eine gewisse partielle Geltung erhalt. 8. Sehr groBe Vorsicht erheischen alle Hypothesen, die über die unbekannten Wirkungen einer historischen Tatsache aufgestellt werden, weil eine freie Ursache eben sehr verschiedene Wirkungen haben kann. § 3. Historische Induktion nnd Statistik. 193. Lit.: ACastelein SJ, La méthode des scienceshistoriques (1901)83 sqq; JGeyser, Qrundlagen der Logik und Erkenntnislehre (1909) 362 ff; ChSigwart, Lonk 2* (1911) 418 ff; ASteuer, Lehrbuch der Philosophie 1 (1907) 110 ff; GMayr, Die Oesetzmdfiigkeit im Gesellschaftsleben (1877) 10 ff; ders., Statistik der QeseUschaftslehre 12 (1914); CGutberlet, DU Wülensfreiheit und ihre Qegner* (1907) 41 ff; HPesch SJ, Lehrbuch der Nationalökonomie 12 (1914). 1. Wesen und Voraussetzung der historischen Induktion (hist. Gesetze). 1. Das letzte Ziel jeder Induktion ist die Aufsteliung allgemeiner Qesetze, um aus ihnen mittels des deduktiven Verfahrens Rückschlüsse auf die Eigenschaften und Betatigungen von individuellen Objekten zu folgern. Da nun geschichtliche Gesetze im Sinne einer auf physisch unabanderVenen Betatigungsweisen beruhenden Regelmafiigkeit nicht möglich sind, so kann es auch eine strenge historische Induktion nach Art der Induktion auf physischem Gebiete nicht geben. Geschichtliche Gesetze im besagten Sinne sind aber deshalb nicht möglich, weil der nichste Gegenstand der Geschichte nicht allgemeine Begriffe oder Urteile, sondern durch frei en WillensentschluB bedingte Objekte in ihrer Sonderheit sind, die als solche nur einmalig sind und nicht wiederkehren. Deshalb ist auch die naturalistische und evolutionistische Geschichtsauffassung eines HThBuckle, eines AComte, eines FrvHeUwahL eines KLamprecht u. a., welche die geschichtlichen Erscheinungen nach Art der Objekte der Körperwelt betrachten und dieselben aus allgemeinen Gesetzen mehr oder weniger unmittelbar ableiten, entschieden abzulehnen. 194. 2. Qleichwohl können wir von historischen Qesetzen in einem weitern Sinne reden, insofern wir darunter die RegelmlBigkeiten verstehen, welche die geschichtlichen Betatigungen unter gewissen Umstanden aufweisen. Der eigentliche Trager der geschichtlichen Erscheinungen ist zwar der freie menschliche Wille. Doch ist diese Freiheit von auBen und innen vielfach beschrankt; der Mensch ist namlich in seinen Betatigungen nicht nur von der auBern Natur und deren Bedingungen, sondern auch von seinen inneren Anlagen und Trieben abhangig. Deshalb erscheint uns auch das historische Geschehen zum groBen Teil als die Resultante aus den Wirkungen verschiedener Faktoren, die selbst nach den ihnen eigenttimlichen Gesetzen wirken und unter deren EinfluB auch der Wille in seinen Betatigungen eine gewisse RegelmaBigkeit zeigt Andrerseits kann wegen der Willensfreiheit diese RegelmaBigkeit des historischen Geschehens nur eine relative sein. Alle Individuen können eine Ausnahme bilden und zuweilen durchbricht das Individuelle sogar derart den gewohnten Lauf der Entwicklung, daB es mit seiner Sonderart sich an die Spitze der Bewegung stellt lm Grunde sind also alle historischen Gesetze Betdtigungsgesetze des f reien Willens, weil eben die genannten Faktoren im geschichtlichen Geschehen ihre Wirkungen erst durch das Mittel der psychischen Kausalitat ausüben, d. h. weil sie erst zu Motiven der Betatigungen werden oder die eigentlichen Motive beeinfluBen mussen. Deshalb ist auch jede historische Induktion zum guten Teil eine psychologische Induktion. Da die historischen Qesetze sich in regelmaBigem Handeln (mores) auBern, heiBen sie auch vielfach moralische Gesetze. Historische Qesetze, deren Regelmafiigkeit, nicht aber Kausalitat uns bekannt ist, nennen wir empirische historische Gesetze. Durchaus zu verwerfen ist die Bezeichnung historische Gesetze für Urteile, die nur eine allgemeine Formel geschichtlicher Erscheinungen darstellen ohne erfahrungsgemaB festgestellte Regelmafiigkeit und ohne jedweden kausalen Zusammenhang, wie es z. B. die sog. Entwicklungsgesetze eines AComte oder KLamprecht sind. Feder, Hist Methodik. 5 195. 3. Die historischen Gesetze teilen wir nach verschiedener Rücksicht ein: 1) nach der Beziehung zu den den Willen beeinfluBenden Faktoren: a. in historische Gesetze mit Beziehung zur auBern Natur, wie zum Raum (z. B. Oberflache der Erde, Kusten, Binnenland), zur Zeit (z. B. Jahreszeiten), zu Witterung und Klima, zur auBern vernunftlosen Lebewelt; diese Faktoren regeln nümlich vielfach in gleichmaBiger Weise des Menschen Lebensbedingungen: b. in historische Gesetze mit Beziehung zur me'nschlichen Natur, und zwar a) zu den Faktoren des vegetativen Lebens (z. B. Ernahrung, Wachstum, Absterben); b) zu den Faktoren des sinnlich- ^ geistigen Lebens (Erkennen, Wollen, Begehte", Leidenschaften, viele Triebe, Sittengesetz). c. in historische Gesetze mit Beziehung zum kulturellen (wirtschaftlichen, sozialen, geistigen, sittlich-religiösen, politischen) Leben; die Faktoren des letztern sind vielfach eine Kombination der in den zwei Nummern a und b genannten Faktoren. 196. Beispiele historischer Qesetze: 1) mit Beziehungzur auBern Natur: Die Jahreszeiten bedingen die Auswahl der Nahrung und Kleidung; die Bodengestalt bedingt die Art der Wohnung; Bewohner des Nordens besitzen gröBere Arbeitskraft, als die der Tropen; ein zentraler Staat ist einfluBreich, wenn er stark ist, aber sehr gefahrdet, wenn er schwach ist. — 2) mit Beziehung zur menschlichen Natur: Hunger oder Hitze schwachen die Widerstandskraft eines Heeres; die Qeistesanlagen wirken entscheidend auf die Berufswahl; alle Menschen streben nach wissen, besonders wenn es mühelos zu erreichen ist oder groBen Nutzen einbringt; eine schwierige Handlung wird nicht übernommen ohne Aussicht auf Erlangung eines entsprechenden Outes; ein streng gebietendes staattiches Oesetz (Schulzwang) erwetst sich als sehr wirksam. — 3) mit Beziehung zum kulturellen Leben: ÜberfluB an Produktion mindert den Lohnsatz; Ausbildung der Verkehrsmittel hebt den Oüterumlauf; Fortschritt der Wissenschaft fördert den Fortschritt der Sprache; ernste Pflege des sittlich-religiösen Lebens erhaït unter den Menschen und Vólkern die Eintracht; hierhin gehören auch manche RegelmaBigkeiten, die auf konventionellem Herkommen (Verkehrsformen) beruhen oder auf Oewohnheit und Mode oder auf irgendwie geschichtlich gewordenen Verhaltnissen, wie z. B. auf gewissen Oepflogenheiten in Geld- und Verkehrswirtschaft. 197. 2) nach der Einheit oder V i e 1 h e i t der sich betStigenden Subjekte: in Gesetze der Individuen und in solche der Massen. Die ersteren unterrichten uns über die regelmaBige Betatigungsweise der Massen, d. h. der durch ahnliche oder gleiche Tendenzen verbundenen Vielheiten von Individuen. Die Massengesetze sind vielfach empirische Qesetze; Weiteres über sie s. n. 200 ff. 3) nach dem Verhaltnis zurBewegung bzw Ruhe der historischen Objekte: in Ereignisgesetze (Frequenzgesetze), welche die Regelmafiigkeit des Eintritts gewisser Ereignisse ausdrücken (z. B. die Zahl der Verbrechen in einer Bevölkerung), die Entwicklungsgesetze, welche die Regelmafiigkeit der Entwicklung darstellen (z. B. das Wachsen der Stadte, die Unternchtsentfaltung), die Zustandsgesetze, welche die Regelmafiigkeit im Aufbau eines historischen Qefüges (z. B. Berufsverteilung in einem Lande) veranschaulichen. 198. 2. Innere Berechtigung und Notwendigkeit der historischen Induktion. 1. Die innere Berechtigung der historischen Induktion folgt aus dem Kausalitatsprinzip, nach dem einer bestimmten Ursache unter- bestimmten Umstanden eine bestimmte Wirkung folgt, und aus der praktischen Erkennbarkeit jener Ursachen und Wirkungen, d. h. in unserm Falie der Ursachen bzw Wirkungen eines gewissen regelmafiigen menschlichen Handelns. 2. Die Notwendigkeit ergibt sich 1) aus der Notwendigkeit des praktischen Lebens und des gesellschartlichen Verkehrs. Alles gesellschaftliche Leben kann namlich nur dann bestehen, wenn die Menschen ein gewisses MaB von praktischer OewiBheit gegenüber den künftigen Vorgangen im menschlichen Verkehr besitzen. Diese OewiBheit ist aber unmöglich ohne die Voraussetzung einer gewissen GesetzmaBigkeit bzw Regelmafiigkeit des menschlichen Handelns. 2) Desgleichen erfordert das Wesen der Oeschichte als Wissenschaft und vor allem das Wesen der Geschichtsphilosophie und anderer verwandter Wissenschaften, wie Gesellschaftslehre, Völkerkunde, Nationalökonomie, daB uns die Natur der geschichtlichen Erscheinungen sowie ihre Ursachen und Qesetze erschlieBbar sind. Ohne induktives Verfahren können wir aber zu dieser Erkenntnis nicht gelangen. 3) Endlich verlangt dieGeschichte als Leh rm e i st erin des Lebens, als die sie allgemein angesehen wird, daB wir viele historische Vorgange und ihre Entwicklung mit Sicherheit voraussehen können. 199. 3. Die Anwendung der historischen Induktion. 1. DaS Verfahren der historischen Induktion ist im wessentlichen dasselbe, wie bei der allgemeinen Induktion; nur darf der Charakter der der Induktion dienenden frei en Tatsachen nicht übersehen werden. Wegen dieses Charakters ist auch der Erkenntnisgrad der gewonnenen Gesetze nur der einer moralischen GewiBheit oder selbst nur einer Wahrscheinlichkeit 2. Um den Kausalnexus historischer Tatsachen festzustellen, kann man sich auch bei der historischen Induktion mit Erfolg der vier von Stuart MUI gelehrten Methoden, namlich der der Ubereinstimmung, der der Unterscheidung, der der Reste oder Rückstande, der der begleitenden Veranderungen bedienen. 3. Wenn auch die historischen Gesetze manchmal mit moralischer Sicherheit auf das Eintreffen kfinftiger Einzelfalle angewandt werden können, so liegt ihre Hauptverwendung doch auf dem Gebiete der Interpretation der schon eingetretenen Vorgange und Zustande. — lm besondern sind noch folgende Regeln beachtenswert: 4. Man hüte sich, im historischen Geschehen zu viel GesetzmaBkejt zu suchen; der Bliek für das Tatsachliche würde dadurch getrübt. Es ware eine Illusion, der Erwartung zu leben, man werde historische Qesetze im Sinne letzter Verallgemeinerungen aufstellen können, aus denen unmittelbar alles geschichtliche Qeschehen sich herleiten lieBe. 5. Die einzelnen Olieder der dem Beweis dienenden Tatsachenreihe mussen vorher nach den Regeln der Kritik genau gewertet werden. 6. Das SchluBverfahren gewinnt an Wahrscheinlichkeit, je mehr die Objekte in den wesentlichen Merkmalen übereinstimmen und in den nicht 5* wesentlichen differieren. Bei historischen Objekten können die Umstïnde von Zeit und Ort zu den wesentlichen Merkmalen gehören^ 7. Das SchluBverfahren verliert an Wahrscheinlichkeit, je mehr die Betatigung der Willensfreiheit bei den Objekten in die Erscheinung tntt. 8 Man dart von vornherein annehmen, daB die Regelmafiigkeit des menschlichen Handelns um so gröBerist, 1) je enger die zugrunde liegende Triebanlaeé mit der menschlichen Natur verbunden ist (z. B. der Tneo der Elternliebe, der Kindesliebe, der Selbsterhaltung), 2) je mehr die menschlichen Betatigungen die wesentlichen Bedürfnisse der einzelnen Tnebanlagen befriedigen (z. B. Betatigung der Elternliebe gegenüber dem Leben der Kinder, Betatigung des Selbsterhaltungstriebes gegenüber den zum Leben notwendigen Gütern), 3) je enger die Betatigungen mit den besonderen Naturanlagen der Èinzelindividuen verbunden sind. 200. 4. Begriff der historischen statistik. 1. Unter historischer Statistik ais Methode verstehen wir die nach Zahl oder MaB erschöpfende Beobachtung von historischen Massen (s. n. 197) mit dem Zweck, etwaige RegelmaBigkeiten derselben aufzufinden. Unter historischer Statistik als Wissenschaft hingegen verstehen wir die auf jene Beobachtung gegrfindete Erforschung der historischen Massenerscheinungen und Massenzustande nach ihren Grimden, Beziehungen, Gesetzen. Als allgemeine Statistik, auch exakte Oesellschaftslehre genannt, erstreckt sie sich auf das gesamte gesellschaftliche Leben, wahrend die besonderen Statistiken die einzelnen Gebiete desselben umfassen, wie die Bevölkerungsstatistik, die Moralstatistik, die Bildungsstatistik, die Wirtschaftsstatistik. Insofern die Statistik auf Grund von alteren uns fiberlieferten Beobachtungen die Massenerscheinungen und Massenzustande frfiherer Zeiten zum Gegenstande hat, nennen wir sie historische Statistik im engern Sinne. Material ffir diese Art der Statistik bieten namentlich Aufzeichnungen fiber das Bevölkerungs-und Wirtschaftsleben, wie sie sich z. B. in Kirchenbfichern, Grundbüchern, Preislisten, Rechnungsbüchern und dgl finden. Bei den folgenden Darlegungen berücksichtigen wir hauptsachlich die Statistik als Methode. 2 Welches ist nun derinnereOrund dafür, daB für uns die in Frage stenende RegelmaBigkéit, deren objektiver Seinsgrund in der Ordnung der Natur liegt (vgl. n. 197, 2) nur in gröBeren Massen in die Erscheinung tntt, wahrend sie bei Einzelfallen, die der Beobachtung unterstehen, nicht bemerkbar ist? Bei einer groBen Masse heben sich eben die Störungen, die m den Einzelfallen nach der einen oder andern Richtung vom Qesetze ablenken, gegenseitig auf; sie gleichen sich aus und finden beim Endresultat kernen Ausdruck. 201. 5. Anwendung der historischen Statistik. Die Statistik dient ZUtl&chst der geordneten Beschreibung und Darstellung der Massen; sie dient sodann, indem sie sich mit einer analytischen Durchforschung der Ergebnisse verbindet, der Auffindung der innern Natur und Struktur der Massen, ihrer kausalen Beziehungen und ihrer Gesetze. In anderen Fallen, wo wir die Ursachen typisch sich wiederholender Erscheinungen schon kennen, wirkt sie als nfitzliches Berichtigungsverfahren. Es seien noch einige Worte fiber dienahere philosophische Nutzbarmachung der statistischen Methode beigeffigt. 202. 1. Wir erschlieBen aus den statistischen Ergebnissen zunachst die innere Natur und Struktur der Massen, indem wir die Resultate nach raumlichen, zeitlichen, sachlichen Differenzierungen miteinander vergleichen und die Differenzierungen mannigfach kombinieren. 2. Zur Erkenntnis der Kausalbeziehungen gelangen wir namentlich durch die Anwendung der sogenannten Differenzmethode. Sie beruht darauf, daB man gewisse Schwankungen der Durchschnittszahlen verschiedener Massenreihen vergleicht und so durch Analyse einen etwaigen Zusammenhang aufdeckt. Man vergleicht beispielsweise die Reihe der Todesfalle in einer gröBern Zeitperiode und die entsprechende Reihe der Witterungsverhaltnisse und Epidemien oder die Reihe der Kornpreise in einem Jahr und die* entsprechende Reihe der öffentlichen Lustbarkeiten. In beiden Fallen wird man vieHeicht eine Ubereinstimmung im Steigen und Fallen der Durchschnittszahlen beider Reihen entdecken und so einen kausalen Zusammenhang feststellen. 3. Zur Bildung der statistischen Qesetze gelangt man 1) durch .die Erkenntnis der Konstanz der Tatsachen, 2) durch die Erkenntnis der Natur der Massen, 3) durch die Erkenntnis der Konstanz der kausalen Verhaltnisse zwischen verschiedenen Massenerscheinungen oder zwischen einer Massen erscheinung und einer individuellen Ursache, 4) durch Vergleichung gleichartiger Massen, welche dieselben konkreten Kausalitatsverhaltnisse aufweisen. 203. Bei der Anwendung der statistischen Methode verdienen noch folgende Grundsatze und Regeln besondere Beachtung: 1. Ein strenges SchluBverfahren lassen die statistischen Gesetze nur auf gleichartige Massen zu; denn notwendig ist nur die Regelmafiigkeit der Massen, nicht aber die einzeine Betatigung; jedes Individuum kann an sich eine Ausnahme bilden. 2. Die Notwendigkeit der Regelmafiigkeit ist an sich eine moralische und deshalb der Erkenntnisgrad derselben der einer moralischen Sicherheit oder einer Wahrscheinlichkeit 3. Je verwickelter die in Frage stehenden geschichtlichen Betatigungen und Entwicklungen sind, desto schwieriger wird die Regelmafiigkeit festzustellen sein. 4. Gegenüber den Individuen weisen die Gesetze eine innere Unbestimmtheit auf, da die Einzelgröfien, welche die Masse ausmachen, ffir die Statistik nicht erreichbar sind. 5. Die Gesetze gelten nur für bestimmte raumlich und zeitlich begrenzte Massen und tragen deshalb den Charakter einer historischen oder geographischen Abstufung an sich. 6. Das eigentliche Anwendungsgebiet ist das der Interpretation historischer Massen, besonders der Erklarung ihrer innern Natur und Entwicklung. EINLEITUNO. 204. 1. Begriff und Aufgabe der Quellenkritik. 1. Wahrend die Heuristik uns die Wege und Mittel anweisen soll, um für ein gegebenes historisches Thema das Material im weitesten Ümfange herbeizuschaffen, stellt die Quellenkritik die Grundsatze und Regeln auf, um die historischen Quellen oder die Zeugnisse über historische Tatsachen im einzelnen nach ihrer Brauchbarkeit ffir die Forschung zu bewerten. Sie ermöglicht uns zu beurteilen, ob die Quellen als historische Zeugnisse überhaupt zuzulassen sind, welchen Grad der Erkenntnis sie hinsichtlich der berichteten Tatsachen bieten, ob einen sichern, wahrscheinlichen oder nur möglichen Grad der Erkenntnis, und sie ermöglicht uns auch, die gesichteten und bewerteten Quellen mögiichst in ihrer ursprünglichen Gestalt der Benützung dienstbar zu machen. Das nachste Ziel der Quellenkritik ist also die Prüfung der Mittel für die Erkenntnis der historischen Fakta oder die Prüfung der historischen Quellen, das letzte Ziel ist die Prüfung der Tatsachlichkeit der historischen Fakta selbst Wir können die Quellenkritik demnach kurz definiëren als die systematische Summe von Grundsatzen und Regeln, nach denen die Tatsachlichkeit und der Wert der historischen Quellen geprüft wird, die Quellen nach Möglichkeit in ihrer Urform hergestellt werden und schlieftlich die Tatsachlichkeit der historischen Fakta selbst geprüft und beurteilt wird. 205. 2. Die Quellenkritik hat also eine dreifache Aufgabe zu Iösen. Sie muB anleiten zur Beurteilung der Tatsachlichkeit der einzelnen Quellen, zur exakten Bereitstellung der Quellen für die Forschung, zur Beurteilung der Zuverlassigkeit der Quellen oder der Tatsachlichkeit der historischen Quellendaten selbst. Den zwei ersten Aufgaben wird die Quellenkritik gerecht durch die sog. aafiere Kritik, welche erstens die Tatsachlichkeit (Echtheit) der Quellen und die Umstande ihres Ursprunges naher bestimmt (höhere Kritik) uud zweitens die Integriteit der Quelle, d. h. ihre ursprüngliche Form nach Möglichkeit festzustellen sucht (niedere Kritik)- Die dritte Aufgabe erfüllt die Quellenkritik durch die sog. innere Kritik, welche die Glaubwürdigkeit der Quellen erst aus diesen selbst bzw aus der Autoritat der Zeugen und sodann aus anderen inneren oder au Beren Gründen prüft 206. 3. Als besonderes Ziel verfolgt die Quellenkritik—und darin liegt ihr Hauptwert als Erkenntnismethode—die Aufstellung von Grundsatzen und Regeln, um uns eine wahre und sichere Erkenntnis geschichtlicher Tatsachen zu vermitteln. In Thesenform ausgedrückt lautet dieses hauptsachlich angestrebte Ziel der Quellenkritik also: Die historischen Quellen können uns, wenn sie gewissen von der Quellenkritik gestellten Anforderungen entsprechen, oft Qewifiheit über geschichtliche Tatsachen verschaffen. Die Form des Beweises ist kurz diese: Damit eine historische Quelle uns OewiBheit über eine von ihr berichtete Tatsache vermittle, müssen erwiesen sein: 1) die Tatsachlichkeit der Quelle, d. h. ihre Echtheit (Authentie) und ihre inhaltliche Unversehrheit (Integritat), 2) ihre Glaubwürdigkeit im konkreten Falie. Nun kann aber in vielen Fallen mit Hilfe der Regeln der Quellenkritik jedes dieser Momente mit Sicherheit festgestellt werden. Also. 207. 4. Mit Recht wird die Feststellung der drei Elemente in ihrer Gesamtheit verlangt, weil die Nichterfüllung auch nur eines jener Momente die GewiBheit der Erkenntnis der historischen Tatsachen in Frage stellt Mit der Echtheit ist namlich noch nicht die Integritat und mit beiden noch nicht die Glaubwürdigkeit der Quelle gegeben: auch eine authentische und unversehrte Schrift kann die Wahrheit entstellen. Die Glaubwürdigkeit aber laBt sich nicht vollkommen erkennen, wenn nicht zugleich die Unversehrtheit erwiesen ist; denn auch eine echte und an sich zuverlassige Quelle kann nachher wesentliche Anderungen erlitten haben. Wenn sich also die entsprechenden Bedingungen bezflglich der Tatsachlichkeit d. h. bezüglich der Echtheit und Integritat einer Quelle und ihrer konkreten Glaubwürdigkeit bewahrheiten, so müssen wir den Quelleninhalt als wahre Tatsache annehmen; denn die Bewahrheitung jener Bedingungen kann nur in der Tatsachlichkeit des bezeugten Quelleninhaltes ihren hinreichenden Grund haben. 208. NB. Einige Autoren vertreten die Ansicht, die Kritik könne nur die Tatsachlichkeit der Quellen, nicht aber die Tatsachlichkeit der Ereignisse selbst feststellen. So verteidigt vor allem OLorenz (Die Geschichtswissenschaft in Hauptrichtungen und Aufgqben [1891] 291 ff) den Satz, Aufgabe der historischen Kritik sei allein, die Überlieferung zu sichten und zu ordnen. Die Frage der Tatsachlichkeit der Ereignisse selbst werde nur durch unser subjektives Verhaltnis zu den Berichterstattern entschieden, d. h. durch unser auf der Persönlichkeit dieser gegründetes moralisches Vertrauen oder MiStrauen, nicht aber durch Kriterien, die im Bericht selbst begründet seien. 209. 2. Vielfaltigkeit und Einheit der Akte der historischen Methodik. Das Ge- samtverfahren der historischen Methodik ist ein verwickeites und vielverzweigtes. Es umfaBt eine groBe Reihe von Operationen der Heuristik, der Kritik, der Synthese, die in der Praxis nicht für sich isoliert oder der Reihenfolge nach angewandt werden, sondern sich oft durchkreuzen, da sie sich gegenseitig stützen und erganzen. So wird z. B. die Heuristik oft durch die Interpretation veranlaBt, den Umfang des zu sammelnden Quellenmaterials zu erweitern; die Quellenkritik bedarf, um die Tatsachlichkeit der Quellen oder Ereignisse zu erweisen oder um die ursprüngliche Oestalt der Quellen wieder herzusteilen, haufig der Synthese. Die Operationen. der au/Sern Quellenkritik benötigen oft der der innern Kritik, wie diese wieder jene voraussetzen; die Sinnerklarung kann nicht durchgeführt werden, ohne daB eine stete Kritik der Zeugnisse, ein steter Vergleich der verschiedenen Arten des Sinnes untereinander, einen stete Bezugnahme auf die anderen Funktionen der Synthese nebenhergehen. 210. In der Praxis verschmelzen also alle diese Akte zu einer Einheit, zu einem einheitlichen Gesamtverfahren, dessen letztes Ziel die Erfassung der objektiven Wahrheit der historischen Tatsachen ist Beim geübten Methodiker werden sich darum auch jene Akte schnell und leicht abspielen, weil er eben durch gewohnheitsmaBige Übung die Methodik als einheitliche praktische Kunst erworben und damit jene Eigenschaft erlangt hat, die wir den kritischen Sinn nennen. Vor der Aneignung der kunstgemaBen Anwendung sind wir aber gezwungen, das Gesamtverfahren in seine einzelnen Akte zu zerlegen und sie in ihrer Isoliertheit zu studieren. An sich laBt sich die Interpretation oder die Erklarung des Sinnes der Quellen sowoht bei der Quellenkritik als bei der Synthese behandeln. Aus praktischen Gründen beziehen wir sie in das Gebiet der Synthese ein. Erster Teil. Kritik der Tatsachlichkeit der Quellen (auBere Kritik). Erster Abschnitt. Kritik des Ursprunges der Quellen (höhere Kritik). 211. Die Kritik des Ursprunges der Quellen {höhere Kritik) umfaBt 1) die Echtheitskritik, und zwar zunachst die eigentliche Kritik der Echtheit bzw Unechtheit, sodann die Kritik der aufleren Umstande der Quellen oder die aufiere Bestimmung derselben nach Zeit, Ort, Urheber, 2) die Kritik der Ursprünglichkeit bzw Abhangigkeit der Quellen. Da die eigentliche Kritik der Echtheit ihre Beweisführung zum groBen Teil in negativer Weise, d. h. als Widerlegung von Einwfirfen oder Zweifeln führt, kann man sie im Gegensatz zur positiven Echtheitskritik, welche mit der vorhin genannten Kritik der aufieren Umstande identisch ist, auch a potiori als negative Echtheitskritik bezeichnen. Erstes Kapitel. Kritik der Echtheit der Quellen. 212. Lit.: de Smedt, Introductie- gen. ad hist. eed. (1876) 10 sqq; JNirschl, Propadeutik der KQ (1888) 40 ff; Bernheim 330 — 391; Langlois-Seignobos 66 — 78; HBreBlau, Aufgaben der mittelalterl. QueUenforschung (Rektoratsrede 1904) 7 ff; ders.,Handbuch der Urkundenlehre 1 2 (1912 ff); ATobler in Oröbers Grundrifi der roman. PhiloL 12 (1904) 333 ff; ThBirt, Kritik u. Hermeneutik (1913) 213 ff; W Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im MA 22 (1894) 489 ff. §1. Der beanspruchte oder beigelegte Ursprung (negative Echtheitskritik). 1. Die Echtheit einer Quelle besteht darin, daB sie den Ursprung hat, den sie zu haben vorgibt oder den man ihr beilegt, mit anderen Worten, wenn die Quelle denjenigen zum Urheber hat, unter dessen Namen sie überliefert ist oder dem man sie zuschreibt oder wenn sie als anonyme Quelle wenigstens derjenigen Zeit angehört, in welche sie allgemein versetzt wird. Die Echtheitskritik hat also zuerst zu erweisen, daB der beanspruchte oder beigelegte Ursprung der Tatsachlichkeit entspricht. 213. 2. Hat eine Quelle nicht den Ursprung, den sie zu haben vorgibt, so liegt eine Falschung (Verunechtung) vor. Die echten Quellen nennt man auch genuine, authentisc/ie Quellen (fontes genuini, authentici), die gefalschten hingegen auch unechte bzw unterschobene, apokryphe (falsificati, spurii bzw suppositicii, apocrypht); Quellen, deren Echtheit nicht sicher erwiesen ist, nennt man zweifelhafte (dubii). Manche bezeichnen mit dem Ausdruck Authentizitat zugleich die Eigenschaft einer Quelle, gemaft deren sie Glauben verdient; sie gebrauchen den Ausdruck also im Sinne von Qlaubwürdigkeit. Um jedoch jede Zweideutigkeit zu meiden, wenden wir die Ausdrücke authentisch, Authentizitat nur im Sinne von Echtheit an. Von den Frage aber, ob eine Quelle inhaltlich die Wahrheit enthalt oder nicht, sehen wir in diesem Kapitel ginzlich ab, weil die Untersuchung dieses Problems zur Kritik der Glaubwürdigkeit gehort Wenn auch meist eine unechte Quelle zugleich eine inhaltlich unglaubwürdige Quelle ist so wird doch die Unechtheit eines Zeugnisses an sich nicht allein durch die Unwahrheit der bezeugten Tatsachen entschieden. Nicht als Falschungen int technischen Sinne sind Erdichtungen von Quellen zu bezeichnen, die nur den Erweis erbringen wollen, daB auch eine tauschende Nachahmung von Zeugnissen möglich sei, die aber zugleich nur unter der Voraussetzung angefertigt werden, daB die Fiktion nachher zugestanden wird. Ein gelUngenes Beispiel solcher Erdichtungen war der angebliche HexenprozeB, den WMeinhold 1843 unter dem Titel Maria Schweidler, die Bernsteinhexe nach einer angeblichen Handschrift ihrs Vaters, des Pfarrers ASchweidter in Cosinow auf Usedom, veröffentlichte; andere Beispiele s. bei Tobler 340. 3. Hat eine Quelle nicht den Ursprung, den man ihr vereinzelt oder auch gemeiniglich zuschreibt, so liegt ein Irrtum (Verkennung) vor, der aber oft durch eine sachkundige Anwendung der Grundsatze der Quellenkritik leicht zu beheben ist 214. 4. Sowohl die Falschung (Verunechtung) als der Irrtum (Verkennung) der Quellen können total oder partiell sein, d. h. Falschung wie Irrtum können sich auf das Ganze der Quelle oder auf nur einen Teil davon erstrecken. Die p a r t i e 11 e Verunechtung kann vom Urheber einer sonst genuinen Quelle selbst oder von einem spitern Falscher ausgehen. Die Form der partiellen Falschung ist die einer reinen Erfindung der apokryphen Stelle oder die einer wesentlichen Anderung einer echten Stelle oder endiich die einer Auslassung von wichtigen Bestandteilen des Textes. Von den partiellen Verunechtungen bezeichnet man dienachtrlglichen Einschiebsel oder Ersatzstücke, die behufs Tauschung im ursprünglichen Texte echter Quellen von fremder Hand eingefügt werden, als Interpolationen. Ihr niherer Zweck ist gewöhnlich, in trügerischer Absicht neue inhaltliche Bemerkungen zwischen die des Urhebers der Quelle einzuschieben, Lücken auszufflllen oder den Ausdruck des Autors falschlich zu erganzen bzw zu interpretieren. 215. Von den Interpolationen sind wohl zu unterscheiden 1) die sog. Fortsetzungen, Zufügungen am SchluB von historischen Quellen, die zuweilen von verschiedenen Handen ohne Tauschungsabsicht gemacht wurden, wie wir sie namentlich in mittelalterlichen Chroniken vorfinden (z. B. in Prospers Epitoma Chronicon, s. MGh, Chron. min. 1, 486 ff); 2) die sog. Glossen oder Glossemen d. h. Einschaltungen oder Erganzungen, die meist von spateren Lesern behufs Erklarung, Verbesserung, Erganzung, Belehrung gemacht wurden und nachher nicht seiten in den Text selbst hineingerieten; 3) schlieBlich die erklarenden, erganzenden, verbessernden Anderungen oder Zusdtze des Autors selbst. Für die Kritik der Zusatze, Auslassungen oder Veranderungen ist noch die Frage von der gröBten Bedeutung, ob die gefalschte Quelle uns im Original oder nur in einer Abschrift bzw Kopie oder Nachbüdung vorliegt, weil im ersten Falie die Verunechtung leicht erkannt wird, im letzten Falie dagegen wenigstens auBerlich nicht bemerkbar ist. 1. Die Echtheit und die Falschung. 216. i. Arten und Motive der Falschung. Im Vergleich zu anderen wissenschaftlichen Falschungen sind die Verunechtungen historischer Quellen sehr haufig, weil hier auBer dem allgemeinen Motiv der Falschung, namlich schnöder Gewinnsucht, noch andere Beweggründe, wie Ruhmsucht, Gelehrteneitelkeit, Neid, Rachsucht, Parteiinteresse, falscher Patriotismus, übertriebener religiöser Eifer hinzutreten. 1. Das Motiv der Gewinnsucht spielt namentlich bei Verunechtung von stummen Quellen, wie von Überresten und von sog. Produkten der Kunst und des Kunstgewerbes eine groBe Rolle. Aus Gelehrteneitelkeit oder Ruhmsuchtsind namentlich viele Literaturprodukte nichthistorischen Inhaltes gefalscht worden, besonders in der Humanistenzeit, aber auch nicht wenige in alter und neuer Zeit. 217. Beispiele: 1) Überreste und Kunstwerke: viele Beispiele s. bei StBeiBel, Gefalschte Kunstwerke 1009, so Pfahlbaufunde aus den Seen der Schweiz (S. 36), die prahistorischen Steinzeuge des Amerikaners LErikson (S. 37), die moabitischen Altertümer des Juden Schapira zu Berlin (S. 39), griechische und römische Altertümer (S.44ff), christliche Altertümer (S. 67 ff), mittelalterliche Kunstwerke (S. 80 ff); andere Beispiele s. bei KSHtl, Archaologie der Kunst (1895) 802 ff und HGroB, der Raritatenbetrug (1901) 15 ff. — 2) Literatur produkte: Platos Dialoge Osdyvs, Inxlae fulCmy, Mlvme u. a.; apokryphe Evangeliën (Ebioniter-, Agypter-, Petrus-, Andreasevangelium); apokryphe Apostelbriefe (Alexandrinerbriefe, Briefwechsel zwischen Paulus und Seneca); Canones der Apostel; M. Tullii Ciceronis Consolatto, Uber nunc primum editus, Köln 1583, wahrscheinlich eine Stilübung des CSigonius (1524— -84); Pompeii Trogi fragmenta (1853 von ABielowski nach polnischen Chroniken); erfundene Kollationen zu Pindar von nicht existierenden neapolitanischen Handschriften (WAhtwardt 1830); die Lieder Ossians, 1760 von JMucpherson veröffentlicht; die Grüneberger und Königinhofer Handschriften mit Erzeugnissen altböhmischer Literatur c. 1817; die Pergamene di Arboréa, d. h. die Geschichte von Sardinien betreffende Pergament- und Papierhandschriften aus dem 8.—15. Jahrhundert mit Briefen, Gedichten, Biographien und anderen Literaturfragmenten c 1846 (s. Bernheim 335, Berliner SB 1870, 64—103). 218. 2. Sehr zahlreich sind die Verunechtungen, welche die Klasse der mündlichen Tradition erfahren hat So müssen zunachst viele Sagen als gefalscht bezeichnet werden, weil sich ihr Inhalt als historische Überlieferung gibt, ohne es zu sein, indem er vollstindig oder zum Teil erfunden oder umgearbeitet oder anderswoher, d. h. von einer andern Zeit, von anderen Orten oder Personen entlehnt wurde. Als Motive wirkten bei solchen Falschungen besonders Familienstolz, Ahneneitelkeit, Lokalpatriotismus, falsche Pietat mit. Es wollten z. B. Staaten, Stadte, im Mittelalter auch manche Kirchen oder Klöster durch solche „frotnme Tauschungen" ihre Anfange auf einen alten ehrwürdigen Ursprung zurückführen. Hierhin gehören auch die sog. Wandersagen, die oft in ihren Grundzügen unverandert blieben, sonst aber von Person auf Person, von Ort auf Ort, von Zeit auf Zeit übertragen wurden, wobei die erste Fassung unverfalscht und echt sein konnte, ferner die sog. atiologischen Sagen (s. oben n. 105), die ihre Existenz aber oft nur einem harmlosen Spiel der Volksphantasie verdanken. Viele Verunechtungen treten uns ferner entgegen auf dem Gebiete der Geflügelten Worte, der Anekdoten, der Legenden über berühmte Persönlichkeiten, namentlich auch über Heilige 219. Auf hagiographischem Oebiete spielte als Motiv der Verunechtungen zunachst die Wundersucht eine bedeutende Rolle. Die vorhandene nüchterne Tradition genügte dem Volksglauben nicht. Er wollte das_ Leben seiner Heiligen vom Olanz des AuBordentlichen umwoben sehen. Die Heiligen, besonders die Martyrer, gatten ihm als unverletzlich; deshalb mufite Gott sie in aller Gefahr, vor Feuer, wilden Tieren, vor Tyrann und Henker schützen. In anderen Fallen muBten die Verfolger schon auf Erden Sühne für ihre Vergehen leisten; darum vollzog sich an ihnen ein offenkundiges schreckliches Gottesgericht oder sie kehrten in Reue zu Gott zurück. Wahrend ihres Lebens hat Gott die Heiligen vieler und aufiergewöhnlicher Erscheinungen gewürdigt und ihnen sichtlich die Hetrschaft über die Elemente und Tiere verhellen. Oft führte auch eine naive E i t e 1 k e i t oder die Vorliebe für einen besondern Schutzheiligen zur Legend en bildung. Man beanspruchte eine verehrte Person für das eigene Land, die eigene Stadt; so beanspruchten auch die Kyprioten Katharina von Alexandreia, die Bewohner von Massilia die drei Geschwister von Bethanien, die Pariser den hl. Dionysios von Athen. Manchmal begnügten man sich auch mit der Ehre, den Heiligen einmal innerhalb der Mauern der Stadt beherbergt zu haben, man erfand eine Reise usw. 220. Beispiele der mündlichen Tradition: 1) Sagen und Legenden: Viele Sagen über Alexander, Hannibal, Karl den Grofien; Abstammung der Römer von den Trojanern; Gründung Roms der „Siebenhügelstadt"; die Sagen der römischen Könige; Arnold Winkelried; die 400 Pforzheimer bei Wimpfen; der Brand Magdeburgs. — 2) Wandersagen: Wilhelm Teil; deutsche Kaisersagen (vgl FKamper, Die deutsche Kfuseridee in Prophetie und Sage 1896). — 3) Ati o logische Sagen: Schwedenschanzen; Mauseturm von Bingen; Pilatusberg bei Luzern; hl. Crispimis; Stadt Altona; Stadt Konitz. — 4) Hagiographische Legenden: Die Martyrer Prokopios von Kaisareia und Georgios als Offiziere oder Ritter; Legenden mancher Kirchen über angebliche direkte Gründung durch Apostel oder Apostelschüler, so in Massilia, Paris, Trier (Eucharius), Köln (Maternus); die bekannte Legende des historisch beglaubigten Martyrers Christophoros. — 5) Anekdoten: manche Anekdoten über Pythagoras, Casar, Napoleon; das Ei des Columbus; Karl V und Anton Fugger zu Augsburg; das Ende von Don Carlos. — 6) Geflügelte Worte: Nou' turbare circulos meos (Archimedes); Alea iacta est (Casar)/ E pur si muove (Oalilei); Moriamur pro rege (Reichstag von PreBburg); La garde meurt et neserendpas (Cambronne). — Andere Beispiele s. in den n. 104 u. 118 genannten Werken von Widmann, Hertsiet, Delehaye; auBerdem s. Wvjanko, Fabel und Geschichte 1880, FKnie, Geistesblitze 1887, BDuhr, Jesuiten-Fabeln * 1904. 221. 3. Von den schriftlichen Quellen sind 1) in sehr umfangreichem MaBe die Akten und Urkunden verunechtet worden. Diese haben als gefalscht zu gelten, wenn sie nach der Absicht des Herstellers sich für etwas anderes ausgeben, als sie in Wirklichkeit sind. ' Die gefalschten Urkunden treten teils als angebliche Originale (Scheinoriginale), teils als Kopien angeblicher Originale auf. Sie sind gewöhnlich nach echten Vorlagen gearbeitet unter Nachahmung der au Beren Formalien und unter Übernahme des inhaltiichen Textes. Hierbei ist dieser oft wörtlich herübergenommen, wahrend in anderen Fallen die Anderung nur geringfügige Interpolationen oder Auslassungen betrifft. Manchmal ist aber auch der Inhalt der Urkunden ganzlich oder fast ganzüch erfunden, so daB bei der Nachahmung nur noch die Datierung oder die Namen des Ausstellers und die Unterschrifteh auf die Vorlage zurückgehen. In anderen Fallen wieder sind die Urkunden inhaltlich echt und ist nur eine Tauschung in bezug auf die Beweiskraft und die rechtliche Bedeutung beabsichtigt, z. B. wenn für ein wirkliches Recht oder Privileg die Ausstellung durch eine höhere Obrigkeit fingiert wird. 222. Der Zweck der falschen Urkundenfabrikate war meist, Rechtsansprüchen irgend welcher Art als Orundlage zu dienen; deshalb wirkten als Motive bei der Falschung namentlich mit Parteiinteresse, Lokalinteresse, Gewinnsucht, falsches Streben nach Ehre, seiten auch Eitelkeit von Oelehrten, die mit entdeckten Akten prahlen oder wissenschaftliche Hypothesen sicherstellen wollten. Im besondern wurden viele Urkunden im Interesse einer poiitischen oder religiösen Partei, Genossenschaft, Gemeinde gefalscht, um Besitzansprüche oder Privilegiën zu erschleichen, den Anspruch auf angebliche Rechte, Oüter, Ruhmestitel zu erweisen. Andere Urkunden wurden zugunsten ehrgeiziger Familien verunechtet, um deren Verbindung mit anderen angesehenen Geschlechtern zu erharten oder ihrem Stammbaum eine weit hinaufreichende geschichtliche Überlieferung zu sichern. Mittels gefalschter Urkunden suchten ferner manchmal Staatswesen oder Stadte angebliche Gerechtsame zu begründen oder berechtigte Ansprüche einer Gegenpartei abzuweisen. Den Charakter von falschenden Urkundensammlüngen tragen zuweilen auch die sog. Blau-o6.tr andere Buntbücher unserer Zeit, wenn sie namlich tendenziös zugestutzte Auszüge ans dem echten umfangreichen Originalmaterial bieten. 223. Beispiele: Unechte Urkunden des Konzils von Nikaia des J. 325 (CJHefele, Conciliengeschickte l2 [1873] 438 ff); die Symmachianischen Falschungen (Sinuessanae synodi Gtsta de Marcellino, ConstUutum Sylvestri, Gesta Liberii etc) aus dem Anfang des 6. Jahrh.; die Ps-Isidorischen Dekretalen ; die Schenkung Kaiser Kpnstantins; viele Urkunden der Merovingerzeit, vgl JHavet, Questions Mérovingiennes in Bibliothèque de l'Ecole des chartes 46 (1885) 205 ff; die österreichischen Freiheitsprivilegien (Bernheim 340ff); das Testament Peter des Grofien (Hist. Z. [1879] 385 ff); viele falsche Papst- und Kaiserurkunden s. in den betreffenden Regesten (oben n. 152 f); andere Beispiele s. bei Toustain-Tassin, Nouveau traité de diplomatique VI 1. 7 p. 110 — 281; JFicker, Bedrage zur Urkundenlehre 1 (1887) 5 ff; HBreBlau, Handbuch der Urkundenlehre 1 2 (1912). 224. 2) Nicht wenige Falschungen weist unter den schrifUichen Zeugnissen ferner die Klasse der eigentlich berichtenden Quellen, wie Genealogien, Chroniken, Annalen, Oeschichtsdarstellungen, Biographien, Memoiren, auf. Bei der Verunechtung der Oenealogien bildete den AnlaB meist Familienstolz oder falscher Patriotismus, namlich der Wunsch, lfickenlose Ahnenreihen zu besitzen oder erlauchte Verwandtschaftsverhaltnisse sicherzustellen. Gefalschte Chroniken und Annalen enstammten meist falscher Pietat, unehrlichem Standesgefühl, der Ruhmsucht: man wollte die Geschichte einer berühmten Persönlichkeit, eines Stiftes, oder Oemeinwesens mit dem Glanze auszeichnender Überlieferung ausstatten. Bei den eigentlichen Geschichtsdarstellungen bildete das Motiv haupts&chhch die Eitelkeit von Gelehrten, die, was im Altertum besonders haufig geschah, ihre eigenen Werke berühmten Namen unterschoben oder selbst fremde Werke sich aneigneten oder sich der Entdeckung angeblich neuer wichtiger Zeugnisse rühmen wolken. Bei der Verunechtung von Memoiren wirkte haufig als AnlaB auch die Sucht nach Sensation und Pikanterie mit. 225. Von besonderin EinfluB auf die Falschungen der Neuzeit war die humanistische Geschichtschreibung. Indem sie das Verlangen nach gröBeren Landesgeschichten auch für die frühe Vergangenheit geweckt hatte, suchte man die vorhandenen Likken der alten Überlieferung durch Falschungen auszufüHen. Man wollte so zunachst zwischen den verschiedenen Teilen einer Geschichtsdarstellung eine künstliche Proportion schaffen. Neben diesem mehr asthetischem Zweck spielten bei den humanistischen Falschungen manchmal aber auch nationale Ruhmsucht oder persönliche Entdeckereitelkeit mit Am bekanntesten von den Verunechtungen der humanistischen Zeit sind des Annius von Viterbo (Oiovanni Nanni, f 1502) Antiquitatum variarum volumina 17 cum commentariis (Rom 1496) mit angeblich neu entdeckten antiken Qeschichtswerken von Berosus, Fabius Pistor, Cato, Manetho u. a. Als spater Mabillon und seine Jünger die Kriterien für die Unterscheidung der echten Dokumente aufgesteflt haften, enstand eine neue gefahrlichere Falscherschule, welche den neuen Ergebnissen mit groBem Geschick Rechnung trug und ihre Falsifïkate derart geschickt verfaBten, daB sich auch viele Gelehrte hierdurch tauschen lieBen. 226. Beispiele 1) Oenealogien: Römische und frSnkische Königslisten; die im 16. Jahrhundert bei den deutschen Fürsten beliebte agnatische Herleitung von Wittekind. — 2) Chroniken, Annalen: der erste Teil der Annales Hirsaugienses des Trithemius; die spanischen Cronicones aus dem NachlaB des P. RdelaHiguera (f 1611, nach seinem Tod veröffentlicht) mit gefalschten Fragmenten des Flavius Dexter, Marais Maximus, Luitprand; das Chronicon Corbeiense, die Annales Corbeienses (s. Wattenbach 494). — 3) Biographien: Homervita desPs-Herodot; dieMenasvitades hl.Athanasios von Alexandreia; andere Beispiele s. unten n. 242. — 4) Memoiren: Tagebücher des Matteo di Giovenazzo (1249—68) von Angelo di Costanzo (f nach 1590); partielle Falschung der Memoiren Friedrich des Orofien durch HdeCatt. — 5) Eigentliche Geschichtswerke: die florentinische Geschichte der beiden (R und O) Malespini (13. Jahrh.) aus dem 14. Jahrhundert; 9 libri Sanchuniathonis historiarum Phoenitiae Graece versia Philone Byblio (FWagenfeld 1837) nach einem angeblich in einem portugiesischen Klöster entdeckten Kodex; die Falschung eines Fragmentes des Cornelius Nepos durch GCortesi (s. LTraube, Der Anonymus Cortesianus in Palaogr. Forsehungen 4 [1904] 47—54). — Hierhin gehören auch gefalschte Prophezeiungen wie die Lehninischen Weissagungen und die angeblichen des hl. Malachias über die Papste. 227. 3) Überaus zahlreiche Falschungen treten uns schlieBlich auf dem Gebiete der Inschriften und Münzen entgegen, die wegen der Bedeutung beider Arten von Quellen für die geschichtliche Forschung oft grofien Schaden angerichtet haben. Den AnlaB für die Verunechtung von. inschriften bildeten hauptsachlich der Sammettrieb und die Ehrsucht. Schon im Altertum führte das Verlangen, den Glanz der Heimatstadt durch eine berühmte inschriftlich belegbare Geschichte zu verherrlichen, zu vielen Falschungen. In der Neuzeit hatte einen nicht geringen Anteil an den Falschungen auch die Ruhmsucht gelehrter Forscher. Erst der Ausbau der Epigraphik als eigener Wissenschaft setzte den Falschungen durch die systematische Aufstellung der Regeln ffir die Unterscheidung falscher und echter Inschriften einen machtigen Wall entgegen. Besondere Verdienste um die Ausbildung der kritischen Regeln erwarben sich ScMqffei, GMarini, BBorghesi, die Herausgeber des CIO und des C1L u. a. 228. An Arten von gefalschten Inschriften können wir unterscheiden.-1) solche auf Papier; diese sind entweder ganz gefalscht oder aus echten Stficken kompiliert; 2) solche auf Stein oder Erz; diese stellen entweder alte echte oder alte fingierte Inschriften dar, die auf altes (echtes) oder neues Material fibertragen wurden, oder sie stellen fingierte Inschriften der Neuzeit dar (vgl WLarfeld, Griech.'Epigraphik* [1914] 188). Im weitern Sinne gehören zu den Falschungen auch die spateren Erneuerungen von Inschriften, die zugrunde gingen oder schadhaft wurden (Beispiele bei Böckh CIG I p. XXX sq). 229. Die meisten Falschungen von Münzen wurden aus Gewinnsucht angefertigt, so schon im Altertum und nicht nur durch Private, sondern auch durch Staatswesen, wie die römische Republik, und durch einzelne Kaiser wie Caligula und Claudius. In der Neuzeit, wo alte Münzen ein beliebter Gegenstand des Sammeleifers_ wurden, hat man namentlich zahlreiche antike Münzen nachgeahmt. Über die Arten der Mfinzfalschung s. Trienn. philolog. 6 2 (1885) 224 ff. 230. Beispiele: 1) Inschriften: Ersatz von Regentennamen in agyptischen Königsinschriften durch die Namen spater regierender Könige; viele griechische undlateinische Inschriften s. im CIO und im CIL. — 2) Münzen s. bei Eckhel und Head (oben n. 155). 231. 4. Auch die bildlich-figürliche Tradition enthalt unter ihren Quellen manche Falschungen. So finden wir Verunechtungen unter den historischen Bauwerken, Skulpturen, Gemalden, unter den Werken der ornamentalen und der graphischen Kunst wie Statistiken, Stadtplünen und dgl. Beispiele s. in den Archaologien und bei Beifiel, (s. n. 217) wie die Figur des Ramses zu Paris (S. 42), eine Bronzefigur des Kaisers Augustus (S. 61), römische Portriits (S. 57 f), eine Tiara des Saitaphernes (S. 62 F), Elfenbeintafeln (S. 73 ff), Buchdeckel aus Siena mit Figuren und Wappen (S. 87). 232. 2. Regeln für den Erwels der Echtheit bzw Unechtheit. Die Kriterien, welche für die Echtheit einer Quelle angeffihrt werden können, sind teils innere, teils au8ere, d. h. teils solche, die dem Inhalt oder der Form der Quellen selbst entnommen sind, teils solche, welche auf auBeren Grimden und Zeugnissen beruhen. Zu bemerken ist bereits an dieser Stelle, daB die inneren Gründe seiten mehr als eine gröBere oder geringere Wahrscheinlichkeit bieten. Es ist natürlich nicht nötig, bei jeder zweifelhaften Quelle alle Kriterien zur Entscheidung über die Echtheitsfrage heranzuziehen, oft genügt für die Lösung ein einziges. Verschiedene Hilfswissenschaften haben die Kriterien, welche die zu ihrem Materialobjekt zugehörigen Quellen betreffen, im besondern aufgestellt, so die InschriftenJehre für die Inschriften, die Diplomatik für die Urkunden, die Archaologie für alte Denkmaler usw. Wir behandeln hier hauptsachlich die Kriterien für die eigentlich schriftlichen Quellen. 233. Die Methode der Ermittlung der Echtheit beruht hauptsachlich auf der Vergleichung der fraglichen Quellen und ihrer Daten mit anderen echten Quellen und sicheren Daten und auf dem Erfahrungssatz, daB die Abweichung zwischen originalem und nachahmendem Tun sich wenigstens in kleinen Zügen offenbart. 234. 1. Au Bere Kriterien: 1) Eine Quelle ist im allgemeinen jenem Autor zuzuschreiben, dessen Namen sie tragt, falls nicht andere Gründe widersprechen. Bei Schriftwerken lautet das Kriterium also: Die Quelle ist im allgemeinen dem Autor zuzuerkennen, dessen Namen gute alte Handschriften aufweisen. Dieses Kriterium ist um so sicherer, je höher das Alter der Handschriften und je unabhangiger dieselben untereinander sind. Die 4 Evangeliën sind durch viele Hunderte in verschiedenen Sprachen und in verschiedenen Landern geschriebene alte Handschriften bezeugt, von denen einige, wie der Sinaiticus, der Vaticanus, der Vercdlensis bis zum 4. Jahrhundert hinaufreichen, und besitzen dadurch eine so sichere Bezeugung, wie sie in gleicher Weise_keinem profanen alten Schriftsteller eigen ist. An Reichhaltigkeit der alten Überlieferung durfte von den profanen Autoren den hl. Büchern wohl Vergit mit verschiedenen Handschriften des 4. und sehr vielen der folgenden Jahrhunderte am nachsten stehen; Listen der altesten Vergü- Handschriften s. bei LTraube, Vorlesungen «. Abhandlungen 1 (1909) 161. Wie jung die handschriftliche Bezeugung mancher alten Autoren ist, möge das Beispiel des Herodot (f c 425) und des Thukydides (t c 396) zeigen: die alteste Handschrift des Herodot stammt aus dem 11. christl. Jahrhundert, die alteste des Thukydides aus dem 10. Jahrhundert. 235. 2) Eine Quelle ist als echt zu betrachten, wenn derselbe Autor sie in anderen sicher echten Werken sich ausdrücklich beilegt oder wenn andere zuverlassige, besonders gleichzeitige oder zeitlich nahestehende Quellen sie direkt oder indirekt jenem Autor zusprechen. Dieses Kriterium ist um so gewichtiger, je mehr Zeugnisse für den Autor eintreten. Eine direkte Zueignung durch andere Berichterstatter hat z. B. statt, wenn sie Zitate des Werkes mit oder ohne ausdrückliche Nennung des Autornamens bringen. Das Kriterium der auBern Bezeugung ist um so beweiskraftiger, je gröBere Verschiedenheit die Zeugen in Bezug auf Heimat und Nation aufweisen und je kürzer der Abstand zwischen der Entstehung der Quelle und zwischen der Bezeugung ist; zudem gewinnt die Bezeugung an Gewicht, wenn sie von gegnerischen Zeugen ausgeht, die zeitlich nicht allzuweit von der in Frage stehenden Quelle abstehen und die im Falie der Unechtheit nicht ermangelt hitten, diese anzurufen. So liegen uns z. B. für die Mitte des 2. jahrhunderts Zeugnisse aus den verschiedensten Kirchen vor, die dartun, daB die Echtheit der 4 Evangeliën um jene Zeit allgemein anerkannt wurde und nicht nur von Christen, sondern auch von Haretikern, wie Basilides und Markion; dasselbe wird efwas spater auch von heidnischen Oegnern wie Kdsos (c. 178) und Porphyrios (t c. 303) berichtet. 236. 3) Eine Quelle ist einem Autor abzusprechen, wenn dieselbe von unzweifelhaft zuverlassigen Autoren einem andern Urheber zugeschrieben wird. 4) Sind die auBeren Zeugnisse widersprechend, so ist der Grad der Zuverlassigkeit eines jeden genau zu bewerten und die verschiedenen Grade gegen einander abzuwagen. 5) Das unerklarliche Stillschweigen von gleichzeitigen Autoren oder Autoren der nachsten Generation (das sog. argumentum e silentio) kann gegen die zweifelhafte Echtheit eines Zeugnisses angerufen werden, wenn dieses jenen Autoren hatte bekannt sein mussen und sie genügenden AnlaB gehabt bitten, um dasselbe zu erwahnen (vgl unten 2. Teil). 237. DaB die Anwendung der auBeren Kriterien zuweilen groBe Vorsicht erheischt, zeigt folgendes Beispiel. Es gibt Urkunden, die im heutigen iuridischen Sinne unecht sind, aber als Falschungen im technischen Sinne nicht bezeichnet werden dürfen. So enthalten Sltere Urkunden manchmal Angaben, die mit anderen sicheren Daten in Widerspruch stehen, es werden z. B. Zeugen angeführt, die zur Zeit der Datierung schon tot waren: der Fehler war durch zu engen AnschluB an die Vorlage verursacht. Andere mittelalterliche Urkunden tragen ein alteres Datum, obschon sie nach der auBern Anlage mit Sicherheit einer neuern Zeit zugewiesen werden müssen: es sind Urkunden, die ffir tatsachlich besessenes Recht den verlorenen Besitztitel begründen. Bei den Verwfistungen der Kriege durch Raub, Zerstörung, Brand konnte es sich namlich leicht ereignen, daB die Archive von Klöstern, Kirchen, Burgen und mit ihnen viele Dokumente wie Bullen, königliche Diplome, Schenkungsurkunden verloren gingen. Nach Wiederherstellung der Ordnung war es dann oft Sorge der Oebliebenen oder Zurfickkehrenden, die Privilegiën, Schenkungen oder sonstigen Rechte von neuem zu verbriefen. Deshalb wurde nach der Erinnerung oder nach anderen Vorlagen bzw Kopien der alte Text durch öffentliche Notare oder andere offizielle Personen neu aufgesetzt und mit dem Siegel des Fürsten oder Bischofs oder eines sonstigen machtigen Herrn der Nachbarschaft versehen und die Urkunden als vollgiiltige in das Archiv gelegt (vgl deSmedt 96 sqq). 238. 2. Innere Kriterien. 1) Die Quelle ist wahrscheinlich echt, wenn sie inbezug auf die au 8 ere Form, d. h. die auBeren Formalien, die Sprache, besonders die altere Kunst-und Volkssprache, den Stil, den Versbau, die Schrift — deren Alter erkennt man leicht an Schreibstoff, an Schreibart, an Verkürzungen, Verzierungen (vgl Palaographie und Diplomatik) —, die Kunstform (bei der bfldhch-figüriichen Tradition) denselben Charakter tragt, wie andere als echt anerkannte Quellen desselben Autors oder wenigstens derselben Schule, Zeit, Gegend. Wir können dieser Regel auch eine negative Fassung geben: Eine Quelle ist wahrscheinlich unecht, wenn ihre auBere Form der auBern Form von sicher beglaubigten Quellen desselben Autors oder derselben Zeitperiode inbezug auf die vorhin genannten Momente widerspricht. Selbst ein geschickter Falscher verrat sich gewöhnlich durch die Ubernahme kleiner Fehler aus seiner Vorlage (meist einem Druck). ■ j00'* ist bei Anwei,dung dieser Regel eine gewisse Vorsicht notie weil derselbe Autor in seinen Zeugnissen nicht immer dieselbe Form befolgt bo ist z. B. bei manchen Autoren der Stil nach der Art seiner Werke verschieden, vgl Tadtus in den Historiae und im Dialogus, Ooethe im altern und jungern Faust. 239. 2) Eine Quelle ist wahrscheinlich echt, wenn sie in keiner Weise inbezug auf den Inhalt den örtlichen, zeitlichen, kulturellen Verhaltnissen, innerhalb deren sie angeblich entstanden ist und soweit uns diese aus echten Quellen bekannt sind, widerspricht Die Echtheit gibt sich oft schon durch die greifbare Unmittelbarkeit und plastische Anschaulichkeit kund, die auf Schrift und Tritt uns den unmittelbareii Augenzeugen und seine Bekanntschaft mit Personen, Tatsachen, Anschauungen Oebrauchen verraten. Negativ ausgedrückt lautet die Regel: Eine Quelle ist wahrscheinlich unecht, wenn ihr Inhalt und Gedankenkreis mit den Tatsachen oder Verhaltnissen der angeblichen Zeit, des angeblichen Ortes, der angeblichen Kulturperiode nicht übereinstimmt. ■ LAuj Gr"nf? dieser Re£el kennzeichnen sich z. B. manche Martyrerakten als echt durch die groBe Oenauigkeit der in ihnen enthaltenen prosopographischen, topographischen, chronologischen, kulturellen Einzelheiten, ferner durch die Einfachheit und Unmittelbarkeit der Schilderung, durch das Fehlen von auBerordenthchen, wunderbaren Begebenheiten. Über den Erweis der Echtheit der Evangeliën aus ihrem Inhalt s. die Kommentare von JKnabenbauer SJ. ., .Be*der Anwendung der zweiten Regel ist ebenfills eine gewisse Vorsicht zu empfehlen, da innere Widersprüche sich auch in echten Quellen mfolge von Nachlassigkeit oder Zerstreuung der Urheber finden können. Namentlich ist Vorsicht bei postumen Werken geboten, die oft nicht weniee UnregelmaBigkerten bieten, wie manche aus Schulheften edierte Schriften des Anstoteles (Birt 217 f) die durch Philippos von Opus herausgegebenen Gesetze des Plato usw. Manchmal ist auch die Möglichkeit zu berücksichtigen daB ein Autor eine zwei- oder mehrfache Redaktion seiner Schrift vornahm. so iüx °£"kO Se'"e Wolken' TertuUian för se'n Apologeticum, Eusebios 240. 3) Eine Quelle gilt als unecht, wenn sicher bekannte und nicht übergehbare Tatsachen mit Stillschweigen übergangen sind oder wenn Tatsachen, Anschauungen und Zustande geschildert werden, die einer spatern Zeit angehören (Anachronismen), oder wenn die Quelle nachweisbar zu einer Zeit abgefaBt ist, wo der angebliche Autor noch nicht Iebte oder sie zu schreiben im stande war (z. B. der Staat der Athener [c. 425] als angebliche Schrift des um 434 geborenen Xenophon). 4) Die Ten den z der Quelle (z. B. politische, religiöse) kann nur durch eine Falschung erklart werden, wie es namentlich bei vielen Sekbererschriften, Pamphleten, Apologien der Fall ist. 241. 5) Die seltsame, schwer glaubhafte Art der Auffindung und überlieferung, das sehr spate Auftreten der Tradition weisen auf die Unechtheit hin. Feder, Hist Methodik. 6 So verraten manche hagiographische Quellen des Altertumsund des MUtelE klaV ihren apokryphen Charakter durch die ungtabhchen Aneaben flber ihren Ursprung. Die Urheber spielen sich in naiver Weise au"als Augenzeugen unter Verwendung des Satzesxquod vidtmusowUsnostns auodoeTspeximus(Passio S. Andreae ï, Acta S. Barnabae 1). Sie wollen die Akten odeV?ten auf Schreibtafelchen óder in settsamen alten Handschriften «fïnden1u*en7 Die Passio des hl. Alban fand sich in der alten Romerstadt vSam in einem altbritischem Kodex, der gleich nach der Entafferung n Staub zerfiel ; Odo von Olanfeuil erhielt eine Handschrift nut dem Leben des hl Maurus auf der Flucht von einem Pilger; der hl. Placutus erzanite selbst seinLebennach seinem Tode und lieB sogar sein Bildnis abnehmen. Dte Hag "graphen geben sich als Schüler oder Wener der Heiligen aus: EunoVoflh Sdiüle'des hl. lohannes des TSufers, Pastkrates als Diener des m Oeorstc%, Zgaros als Scfireiber des hl. ThecKioros ^/Aaijasws a s Stenomphde? W. Katharina, Florentius als Diener des hl. Cassiodon Belege be. WWattenbach, Das Schriftwezen im MA 3 (1896^).408ff; HDelehaye, Les légendes hagiogr* 80 sqq; HOfinther, Legendenstudien (1906) 78 ff.. 242 3 Regeln für den Erweis einer partiellen Unechtheit. Die Regeln, die für die "interpolationen gelten, sind zum groBen Teil auch auf die falschenden Veründerungen anwendbar, wahrend für die Auslassungen einige besondere Regeln aufzustellen sind. 1 Interpolationen und Veranderungen. 1) Anwendung von palaographischen Kriterien: Besitzen wir das Original der Quelle, in das die Interpolation oder die Anderung selbst eingetragen ist, so erkennen wir diese leicht an den Rasuren, an der Verschiedenheit der Schriftzüge oder der Tinte. Haben wir nur Abschriften des gefalschten Originals, so treten uns unter innen vielleicht altere Exemplare entgegen, in denen die Interpolation bzw Anderung fehlt (z. B. bei vielen Chroniken des Mittelalters). 2) Anwendung von sprachlich-stilistischen Kntenen. Die Interpolation bzw. die Anderung stort den sprachlichen Zusammenhang; ' ihre Fassung weicht sichtlich von der sonstigen Stilgebung ab (z. B. bei ethnographischen in Casar; vgl AKlotz, Casarstadien [\910\20 ff). Bei Urkunden verrat sich die Interpolation bzw die Anderung oft durch Verschiedenheit der Formalien, bei Quellen der bildlichfigürlichen in der Abweichung von der technisch-künstlerischen Form. 243. 3) Anwendung inhaltlicher Kriterien. Es werden Widersprüche aufgedeckt- in der Folge der Ideen fehtt die logische Verbindung; Motive eines Berichtes passen nicht in die Zeitverhiltnisse, sondern gehören einer andern Periode an; es finden sich Anachronismen usw. Aber auch hier tut Vorsicht not; denn sogar bei guteiiSchriftstellern, in echten ffinden finden sich manchmal sehr ungeschickte Zusatze oder Nachhlge der Autoren, welche die Olatte des Textes oder die Verbindung der QecTanken und Satze storen oder selbst Widersprüche enthalten. Die Ursache^ soldier ungeschickten Nachtrage bilden UnklaAeit der ersten Fassung Anderung8 der Dfaposition, Unterbrechung der Arbeit, Kenntn.snahme jon neuen Quellen und dgl. Manchmal verrat sich in den inhalthchen UnregelSgkeiten auch nur die unverarbeitete Herübernahme eines fremden Berichtes durch den Autor. 244. 2. Falschende Auslassungen. . 1) Anwendung palaographischer Kriterien. Im Original findet sich noch eine Durchstreichung oder Rasur, in Abschriften zeigt oft ein freier Raum die Auslassung an, wahrend vielleicht altere Handschriften die übergangene Stelle noch unversehrt aufweisen. 2) Anwendung sprachlicher und inhaltlicher Kriterien. Sowohl die sprachliche Form wie der inhaltliche Zusammenhang sind gestort, manchmal derart, daB sich die ausgelassene Stelle in groBen Umrissen wiederherstellen laBt 2. Die Echtheit und der Irrtum. 245. 1. Begriff und Ursachen des Irrtums. 1. Ein Irrtum bezüglich der Echtheit einer Quelle ist dann vorhanden, wenn wir eine Quelle glnzlich oder teilweise für etwas anderes halten, als sie in Wiridichkeit ist und zwar ohne ihr Zutun, d. h. ohne daB sie uns tauschen wilt. Ist letzteres der Fall, so nennen wir das subjektive Irren besser Tauschung. 2. Als Ursachen des Irrtums treten besonders foigende hervor: 1) Unkenntnis oder Nachlassigkeit. So wurde öfters einem historischen Werk aus irgendwelchen unberechtigten Grimden ein fremder Name vorgesetzt. In vielen Fallen verursachte die Ahnlichkeit der Namen oder des Inhaltes den Irrtum. In anderen Fallen waren Schriften verschiedener Autoren zusammengebunden; spater wurden dann die Schriften unter einem Namen veröffentlicht. Manchmal wurde auch eine rhetorische oder stilistische Übung für eine echte Quelle gehalten usw. 2) Leichtglaubigkeit, die ohne Besonnenheit und Kritik auf Scheingründe hin irrt, wie sie namentlich in früheren Zeiten vor Ausbildung der kritischen Methode haufig war. 3) Hyperkritik, d. h. eine Kritik, die unter dem Titel einer scharren Beobachtung doch nur einseitig nach vorgefaBten Meinungen oder nach einer bestimmten Richtung hin arbeitet und oft in eine Beschaftigung mit Kleinigkeiten ausartet, dabei aber die groBen tatsachlichen Zusammenhange übersieht. 4) Rechthaberei, besonders in Fallen, wo die Beweise nicht lückenlos geschlossen, die Indizien nicht in hinreichender Weise vorhanden sind, ein Zweifel also berechtigt ist, oder wo das Urteil ohne genügende Sachkenntnis gefallt wird. 246. 2. Der Irrtum und die verschiedenen Quellenarten. Wir heben hier einige Quellenarten hervor, auf deren Gebiet der Irrtum besonders haufig vorkommt. 1. Bei Überresten irrte man haufig in der Bestimmung der Zeit des Ursprunges, wie das namentlich die Paiaontologie und die Anthropologie zeigen. Bei Produkten der Kunst, des Kunsthandwerks und der Literatur beging man den gleichen Irrtum oder man tauschte sich nur in der Person des Urhebers. Man hielt die bei alten Geschichtschreibern so oft vorkommenden Reden, die nur der Mode rhetorischer Darstellung ent^tgmmten, irrtümlich für historische Daten, desgleichen betrachtete man öfters auf dichterischer Erfindung beruhende Dramen, Romane oder andere poëtische Erzeugnisse als geschichtliche Quellen und dgl. 247 Beispiele: 1) Überreste: Über Irrtümer bezüglich alter menschlicher Knochenreste s. JRanke, Der Mensch 2 »(1912) 445 ff, 487 ff. — Schliemann glaubte bei seinen Ausgrabungen zu Hissarlik das homerische Troja in den Resten der „gebrannten Stadt", einer tatsachlich noch altern Ansiedlung, entdeckt zu haben, wahrend er die wirkliche homerische Burg in einer obern Schicht fast ganz unbeachtet gelassen hatte; er lieB sich ferner durch ein Mifiyerstandnis der Worte des Pausanias bewegen, in Mykenai nach den Atridengrabern zu suchen, in Wirklichkeit fand er noch wertvollere Graberstatten; zu Tiryns entdeckte er die Reste einer homerischen Herrnburg und meinte einen römischen oder mittelalterlichen Bau vor sich zu haben (AMichaelis, Ein Jahrh. kunstarchaol. Entdeckungen 2 (1908) 210 ff. 2) Literarische Produkte: die Werke LTsgl natjte mui. Tod des Meletios Unstimmigkeiten wegen der Nachfolge des Mele- ^ M„; Bos und zweite Berufung der Bischöfe \ Mitte Mat. Agyptens und Makedoniens u-ia. u.t Krankheit des Oregorios: £■ ™fte Mal- Testament des Oregorios: Wj mal- Ankunft der berufenen Bischöfe l /. Halfte Juni. Abdankungsgesuch des Oregorios Wahl des Nektarios \ 2. Halfte Juni. Abreise des Oregorios ' . , ... Bischofsweihe des Nektarios; Vorsitz des N.: Anfang Juli. Unterzeichnung der Kanones: JU*J? .. Ende des Konals: ÏÏT {£■' Edikt des Kaisers nach Beendigung des Konzils: JU. JUti. 427 3 Ein geeignetes Hilfsmittel, um die auBere Anordnung des QueUenmaterials für einen bestimmten gröBern geschichflichen Gegenstand in übersichtlicher Weise zu bewerkstelligen, ist die Zettelmethode, die zwar auch früher schon in etwa angewandt, in ihrer jetzigen Ausdehnung aber erst im 19. Jahrhundert eingeführt wurde. Bei dem riesenhaft anwachsenden Material der historischen Forschung sah man eben ein daB nur dieses technische Hilfsmittel der Zettel es erlaubte, einen ausgedehnten Stoff schnell und übersichtlich zu ordnen. Die Methode laBt sich nur in groBen Umrissen lehren, praktisch erlernen muB sie jeder selbst durch eigene Obung, wobei er sie in mancher Hinsicht seinen Bedürfnissen anpassen kann. Was zunSchst das Form at angeht, so ist nach den Zwecken des Stoffes jedes geeignet: Folio, Quart, Oktav, Sechszehntel, Folio und Quart für gröBere Auszüge, Oktav und Sechzehntel für kurze Notizen Auch die kleinen Zettel können für langere Bemerkungen bestimmt werden, wenn man nur durch Zahlen oder Buchstaben sie als zusammengehörig bezeichnet. Es ist sehr wünschenswert, daB die Rander der Zettel glatt beschnitten werden, da sonst der schnelle Gebrauch behindert ist. Die Zettel sind natürlich einseit.g zu bescnreiben sonst entsteht leicht Verwirrung und es leidet auch die Fixigkeit des Gebrauches. Der aufzunehmende Inhalt wird durch Schlagworter oben am Rand kenrttlich gemacht. Unter diesen Schlagwörtern sind zu unterscheiden das Ordnungswort und das Oattungswort. Dazu tntt noch das chronologische Datum. Das Ordnungswort steht am besten oben links, das Gattungswort oben rechts, das Datum oben in der Mitte Sowohl das Ordnungswort als das Gattungswort können wieder Nebenvermerke haben, welche die Hauptvermerke naher bestimmen; sie stehen am besten unter den Hauptverraerken. Die Wahl der Schlagworter ist nicht immer leicht; sie wird aber durch groBe Ubung gefor- dert. Ist man bei der Wahl im Zweifel, so' werden zweckdienlich mehrere Zettel für das betreffende Zitat genommen: auf einem wird das Zitat ausgeschrieben, auf den anderen, den sog. Hinweiszetteln, wird je unter den übrigen in Frage kommenden Ordnungswörtern auf jenen Zettel hingewiesen. Die Gattungswörter, die eine höhere Gattung bezeichnen, können oft auf den einzelnen Zetteln weggelassen werden; die Gruppe wird dann durch einen bunten Zettel, den man an die Spitze der dieser Gruppe zugehörigen Zettel stellt, angedeutet, gegebenenfalls fuilt sie einen besondern Kasten aus. Die Auslassung des höhern Gattungsvermerkes hat auch den Vorteil, daB die Zettel sich nachher leicht in eine andere Klasse einstellen lassen. Die Anführung der Zeitangabe in der Mitte ermöglicht es, ohne Schwierigkeit die Zettel statt alphabetisch auch chronologisch zu ordnen. Im allgemeinen ist zwar die alphabetische Ordnung vorzuziehen, doch können die Umstande eine chronologische Ordnung wünschenswert machen. Der auf den Zetteln aufzuzeichnende Zeugnis in halt selbst wird entweder wörtlich aus den Quellen ausgeschrieben oder wenigstens dem genauen Sinne nach angegeben. Im letztern Falie übertragt man bereits ein gutes Stück der spatern Arbeit auf die Zettel, so daB diese oft kunstvoll behauenen Bausteinen vergleichbar sind, die gleich in den eigentlichen Bau eingefügt werden können. Der klarern Ubersicht dient es, wenn die Quellenangabe am oberri rechten Rand als letztes Stichwort gesetzt wird. Die genaue Durchführung der Zettelmethode erfordert sicher viel Zeit und Arbeitsaufwand; aber abgesehen davon, daB dieser Aufwand an Zeit und Kraft gleichsam nur eine Vorwegnahme der Arbeitsleistung ist, welche die spatere Durcharbeitung der gesammelten Materie notwendig mit sich brachte, bietet die Zettelmethode den groBen Vorteil der Vollstandigkeit und der Übersichtlichkeit des in Untersuchung stehenden Stoffes. Drittes Kapitel. Die innere Kombination. 428. Lit.: Bernheim 613—677; JNirschl, Propadeutik der KG (1888) 47—51; EdMeyer, Geschichte des Altertums 1, 12 (1907) 198—206; HPaul, Grundrifi der german. Philologie 1 2 (1901) 166—178. § 1. Aufgabe der innern Kombination. 1. Aufgabe der innern Kombination oder Verknüpfurig ist es, den innern Zusammenhang der berichteten Tatsachen festzustellen; welches die Orundlagen des innern Zusammenhanges im einzelnen sind, wird uns der folgende Paragraph lehren. Die innere Kombination hat also oft anscheinend zusammenhanglose Tatsachen entsprechend dem objektiven Geschehen in innere Beziehung zu setzen und eine oder mehrere Tatsachenreihen zu rekonstruieren. Die Schwierigkeit dieser Funktion der Methodik liegt darin, daB sie die erloschenen Verbindungslinien zwischen den überlieferten Daten vielfach erst auffinden muB. Es gleichen namlich die überlieferten Züge vielfach zerstreuten Linien, die zwar zu einem einheitlicheu Bilde gehören, deren Zusammenhang unter sich und mit den fehlenden Verbindungslinien uns aber verborgen ist Daher bedarf es oft einer angestrengten gemeinsamen Arbeit von Phantasie und Verstand, um durch verschiedene Vorstellungsund Ideenassoziationen jene Verbindungslinien wiederherzustellen. Schon um eine Tatsache voll zu bewerten, ist es notwendig, dieselbe in ihrem innern Zusammenhange zu untersuchen. Das Einzelne ist ja in der Wirklichkeit nie ein Isoliertes, sondern mit anderen Tatsachen zu einem gröBern Ganzen innerlich Verbundenes. Ist ein Kritiker auf die Dauer in der Verknüpfung von gegebenen Daten sehr geschickt, so sprechen wir ihm eine besondere Verknüpfungs- oder Kpmbinationsgabe zu, die eben in einer eigentümlichen natürlichen geistigen Anlage besteht und die, wie die Erfahrung zeigt durch Übung und Aneignung weitreichender Kenntnisse auf dem entsprechenden Gebiete es zu hoher Meisterschaft im wirklichen Kombinieren bringen kann. 429. 2. Das Haupterfordernis jeder guten innern Kombination besteht darin, daB nicht nur ein auBerer Zusammenhang in Form zeitlicher Aufeinanderfolge oder raumlichen Beieinanderseins, sondern auch ein wirklicher innerer Zusammenhang erwiesen ist; es sei schon hier bemerkt, daB wir unter dem Begriff Innerer, Zusammenhang nicht nur den Kausalnexus verstehen, sondern daB wir diesen Begriff in einem weitern Sinne tassen, namlich im Gegensatz zu dem eben genannten auBern Zusammenhang. Ein anderes Erfordernis einer guten Kombination ist genau den Grad der Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, mit dem der Verstand die innere Verknüpfung vollzieht, damit beim Fortschreiten der Untersuchung der Aufbau nicht auf falsch bewerteter Grundlage ruhe und sich als haltlos erweise. § 2 Die Faktoren des innern Zusammenhanges im einzelnen. 430. 1. Jede historische Tatsache, bestehe sie nun in einem singularen Ereighis oder einem Zustande oder einem Charakter, ist für gewöhnlich die Resultante aus einer Mehrheit von Ursachen, Bedingungen, Qelegenheiten und Mitteln. Dieselbe ist zu meist die Ursache von neuen Wirkungen. Um also eine Tatsache voll zu verstehen, sind nach" Möglichkeit die verschiedenen Ursachen, welche bei ihrem Zustandekommen mitgewirkt haben, die Bedingungen und die Gelegenheiten, unter deren EinfluB sie zustande kam, die Mittel (Instrumentalursachen), mit denen sie ausgeführt wurde, und die Wirkungen, die sie selbst hervorrief, zu bestimmen. Wenngleich bei historischen Geschehnissen Ursache, Bedingung und Gelegenheit praktisch nicht immer scharf getrennt werden können, so sind jene Momente doch theoretisch gesondert zu behandeln. 431. 2. Unter Ursache verstehen wir im allgemeinen einen Grund, der durch seinen EinfluB ein anderes zum Dasein bestimmt. Jene Ursache, welche einem andern durch ihre Tatigkeit das Dasein verleiht, nennen wir Wirkursache; das andere ins Dasein gerufene Ding nennen wir Wirkung. Jene Ursache, welche die Wirkursache in ihrer Tatigkeit bestimmt und zur Hervorbringung einer bestimmten Wirkung anregt, heiBt Zweckarsache. In Wirklichkeit ist diese Ursache der Zweck selbst, um dessentwillen die Wirkursache ihre Wirkung hervorbringt. Diejenige Wirkursache, welche an der Hervorbringung der Wirkung nur einen untergeordneten Anteil hat, namlich nur unter der Leitung einer Hauptursache, nennen wir Instrumentalursaehe oder Mittel. Eine Bedingung hingegen ist eine Voraussetzung ffir das Entstehen eines Dinges, die zwar an der Setzung der Wirkung keinen Anteil hat, aber doch dazu erfordert ist, weil sie die Ursache zum Wirken erst geeignet macht, d. h. ihr die richtige Verfassung gibt oder die dem Wirken entgegenstehenden Hindernisse entfernt. Deshalb ist auch das Verhaltnis der Wirkung zur Bedingung .ein Verhaltnis auBerer Abhangigkeit, wahrend die Wirkung zur Ursache im Verhaltnis streng innerer Abhangigkeit steht. Unter Qelegenheit endlich verstehen wir alles, durch was die Hervorbringung der Wirkung nicht zwar erst möglich, aber doch erleichtert wird. Die Gelegenheit ist also an und für sich ffir das Werden der Wirkung entbehrlich und unterscheidet sich dadurch von der Bedingung. 432. I. Die Ursachen und Wirkungen der geschichtlichen Tatsachen. 1. Die Ur- sachen des geschichtlichen Geschehens sind teils Wirk- teils Zweckursachen. Unter ersteren verstehen wir jene Ursachen, die durch ihre Tatigkeit die historischen Tatsachen hervorbringen. Sie unterscheiden sich wieder in physische und moralische Ursachen, je nachdem sie die Wirkung unmittelbar durch ihre physische Tatigkeit (Überschwemmung, Zerstörung einer Stadt durch Feuer, BeschieBung einer Stadt) oder mittelbar durch ihren moralischen EinfluB (z. B. Rat, Befehl, Bitte) hervorbringen. Unter den Zweckursachen der historischen Tatsachen verstehen wir die Ursachen, welche die Wirkursachen zur Tatigkeit nach einer bestimmten Richtung hin, d. h. zu dieser oder jener historischen Tatsache, bestimmen. Seinen EinfluB übt nun der Zweck, d. h. in unserm Falie die wirkliche oder vermeintliche Gutheit der angestrebten historischen Tatsache aus, insofern er als erstrebenswertes Gut erkannt wird und den Willen anregt, die zu seiner Erreichung notwendigen Akte der übrigen Fahigkeiten zu setzen. Wir reden deshalb auch von den f reien Ursachen der historischen Tatsachen oder den Willensentschlüssen, welche von den Motiven bestimmt diese Tatsachen verursachen. 433. 2. Schon früher (n. 193) bemerkten wir, daB als unmittelbare Ursachen oder Komponenten der geschichtlichen Tatsachen im strengen Sinne nie auBere physische Ursachen, sondern nur die Willensentschlüsse des Menschen in Betracht kamen. Da namlich alles geschichtliche Geschehen direkt auf menschlicher Betatigung beruht, so beschrankt sich naturgemaB streng genommen der Umfang der unmittelbaren Komponenten auf das psychische Gebiet. Alle dem Willen auBeren Ursachen können deshalb erst durch die Willensmotive, die ihnen entspringen, in ursachliche historische Komponenten umgewandelt werden. Im gewöhnlichen Leben jedoch braucht man den Ausdruck Ursachen historischer Tatsachen auch im weitern Sinne, so daB darunter auch alle mittelbaren, dem Willen auBeren Ursachen verstanden werden. 434. 3. Von den Motiven, welche die Handlungen der einzelnen Menschen beeinflussen, sind diejenigen zu unterscheiden, welche auf ganze Massen einwirken und Erscheinungen des gesellschaftlichen Lebens im Gefolge haben. Im Gegensatz zu den individuell-psychischen Ursachen nennt man sie gewöhnlich sozi al -psychische. Die Motive, welche auf die Massen einwirken, sind zwar wesentiich nicht verschieden von denen, die den einzelnen beeinflussen. Weil aber die Beweggründe oft auf die Glieder einer unter gleichen Bedingungen lebenden Masse von Menschen gleichförmig wirken, tassen wir die Masse als moralische Einheit auf, die von jenen Motiven geleitet wird. Es kommen hier namentlich die sog. grofien Ideen in Betracht, wie sie als kurzer Ausdruck gewisser Strebungen und Tendenzen in gewissen Epochen gepragt werden, z. B. die Idee des Imperialismus, des Demokratismus, des politischen Fortschritts, der Lehrfreiheit und dgl. 435. 4. Neben den durch Vermittlung der Erkenntnis als Zweckursachen auf den Willen einwirkenden Motiven gibt es noch einige Krafte der menschlichen Natur selbst, welche die Wahlfreiheit physisch beeinflussen und bei einer allseitigen Bewertung der historischen Tatsachen nicht zu übersehen sind. Der Wille ist zwar eine geistige Macht, aber doch organisch mit dem Leib verbunden und deshalb auch den Einflüssen des Körpers zuganglich. Bekannt ist z. B., daB das körperliche Befinden wie Frische oder Ermüdung günsiig oder ungünstig auf die Spannkraft des Willens einwirki Ferner können die Leidenschaften, d. h. die Betatigungen des sinnlichen Strebevermögens wie Liebe, Freude, HaB, Trauer, Zorn, Furcht den Willen beeinflussen, indem sie sich gleichsam zwischen Erkenntnis und Willen einschieben und so den letztern an der ruhigen Betrachtung der Motive hindern oder indem sie den Willen durch das sinnliche Streben auch gegen die bessere Erkenntnis zu einem Gegenstande hindrangen oder von ihm abziehen (Mut und Hoffnung z. B. beleben, Furcht und Trauer lahmen die Willenskraft). Verwandt mit den Leidenschaften und ahnlich in seinem EinfluB auf den Willen ist das nach der physischen und psychischen Eigenart der einzelnen verschiedenartig gestaltete Gemüt. Unter diesem verstehen wir die dauernde Fahigkeit zu den Betatigungen des sinnlichen Begehrungsvermögens, insofern sie (mittelbar) aus der geistigen Erkenntnis hervorgehen und naturgemaB von Betatigungen des Willens begleitet sind. Der EinfluB des Gemütes wird sich also auch in den historischen Betatigungen kundtun und zwar nach Art des Gemütes in verschiedener Weise. So wird ein heftiges und leicht erregbares Gemüt auf die Handlungen eines Herrschers einen andern EinfluB ausüben, als ein stilles und ruhiges Gemüt Der Forderung, bei der Bewertung der geschichtlichen Tatsachen auch den Momenten der Leidenschaften und des Gemütes gerecht zu werden, verleiht man gemeiniglich Ausdruck, indem man sagt, es bedürfe einer genauern Kenntnis des Charakters der betreffenden Persönlichkeit Der Begriff Charakter umfaBt ja als wesenflichen Bestandteil auch die Summe der natfiriichen bzw ausgebildeten Anlagen des Strebevermögens. 436. 5. Will der historische Forscher die Tatsachen noch ihrem vollen objektiven Sein beurteilen, so hat er auBer den irdischen und menschlichen Ursachen auch die erste Ursache alles Seins und Oeschehens zu berücksichtigen, namlich Oott, ohne dessen BeschluB oder Zulassung hienieden nichts geschieht und dem auch alles historische Sein und Geschehen untergeordnet sind. Schon die Vernunft lehrt, daB Gott alles Sein und Werden auf seine gröBere Ehre beziehen muB, daB deshalb Gottes gröBere Verherrlichung das Endziel der einzelnen historischen Erscheinung und der gesamten Geschichte ist, daB Gottes gerechte Vorsehung sich bereits hier auf Erden im Leben der einzelnen, vor allem aber im Leben der Völker offenbart. Der Forscher wird darum auch bei vielen Geschehnissen, besonders in der Vergangenheit, die Wege und Führungen der Vorsehung aufdecken können, da diese Führungen vielfach handgreiflich erkennbar sind. So diente z. B. der Übergang Alexanders von Makedonien und seines kleinen Heeres von 35000 Mann über den Hellespont dazu, in dem Zeitraum von drei Menschenaltern die griechische Kultur bis an die Ufer des Indus und bis an die Grenzen Athiopiens auszubreiten und so der christlichen Lehre einen natfiriichen Weg zu jenen Landern zu bahnen. Ahnlich diente die hinterlistige Zerstörung der stolzen Flotte Karthagos durch Scipio Africanus dazu, Rom die Herrschaft fiber die Meere und damit die für die spatete Ausbreitung des Christentums so bedeutsame Weltherrschaft zu sichern. Auf die Erkennbarkeit der durch göttiiches Eingreifen gewirkten Wunder wurde bereits oben hingewiesen. Ein treffendes und überzeugendes Beispiel ffir das erkennbare Wirken Gottes in der Geschichte bietet ferner die Kirche. In leichter Weise kann namlich die Vernunft aus den Wirkungen der Gründung der Kirche durch Christus, wie z. B. aus den Martyrien so vieler Bekenner, aus der Verbreitung und dem fortwahrenden Bestand der Kirche selbst und ihrer Lehren trotz der auBeren zahlreichen Verfolgungen und trotz der Schwüchen der eigenen Mitglieder auf die göttliche Stiftung und Führung dieser Kirche schlieBen. 437. Beispiele für die Analyse der Ursachen und Wirkungen einer historischen Tatsache: Die nachsten Ursachen für den Sieg des Augustus m der Schlacht bei Actium war das Feldherrngeschick des Augustus und die Erschöpfung seiner Oegner. Entferntere Ursachen waren die pohtischen Kampte und die schiiefiliche Erschlaffung der Oegenparteien, der Ehrgeiz sowie die rückhaltende Klugheit und Tatkraft des Augustus, der die Umstande geschickt auszunützen wuBte. Die Entstehung des römischen Casarentums hatte auBerdem aber noch tiefere Ursachen. Das gesamte politische und soziale Leben der Römer drangte schon lange auf die Monarchie hin, vor allem die gewaltige zunehmende Ausdehnung des Reiches und die allmahliche Auflosung der innern Ordnung, ferner die innere Anlage des römischen Charakters, der die Neigung zur Ausbreitung in sich trug und sie auch mit praktischem Sinn, eiserner Konsequenz, organisatorischem Talent und dem starken Bewufltsein verfolgte, das Ziel endlich zu erreichen. Nach Gottes Absicht aber sollte durch Errichtung des Kaisertums und der Weltherrschaft das geschichtliche Leben des Altertums in Rom seinen AbschluB erhalten; Rom sollte die Errungenschaften der bisherigen Entwicklung übernehmen, bewahren und der folgenden neuen Zeit vermitteln; das römische Reich bildete die Unterlage für das Wachstum der Kirche und der christlichen Reiche. — Nachste Ursache der Qlaubensspaltung in Deutschland war der Abfall Luthers. Die entfernteren Ursachen müssen wir tiefer suchen; sie liegen in den politischen, geistigen, religiösen Zustanden der damaligen Zeit und reichen teifweise weit in die Vorzeit zurück: es waren namentlich die Gebrechen weiter kirchlicher Kreise, besonders von Bischöfen und Klerikern, die groBen Immunitaten des geistlichen Standes, die Entartung und innere Spaltung vieler Klöster, der Gegensatz mancher Stadte (Augsburg, Chur, Speier, Worms, Konstanz usw) und zahlreicher Ritter gegen die bischöflichen Herrn, die Zunahme des fürstlichen Absolutismus, die Üppigkeit und Ausgelassenheit vieler fürstlichen Hofhaltungen, die religiös und sittlich zerstörenden Krafte des jüngern Humanismus, der unklare und schrankenlose Freiheitsdrang des gemeinen Volkes. Gottes Absicht bei Zulassung der Glaubenspaltung war augenscheinlich die Lauterung und Starkung der Kirche. 438. NB. Der historische Zufall. Der historische Zufall bedeutet, wie der Zufall überhaupt, nicht Ursachlosigkeit. Zufallig nennen wir sowohl Wirkungen als Ursachen. Erst und zunachst bezeichnen wir gewisse Wirkungen als zufallig, namlich dann, wenn sie nicht naturgemafi mit der eigentlichen Handlung verbunden sind, sondern diese nur ausnahmsweise begleiten. Die Wirkung eines mit BewuBtsein handelnden Subjektes nennen wir zufallig, wenn dieselbe weder beabsichtigt noch überhaupt vorausgesehen war. So war es für Alexander den Grofien zufallig, daB er dem Christentum den Boden bereitete. Eine Ursache wirkt zufallig, wenn ihre Wirkung noch von einer Erscheinung begleitet ist, auf welche die Handlung ihrer Natur nach nicht direkt und aus sich hinzielt. Ist die Ursache eine nichtgeistige, so nennen wir die Ursache Zufall im engern Sinne, ist sie geistig, so nennen wir sie Geschick, Zufall im engern Sinne ist also eine nichtgeistige Ursache, die auBer ihrer eigenen naturgemüBen Wirkung eine Begleiterscheinung hat, deren Grund im gleichzeitigen ausnahmsweisen Auftreten einer zweiten Ursache, sei es einer Wirkursache oder einer Materialursache, liegt: so z. B. wenn der Brand eines durch den Blitz angezündeten Hauses noch durch einen gerade sich erhebenden Sturm gefördert wird oder wenn ein vom Dache fallender Stein einen vorübergehenden Menschen tötet Geschick hingegen ist die geistbegabte Ursache, deren beabsichtigte Wirkung eine Begleiterscheinung hat, die nicht vorhergesehen war und deshalb in einer andern unbekannten oder unvorhergesehenen Ursache ihren Grund hat, so z. B. wenn Bauleute beim Graben antike Statuen finden oder wenn ein jager einen im Gebüsch versteckten Menschen tötet In Wirklichkeit geht also die zufallige Wirkung aus zwei zusammenwirkenden Ursachen hervor. Die fragliche Ursache heiBt aber deshalb zufallig, weil sie ihrem Zweck bzw ihrer bewuBten Zielsetzung nach nicht auf jene Gesamtwirkung, sondern nur auf die ihr unmittelbar entsprechende Wirkung gerichtet war. Vor Gott gibt es natürlich keinen Zufall. 439. Bei verwickelten geschichtlichen Erscheinungen wird auch der Zufall hdufig ein mehrfacher; er besteht dann in dem Eintreten von verschiedenen verursachenden Tatsachen in einen gröBern Tatsachenkreis, die vom handelnden Subjekt nicht beabsichtigt oder überhaupt nicht vorausgesehen waren, so naturgemaB ihr Eintreten im Laufe der Ereignisse ist. Vom geschichtlichen Zufall wohl zu unterscheiden sind die Ursachen, die in Wirklichkeit beim Geschehen nur die ihnen entsprechenden Wirkungen hatten, die aber vom Beobachter oder Kritiker nicht als Ursachen erfaBt wurden. Solche Ursachen sind nicht Zufallsursachen, sondern einfach Ursachen, die nicht erkennt sind, wie dies haufig der Fall ist bei gröBeren und kleineren Umstanden, welche die WillensentschlieBungen, die Handlungen, den Charakter, die Schicksale der einzelnen und der Massen und der Völker mitverusachen. 440. 2. Die Bedingungen der geschichtlichen Tatsachen. Die Bedingungen haben an dem geschichtlichen Geschehen keinen direkten Anteil, sie sind aber notwendig, um die Ursachen zum Wirken anzuregen oder um dieses Wirken durch ihr Dasein erst zu ermöglichen. Ist eine Bedingung derart, daB eine andere Bedingung sie nicht ersetzen kann, so nennen wir sie unerlaBlich. Alles geschichtliche Geschehen ist nun als Wirkung von einer Reihe von Bedingungen physischer oder geistiger Natur, die ihm gleichsam ihren Charakter aufpragen, abhangig. Neben den besonderen Bedingungen, welche bei der einzelnen historischen Tatsache aus der Eigenart des Ortes, der Zeit, des handelnden Subjektes und aus anderen konkreten Umstanden erwachsen, erscheint jedes geschichtliche Geschehen auch als Resultat eines allgemeinen Zustandes, der, raumlich und zeitlich beschrankt, auf der einen Seite die Naturbedingungen, auf der andern Seite die Summe der geistigen Anschauungen, Strebungen, Tendenzen, denen eine Gemeinschaft in geistiger Wechselwirkung unterworfen ist, umschlieBt. Wir tassen gewöhnlich die Bedingungen einer bestimmten Zeitperiode unter dem Ausdruck Kulturzustand zusammen. 441. Da der Begriff Kultur vielfach in unklarer Weise angewandt wird, sei hier einiges über diesen Begriff beigefügt. Unter Kultur verstehen wir die jeweilige Summe der Errungenschaften menschenwürdiger Bildung oder die jeweilig erreichte Vervollkommnung der menschlichen Natur nach jeder Seite ihrer Veranlagung hin. Die Kultur an lage selbst ist in der Eigenart der menschlichen Natur, ihre Fahigkeiten stets vollkommner auszubilden, begründet. Der eigentliche Trager desKulturzustandes als solchen ist stets eine gesellschaftliche Einheit, ein sozialer Körper, ein Stand, ein Staat, ein Volk, die Menschheit; der einzelne kann aber nach seinen Kratten an der Kultur teilnehmen und durch seine Mitarbeit zur Hebung der Allgemeinkultur beitragen. Die Art der Kultur wird bedingt durch die Verschiedenheit der Kulturgüter, denen das Streben der Menschen zugewandt ist. Jene Oüter gehören einem dreifachen Gebiete an, der stofflichen, der sozialen, der ideellen Welt. Die geordnete. Ausnütztmg der stofflichen Welt entfaltet sich zur wirtschaftlichen Kultur, die Gestaltung und Ordnung der gesellschaftlichen Beziehungen zur sozialen Kultur; die Pflege der ideellen Oüter der Welt, wie Wissenschaft; Kunst, Sitte und Religion, zur geistigen Kultur. Das Ideal der Kultur liegt demnach in der allseitigen harmonischen Entfaitung und Vollendung der wanren Menschennatur in dem ganzen Bereiche ihrer vernunftgemafien Bedürf- nisse, Ziele und Tatigkeiten (vgl RvNostitz-Rieneck S. }., Das Probtan der Kultur 1888). 442. jede Zeit hat nun ihren Kulturzustand und jeder einzelne steht mehr oder weniger unter dem EinfluB derselben. Sein gesamtes Denken, Fühlen und Wollen wird durch die verschiedenen Kulturideen beeinfluBt ahnlich wie das Sehen beeinfluBt wird durch die verschiedenen Grade und Arten des ihn umflieBenden Lichtes. Man hat dieser Tatsache auf mannigfache Weise Ausdruck verliehen: jeder ist ein Kind seiner Zeit, jeder steht unter dem EinfluB seiner Umwelt, seines Milieus (Taine). Die geschichtlichen Tatsachen werden wir darum nur dann nach ihrem engern Zusammenhang vollstandig verstehen, wenn wir den betreffenden Kulturzustand, dem die Ereignisse angehören, kennen lernen und die Beziehungen zwischen ihm und den gegebenen Tatsachen feststellen. 443. Beispiele für den EinfluB der Bedingungen: Der Wohnort mit seinen mannigrachen Beziehungen zur Bodengestalt, zum Klima, zur Pflanzenund Tierwelt, zur Gebirgswelt, zum Wasser in seinen verschiedenen Formen als Meer, See, FluB, Oletscher usw bleibt nicht ohne Rückwirkung auf die Schicksale der einzelnen Menschen, ganzer Gemeinden und Völker. Viele Stadte, die an einem natfiriichen Durchgangspunkt lagen, entwickelten sich zu groBen Handelsplatzen. Der Reichtum mancher Lander an Handelswaren veranlaBte das Blühen von Verkehr, förderte Reichttum und schuf die Mittel zu reger Pflege von Kunst und Wissenschaft. Die tropenartige Natur Indiens zog das von Phantasie, Schwarmerei, trager Traumerei beherrschte Volk der Inder heran. Hellas mit seinem milden Himmel, seinen Naturschönheiten und seinem fruchtbaren Boden war das Land der Griechen mit ihrem Kult des Schonen und der harmonischen Ausbildung des Oeistes. Auch die Bedingungen der natfiriichen. Zeit fibten von jeher einen erheblichen EinfluB auf die Willensentschliefiungen der Menschen. So spielte der Mondlauf stets eine groBe Rolle im liturgischen Leben der Völker. Die Witterungsverhaltnisse bedingen u. a. die Anlage der Wohnhauser, das Klima die Art der Bekleidung, die jahreszeiten die Auswahl der Nahrungsmittel, die Art des Reisens, den Beginn von Kriegsunternehmungen. Die Nachtzeit begunstigt die Werke des Diebstahls und anderer Vergehen. Die wirtschaftlichen Erscheinungen hangen in vieler Hinsicht ab von den Naturbedingungen, wie von der Fruchtbarkeit eines Landes, dem Ertrage der Ernten, der witterung, von politischen Ereignissen wie Friede, Unruhen, Kriegen, von Arbeits- und Verkehrsmöglichkeiten, vor allem aber auch vom geistigen Zustand eines Volkes. 444. 3. Die Gelegenheiten der historischen Tatsachen. Die Gelegenheiteil bewir- ken nicht, daB der Wille überhaupt handelt, sondern sie sind nur der AnlaB, daB er schneller, leichter, tatkraftiger durch die vorgehaltenen Motive sich bestimmen laBt. Die Nacht ist für den Feind nicht Ursache seines VorstoBes, wohl aber eine Gelegenheit welche ihn den VorstoB leichter und ungestörter vollziehen laBt. Das schwache Auftreten einer Regierung zur Zeit schwerer auBerer oder innerer Unruhen war haufig für die Gegenpartei die Gelegenheit, um sich in den Besitz der Gewalt zu setzen. Eine scharfe auslandische Konkurrenz oder die straffe Organisation des eigenen Handels- und Arbeitsverkehrs sind weder eigentliche Ursache noch Bedingung für die Belebung und den Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens eines Volkes, wohl aber eine Gelegenheit 445 4 Die Mittel oder Instrumentalursachen der historischen Tatsachen. ■ Zur völli'gen Erfassung einer historischen Tatsache gehort auch die Erkenntnis der Mittel, mit denen sie vollbracht wurde. Die Mittel smd teils pysische, teils moralische. Bei der Betrachtung der Mittel mussen wir vor allem ihr Verhaltnis zum gewollten Zweck und zum tateachhch erreichten Ziel erforschen. Wir werden dann finden, daB der M.Berfolg haufig den ungenügenden Mitteln zuzuschreiben ist, andrerseits der groBe Erfolg oft auf den geeigneten Mitteln beruht. Rache Ausstattung an physischen Mitteln, wie treffliche Bewaffnung einer Knegsheeres, entschied öfters durch siegreiche Schlachten oder durch trzwingung eines dauernden Friedenszustandes die Geschicke ganzer Völker auf lange Zeit hin. Oft triumphierte in der Weltgeschichte eme Persönlichkeit durch das Mittel eines überragenden moralischen fcmflusses über die rohe Oewalt leidenschaftlicher Volksmassen. Manche Erfindung miBlang, weil die bereitstehenden Mittel zur Ausführung des Problems nicht ausreichten. Im Mittelalter rafften die Seuchen so zahlreiche Menschen hinweg, weil sie mit ungenügenden Mitteln bekampft wurden. §. 3. Die Erkenntnis der Faktoren des innern Zusammenhanges. 446 Die Tatigkeit des Kritikers bei der innern Verknüpfung besteht darin, daB er zu den gegebenen Tatsachen andere nicht direkt gegebene Tatsachen als Ursache, Wirkung, Bedingung, Gelegenheit, Mittel richtig hinzufügt oder daB er zwischen mehreren gegebenen Tatsachen den nicht gegebenen Zusammenhang auffindet. Der Einfachheit wegen berücksichtigen wir im Folgenden nur die ErschlieBung der Kausalbeziehungen; die dafür geitenden Prinzipien finden im wesentlichen dieselbe Anwendung auch bei den anderen Beziehungen. 447. 1. Wir setzen zunachst den Fall, daB zu einer gegebenen Tatsache eine andere nicht gegebene Tatsache als Ursache oder Wirkung hinzuzufügen ist. Haufig können wir durch eine Prüfung der Natur und der nüheren Umstanden der gegebenen Tatsache finden, daB jene so einSeitig bestimmt waren, daB die Tatsache mit ihren konkreten Umstanden nur eine Ursache bzw nur eine Wirkung haben konnte. In vielen anderen Fallen, wo wir im Zweifel sind, ob eme Tatsache als Ursache an sich verschiedene Wirkungen bzw eine Tatsache als Wirkung an sich verschiedene Ursachen aufweisen könnte, laBt sich die Erganzung oft mit hoher Wahrscheinlichkeit nach der Analogie anderer uns bekannter Tatsachen vollziehen. Sehr schwierig gestaltet sich haufig die Erforschung der unmittelbaren Ursache einer historische Tatsache, also des ihr zugrunde liegenden Willensentschlusses und seiner Motive, falls namlich diese in der Überlieferung nicht mitgeteilt werden. In solchen Fallen sind wir gezwungen, die unbekannten Beweggründe durch Analogieschlüsse oder durch Subsumption des historischen Faktums unter die sog. historieken Qesetze wenigstens mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erschlieBen und dann durch weitere Analyse des Charakters der betreffenden Person und ihrer Handlungen den wahrscheinlichen SchluB, wenn möglich, zu einem sichern zu erheben. Jener SchluB aus der Analogie oder aus den moralischen Gesetzen wird um so wahrscheinlicher, je mehr der betreffende Mensch der groBen Masse seiner Mitmenschen gleicht; denn im allgemeinen wahlen die Menschen das, was ihnen notwendiger oder nützlicher, zugleich aber auch angenehmer und leichter ist Reicht die Persönlichkeit deren Taten untersucht werden, durch den Ernst und den idealen Schwung ihrer Gesinnung über die Durchschnittsmasse hinaus, so werden ihre Motive gewöhnlich nur denjenigen zuganglich sein, die es verstehen, sich in die Anschauungsweise und Lebensführung einer solchen Person völlig hineinzudenken. So wird nur derjenige die Motive der Heiligen verstehen, welcher selbst die Grundsatze christlicher Askese kennen gelernt und praktisch erprobt hat. 448. 2. Wir sètzen nun den Fall, daB zwei oder mehrere Tatsachen gegeben sind und daB zwischen diesen die entsprechenden Kausalverhaitnisse zu erschlieBen sind. Wir können hier wieder eine doppelte Möglichkeit unterscheiden. Die zu erschlieBenden Ursachen liegen inner hal b der gegebenen Tatsachengruppe oder sie liegen alle oder teilweise auBerhalb der gegebenen Tatsachengruppe. a) Liegen die zu erschlieBenden Ursachen innerhalb der gegebenen Tatsachenreihe, so w3re der einfachste Fall der, daB uns zwei Tatsachen bekannt sind, die beide nicht nur raumlich und zeitlich einander nahestehen, sondern auch mutmaBlich in einem unmittelbaren innern Zusammenhang stehen. Eine Prüfung der Natur der beiden Tatsachen und ihrer Umstande wird dann haufig leicht das obwaltende konkrete Kausalverhaitnis feststellen. Sonst müssen wir versuchen, durch AnalogieschluB das Verhaltnis aufzudecken. Sind mehrere Tatsachen vorhanden, die verbunden werden sollen, so wird es vielfach wieder gelingen, durch Prüfung der Natur der Tatsachen und ihrer Umstande oder auch durch einen AnalogieschluB oder durch Hypothesenbildung den verschiedenen Kausalnexus aufzufinden. Je nach der Zahl der ursachlich yerbundenen Tatsachen und je nach der Art der zwischen ihnen bestehenden Abhingigkeit, die eine unmittelbare oder eine mittelbare sein kann, wachst natürlich die Zahl der möglichen Kombinationen. b) Liegen die zu erschlieBenden Tatsachen auBerhalb der gegebenen Tatsachenreihe, so w3re auch hier der einfachste Fall, daB zu zwei Tatsachen die unmittelbare Ursache oder Wirkung aufzusuchen w3re. Die Methode würde dieselbe sein wie bei dem eben (unter n. a) besprochenen Fall. Sind mehr als zwei Tatsachen vorhanden, so würde die Kausalverbindung sich am einfachsten gestalten, wenn die Tatsachen sich alle auf efne Ursache zurückführen lieBen. Die Schwierigkeit der Untersuchung und die Möglichkeit verschiedener Kombinationen wachst auch hier im Verhaltnis zur Zahl der zu verknfipfenden Tatsachen und je nach der Art des objektiven Kausalzusammenhanges, die es oft notwendig macht, in die Tatsachenreihe mehrere Zwischenglieder als mittelbare Ursachen bzw Wirkungen einzuschieben. Die Einschiebung von solchen Zwischengliedern ist namentlich dann notwendig, wenn die Zeugnisse nur Bruchstücke eines Ereignisses oder Ereigniskompiexes überliefert haben. 449. Bei der Bildung der Analogieschlüsse und Hypothesen sind alle jene Regeln genau zu berücksichtigen, die wir bereits früher (n. 175 ff) auf steilten. Auch hat im allgemeinen der methodischen Feststellung des konkreten Kausalnexus eine Prüfung der verschiedenen Möglichkeiten der Kausalverbindung vorherzugehen. Nicht seiten namlich wird der Fehler begangen, daB man von jenen Möglichkeiten nur eine erkennt und diese dann als die einzig berechtigte einsetzt. Diesen Fehler begehen leicht Kritiker, denen es an kombinatorischer Begabung oder Übung fehlt oder die an Flüchtigkeit der Beobachtung oder an Voreingenommenheit leiden. 450. NB. 1. Zu einer vollstandigen Würdigung der Motive von geschichtlichen Tatsachen gehort auch deren moralische Beurteilung. Wir beurteilen aber den ethischen Wert bzw Unwert der menschlichen Handlungen nach ihrer Beziehung zum Sittengesetz. Stehen die Motive in Übereinstimmung mit diesem, so nennen wir die Handlung sittlich gut, weichen sie von demselben ab, so nennen wir die Handlung sittlich schlecht. 2. Zuweilen ereignet sich der Fall, daB eine historische Wirkung in scharfem Kontrast zu ihrer Ursache steht, namlich dann, wenn eine gewisse historische Strebung eine unter den herrschenden Verhaltnissen und bei dem gegebenen Kulturzustande nicht weiter überschreitbare Höhe erreicht hat und die trotzdem in derselben Richtung weiterstrebende Kraft ganz entgegengesetzte Tendenzen weckt. Der Kontrast ist aber in solchem Falie nur ein scheinbarer, in Wirklichkeit ist die ausgelöste Wirkung das naturgemlBe Ergebnis der gesetzten Ursachen, so z. B. wenn eine übertriebene Fesselung der Volksfreiheit eine Entfesselung derselben hervorruft In diesem Falie namlich sucht der Selbsterhaltungstrieb des Volkes sich gegenüber einem ungerechten Angriff auf seine Rechte nur zur Wehr zu setzen. 451. 3. Für das volle Verstandnis einer geschichtlichen Entwicklung ist es von wesentlichem Wert, auBer den positiven Erscheinungen auch jene Momente zu erkennen und einzuschatzen, die wir passend mit dem Ausdruck negative Tatsachen bezeichnen. Es können namlich Ereignisse oder Tatsachen, deren Eintritt wir nach der allgemeinen Analogie oder nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge erwarten durften oder munten, in dem gegebenen Falie ausbleiben, sich nicht ereignen. Meist liegt der Grund für solche negative Erscheinungen in dem Fehlen der auBern Ursache oder notwendigen Bedingung der erwarteten Tatsachen oder Ereignisse, z. B. wenn einem groBen Volke in schwerer Zeit ein bedeutender Staatsmann oder Heerführer mangelt oder wenn einem machtigen Reiche der Thronerbe fehlt. Die Entwicklung der spateren Ereignisse wird in solchen Fallen einen ganz andern Lauf nehmen, als man unter den gewöhnlichen Umstanden erwarten durfte. Welche Wirkung für die gesamte Weltgeschichte hatte nicht die eine Tatsache, daB Alexander von Makedonien keinen erbberechtigten Sohn hinterlief]. Die Erkenntnis der negativen Erscheinungen ermöglicht es uns ferner, den Charakter einer Zeitperiode, eines Volkes, eines Kulturzustandes in seinem ganzen AusmaB zu erfassen, wenn uns namlich klar geworden, daB die Zeit, das Volk, die Kultur die führende Persönlichkeit, für die der Boden vorbereitet schien, nicht hervorbrachte oder wenn die nach aller Analogie zu erwartende geistige, politische, künstlerische Entwicklung ausgeblieben ist. Viertes Kapitel. Subjektive Voraussetzungen einer guten Kombination. 452. Lit.: Bernheim 749—776; AWeiB, Apologie des Christentums 1 4 (1905) 503 ff; AvRuviile, Katholischer Olaube, GW und Qeschichtsunterricht 1911; QGrupp, Zur Philosophie der Geschichte in Hist.-poL Bl&tter 119 (1897) 513 ff. Unter den Voraussetzungen, welche das kritisch historische Arbeiten im allgemeinen verlangt, haben wir vor allem eine groBe Wahrheitsliebe, die Objektivitat oder die Freiheit von Vorurteilen und von ungeordneten persönlichen Affekten sowie eine gesunde kritische Urteilsfahigkeit hervor (n. 47 f; vgl n. 322 f). Bei der innern Verknüpfung der Tatsachen werden dieselben Eigenschaften vom Kritiker in besonders dringlicher Weise gefordert, weil bei dieser Funktion der Methodik mehr denn bei den übrigen die Gefahr der Verletzung der objektiven Wahrheit besteht Namentlich sind es die Vorurteile und die falschen Weltanschauungen, welche eine objektiv richtige innere Verknüpfung der Tatsachen hindern. Es seien deshalb einige Ausffihrungen über die Notwendigkeit der Freiheit von Vorurteilen und die Notwendigkeit einer richtigen Weltanschauung hier beigeffigt 453. i. Freiheit von Vorurteilen. 1. Die Grundbedingung jeder Kombination historischer Tatsachen ist, daB man sich einzig von der objektiven Ordnung der Dinge leiten und nicht durch irgendwelche vorgefaBte Meinungen, die wir auch Vorurteile nennen, irreführen laBt Unter Vorurteilen verstehen wir des nahern einseitige oder falsche, gleichsam zur Gewohnheit gewordene Bewertungen der eigenen und der uns umgebenden Güter. Sie lenken und modifizieren vielfach alle Vorstellungs- und Urteilsbildung, so daB diese leicht getrfibt und gefalscht wird. 2. Die Ursachen ffir die Vorurteile liegen teils in der persönlichen Eigenart des Menschen, namlich in seiner geistigen Veranlagung, seinem Temperament und seinem Affektleben, teils in einer einseitigen Erziehung oder dem EinfluB seiner Umgebung. Haufig sind die Vorurteile mit Unkenntnis der ihren entgegenstehenden Wahrheiten oder Tatsachen verbunden. Sie betreffen sowohl das rein geistige als auch besonders das religiöse und nationale Leben der Menschen. Am fietsten eingepflanzt sind durchweg die durch frühe Erziehung und durch den EinfluB der Umgebung erworbenen Vorurteile, weil diese im Geiste der Menschen gleichsam ein besonderes Heimatrecht erlangt haben und darum die ihnen widersprechenden Vorstellungen als unangenehm empfinden und leicht abweisen. So bewerten z. B. die. meisten Menschen in der Reihe der Lander und Völker am höchsten ihre Heimat und ihre Nation, auch wenn jene ein einfaches Heidedorf oder eine triviale Fabrikstadt ist und das Volk ohne Geschichte und ohne EinfluB dasteht; so schatzen sie gewöhnlich den Bildungsgang am meisten, den sie selbst durchgemacht haben; so hangen sie tast restlos den Anschauungen derjenigen Kreise an, in denen sie aufgewachsen sind oder in denen sie leben. Für zahlreiche Menschen bilden aber diese einseitige Stellungnahme und die mit ihnen notwendig verbundenen Vorurteile eine unübersteigbaré Grenze für das richtige Verstehen all der auBeren und inneren Erscheinungen, die mit diesen Vorurteilen nicht übereinstimmen. Daher denn auch die unübersehbare Zahl von MiBverstandnissen und Irrtümern im gesellschaftlichen Verkehr, im politischen Leben der Völker, auf dem Gebiet der Wissenschaften und im besondern bei geschichtlichen Darstellungen. Welche Herrschaft die Vorurteile gemeiniglich auf das Denken und Empfinden der Menschen ausüben, zeigt schon manche auf einen einfachen Vortrag folgende Diskussion und so manche lebhafte Unterhaltung einer auch nur kleinen Gesellschaft von Menschen. 454. 2. Die weitanschauung. 1. Unter der Weltanschauung verstehen wir die Gesamtanschauung,- die wir von der Ordnung der Welt haben, also vor allem von der Beziehungen zwischen Sein und Denken, zwischen Sein und Werden, zwischen VieJheit und Einheit, zwischen der Welt und einem auBerweltlichen göttlichen Wesen, ferner von der Entstehung und dem Ziel der uns umgebenden Dinge und vor , allem des Menschen selbst. Die Weltanschauung eines Mensehen durchdringt sein gesamtes und darum auch sein geschichtliches Denken und Empfinden; an ihr ermiBt man das Einzelne wie das Gesamtgeschehen. Ist die Weltanschauung die richtige, so besteht für den Forscher weniger Gefahr zu falscher Auffassung geschichtlichen Geschehens; ist sie aber falsch, so ist es für ihn unmöglich, zu einer richtigen objektiven Auffassung der geschichtlichen Tatsachen zu gelangen. Seiten prüfen namlich die Menschen die einmal angenommene Weltanschauung auf ihre Richtigkeit. Das Erringen einer umfassenden Weltanschauung ist für sie gewöhnlich etwas so Schwieriges und ihr Besitz etwas so eng mit ihrem ganzen Wesen Verknüpftes, daB sie von derselben auch um vieler historischer Fehler, Unstimmigkeiten und Irrtümer nicht ablassen. Deshalb stellt die Weltanschauung für sie aber auch eine Fehlerquelle ersten Ranges dar. 2. Ein ehrlicher, die Wahrheit über alles liebender Forscher wird aber nicht allein nach Erlangung der einzig richtigen Weltanschauung streben, um so das geschichtliche Geschehen ojektiver beurteilen zu können, sondern er wird auch in die Weltanschauung anderer einzudringen suchen, weil er nur auf diese Weise ihr Denken und Fühlen, ihre Motive und die dadurch bestimmten Handlungen verstehen kann. Nur so werden ja die toten Schatten der Oeschichte, die unbestimmten Umrisse der Personen, die der Vergangenheit angèhören, sich mit Blut und Leben tullen. Dieses Hineinleben in historische Personen wird aber dem am besten gelingen, der selbst die wahre Weltanschauung schon besitzr, weil er durch sie am leichtesten das Falsche von Wahren zu unterscheiden und die Tatsachen nach ihren objektiven Beziehungen zu erfassen weiB. 455. B e i s p i e 1 e für das E i n 1 e b e n in historische Personen und Tatsachen: Chrisüiche und besonders katholische Erscheinungen kann nur der verstenen, der selbst Christ oder Katholik ist. Wer z. B. sich nicht in Christus mit Verstand und Herz hineingelebt hat, wer Christus, seine Gestalt, seine Lehre und sein Wirken nicht gleichsam in sich aufgenommen hat, wird seiner Person und seiner welthistorischen Stellung, auch rein geschichtlich genommen, nie gerecht werden können. Desgleichen wird kein Nichtkatholik wilkommen der weltüberagenden Stellung des Papsttums und seiner geschichtlichen Entwicklung eine objektive Betrachtung widerfahren lassen können, weil ihm eben die objektive Grundlage für das Verstandnis beider Momente abgeht. Darum wird er auch nicht im stande sein, alle jene Vorgange und Entwicklungen, die zur Geschichte des Papsttums in naherer oder entfernterer Beziehung stehen, ihrer objektiven Bedeutung nach zu erfassen. Auf der andern Seite wird auch niemand den grausamen Charakter eines Christenverfolgers wie eines Nero oder eines Diokletian und ihre ruchlosen Taten in ihren Motiven verstehen, der nicht über das nötige MaB wahrer Menschenkenntnis verfügt und auch die Entwicklung abnormer menschlicher Bosheit in objektiver weise zu analysieren vermag. Dieses vermag aber nur wieder derjenige, dem die wahre Weltanschauung volle Aufklarung über den Ursprung und die Geheimnisse menschlicher Bosheit verleiht. Fünftes Kapitel. Die Darstellung. 456. Lit.: Bernheim 777—798; EMeyer, Oeschichte des Altertums 1,1* (1907) 206—209; LFonck, Wissenschaftliches Arbeiten 2252 f; GSimmel, Die historische Formung im Logos 7 (1917—18) 115 ff. Die Darstellung muB in der historischen Methodik insofern zur Sprache kommen, als sie ein Mittel historischer Arbeit, nicht aber eine sprachliche Formgebung ist Als solche gehort sie der Stilistik und Asthetik an. Wir handeln deshalb an dieser Stelle von der Darstellung als der geistigen Funktion, die anderen die Kenntnis der historischen Vorgange vermitteln will. 1. Je nachdem das Hauptziel der Darstellung die rein nach der Zeitfolge referierende Wiedergabe der historischen Tatsachen oder die Hervorkehrung des lehrhaften Charakters der Erscheinungen oder die Reproduktion des innern Zusammenhanges und der Entwicklung der historischen Tatsachen ist, unterscheidet man die erzahlende, die lehrhafte {pragmatische), die entwickelnde {genetische) Darstellung- Dem innern Werte nach steht letzte Darstellung an der Spitze. Ist die genetische Darstellung wirklich objektiv, so erreicht sie von selbst auch den Zweck, welchen die pragmatische Darstellung verfolgt. 457. 2. Das erste Erf ordernis bzw eine notwendige Voraussetzung jeder gelungenen Darstellung ist eine gute Auswahl. Die Darstellung kann namlich seiten das ganze geschichtliche Material, das der Forscher in seinem Geiste aufbewahrt, wiedergeben. Zu diesem Zweck sucht sie durch die Funktion der Zusammenziehung oder Verdichtang (Konzentration) gröBere Vorstellungsreihen in wenigere und kürzere unter Beibehaltung des wesentlichen Inhaltes umzuwandeln. Dabei strebt sie danach, die Hauptmomente, welche öbrigens auch so bereits durch das einheitliche Thema nahegelegt werden (z. B. bei einer Biographie das Persönliche) hervorzukehren und um jene Hauptmomente die anderen Momente je nach ihrer Bedeutung und ihrem Zusammenhang mit den Hauptmomenten zu gruppieren. Der Zwang, die groBe Mannigfaltigkeit und Vielseitigkeit des Geschehens durch Vereinfachung faBbarer zu gestalten, zeigt sich bereits bei der Erzahlung eines einfachen Erlebnisses, in der dasselbe auf wenige einfache Haupttatsachen eingeschrankt wird. In den zahlreichen Möglichkeiten der Auswahl der Tatsachen und ihrer Beziehungen liegt nun aber eine gewisser AnlaB zu Fehlgriffen und eine gewisse Gefahr für subjektiven Einschlag in die geschichtliche Darstellung oder für falsche Beurteilung, die nur durch ein ruhiges kritisches Abwagen gemieden werden kann. Oft kommt der Lauf der Dinge selber der Auswahl zu Hilfe, indem namlich mit fortschreitender Zeit viele wichtige Einzelheiten des Geschehens zurücktreten und dadurch das Wichtige, das Entscheidende, das schwerwiegendere Folgen nach sich zog, mehr in den Vordergrund trilt Auf diese Weise ergibt sich von selbst eine natürliche Auslese des geschichtlichen Materials. Eine notwendige Folge der Auswahl des Stoffes besteht darin, daB bei der geschichtlichen Darstellung vieles übergangen, manches vereinfacht und haufig das stille Tun und Handeln der anonymen Mitspieler als Kollektivbetatigung oder als Zustand zusammengefaBt wird. 458. 3. Ein zweites Erfordernis einer guten Darstellung ist eine zugleich logische wie sachgemaBe Disposition. Nur muB der Forscher sich vor dem nicht seltenen Fehler hüten, daB er die Darstellung in eine geographische oder zeitliche Anordnung hineinzwangt die den tatsachlichen Vorgangen und Erscheinungen Gewalt antut, oder daB er das geschichtliche Geschehen unter gewisse den Wissenschaftssystemen entnommene Kategorien einreiht, die dem objektiven Lauf der Tatsachen nicht entsprechen. 459. 4. DaB jede Darstellung sich auch durch Objektivitat auszeichnen muB, braucht kaum eigens hervorgehoben zu werden; denn die Darstellung bringt ja die Resultate der historischen Forschung, deren eigentliche Aufgabe die Ermittlung der objektiven Wahrheit der Erscheinungen ist nur zum Ausdruck, kleidet sie gleichsam nur in ein auBeres Gewand. 460. 5. Eine vollkommene Darstellung darf die Einzelzüge der Ereignisse und der Entwicklung der geschichtlichen Tatsachen nicht broeken aneinanderreihen. Das Bild der Vergangenheit soll nicht kalt und leblos Feder, Hist. Methodik. 12 erstehen, sondern es mu8 die versunkene Welt sich vor dem geistigen Auge gleichsam in ihrer Unmittelbarkeit und Wirklichkeit wieder auftun. Diese Wirkung wird durch die Plastik der Darstellung erreicht. Bei derselben spielt die Kombinationsgabe des Verstandes und der Phantasie eine groBe Rolle. Deshalb wird sich notwendig die Eigenart und die Begabung des Forschers wie ein unsichtbares Band zwischen Forscher und Leser schlingen, doch darf die Freiheit der plastischen Darstellung ihn nie daran hindern, strengstens zu scheiden zwischen dem, was wahr ist, und dem, was nur wahrscheinlich ist 1) Eine plastische Darstellung ist zunachst nicht möglich ohne Ansckaulichkeit. Diese soll die vergangenen Tatsachen in der Vorstellung aufs neue zu einem Leben erwecken, wie es ehedem in Wirklichkeit gewesen isi Nicht seiten greifen nun Historiker, um Erscheinungen und Zustande früherer Perioden recht anschaulich zu schildern, zu Begriff en und Ausdrücken, besonders technischen Ausdrficken, die erst einer spatern Zeit, meist der jeweiligen eigenen Gegenwart angehören. Die Folge ist dann, daB der Leser die Ideen und Verhaltnisse dieser Gegenwart auf die Vergangenheit übertragt und so eine falsche Auffassung der letztern erhalt. Umgekehrt fehlten viele Historiker im Mittelalter dadurch, daB sie die Verhaltnisse und Vorgange ihrer eigenen Zeit mit Begriffen und Ausdrficken schilderten, die der langst untergegangenen klassisch-lateinischen Welt angehörten, so daB das Verstandnis jen er Zeit dem heutigen Leser sehr erschwert ist Ein anderer haufiger Fehler, der aus einem falschen Streben nach Anschaulichkeit hervorgeht, ist der Gebrauch von Kollektivbegriffen und -urteilen in Fallen, wo diese Begriffe und Urteile nicht mehr als Vertretungen der durch sie bezeichneten Elemente gelten dürfen, sondern wo sie als Übertreibungen zu betrachten sind. So werden manchmal Handlungen und Tendenzen einem ganzen Volk, einer ganzen Partei, einer ganzen Gemeinde zugeschrieben, die in der Tat nur gewissen Teilen des Volkes, der Partei, der Gemeinde angehören. 461. 2) Die plastische Darstellung wird zweitens dahin streben, daB sie die enger zusammengehörigen Ereigniskomplexe, z. B. den auBern Verlauf einer Schlacht, die Versuche, MiBerfolge und Erfolge eines Erfinders, die religiöse Entwicklung eines Herrschers, die Blüte einer Kunstperiode in ein Bi ld zusammenfaBt, das einerseits eine gewisse rahmenhafte Geschlossenheit aufweist, andrerseits aber doch nicht von dem natfiriichen Zusammenhang mit dem übrigen Geschehen losgelöst ist Auf der einen Seite sollen wir zwar wegen der Beschranktheit der menschlichen Erkenntnis jeden Zug des historischen Bildes mehr oder weniger ffir sich isoliert betrachten können, auf der andern Seite müssen wir uns aber bewuBt bleiben, daB jeder Zug seinen vollen Erkenntniswert erst dann besitzt, wenn er im Lichte wenigstens der nachsten vorhergehenden Ursachen und der nachsten nachfolgenden Wirkungen erscheint; denn auch in der Wirklichkeit des Geschehens war ja kein Moment des dargestellten Bildes in der Isoliertheit, sondern nur in steter Verflechtung mit Ereignissen verschiedenen Charakters verlaufen. In der aufgestellten Forderung unterscheidet sich die geschichtliche Darstellung von einem einfach künstlerischen Bilde (etwa Gemalde oder Drama), das gleichsam ein inselhaftes Eins bildet und dessen Inhalt mit seinen Grenzen mehr oder weniger abgeschlossen ist 462. 3) Der Plastik der Darstellung dient ferner die konkrete Schilderung individuelier Eigenart oder die Individualisierung der Erscheinungen, namentlich der Charaktere von Persönlichkeiten, oder die Anführung von einzelnen Zügen, Handlungen oder Tatsachen, welche die besondere Eigenart der betreffenden Erscheinung oder Person bestimmt und klar kennzeichnen. Vor allem soll uns eine Lebensbeschreibung keine Schablone, sondern ein lebendiges Portrat zeigen. Bereits der hl. Hieronymus hat in der Vorrede zum Leben des hl. Hilarion mit Entschiedenheit auf die Notwendigkeit solcher Individualisierung bei Hagiographen hingewiesen: Quamquam enim sanctus Epiphanius Salaminae Cypri episcopus, qui cum Hilarione plurimum versatus est, laudem eius brevi epistola scripserit, quae vulgo legitur, tarnen aliud est locis communibus laudare defunctum, aliud defuncti proprias narrare virtutes MSL 23, 29. — Beispiele für ausgepragte Darstellung individuelier Eigenart s. bei MHuber, Die Nachahmung der Heiligen in Theorie und Praxis 1 (1916) 42 ff; s. besonders ebenda die Beschreibung des Witwenschmerzes der hl. Franziska von Chantal. Der Plastik entgegen ist aber die sogenannte Anhaufung (Kumulation) von Zügen derselben Charakterart, wie sie namentlich sich oft in Lebensbeschreibungen findet Eine solche Anhaufung wirkt nicht nur monoton, sondern sie weckt auch den Eindruek, als ob das Leben der dargestellten Person eine ununterbrochene Kette von Charakterzügen der geschilderten Art gewesen sei. Der weniger geschulte Leser wird nicht merken, daB im Leben jener Person auch viele Züge anderer und manchmal entgegengesetzter Art vorkommen. 463. 4) Haufig bedient sich die plastische Darstellung auch des Mittels der Stellvertretung, indem sie zur Kennzeichnung eineS Charakters, eines Zustandes, einer Entwicklung, eines Massen vorganges die eine oder andere typische und charakteristische Tatsache hervorhebt. Die Anwendung dieses überaus plastisch wirkenden Mittels erfordert natürlich eine groBe Klugheit und Gewandtheit, damit vom Leser wie von selbst auch die nötigen SchluBfolgerungen auf die nicht ausdrücklich geschilderten Momente gezogen werden können. 464. Die methodische Darstellung eines geschichtlichen Gegenstandes schlieBt dessen wissenschaftliche Erforschung im Einzelfall ab, indem sie die gewonnenen Resultate der übrigen Funktionen der historischen Methodik möglichst ungetrübt anderen zur Kenntnisnahme übermittelt Es steht somit auch sie im Dienste der, letzten Aufgabe alles geschichtlichen Forschens: nach Möglichkeit für sich und andere eine sichere Erkenntnis von den Vorgangen, Erscheinungen und Zustanden zu gewinnen, welche als Einzeltatsachen oder als zusammenhangende Tatsachengruppen nur Momente der groBen Entwicklungsreihe der Geschichte der Menschheit selbst bilden. 12* Register. 1. Autorenverzeichnis. Nicht aufgenommen wurden in das Verzeichnis die unter den bibliographischen nn. 145—172 verzeichneten Autoren, auch nicht die Übersetzer und Herausgeber neuerer Werke, ferner nicht die Namen von Personen, die nur als historische Beispiele angeführt und die teilweise in das Sachverzeichnis eingereiht wurden. — Die Ziffern bezeichnen die Seitenzahlen. Adam von Bremen 23. Agrippa' von Nettesheim 13. Albers Br. 9, 90. Alcuin von York 22. Ammianus Marcellinus 21. Annius von Viterbo 77. Arethas von Kaisareia 23. Aristarchos von Samothrake 21. Aristophanes von Byzanz 21. Aristoteles 4, 20, 24. Athanasios hl. 43. Augustinus hl. 6, 11, 23, 156. Bar M. 48. Ballerini B. und O. 26. Baronius C. 24, 85, 154. Barth P. 6. Basileios von Seleukeia 99. Baur F. Chr. 64. Bayle P. 13. Bechterew W. von 116. Beda 6, 84. Beinel St. 74, 78, 85. Bekker I. 26. BelethJ. 42. Belin E. 148. Bentley R. 25. Bernays J. 98. Bernheim E. 1 ff, 9f, 14, 17, 20, 28, 41, 72, 74, 76, 90, 99,106,119,131, 140, 144, 146, 160, 163, 174, 176. Bernoulli C. A. 99. Bezold F. von 113. Bielowski A. 74. Binet A. 106. Biondo Fl. 24. Birt Th. 72. BlaB Fr. 48, 99. Bodin J. 26. Böckh A. 99. Böhm A. 5. Bolland J. 25. Borghesi B. 78. Bourdeau H. 14. Braun O. 6. BreBlau H. 48, 72. Brisson B. 25. Bruni'L. 23. Buckle H. Th. 65. Büchmann O. 37. Burkhardt C. A. H. 49. Camden W. 24. Cano M. 24, 25. Cassiodorus 22. Castelein A. 64. Cathrein V. 116. Catt H. de 77. Cellarius Ch. 6. Celtes K. 24. Chladenius J. M. 26. Christ W. 20. Chrysoloras M. 24. Cicero 20. Comte A. 6, 61, 65. Copinger W. A. 47. Cortesi O. 77. Costanzo A. de 77. Creuzer Fr. 125. Cujas J. 25. Dahlmann F. C. 9. Daniël O. 24. Delehaye H. 42, 44, 75, 82, 94, 129. Deneffe A. 59. Didymos 21. Diets H. 89. Dindorf L 93. Dionysios Thrax 21. Dionysius exiguus 6. Döllinger I. 84, 85. Dold P. 9. Droysen J. O. 9, 28, 41. Dümmler E. 27. Duhr B. 75, 84. Dunin-Borkowski St. von 59, 61. Durandus W. 42. Dyroff A. 6, 10, 14. Ebert A. 20. Ebert F. A. 47. Eckhel J. H. 26, 78. Edwards E. 47. Ehrle Fr. 48. Eichhorn K. Fr. 26. Einhard 22, 94, 155. Ekkehard von Aura 23. Engel J. 119. Erasmus D. 24. Eratosthenes von Kyrene 21. Ernesti j. A. 26. Etienne St. und R. 25. Eudes Fr. 24. Euhemeros 125. Eusebios von Kaisareia 21 f, 34, 42 f, 136. Evagrios Scholastikos 22. Familler I. 116. Feder A. 85, 98. Fichte J. O. 13. Ficker J. 76. Flacius M. 24. Fonck L. 160, 176. Forceliini E. 26. Frechulf von Lisieux 22. Freeman E. A. 89, 119, 128. Fröbes J. 106. Frutolf von Michelsberg 23. Fueter E. 20. Oarda Villada Z. 9. Gaza Th. 24. Oeppert Fr. 99. Qercke A. 90. Gerhard E. 27. Germon B. 25. Geyser J. 64. Gfrörer A. F. 61. Giustiniani B. 24. Glogau H. 113. Oraesel A. 47. Graesse J. G. Th. 47. Gregor von Tours 36. Oregorios von Nazianzos 161. Qrimm J. 84. Grisar H. 17, 111. OroB H. 116, 130. Grotius H. 25. Grupp G. 174. Gudeman A. 20, 27. Güldenpenning A. 99. Günther H. 82. Guicciardini Fr. 24. Gutberlet C. 59, 64, 131, 146, 150. Gutschmid A. von 90, 93 f. Hain L. 47. Hardouin J. 14, 25. Hatch E. 61. Havet I. 76. Head B. V. 78. Hefele C. I. 76. Hegel G. W. F. 13. Heme Ch. O. 26. Heinsius N. 25. Hellwald F. von 65. Hermann O. 27. Hermann von Reichenau 23. Herodot 20, 84, 152. Hertsiet W. L. 37, 75. Heyne Chr. O. 125. Hieronymus hl. 6, 18, 22, 34, 43, 84 95, 179. Higuera R. de la 77. Hilarius von Pictavium 156. Hötzl P. 117. Holder-Egger O. 27. Honoratus a S. Maria 26. Hotman Fr. 25. Huber M. 179. Hüffer O. 143. Hume D. 143 f. Isidor von Sevilla 6. Jacob E. 41. Jahn O. 27. Janko W. von 75. Jordanes 22, 36. Josephos Flavios 21, 96, 156. KalHmachos von Kyrene 21. Kamper F. 75. Kant L 13. Kleemeier F. J. 45. Klotz A. 82. Knabenbauer J. 81. Knie F. 75. Koepp Fr. 85, 87. Koessing Fr. 116. Kolde Th. 14. Konstantinos Porphyrogennetos 23. Krumbacher K. 20. Kugler F. X. 88. Labbe Ph. 25. Lachmann K. 27. Lambert von Hersteld 23. Lambinus D. 25. Lamprecht K. 6, 61, 65. Langlois Ch. V. und Seignobos Ch 5, 9, 14, 17, 28, 41, 72, 99, 119,131 Laplace P. S. de 139, 145. Larfeld W. 78. Lasch B. 20, 84. Launoy J. de 154. Le Bon Q. 116. Leclercq H. 42. Lenglet du Fresnoy N. 26. Leo XIII 18. Lilienfeld P. von 61. Lindner Th. 6. Lippmann O. 106. Lipsius J. 25. Livius 20, 24, 84. Loebell J. W. 119. Löhrer F. A. 48. Lorenz O. 6, 71, 144. Mabillon J. 25, 77, 85, 154. Macchiavelli N. 24. Madvig J. N. 27. Maffei Sc. 25 f, 78. Maier H. 4. Mansi J. 26. Mariana J. de 24. Marini G. 78. Mayr G. 64. Mehlis G. 6, 13. Meinhold W. 73. Meister A. 9, 90. Meyer Ed. 34, 163, 176. Meyer R. M. 5. Michaelis A. 84 f. Milkau Fr. 47. Mill J. St. 61. Misch O. 113. Mohr R. 106. Mommsen Th. 27, 84, 98 f. Montfaucon B. de 26. Morelli G. 26. Morus Th. 24. Müller E. 4, 140. Munnyncks M. de 61. Muratori A. 26. Murray D. 49. Naville E. 61. Nepos Cornelius 84. Niebuhr B. G. 27, 29. 84. Nirschl J. 9, 28, 72, 163. Nissen H. 27, 99. Nostitz-Rieneck R. von 99, 170. Odo von Glanfeuil 44, 82. Oesterley H. 49. Origenes 22. Orlandini N. 25. Orosius 22. Otto von Freisingen 23. Pagi A. 24. Pallet L. 49. Panzer O. W. 47. Papebroch D. 25. Parish E. 106, 111. Parmentier L. 99. Paul H. 99, 163. Paulus diaconus 22, 36, 98. Peitz W. 85. Perizonius J. 25. Pertz G. H. 27. Pesch Chr. 14. Pesch H. 64. Pesch T. 10, 14, 140. Petau D. 24. Peter H. 20, 84. Petrarca 23. Photios 23. Pirkheimer W. 24. Pithou P. 25. Plinius 95. Poggio Bracciolini 23. Poincaré H. 61. Poliziano A. 24. Poncelet A. 99. Pontius diaconus 43. Porsch F. 146. Proctor R. 47. Prosper 73, 85. Quetelet A. 61. Quintilian 20. Ranke I. 84. Ranke L 27, 84. Reiske J. 26. Reuchlin J. 24. Rhomberg A. 4. Ribadeneira P. 25. Ribbeek O. 27. Rickert H. 4, 13. RieB L. 1. Ritschl A. 64. Ritschl Fr. 27. Rossi J. B. de 63. Rottmanner O. 84. Rufinus von Aquileja 22. Ruhnken D. 26. Ruinart Th. 25. Ruville A. von 174. Sabinos von Herakleia 22. Sacchini F. 25. Sauberlich O. 45. Saint-Simon 24. Sallust 20. Savigny F. C. von 26. Scaliger J. J. 25. Schaffle A. 61. Schanz M. 20. Schedel H. 24. Schelling F. W. J. 13. Schnürer O. 5 f. Schulz M. 20. Schwenke P. 48. Seignobos Ch. s. Langlois. Sigonius C. 74. Sigwart Ch. 14, 64. Simmel O. 6, 13, 176. Sirmond J. 25. Sittl K. 49, 74. Smedt Ch. de 9, 14, 17, 61, 72, 80, 119, 123, 140, 146, 154. Sokrates, Historiker 22, 161. Sozomenos 22, 161. Stern W. 106. Steuer A. 64. Strabo 152. Strada F. 25. StrauS D. 143, 145. Suidas 23. Sully J. 106. Sulpicius Severus 22, 98. Sychowski St. von 99. Tacitus 21. Tassin R. P. 26. Teuffel W. S. 20. Theodoretos von Kyros 22, 161. Thiers J. B. 154. Thomassin L. de 25. Thou J. A. de 24. Thukydides 20, 152. Tillemont L. S. Le Nain de 25. Tobler A. 72 f, 99. Toustain C. F. 26, 76. Traube L. 47 f, 77, 79. Trithemius (Trietheim) J. 77. Tschudi A. 24. Turmair J. 24. Ulmann H. 113. Vahlen J. 27. Valkenaer L. C. 26. Valla L. 23. van den Gheyn J. 42. Vischer W. 14. Vogel E. F. 146. Vomey C. F. de 14. Voltaire F. M. 137. VoB O. J. 26. Wachler L. 20. Wachsmuth C. 20, 27. Wagenfeld F. 77. Waitz G. 9, 27. Wattenbach W. 20, 27, 72, 77, 82. Wegele F. J. 20. Weinberger W. 48. Weise O. 45. WeiB A. 174. Widmann S. 37, 75. Widukind 84. Winckelmann J. J. 26. Windelband W. 4, 13. Wolf F. A. 27. Wundt W. 31, 61, 144. Xénopol A. D. 1. Zeiler E. 143. Zenodotos von Ephesos 21. Zonaras 23. 2. Sachverzeichnls. Abgeleitete Quellen 91, 95 ff. Abhangigkeit der Quellen 90 ff, Bestimmung der A. 93 f. Agypten: Schrifttum 50, Kulturperi„ ode 87, 152. Asthetische Zwecke bei Quellen 36, 43, 129. Affekte und Kritik 17 f, 110, 113, A. und Synthese 112 f. Afra hl, Akten 43. Agglutinationstheorie 63. Akkumulation bei Sagenbildung 124. Akropolis von Athen 88. Akten: Begriff 33, als Quellen 31, 33 ff, Charakter 127 f, Bibliographie 52 f, Falschungen 75 f, Verkennungen 85. Albanus Mart. 44. Alexander der GroBe 92, 167, 174, Sagen 37, 75. Alexandrinische Grammatiker 21. Altertum und Methodik 20 f, Bibliographie 50 f, 54, als Epoche 6. Altertumskunde s. Archaologie. Anachronismen 81. Analogie, hist.: Begriff 59 f, Wert 60, Regeln 61, s. vergleichendes Verfahren. Anekdoten als Quellen 37, Falschungen 75. Annalen als Quellen 33, Falschungen 77. Anonyme Quellen 37, 89, an. Werke 55. Anschauung, unmittelbare s. Wahrnehmung. Anthropogeographie 19, 26. Apokryphe Werke 72, 74. Arbeitsweise der Autoren als Kriterium 95. Arboréa, Pergamene di: Falschung 74. Archaologie als HHfs wissenschaft 19, Bibliographie 57. Archetypos s. Originalitat. Archive: Begriff 48, Geschichte 48, Bestande 49. Argumentum a priori 140 ff. Argumentum e silentio 80, 154 ff. Aristoteles, Werke 84. Assurbanipal, Bibliothek 153. Astronomische Daten als Kriterien bei Zeitbestimmung 88. Auffassung s. Synthese. Aufmerksamkeit bei sinnHcher Wahrnehmung 109 f, 133. Augenzeugen 29. Augustus Kaiser 167. Ausgrabungen 63, 84, 87 f. Auskunftsburo der deutschen Bibliotheken 56. Auslassungen in Quellen 73, 82,102, als Kriterium 96. Aussagesubjekte, Typen 129 ff. Auswahl des Stoffes 2 f, 176. Authentizitat der Quellen 73. Autobiographien als Quellen 34, Charakter 127. Autorenbestimmung 89 f. Autoritatsglaube: Begriff 10, Berechtigung 10 f, 131. Babylonisch - assyrisches Schrifttum, Bibliographie 50. Barlaam und Josaphat, Akten 44. Bedeutsamkeit, hist. 2, 34. Bedeutungswandel der Worte 159. Bedingungen des Geschehens 164, 169 f. Bekennerviten 42 f. Bekraftigung 147. Bella diplomatica 25. Beobachtung s. Wahrnehmung. Berichte s. formelle Zeugnisse. Bernhard von Clairvaux, wunder 143. Betatigungen, menschliche als Objekt der Oeschichte 1, Einteilung 2, Ursachen 65. Bibliographie, hist. 50 ff, der Hilfswissenschaften 56 ff. Bibliotheken: Oeschichte 24, 47, Kataloge 47 f, B.-kunde 47 f. Bildungsgrad der Zeugen 130. Biographien als Quellen 34, Falschungen 77. Biographische Hilfsmittel 56. Bollandisten 25, 52. Briefe als Quellen 35, 127. Buchdruckerkunst 24. Buchkunde 45 ff. Buchwesen 101, Bibliographie 57. Bücherlexika 55. Buntbücher 76. Byzanz, Pflege der Wissenschaft 23 f. Centurien, Magdeburger 24. Christentum: Bedeutung für Oeschichte 176, s. Zeiteinteilung Chroniken als Quellen 33, Falschungen 77. Chronologie als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 58, s. Zeiteinteilung. Columbus 63, 75. Cyprian hl., Akten 43. Daniël Prophet 154. Darstellung: Begriff 176, Eigenschaften 176 ff. Datierung s. Zeitbestimmung. Denkmaler als Quellen 38, Falschungen 78, Verkennungen 85. Deutsche Akten und Urkunden 53. Dichtung und hist. Quellen 36, 43, 129. Didymos und Theodora, Mart. 44. Dionysios von Athen 75. Diplomatik s. Urkundenlehre. Diplomatische Akten 76, 128. Disposition 177. Drucke, Fehler 102. Druckverfahren 45 f. Echtheitskritik: Begriff 72, negative E. 72 ff, positive E. 86 ff. Edition der Quellen 104. Eigenart der Quellen 119 ff. Einhard, Leben Karls des GroBen 22, 94. Emendation der Texte 104. Empfindung, Fehler 109 f. Entwicklung, hist. als Formalobjekt der Qesch. 3, s. genetische Oesch. Enzyklopadien 55. Ephoros, griech. Historiker 94. Epigraphik als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Erfahrungssatze, psycholog. 79, 92, 107, 118, 135, 150. Erganzungswert innerer Gründe 140 ff, anderer Quellen 119, 146 ff. Erkenntnisobjekt hist. Forschung 28. Erzahlung s. mündl. Tradition. Ethnographie. s. Völkerkunde. Evangeliën: Überlieferung 79, Echtheit 80 f, 101, Integritat 79. Exzerpte 163. Falschung: Begriff 72, Motive 74 ff, Kriterien 78 ff, inhaltliche F. 116 ff. Faktoren der gesch. Entwicklung 164 ff, physische 66, psychische 66, kulturelle 66, s. Bedingungen, Gelegenheden, Mittel, Ursachen. Form : Übereinstimmung der F. als Kriterium in Quellenanalyse 94 f. Formelle Zeugnisse: Begriff 31, als Quellen 33 ff, 149 ff, Charakter 120 ff. Formelsammlungen 91 f. Formgebung 159. Fragestellung in der gesch. Forschung 29. Gattungskritik der Olaubwürdigkeit 119 ff. Gedachtnis und Kritik 113, 133. Geflügelte Worte 37, 75. Gelegenheiten des Geschehens 164 f, 170. Gemüt 166, s. Affekte. Genealogie als Hilfswisenschaft 19, Bibliographie 57. Genealogische Quellen 33, Falschungen 77. Qenesius Mart. 44. Genetische Geschichte 3, 5, 7, 9, 76, 112, 164 ff, 176. Geographie als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 58. Oeorgios Mart. 43, 75. Gerichtsverfahren und hist. Kritik 17, 32, 115. Gerüchte als Quellen 37, 84. Geschaftliche Akten als Quellen 32 ff, Charakter 127 f. Oeschichte: Begriff 1, 3, Materialobjekt 1 ff, Formalobjekt 3, als Wissenschaft 4, 67, Einteilung 5 f. Geschichtsphilosophie: Begriff 6, Geschichte 7, Einteilung 7 f. Gesellschaft Jesu, Stiftung 156. Oesetze, hist. 5, 65 ff, moralische 65, statistische 68 f, psychologische 160, Massengesetze 66, s. Erfahrungsatze. GesetzmaBigkeit, hist. 65 ff. GewiBheit, hist.: Begriff 10, Arten 10 f, 141 ff, 147. Glaube: uneigentlicher 01. 11, s. Au tor i t a t sgl aube. Olaubensspaltung: EinfluB auf hist. Methodik 24, Ursachen 168. Glaubwürdigkeit: Begriff 90, 105 ff, Fehlerursachen 106 ff, Kritik 118 ff. Glossen 73. Gralsage 37. _ Graphische Überlieferung 38. Orenzpunkte bei Zeit- und Ortsbestimmung 88. Oriechisches Schrifttum, Bibliographie 50. Hagiographie: EinfluB auf hist Methodik 25. Hagiographische Quellen 42, Einteilung 42 ff, Falschungen 75, 82, 118, Bibliographie 51, s. Legende. Halluzinationen 111, 116. Handschriften: Kollation 103, Filiation 103, Überlieferung gewisser H. 79, Bibliographie 54, s. Rezension. Henologisches Prinzip 59 f, 92 f. Heraldik s. Wappenkunde. Hermeneutik s. Interpretation. Heuristik s. Quellenkunde. Hilfswissenschaften der hist. Methodik 18 f, Bibliographie 56 ff. Humanismus: EinfluB 23 f, Falschungen 77. Hyperkritik 18, 83 f. Hypothese, hist.: Begriff 62 f, Wert 63, Regeln 64. Hysterische, Lügen der H. 118. Idealismus, hist 13. Ideen in der Oeschichte 166. lllusionen 111, 116. Individualitat der Autoren bei Analyse 94, bei Olaubwürdigkeit 131. Individualisierung bei der Darstellung 179. Individualkritik der Olaubwürdigkeit 131 ff. Indizien, hist.: Begriff 32, als Quellen 32, 148 f. Indizienbeweis 148. Induktion, hist: Begriff 65 f, Anwendung 67 f. Inhaltliche Kriterien 82, 88 f, 90, 93 ff. Inkunablen s. Wiegendrucke. Inneres Leben, Tatsachen des 157. Inschriften' als Quellen 33, 39, Falschungen 77, Verkennungen 85, I. -sammlungen 53 f, s. Museen. Institutionen, hist 27, s. Zustande. Integritat der Quellen: Begriff 100, Fehler 101 ff, Kriterien 100 f, Wiederherstellung 102 ff. Interpolation 73, 82. Interpretation: als method. Funktion 32, 67, 71, 158 ff, von Überresten 31 f, von Sagen 125. Irische Mönche und Wissenschaft 22. Irrtum: Begriff 73, 83, Ursachen 83, I. in den verschiedenen Quellen 83 ff, Kriterien 86, inhaltliche I. 106 ff. Itinerare 160. Jahrbücher als Quellen 33 f. Jesuiten und hist. Kritik 25. Johannes Evang., Olaubwürdigkeit 131 f. Julius Casar als Berichterstatter 134f. Kaiserurkunden 53. Kalendarien als Quellen 33. Karl der OroBe: Leben 22, 94, 155, Pflege der Wissenschaften 22, Sagen 75, 125. Karl V 75. Kataloge s. Archive, Bibliotheken. Kausalerkenntnis, hist. 5, 67 ff. Kausalnexus in Geschichte 3, 112, 164 ff. Kirchliche Oeographie 58. Klimatische Einflüsse 32, 66. Klöster und Pflege der Wissenschaften 22. Kollektive Betatigungen 3, s. Massen. Kombination: Begriff 158, auBere 160 f, innere 163 ff, subjektive Voraussetzungen 174 f, s. Faktoren. Kombinationsgabe 164. Komparative Methode s. vergleichendes Verfahren. Konjektur 62. Konjekturalkritik 104. Kontinuitat des gesch. Geschehens 3, 7, 179, s. genetische Oeschichte. Kontrast 173. Konventionelle Sitten 66. Konzentration bei Sagenbildung 124 f. in der Darstellung 177. Konzil von Konstantinopel (381) 161. Konzilsakten, Bibliographie 53. Kopien von Quellen 35, 74, 91, 100, 103, 138. Korrektur des Druckes 104. Kretisch-mykenische Kulturperiode 87 f, 15l Kreuzzüge, Bibliographie 52. Kriterien: der Echtheit 78 ff, des Irrtums 86, der Abhangigkeit der Quellen 93 ff, der Bestimmung von Zeit Ort, Urheber der Quellen 86 ff, der Integritat 100 f. Kritisches Urteil 15, 18, 71, Mangel 18, ÜbermaB 18. Kultur 169 f, s. Faktoren, Umwelt. Kunstprodukte als Quellen 32, Falschungen 74. Kyprianos von Antiocheia, Mart. 44. LSnderentdeckungen, EinfluB auf hist Methodik 24. Lebensstellung der Zeugen 131. Legende: Begriff 42, als Quelle 42, Falschungen 75, Charakter 128 f, s. hagiograph. Quellen. Leidenschaften 166, s. Affekte. Leitende Hypothese 62, 64. Lieder, hist als Quellen 36. Literaturen: nicht eigentl. Quellen 29, Falschungen 74, Verkennungen 84, Bibliographie 53. Literaturgattung als Kriterium 94. Liturgische Sammlungen 53. Logik, Verhaltnis zur hist. Meth. 7 f. Lüge in hist. Berichten 116 f. Luther, Halluzinationen 111. Lyon: Gründung 155, Martyrer 43, 136. Martyrerakten als Quellen 42 f, Echtheit von M. 81, 136, Bibliographie 51 f. Massen: Begriff 68 f, Gesetze 66, Berichte von M. 116. Matthausevangelium 97. Memoiren als Quellen 34, Falschungen 77, 127. Menschheitsgeschichte, Einheit 3, 7, 179. Metaphysische GewiBheit 11, 141, m. Prinzipien bei gesch. Forschung 11, 59 f, 93, 148, 150. Methodenlehre, hist.: Begriff 8, Eigencharakter 14 ff, Einteilung 8, Ziel 10 ff, Wert 16 ff, Voraussetzungen 17 ff, Einheit ihrer Akte 71 f, Hilfswissenschaften 18 ff, Oeschichte der M. 20 ff. Migne, Patrologie 51. Milieu s. Umwelt. Minossage 152. MiBverstandnisse als Kriterien 93 ff. Mitteilung s. Tradition. Mittel des gesch. Geschehens 164, 171. Mittelalter nnd gesch. Methode 21 ff, als Epoche 6. Möglichkeit, hist. 12,141 ff, der hist. GewiBheit 12 ff. Monumenta Germaniae historica 27. Monumentale Überlieferung 38. Monumente, hist 33. 38. Moralische GewiBheit 10, 145, m. Gesetze 10 f, 65 ff, m. Ursachen 165, s. Gesetze. Motive der GewiBheit 12, der hist. Tatsachen 65. Mündliche Überlieferung: Begriff 36 ff, Charakter 120 ff, Bibliographie 55. Münzen als Quellen 31, 39, 77, M.sammlungen 54, s. Museen. Münzkunde als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Museen 49 f. Mythen als Quellen 37 f, Charakter 125. Nach bildung von Quellen 116. Nacherzahlung von Berichten 91, 115, 138, 149 f. Namenkunde 31. Nationale gesch. Sammlungen 52, n. EinfluB auf gesch. Forschung 174 f. Naturbedingungen s. Faktoren, phys. Naturgesetze s. Gesetze, phys. Naturwissenschaftliche Methode 15, 61, 64 f. Negative Tatsachen 173. Nero, Typ der Orausamkeit 125. Neuzeit: Methodik 23 ff, als Epoche 6. Nikephoros Kallistos, Kirchengeschichte 99. Nikolaos von Damaskos, Weltgeschichte 93. Numismatik s. Münzkunde. Objektivitat: der Quellen 106 ff, 118 ff, der Forschung 18, der Darstellung 174, 177. Ohrenzeugen 29. Oratorische Darstellung 35, 128. Ordensgeschichte, EinfluB auf hist. Methodik 25. Ordnung des hist. Stoffes 159 ff. Originalitat der Quellen 74, 90. Ornamentale Überlieferung 38. Ortsbestimmung der Quellen 88 f. Ossians Lieder 74. Ostraka (Thonscherben) als Quellen 39. Papstliche Urkunden, Bibliographie 53. Palaographie als Hilfswissenschaft 19, 101, Bibliographie 57. Palaographische Kriterien 82, 87 f, 89, 101. Papsttum, objektive Auffassung 176. Papyrusurkunden 31, 39, 52 f. Partielle Falschungen 73, 82. Passionarien 42. Pathoforme Lügen 118, 136. Pathologische Zustande 107, 116. Patristisches Schrifttum, Bibliographie 51. Perioden der Weltgeschichte 6. Perpetua und Felicitas, Akten 43. Persönlichkeit s. Individualitat Personalnachweise 56. Petros Balsamos, Mart. 43. Phantasie und Wahrnehmung 109 f, 133, Hilfsmittel der Darstellung 178. Philologie als Hilfswissenschaft 18, EinfluB auf hist. Methodik 21, 25 f, Bibliographie 56. Philologische Kritik 18, 99. Philosophie, Verhaltnis zur Oeschichte 16 f, 18. Philosophische Methode und gesch. M. 15 f. Photographische Überlieferung 38. Physische OewiBheit 12, 141 ff, ph. Faktoren in der Oeschichte 66. Pilgerfahrten nach Palastina, Bibliographie 52. Plastik der Darstellung 177 f. Plato, Werke 74, 84. Polykarpos Mart. 43. Pompeius Trojus, Röm. Historiker 94. Porta Nigra in Trier 88. Pragmatische Oeschichte 9, 128, 176. Prinzipien in der Oeschichte: metaphysische 11, 59 f, 92 f, 148, 150, moralische 65 ff, psychologische 92 f. Produkte als Quellen 32. Prokopios von Kaisareia, Mart. 75. Prophezeiuflgen, falsche 77. Pseudonyme Bücher, Bibliographie 55. Psychologische Prinzipien bei gesch. Forschung 92, s. Erfahrungssatze, Qesetze. Ptolemaer und Pflege der Wissenschaften 21. Quellen: Begriff 28, Einleitung 29 ff, primare u. sekundare 29,127, stumme (sachliche) u. redende 30 ff, objektive u. subjektive 30, Tabelle der Q. 29 ff, Aufbewahrungstatten 45 ff, Umfang des Quellen materials 29. Quellenanalyse: Begriff 91, Bedeutung 90 f, 150, Umfang 92, Prinpien 92 f. Quellenkritik: Begriff und Aufgabe 9, 69 ff, wichtige logische Beweismittel 59 ff, auBere Kritik 72 ff, höhere 72, innere 105, philologische 99, Echtheitskritik 72, Kr. der Olaubwürdigkeit 118 ff, s. Falschungen, Irrtümer. Quellenkunde: Begriff 9, 28, Aufgabe 44 ff. Quellenachweise 50 ff. Quellensammlungen 50 ff. Quellenverzeichmsse 54 f. Quirinus von Siscia, Mart. 43. Rechts wissenschaft: EinfluB auf hist. Methodik 25 f. Regelmafiigkeit s. Gesetze. Regressives Schlu B verf ahren in gesch. Forschung 65, 67. Reproduktion der wahrgenommenen Tatsachen 113, 133, Fehler 113. Rezension der Quellen 103 f. Römisches Schrifttum, Bibliographie 50 f; röm. Recht, Bibl. 53. Rom, Oeschichte 167 f, Sagen 75. Romantik, EinfluB auf Methodik 26. Rücksichtnahme auf andere bei Wiedergabe 114. Sabas Qothus, Mart. 43. Sagen als Quellen 37, ProzeB 124 f, Charakter als Tradition 124 f, atiologische S. 37, 75, Wandersagen 37, 75, Falschungen 74, Verkennungen 84. Sardicensiche Synode (343), Brief 85. Saturninus von Tolosa, Mart. 43. Schliemann H.: Ausgrabungen 63, 84. SchluBverfahren s. Analogie, Induktion, Hypothese, regressives Schl., vergleichendes Verfahren. Schriftkunde. s. Palaographie. Schriftliche Überlieferung 39, Charakter 126. Scillitaner, Passio 43. Scipio Africanus 167. Siegelkunde (Sphragistik) als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Singulare Betatigungen als Gegenstand der Geschichte 3, 15. Skepsis, hist. 13 f, unberechtigt 13 f, 26, 107,"! 18 f. Soziales Moment der geschichtlichen Betatigungen 1 f. Sozial-psychische Motive 166. Sprache, Bedeutung bei Wiedergabe 114. Sprachkunde als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Sprachliche Kriterien 82 f, 87, 89 f, 93, 96, Überreste 31 f. Sprichwörter, hist. als Quellen 37. Stammbaum s. Stemma. Statistik: Begriff 68, Anwendung 68. Statistische Gesetze 68 f. Stein K. von, Gründer der Mon. German. hist. 27. Stemma der Handschriften 96, 104. Stilistische Analyse 85, 87; stil. Kriterien s. sprachliche Kr. Streitschriften 128. Suggestion 115. Symmachianische Falschungen 76. Symphorosa Mart. 43. Synthese der wahrgenommenen Tatsachen 111,133, der bezeugten Tatsachen 10, 14, 71, 158. Tacitus Annalen, Quellen 98. Tatsachlickeit der hist Fakta als Gegenstand der Kritik 70 f, 144, T. der Quellen 70, 72. Teil Wilhelm 75. Temperament der Zeugen 130. Tendenz von Quellen 81, als Kriterium 96. Thema s. Auswahl, Fragestellung. Theorie 62. Theodotos von Ankyra, Mart. 44. Titel eines Buches 46. Tradition: Begriff 33, Einteilung 36 ff, mündliche 36 ff, 120 ff, schriftliche 39, 126, figürlich-bild- liche 38, anonyme 37. Traditionsbeweis im engern Sinne 122 ff. Typische Betatigungen 3. Überarbeitung einer Quelle 96. Öberbieibsel 32. Übereinstimmende Zeugnisse 146 ff. Übereinstimmungen als Kriterien .. 92 ff. Überlebnisse 32. Überlieferung 33 ff, s. Tradition. Überreste: Begriff 28,30, als Quellen 31 ff, 147 f, 151 ff, Charakter 119 f, 156, als Urquellen 91, Fal- 1 schungen 74, Verkennungen 83. Übersetzungen 96, 101, 103. Umwelt 18, 130, 170. Universalgeschichte 5. Urbilder als Quellen 91. Urform der Quellen 99 ff, s. Integritat Urheberbestimmung 89 ff. Urkunden: Begriff 30, 34 f, als Quellen 30 f, Bibliographie 52 f, Falschungen 75 f, 80, Verkennungen 85, abgeleitete 91, Formelbücher 91. Urkundenlehre als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Urquelle, versch. Sinn 91 f. Ursachen der gesch. Tatsachen 164 ff, unmittelbare 165 f, im weitern Sinne 166, s. Faktoren. Ursprünglichkeit der Quellen 90 ff. Vaterausgaben 51 f. Vergil, Überlieferung 79. Vergleichendes Verfahren in Kritik 87, 93 ff, s. Analogie, Echtheit Falschungen, Irrtümer. Verkennungen s. Irrtümer. Verknüpfung s. Kombination. Verlorene Quellen 97, 99. Vermutung 62. Vertretung bei Darstellung 179. Verunechtung s. Falschung. Verwandtschaft der Quellen 92, Nachweis 95 ff. Vinzenz Madelgarius hl. 99. Völkerkunde als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 58. Volkstradition 37, 121 ff. Vorlage einer Quelle 91. Vorsehung in Geschichte 167. Vorstellungen der Phantasie 110 f, 133. Vorurteile bei Kritik 17 f, 112, bei Synthese 112, 174 f. Wahraussage s. Wahrhaftigkeit. Wahrhaftigkeit der Berichterstatter 13 ff, Kriterien 136 f, falsche Kriterien 138. Wahrheitsliebe, Forderung der gesch. Forschung 17, 174. Wahrnehmung: nicht eigentliche Quelle 29, Fehler 108 ff, Bedingungen einer richtigen W. 132 f. Wahrscheinlichkeit, hist 12, 16, 147, innere 146. Wandersage s. Sage. Wappen als Quellen 39. Wappenkunde (Heraldik) als Hilfswissenschaft 19, Bibliographie 57. Weltanschauung wahre, Wert für gesch. Forschung 175 f. Weltchroniken 23. Widersprechende Zeugnisse 153 ff. Wiedergabe der beobachteten Tatsachen 114 ff, 134 f, s. Darstellung. Wiegendrucke 46, Kataloge 47. Wille und gesch. Betatigungen 1, 65, 165 f. Wirkungen der gesch. Tatsachen 165 ff. Wirtschaftlkhe Faktoren 66, 170. Wissenschaft: Begriff 4, Einteilung 4, Oeschichte als W. 4 f. Wunder: Begriff 142, Möglichkeit und Erkennbarkeit 142, Berichte über W. 142 ff, Oegner 143 ff. Zeitbestimmung der Quellen 86 ff. Zeiteinteilung 6. Zeitschriften, Bibliographie 56. Zenhen kritischen Arbeitens 27, 54. Zettelmethode 162 f. Zeugnisse: Begriff 31, virtuelle 31 ff, formelle 31, 33 ff, s. Quellen. ZirkelschluB bei Hypothese 64. Zitate, falsche 84. Zufall 168. Zusatze in Quellen 73, 82, 102, als Kriterien 94, 96. Zusammenhang: au Be rer 164, 169 f, innerer 171 ff s. Faktoren, genet. Oeschichte, Kausalnexus. Zustande: Begriff 2 f, Quellen 32, Zustandsgesetze 66, Rekonstruktion 97. Zuverlassigkeit s. Olaubwürdigkeit. Nachtrage und Berichtlgungen. S. 38 n. 108 Z. 6. v. u.: /. Standbilder. — S. 47 n. 135 Z. 5: straehe Method. — S. 64 n. 193: fiige bei ADXénopol, Les Principes fondamentaux de l'histoire (1899) 174 sqq. — S. 66 n. 197 Z. 3: /. letzteren statt ersteren. — S. 75 n. 220: fiige te JBurg, Oeschichtslügen 1895, 101910. — S. 94 n. 278 Z. 11: /. Einhard. — Einige andere kleinere Druckfehler wird der freundliche Leser selbst leicht berichtigen. n