VICKI BAUM LIEBE UND TOD AU F BALI KONINKLIJKE BIBLIOTHEEK 0731 8014 VICKI BAUM LIEBE UND TOD AUF BALI LlGbG UND AUF BMJ VICKI BAUM LIEBE UND TOD AUF BALI QUERIDO-VERLAG N.V. AMSTERDAM VICKI BAUM lJGbG UND TOD AUF BALI Das Ende der Geburt ist Tod. Des Todes Ende ist Geburt. So ist's verordnet. . Aus der Bhagavad-Gita i\i\P Copyright 1917 by Querido-Verlag N. V. Amsterdam Die Photos stammen von der Verfasserin, Freudenberg G.m.b.H. und der ATP Zürich Druck: Genossenschaftsdruckerei Zürich / Printed in Switzerland IZ #i;!f \n ml Einleitung Aus den Aufzeichnungen von Dr. Fabius, Arzt in Bali Als ich von der kleinen Gouvernementsklinik heimkam, in der ich den ganzen Morgen lang etliche Arten Fieber, Wunden von scharfen Bambusschnitten und tropische Geschwüre behandelt hatte, fand ich ein Fahrrad an die Eingangspforte meiner Mauer gelehnt. Ich ging schnell durch den Hof, denn ich war neugierig, wer mich besuchen kam. Meine hollandischen Freunde lacheln gern darüber, dal3 mein Hof im Stil der Eingeborenen gebaut ist. Das Haupthaus mit weiBgetünchten Lehmwanden und einem Vorbau, umgeben von vielen kleineren Hausern oder Balés. Balés, das sind erhöhte Plattformen, von Dachern aus Alang-Alang-Gras beschattet, die auf Pfosten ruhen. Manche der Balés haben eine oder sogar zwei Wande aus Lehm, und gegen Sonne und Regen können Bambusmatten vorgehangt werden. Es lebt sich gut und luftig in diesen Balés, und nur das Haupthaus hat wahrhaftige Wande. Der ganze Grund ist von einer Mauer umschlossen, über die Palmen und Fruchtbaume so hoch hinaufragen wie ein Wald. Auf dem FuBboden des offenen Vorbaues kauerte Ida Bagus Putuh, und eine Stufe tiefer hoekte der Schnitzer Tamor. Beide sind aus dem Dorf Taman Sari, das nahe der Küste und mehrere Stunden weit vom FuB des Gebirges entfernt liegt, wo ich wohne. Die beiden falteten die Hande und hoben sie zur Schulter, um mich zu begrüBen. Ida Bagus tat es mit erlesener Höflichkeit, und Tamor, der moderne Ideen hat, lachte dazu mit vielen ebenmaflig gefeilten, weiBen Zahnen, so, als nahme er die Zeremonie nicht ganz ernst. Tamor ist ein schoner und ge- schickter Bursche, der manchmal ganz erstaunliche Schnitzereien zuwege bringt. Er tragt gern bunte Sarongs und schone Kopftücher, die mit besonderem Schwung um seinen schmalen agyptischen Schadel gebunden sind. Hinter das Ohr hatte er sich eine rote Hibiskusblüte gesteckt, und er rauchte eine Maisblattzigarette, die süB nach Gewürz und Nelken roch. Seinen hübschen Oberkörper hatte er in einem schmutzigen, billigen japanischen Hemd begraben, denn so ist es gerade die flotte Mode unter den jungen Leuten. «GegrüBt, Tuan», sagte er vergnügt. Neben ihm lag ein Sack aus Kokosfaser, in dem — ich wuBte es - eine neue Schnitzerei aufs Besehen wartete. «GegrüBt, Tuan», sagte auch Ida Bagus Putuh. «GegrüBt, Freunde», sagte ich und sah die beiden an. Putuh, der weiB, daB ich ein wenig altmodisch bin, hatte sich im alten balinesischen Stil angezogen, so feierlich, als handelte es sich um einen Besuch beim Badja. Sein Oberkörper war nackt, mit schonen langen Muskeln unter der hellbraunen Haut. Er trug ein golddurchwirktes Saput über dem handgewebten seidenen Kain um Magen und Ilüften geschlungen. Sogar seinen Kris hatte er rückwarts in den Gürtel gesteckt, so daB der schöngeformte Holzgriff hinter seiner Schulter hervorragte. Auch Putuh trug eine Blume, mitten über der Stirn in seinem Kopftuch, aber es war keine Hibiskusblüte, sondern eine gelbe Tjempakablume. Ihr starker, süBer und herber Duft füllte den ganzen Vorbau, der Duft vonBali,und siewar schon im Welken begriffen. Im Mund hatte Ida Bagus Putuh einen Priem aus Sirih, Betel, Kalk und Tabak, was weniger schön war, und in Abstanden spuckte er kunstvoll einen roten Saft über die Stufen in den Hof hinunter. «Wie lange sind die Freunde schon hier?» fragte ich der Höflichkeit halber. «Wir sind soeben gekommen», wurde geantwortet, und auch dies war nur Zeremonie. Die beiden mochten gut und gern schon fünf Stunden auf der Stufe sitzen, kauend, rauchend, beschaulich und voll der unermeBbaren Geduld ihres Volkes. Ida Bagus ist der Titel für Leute der höchsten Kaste der Brahmanen. Ich habe Putuh im Verdacht, daB er, obwohl nicht halb so alt wie ich, doch ebenso altmodisch denkt wie ich. Seine Familie hat frülier eine groBe Bolle in seinem Dorf und weit über dessen Grenzen gespielt. Aus ihr sind mehrere groBe Priester oder Pëdandas gekommen, bis seinen Vater das groBe Unglück traf. Jetzt sind sie arm und leben still in Taman Sari, und Putuh arbeitet auf dem Reisfeld wie irgendein kastenloser Sudra. Aber er hat Würde, trotzdem er noch jung ist, und er ist, wie gesagt, ein konservativer Mann, der die guten Manieren der alteren Generation weiter beibehalt. Balinesen haben meistens nur eine ungefahre Ahnung davon, wie alt sie sind. Ihren Müttern geraten nach sechs oder sieben Jahren die Daten durcheinander — kein Wunder bei dem komplizierten balinesischen Kalender — und dann gibt man es auf, zu zahlen. Aber gewisse Ereignisse, von denen spater noch die Rede sein wird, trafen ein, als Putuh zwei Jahre zahlte, und da besagte Ereignisse als historische Fakten in die Geschichte der hollandischen Kolonialpolitik übergingen, ist es einfach, daran Putuhs Alter nachzurechnen. Er ist jetzt zweiunddreifiig Jahre alt nach unserer Rechnung, und fast doppelt so viel, wenn man das Jahr zu 210 Tagen rechnet wie die Balinesen. Obwohl Putuh ein bescheidener Mann und ein vertrauter Freund von Tamor ist, hatte er es doch so eingerichtet, daB er eine Stufe höher saB als dieser, wie es seiner Kaste zukommt. Ich lieB Kaffee bringen und steckte meine Pfeife an, die noch immer das Erstaunen und die lachelnde Bewunderung der Balinesen erregt. Mit offenen Mündern starrten die beiden auf mich. Sie können wunderbar staunen, diese Leute; ihre immer schön geschwungene Oberlippe wandert ganz hinauf, ihre Nasenlöcher werden groB und rund, und ihre langlichen Augen, die noch im Gelachter schwermütig aussehen, fiillen sich mit einem faszinierten Ausdruck. «Bèh!» sagen sie voll Verwunderung. «Bèh!» Das Gesprach kam stockend in Gang, denn so gehort es sich. Mit vielen verschlungenen Redensarten naherten wir uns dem Zweck ihres Besuches. Bei Tamor war es von vornherein klar, daB er etwas geschnitzt hatte, das er mir verkaufen wollte. Ob Putuh bloB mitgekommen war, weil er mich leiden mag, das konnte ich nicht so schnell herausfinden. Er saB und kaute und hielt den Mund lachelnd geöffnet dabei, was ein kompliziertes Schauspiel ist, und zuweilen kam ein angstlicher und eifriger Ausdruck in seine Augen. Tamor berichtete, daB er Putuh auf seinem Fahrrad mitgebracht hatte, und Putuh warf ein, daB er eigentlich mit dem Motorbus kommen wollte, aber daB er Gliick hatte, insofern, als Tamor auch etwas in meinem Haus bestellen wollte. Das Gouvernement hat gute StraBen angelegt, auf denen die wenigen Autos der hollandischen Beamten und der eingeborenen Regenten überall hingelangen können, und auf denen von Zeit zu Zeit auch ein vollbeladener und vorsintflutlicher Autobus daherachzt. Die Eingeborenen aber lieben die japanischen Fahrrader, und man sieht sogar die Frauen in ihren bunten Kains und mit kleinen Lasten auf dem Kopf gefahrlich daherbalancieren. «Was hat mein Freund in seinem Sack?» fragte ich schlieBlich Tamor, als mir der Höflichkeiten und Einleitungen Genüge geschehen zu sein schien. «Es ist nichts», sagte er bescheiden, «nur eine schlechte Figur.» «Kann ich sie sehen?» fragte ich. Er öffnete langsam den Fasersack, wickelte eine Schnitzerei aus einem Fetzen und steilte sie auf die Stufe neben Putuhs nackte, braune Füfle. Es war ein einfaches, kühnes Stück Kunst. Eine Hirschkuh und ein Hirsch im Moment der Vereinigung. Ein Pfeil hatte das Manntier in den Rücken getroffen, und die beiden Halse waren in einem Ausdruck von Schmerz und Todesangst aufwarts gereckt. Ich schaute die Tiere betroffen an. Ich wuBte plötzlich, daB ich etwas Ahnliches schon einmal gesehen hatte, vor vielen, vielen Jahren. Ich erinnerte mich. Es war Tamors Onkel gewesen, der sie zu schnitzen versucht hatte, ganz gegen den Stil seiner Zeit. Die Erinnerung kam mit groBer Macht auf mich zu, wahrend ich das glatte, wohlgearbeitete Satinholz in den Handen fühlte. «Hat mein Freund schon einmal so eine Schnitzerei gesehen?» fragte ich. Tamor lachelte verwundert «Nein, Tuan», erwiderte er, «ich muB deshalb um Verzeihung bitten.» Ich hatte mich sogleich in das Stück verliebt und wuBte, daB ich es haben muBte. Aber vorher waren viele Zeremonien zu erledigen. Ich lobte die Schnitzerei, und Tamor versicherte, daB sie schlecht und wertlos sei, unwürdig, in meinem Haus zu stehen, und daB er ein elender Anfanger und Nichtskönner ware. Freude und Stolz über seine Arbeit leuchteten dabei aus seinen ehrlichen, unscbuldigen Tieraugen. Ich fragte urn den Preis, und er behauptete, daB er nehmen würde, was immer ich ihm gebe, und dafi er glücklich sei, wenn er mir das Stück als Geschenk anbieten dürfe. Ich weifi, dafi Tamor ein guter Verkaufer ist und daB er entsetzlich gerne Geld verdient, wie alle Balinesen, Geld, um zu spielen und um bei den Hahnenkampfen zu wetten. Er rechnete einfach darauf, daB ich ihm mehr anbieten würde, als er sich zu verlangen getraute — und so war es denn wohl auch. Der Handel wurde abgeschlossen, und Tamor knotete das Geld in die Falten seines seidenen Gürtels. Noch immer hatte Putuh nichts über den Zweck seines Besuches gesagt, und es ware unhöflich gewesen, ihn direkt darum zu fragen. Vielleicht hatte er seine Steuern nicht bezahlen können und wollte mich um ein Darlehen bitten. Aber dann ware er nicht mit Tamor gekommen, sondern allein und heimlich. Das Gesprach tröpfelte dahin. Die Regenzeit würde nun wohl bald kommen. Die Hitze war einige Tage lang grofi gewesen, besonders wenn man auf den Sawahs, denReisfeldern, zu pflügen hatte. In Sanur, dem Nachbardorf von Taman Sari, hatte es eine Leichenverbrennung gegeben, nichts GroBes, nur einfache Leute, die sich in die Kosten teilten, etwa dreifiig Tote an der Zahl. Es gab viele Eichhörnchen in den Kokospalmen, und man hatte sich zusammengetan und sie ein paar Nachte lang mit Fackeln und Klappern verscheucht. Der Fürst von Badung hatte ein Madchen aus Taman Sari zur Nebenfrau genommen, eine Gusti aus der niedrigeren Adelsklasse der Wésyas. Am nachsten Vollmond sollte ein dreitagiges Tempelfest in Kêsiman stattfinden. Die Reisfelder trugen nicht mehr so viel wie in alter Zeit. Die Regenzeit würde wohl bald kommen und dann ware es mit der Hitze vorbei. Nachdem wir so im Kreis um die kleinen Ereignisse der Dörfer herumgeredet hatten, versiegte das Gesprach. Den Balinesen macht es nichts aus, eine Stunde oder zwei schweigsam dazukauern, und die Götter wissen, was dann hinter ihren ruhigen Stirnen vorgeht. Ich aber roch noch nach dem Jodoform und Karbol der Klinik und wünschte mir mein Bad. Ich bat um die Erlaubnis, mich empfehlen zu dürfen. Das war nur ein Scherz, denn von Rechts wegen war es an meinen Besuchern, die Erlaubnis zum Fortgehen zu erbitten. Sie falteten die Hande und hoben sie zu ihrer linken Schulter, und ich verzog mich nach meinem kleinen Badehaus. Ich badete und trank meinen einheimischen Arak. Meine Diener brachten mir das Essen zu einer anderen Balé. Gekochter Reis und gebratenes Spanferkel, das man auf dem Markt bekam. Gemüse, mit Kunjit gelb gefarbt und mit vielerlei scharfen Gewürzen geschmort. Papajas und Pisang. Nachher steckte ich mir meine Pfeife an und legte mich in einen tiefen Bambusstuhl, urn die letzten Zeitschriften zu lesen. Seit Bali eine direkte Fluglinie nach Holland unterhalt, sind wir nur zehn Tage hinter der Welt her mit unsern Neuigkeiten. Manchmal wird mir ein wenig schwindlig bei dem Gedanken, daB unsere kleine Insel, so alt, so einzigartig, so paradieshaft noch trotz aller Neuerungen, daB dieses unverdorbene Stück Erde durch Flugzeuge und groBe Dampfer und Touristenreklame so nah an all das übrige herangezogen worden ist. Über dem Lesen schlief ich ein und erwachte erst, als mein kleiner Affe Djoggi sich auf meine Schulter setzte und zartlich in meinen Haaren zu jagen begann. Das Licht hatte sich inzwischen verandert, und die Palmen und Brotfruchtbaume in meinem Garten warfen Schatten, da die Sonne nicht mehr steil stand. Durch den Hof kam die Mutter meiner Köchin, mit Palmblattkörbchen, in denen Opfer lagen. Ich sah zu, wie ihre magere Gestalt mit den vertrockneten Brüsten sich bei meinem Hausaltar zu schaffen machte und den Göttern jene Reverenzen erwies, die ich, der weiBe Mann, nicht darzubringen verstand. So war mein Haus sicher und beschützt. Die Luft war kühl geworden, und die Tauben girrten in den Kafigen, die vom Dachrand hingen. Ein paar Stunden waren vergangen, als ich in das andere Haus zurückging. Es roch noch immer nach Tjempakablumen. Putuh saB noch immer auf dem Boden und kaute Sirih. Tamor schien verschwunden zu sein. Ich trat vor die Pforte und hielt nach dem Fahrrad Ausschau. Es war nicht mehr da. Jetzt war ich sicher, daB Putuh sich von mir Geld ausborgen wollte. Wer seine Steuern zwei Jahre nicht bezahlt hat, dessen Feld wird weggenommen und versteigert. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter, nm ihn zu beruhigen. «Wollte mein Freund mir etwas erzahlen?» fragte ich ihn. Er nahm seinen Sirihknauel aus dem Mund und deponierte ihn auf meiner Stufe. «Ich dürfte den Tuan nicht mit meinen uninteressanten Angelegenheiten belastigen», sagte er manierlich. «Aber ich weiB, daB der Tuan eine gute Medizin gegen die Krankheit hat, und ich hoffte, der Tuan würde mir Medizin geben für das kranke Kind.» «Welches deiner Kinder ist krank?» fragte ich, und vergafi, ihn mit jener Umstandlichkeit anzureden, die seiner Kaste geziemt. Vielleicht auch nahm er das «Du» als die Vertraulichkeit, die zwischen Gleichgestellten erlaubt ist, denn sein Gesicht erhellte sich. «Es ist Raka, Tuan», sagte er. «Er hat die heiBe Krankheit.» «Warum hast du ihn nicht mitgebracht?» fragte ich argerlich. «Du weiBt, daB jeder zu mir ins Krankenhaus kommen kann, der krank ist.» Putuh sah mich mit schwimmenden Augen an. Sein Lacheln vertiefte sich. Es war das traurigste Lacheln der Welt. «Das Kind ist sehr schwach, Tuan», sagte er. «Es ware auf dem Weg gestorben. Seine Seele ist nicht mehr bei ihm.» Putuh besaB drei Frauen, von denen eine ihm weggelaufen war. Von diesen drei Frauen sind ihm fünf Kinder geboren worden. Raka ist sein altester Sohn. Ich kenne Raka gut. Er ist ein schmales Bürschchen von sechs Jahren und ein wunderbarer Tanzer. Die Tanzvereinigung seiner Dorfgemeinde bezahlt einen berühmten Lehrer in Badung dafür, daB er Raka im Tanz unterrichtet. Man ist in Taman Sari stolz auf dieses Kind und voll der Hoffnung, daB einmal ein groBer Tanzer daraus werde, der seiner Vereinigung Ehre einbringen würde. Und nun hatte Raka Malaria und lag im Delirium, mit seiner kleinen Seele wandernd, und sein Vater hatte mindestens sieben Stunden gebraucht, um zu mir zu kommen und seine Nachricht loszuwerden. «Vater des Raka», sagte ich streng, «warum bist du nicht früher zu mir gekommen? Werdet ihr denn nie lernen, zum Arzt zu gehen, wenn es noch Zeit ist?» Putuh lieB den Kcpf hangen, so ausdrucksvoll, wie nur ein Balinese es tun kann. «Rakas Mutter ist eine dumme Frau», sagte er. «Sie hat nicht mehr Verstand als eine Büffelkuh. Sie hat den Balian geholt und er gab dem Kind Medizin. Es ist. gute Medizin, aber das Kind will zu den Vatern zurückkehren.» Die verbramte Passivitat in dieser Rede machte mich wütend. Ich brüllte nach meiner Tasche. Ich packte Putuh am Arm und zerrte ihn zu meinem Wagen, wobei ich ihm viele unfreundliche Sachen sagte. Ich hielt mich mit Mühe davon zurück, den Dorfarzt, den Hexendoktor, den Balian, einen dummen alten Büffel zu nennen. Die eingeborenen Doktoren mit ihren Beschwoningen und ihrer Krauterkunde können viele Dinge heilen, und gegen noch mehr sind sie ohne Macht. Gegen die Malaria brauen sie einen Saft aus einer Rinde, die Chinin enthalt — aber nicht genug Chinin, um zu wirken. Manche Balians kommen heimlich zu mir um Chininpillen, die sie zerstampfen und in ihr Gebrau mischen. Aber der Arzt von Taman Sari ist kein so kluger Wundertater. Wahrend wir in meinem abgekampften Ford dahinratterten, ging es mir durch den Kopf, daO Raka inzwischen gut und gern schon gestorben sein mochte, seine kleine kindliche Seele eines groBen Tanzers herumirrend in irgendwelchen unbekannten Dunkelheiten. Ich hörte mich noch immer schimpfen, laut und unbeherrscht, als wir schon über die Brücke klapperten, die am Eingang meines Dorfes eine tiefe, scharf eingeschnittene Schlucht überquert. Putuh hörte mich ruhig an, und als ich fertig war, begann er wieder zu lacheln. «Es geschieht doch, was die Götter wollen», sagte er nur. Für mich war Raka nicht nur ein Patiënt wie jeder andere. Ich hatte das Kind vor kurzem bei einem Tempelfest den Këbjar tanzen gesehen. Der angespannte Ernst in dem kleinen Gesicht, die alte Weisheit in den Augen! Damals war mir zum erstenmal der Gedanke gekommen, daB er schon viele Leben gelebt haben mufite, wie die Balinesen es glauben. Ich dachte plötzlich, erkennen zu können, welcher Ahne in dem kleinen Raka wiedergeboren war, sich noch einmal manifestiert hatte, um noch einmal auf die Insel zurückzukehren und noch einmal zu leben: ein neues Leben mit den gleichen Siiöigkeiten und Bitterkeiten wie das frühere, aber mit weniger Fehlern und Verirrungen und um einen Schritt naher der Vollkommenheit und dem balinesischen Himmel, aus dem man nicht mehr wiedergeboren werden muB. Momente lang wahrend jenes Tanzes war es mir gewesen, als ware die kleine Gestalt in den goldenen Gewandern nicht das Kind Raka, sondern der andere Raka, der Vorvater, der strahlende, glanzende Raka früherer Zeiten. Der Mensch, den alle liebten, der geirrt hatte und gestraft worden war, und der sich selbst gereinigt hatte, so daB er nicht als Wurm oder Skorpion zurückkehrte, sondern als ein Kind und ein Enkel und ein Tanzer, wie er selbst es gewesen war. Ich liebte den kleinen Raka, so wie ich damals den groBen geliebt hatte, und der alte Wagen fuhr viel zu langsam für meine Ungeduld. Meine Gedanken mochten schön und hochfliegend sein, aber was ich zugleich Ida Bagus Putuli erzahlte, das strotzte von Vulgaritat und guten hollandischen Fliichen. Ich sah nichts vom Weg und von der Landschaft, obwohl ich sonst, noch nach fünfunddreiBig Jahren in Bali, nie müde werde, auf diese Reisterrassen und Schluchten und Palmenhorizonte zu schauen. Putuh hatte einen neuen Priem in den Mund geschoben und schwieg, beschamt über die Unbeherrschtheit des weiBen Mannes. Wir durchquerten die Stadt Badung, die auch Denpasar genannt wird, nach ihrer VerkaufsstraBe, in der Chinesen, Inder, Japaner und Araber ihre komischen kleinen Laden haben. Wir fuhren am Hotel verbei, aus dessen ebenerdiger Halle eines von den fünf Radios der Insel ertönte. Es klang wie Sonntag in einer hollandischen Provinzstadt, und ich schloB argerlich die Augen. Putuh lachte und versuchte die Töne nachzuahmen, die ihm komisch vorkamen. «Die Gamelans der weiBen Leute sind nicht gut», sagte er kritisch. Mich trugen meine Gedanken schon wieder in das Vergangene zurück, als wir die beiden groBenWairinginbaume am Eingang der HauptstraBe passierten. Sie standen noch so, wie sie vor vielen Jahren vor der Mauer der Puri, des Palastes der Fürsten von Badung, gestanden hatten. Kier war der Platz, wo Bali sich am starksten verandert hatte. Wo die Fürstenhöfe sich mit ihrem Gewimmel von Hausern und Menschen ausgedehnt hatten, da spielten jetzt ein paar weiBgekleidete Damen Tennis, und weiter ab übten sich die mohammedanischen Verkaufer aus Denpasar im FuBball. Ein Auto mit Touristen kam um die Ecke. Ich weiB nicht, ob die Balinesen noch daran denken, daB hier ihre Fürsten mit allen Angehörigen einen bitteren und stolzen Tod gestorben sind. Sie sind ein vergeBliches Volk, und wahrscheinlich kann man nur so glücklich sein wie sie, wenn man ihre Fahigkeit hat, zu vergessen. Die Hollander aber denken noch daran, wie die Fürsten von Badung und Pamëtjutan, von Tabanan und von Klungkung den Tod aufsuchten. Sie denken daran mit Bewunderung, und vielleicht haben sie daran gelernt, was für eine Bewandtnis es mit der Seele der Balinesen hat und daJ3 man sie vorsichtig anfassen muB, wenn man sie nicht zerstören will. Ich möchte gerne glauben, daB die Fürsten mit ihrem Sterben dazu beigetragen haben, der Insel ihre Freiheit und ihre alten Gesetze und Götter zu erhalten. Hundert Meter vom Hotel entfernt badeten die Frauen wieder nackt im FluB, die Hauser verkrochen sich wieder hinter Mauern, über die Palmen ihre Wipfel streckten. Hühner, Schweine und Hunde liefen vor dem Auto her. Wir bogen in das nachste Dorf ein und erreichten die weitgestreckten Reisfelder, die dahinter lagen. Nördlich von Sanur hielt mein hustender Wagen an, und wir machten uns daran, quer über die Reisfelder nach Taman Sari zu gehen. Ich zog mir am Feldrand die Schuhe aus, denn auf den fuBbreiten, lehmig-nassen Dammen zwischen den Sawahs kann man barfüBig besser vorankommen. Vor mir glitten die schnellen, gelbgrünen Nattern in das Wasser der Sawahs, auf denen gerade erst gepflanzt worden war. Zwischen den grünen Spitzen der jungen Reispflanzen spiegelte sich der Himmel mit vielen Wolken im Wasser. Taman Sari liegt nicht an einer groBen Strafie, deshalb ist dort das Leben noch wie in alter Zeit. Putuh ging hinter mir, und der Tritt seiner nackten FüBe war lautlos und sicher. Vor der Pforte zu Putuhs Hof hing, aus Palmblattern geflochten, das Zeichen, daB Krankheit im Hause war. In zwei Nischen zu Seiten des Tores lagen Opfer an die bösen Geister, Sirih und Reis und Blumen, damit sie den Hof nicht betreten sollten. Wir traten ein, Putuh und ich, von meinem Diener gefolgt, der meine Tasche auf der Schulter trug, als wenn es sich um eine schwere Last gehandelt hatte. Der Hof lag sauber und still mit seinen verschiedenen kleinen Hausern und Balés. Ein paar wohlerzogene schwarze Ferkelchen liefen vor meine FüBe. Ich hatte mir noch nicht die Zeit genommen, meine Schuhe wieder anzuziehen, obwohl die Dorfleute mich auslachten, wenn ich barfuB wie ein Balinese daherkam. Aber ich war zu ungeduldig und hatte keine Zeit für Förmlichkeiten. Putuh, mit eiserner Höflichkeit, murmelte die üblichen Entschuldigungen. DaJ3 sein Haus armlich, schmutzig und stinkend sei und daB er mich dafür um Verzeihung bate. Ich war erleichtert, weil das Zeichen vor der Pforte nur auf Krankheit deutete und noch nicht auf Tod. Putuh rief über den Hof hin nach seinen Frauen. Eine, die jüngere, kam aus der Küche, einen Saugling rittlings auf ihrer Hüfte. Zwei kleine Madchen, nackt, aber mit Pflöckchen in den Ohren, starrten mich an, die Finger im Mund. Hinten im Hof krahten die Kampfhahne in ihren Bambuskörben. Putuh geleitete mich zu einem Bambushaus, das auf einer steinernen Plattform stand, offensichtlich die Balé, in der seine zweite Frau mit ihren Kindern wohnte. Auf dem Lager aus Bambus kauerte eine sehr alte Frau, wahrscheinlich Bakas GroBmutter, und hielt das kranke Kind auf dem SchoB. Daneben kniete die Mutter; sie war eine Frau mit einem etwas verblühten indischen Gesicht, wie sie manchmal bei den Brahmanen vorkommen, und mit jungen straffen Brüsten. Beide Frauen lachelten angstlich, als ich mich über den Knaben beugte. Baka sah schlimm aus. Seine Lippen waren trocken und zerrissen vom Fieber, und er hielt die Augen zuckend geschlossen. Die Arme waren abgezehrt und die kleinen schmutzigen Hande geballt, und doch schlaff. Er murmelte unaufhörlich, aber es bildeten sich keine verstandlichen Worte. Auf der Stirn und an den Unterarmen hatte er eine gelbliche Paste verrieben, wahrscheinlich ein Mittel meines Kollegen, des Balian. Der Puls ging schnell und dünn, und der Atem war flach und angestrengt. Ich sah sofort, daB es nicht Malaria war, oder jedenfalls nicht bloB Malaria. Wie alle Kranken in Bali, lag er nackt, nur mit seinem kleinen Kain flüchtig bedeckt. Die GroBmutter sagte leise etwas zu Putuh, der es an mich weitergab, da es der Frau nicht ziemte, den weiBen Tuan anzusprechen. «Das Kind hat noch nicht geschwitzt. Es ist kalt und heiB, aber es kann nicht schwitzen», sagte Putuh lachelnd. Es hat Jahre gedauert, bevor ich dieses balinesische Lacheln verstehen lernte. Manchmal kommt es von heil erblaBten Lippen, und dann bedeutet es groBen Kummer und vielleicht auch Verzweiflung. Ich fand bald,daBRaka einebeiderseitigeLungenentzündung hatte. «Seit wann ist das Kind krank?» fragte ich. Die Frau und die GroBmutter legten die Finger zusammen und rechneten angestrengt. Man einigte sich auf neun Tage. Die Krise muBte bald erreicht sein. «Wie hat die Krankheit angefangen?» fragte ich, um sicher zu gehen. Putuh zögerte mit der Antwort. Was ich wissen wollte, das waren die ersten Symptome: Schüttelfrost, Erbrechen. Was Putuh antwortete, das hatte ich erwarten können. «Jemand hat einen bösen Zauber geübt» sagte er namlich leise. In Bali kennt man keine natürliche Ursache für Krankheiten. Man muB verhext sein, durch böse Geister geplagt oder die Übeltat eines Ahnen wird im Nachkommen bestraft. Wieder zog die Erinnerung an den früheren Raka mir durch den Sinn, wahrend ich dem Kind Medizin einzuflöBen versuchte und die Frauen aufscheuchte, um heiBes Wasser, um Kains zum Einwickeln und Zudecken des heiBen kleinen Körpers, um eine Kapokmatratze für die Ruhebank. «Wer sollte ein kleines Kind verhexen?» fragte ich. «Raka ist ein schoner Tiinzer. Alle lieben ihn.» «Es gibt Hexen im Dorf», flüsterte Putuh mir zu. «Ich will ihren Namen nicht nennen.» Er starrte mich voll Angst an, als ich die Spritze praparierte, um dem Kind eine Injektion zu geben. «Wenn er behext ist, so werde ich den Zauber brechen, das weiBt du», sagte ich wütend. «Jeder spricht davon, daB der Tuan die gute Kraft hat», sagte die GroBmutter ehrfürchtig; sie kam mit einem schweren TongefaB voll heiBen Wassers daher, das sie vorsichtig vor sich her schleppte. Die Sehnen ihrer mageren Arme waren wie gespannte Stricke. Die Mutter brachte Kains und Tücher, die bunt, aber nicht allzu sauber waren. Ich rieb die FüBe Rakas mit Salz, machte ihm heiBe Wickel und packte ihn ein in alles, was ich finden konnte. Dann legte ich ihn auf das Lager, und die alte Frau kauerte sich wieder dazu. Rechts vom Haus stand eine kleinere offene Balé, wie jeder Hof sie hat, um die taglichen Opfer zu bereiten. Rakas Mutter warf noch einen Bliek auf das Kind, das zu murmeln aufgehört hatte, dann kauerte sie sich dort nieder und flocht Palmblatter zusammen. Es mochte notwendig sein, noch mehr Opfer zu bringen, als schon geschehen war. GroBe und wirksame Opfer an die Götter, um ihre Hilfe herbeizurufen. An die bösen Geister, um sie zu beschwichtigen. Hexen gibt es in jedem balinesischen Dorf. Es sind Frauen, meistens alte, manchmal auch junge, die sich mit bestimmten geheimnisvollen, altererbten Beschwörungsformeln den finstern Machten angeloben. Sie gehen den linken Pfad, wie es heiBt. Sie bekommen die Macht, sich in Lèjaks zu verwandein, in seltsame und bösartige Geschöpfe, die sich nachts umhertreiben, Unfug anstellen und Unglück verbreiten. Manchmal, wahrend ihr Körper zu Hause schlaft, treibt sich die böse und verzauberte Seele solcher Hexen als feurige Kugel in der Nacht umher. Fast jeder Balinese hat schon Lèjaks gesehen. Man kann darüber lacheln. Ich selbst aber bin mehrmals solchen Feuerkugeln nachts begegnet, seltsam atmenden, schwebenden Gebilden, und es gibt noch mehr WeiBe auf der Insel, die solchen unerklarlichen Nachtspuk erlebt haben. Ich tat mein Bestes als Arzt, um dem kleinen Baka zu helfen. Aber ich war nicht ganz sicher, daB es nur eine Lungenentzündung war, gegen die ich zu kampfen hatte. Eine Stunde verging in Schweigen. Putuh hatte sich zu meinen FüBen auf die Stufe gekauert, und ich saB auf einer Matte neben dem improvisierten Krankenbett und wartete. Mich band irgend etwas Starkes und nicht Erklarliches an dieses Kind. Ich mufite dableiben, bis die Krise vorbei war, zum Guten oder zum Schlechten. Die Zeit hörte auf, wie das manchmal geschieht. Mein Diener hatte sich hinten im Hof zu den Hahnenkörben gekauert und summte eine Melodie, die aus fünf Tönen bestand und traurig klang, obwohl sie lustig gemeint war. Mein Diener ist ein leidenschaftlicher Liebhaber der Hahnenkampfe. Das Gouvernement erlaubt nur wenige offizielle, denn es will die Balinesen davor bewahren, daB sie ihr ganzes Vermogen verwetten und verspielen. Aber auf den kurzgrasigen Wiesen hinter den Dörfern, wo keine Straflen hinführen, finden noch viele heimliche, verstohlene Hahnenkampfe statt. Ich schaute gedankenlos meinem Diener zu, wie er einen weiBen Hahn aus seinem Korb nahm und liebkoste. Die Zeit hatte aufgehört, sich zu bewegen. Nach einer endlosen Weile hörte ich einen Laut aus dem Stoffbündel auf dem Bett kommen. Ich stand schnell auf und sah das Kind an. Raka hatte zu phantasieren aufgehört. Seine Augen waren geöffnet und fast klar. SchweiB strömte in kleinen Bachen über sein Gesicht und löste den Schmutz von der hellbraunen Haut. Mit seinen trockenen Lippen verlangte er zu trinken. Putuh selbst lief davon und kam mit einer halben KokosnuBschale an einem Stiel wieder. Er goB dem Kind das Wasser in den Mund, und es trank mit Heftigkeit. Putuh schaute mich fragend an. «Jetzt ist es gut», sagte ich erleichtert. Die GroBmutter hob die Hande und murmelte dankbar, daB der Tuan jeden Zauber brechen könne. Sie rief über den Hof hin, und die Mutter kam herbei. Sie steilte sich schüchtern neben das Bett, als wenn es sich nicht um ihr eigenes Kind handeln würde, und schaute den Knaben still an. Baka lachelte ihr zu. Putuh sprach nicht zu ihr, denn er konnte seiner Würde nicht so viel vergeben, um vor einem Besucher mit seiner Frau zu reden. «Mein kleiner Prinz, jetzt wirst du wieder gesund werden», sagte er zu dem Kind. Die GroBmutter stand auf und faBte mich mit beiden Armen um die Hüften, es war ein Zeichen von Ergebenheit, das sich nur eine alte Frau leisten konnte. «Bald wird Baka wieder den Kèbjar tanzen», sagte ich zufrieden. Ich wickelte den mageren kleinen Körper aus seinen heiBen Decken und frottierte ihn. Das Fieber war gebrochen. Die GroBmutter half mir mit geschickten Handen, die Mutter stand nur dabei und sah schlaff aus wie nach zu groBer Anstrengung. Als ich noch forschend auf das Kind hinuntersah, rührte die GroBmutter sacht an meine Hand. «Der Tuan hat auch bemerkt, wem er ahnlich schaut?» fragte sie mit einem schlauen Lacheln. Ja, sagte ich, ich hatte es bemerkt. «Der Tuan hat den Vorvater noch gekannt. Der Tuan ist auch alt, er hat den Abend erreicht wie ich», sagte die GroBmutter. Ich wunderte mich. Ich hatte es nie bemerkt, daB ich alt war. Ich hatte aufgehört, die Jahre zu zahlen, die vergangen waren, wie ein Balinese. Ja, ich war auch alt, und die Vergangen heit war mir lieber und naher und deutlicher als die Gegenwart. Ich legte der Alten die Hand auf die Schulter, was ein Zeichen groBer Zuneigung ist, und sie kicherte wie ein junges Madchen. Es begann schon zu dammern, als ich alles Nötige angeordnet hatte und den Hof verlieB. Mein Diener trug, an eine Bambusstange gebunden, meine Zaubertasche und eine Flasche süflen Beisweines, die Putuh mir geschenkt hatte. Auf der DorfstraBe war jetzt viel Leben, denn in der Stunde vor Sonnenuntergang muB alles mögliche getan werden. Manner trugen ilire Hahne nach Hause, die tagsüber auBerhalb der Hofmauer an der Strafie gestanden hatten, um sich am Anblick der Vorübergehenden zu erfreuen. Frauen kamen mit viereckigen Körben auf dem Kopf von irgendwoher nach Hause. Entenhirten mit langen Stangen, an denen ein Wimpel aus Federn flatterte, trieben ihre kleine, schwanzelnde Herde von den Feldern. Madchen füllten die Opfernischen vor den Toren. Alle wollten zu Hause und in Ordnung sein, bevor die Dunkelheit kam, in der die Damonen und Geister frei werden. Manner mit Reisgarben an der Bambusstange, Manner mit riesigen Heubündeln, Manner mit hellbraunen, blanken Kühen, die vom Feld heimkehrten. Faule, junge Manner mit Blumen hinterm Ohr und flott herausgeputzt. FleiBige alte Manner, dürr und weise. Alle kamen sie dalier, einzeln aufgereiht, mit den aufrechten Nacken, den nackten Oberkörpern, dem unvergleichlichen Rhythmus ihres Ganges. Nocb immer bin ich es nicht müde, diesen Menschen zuzusehen, wie sie schreiten, sich kauern, sich aufrichten, wie sie arbeiten und wie sie rasten. Hundegebell, der Rauch der offenen Küchenfeuer, der durch das Grasdach aufsteigt. Geruch von Zigaretten und Tjempakablumen. Die Madchen kommen mit nassem, glattem Haar vom Bad und haben sich mit Blumen geschmückt. Da und dort brennt schon ein öllampchen hinter einem Verkaufsstand. Ein schwebender Klang, wie vom Gelaute viel er, zusammengestimmter Glocken; das ist der Gamëlan, das balinesische Orchester mit seinem feinen Geflecht von Musik. Bei der groBen Balé, dem Versammlungs- und Ratsplatz des Dorfes, üben die Manner ihr Programm für das nachste Fest. Am Ausgang des Dorfes steht ein heiliger Baum, ein uralter Wairingin, grofl wie ein Dom, mit einer dunkeln Kuppel aus Laub und mit tausenden überhangenden, eisengrauen, eisenstarken greifenden Luftwurzeln. Unter dem riesigen Gewölbe steht einer der sechs Tempel von Taman Sari, eine gespaltene Pforte, voll mit Göttergestalten, von Damonen bewacht, führt in den ersten der drei Höfe. Tempel in Bali sind keine Gebaude, es sind freie Platze an heiligen, von alther ehrwürdigen Stellen. Dort stehen die groBen steinernen und hölzernen Stühle und Throne, auf denen die unsichtbaren Götter sich niederlassen, wenn der Priester sie ruft. Ich blieb einen Augenblick am Tem- peltor stehen, um ein paar Frauen mit groBen Opferkörben auf den Köpfen vorbeizulassen. Die Gamèlanmusik verklang, als ich das Dorf verlieB und wieder über die Reisfelder ging. Jetzt sah ich den GroBen Berg vor mir, mit ein paar waagrecht ziehenden Wolkenschleiern verhüllt. Die ersten Fledermause schwirrten schon, und die Zikaden machten einen heillosen Larm. Ich freute mich auf mein Haus. Ich wiirde Tamors Hirsche vor mich hinstellen und mich darüber wundern, wieso im Nachkommen das Kunstwerk vollendet wurde, das der Vorfahr angefangen hatte und nicht zu Ende führen konnte. Es fiel mir ein, daB die alte Frau mich alt genannt hatte, und es machte mich lachen. Ja, ich habe lang gelebt auf dieser Insel und viel gesehen. Ich habe viele Leute gekannt, die gestorben sind, und ich habe es erlebt, wie manche von ihnen wiedergeboren wurden. Ich spürte mich eingespannt in den Kreislauf der Dinge und Teil von ihnen. Ich habe die Insel gekannt, als sie noch kampfte, und ich war dabei, wie sie unterlag und wie sie neue Herren bekam statt der starken und grausamen Radjas der alten Zeit. Aber es hat sich wenig geandert. Es gibt jetzt Fahrrader und Autobusse und ein biBchen modernen Schund in ein paar komischen kleinen Laden. Es gibt ein paar Spitaler und Schulen, und es gibt sogar ein Hotel, in dem man Touristen für drei Tage abladet und wieder wegtransportiert, nachdem sie ein paar Sehenswürdigkeiten angeschaut und nicht begriffen haben. Doch Bali hat sich nicht geandert. Es lebt nach dem alten Gesetz, das unangetastet geblieben ist. Die Berge, die Schluchten, die Reisfelder, die Palmenhiigel sind gleich geblieben. Die Menschen sind gleich geblieben. Es sind dieselben Menschen, die immer wiederkommen, die meisten sind froh und sanft und vergeBlich, und wir werden sie nie ganz verstehen und nie ihre Stille und Gelassenheit erlernen können. Viele sind Künstler, und sie werden immer neue Gamèlanmusik erfinden und neue Gestalten aus Holz und Stein schneiden und neue Theaterstücke dichten und neue Tanze tanzen. Aber die Götter andern sich nicht, und solange sie noch in tausend Tempeln thronen, in jedem FluB und Berg und Baum und Feld, solange wird auch Bali sich nicht andern. Ja, es ist wahr. Ich muB alt sein, um solche Gedanken zu denken. Ich stolpere bloBfüBig über die winzigen Raine zwischen den Sawahs und philosophiere. Mitten zwischen den Feldern liegt ein kleiner Tempel, den hat man damals neu aufgerichtet, als Unglück und Plagen über die Sawahs kamen. Vor der Pforte sitzt eine Gestalt mit einem groBen, runden, selbstgeflochtenen Hut, die mir bekannt vorkommt. Es ist ein alter Mann, er win kt mir mit der Hand. «GegrüBt, Tuan», ruft er aus in dem Singsang der altmodischen einfachen Leute. «GegrüBt, Freund», sage ich. «GegrüBt, mein Bruder.» Wahrhaftig, es ist Pak, der Vater des Schnitzers Tamor. Er ist so alt wie ich, er hat graues Haar und keine Zahne. Er muB den Sirih mit einer Klinge zerstampfen, weil er nicht mehr kauen kann. «Wie geht es, Pak?» «Ich bin zufrieden», singt Pak. «Meine FüBe sind zufrieden, meine Hande sind zufrieden nach der Arbeit. Meine Augen sind froh, wenn sie auf die Sawah schauen, und das Leben ist süB.» Ich bleibe ein wenig bei ihm stehen, und wir plaudern dies und jenes. Mein Diener wartet daneben, ein ganz klein wenig ungeduldig, denn er will abends ins Dorf gehen und das Schattenspiel ansehen. Er ist in ein Madchen verliebt, dem er bei dieser Gelegenheit Augen machen und vielleicht sogar ein Wort zuflüstern können wird. Ich komme schon, nur noch einen Augenblick, mein Freund. Ich trete nur noch rasch durch die Pforte des kleinen Tempels und schaue über die Felder hinaus. Sie sehen jetzt heller als der Himmel selber aus, der sich in ihren Wasserflachen spiegelt. Schon quaken die ersten Frösche, und von Sanur hört man das dumpfe, gleichmaBige Schlagen des Kulkul, der hölzernen Trommel, mit der die Manner zur Versammlung gerufen werden. Im letzten Glanz des Tages sehe ich den kleinen Schrein der Gottheit. In das Mauerwerk des Sockels eingelassen, leuchten drei Teller; billiges Steingut mit einem ziemlich graulichen Rosenmuster. Ja, sie sind noch da und wohlerhalten, diese drei Teller, die eine so groBe Rolle in Paks Leben gespielt haben. Ich stehe noch einen Augenblick, mit dem Larm der Zikaden und dem Schlagen des Kulkuls im Ohr, und der kühle, grüne Geruch der reifenden Felder kommt von weither, Raka wird gesund werden, denke ich. Pak hebt die Hand und winkt mir zu, als ich gehe. «Friede deinem Weg», singt er. «Friede deinem Schlaf», antworte ich. Mein Wagen wartet mit treuem und geduldigem Ausdruck an der StraBe nördlich von Sanur. Zwanzig Neugierige stehen darum geschart, Augen, Münder und Nasenlöcher voll der freudigen Erwartung und des Staunens. Es sind die jungen Leute aus dem Dorf, und sie jubeln hinter mir her, wie mein alter Wagen mit heiserem Husten davonkeucht. Der Mond kam schon hoch, als ich zu Hause anlangte. Da ist das Sternbild des Orions, das sie hier den Pflug nennen und das Kreuz des Südens. Der Abend in meinem Garten vibriert vom Zirpen und Summen und vom Zickzack der Leuchtkafer. Es ist sehr kühl, und auf den Palmblattern liegt ein Glanz, daB sie aussehen wie schmale Kreise. Mein kleiner Affe setzt sich auf meine Schulter und schlaft. An der Wand schmatzen die kleinen Titjak-Eidechsen, und ein groBer rotgefleckter Gecko stöBt mit heiserem Bariton seinen Ruf aus. Ich zahle — elfmal, das bedeutet Glück. Nachher ist es ganz still, mit der larmenden Stille der Tropennacht. Ich schlieBe die Augen, da sehe ich Rakas kleines Fiebergesicht vor mir. Dahinter taucht das Gesicht seines Ahnherrn auf. Putuh, Pak, die billigen Teller unzerbrochen in dem kleinen Reistempelchen. Die alten, alten Geschichten, rührend und komisch und stolz und blutig. Viele sind gestorben, aber Pak lebt noch, der alte Bauer am Rand seiner Sawah. iGh zünde meine Pfeife an und nehme Papier zur Hand. Jetzt will ich alles erzahlen, was ich noch von den alten Zeiten weiB. Wer weise ist im Herzen, der trauert nicht um die Lebendigen noch um die Toten. Alles, was lebt, lebt ewig. Nur das Gehause, das Zerbrechliche, vergeht. Der Geist ist ohne Ende, ewïg, ohne Tod (Aus der Bhagavad-Gita.) Die Strandung der «Sri Kumala Pak erwachte, als hinten im Hof die Hahne krahten. Er fröstelte unter dem blauen Kain, den er über sich gedeckt hatte, und seine Augen waren noch voll Schlaf. Es war finster in der Kammer, obwohl Puglug, die Frau, die Türe offen gelassen hatte, als sie hinausging. Pak seufzte tief. Er stand ungern auf und ging ungern zur Arbeit. Aber der Tag war günstig, um zu pfliigen, so sagte der Kalender, und Pak machte sich von seiner Matte los, gerade als der Kulkul im Dorf die siebente Stunde der Nacht anschlug. Noch eine Stunde, und die Sonne würde aus ihrem Haus treten und den Tag mit sich aus dem Meer bringen. Noch immer krahten die Hahne mit lautem Spektakel, und Pak lachelte, als er die Stimme seines Lieblings, des roten Hahns, herauskannte. Der war noch zu jung, um zu kampfen, aber Pak konnte schon die Merkmale an ihm erkennen, die versprechen, daB er ein guter, starker Kampfhahn sein würde. Pak band seinen Kain um die Hüften und zog ihn zwischen den Beinen durch, so dafi ein kurzes Lendentuch daraus wurde. Er griff im Finstern über sich nach dem Balken und nahm sein Messer und die Sirihtasche, die er an den Gürtel knüpfte. Der Kain war feucht und kühl vom schweren Nachttau. Pak erinnerte sich dumpf an einen unverstandlichen Traum. Er tastete nach der andern Matte auf dem Bambusgestell, das seiner eigenen Ruhebank gegenüberlag. Die Kinder atmeten im Schlaf, Rantung, die siebenjahrige, Madé, die Zweitgeborene und in' der Ecke das Bündelchen mit dem Neugeborenen, das noch keinen Namen hatte. Pak und seine Frau waren sicher gewesen, diesmal einen Sohn zu bekommen. Sie hatten für elf Képéngs den Balian befragt, als das Kind sich im Leib der Frau zu bewegen begann, und er hatte ihnen einen Knaben versprochen. Pak hatte Luftschlösser zu bauen begonnen und sich einen schonen Namen für ihn ausgedacht. Er wollte ihn Siang nennen, das Licht und der Tag. Da aber Puglug enttauschenderweise und ganz unerwartet wieder ein Madchen geboren hatte, wuflte man keinen Namen. Wahrscheinlich würde jnan sie einfach Klepon nennen, wie vor ihr mehrere Töchter der Familie geheiBen hatten. Noch einmal seufzte Pak, verlieB die Kammer, zögerte einen Moment im offenen Vorbau und ging dann die Stuf en hinunter in den Hof. Der Kulkul hatte aufgehört zu schlagen. In der Küchenbalé hatten die Frauen ein Feuer im Gang, und Paks Vater kam mit einer Fackel aus trockenen Palmblattern durch den Hof, mit seinem mageren Schatten vor sich her, und ging zur Mauer. An der Westseite des Grundstücks, wo der Onkel wohnte, war schon die zankische Stimme von dessen erster Frau zu horen, die mit niemandem Frieden halten konnte. Puglug aber war für zweiundvierzig Tage nach der Geburt des kleinen Madchens unrein und durfte Pak kein Essen bereiten. Er hatte allen Grund zu seufzen. Er war so satt und voll von Puglug, als wenn sie eine Speise gewesen ware, von der er zuviel gegessen hatte. Drei Töchter hatte sie geboren und keinen Sohn. Unnütz war sie und gar nicht schön. Er kauerte sich auf die Stufen und schaute miBlaunig auf die Frau hinunter, die mit einem Besen den Hof fegte. Der Himmel wurde schon etwas heller hinter den Wipfeln der Kokospalmen, und Pak konnte den schweren Umrifl sehen, der sich emsig bückte und bewegte. Sieh, da kam Lambon von der Küche her, seine junge Schwester, und trug ein Pisangblatt, auf das eine gute Ladung von gekochtem Reis für ihn gehauft war. Pak griff danach, kauerte sich auf die Stufen und wurde vergnügter. Mit drei Fingern faBte er in den Reis und stopfte sich den Mund voll. Seine Laune besserte sich mit jedem Klumpen, den er schluckte. Puglug hielt einen Augenblick inne und schaute zu dem essenden Mann hin, dem sie kein Essen geben durfte, dann fegte sie weiter. Sie ist eine gute Frau, dachte Pak, den Magen zufrieden mit Reis. Sie ist stark und kann dreiBig Kokosnüsse auf dem Kopf tragen. Sie ist fleifiig, sie geht zum Markt und verkauft Sirih und Speisen und verdient Geld. Sie kann nichts dafür, daB sie keinen Sohn gebaren kann. Die Vorvater haben es so beschlossen. Er wischte seine Finger an dem geleerten Pisangblatt ab, warf es auf die Erde und machte sich mit Sorgfalt daran, seinen Sirih in die BetelnuB zu wickeln und etwas Kalk darauf zu tun. Als er den scharfen Priem im Mund hatte, daB der Speichel aus den Backen gelaufen kam, schien die Welt gut und wohlbestellt. Pak erhob sich, um die Kuh aus dem Stall und den Pflug von der Balé zu holen, wo alles Gerat verstaut war. Lambon, die zu seinen FüBen gesessen war und ihm zugesehen hatte, ging zurück zur Küche. Ihre kleine Gestalt sah zierlich aus im Licht der Fackel, und Pak schaute ihr einen Augenblick nach und war stolz auf sie. Lambon war Tanzerin; bei den Festen tanzte sie mit zwei anderen Kindern den Légong, ganz in goldene Gewander gekleidet und mit einer goldenen Blumenkrone im Haar. Sie war schön, das konnte selbst Pak sehen, obwohl sie nur seine Schwester war. Sie hatte das Fest der Reife noch nicht gefeiert, und trotzdem standen schon die Dorfburschen vor dem Haus und blahten die Nasenlöcher, wenn sie zierlich vorbeiging. Die ganze Familie hoffte, daB Lambon einen reichen Mann heiraten würde, sobald sie mannbar war. Als Pak aber nun in der aufhellenden Dammerung in den Hof trat, da blieb er mit offenem Munde stehen. Es sah aus, als wenn wahrend der Nacht die Damonen hier gehaust hatten. Von der Mauer war an vielen Stellen die Strohdecke weggerissen, die er nach der letzten Ernte mit viel Mühe daraufgebreitet hatte. Unweit der Pforte, der StraBe zugewandt, gahnte ein Loch. Ein schwerer Ast war vom Brotfruchtbaum gebrochen und lag quer auf der Erde wie etwas Getötetes. Das Dach, unter dem die Kuh stand, war zur Halfte abgetragen. Pak starrte all dies ohne Verstandnis, aber mit Schrecken an. Er hatte so etwas noch nicht gesehen. Er lief schnell zu seinem Vater hinüber, der alt war und mehr wuBte als er. «Wer hat das getan?» fragte er auBer Atem. Der alte Mann war zahnlos und schwach, ausgesogen von einem Leben mit vielen Anfallen der heiBen Krankheit. «Wer hat das getan?» wiederholte er singend, wie es seine Gewohn- heit war. Es gab ihm Zeit, nachzudenken und seine Antwort klug auszuwahlen. Pak starrte ihn in angstlicher Erwartung an. Er spürte ordentlich die bösen Geister über sich, die nachts mit seinem Hof gespielt hatten. «Heute nacht ist ein Sturm von Westen gekommen», sagte der Vater. «Der hat es getan. Ich bin die ganze Nacht wach gelegen, und es waren Blitze am Himmel und ein grofles Getöse in der Luft.» Er begann ohne Zahne zu lacheln und setzte hinzu: «Der Schlaf alter Leute ist dünn, mein Sohn.» Paks Angst lieB ein wenig nach. «Vielleicht müBte man Baju, dem Gott des Windes, besondere Opfer bringen?» murmelte er und starrte das Loch in der Mauer an. Der alte Mann überlegte dies in Mufie. «Vor vielen Jahren», sagte er, «war auch ein solcher Sturm. Da befahl der Pëdanda, daB jeder Hof ein Huhn schlachten solle für Baju; es wurden groBe Opfer gebracht, und am nachsten Tag warf das Meer ein Schiff aus sich heraus, voll mit Reis und Kokosnüssen, die unter die Gemeinde verteilt wurden.» Pak hörte erstaunt zu. «Bèh!» sagte er voll Hochachtung. Er prüfte das Loch in der Mauer. «Soll ich ein Huhn schlachten?» fragte er. Es schien ihm, als wenn alle Damonen und Geister der unteren Welt jetzt in den unbeschützten Hof eindringen könnten. Der alte Mann, der oft wuBte, was man dachte, ohne daB man es aussprach, sagte: «Rufe deinen Bruder. Wir werden das Loch mit Stroh verstopfen, wahrend du auf der Sawah bist. Wenn du heimkommst, kannst du es mit Erde ausfüllen. Es ist auch noch Kalk hier zum WeiBen der Mauer. Ein Huhn solist du schlachten, und wir werden es den Göttern anbieten. Dann aber gehe aufs Feld, denn heute ist ein guter Tag, urn zu pflügen.» Pak wandte sich gehorsam um und etwas beruhigt durch den gleichmaBigen Singsang des Alten. «Die Frau ist noch unrein und darf nicht opfern», murrte er nur. «Schlachte du das Huhn, deine Schwestern und meines Bruders Frauen werden die Opfer bringen, und ich werde den Pëdanda fragen, wie es richtig ist.» Paks Herz wurde leichter, denn der Pëdanda, Ida Bagus Rai, war ungefahr der klügste Mensch der Welt und nahezu unfehlbar. Sogar der Fürst von Badung schickte nach ihm, wenn er einen Rat brauchte. Pak spuckte seinen Sirih aus und ging zur Küche. «Ihr müBt ein Geschenk für den Pêdanda bereiten», sagte er zu den Frauen. «Es braucht nichts zu GroBartiges sein, denn Ida Bagus Rai weiB, daB wir arm sind. Lambon soll es hintragen. Und bringt mir ein weiBes Huhn zum Schlachten.» Puglug, die sehr lange Ohren hatte, war herbeigekommen und hatte sich auf ihren Besen gestützt. Plötzlich, ohne daB jemand sie gefragt hatte, begann sie loszulegen. «Was braucht ihr dem Pêdanda schwere Geschenke zu bringen, wenn der Balian für drei Papajas ebenso guten Rat gibt? Wenn ich gefragt würde, könnte ich vielleicht auch erzahlen, was heute nacht geschehen ist. Ich hatte es vorhersagen können, denn Babak war erst vorgestern hier und hat mir erzahlt, was die Frauen am Markt gesagt haben. Die Schwester von Babaks Mutter hat einen Mann gesehen, der nur ein Bein und das Gesicht eines groBen Schweines hatte, und jeder Mensch, der Verstand hat, weiB ja, was das zu bedeuten hat. Wenn man den Balian fragen würde, dann könnte er sagen, daB es am besten ware, wenn jeder Mann der Gemeinde einen groBen Stein nehmen würde und damit zu einem gewissen Haus gehen und eine gewisse Person totschlagen würde, die an allem schuld ist. Ein weiBes Huhn schlachten! Dem Pêdanda Geschenke bringen! Man könnte glauben, daB wir reiche Leute sind mit vierzig Sawahs. Oder hat mein Mann vielleicht fünfhundert Ringgits unter dem Haus vergraben, daB er zum Pêdanda lauft, bloB weil ein kleines Loch in die Mauer gekommen ist. Selbstverstandlich, Lambon geht gern in das Haus des Pêdanda, denn dort kann sie vielleicht Raka zu sehen kriegen. Ich habe es selbst gesehen, daB sie dunkle Augen bekommt, wenn Raka nur vorbeigeht, und das ist eine Schande für ein Madchen, dem die Brust noch nicht gewachsen ist. . .» Der Rest von Puglugs Meinungen wurde im Geschrei des Huhnes ertrankt, das Lambon herbeibrachte. Pak nahm es an den Beinen und ging damit in die Südecke des Hofes. Er hatte gern seine unmanierliche Frau geschlagen, die ohne seine Erlaubnis redete, aber er tat es nicht. Das redete und redete. Wie eine Herde von Enten in der Sawah. Taktaktaktak. Ob man sie gefragt hatte oder nicht. Oh, wie voll war er von Puglug und wie nötig war es für ihn geworden, eine zweite Frau zu nehmen. Er holte das breite Messer aus der Holzscheide, die in seinem Gürtel steckte, und hob das Huhn hoch. «Huhn», so sprach er, «ich muB dich jetzt toten. Ich tue es nicht, weil ich dir übel will, sondern weil ich dich opfern muB. Verzeih mir, Huhn, und gib mir deine Erlaubnis.» Nachdem dieser Form Genüge getan war, hielt er die Schneide des Messers waagrecht, schwang das Huhn so, daB sein Hals in das Eisen rannte, und warf das blutende Tier auf die Erde. Es schrie noch einmal und war tot. In der plötzlichen Stille hörte man, daB jetzt bei der Küche ein guter Streit im Gang war zwischen Puglug und der ersten Frau des Onkels. Die beiden gaben einander an Gesprachigkeit, Tratschsucht und Gelaufigkeit der Zunge nicht nach, und Pak muBte laut herauslachen, als er dem unverstandlichen Geschnatter zuhörte, das plötzlich in lautes, gutmütiges Gelachter überging. Beinahe hatte er schon seinen Schrecken vergessen. Er rüttelte im Vorbeigehen seine beiden jüngeren Brüder wach, die in einer offenen Balé zusammen auf einer Matte schliefen. «Ihr müBt Erde ausschaufeln und Kalk mischen, damit ich heute abend die Mauer ganz machen kann», sagte er und fühlte sich obenauf sitzen, als Herr der Familie. Meru war gleich ganz wach. «Zu Ihren Befehlen und Wünschen, mein Fürst», sagte er in gewahlter Sprache, als wenn er zu einem Radja redete. Pak gab ihm einen freundlichen Schlag auf die Schulter. Er hatte eine Schwache für diesen hübschen, leichtsinnigen Bruder, immer schon seit den Tagen, da er ihm das Gehen beigebracht hatte. Inzwischen war Meru ihm in gewisser Beziehung über den Kopf gewachsen, weil er schnitzen konnte und sogar für den Palast des Fürsten von Badung eine Pforte geliefert hatte. «Von wem wirst du heute Sirih verlangen, Nichtstuer?» sagte er gutmütig, und spielte damit auf die vielen Abenteuer an, die Meru mit Madchen hatte. «Von einer, die schoner ist als deine Frau», gab Meru zurück, und auch dies war freundlich gemeint. «Wir werden noch sehen, wer am Ende die schonere Frau heimbringt», sagte Pak nicht ohne GroBartigkeit. Und als er so sprach, da dachte er an ein ganz bestimmtes Madchen, das ihm schon seit einer Weile im Sinn lag. In bester Laune begab er sich zu seinem verwüsteten Stall, nahm die Kuh am Zaum, lud sich den Pflug über die Schulter und machte sich auf den Weg. Der alte Mann war schon dabei, mit eingeknickten Knien groBe Strohbündel zur Mauer zu schaffen. Es war spat geworden, die Sonne kam schon herauf. «Wird mein Vater daran denken, die Hahne zu füttern?» rief Pak höflich zu dem Alten hinüber. Der antwortete nur mit einer beschwichtigenden Handbewegung und mit einem Hinaufziehen der Stirn bei geschlossenen Augen, einem Ausdruck der freundlichen Bejahung. Und somit lieB Pak beruhigten Herzens die komplizierten Angelegenheiten dieses besonderen Morgens hinter sich und verliefi den Hof durch die schmale Pforte, friedlich geführt von seiner Kuh. Auf der DorfstraBe, wo die Hofmauern sich in langer Linie aneinander reihten, nur unterbrochen von den hohen Pforten, war das Leben schon in vollem Gang. Zwischen den Wipfeln der Palmen und der schweren Fruchtbaume legten sich die Sonnenstrahlen wie silberne Balken durch die dampfende Morgenluft. Tausend Vögel sangen auf einmal. Die groBen, gerippten Blatter des Pisang wurden mit dem Aufsteigen der Sonne zu leuchtenden, transparenten Scheiben aus Grün. Hinter jeder Mauer blühten rote Hibiskusblüten um die Hausaltare. Frauen kamen mit Körben und Matten auf den Köpfen, immer eine hinter der andern; ihre langen, gestreckten Schatten gingen vor ihnen her, und die erste sprach halblaut, ohne zu achten, ob die nachste sie verstand. Unter dem Wairinginbaum hielten sie an, halfen einander die Lasten von den Köpfen zu heben, sie breiteten ihre Mïatten auf den Boden und richteten ihre Waren zierlich darauf an. Sirih, gekochten Reis, Enteneier, Knoblauch und Gewürz. An andern Tagen ging auch Puglug zu Markt, aber jetzt muBte sie die Zeit ihrer Unreinheit abwarten, bevor sie wieder arbeiten durfte. Pak, friedlich dahinziehend, schüttelte den Gedanken an Puglug ab wie eine Ameise. Vor dem Haus des reichen Mannes Wayan verzögerte er sich ein wenig, und die Kuh blieb sogar ganz stehen und begann an dem kurzen Gras des StraBenrandes zu rupfen. Sie hatte sich schon daran gewöhnt, hier auf Pak warten zu müssen. Er blieb stehen, als hatte er umstandliche Dinge an dem groBen, runden Hut zu ordnen, der auf seinem Kopftuch saB. Ein Junge war gerade dabei, Wayans Hahne in ihren Körben herauszubringen und aufs Gras zu stellen, damit ihre FüBe kühl bleiben sollten. Wayan hatte achtzehn Hahne, und Pak hatte nur vier; auch dies war schon mehr, als einem Mann seines Standes und seiner Armut zukam, und Puglug machte viele gramliche Andeutungen darüber. Da auBer den Hahnen nichts zu sehen war, zog Pak seine Kuh am Zaura, sagte freundlich: «Wir müssen auf die Sawah, Schwester», und ging seines Weges. Paks Vater hatte zwei Sawahs vom alten Fürsten von Pamëtjutan geschenkt bekommen, und er selbst hatte zwei weitere von dem jungen Fürsten Alit von Badung erhalten. Die seinen lagen im Nordosten des Dorfes und die des alten Mannes im Nordwesten. Seit der Vater zu schwach geworden war für die schwere Feldarbeit, muBte Pak alle vier Sawahs selbst bestellen; er hatte nur eine Kuh, und seine Verwandten konnten ihm nur ungenügende Hilfe geben. Das Geschenk des Fürsten hatte Pak gewissermaBen zum Leibeigenen gemacht, insofern, als er den halben Ertrag an die Feldaufseher der Fürsten abzuliefern hatte. Auch muBte er jede andere Arbeit verrichten, die der Fürsten Haushalt in den Puris von Badung von ihm fordern mochte. Dafür aber hatte er vier Sawahs, gute fette Erde und Wasser, dicke Garben bei den Ernten, grüne duftende Seide, bevor die Ahren ansetzten. Wenn er sorgfaltig arbeitete, dann konnten die vier Sawahs zweihundert Garben bringen und zweimal in fünfzehn Monaten geerntet werden. Das gab auf seinen Teil genug Essen für die Familie, genug Reis für die Feste und Abgaben und Opfer, genug, um da und dort die Hilfe von Freunden zu bezahlen. Und es lieB in guten Jahren noch einen kleinen ÜberschuB, den man an chinesische Handier verkaufen mochte, deren Segelschiffe in Sanur anlegten, um Waren aufzunehmen. DaB die Ernte gut sein möge, die Erde freundlich und die Ahren voll, darum hatte Pak die Göttin Sri gebeten. Drei Tage zuvor hatte er das Wasser in die östlichen Sawahs einlaufen lassen, und deshalb muBte er heute mit dem Pflügen beginnen, so war die Vorschrift. Inzwischen waren die westlichen Felder bald der Reife nahe, man hatte ihnen das Wasser schon entzogen, und so wechselte Pflügen und Pflanzen auf einem Grundstück mit Schneiden und Binden auf dem andern ab. Überall auf den schmalen Rainen traf Pak andere Manner aus dem Dorf, die zum Bestellen ihrer Felder kamen. Ohne stehen zu bleiben, riefen sie einander ein paar kurze Worte zu. Über den Sturm der Nacht und über das Woher und Wohin. Die östlichen Felder lagen ziemlich weit vom Dorf entfernt, und Pak muBte Kuh und Pflug die steile, tiefe Böschung eines F lusses hinuntertransportieren und die Furt übercjueren. Es leitete nur ein glitschiger, von bloBen FüBen ausgetretener Pfad da hinunter, und die Kuh machte Schwierigkeiten. Pak nannte sie Schwester und Mutter, er entschuldigte sich bei ihr und versuchte ihr zu erklaren, dafi dieser Abstieg nötig sei. Plötzlich hörte er vom FluB her die Stimmen von Madchen und erstarrte mit offenem Mund. Er hatte vergessen gehabt, daB er heute spiiter daran war als an andern Tagen, so daB er die Frauen dabei traf, wie sie vom Bad zurückkamen. Eine hinter der andern schritten sie den Abhang herauf, lachend und zwitschernd wie Morgenvögel. Paks Herz setzte aus. Er hatte Sarna zwischen ihnen entdeckt. Er warf ihr einen schnellen Bliek zu, als sie an ihm vorbeiging, aber er sah nicht, ob sie diesen Bliek erwiderte. Sie hatte gelachelt, er wuBte nicht, ob für ihn oder über ihn. Ich hatte mir eine rote Hibiskusblüte hinters Ohr stecken sollen, dachte er. Nein, dachte er gleich darauf, das hatte alles verdorben. Man muB den Madchen nicht zuviel Liebe zeigen. Er stand im Gras, und Heuschrecken sprangen über seinen Bücken, und er starrte hinter Sarna her. Sie war jung und stark und schön. Alles an ihr war rund. Das Gesicht, die Brüste, die Hüften. Bund, aber zart und lieblich. Seine Leber und sein Herz waren groB und voll SüBe, wenn er Sarna ansah. Ihr Haar war naB gewesen und ihr Sarong auch. Sie hatte eine nasse, schwere Haarfranse aus dem Kopftuch heraushangen gehabt, zum Zeichen ihrer Jungfernschaft. In den Ohren trug sie groBe Ohrpflöcke aus Lontarblattern gedreht, wie die Beisgöttin Sri. Wenn Pak der Sri Opfer hinlegte und sie um gute Ernte bat, dann sah sie in seinem Sinn eigentlich immer so aus wie Sarna, des reichen Wayan Tochter. Er hatte mit seiner widerspenstigen Kuh die Talsohle erreicht, als die Madchen oben am Band der Böschung angelangt waren. Bunt und zart standen sie dort aufgereiht und riefen Scherze zu ihm hinunter, die er nicht verstehen konnte. Er sah ihnen nach, bis sie in den Beisfeldern verschwanden. Im Schatten seines groBen Hutes zog er weiter. Seine FüBe freuten sich des kühlen Wassers, als er den FluB durchschritt, und er war zufrieden. Am andern Ufer langte er bald bei seinen Sawahs an. Sie standen voll mit gutem, schlammigem Wasser, und obwohl Pak beim Aufstehen zornig über die Arbeit gewesen war, freute er sich jetzt darauf. Er spannte die Kuh ein, schob seinen Pflug zurecht und steilte sich selbst darauf. Mit gebogenen Knien machte er sich schwer, um den Pflug tief in den weichen, nassen Grund zu pressen. Die Erde warf sich mit dumpfem Glucksen um die Pflugschneide auf. Pak liebte dieses Gerausch. Er liebte diese Erde. Der Schlamm spritzte auf und bedeckte ihn und die Kuh mit kühlen Flocken, die bald zu grauen Krasten austrockneten. Von den Palmen hinter den Feldern kam der Ruf des Tjrorot, der wie das regelmafiige Schlagen zweier Bambusstöckchen klingt, wie ein winziger hoher Kulkul. WeiBe Beiher kamen geflogen, lieBen sich nieder und jagten stelzbeinig nach den dlinnen Aaien, die in den Sawahs wohnen. Libellen flitterten vorbei. Die Erde gluckste, warf platzende Schlammblasen heraus und besanftigte sich. Erde, meine Mutter, dachte Pak. Erde, meine liebe Schwester, wehre dich nicht, Erde, ich muB dir Gewalt antun, damit du vielen schweren Reis tragst, vielen schweren Beis, groBe fette Ahren wirst du tragen, Erde. Es ist heifi, Kuh, aber wir müssen pflügen, Furche neben Furche, das erste Pflügen ist die schwerste Arbeit, wehre dich nicht, Erde. Ich höre dich reden, Erde, Blokblokblokblok, du wirst Beis tragen, viele grofie schwere Ahren. Mein schönes Feld, meine gute Sawah, meine liebe Freundin unter dem Pflug, die Göttin Sri hat dich gesegnet. So vergingen die Stunden. Als die Sonne steil stand und die ersten vier von den acht Stunden des Tages vergangen waren, hörte Pak zu pflügen auf. Seine Schenkel schmerzten und seine Arme. SchweiB lief ihm in den Mund. Sein Magen hatte groBen Hunger, und der Kulkul im Dorf schlug. Aber es argerte ihn, daB er nun die Arbeit aufgeben und nach Hause gehen sollte, um diesem leeren Magen Essen zu geben. Er schob einen neuen Sirihknauel in den Mund, zur Beschwichtigung. Da sah er plötzlich eine kleine Gestalt über die Beisfelder kommen, mit einem kleinen Korb auf dem Kopf. Er zog die Augen zusammen. Die weiBen Reiher flogen auf vor ihr. Pak begann zu lachen. Es war Rantung, seine kleine Tochter, die ihm Essen brachte. Sie brachte ihm das Essen, obwohl sie eigentlich nóch zu klein war, urn die Pflichten einer erwachsenen Frau zu übernehmen. Ernsten Gesichtes kam sie daher, mit einem kleinen bunten Sarong bekleidet, der um ihre FüBe schlug. In den Ohren hatte sie kleine Pflöckchen, und eine lange Locke fiel glatt über ihre Stirn. Die war noch unbeschnitten, denn Pak hatte noch nie Geld genug beisammen gehabt, um das Fest zu bereiten, das nötig war, wenn der Pèdanda zum erstenmal diese Locke abschnitt und das Kind segnete. Ach, es stand so mit ihm, daB noch nicht einmal seine eigenen Zahne gefeilt worden waren, obwohl er ein Ehemann und ein vollwertiges Mitglied der Dorfgemeinde war. Man verschob die Feiern von Jahr zu Jahr in Paks Familie. Vielleicht konnte man mit der Zeit genug Geld sparen und alles in einem erledigen. Seine Zahnfeilung, Lambons Reife, das Schneiden der Stirnlocke und den ersten Geburtstag des neu angekommenen Kindes. Pak hatte etwas Geld unter dem Haus vergraben, zweiundfünfzig Ringgits im ganzen. Es waren fünfundfünfzig gewesen vor dem letzten Hahnenkampf. Puglug hatte bittere Anspielungen gemacht über Manner, die ihr Geld verwetteten, anstatt für die Verbrennung ihrer Mutter zu sorgen. Pak hörte mit verstocktem Gesicht zu, heimlich überzeugt, daB Puglug recht hatte. Seine Mutter war vor fünf Jahren gestorben, es war höchste Zeit für die Verbrennung ihrer Überreste, und Pak fürchtete sich oft im stillen, dafl die unerlöste Seele seiner Mutter sich durch unglückliche Zeichen bei der Familie bemerkbar machen würde. Er hatte überall danach gesucht, wo Puglug ihr eigenes Geld versteckte, das sie vom Markt heimbrachte. Aber er hatte nichts gefunden, und Puglug behauptete, daB sie all ihr Geld ausgeben müsse, um ihn satt zu füttern, wie es die Pflicht der Frau war. Wahrend Pak noch seinen Sorgen nachging, die beim Anblick von Rantungs unbeschnittener Stirnlocke in ihm aufgekommen waren, hatte das Kind sich genahert. Jetzt kniete es am Rand der Sawah nieder und öffnete sein Körbchen. Ernsthaft und etwas befangen reichte es ihm ein Pisangblatt mit Reis und ein zweites mit gerösteten Bienen. Pak spülte seine Hande in dem Wasser, das aus dem nachsten, höhergelegenen Feld in seine Sawah strömte, und begann zu essen. Die Kuh rupfte un- lustig am Gras des schmalen Raines. Als er fertig gegessen hatte, gab er Rantung den Rest, den sie bescheiden in sich hineinstopfte. Rantung war ein stilles, zartliches Kind, und Pak war seiner Erstgeborenen sehr zugetan, obwohl sie kein Sohn geworden war. Er legte seine Hand auf ihre Schulter, und so saBen sie eine Weile unbeweglich und schweigsam und sehr zufrieden. Der Tjrorot schlug dazu seine schlafrigen Bambustöne. Als er sich genug seiner Sattheit gefreut hatte und ausgeruht war, stand Pak auf. «Du bist eine gute kleine Frau, und ich werde dir einmal einen schonen neuen Kamm schenken», sagte er. Rantung schmiegte sich zartlich unter den Griff seiner Hande. Pak war seiner kleinen Tochter dankbar, aber er hatte groBes Verlangen nach einem Sohn. Stundenlang konnte er dort kauern und sich ausmalen, was er mit einem Sohn alles tun würde. Töchter gehören der Mutter und spater dem Mann, der sie entführt. Vater müssen Söhne haben zur Gesellschaft und zur Nachfolge. Mit der Hand auf Rantungs zartlichem kleinen Körper dachte er daran, daB er eine zweite Frau brauchte, die ihm Söhne gebaren würde, da Puglug nur kleine Madchen hervorbrachte. Zuletzt löste er sich von dem Kind los, half ihm eine lange, dünne Gerte zurechtschnitzen, damit es Libellen fangen konnte, die, gebraten, ein groBer Leckerbissen sind. Dann wendete er sich seufzend und mit etwas steif gewordenen Gliedern wieder dem Pflug und der nassen Erde zu. Die Sonne hatte schon begonnen, nach dem Westen zu gehen, als Pak einen Ton vernahm, der ihn aufhorchen machte. Der Kulkul, erst der von Sanur, verweht, aber hartnackig, und daim auch der von Taman Sari, mit vielen tiefen, kurzen Schlagen. Pak trieb seinen Pflug bis zum Ende der Sawah, aber er war nicht mehr aufmerksam beim Pfliigen. Er dachte angestrengt nach, was der Kulkul zu dieser Stunde zu verkünden haben mochte. Er konnte ordentlich spüren, wie seine Leber sich ausdehnte vor Neugierde. Kommt alle, kommt schnell, kommt helfen, das ungefahr trommelten die Dorftrommeln, und der Klang wanderte über alle Sawahs. Auch auf den andern Feldern hatte man aufgehört zu arbeiten. «Was bedeutet das?» riefen die Manner einander zu. «Wir werden gerufen», sagten andere. Pak war schon dabei, seine Kuh loszuschirren. «Wir müssen hingehen», rief Krkek herüber; er war ein alterer und kluger Mann, sehr geachtet in der Gemeinde und der Vorstand von verschiedenen Vereinigungen, die mit der Wasserbestellung und dem Ernten der Reisfelder zu tun harten. Pak, so wie alle andern, lieB die Arbeit sein und trieb seine Kuh, so schnell es ging, über den Damm, den FluB und dem Dorf zu. Ein Gedrange von grauen Biiffeln, von hellbraunen Kühen, von schlammverkrusteten eiligen und neugierigen Mannern wimmelte an der Furt. Auf halber Höhe des Abhangs begegneten sie einer andern Gruppe, die aus dem Dorf kam. «Kehrt um!» wurde gerufen. «Wir müssen nach Sanur; wir werden gebraucht, es ist etwas geschehen.» Die meisten der Manner harten die zugespitzten Bambusstangen mitgebracht, an denen sie sonst ihre Lasten trugen, und einige harten sogar den Kris im Gürtel oder den Speer in der Hand. «Ist es ein Tiger?» fragte Pak, freudvoll erregt. Krkek lachte verachtlich durch die Nase. «In der Ebene kannst du ein sehr alter Mann werden, ohne einen Tiger gesehen zu haben», sagte er herablassend. «Im Gebirge sind sie noch. Ich habe zwei töten geholfen, droben in Kintamani.» Pak machte einen höflich bewundernden Larm mit den Lippen. Die Kuh zerrte ihn zum FluB zurück, sie wollte nach der Arbeit gewaschen werden, wie immer. Ein paar Minuten lang war alles Gedrange, Geschrei und Verwirrung. Dann befahl Krkek ein paar Kindern, die Kühe und Büffel auf die Weide zu führen, und die Manner formten sich in einem langen Zug, der sich bald mit schnellen Schritten nach Sanur bewegte. Dort waren die Strafien voll von Menschen, die alle dem Strand zustrebten. An den Hofpforten standen die alten Frauen, denen man die Sauglinge auf die Hüften gesetzt hatte. Die jüngeren liefen lachend und kreischend zwischen den Mannern hin, gefolgt von ihren Töchtern. Die kleinen Jungen des Dorfes waren schon weit voran, mit ihren Fersen eine Wolke von Staub hochstoBend. Aus dem allgemeinen Geschrei entnahm Pak, daB ein Boot an der Küste gestrandet war. Er lachte voll Verwunderung auf. Der alte Mann, sein Vater, harte es vorher gesagt. Er war fast so weise, wie der Pëdanda selbst. «Der alte Mann zu Hause hat es vorhergesagt», rief er dem Nachsten zu. Jemand, dem ein überraschender Gedanke kam, fing zu lachen an, und das Lachen pflanzte sich fort. Sie blieben stehen vor Lachen, zogen die Augen zusammen und schlugen sich auf die Knie. Man hatte sich gefürchtet, und nun zeigte es sich, daB Baju, der Gott des Windes, ihnen höchst wohlgesinnt war und ihnen ein Schiff an den Strand schickte. Sie alle hatten Visionen von reichem Strandgut, von Kisten mit Waren, mit Reis und getrockneten Kokosnüssen. Pak, der schneller und schneller trabte, hatte insgeheim ein Gefühl, als wenn er viel mit der Strandung des Bootes zu tun hatte. Sein Vater hatte es vorher gewuBt, und er selbst hatte sein schönstes weiBes Huhn geschlachtet für den Gott. Er sah Ursache und segensvolle Wirkung dicht aufeinanderfolgen, und daB seine Hofmauer dabei ein Loch abgekriegt hatte, das war jetzt unwichtig geworden. Das Gedrange teilte sich für einen Augenblick, um Platz zu schaffen für den Vorsteher der Küstendörfer, den Punggawa Ida Bagus Gdé. Er war ein schoner Mann, rund und fett und mit runden Augen und einem Schnurrbart. Ein Diener hielt einen aufgespannten chinesischen Papierschirm über ihn, obwohl die Strafie ganz im Schatten der Palmen lag. Pak konnte die Brandung horen, bevor er sie sah. Es schlugen hohe laute Wellen an den Strand, denn es war die Zeit des groBen Meeres. Sie liefen das letzte Stück, und dann standen sie alle plötzlich still und schauten auf das Ereignis hin. Das Meer spielte mit einem Schiff, das groB und hilflos aussah. Es muBte einmal drei Maste gehabt haben, von denen zwei zerbrochen waren. Die Segel hingen in Fetzen herunter. Ein paar Manner waren auf dem Boot, die streckten die Arme hoch und riefen etwas herüber, das die Leute von Sanur nicht verstehen konnten. Zwischen dem Schiff und dem Strand lag schaumendes, wellendes Wasser. Mit jeder Flutwelle wurde das Schiff krachend gegen das Riff geworfen; das Getöse war so laut, daB einige Frauen sich die Ohren zuhielten. Obwohl das Riff nur etwa hundert Schritte im Meer drauBen lag, war es unmöglich, dorthin zu waten. Man sah den Fischer Sarda mit zwei anderen auf den Schultern eine Djukung herbeischleppen und auf das Wasser setzen. Sie ruderten gegen die Flut an, aber sie wurden immer wieder zurückgeschmissen und gaben zuletzt auf. Von jeder zurückflutenden Welle wurden kleine Bündel von unkenntlichen Dingen am Strand gelassen. Ein scharfer und unangenehmer Geruch stieg davon auf. Ein paar der Dorfjungen rann- ten hin, rissen die Dinger an sich und rannten schreiend zurück ins Trockene, bevor die nachste Welle herangedonnert kam. Die Frauen machten sich lachend und neugierig über die Beute her. Es waren durchweichte, durchnaBte, stinkende Büffelhaute und getrocknete Fische, die sich im Seewasser fast zu Gallert aufgelöst hatten. Pak hielt solch einen triefenden Fisch in der Hand und überlegte, ob man ihn vielleicht wieder trockenkriegen und dann noch verwenden könnte. Jetzt drangte sich der Chinese Njo Tok Suey durch die Menge, ein Mann, der in Sanur ein Haus besaB und den Handel mit den einlaufenden Booten vermittelte. Man machte ihm lachend Platz. Er trug einen Sarong, wie die Leute von Bali, jedoch auch eine Jacke und Mütze, wie ein echter Chinese. Die Mütze hatte sich verschoben, und darunter kam ein kahler Kopf zum Vorschein. Die Menge schrie vor Lachen. Sie hatten schon davon gehort, dafl Njo Tok Suey am Kopf so glatt war wie ein Leguan, aber sie hatten so etwas noch nie gesehen. Der Chinese achtete nicht auf die Zurufe, sondern drangte sich mit vielen Püffen und StöBen zum Punggawa durch. Sofort bildete sich ein Kreis um die beiden Manner, denn selbstverstandlich wollte jeder hören, was gesprochen wurde. Pak war enttauscht, weil er nichts verstehen konnte. «Was reden Sie?» fragte er den klugen krkek. «Die malaiische Sprache», sagte dieser und gab sich ein Ansehen, als verstünde er alle Sprachen der Welt. Als der Punggawa eine kurze Zeit mit dem Chinesen geredet hatte, trat dieser zurück und verbeugte sich tief. Der Punggawa wendete sich der Menge zu und rief laut: «Legt alles vor mir nieder, was ihr gefunden habt. Die Sachen gehören den Mannern auf dem Boot, und nichts darf davon genommen werden.» Es wurde leise gemurrt. Wenn die Götter des Windes und der See nasse Büffelhaute an den Strand warfen, so taten sie dies in der augenscheinlichen Absicht, sie den Leuten von der Küste zu schenken. Pak trennte sich nicht ganz leicht von seinem Fisch. Zögernd lieB er ihn los und legte ihn auf den kleinen Hügel triefender Dinge, der sich vor dem Punggawa aufhaufte. «Es ist ja doch nur ein Haufen Gestank», rief Paks Freund, der SpaBvogel Rib, hinten, und das Murren ging in Gelachter über. Sie horten auf, zu lachen, als der Punggawa ihnen anbefahl, die Manner von dem Boot zu retten. Der Punggawa hatte groBe Macht über die Leute von Taman Sari und Sanur, und es war nicht leicht, sich ihm zu widersetzen. Seine Augen waren voll Feuer, und er hatte eine laute Stimme, die niemand überhören konnte. Diej enigen, die in dem Kreis zuhinterst standen, machten sich schon unbemerkt davon. Ein paar Altere murmelten, daB sie keinen Mut hatten. Es war nicht an den kastenlosen Sudras und Reisbauern, Mut zu haben. Mut war die Sache der Krieger und Rajahs aus der Ksatryakaste, und Selbstaufopferung mochte zu den Pflichten eines Brahmanen gehören, wie Ida Bagus Gdé einer war. Dies wenigstens waren die Dinge, die Pak dachte, und die meisten anderen waren der gleichen Meinung. Inzwischen konnte man horen, wie die Planken des Schiffes krachten und zerbarsten, so oft es an die Klippen gestoBen wurde. Die Manner drauBen hatten aufgehört, zu rufen, und ihre Stummheit machte einen gefahrlichen Eindruck. Der Chinese Njo Tok Suey stand neben dem Punggawa, nicht hinter ihm, wie es die Höflichkeit verlangt hatte, und hielt die Hande abwartend in seinen weiten Armeln vergraben. Jetzt kam eine kleinere Gruppe von Menschen herbeigerannt, die weiter strandaufwarts gestanden hatten. Es waren die Unverheirateten und die jungen Manner aus den beiden Dörfern, und Pak sah seinen Bruder Meru zwischen ihnen. Auch der jüngste Bruder, Lantschar, war dabei, der sich von irgendwoher einen Speer verschafft hatte und heftig mit seinen dünnen Armen gestikulierte. Plötzlich drehten alle Manner die Köpfe, und ein Ruf, der bei den Frauen angefangen hatte, pflanzte sich fort. «Raka», riefen die Leute. «Da ist Raka! Raka, was willst du tun?» Pak drangte seinen Vordermann beiseite, sah mit flüchtigem Schreclc, daB er dem reichen Wayan den Ellbogen in die Seite gestoBen hatte, und arbeitete sich in die erste Reihe durch. Raka hatte sich an die Spitze der jungen Manner gestellt und war eben dabei, seinen Kain zu einerri Lendentuch aufzuschürzen. Raka war der schönste Bursche in den umliegenden fünf Dörfern und der beste Tanzer des Reiches Badung. Er war der alteste Sohn des geehrten Pedanda Ida Bagus Rai, und alles dies kam zusammen, um ihn zum Idealbild der Dörfer zu machen. Die Madchen bekamen dunkle Augen, wenn er vorbeiging, und die Manner konnten nicht anders als lacheln und ihm einen guten Wunsch zurufen, wenn sie ihn sahen. Wenn er tanzte, sah er wie der junge Gott Ardjuna selber aus, herrlich gekleidet, voll Stolz und hoher Schönheit. Gerade jetzt freilich war nichts von diesem Glanz zu sehen, nichts als das EbenmaB und die schone Kraft seines Körpers. Wie irgendein Bauer kam er daher, mit aufgeschürztem Kain, und folgte in plötzlichem Lauf einer zurückrollenden Welle nach, die nur Gisclit auf dem Sand zurücklieB. «Wer will mit mir baden gehen?» rief er lachend, und wirklich folgten ihm einige dicht an das wilde Wasser. Meru war unter ihnen, das sah Pak, und er hatte gerade noch Zeit, Lantschar zurückzureiBen, als schon die nachste Welle sich an den Strand warf. Alle schrien auf, als die jungen Manner im Meer verschwanden, denn die Leute von Sanur fürchteten das Wasser, in dem es Haie gab und giftige Stachelfische. Nur ein paar Fischer standen auf vertrautem FuB mit dem Element und seinem unzuverlassigen Gott Baruna, der viele Opfer von ihnen beanspruchte. Pak stand ganz unbeweglich, den Arm um die magere Schulter seines kleinen Bruders Lantschar gelegt, und spürte, daB der Knabe vor Aufregung zitterte. Alle waren jetzt unbeweglich und stumm geworden und starrten auf das Wasser. Als die Welle zurückgeebbt war, sahen sie Raka mit seinen Helfern schon weit drauBen aufrecht durch das Wasser waten und sich dem gestrandeten Boot nahern. Unter einem neuen Anprall krachten die Seiten des Schiffes zusammen. Ein Mann war an die Spitze des Wracks gestiegen und winkte mit etwas, das wie eine alte verwaschene Fahne aussah. «Was ist das Ding, mit dem er winkt?» fragte Pak den klugen Krkek, denn es mochte wohl ein Tuch mit magischer Zauberkraft sein. Krkek kniff die Augen ein und dachte nach. «Es ist das Zeichen, das die Hollander vor sich hertragen, wenn sie kampfen», sagte er schlieBlich. «Bèh», sagte Pak voll Bewunderung vor so viel Wissen. Auch er hatte schon von den weiBen Mannern gehort, die den Norden der Insel beherrschten und auch im Süden die Fürsten von Karangas&m und Gianjar unterworfen hatten. Manchmal erzahlten weitgewanderte Leute, die durch Taman Sari kamen, überraschende Dinge über diese Hollander. Gesehen hatte Pak noch keinen, und er wuBte, daB er sich auch vor dem Anblick gefürchtet hatte. Es wurde erzahlt, daB die weiBen Manner riesengroB und übermaBig dick und stark waren. DaB sie keine Farbe in den Augen hatten, aber gut sehen konnten, obwohl sie sich wie Blinde bewegten oder wie Figuren aus Stein geschnitten, so steif und unbeholfen, und daB es nicht sicher war, ob sie eine Seele hatten und ob ein Teil der Gottheit in ihnen wohnte, wie in jedem lebenden Wesen auf Bali. Sie waren vor vielen Jahren aus Java gekommen, dem einzigen fremden Land, von dem Pak je gehort hatte. Sie waren übermaBig gescheit und machtig, wahrscheinlich, weil sie eine helle Haut hatten wie manche Götter. Obwohl dies alles höchst sonderbar und furchterweckend klang, schienen die Hollander doch nichts Böses zu tun. Sie respektierten die Götter der Insel und die alten Gesetze. Sie konnten Krankheiten heilen, und sie liebten es nicht, Leute töten zu lassen. Es hiefi sogar, daB sie die Radjas in den unterworfenen Landstrichen davon abhielten, Todesurteile ausführen zu lassen. Sie waren unermeBlich reich, und zuweilen verirrte sich eines ihrer Ringgits bis nach Taman Sari. Darauf war das Bild einer sehr fremdartig, aber nicht unangenehm aussehenden jungen Göttin abgepragt. Pak, den zitternden Lantschar an sich gedrückt, überlief in Gedanken alles, was er über die weiBen Manner wuBte. Er machte sich selber Mut, denn es war möglich, daB solche Manner von dem gestrandeten Boot kommen würden, so daB er in kurzem ihren Anblick auszuhalten hatte. Für ein paar Minuten vergaB er sogar die Sorge um seinen Bruder Meru, der sich durch das Wasser kampfte, obwohl er dort nichts verloren hatte. Ein groBer Schrei stieg aus der Menge, als Raka mit seinem Hauflein das Boot erreicht hatte. Die Kraft der Wellen hatte nachgelassen, da die Zeit des groBen Meeres vorbei zu sein schien. Das Wasser fiel schon und lieB jetzt den verwüsteten Rumpf des Schiffes sehen. Zwei Djukungs stieBen ab, die von Sarda und die des Fischers Bengek, dem die vernachlassigte Sawah neben Paks Feldern zugehörte. Die Leute begannen zu lachen, als sie sahen, was Raka drauBen bei dem Boot vorhatte. Er selbst und ein paar seiner Helfer luden sich jeder einen der gestrandeten Manner auf den Rücken, und dann wateten sie durch den Gischt und Schaum des verebbenden Meeres zum Ufer zurück. Das Gelachter wuchs und wuchs, wahrend sie sich naherten, und ging in allgemeines Drangen und Geschrei über, als sie den Strand erreicht hatten. Paks groiBe Spannung löste sich, als er sah, dafi es keine weiBen Manner waren, die da herangeschleppt und auf dem Ufersand abgeladen wurden. Es waren Mohammedaner und Chinesen in einem jammerlichen Zustand. Die Frauen stieöen Rufe des Mitleids aus, besonders über den jüngsten und hübschesten von ihnen, der aus einer Stirnwunde blutete und ohnmachtig zu sein schien. Sie schlossen sich im Kreis um ihn, aber sie machten Platz, als eine Frau, die etwas gröfler war als die andern, zu dem Verwundeten trat, sich neben ihm niederkauerte und seinen blutenden Kopf auf ihren SchoB legte. Dies war Teragia, die einzige Frau des schonen Raka, die im Dorf sehr verehrt wurde, obwohl sie noch jung war und eben erst der Geburt ihres ersten Kindes entgegensah. In ihr war die gute Kraft so stark, daB viele sie auf sich ausstrahlen fühlten. Sie konnte heilen und Quellen auffinden, und manchmal zog die Gottheit in sie ein und sprach durch ihren Mund. Sie war von hoher Kaste, wie Raka selbst, und hatte den Arzt des Dorfes zum Vater, der sie viele Formeln und magische Gebete gelehrt hatte. Sie wischte mit einer Ecke ihres Sarongs das Blut von der Stirn des Jungen, sah sich um und murmelte ein paar Worte zu der Dienerin, die neben ihr kniete. Das Madchen faltete gehorsam die Hande und lief fort, um gleich darauf mit einem Körbchen wiederzukommen, aus dem Teragia eine Anzahl groBer Blatter nahm, die sie dem Verwundeten auf die Stirn legte. Das Blut hörte auf, zu rinnen, und der Mann machte die Augen auf und seufzte. Die Frauen stieBen Rufe der Bewunderung aus und rückten ganz nahe heran. Inzwischen hatte der Chinese Njo Tok Suey sich der andern Ankömmlinge angenommen. Ein paar triefende Tische hatten sie mit sich geschleppt und am Strand hingestellt. Einer der Manner war gleichfalls ein Chinese und gab ein paar kurze Befehle in malaiischer Sprache. Offensichtlich war er der Hendes Schiffes, obwohl er übel aussah mit zerfetzten Kleidern und zit temden Kinnladen. Njo Tok Suey stützte ihn unter den Armen und fühxte ihn dem Punggawa zu. Sofort steilten die Manner von Sanur und Taman Sari sich in einem dichten Kreis herum, vim kein Wort zu verlieren. Leider wurde auch dieses Gesprach zwischen dem Punggawa und den beiden Chinesen auf malaiisch geführt. Krkek stieB sich ganz dicht heran und legte sogar die Hand ans Ohr, um besser zu hören. Brockenweise übersetzte er seinen Dorfgenossen die Reden der drei Manner. «Er sagt, daB sein Name Kwe Tik Tjiang ist. Er sagt, daB er ein Handier aus Bandjermasin ist. Er sagt, sein Schiff heiBe ,Sri Kumala'.» Hier lachten einige, denn sie fanden es komisch, daB ein Schiff einen Namen haben sollte wie ein Mensch. Krkek wies sie mit einer Handbewegung zur Ruhe, damit er hören könnte. «Er sagt, sie haben gestern bei Bijaung Anker geworfen. Der Sturm kam daher, rüttelte an dem Schiff und brach die Ankerkette. Er sagt, das Schiff wurde hin und her getrieben wie die Schale einer KokosnuB, die man ins Meer geworfen hat. Er sagt, sie haben groBe Angst ausgestanden. Sie haben nicht geglaubt, daB sie das Ufer noch lebendig erreichen würden.» Krkek wartete und horchte aufmerksam, als der Chinese seine Stimme erhob und einen langen Satz herauslieB. «Der Chinese Kwe Tik Tjiang dankt den Mannern für seine Rettung und bittet, sich zurückziehen zu dürfen. Er fiihlt Schmerzen und groBe Müdigkeit», meldete er sodann. Höfliches Murmeln kam aus der Menge. Der Chinese stand noch einen Augenblick stumm da und schaute aus entzündeten Augen die Leute an. Sie starrten zurück, denn man sah nicht jeden Tag einen gestrandeten Handelsmann aus Bandjermasin. Als der Chinese wegging, wankte er, und Njo Tok Suey stützte ihn schnell und fiihrte ihn fort in der Richtung seines Hauses. «Er sieht aus wie ein toter Kugelfisch», sagte der SpaBvogel Rib hinter dem Abziehenden her. Es wurde leise gelacht, und der Punggawa drehte sich argerlich um. «Leute von Sanur und Taman Sari», sagte er, «ich will, daB ihr Manner bestimmt, die hier Wache halten sollen, damit nichts vom Boot genommen wird. Was immer das Meer an den Strand bringt, soll hier aufgestapelt werden, so daB der Chinese Kwe Tik Tjiang nichts verliert. Wer dem zuwiderhandelt, der wird in strenge Strafe und hohe BuBe genommen werden.» «So ist es», murmelten die Manner gehorsam. Der Punggawa suchte in der Menge. «Wo ist Raka?» fragte er. Alle drehten sich um und suchten. Raka stand hinter Paks Bruder Meru und hatte seine Arme von hinten um ihn geschlungen, so daB seine Hande sich auf Merus Brast trafen. So ruhte er aus, freundlich an den Schnitzer gelehnt. Aus seinem langen Haar lief noch das Wasser, und obwohl er lachte, sah er ermüdet aus. Der Punggawa trat auf ihn zu, gefolgt von dem Diener mit dem unvermeidlichen Schirm. «Raka», so sagte er laut, daB alle es horen konnten, «ich werde deinem hohen Freund, dem Fürsten von Badung berichten, daB du tapfer und hilfsbereit warst. Sein Herz wird sich freuen, Gutes von dir zu hören.» «So ist es», sagten die Manner wieder beifallig. Raka hob die gefalteten Hande zur Schulter, um sich zu bedanken, und der Punggawa verlieB den Strand. Die Menge verlief sich schon. Einige waren neugierig den beiden Chinesen zu Njo Tok Sueys Haus gefolgt, wo sie nun standen und über die Mauer glotzten. Andere waren den Frauen nachgegangen, die den jungen Javaner ins Dorf brachten. Pak stand unschlüssig. Er war stolz auf Meru, der bei der Rettung geholfen hatte und auf den Ida Bagus Raka sich freundlich lehnte. Zugleich beschloB er aber doch, den jüngeren Bruder zu verwarnen, sobald er nach Hause kame. «Was wir jetzt nötig haben, ist ein groBer Köcher voll Palmwein, Bruder», sagte Raka zu Meru. «In meinen Gedarmen ist es so kalt, als wenn ich das ganze Meer zwischen Bali und Lombok ausgetrunken hatte», erwiderte Meru, und sie gingen Hand in Hand davon. Gerade als Pak ihnen nachfolgen wollte, legte sich eine Hand auf seine Schulter. «Es wird gut sein, wenn du mit einigen andern als Wache hier bleibst», sagte Krkek. «Du bist ehrlich und vernünftig, und ich vertraue dir. Ich werde euch Essen und Fackeln herausschicken, und vielleicht bleiben noch einige eurer Freunde bei euch, so daB ihr euch nicht vor der Dunkelheit zu angstigen braucht. Zur ersten Stunde des Tages werdet ihr abgelöst.» Paks Herz sank, als er dies hörte, aber Krkek war der erste Mann in seinem Dorfbezirk und das Haupt der Wasservereinigung. Man konnte ihm nicht gut widersprechen. Sogar der Radja hatte keine Macht über die Subak und muBte sich ihrer Emteilung des Wassers fügen. Trotzdem versuchte Pak eine schwachliche Entschuldigung. «Ich bin zu müde, um wach zu bleiben.», sagte er namlich. «Meine Augen werden zufallen wollen, und ich werde sie nicht hindern können. Ich habe auf der Sawah gearbeitet, seitdem die Sonne aufstieg. Ein müder Mann ist ein schlechter Wachter.» Aber Krkek hörte gar nicht hin, denn es hatte seiner Stellung Abbruch getan, wenn er seine Anordnung zurückgenommen hatte. «Wir haben alle auf der Sawah gearbeitet, Bruder», sagte er sanftmütig und ging davon. «Meine Mauer hat ein Loch, das alle Damonen einlaBt, wenn ich es nicht vor Abend noch verstopfe», murmelte Pak gekrankt. Aber Krkek machte seine Ohren taub und verzog sich hinter die Palmstamme, die das Dorf begrenzten. Pak sah um sich. Er war fast allein am Strand zurückgeblieben, nur Sarda mit ein paar andern hoekte neben seinem Boot und kaute Sirih. Aber die waren Fischer aus Sanur und vertraut mit dem Meer. Etwa zweihundert Schritte von ihnen entfernt hatten sich ein paar Manner der Besatzung hingelegt. Sie sahen fremd und unfreundlich aus. Man rief die Fremden an und lud sie ein, aber sie schüttelten die Köpfe, und etwas spater standen sie auf und verzogen sich. Pak seufzte. Er hatte groBe Angst vor der Nacht. Schon verlor sich die Sonne im Westen. Die Zeit des groBen Meeres war vorbei, der Sand lag bloB, fast bis hinaus zu dem gestrandeten Boot, und winzige Wellenzahne bissen weit drauBen in den Strand. Ein paar Kinder waren bis zum Boot hinausgewatet, sie prahlten und taten groB und spritzten mit ihren kurzen Beinen das Wasser hoch. Es kamen keine Haute mehr ans Land geschwommen, aber der Geruch war noch überall und machte die Wache nicht angenehmer. Erst jetzt spürte Pak, daB er wirklich müde war. Als er sich neben Sarda hinkauerte, schmerzten seine Schenkel. Seine Augen waren ganz voll von all dem Gesehenen, und wenn er sie schloB, dann sah er immerfort das Boot gegen die Klippen schlagen. Der Himmel wurde grün wie ein reifendes Reisfeld und dann hellrot wie der Gaumen eines Sauglings, dann war der Tag vorbei. In den Dörfern meideten die Kulkuls mit vielen kurzen Schlagen den Beginn der Nacht an. Pak kaute Sirih. Seine Gedanken wanderten von ihm fort, und es wurde leer hinter seiner Stirn. So verging viel Zeit. Dann kamen die Frauen aus dein Dorf, von Krkek gesendet, und brachten reichliches Essen. Reis und Gemüse und Stabellen mit geröstetem Fleisch. Hinter ihnen brach Fackelschein aus den Palmen hervor, und es kamen Manner, die Palmwein in Bambusköchern liatten. Pak trank von dem süBen Tuak, denn seine Kehle war trocken. Vor ihn hatte sich Dasni gekauert, ein Madchen aus Sanur, das ihm schon öfter Blicke zugeworfen hatte, beim Tempelfest und bei der letzten Reisernte. Sie war nicht geradezu haBlich, aber sie hatte eine dunkle, unreine Haut und zu schwere Brüste. Ergeben hoekte sie vor ihm und reichte ihm die Speisen, wahrend sie erwartungsvoll auf seine kauenden Backen starrte, um zu erkennen, ob es ihm schmeckte. «Ich höre, daB du ein Kind bekommen hast», sagte sie. «Ich wünsche, daB es dick sei und schön und seinem Vater gleichen soll.» Pak murmelte ein höfliches Wort der Zustimmung, wischte seine Finger ab und warf die leeren Pisangblatter fort. Dasni kauerte noch vor ihm, als die andern Frauen sich schon zum Aufbruch rüsteten. Im letzten Augenblick nahm sie etwas aus ihrem Gürtel und schob es zwischen Paks Finger, dann huschte sie hinter den andern her. Pak besah den Gegenstand. Es war eine Knolle rötlichen Knoblauchs. Er begann zu lacheln. Also war Dasni besorgt um ihn und wollte ihn beschützt wissen, wahrend er wachte. Als die Frauen gegangen waren, wurde noch ein wenig über den Tag geredet, man hoekte vor den verlöschenden Fackeln, und dann begannen die Freunde zu gahnen. Sarda suchte trockene KokosnuBschalen und angeschwemmtes Holz zusammen und schlug ein Feuer an. Die Nacht wurde einsam und kalt und gefahrlich. Pak kreuzte die Arme und legte die Hande um seine eigenen Schultern, um sich zu warmen. Von den Freunden, die wachen helfen sollten, waren viele verschwunden und die andern eingeschlafen. Pak starrte in die Dunkelheit, und Angst wuchs in ihm. Er setzte sich naher zu Sarda, und nach einiger Zeit fiel der Kopf des Fischers auf seine Knie, weil auch er eingeschlafen war und Pak sich selber überlieB. Wenn jetzt Lèjaks oder böse Geister aus der Finsternis hervortreten würden, dann war er wehrlos. Hastig griff er nach der Knolle Knoblauch in seinem Gürtel, die ihm Dasni mit dem Essen zugesteckt hatte. Er rieb sich überall damit ein, damit der Geruch die bösen Geister abhalten solle, und zuletzt steckte er den Rest in sein durchlöchertes Ohr. Jetzt fühlte er sich etwas sicherer, denn es war bekannt, daB die Damonen den Geruch von Knoblauch nicht vertragen konnten. Er rüttelte Sarda vorsichtig, aber der war nicht zu wecken, und Pak lieB von ihm ab. Man durfte Schlafende nicht jah storen, sonst mochte ihre umherwandernde Seele keine Zeit haben, in den Körper zurückzukehren. Er hatte groBes Verlangen nach seiner Ruhebank hinter den sichern Wanden seines Hauses, nach der Warme seiner Frau Puglug, die gut, wenn auch nicht schön war, und nach dem Atem der kleinen Madchen auf dem zweiten Lager. Niemand kam, um stinkende Fische zu stehlen oder das gestrandete Wrack fortzutragen. Ich habe Krkek gesagt, daB meine Augen nicht offen bleiben wollen, dachte Pak, und lieB sie zufallen. Er traumte von dem Loch in seiner Mauer und daB sie wieder heil war und schoner als zuvor. Es kam ein groBer Larm in seine Traume, von dem zerschlagenen Boot. Auch sah er im Schein des Wachfeuers Manner vorbeigehen, und das Gesicht des Chinesen Kwe Tik Tjiang hing über ihm, und der FuB des Chinesen, der in einem schwarzen Schuh steckte, stieB ihn an. Pak drehte sich unwillig auf die andere Seite und hörte auf zu traumen. Er hörte die Hahne krahen. Er öffnete die Augen. Der Kulkul schlag die letzte Stunde der Nacht. Er glaubte in seinem Haus zu sein und tastete um sich. Fremde Dinge begegneten seinen Fingern. Er fror gewaltig, und beiBende Kalte,leekte an seinen FüBen. Davon erwachte er ganz und setzte sich auf. Jetzt erkannte er den Strand von Sanur, an dem er eingeschlafen war. Es war noch finster, nur dort, wo Wasser und Erde sich trafen, war ein schmaler Streifen grünen Lichtes. Das war der Vorbote Surjas, des Sonnengottes, der bald aus seinem Haus treten und den Tag mitbringen wollte. Das Meer war wieder groB geworden, es sang mit lauter Stimme und warf die Wellen bis vor Paks FüBe. Erschreckt sprang er auf. Er sah sich nach den andern um, aber die waren verschwunden. Das Feuer war hinuntergebrannt, und nur etwas Asche lag da, in der sich Pak die Hande warmte. Seine Glieder schmerzten, sein Magen war leer und sein Herz klein. Er überlegte ein paar Minuten, und dann beschloB er, heimzugehen. Auch Sarda war gegangen. Er muBte seine Sawah bestellen, dazu war er da, und nicht, um das zerschlagene Boot eines Chinesen zu bewachen, der wie ein toter llisch aussah und iiucli einen Geruch wie ein solcher am Strand zurückgelassen hatte. Schon hatten die Geister sich verzogen, und die irrenden Seelen kehrten zurück zu ihren schlafenden Körpern. Pak fühlte groBen Mut in sich, als er sich auf den Heimweg machte. Trotzdem blieb sein Herz stehen, als er einen Lichtschein über das Wasser kommen sah. Seine FüBe wurden ihm schwer, und er konnte nicht weitergehen, als wenn er behext ware. Er versuchte, sich an die Beschwörungsformel zu erinnern, die ihn sein Vater gelehrt hatte, als er noch ein Kind war, zum Schutz bei der Begegnung mit Lèjaks und Geistern. Doch sein Kopf war leer wie ein Topf mit zerbrochenem Boden. Jetzt kam das Licht naher, dann war da ein Gerausch wie vom Knirschen eines anlegenden Bootes auf dem Sand des Strandes. Erleichtert sah I ak den Schatten eines Mannes das Boot verlassen und mit einem Licht in der Hand auf sich zukommen. Es war nichts Übernatürliches. Es war eine ganz gewöhnliche Laterne, ein Docht in die Höhlung eines Bambusstabes gesteckt und mit einem trockenen Pisangblatt überdeckt. Pak wartete. Erst dachte er, es sei Sarda, doch als er erkannte, wer da kam, fürchtete er sich wieder. Der Mann mit dem Licht war Bengek der Heisere, der iischer. Er war ein haölicher Mann und hatte eine kranke Kehle, so daB er niemals laut sprechen konnte, ohne doch stumm zu sein. Er besaB im Gegenteil eine schnelle und bittere Zunge. Seine Mutter stand im Buf, eine Hexe zu sein und sich in einen Lèjak verwandein zu können, und deshalb mied man den Sohn, soviel es anging. Doch wagte niemand, gegen Bengek aufzutreten, denn alle hatten Angst vor ihm und seiner Mutter. «Friede deinem Kommen», sagte dann auch Pak mit zitternden Lippen, und Bengek blieb stehen, beschattete sein Licht mit einer Hand und spahte in das dünner werdende Dunkel. «Bist du es, Pak?» fragte er mit seinem heiseren Flüstern. «Bist du noch nicht auf deiner Sawah, HeiBiger Nachbar?» fragte er. Pak beschloB, den Hohn nicht zu bemerken und so zu tun, als wenn diese Begegnung am Meer, zur letzten Stunde der Nacht, etwas ganz Gewöhnliches sei. _<