MIMICRY, SELEKTION, DARflNlSMÜS. erklArung seiner thesen über mimicry (sensu generalij al"f dem im jahre 1901 in berlin stattgefl'n'denen 5^n internationalen zoologisciien kongress vorgetragen VON M. C. PIEPERS, Dr. jur. utr. buchhandlung und druckerei vokmals E. J. BRILL — LEIDEN. 1903. w IX H A LTS V E RZKIC H XIS. Scite Einleitung i Thesis I 3 „ II 10 » "I 29 „ IV 82 „ V 84 VI 124 ,, vil 135 „ VIII 139 „ IX 141 X 142 ,, XI 148 „ XII 174 „ XIII 175 „ XIV 196 „ XV ■ 196 XVI 219 „ XVII 219 „ XVIII 220 „ XIX 220 „ XX 221 „ XXI 226 „ XXII 231 „ xxiii . . . : 235 „ XXIV 239 „ XXV 239 „ XXVI 256 „ XXVII 258 „ XXVIII 259 „ XXIX 260 INHALTSVERZEICHNIS Seile Thesis XXX 2?° „ XXXI 2?° „ XXXII 2?2 „ XXXIII 2?2 „ XXXIV 272 „ XXXV „ XXXVI „ XXXVII • 273 „ XXXVIII 2?4 „ XXXIX 280 „ XL „ XLI „ XLII Nachschrifte 421 Ein Probeexempel Register Auf dem 5en Internationalen Zoologen-Kongrcss zu Berlin wurden von mir 42 Thesen iiber Mimicry vorgetragen, denen ich folgende Einleitung vorausschickte: „Da ich erfahren hatte, das ein namhafter Naturforscher auf dicsem Gebiet, der, wie ich selbst, speciell Lepidoptcrologc ist, auf diesem Kongress einen Vortrag über Mimicry halten wollte, und da ich aus seinen friiheren mir bekannten Schriften vermuten konnte, dass seine diesbezüglichen Ansichten von den meinen sehr abweichen, glaubte ich zur Förderung der wissenschaftlichen Kcnntnis dieses Punktes, der insonderheit wegen seiner engen Vcrwandtschaft mit der Selektionslehre von so grossem Interesse ist, auch meine Auffassung unmittelbar daneben stellen zu mussen. Für eine erschöpfende Diskussion dariiber halte ich jedoch einen Kongress für sehr wenig geeignet; einerseits fehlt vielfach dafür die nötige Zeit, andererseits verlangt die Beantwortung jedes Argumentes auch eine viel genauere Untersuchung desselben, als es hier, wo es mündlich und daher unmittelbar geschehen muss, möglich ist. Und endlich verstehen die verschiedenen Redner einander nicht immer so gut oder können sich mündlich nicht leicht genug in einem ihnen fremden Idiom ausdrücken, um in solchem Streit volkommen frei in ihren Bewegungen zu sein und einander in jeder Hinsicht gut verstehen zu können. Stellt man jedoch in oben angedeuteter Weise die verschiedenen Lehrsatze nebeneinander, so wird dadurch der Unterschied derselben für jeden wissenschaftlichen Interessenten vollkommen deutlich, und können daher die Vertreter der verschiedenen Anschauungen mit Erfolg in irgend einer P achzeitschrift, am besten natürlich in der gleichen, nach Ubereinkunft gewahlten, ihre Lehrsatze Stück für Stück nach ihrem besten Wissen und Können niederlegen. Bei solch einem wissenschaftlichen Ducll wird dann der unparteiische Zeuge an besten erkennen können, wessen Anschauung die grösste wissenschaftliche Kraft besitzt; auf diese Weise würde darum ein richtiges Verstandnis eines solchcn Gegenstandes wesentlich zunehmen können. Die Förderung eines derartigen Strebens liegt nun, meiner Ansicht nach, auch mit in der Aufgabe dieses Kongresses. Darum lasse ich hier meine Lehrsatze über diesen Gegenstand folgen. Die ausführlichere Bespreehung derselben, die für die Diskussion hier viel zu zeitraubend ware, hoffe ich noch apart oder in einer Fachzeitschrift zu veröffentlichcn." In diesem Werk biete ich nun dieselben Lehrsatze den sich dafiir intcressierenden Zooiogen nochmals an, jeder derselben jedoch nun gefolgt von der ausführlichen Bespreehung, welche damals unterlassen werden musste. I. Es ist eine Thatsache, dass oft Tiere und in geringerem Masse auch Pflanzen, in Gestalt oder Farbe, oder auch in beiden, anderen Tieren, Pflanzen oder leblosen Gegenstanden gleiehen, und zwar so sehr, dass der Unterschied zwischen beiden nicht leicht oder wenigstens nicht unmittelbar bemerkt wird, und daher das Eine für das Andere angesehen werden kann. I)iese mehr oder weniger tauschende Aehnlichkeit werde ich hier, wie es am meisten Gebrauch ist, in ihrem ganzen Umfange „Mimicry" nennen. Von einigen englischen Naturforschcrn wird dieser Ausdruck namlich in begrenzterem Sinne ausschliesslich bezüglich der Nachahmung andrer Tiere gebraucht und in denselben nicht, wie von mir, das, was sie „Protectiveund vAgressive Rcsemblance" nennen, eingeschlossen, welche Begrifife sich jedoch schwer von einander trennen lassen. Im Allgemeinen umfasst dieser Begriff, wie er von mir verstanden wird, alle die Falie, bei denen ein gewisser Schutz für irgend ein lebendes Wesen, sei es zu seiner Verteidigung, sei es zum bequemen Fang seiner Beute, erlangt wird, dadurch, dass das beschützte Wesen in Gestalt, Farbe oder Haltung bestimmte Eigenheiten besitzt oder annehmen kann, welche es für seine Feinde und seine Beute wenig sichtbar, das heisst erkennbar machen, bisweilen auch jenen Furcht oder Abscheu einflössen. Die wissenschaftliche Erforschung dieser Erscheinungen muss selbst noch weiter gehen und ebenfalls — wenn sich dies auch schwer in dem genannten Terminus einschliessen lasst — auch das, wie behauptet wird, bei einigen Tieren, speciell Insekten, vorhandene Vermogen umfassen, sich durch zur Schau tragen von sehr auffallenden Farben ihren Feinden als ungeniessbar zu erkennen zu geben, und auf diese Weise einem Anfalle zu entgehen; die Theorie der sogenannten warnenden Farben. Denn wiewohl in diesem Fall der erzielte Effect nicht durch Gesichtstauschung erreicht würde, sondern durch eine wirkliche Warnung, ist dabei doch die Rede von einer Erscheinung den erstgenannten Thatsachen so nahe verwandt, dass sie wissenschaftlich davon nicht getrennt werden kann. Auch bezüglich der sogenannten tierischen Erkennungszeichen gilt dasselbe. Was die vielen Formen betrifft, unter denen die triigerische Gleichheit sich offenbart, so findet man bei verschiedenen Autoren eine Anzahl Beispiele verzeichnet; inan kann sie einteilen in: Tiere, deren Farbe iibercinstimmt mit derjenigen, welche im Allgemeinen ihre Umgebung kennzeichnet; viele z.B., die in den Polargegenden oder auf hohen Gebirgen leben zwischen Schnee und Eis sind weiss, und zwar bisweilcn allein wahrend der Winterzeit; andere, viele Arten von Vögeln, Reptilien und Insekten, die zwischen Blattern und Gras leben, sind griin; in dürren und wüsten Strecken findet man bei allerlei Tierarten aus verschiedenen Gegenden meist eine braun- oder rot-graue Farben-Nuance vor, welche dort auch dem Boden und vielfach ebenfalls in gewissem Grade dem Pflanzenwuchse eigen ist. Auch anderswo zeigen verschiedene Tiere dieselbe Farbe wie der Grund, auf dem sich ihr Leben abspielt, selbst Fische, Krabben und andere Wassertiere diejenige des Bodens der Gewasser, in denen sie sich befinden, bei Korallen-Riflen die der Koralle und nach MoSELEY im Sargasso-Meer, die der dort so mannigfaltigen Algen. Es giebt auch Seetiere, wie der Fisch Achirus pellucidiis F. HENN, aus dem Stillen Ocean und viele Mollusca und Medusae, welche die Farbe des Seewassers besitzen, und sogar ebenso wie dies durchsichtig sind, auf diese Weise natürlich selbst wenig sichtbar; bisweilen ist auch die Farbe eines solchen Seetieres im Allgemeinen die der Umgebung aber mit einigen Flecken darauf, die gleichfalls speciell farbige Teile in der Umgebung, z. B. Pflanzen, wiedergeben. Und in derselben Weise sieht man auch auf der Haut einiger in asiatischen oder afrikanischen Wüsten lebenden Eidechsen, die in der Regel die Farbe des rötlichen oder steinigen Bodens haben, kleine Fleckchen, welchc kleine rote Blumen oder andere auf diesem Boden ebenfalls vorkommenden Gegenstande nachzuahmen scheinen. Tiere, welche in Farbe übereinstimmen mit der von bestimmten Gegenstanden, an oder auf welchen sie sich aufhalten; es sind z.B. Mantis- oder Spinnenarten bekannt von der Farbe der Blumen, auf denen sie vorkommen; Raupen von der der Blatter — auch von solchen, die rot und gelb gefarbt sind — auf denen sie leben; Schmetterlinge, Raupen und Puppen, Kafer und Spinnen, die in dieser Hinsicht der Baumrinde gleichen, oder der Rindenmoose, welche auf den Baumen wachsen, bisweilen sogar beide Gegenstande nachahmen dadurch dass sie im Allgemeinen die Farbe der Baumrinde besitzen doch darauf Fleckchen, welche dem griinen oder weissen Moos, welches auf dieser Rinde vorkommt, ahnlich sind; Hasen und Vogel, die so vertrockneten Gras oder entfarbten Pflanzenüberbleibseln gleichen; Schmetterlinge, welche die weissgrauen Flecke an verwitterten Kalkfelscn, an welchen sie sich festsetzen, nachahmen; einige Beobachter meinen selbst in dem Glitzern von runden, concaven, metallartigen, an Blattern sitzenden Schildkafer (Cassididen) eine Nachahmung von Tautropfen zu sehen. Tiere, die sowohl in Farbe als auch in Gestalt Gegenstanden ihrer Umgebung gleichen, z.B. Raupen und Spinnen einen Rindemoos; Fische wie Phyllopteryx cques GÜNïHER dem Tange; Spannraupen (Geometrae) und wandelnde Aeste (P/tasmodea) den Zweigen; Schmetterlinge und Heuschrecken und vor allem das sogenannte wandelnde Blatt (P/iylhiuii siccifolium l.) oder Puppen, wie die von Apatura Iris l., den Blattern; auch toten Blattern, wie die Hibemia-Spanner oder solchen, die halb verwelckt oder beschadigt sind, wie die von LlüYD Morgan abgebildete Cycloptera spcculata stoll. oder die den toten Blattern von Nephelium longanum iiuok. gleichende an diesem Baume hangende Fledermaus Kerivoulapicta 1'all. welche von SwiNHOE auf Forinosa beobachtet sein soll; oder auch den Blattnerven, wie die bekannte Zeichnung auf der Unterseite der blattförmigen Flügel von Kallima u. s. w., und die Form der Adoliasraupcn; Haselnüssen oder Birkenfrüchten, wie die Raupe von Geometra papilionaria l., Getreide- kömer wie die Grille Myrmecophila ochracea fischtz.; den Blumenknospen wie nach Wallace die gelbwei'se Spinne Thomisus citreus, walck., die sich auf den Knospen von Viburnium lantana L. aufhalt; den Blüten, wie die laut Bericht von wallace einer Orchidee gleichende indische Mant is, Hymenopus bicornis l.; den abgefallenen Blüten des Baumes auf dem sie lebt, wie die Raupe von Acca Procris cram.; Stiickchen Holz oder Baumrinde, wie der Schmetterling Phaler a Bucephala l. und die Spinne Caerostris mi tralis vins.; Haufchen Erde, wie ein ByrrhusVa.tex von dem in der Trans. Ent. Soc. of London vom tg. Nov. 1866 Meldung gemacht wird; oder Raupenexcrementen wie Hahnel von dem Kaferchen Chlamys pilula kl. behauptet; Vogelschmutz, sowohl frischem, feuchtem, als auch auf dem Blattern vertrockneten, was von verschiedenen Raupen in Europa, Ost-Indien und Nord-Amerika und ebenso von Faltern, von Spinnen, von Mantiden und von Coleopteren festgestellt ist. Tiere, die sowohl in Farbe, Gestalt oder Haltung andere Tiere nachzuahmen scheinen, wie die ost-indischen Vogel von dem Geschlecht Tropidorynchus der Meliphaciden, die nach Wallace solchen vom Geschlecht Minieta der Orioliden gleichen; Kuckucksarten, die mit Sperbern, mit Laniitsarten und auf Borneo mit einer Fasanenart sehr stark übereinstimmen; Macroglossa-Schmzttzrlinge (Macr. Tantalus l.) welche Kolibris nachahmen; straussartige Vogel, deren Hals and Kopf den Eindruck einer Schlange machen wie LloydMüRGAN dies, als von Larden wahrgenommen, berichtet hat und ich selbst auch beobachtete; die fliegend m Eidechse auf Java (Draco volans l.), die an Baumstammen emporkletternd und ihren spitzen Kehlsack stets wie ein piekende; Vogel den Schnabel gegen die Baumrinde auf und nieder bewegend, stark an eine Specht erinnert; Aale, deren Gestalt Schlangen gleicht; nicht giftige Schlangen, welche vollkommen giftigen Schlangen gleichen, wofür Wallace z.B. viele Beispiele aufziihlt. Y or Allem jedoch sind die Beispiele zahlreich von Insekten, welche andere Insekte nachzuahmen scheinen. So werden Lepidopteren, welche stark andern Insekten ihrer eigenen Ordnung ahneln, sei es dass diese nun ebenfalls zu derselben, sei es zu einer andern ihrer Familien gehörcn, stets als die bekanntesten Beispiele dieser Mimicry genannt. Vor Allem aas Süd-Amerika und .Ost-Indien, aber auch aus vielen andern Gegenden sind dafïir zahlreiche Beispiele bekannt. Aber so bestehen auch Schmetterlinge, die tauschend Insekten andrer Klassen gleichen; Sesias z.B. den Wespen, Bienen oder Dipteren, Hyblaea's den Wanzen, Papilio $ (Leptocircus) den Libellen, Raupen von Lepidopteren, wie die noch nicht ausgewachsene Raupe von Stanropus sikkimensis moore den Ameisen. Und so kennt man auch ein Neuropter (Trichopteron) aus Japan, das eine Schmetterlingsart (Ithoiiua) nachahmen soll; ein Coleopter wie Coleborhovtbns fasciatipennis waterhouse aus Borneo, welches sehr stark der Wespe Mygnimia oviculus sauss. gleichen soll; andre Coleopteren wie Clysus arietis L. ebenfalls Wespen gleichend; noch andere wieder Insekten von anderen Familien ihrer eignen Ordnung, (Cicindela, Pachyrynchus, Curculioniden) oder auch Ameisen ; ein süd-amerikanisches Homopter, welches sogar nach sclater darin eine Ameise nachahmt, wie diese ein von ihm selbst abgeschnittenes Blatt nach seinem Nest bringt; ein Hemipter (Wanze) aus Nicaragua, dass nach Belt wie eine Hornisse aussieht; Hymenopteren, welche andere Hymenopteren nachzuahmen scheinen, wie Psittyrus rupestris f., Bombus lapidarius l. und Nomada solidaginis panz., Halictus cilindricus f.; Orthopteren namlich Grillen (Scap/iura) aus Süd-Amerika die nach Bates den Sandwespen und Coleopteren, eine Mantiszxt, die nach ihm einer Termes, und Heuschrecken von den Philippinen, die CoccinellcCs gleichen. Dipteren (Fliegen), wie sie Lloyd Morgan abbildet, die von Bienen beinahe nicht zu unterscheiden sind, oder die wie Physocepliala rufipes f. sowohl in Farbe als auch in Gestalt den Wespentypen haben. Ameisen, wie Dorylus Kltigii hag., welche den selben Typus zeigt und Spinnen von denen viele Al ten mit Ameisen übereinstimmen. Jeder Naturforscher, besonders in den Tropen, hat solche Falie beobachtet. Tiere endlich, die bestimmte Haltungen annehmen können wodurch sie oder einige ihrer Körperteile, sei es durch die Form allein, sei es durch entsprcchende Farbenzeichnungen, vor allem durch sogenannte Augenflecken, ein Furcht einflössendes Aussehen erhalten. So z.B. die sogenannte schreckenerzeugende Haltung der Raupe von Harpyia vinula L., aber noch mehr die von verschiedenen Raupen, wie die von Papilio Memnon l., Hebomoia Glaucippe l., vor Allem von mehreren Chaerocampa und Parechidnia-Arten von welchen einige ausserst drohenden Schlangenköpfen gleichen, wie dies, laut Wallace, auch mit der von Aishott und Smith abgebildeten amerikanischen Raupe von Citheronia Laocoon cram. (Bombyx regia sm. akh.) der Fall sein soll. So auch die von einigen Raupen wie von Chaerocampa L/tcasi moore und Hypochroma ruginaria guén., die in der Ruhe mit den Fussen der Thoraxglieder und dem Kopf das offene Maul einer Schlange bisweilen selir tauschend nachahmen, und die Ruhe-Haltung von verschiedenen andern Raupen, wie die von Opluderes und Stauropus, welche den Hinterleib mit den weit auseinander gespreizten Hinterfüssen in die Höhe haltend damit gleichfalls den Eindruck eines geöffneten Maules erwecken sollen. Denselben Eindruck soll, laut Hagen, eine Schlange auf Sumatra machen, dadurch, dass sie das Schwanzende derartig aufrollt, dass es einem Kopf mit geöftnetem Maule gleicht, weshalb dann auch diese Schlange von den Eingeborenen die zweiköpfige genannt werden soll. Von einer andern nicht gefahrlichen von Kap der guten Hofifnung berichtet Lloyd-Morgan dass sie durchaus die drohende Haltung anzunehmen wisse von einer ebenfalls dort lebenden schr giftigen Schlange. Vielleicht darf hierzu auch die Thatsache gerechnet werden dass gewisse Anhangsel von Fischen wie von Lophius piscatorius l. denselben dienen sollen um andere Fische damit anzulocken, welche darin Würmer zu erblicken glauben, aber dann selbst die Beute dieses Anglers werden. I'erner 1'rodukte von I ieren, welchen eine derartige Gleichheit eigen ist, wie z.B. die Eier vieler Vogel, welche in der I" arbc im Allgemeinen ihrer Umgebung entsprechen; diejenige des Schmetterlings Vanessa levana l., welche den Blütenknospen der Brennnessel gleichen auf die sie gelegt werden; diejcnigc von Fischen, wie Cestracion Francisci GIRARD, welche ebenso Seetange nachahmen; Gallen, wclche Blumenknospen oder auch Tieren, Eiern oder Pilzen gleichen; ein afrikanisches Spinnegewebe, über welches Bell in Nature (/j April 1893) berichtet und welches auf wunderbare Weise eine Blume vorstellen soll. Vielleicht darf hierunter auch gerechnet werden der schleimartige Stoff, den einige selbst mehr oder weniger schneckenahnliche Raupen (.Limacodiden) ebenso wie Schnecken, dort, wo sie kriechen, zurücklassen. Zum Schlusse Pflanzen, die ihrer Umgebung, oder Tieren, oder Teilen derselben, oder auch andern Pflanzen gleichen. Nach einem Aufsatz von Virgile Brandicourt betitelt , F nuts et graines bizarres" in der französischen Zeitschrift La Nature vom 30 November 1901 sollen die Hiilsen von Scorpiurus subvillosa l. einem Tausendfuss, die von S. vermiculata l. einer Raupe gleichen, die von Biserrula polecimus l. ebenfalls erstgenanntem Tier. Die Samenkörner von Abrits precatorius l. in Farbe und Dicke dem Kafer Artemis circumusta muls., die von Martynia diandra glox. Kafern mit langen Fühlern, die der Lupinen Spinnen, die von Dimorphochlamys mannii Hook kleinen vertrockneten Aestchen, die des gewöhnlichen Ricinus l. Kafern und Milben. Auf der Mitte der Saatkörner von Jatropha l. soll sogar eine Linie vorkommen, welche die Trennung der Elythren eines Insektes nachahmt. Und die von Trichosantes anguina l. sollten in einiger Entfernung durch Gestalt, Farbe, Dicke und ihre hangende Haltung an Schlangen erinnern. Auch sollten die Hülsen der Lotussen so sehr Vögelfüssen mit Zehen gleichen dass eine derselben darum Lotus ornithopodioides l. genannt ist, wahrend die von Hippocrepis l. mit einem Hufeisen, die von Trapa bicornis l. mit einem Stierschadel Aehnlichkeit haben. So ist die Farbe der Pflanzen haufig, vor Allem in trockenen Gegenden, übereinstimmend mit derjenigen des Bodens oder der in der Nahe befindlichen Felsen, und teilt z.B. die Scientific American vom p. AI ai 1896 mit, dass eine Mesembryanthemum am Kap der Guten Hoffnung in Gestalt und Farbe vollkommen den Steinen gleicht, zwischen denen die kleine Pflanze wachst; nach mansel Weale soll dasselbe mit den Zwiebeln einer Asclepiadee in der steinigen Karoo dort der 1* a.11 sein. Von dem Samen der sogenannten Schnitzelbohne der Philippinen finde ich gleichfalls berichtet dass sie in Farbe und Harte ganzlich mit den dort vielfach vorkommenden Steinen übereinstimmen sollen. Ein gewisser Beobachter hat gesehen dass eine Anoa depressicornis SM. jedesmal, wenn sie ein bestimmtes ein mehr oder weniger schlangenartiges Aeussere zeigendes Blatt zwischen den Strauchern wo sie graste bemerkte, sofort rückwarts sprang und mit den Hörnern eine drohende Bewegung ausführte, es augenscheinlich also auch für eine Schlange ansah. Die Blüten verschiedener Orchideen gleichen Schmetterlingen; diese Pflanzen tragen übrigens auch ihren wissenschaftlichen Namen nach einer ihnen eigentümlichen Gleichheit. Die Frucht einer javanischen Pflanze hat so gemass ihrer Aehnlichkeit ihren malaischen Namen nach einem gewissen Körperteil einer Hündin, und ebenso tragen auch Blumen Namen wie Hahnensporn und Hahnenfuss, im Hollandischen auch Hahnenkamm und Katzenschwanz, u. s. w. Das starkste Beispiel, was von Derartigem bekannt ist, wird jedoch in dem Pflanzenreich angetrofifen bei dem bekannten Ityphallus impudicus fr. Einige Blumen gleichen anderen, so nach Mansel Weai.e die süd-afrikanische Ajuga op/trydis benth. und Impatiens capensis thumb. den dort auch wachsenden Orchideen, und ebenso nach I. LuuiiOCK das europaische Lamium album l. der Urtica dioica l. II. Ihre Ursache kann einerseits liegen im Spiele der menschlichen Einbildung infolge einer ganz zufalligen Uebereinstimmung; sie kann aber auch auf andere Weise zustande kommen, und zugleich auch einen zusammengesetzten Charal-ter besitzen, wobei mehrere Ursachen in grösserem oder geringerem Masse nebeneinander auftreten. Yor allem in diesem letzten Falie wird die Aehnlichkeit bisweilen besonders stark, aber dann nattirlich auch oftmals sehr schwierig zu erklaren. Das Spiel der menschlichen Phantasie lasst überall Gestalten und Formen erblicken, lasst vielerlei Laute vernehmen, wo solchc in Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Das ist bekannt genug; auch dass die höhere oder geringere, haufig krankhafte Nervenempfindlichkeit des Individuums dabei eine grosse Rolle spielt, eine Empfindlichkeit, welche bei Kindern und Kranken viel grösser ist als bei gesunden erwachsenen Menschen, und bei welcher Angst und Furcht auch stark mitwirken. In sehr heftigen Grade tritt dies auf in den Hallucinationen von Geisteskranken, mit viel Furcht vermengt vor allem in den Fallen von delirium tremens, in etwas geringerem Grade bei Fieberkranken oder nervösen Personen, die hauptsachlich in schlaflosen Nachten allerlei Gestalten und besonders Gesichter in den Blumen der Tapeten, Gardinen und dergleichen zu sehen glauben und allerlei Gerausche horen. Aengstliche oder von Aberglauben suggerierte Personen sehen so auch in der Dunkelheit oder beim Mondenschein die mannigfaltigsten Gestalten. Aber auch Autosuggestion, aus Verlangen etwas zu sehen, kann hierzu führen. Kinder machen auch wohl ein Spiel daraus indem sic durch willkürliche Einbildung in ihren Bettkissen allerlei Phantasie«ebilde sehen; ich selbst habe es mehrere Male erlebt, dass o ' wenn ich auf Java oder Celebes Nachts bei Sternenlicht oder mattem Mondenschein auf dem Anstand jagend, an dem Rand eines Waldes die aus demselben kommenden wilden Schweine oder Hirsche ervvartete und daher fortwahrend meine Andacht darauf richtete, ich mir immer wieder einbildete solche Tiere zu sehen oder laufen zu hören, ohne dass dies der Fall war. Es ist tibrigens eine Thatsache, dass der Mensch stets und auf allen Gebieten sehr geneigt ist dasjenige wahrzunehmen, was er wiinscht oder fürchtet dort anzutreflfen, und daher für eine derartige Autosuggestion sehr empfanglich ist. Und in Anbetracht dessen dass der Mensch nun immer sich selbst als Basis für seine Vergleiche gebraucht, lasst er auch hierbei unbewusst seine Phantasie mitwirken; so sieht er z.B. einen Mann oder ein Gesicht in der Mondscheibe und im Allgemeinen in Allem was nur einigermassen dazu geeignet ist, hauptsachlich menschliche Gesichter, die dann, wenn Furcht oder Aberglaube dazu Anlass geben, besonders drohende und durch ihre Hasslichkeit angsterweckend aussehen. Be- merkenswert ist es nun wie wcnig dazu nötig ist, um mit Hilfe dor Einbildungskraft solch ein Gesicht zusammenzustellen, sodass dann auch sehr priniitive Zeichnungen von Kindern oder wilden Völkerstammen dafiir genügen um dies auszudrücken. Zwei wagercchte Striche neben einander geben bereits den Eindruck von menschlichen Augen wieder; durch eine die Nase vorstellenden Strich getrennt wird dieser Eindruck noch erhöht; eine kleine Aenderung in der Richtung der Striche ist sogar hinreichend un ein lachendes oder weinendes Gesicht zu zeigen. Ebenso sieht der Mensch in einer runden oder ovalen Figur, vor Allcm, wenn diese dabei eine Vertiefung oder Höhlung hat, sehr leicht ein Auge; der Sprachgebrauch bedient sich dann aucli noch desselben Ausdruckes um die Augen auf der Suppe (auch im französchen), die auf Pfauen-Federn oder auf Schmetterlingsfliigeln, die einer Scheere zu bezeichnen. Im Hollandischen spricht man ausserdem auch vom Auge der Nadel für das Nadelöhr. Zwei ebenso wie die ebengenanntcn Striche nebeneinander gestellten Kreise oder runde Flecken geben dann auch den Gesichtsausdruck noch deutlicher wieder; wenn dieselbe durch eine Senkrechte getrennt sind, und vor Allem wenn sie sich an jeder Seite eines Körpers, in derselben Weise wie an dem Menschen- oder Tieres-Kopf zeigen, wird dieser besonders verstarkt, Dies alles nun findet sich sehr haufig beim Wahrnehmen derjenigen Aehnlichkeiten, wclche man Mimicry nennt. Der Einfluss der Phantasie spielt dabei eine sehr hervorragende Rolle, sicherlich auch die genannte Neigung Gesichter oder wenigstens Augen zu sehen, und nicht weniger die Autosuggestion. Ebenso wie Landleute und Berufsjager in Holland, in den unter ihnen erhaltenen Aberglauben aufgewachsen dass dort zwei Arten Igel vorkommen, die eine mit einem Hunde-Maul, die andere mit einem Schweine-Rüssel, nicht zögern, wenn sie einem solchen Tier begegnen, mit Bestimmtheit anzugeben zu welcher Art das betreffende Exemplar gehort, wicwohl ausschliesslich das Spicl der Phantasie beruhend auf ihrem Glauben sie dabei leitet, so giebt es doch auch Reisende und Naturforscher, die in dem Darwinistischem Glauben an die Mimicry-Lehre aufgewachsen, iiberall hierfür die Bestatigung zu sehen glauben, und dabei auch viclmehr durch ihre auf den Glauben sich stützende Einbildung als durch sorgfaltige objective Beobachtung geleitet werden. Allerlei Thatsachen findet man so berichtet, vor allem aus der tropischen Natur, welche, wenn man sie selbst unparteiisch beschaut, ofïfenbar nur auf solch einem Spiel der Phantasie beruhen. So bildet ein englischer Gelehrter, der von diesem Gegenstand ein Specialstudium gemacht hat, die Raupe einer indischen OphideresarX. in der Haltung ab, welche sie in der Ruhe annimt, und zwar um damit zu zeigen, wie diese Raupe, dadurch dass sie so die auf ihren zweiten und dritten Abdominal-Segmenten befindlichen Augenflecken scheinbar auf dem ersten Teil des Körpers zeigt, diesen hierdurch cinen Kopf ahnlich macht, auf welchem die Augenflecken dann als Augen vorkommen '). Ich habe jcdoch auf Java in grosser Zahl Op/i i der es- Ra u pc n gezüchtet, und kann fest versichern, dass diese Haltung bei keinem unbefangenen Beobachter den Eindruck hervorrufen kann, dass dadurch ein Kopf nachgeahmt wird. Im Gegenteil licfert dies cinen gutcn Beweis wie solche runden Flecken durchaus nicht notwendigerweise Tieraugen nachahmen; aber für die MimicryManie darf dies nun einmal nicht anders sein und kommt dabei die Phantasie zu Hilfe. Wie hervorragend das hier gemeinte Werk jenes Gelehrten dann auch im Uebrigen ist, kann nicht verkannt werden, dass der Autor mir vollkommen unter dem Eindruck dieser Autosuggestion zu stehen schcint. Fast in jedem Strichelchcn oder Fleckchen einer Raupe sieht er Nachahmung, hier von diesem, dort von jenem, und wenn man nun bedenkt in wie unendlicher Verschiedenheit in Farbe und Gestalt, Blatter, Zweige, Rinde, Früchte, Knospen, Bluten, u. s. w. vorkommen, dann wird es klar dass man mit so viel i) The colours of animals, their mcunlng and use, especially considered in the case of insccts, by Edward Bagnai.i. Poulton, London tSi)o. gutem Willen überall cinc Aehnlichkcit dicser Art aufspüren kann. Wie oben bereits gesagt ist hinsichtlich der menschlichen Neigung um überall Angesichte, wenigstens Augen, zu erblicken, so ist man auch sehr geneigt in derartigen platten, dunnen, beweglichen, in allerlei Formen und Farben auftretenden und von allerlei Einschnitten verschenen Körpern wie z.B. den Insektenflügeln, eine Uebereinstimmung mit den ebenso verschiedenen Baumblattern zu erkennen, bei welchcn doch auch alle dieselben Eigenschaften auf allerlei Weisen variirt vorkommen. Htocirciisschmetter\ing im Fluge, wie ich das selbst beobachten konnte, mit einer Libelle zeigt, wobei dann die beiden langen Flügelschwanze, horizontal nach hinten ausgestreckt, den langen Libellenleib nachahmen, was dann noch verstarkt wird durch die ziemlich glasahnlichen Flügel dieses Schmetterlings und überdies durch den Umstand, dass sie beide gem über Wasser fliegen. Aber ganzlich der Autosuggestion, dem unbewusstem Drang, überall Mimicry zu erkennen, muss sicherlich PoULTöN's Ansicht zugeschrieben werden, dass das fortwahrend Uebereinanderschieben der Hinterflügel, wie dies viele kleine Lycaeniden zu thun pflegen, in Verband mit den an diesen Flügeln sich befindenden drahtförmigen Anhangseln oder sogenannten Schwanzchen den Zweck verfolgen solle um ein Kopfende ara Hintertcil des Körpers zu simulieren um so eventuelle auf den Kopf gerichtete Anfalle der Vögel dorthin zu locken und so unschadlich zu machen. Wie viele hundert Male ich dies auch gesehen habe, niemals ist es mir geglückt dabei an etwas derartiges denken zu konnen; die Schwanzchen z.B. welche dann, laut POULTON, die Antennen vorstellen mussten und damit nach seinem Urteil sehr stark übereinstimmen, gleichen denselben in Wirklichkeit absolut nicht. Zufallig ist auch die Uebereinstimmung, von PLATEAU abgebildet, zwischen einem Schmetterling vom Genus Pterophorns und einem Samen von einem Compositum. Hierbei ist sogar eigentlich keine Aehnlichkeit vorhanden, sondern wird nur durch die Farbe und durch das sich in der Luft Bewegen für das menschliche Auge ein übereinstimmender Eindruck hervorgerufen, wiewohl übrigens das Fliegen eincs solchen kleinen Schmetterlinges mit dem Schweben eines Samenkornes keineswegs übereinstimmt. Und so muss sicherlich bei einer Anzahl sogenannter Mimicry-Falle der Zufall, wenn nicht als der einzige, dann doch als ein hinzukommender und bisweilen sehr hervorragender Faktor erkannt, und die Thatigkeit der menschlichen Phantasie darf dabei auch in keiner Weise übersehen werden. Wei sich in die Geheimnisse der Taschenspielerkunst hat einweihen lassen, der weiss, dass bei den meisten dieser Kunststücke verschiedene Faktoren mitvvirken durch deren Kombination der erforderliche Effekt erzeugt wird. Körperliche Schnelligkeit und Geschicklichkeit, besonders im Gebrauch der Hande und Finger, spielt dabei eine grosse Rolle; ferner weiss der Taschenspieler mit seinen Augen die Person, mit der er spricht, und sogar ein ganzes Publikum zu zwingen nur nach einer Richtung zu blieken, und auf diese \\ eise oder durch ununterbrochenes Sprechen die Aufmerksamkeit abzulenken; überdies benutzt er allerlei Instrumente und versteht verschiedene mechanische und physische Experimente anzuwenden, vor allem um optische Tauschung hervorzurufen, und bisweilen sogar auch chemische Praparate. Solche Kunststücke, hauptsachlich die bei denen mehrere dieser !• aktoren kombiniert zusammenwirken, sind nun bereits für den Laien unerklarlich; aber daneben giebt es auch noch solche, die auch durch den Eingeweihten nicht in der Weise eiklart werden können, und bei welchen also noch ein anderer und zwar sehr unbegreiflicher Faktor auftreten mussen. Und dieser besteht dann in der Benutzung von compères, in vorhergegangenen Verabredung zwischen dem Taschenspieler und Jemand aus dem Publikum, ihm scheinbar ganz fremd; durch dies Hülfsmittel allein können solche Erstaunen erregende Kunststücke ausgeführt werden wie z.B. das Lesen durch den Taschenspieler oder durch eine sogenannte Sonnambule, der Nummer einer Uhr, die einer aus dem Publikum in der 1 asche tragt und welche diesem selbst unbekannt ist. Dabei hort natürlich jede Erklarung auf. Etwas Aehnliches zeigt sich nun auch bei der Erklarung der Mimicry- erscheinungen. Wie viel eine genauere Untersuchung bei den meisten dieser Falie auch zu erklaren vermag, immer wird man doch auf Thatsachen stossen, welche allen Auslegungen zu widcrstehen scheinen, abgesehen von solchen, welchc eine vor nichts zurückschreckende Spekulation stets zu finden weiss, wie z.B. Fr. MÜLLER's Hypothese der gegenseitigen Mimicry hierzu ein gutes Beispiel ist. Der Grund ist dann auch einfach der, dass namlich auf diesem Gebiet ein Faktor auftritt der für jede Erklarung unerreichbar ist, und dieser ist der Zufall. In solchen Fallen hat man diesem Umstande Rechnung zu tragen, und dass man hierzu Recht hat, gelit aus den oben von mir angeführten Beispielen unwiderleglich hervor. Denn wollen schon einige Naturforscher nichts von Zufall wissen, weil dies mit ihrer Auffassung betreffs d.h. ihrem Glauben an eine bewusste Weltordnung sich nicht vereinigen lasst, für mich ist dies nichts andres als ein notwendiges Ergebniss des Unendlichen, dass ebenso wie im Raum sich auch in der Bewegung ofïfenbart. In Fallen wie den angeführten lasst es sich nicht leugnen; als ein Auftreten, wohl zu begreifen, von solchen Thatsachen, die sicher auch wohl aus durch Gesetze bedingten bekannten oder unbekannten Ursachen ihren Ursprung nehmen, doch deren Vorhandensein unter den bestimmten zeitlichen oder örtlichen Umstanden, wo sie sich zeigen, in keinem ursachlichen Zusammenhung steht mit den Ereignissen mit denen sie dann zusammentreffen. Mit grosser Genugthunung hörte ich dann auch BüTSCHLI in einer auf dem letzten Internationalen Zoologischen Kongress gehaltenen Vorlesung „Ueber Vitalismus und Mechanistnus" es aussprechen, dass bei dem Auftreten und der Weiterentwicklung der Organismen die Mitwirkung des Zufalls nicht zu umgehen ist. III. Solch eine andere Ursache von Aehnlichkeit kann bisweilen die Homoeogenesis sein, die Thatsache namlich, dass zwei Tiere, obgleich systematisch in keiner Weise nahe miteinander verwandt, doch dem- selben biologischen Entwickelungsprozess unterworfen sind, und nun darin denselben Standpunkt erreichen; demzufolge beide, was die Form oder Farbe betrifft, insofern dies im Zusammenhang mit dem Prozess steht, eine gewisse Gleichheit zeigen. Meine Studiën über verschiedene Evolutionsprozesse, welche ich bei dem Lepidopteren genau verfolgen konnte, besonders die „ Ueber das Hom der Sphingiden-Raupen" und die „ Ueber die Farbe und den Polymorphismus der Sphingiden-Raupen11, beide veröfïfentlicht in der niederlandischen Tijdschrift voor Entomologie Bd. XL (i8py), und ebenfalls die über „Die Farbenevolution (.Phylogenie der Farben) bei den Pieriden (Tijdschrift der Aed. dierkundige Vereeniging. V 2—-f. (i8y8)), spater erganzt durch meinen Aufsatz " The evolution of colour m Lepidoptera" (Notes of the Leyden Museum vol. XXII (1899), nötigten mich schon damals verschiedene der Lehrsatze von weiland Prof. ür. G. J. H. theodor Eimer in seinem bekannten Werk „Die Entstehung der Arten auf Grund vom Vererben erworbener Eigenschaften nach den Gesetzen organischen Wachsens* festgestellt mit meinem Resultate zu vergleichen. Mehreren davon könnte ich demzufolge gar nicht zustimmen und darunter gerade solchen, welcher dieser Gelehrte selbst für besonders wertvoll hielt, und in welchen seine Schüler sogar, obwohl meiner Auffassung nach mit Unrecht, noch hauptsachlich die wissenscliaftliche Bedeutung ihres Meisters sehen. Von andern habe ich jedoch wiederum die Richtigkeit fortdauernd bestatigt gefunden. In erster Linie von denen von dem Vorherrschen bestimmter P.ntwicklungsrichtungen bei jeder evolutionellen Veranderung, nicht jedoch, wie dies bisweilen falsch verstanden wird, übernatürlich aufgefasst, aber als eine durch ihre Ursachen bedingte morphologische Notwendigkeit. Eine bestimmte Richtung — man denke nur an die Himmelskörper — schliesst doch durchaus kein Zweck in sich. Ferner von denen von seinem sogenannten Gesetz der Homoeogenesis, wie dieser Gelehrte die unabhangige Entwicklungsgleichheit nennt, welche besagt dass bei verschiedenen nicht unmittelbar verwandten P'ormen dieselben Entwicklungsrichtungen wirken und zu ganz ahn- licher Gestalt führen können. Und so erkenne ich mit ihm dann auch das Bestehen der Heterepistase an, die Thatsache dass verschiedene Eigenschaften in demselben Organismus in verschiedenem Grade nach verschiedenen Richtungen sich entwickeln können, und das der Epistase oder Genepistase, die Thatsache dass die Entwicklung oft lange Zeit auf einer bestimmten Stufe stehen bleiben kann, als Erseheinungen, unter vvelchen die Evolutionsprozesse der Organismen verlaufen und deren Kenntniss für ihr richtiges Verstandniss und damit für das der morphologischen Veranderungen welche bei der Evolution der Organismen wahrgenommen werden, unentbehrlich ist. Zwar gefallt mir ElMER's Ausdruck „Gesetze" dafür weniger gut, aber nicht aus demselben Grunde den WEISMANN dagegen anführt, weil sie nur im Dienste einer höheren Macht, des Principes der Nützlichkeit namlich, standen, sondern weil ich in der starken Neigung von ElMER nach Gesetzmassigkeit doch nichts anderes sehen kann als dieselbe Sucht nach ultra-systematischer Anordnung so vielen Gelehrten von Alters her eigen, welche sich auch so haufig in einer sehr persönlichen Auffassung abstrakter Begriffe wie die des Staates, der Autoritat, der Ordnung, sowohl im Weltall als auch in der menschlichen Gesellschaft, oftenbart, und wohl nichts anderes ist als die Aeusserung eines starken Bedürfnisses nach Ordnung in der Vorstellung, wahrend gleich wohl das geistige Vermogen noch nicht stark genug entwickelt ist um sich die Natur und die Gesellschaft, nut ihren doch bereits so ungeheuer grossen Formenreichtum, anders als etwas das fest und wenig veranderlich in seinem Wesen ist, denken zu können, und so das Bestehen von Ordnung als an ein fortwahrend veranderndes Wesen ver bunden zu erfassen, wie es doch in der That der tall ist. Auch die Meinung, dass die Variabilitat von einem festen Mittelpunkt ausgehe, wie auch die spater zu besprechende, thatsachlich unter Naturforschern noch so allgemeine, wiewohl auch zum grossen Teil unwillkürliche Auffassung, die Zcit der evolutionnellen Entwicklung ware jezt abgeschlossen, sind nichts andres als Aeusserungen desselben Unvermogens. Uebrigens wünsche ich sogar, was die Heterepistase betriftt, noch viel weiter zu gehen. Insofern man sich wenigstens auf dem evolutionistischen Standpunkt bewegt, — und jeden andren möchte ich bei der Behandlung von Fragen der heutigen Naturwissenschaft ausser Betracht lassen — wird die Thatsache dass Evolution ganzlich das Wesen der organischen Natur beherrscht wohl nicht mehr bezweifelt, sondern, wie es mir vorkommt und solches übrigens auch eine Erscheinung ist auf jedem Gebiet des menschlichen Denkens zu beobachten, von nicht wenigen mehr als ein Glaubensartikel angenommen als wissenschaftlich verstanden. Auch in der biologischen Wissenschaft sind die Worte von Mephistopheles ganz am Platze „Denn eben wo Begriffe fehlen, Da stellt ein I Vort zur rechten Zeit sich einGrosse Worte fehlen nicht als taglich gebrauchte Benennungen für Begriffe, deren Wesen höchst schleierhaft ist. „Variabilitat", Anpassung, sind z.B. solche Schlagworte von unglaublicher Elasticitat und so ist es auch mit dem Ausdruck „Evolution". Stellt man kategorisch die Frage, was ist Evolution und wie offenbart sie sich ? dann begegnet man sogar was die zweite 1'rage betrifft, schon sehr verschiedenen und unsicheren Vorstellungen. Nicht selten ist die Auffassung dass unter Evolution, nach der buchstablichen Bedeutung des Wortes, solche organische Veranderungen verstanden werden mussen, welche das Entstehen kennzeichnen von mehr zusammengesetzten oder mehr specialisierten Formen aus solchen, welche einfacher oder weniger specialisiert sind. Mit Unrecht jedoch, denn das Umgekehrte kann auch ebenso gut der Fall sein; jede derartige Veranderung, welche die Tendenz hat, um dauernd aufzutreten, fallt biologisch unter diesen Begriff. Darum sprechen dann auch andere lieber von Mutation, aber, meines Erachtens, auch nicht vollkommen richtig, da doch nicht nur eine Veranderung an und für sich, wie es durch dieses Wort ausgedrückt wird, damit angedeutet werden soll, sondern sicherlich eine solche, welche zugleich der Ausdruck ist einer bestimmten Richtung. Und dies ist sogar das wichtigste Kennzeichen der biologischen Evolution. Auch scheint man sich nicht immer ganz klar bewusst zu sein, dass unaufhörliche Veranderung das Wesen selbst der organischen Natur ist, und dass so jedes Wesen - mogen dabei auch kurze oder lange Perioden von Stillstand eintreten _ einer fortdauernden Evolution unterworfen ist. Oder auch meint man, wenn übrigens das Bestehen eines solchen Prozesses wohl erkannt wird, noch wohl irrtumhch dass dieser dann nicht für jede Art selbstandig verlaufen sollte, sondern auf derartige an die alte Theorie der Schopfungsperioden erinnemde Weise, alsob allgemeine, alle lebenden Wesen zugleich betreffende, Perioden von Evolution nut eben solchen allgemeinen von Stillstand abwechselten. Auc 1 vergisst man wohl, dass dieser evolutionelle Veranderungsprozess keineswegs durch den gegenwartig bestehenden Zustand abgeschlossen und somit beendet ist, sondern stets fortlauft, auch wenn die statthabenden Veranderungen zu gering sind urn durch die direkte, nicht wissenschafthch "eleitete Beobachtung bemerkt werden zu kunnen. Auch fur denjenigen, welcher z.B. mit dem lange geologische Zeitraume hindurch zu verfolgenden Werdeprozess des Pferdehufes bekannt ist, scheint es doch haufig schwierig zu sein urn sich vorzustellen, dass dieser gegenwartiger Huf nun absolut nicht notwendiger Weise das Endziel dieser Evolution zu sein braucht; dass zwar die Möglichkeit besteht, dass die lierformen, bei denen er vorkommt, ohne sich weiter zu vcrandern, untergehen werden, aber dass sich daraus auch ebenso gut wieder andere Formen mit anders geformten Hufen enttvickeln können. Und als eine Folge dieser beschrankten Ansicht werden nun ebenfalls sehr allgcmein die lierarten, obschon sie thatsachlich nur systematisch eine festen Begn darstellen, auch biologisch derartig aufgefasst, und wird ganzlich übersehen, dass sie in Wahrheit, abgesehen von den Zeitraumen von Epistase, sich in einem Zustand von orwahrender Veranderung befinden, welche sich bei jedcm der dazugehörenden Individuen, je nach seiner Individualitat anders offenbart, und so die zahllosen kleinen Unterschiede entstehen lasst, deren natürliche Erklarung dann auch nicht verstanden wird und darum mit dem andern grossen Schlagwort „Variabilitat" ausgedrückt wird. Variabilitat also d.h. in Darwinistischem Sinne — woraut ich am Schluss dieser Abhandlung bei der Besprechung des Darwinismus noch naher zuriickkommen werde — als ein selbstandiger biologischer Begriff aufgefasst, ist jedoch nichts andres als ein Produkt desjenigen, was ich kürzlich noch von einem französischen Gelehrten als Je défaut philosophique de créer des entitês imaginair es dont V esprit finit par ètre dupe* mit Recht verurteilen hörte. Auf diese Weise denkt man sich dieselbe namlich als eine speciale, geheimnissvolle Eigenschaft der lebenden Substanz, die man sich dann in ein ebenfalls ganzlich fingiertes, auch bereits von ElMER vervvorfenes, Oscillieren um eine gewisse, wiederum auf blosser Phantasie beruhende, Mittlere ausdrücken lasst, und wird dann sogar dies fingierte Schwanken sehr gelehrten Messungen und Wahrscheinlichkeitsberechnungen unterworfen, wie bei dem sogenannten Gesetz von QuÉTELET '). Ebenso sind Jahr- i) Dasselbe Arbeiten mit einer ganzlich fingierten Mittleren findet man iibrigens auch anderswo wieder. Bei den Psychologen namlich, welche aus denselben Griinden, aus geistigem Unvermögen namlich um die menschliche Psyche evolutionell zu verstehen, d.h. als ein sich fortwahrend in Entwicklung befindendes Etwas, welches, bei jedem Individuum auf einer andern Entwicklungsstufe stehend, darin also zwischen den verschiedenen Individuen grosse Unterschiede offenbart, diese gleichfalls als ein fest begrenztes Etwas auffassen, was jedoch einem gewissen Variieren unterworfen ist, wodurch jene Unterschiede dann entstehen würden. Am Starksten tritt dies auf in der Lombrosianischen Criminellen Anthropologie, wo alle verbrecherischen Neigungen als abnormale und darum krankhafte, irrsinnige, Abweichungen dieser Psyche verstanden werden, aber der angebliche normale Geisteszustand, wovon demnach abgewichen sein müsste, einfach bei keinem einzigen Menschen nachgewiesen werden kann, und dann auch nichts andres ist als solch eine kiinstlich fingierte Mittlere, zu dem Zweck um das a priori angenommene Abweichen oder Variieren begreiflich zu machen. Auf dieselbe Weise ist man auch zu dem Unsinn gekommen um das Genie für eine Art Geisteskrankheit zu erklaren, auch wieder weil das erstere ebenso wie die letztere weit abweichen von der als fest und normal gedachten aber einfach nicht bestehenden Mittleren. Das Genie vergegenwartigt jedoch stets ein Factum von besonders weit fortgeschrittener, aber an und für sich sogar vollkommen normaler twid gesunder Evolution. Geisteskrankheit entsteht dagegen wenn morbiden Erscheinungen von Hemmung oder Atrophie auftreten. Wohl können jedoch durch die ungleiche Entwicklung der verschiedenen psychischen Fahigkeiten beide zusammentreflen. Auch das Vernachlassigen der belangreichen psychischen Unterschiede, welche zwischen Individuen einer gleichen Tierart bestehen, wie dies bei biologischen tausende lang von den Astrologen die sorgfaltigsten Berechnungen betreffs des Zusammentreffens von Gestirnen gemacht; Bcrechnungen, die an und fiir sich, mathematisch wohl richtig waren, aber bei deren Anwendung nur ein Punkt aus dem Auge gelassen wurde, namlich der dass die Basis auf welcher all diese Gelehrtheit beruhte, der Einfluss der Gestirne auf den Menschen, keine wissenschaftlich feststehende Thatsache sondern ganzlich fictief war. Nicht weniger allgemein herrscht, wie ich . wahrzunehmen glaube, die Ansicht, dass jedes lebende Wesen immer als ein Ganzes in dieser Evolution auftritt, dies ist doch der Eindruck, den die aufsteigenden palaeontologischen Reihen auf die Oberflachlichkeit machen. Aber auch dies ist doch wohl nichts andres als ein Irrtum. Dass, wie MEPHISTOPHELES ebenfalls sehr mit Recht bemerkt: „sich der Mensch, die kleine Narrenwelt, gew'óhnlich fiir ein Ganzes halt", ist hierzu noch nicht genügend. Der Mensch und jedes nicht auf der allerniedrigsten Stufe der Organisation stehende lebende Wesen ist aus einer Anzahl von Organen, Geweben, Systemen oder andern derartigen Gruppen von specialisierten Zeilen zusammengesetzt, welche sich keineswegs gleichzeitig zu diesem Organismus vereinigt haben, sondern die einen früher, die andren spater dabei aufgetreten sind, jede infolge einer selbstandigen Evolution, und welche darum auch fernerhin sich selbstandig entwickeln, entweder in der ihr Entstehen beherrschenden Richtung, oder in einer solchen, welche ihr, sei es durch sie speciell treffende aussere Einflüsse, sei es durch derartige, die infolge der Korrelation mit dem ganzen Organismus von dem sie ein Teil sind auf sie einwirken, d. h. ihnen als eine Folge der stofflichen Zusammensetzung des Körpers, von der Konstitution aufgedrungen sind. Ebenso wie wir jedes Organ in einem gewissen Grad unabhangig von anderen functionieren sehen, besitzt jeder derartige Teil unseres Studiën ebenfalls so gewöhnlich ist, entspriesst aus demselben Unvermogen; auch dann wird jede Tierart nur als ein fester normaler Typus gedacht, wohl etwas variierend, aher nicht bei jedem Individuum stets in einem selbstandigen mehr oder weniger fortgeschrittenen Zustand von vorwartsgehender Veranderung sich befindend; bei der Beurteilung des Menschen und seiner Zustande ist es dasselbe. Organismus seine eigene, von anderen Körperteilen unabhangige Entwickelungsenergie, und nimmt jede Evolution eines solchen Teiles, einer solchen Organismus-Einheit also, darum auch ihren eigenen Verlauf, und dies offenbar in einer ununterbrochenen Reihe kleiner Veranderungen durch die Wirkung jener Einflüsse hervorgerufen, nach welchem dann jedoch ein kürzerer oder langerer Zeitraum von Stillstand oder Epistase eintritt, der so lang dauert bis aufs Neue irgend eine Einwirkung kraftig genug reizt um wieder zu einer weiteren Veranderung zu leiten. Nur mit jener Einschrankung verandern sich also die genannten Einheiten, welche zu demselben Organismus gehören, selbstandig; auch dort offenbart sich dies deutlich wo die Korrelation sich nach der Auffassung von Roux als ein Kampf der Teile, d. h. als solch eine jener Einheiten darstellt; in der Weise jedoch dass der Kampf dann, meines Erachtens, nicht wie dieser Gelehrte denselben aufïfasst, nach dem Vorbild des Darwinistischen, dann auch von mir nicht anerkannten Kampf um's Dasein, als einen heftigen nur Elimination beabsichtigenden Streit gedacht werden muss, sondern ebenfalls, wie dies spater noch mit Bezug darauf naher besprochen werden wird, als ein fortdauerndes Streben nach gegenseitigem Nachgeben. , Auf dem Gebiete der Erblichkeit sind dann auch durch diese Selbstandigkeit ebenfalls wohl derartige Thatsachen, auf welche auch bereits früher die Aufmerksamkeit hingelenkt worden ist, ohne dass sie, meiner Meinung nach, von den betreffenden Gelehrten selbst richtig verstanden wurden, zu erklaren. So z.B. diejenigen, dass von einem blonden Bewohner des Nordens mit blauen Augen und von einer Südlichen mit schwarzen Augen die Kinder entweder blaue oder schwarze Augen haben werden, aber nicht solche von gemischter Farbe und nur in ausserst seltenen Fallen ein blaues und ein schwarzes; und dass auch die Charakterzüge von Vater und Mutter bei dem Kind nicht selten scharf neben einander vorhanden sind. So bemerkt z.B. DÜNKELBERG in seiner „Historisch-biologischen Skizze aus der britischen Pferde- und Vollblutzucht" (Politisch-anthropologische Revue, Sept. 1902) dass bei den Nachkommen von zwei oder mehr verschieden organisierten mit einander gckreuztcn Rassen ihr verschiedcnartiger Einfluss auf die Produkte sich nicht zu einer organisch gleichmassigen, den Zwecken der Zucht dienlichen und brauchbaren Einheit verschmelzen, sondern, einem Mosaikwerk ahnlich, in ungleich vererbten Formen und Eigenschaften fiir ein geübtes Auge und bei der Gcbrauchsprüfung erkennbar wird. Tritt nun solch eine Entwickelung allein bei einer einzigen derartigen Einheit auf, wahrend dies bei andern, welche zu dem gleichen Organismus gehören, durch Epistase nicht oder nur wenig stattfindet, dann entsteht dadurch fiir diesen nur eine partielle Umgestaltung; geschieht es jedoch bei mehreren Einheiten selbstandig doch neben einander, dann wird die Gesammtheit starker und bisweilen sehr wesentlich verandert; laufen dennoch solche partiellen Umbildungen zu sehr auseinander, sodass der korrelative \ erband dazwischen nicht mehr möglich bleibt, dann muss dies zum Untergange des Ganzen fiihren. Entwickelt sich z.B. ein bestimmter Unterteil irgend eines solchen Organismus zu stark und demnach unverhaltnissmassig, sodass dies das Fortbestehen anderer Unterteile verhindern muss, oder auch wohl das Functionnieren des Ganzen bedeutend hemmen, dann kann dies auch dessen Bestehen in Frage stellen. Es ist dann sicherlich auch wohl nicht unwahrscheinlich dass diesem Umstande zum grossen Teil das Verschwinden so vieler palaontologischen Tierformen zuzuschreiben ist, aus welchen keine spatern Formen durch Evolution entstanden zu sein scheinen, wahrend doch ihre Kraft und das Bestehenbleiben der allgemeinen Lebensbedingungen unter welchen sie lebten, ihren Untergang schwer erklarbar machen, am allerwenigsten durch die hier sehr gern angeführte I'hrase vom „ Kampf um's Dasein." Unbekannt ist Dieses dann auch nicht. Es ist nichts anders, als was ElMER das Gesctz der Hcterepistase nennt oder der verschiedenstufigen Entwicklung; die Thatsache, wie oben bereits gesagt wurde, dass verschiedene Eigenschaften in demselben Organismus in verschiedenem Grade und nach verschiedenen Richtungen sich entwickeln können. Aber man hat, meines Krachtens, bei dem Allen diesem Factum keineswegs die gehorige Beachtung geschenkt. Auch was die Epistase betrifft, war dies nicht der Fall. Wie ausdrücklich Eimek die Wichtigkeit dieser, übrigens bereits früher durch Andere erkannten, Erscheinung auf den Vordergrund gestellt hat, wie bestimmt ich auch erklart habe, dass meine Untersuchungen bezüglich verschiedener Evolutionen die Richtigkeit von Eimer's Ansicht in dieser Hinsicht vollkommen befestigen, sehr viel Beachtung ist ihr dennoch in der biologischen Wissenschaft nicht geschenkt, bis vor Kurzem erst auch ein so berühmter Botaniker wie HuGO de Vries die Wichtigkeit derselben anerkannte und dadurch mit dieser Thatsache die Bedeutung seines Namens verband. So will ich dann hoffen dass nun auch bessere Tage für die Lehre von der Heterepistase anbrechen. Denn diese ist von nicht geringerer Wichtigkeit, aber, was sic betrifft, sah, wie ich bereits frtiher ') erwahnte, sogar elmer, wiewohl die Erscheinung richtig erkennend, doch die Allgemeinheit und darum die Bedeutung derselben, zu beschrankt an. Nicht von Können ist dabei doch die Rede, sondern von einer konstanten Kvolutionserscheinung; statt von Kigenschaften ist es dann auch wohl besser, von Organismus-Kinheiten zu sprechen. Und anderswo scheint man im Allgemeinen dafiir auch noch sehr wenig Bliek zu haben. Abgesehen wiederum von dem obengenannten hollandischen Botaniker. Wenn derselbe namlich schreibt dass ungefahr in der Mitte der geologischen Zeit die ersten Gefasspflanzen lebten und die ganze Kntwicklung von den niedrigsten Algen zu der vollkommen entwickelten Flora demnach in der ersten Halfte dieses Zeitabschnittes stattgefunden hat, die zweite Halfte auf botanischem Gebiet eigentlich allein der Kvolution der Blumcn gewidmet war; dass doch damals in allen arïdern Punkten eine grosse Verschiedenheit in der Form entstanden sei aber i) Die Farbenevolution bei den Pieriden. ( Tijdschrift der Ned. Dierk. Ver. (2) V 2—4 iSg8j. Seite 268. kein durchgrcifendcr Fortschritt in einer bestimmten Rich- tung dann glaube ich doch wohl, dass dicse Anschauung einer Anerkcnnung jener selbstandigen Evolution von Organismusteilen sehr nahc kommt. Aber im Algemeinen begegnet man dieser klaren Einsicht nicht. Es kommt mir darum wünschenswert vor, meine Auffassung in dieser Einsicht einmal etwas ausführlicher auseinander zu setzen. Für jeden, der sich auf rein naturwissenschaftlichem Terrain bewegt, ist es eine logische Notwendigkeit anzunehmen, dass die Entwicklung des Komplexes von geistigen und moralischen Eigenschaften, welchen man die menschliche Psyche nennt, und im Zusammenhang damit ihre Aeusserungen, wie sich dieselben in den Handlungen des Menschen, in seiner Sprache, sowie in dem ganzen Wesen seiner Gesellschaft mit allen ihren vielfachen Offenbarungen wahrnehmen lasst, nicht anders geschehen sein kann und noch stets fortschreitet als durch Evolution, durch Wirkungen derselben Art wie diejenigen, welche das Werden und die Umgestaltnng des menschlichen und tierischen Körpers beherrschen. Man hat dann auch auf Grund hiervon mit Recht die gesellschaftlichen Erscheinungen von diesem Standpunkt aus zu erklaren versucht; unglücklicherweise so auch die grossen Irrlehren der gegenwartigen biologischen Wissenschaft, die der natürlichen Zuchtwahl mit den damit verbundenen Kampf um's Dasein zur Erklarung des gesellschaftlichen Lebens angewendet und so in dieser Hinsicht total verkehrte Ansichten verbreitet, zugleich damit sowohl in der Gesellschaft als auch in der Politik unberechenbares Unhcil anrichtend. Durch den grossen Irrtum alsob die Lehre von Macht geht vor Recht", auf die Naturwissenschaft begrtindet ware, hat man namlich alles Unrecht und alle Gewalt gestützt und die moralischc Entwicklung der Gesellschaft, die gerade aus dem Entgegengesetzten hervorgeht, auf sehr bedauernswerte Weise zurückgedrangt. Aber was man dagegen, meines Erachtens, zu viel versaumt hat, ist andrerseits auch das Anwenden so vieler fiir uns so bequem zu beobachtender und vor allem auch begreiflicher Thatsachen des psychischen Lebens zur Erklarung von allerlei noch dunklen biologischen Erscheinungen; was dann doch natürlich ebenso sehr geschehen konnen muss. So ist z.B. das oben besprochene Wesen der Evolution nicht als ein Ganzes, sondern als bei jeder Organismuseinheit abgesehen von der korrelativen Einschrankung selbstandig auftretend, in dem psychischen Leben des Menschen ausserordentlich deutlich wahrzunehmen. In der menschlichen Psyche lasst sich doch, wenn wir mit Hiilfe der Ethnologie und der Geschichte den Menschen in dem ganzen Verlauf seines Bestehens übersehen, ein bemerkenswerter evolutioneller Fortschritt erblicken, der jedoch stets auf die bereits erwahnte ganz unregelmassige Weise verlaufen ist. Einige Völker sind, sei es intellektuell oder moralisch, bedeutend weiter entwickelt als andere, und allerlei Stufen in dieser Entwicklung zeigt uns die Menschheit, von denen, die jetzt den höchsten Bildungsgrad erreicht haben, bis zu den nicht viel über dem tierischen Standpunkt stellenden Feuerlandern und Buschmannern. Dabei ist die Art des t ortschrittes auch sehr verschieden; in der einen Form der Bildung ist das moralische in einer andern das intellektuelle Element mehr entwickelt, in der einen die praktische Eertigkeit, in einer andern der Kunstsinn, in noch andern der Staats- und Rechtsbegriff u. s. w. Wahrend dann haufig das, was in der einen so stark fortgeschritten, in einer andern auf einem sehr nicdrigen Standpunkt stehen geblieben ist. Deutlich zeigt es sich dass wo die eine niedere gesellschaftliche Sitte langst einer höheren Platz gemacht hat, daneben die Reste einer andern sich noch beharrlich behaupten können, und so trifft man nun noch bei jedem Volk eine Anzahl Ueberbleibsel an in Gebrauchen nnd Anschauungen, die aus einem früheren Zeitraum von niedrigerem Bildungsgrad bestehen geblieben sind, wahrend alles Andere, womit sie friiher ein Ganzes bildeten, bereits umgestaltet und verschwunden ist. Ueberbleibsel, die ebenso viele Beweise sind der Thatsache, dass dort evolutionelle Umgestaltung stattgehabt hat. Die Staatseinrichtungen der verschiedenen Staaten lassen dies auf die aufitallendste Weise erkennen; der eine Staat nimmt einen viel höheren Standpunkt auf einem bestimmten Gebiet ein als ein anderer, der jedoch wieder in andrer Hinsicht höher entwickclt ist; Uebcrbleibsel, Einrichtungen und Gebrauche, die eigentlich mit dcm jetzt erreichten Standpunkt durchaus nicht mehr harmoniëren, sondern noch aus friiheren Zeiten stammen, werden auch noch in grosser Anzahl angetrofifen. Was die religiösen Formen betritlt fallt dies besonders stark auf; ausserordentlich zahlreich sind auch dort solche Relikte. Wie dabei bisweilen auch Zeiten besonders schnellen Evolution mit solchen lang dauernder Epistase abwechseln, wurde mir noch vor kurzem klar. Hei seiner Besprechung der fc unde in den Grabern der in Abydos regiert habenden altagyptischen Könige bemerkt Dr. FLINDERS 1'ElRlE, dass Armbander ungefahr aus dem Jahr 4715 vor CHRISTI Geburt zeigen, wie wahrend ihrer Verfertigung dort ein Uebergangszustand herrschte von der archaisch-agyptischen zur neueren Kunstform, der wohl nicht langer als ungefahr ein halbes Jahrhundert gedauert haben kann, wogegen die neuere Form im Grossen und Ganzen mehr als 4000 Jahre unverandert blieb. Er erinnerte zugleich daran, wie auch in Griechenland der Uebergang von der archaischen zur höchstentwickelten griechischen Kunst sich in einem Zeitraum von ungefahr 40 Jahren zwischen den medischen Kriegen und der Grijndung des Parthenon vollzog. Auch die so schnelle Veranderung des gesellschaftlichen und politischen Zustandes, welchen man in Japan hat beobachten können, wobei in einem Vierteljahrhundert ein Fortschritt von einem mittelalterlichen Bildungszustand zu dem gegenwartigen stattfand, ist hierfür ein deutliches Beispiel. Und hierbei können wir auch ganz klar die Ursache davon wahrnehmen. Es sind namlich aussere Einflüsse gewesen, welche diese grosse Umwalzungen dort haben entstehen lassen, aber deren Wirkung sich so besonders kraftig zeigte, da eine grosse Empfanglichkeit dafür bereits vorhanden war. Die sehr gemischte anthropologische Zusammensetzung ^ des japanischen Volkes, in Folge derer darin doch schon mehrere, ursprünglich einander fremde, geistige Eigenschaften neben einander auftraten, pradisponierte dies doch bereits naturgemass zu einem leichten Annehmen fremder Ein- flüsse; stark haben dieselben dann auch sicher aus China fortwahrend darauf eingewirkt; spater sind auch durch die Einführung des Christentums dort wohl allerlei Auffassungen verbreitet, die auch nach der officiellen Ausrottung dieses Gottesdienstes doch wohl noch weiter gewirkt haben werden; auch die Lektüre hollandischer Biicher hat dazu unter den gebildeten Klassen sicher beigetragen. Demzufolge darf man annehmen, dass sich bei diesem Volk, hauptsachlich bei den Gebildeten, wiewohl noch stets ausserlich unter der alten Form lebend, doch die Empfanglichkeit für diesbezügliche Veranderungen und nm eine geistig höher entwickelte Bildungsform anzunehmen bereits in ausgedehntem Masse entwickelt hatte, als endlich die Berührung mit europaischer Kultur wieder kraftig auftrat, und dadurch die schnelle Veranderung, die darum nur noch mit verhaltnissmassig geringem Widerstand zu kampfen katte, möglich wurde, wahrend bei andern Vólkern, wie den Chinesen, wo dagegen eine sehr starke nationale geistliche Homogenitat besteht und darum solch eine Empfanglichkeit nicht vorhanden ist, derselbe Einfluss nur sehr langsam und unter grossen Schwierigkeiten sich Geltung verschaffen kann. In der That zeigt uns die Geschichte der menschlichen Bildung überall, auch wenn dann nicht immer in so stark beschleunigtem Gang, dasselbe, eine Abwechselung von Zeiten besonders starker Entwicklung mit solchen eines viel langeren Stillstandes. In solch einer Fortschrittszeit, die man auch wohl diejenige fieberhafter Entwicklung nennt, leben wir auch jetzt; die stark auftretenden Erscheinungen von Reaktion und décadence weisen wohl daraufhin dass auch diese sich ihrem Ende nahert. Hierauf gründet sich dann auch die Auffassung dass das eigentliche Menschwerden, der Entwicklung vom anthropomorphen Affen zum Menschen, ebenfalls wohl nicht allmahlich in langsam auf einander folgenden Schritten sondern in solch einem verhaltnisSmassig kurzen Zeit zu Stande gekommen sein kann. Auch eine für unsere Beobachtung besonders geeignete Aeusserung der menschlichen Psyche, die menschliche Sprache, lasst in ihrer evolutionellen Umformung durchaus diesen selbstandi- gen Verlauf erkennen; jedes Wort, jede Ausdruckweisc, folgt einem besondern Wege, das eine rascher aussterbend als das andere oder seine Bedeutung andernd oder teilend; aussere Einflüsse spielen dabei eine Rolle, und so entstehen im Lauf der Jahrhunderte eine oder auch mehrere neue Sprachen aus der alten oder vergehen diese auch ganz. VVenn man nun weiss dass alle hier gemeinten psychischen Erscheinungen ohne Unterschied sich evolutionell entwickeln, und dass der Verlauf dieses Prozesses sich in einer bestimmten Richtung bewegt, welche wir in ihrer Gesammtheit den Fortschritt der Bildung nennen, dann ist es doch nicht zu bezweifeln, dass diese Umgestaltung sich nicht als ein Ganzes vollzieht, sondern das Resultat ist von einer Anzahl für sich wieder selbstandig ihren eigenen Weg folgenden Evolutionen. Dieselbe Ungleichheit in dem Verlauf der Entwicklung findet man nur in der Psyche des Menschen individuell wieder; eine sehr hohe moralische Entwicklung ist nicht selten gepaart mit sehr schwacher intellektueller Kraft und umgekehrt; ja derjenige, welcher sehr bewandert ist in einem bestimmten Fache, ist haufig sehr unbedeutend auf jedem andern Gebiet; dem gelehrten Professor fehlt bisweilen jeder praktische Sinn, der weitgchende Bliek des berühmten Feldherrn behindert nicht eine unglaubliche Beschranktheit in andern Dingen; der beriihmte Schachspieler bleibt in jedem wissenschaftlichen Fache höchst mittelmassig. INAUDI, der Mann, welcher kürzlich Jeden durch seine unbegreiflichen Rechenkünste in Erstaunen setzte, hatte übrigens ein sehr schwaches Denkvermogen und war fa§t ausser Stande etwas zu lemen. Man denke nun jedoch nicht dass hierbei die Rede ist von Erziehung, von Lehren; nein, es ist die Gabe, die natiirliche Befahigung welche in solchen Fallen den Ausschlag giebt; wo diese fehlt, erzielt das Lernen doch auch nur traurige Resultate; die grosse Zahl der Mittelmassigen in jedem Fach der Wissenschaft und in dem Staatsdienst, Schlachtopfer des Hochmutes ihrer Eltern, welche sie nicht für den Beruf eines Kramers oder Handwerksmanns bestimmen wollten, ist der taglich wahrnehmbare Beweis davon. Und wo dann auch Begabung vorhanden ist, ist dieselbe doch meist auf bestimmte Gebiete beschrankt; mancher ausgezeichnete Jurist wiirde auch bei der sorgfaltigsten Ausbildung niemals mehr dann ein unbedeutender Ingenieur, Naturforscher oder Arzt werden, und umgekehrt. Wie in der Kunst ohne Begabung auch die beste Ausbildung niemals einen bedeutenden Kiinstler bildet, und wie ausserst verschieden auch wieder diese Begabung sein kann, ist bekannt; ebenso dass die Eigenschaften auf diesem Gebiet mit jenen auf wissenschaftlichem oder moralischem absolut keinen Zusammenhang haben. Das Studium der criminellen Anthropologie lasst ebenso erkennen, dass eine verbrecherische Gesinnung mit hoher intellektueller Entwicklung oder mit künstlerischer Begabung sich vereinigen kann, aber dass auch diese Gesinnung ihrerseits wieder sehr ungleich entwickelt ist; dass bei demselben Menschen die Sucht nach Gewaltthaten mit einer stark entwickelten Ehrlichkeit gepaart sein kann und eine grosse Unehrlichkeit mit einem weichen Charakter; ja, dass greuliche Banditen, Mörder und Rauber ihren Freunden und Angehörigen gegenüber sehr liebenswiirdig sein können. Alle psychischen Eigenschaften des Menschen evolutionieren selbstandig und zwar dazu durch aussere Einflüsse getrieben oder aber auch höchst wahrscheinlich durch den korrelativen Zwang der andern, welche zu derselben Psyche gehören. So wird z.B. eine höhere intellektuelle Entwicklung das Erlangen von mehr Kenntniss zur Folge haben können, welche dann leicht Vorstellungen berühren kann mit weichen irgendwelcher religiöse Glaube verbunden ist, und können demzufolge dann auch religiöse Ueberzeugungen und darauf gegriindete moralische Eigenschaften eine Veranderung erleiden; also durch eine korrelative Wirkung in dieser Psyche aus den Forschungen sich ergebend, welche der veranderte Zustand eines Intellekt-Faktors hervorrief, auch einen , moralischen Zustand darin andernd. Ueberdies schreitet noch jede dieser Evolutionen sehr ungleichmassig fort und zeigt dabei deutlich eine Neigung sich auf Kosten der übrigen auszubreiten. Uaher z.B. auf intellektuellem Gebiet das sich Festklammern an einer Meinung und das einseitige YVeiterverarbeiten derselben ohne selbst mehr für die Forderungen des gesunden Menschenverstandes Einsehen zu haben, wie wir dies bei so vielen Anschauungen auf dem Gebiet der Mimicry noch hanfig antreffen werden. Dass nur dasselbe was so den Evolutionsprozess der psychischen Einheiten des Menschen kennzeichnet, hinsichtlich der Evolution des nicht psychischen Teiles seines Wesens und somit auch was die Umgestaltung aller Tierarten betriftt nicht ebenso geiten soll, dafür sind triftige Gründe nicht anzufiihren. Aber unglücklicher Weise sind die meisten Zoologen zu wenig auf dem historisch-philosophischem Gebiet zu Haus, um mit der soviel umfassenden psychischen, aber dann auch nur durch Studium alles dessen, worin diese sich offenbart, zu erkennenden Entwicklungsgeschichte des Tieres N\ i, von dem Homo sapiens (se ipso auctore), als geistiges Wesen, genügcnd bekannt zu sein, und wissen sie darin also keine Punkte von Vergleichung, keine Hilfsmittel für logische Schlussfolgerungen zu finden. In der That geschieht auch der Evolutionsprozess der Tierarten auf dieselbe Weise! durch selbstandige Umbildung der in gewissem Grade ein eignes Bestehen besitzenden Teile des Organismus in einer solchen Richtung als durch die aussern Einwirkungen oder konstitutionelle korrelativ bedingte Ursachen, welche solche Veranderung ins Leben rufen, angegeben wird. Und dafür lassen sich dann auch Beispiele anführen. Früher berichtete ich bereits wie ElMER dies bezüglich der Evolutionsbildung der Haifische und des Amphioxus erwahnte und wies ich selbst auf den Archaopteryx als Vertreter eines Evolutionsprozesses, der aus Reptilien Vogel entstehen liess, wobei doch u. a. die Federn bereits völlig entwickelt sind wahrend der Kopf und das Schwanzskelett noch auf dem reptilischen Standpunkt stehen. Doch der Mensch selbst liefert hiervon ausserst deutliche Beispiele. Die anatomischen Untersuchungen von E. RosENlJERG veröfïfentlicht lassen erkennen dass die Wirbelsaule des Menschen in solch einem Zustand selbstandiger Veranderung sich befindet. Ebenso ist es mit dem Gebiss der Fall: auch dies zeigt Veranderungen, welche bei Vergleichung desjenigen der anthropoiden Afifen und desjenigen von vor tausenden von Jahren lebenden Menschen mit dem der gegenwartig lebenden unwiderleglich einen dauernd fortschreitenden, also evolutionellen, Charakter erkennen lasst, welcher diese Organismuseinheit durchaus selbstandig beherrscht. Denn auch vvenn man meint den Ursprung davon, sei es in den Forderungen einer veranderten Nahrung, sei es in dem korrelativen Drang der Aenderungen des Schadels, welcher des Menschen fortlaufende Entwicklung kennzeichnet, anweisen zu können, die Tliatsache, dass die einmal angefangene evolutionnelle Umgestaltung nun selbstandig fortschreitet, wird dadurch nicht widerlegt. In diesem Sinne wird dann auch die Bemcrkung von Oshorn vvohl verstanden werden miissen, dass allein beim / Menschen ungefahr 20 Organe sich in progreFsiver und 30 in regressiver Entwicklung befinden, wie auch die spater ausgesprochene Meinung dieses Gelehrten, wo er das wissenschaftliche Recht bestreitet, um aus einem einzigen fossilen Zahn oder einer Klaue ein ganzes Tier zu reconstruieren und gegenüber Cuviers morphologischer Auffassung der Korrelation, die physiologische stellt, wohl demselben Gedankengang angehört. Aber überdies beruht das ganze Wesen des Menschen auf solch einer specialen Evolution, namlich auf einer solchen des Centralnervensystems. Die aussergewöhnliche Entwickelung dieserOrganismuseinheit, entsprechend derjenigen der menschlichen Psyche, hat den ungeheuren Unterschied hervorgerufen der zwischen dem Menschen und auch den höchstentwickelten lieren besteht. Und auch diese Evolution muss ofifenbar selbstandig zu Stande gekommen sein. Denn dass nun wahrcnd ihres Verlaufs ausserdem im menschlichen Körper auch noch andere evolutionelle Veranderungen stattgehabt haben, ist sicherlich nicht zu bezweifeln, aber in Vergleich mit der hier gemeinten waren jene offenbar so unbedeutend, dass, mag auch zwischen beiden irgend ein korrelativer Verband bestanden haben, die erstere doch notwendigerweise selbstandig ihren Weg verfolgt haben muss. Der Unterschied zwischen dem Menschen und den anthropomorphen Affen, mit denen seine Vorfahren einst viele Uebereinstimmung gehabt haben mussen, ist hinsichtlich des Körperbaucs ausserst gering im Vcrgleich mit dem zwischen beider Psyche, und dies lasst sich allein durch eine dementsprechende specielle Evolution des Centralnervensystems erklaren, welche die Werdung desMenschenund seine weitere Entwickelung als Mensch möglich gemacht hat. Auch bei den Insekten sind sehr belangreiche gleiche Momente zu beobachten. Besonders fallt dies auf in dem offenbar selbstandigen Charakter des Umgestaltungsprozesses, welcher dort das prothoracale Flügelpaar verschwinden liess. Noch gegenwartig kann die Thatsache, dass früher solch ein drittes Flügelpaar bestanden haben muss, aus geringen Ueberbleibseln bei einigen Mantiden und Hemipteren r.och vorhanden, abgeleitet werden. Nun sind aber von C. BRONGNIART in seinen Recherches pour servir a l'histoire des insectes fossiles des temps primaires, précédées d'itne étude sur la nervatioti des insectes viele fossile Insecten aus dem devonischen, dem Steinkohlen- und dem Jura-Zeitalter beschrieben, wovon ein sehr belangreiches Resumé durch Illustrationen erlautert auch von ihm in La Nature 1895 veröffentlicht wurde. Darunter befinden sich verschiedene Formen von Neuropteren, namlich Pseudoneuropteren, verwandt mit den heutigen Kamillen der Ephemeriden, Odonaten und Perliden, aus welchen vermutlich die Trichopteren und Lepidopteren hervorgegangen sind, und bei einer grossen Anzahl der alleraltesten Formen dieser Insekten sind nun Anhangsel sichtbar an dem Prothorax, welche ofïfenbar Rudimente sind eines dritten dort angehefteten Fliigelpaares. Woraus also folgt, dass ursprünglich dieselben drei Paar Flügel, jedes Paar entsprechend einem paar Thorakalfüsse, besessen haben, von denen das vorderste Paar jedoch in dem devonischen und dem Steinkohlenzeitalter bereits bei vielen Arten so weit atrophiert war, dass davon nur noch Rudimente iibrig waren. Sodass deshalb auch bei jenen Insekten solch eine, langsam wahrend sehr langer Zeitraume fortlaufende, evolutionelle Veranderung eines einzigen Organes stattgehabt hat, schliesslich zum Verschwinden desselben führend, ohne dass jedoch irgendwelcher Grund vorhanden Ist, dieser Umgestaltung einen andern als einen durchaus selbstandigen, auf dieses eine Organ beschrank- ten, Charakter zuzuerkennen. Vollkommen auf dieselbe YVeisc zcigt sich dies doch bei dem Prozess, welchen ich in meiner Studie über das Hom der Sphingiden-Raupen ') behandelt habe, was zuerst meine Andacht auf die Selbstandigkeit dieser evolutionellen Vorgange lenkte. Auch dort findet solche Veranderung statt, deren Anfang sicherlich nicht früher als in den jüngsten tertiaren Zeiten liegen kann, jedoch mit sehr bedeutender Ungleichheit nach den Arten und Individuen selbst verlaufend, und vollkommen selbstandig, abgesehen von der oftenbar korrelativen Wirkung, welche sich in dieser Verschiedenheit ofifenbart, mit keiner andern Formveranddrung dieser Raupen in irgend welchen Zusammenhang stehend, sicherlich auch nicht mit der ebenso selbstandig neben ihr verlaufenden Evolution der Farbe bei denselben Raupen, welcher ebenfalls eine meiner obenerwahnten Studiën 2) gewidmet ist. Denn auch die Farbenveranderung ist nichts anderes als eine Formveranderung; mit Recht sagte schon vor langer Zeit WEISSMANN, dass den Farbenunterschieden der Schmetterlingen keine anderen Ursachen zu Grunde liegen als den Formverschiedenheiten im engeren Sinne. Ganz derselbe Charakter ist nun auch derjenige der in bestimmter Richtung fortschreitenden Veranderung der Farbe, der Farbenevolution, in meiner Studie mit Beziehung auf die Pieriden ausführlich erklart, welche aber wohl eine viel weitere Verbreitung in der Tierwelt besitzt 3); ebenfalls ein Prozess, der 1) Tijdschrift voor Entomologie XL 1897. 2) Uebcr die Farbe und den Polymorphismus der Sphingiden-Raupen. Ibid. 3) Sogar vielleicht in der Pflanzenwelt. Wenn ich in einer hollandischen Abhandlung von de Vries lese, dass die Bliiten von Viola tricolor L. zuerst einfarbig weiss oder gelblich weiss sind und dann dunkier gelb werden, wahrend weiter das violet aufzutreten beginnt und sich nach der Mitte zu ausbreitend allmahlich die Oberhand gewinnt, dann finde ich darin, wiewohl mit einer andern Karbenfolge, vollkommen das Bild wieder solch eines P10zesses von Farbenevolution, wie ich es bei Raupen und Schmetterlingen kennen gelernt habe, und dort nichts andres als die Aeusserung des bekannten llAEcKEt.schen biogenetischen Grundgezetses ist, in Bezug auf die Farben. Das ferner dort von jenem Bolaniker erwahnte, trotz aller F'arbenanderungen und Kreuzungen sogar stets unveranderliche gelbe centrale Auge auf diesen Blumen erinnert auch unverkennbar an die hartnackigen F'arbenflecke von mir auch in der Farbenevolution der Pieriden beobachtet. langsam crst das Pigment allmahlich verblassen und danach verschwinden lasst, um schliesslich auch die Flügelschuppen zu entfernen, sodass die Flügel endlich schuppenlos werden wie bei den Dipteren. Woran sich nun noch eine andere ebenso selbstandige derartige evolutionelle Veranderung der Schmetterlingsflügel anschliesst, ein Umgestaltungsprozess namlich, welcher nach meinen in dieser Beziehung gemachten, jedoch noch nicht veröffentlichten Studiën, langsam bezüglich der Hinterflügel beschaftigt ist dasselbc zu bewerkstelligen, was vor Tausenden von Jahren bereits mit den Prothorakalflügeln geschehen ist, und sich jetzt in den mannigfaltigen Verschmalerungen dieser Flügel und in den daran vorkommenden Spitzen und sogenannten Schwanzen ottenbart; ein Prozess, der in bestimmter Richtung fortschreitend dies paar Flügel erst verkleinert, um sie so, wie es bereits einige Syntomidenarten, vor allem die dann auch danach benannte Diptilon lialterata F., ziemlich deutlich zeigen, allmahlich zu Relikten wie die Halteren der Dipteren zu reducieren und endlich ganz verschwinden zu lassen. \V as in \ erband mit dem durch das Prozess der Farbenevolution verursachten Verlust der Flügelschuppen und einer gewissen, vermutlich korrelativen, ebenfalls schon deutlich wahrnehmbaren \ erkleinerung der Vorderfliigel, die Lepidopterenform in die der Dipteren wird übergehen lassen, ohne dass gleichwohl die nebeneinander verlaufenden Evolutionen der 1'arbe und dei Flügelverkleinerung als Ausfluss ein und derselben Ursache mit einander in Verbindung stehen. Ein andres Beispiel dieser Selbstandigheit findet man auch bei den Geschlechtsorganen der Papilió's. Auf Grund dessen, was ich morphologisch und aus dem Studium der ersten Zustande dieser Lepidopteren vermutete, ist namlich Dr. H. W. de Graai-, der Insektenanatom, von dessen Hand kürzlich eine bewunderenswerte Studie über die Geschlechtsorgane der javanischen Cyrestisarteri in den XLIVcn Band der Nied. '1 ijdschrift voor Entomologie erschien, und der darum wohl füi eine dazu ausserst befugte Person gehalten werden muss, so liebenswürdig gewesen, für mich eine Untersuchung zu beginnen hinsichtlich dieser Organe einiger indo-australischen Papi/io's, und fand er dabei dass sie bei P. Hcctor und P. aristolochiae F. so stark von denselben Organen anderer mit ihnen sovvohl durch die Uebereinstimmung in dem System der Fltigeladern als aucli vor allem durch ihre ersten Zustande sehr nahe vervvandter Papilio's unterschieden sind, dass man diese Arten, wollte man die systematische Einteilung nur hierauf griinden, in ein besonderes Genus stellen müsste. Ebenso verfolgt auch das Adersystem der Flügel bei den Lepidopteren seinen eigenen Weg und liegt dann auch hierin der Grund warum eine systematische Einteilung nur nach einem einzigen Organ, wie dies gerade bei den Lepidopteren so durchgesetzt ist, wohl praktische Bequemlichkeit, als guter Bestimmungsschlüssel, mitbringen kann, aber mit dem natürlichen d.h. den phylogenetischen Verhaltnissen immer in absoluten Widerspruch kommen muss, weil die Umgestaltung der übrigen Organe durchaus nicht zugleich allmahlich fortgeschritten ist. Darum können dann auch Betrachtungen hinsichtlich der Verwandtschaft und Genealogie von Lepidopterengenera ganzlich oder beinahe ausschliesslich auf die Entwickelung dieser Adern gegriindet nur zu verkehrten Schlussfolgerungen leiten. Denn das die Entwicklung einer bestimmten organischen Einlieit freistehend verlaufen kann ohne die Tierart, bei welcher sie auftritt, im Uebrigen wesentlich zu verandern, ist nicht zu bezweifeln. Die angeführten Beispiele von Elvolutionen wie diejenigen, welche zum Verschwinden der prothorakalen Flügel oder vom Horn der Spilingidenraupen führten, zeigen deutlich dass dadurch die allgemeine Form der Tierarten, wobei dies stattfand oder noch stattfindet, keine Aenderung erfahrt; dass auch mehrere neben einander so verlaufende Evolutionen nicht notwendigerweise mit einander in Verbindung stehen müssen, geht aus den Fallen hervor, worin von solchen, wie z.B. derjenigen der Farbenevolution. und derjenigen der Flügelverkleinerung der Schmetterlinge, die eine bereits ein wesentliches Stück fortgeschritten sein kann, — wie bei solchen Schmetterlingen z.B., welche schon die Schuppen der Flügel verloren haben — wahrend die andere bei derselben Art, noch durch Epistase gehalten, nicht einmal angefangen hat sich zu andern. Auch die spater ad V noch niiher zu besprechcnde Hemmung oder Beschleunigung der Farbenevolution bei Lepidopteren, durch die Einwirkung von abnormaler Warme oder Kalte auf die Puppen, ohne dass dadurch der ganze übrige Organismus, ausser in einzelnen Pallen solclie Teile, welche ebenfalls in einem bcsondern Evolutionszustand sich befinden, bcrührt werden, weist deutlich auf die Selbstündigkeit diescr Evolution. Uarum sieht man dann auch bisweilcn in denselben natiirlichen Gruppen ein einziges Organ bei einigen dazu gehörenden Tieren sich so selbstandig entwickeln, das sie dies in diescr Beziehung eigentlich ganzlich von jener Gruppe trennt, so z.B. die Entwicklung des Auges bei den höheren Mollusken. Höchst belangreich hinsichtlich der absoluten Selbstiindigkeit dieser Veranderungen einzelner Organe sind vor allem die soeben genannten Beispiele in welchem dies sich als das allmahliche Verschwinden davon ofïfenbart. Denn der cvolutionelle Charakter ist doch derselbe, ob es sich urn die Entstehung oder den Untergang eines Organes handelt; \vo also die Selbstiindigkeit im letzten Fall so sehr feststeht, ist diese auch beziiglich des ersten schwerlich zu bezweifeln. Vergegenwartigen auch solche Prozesse, wie der, welchen ich l- arbcnevolution genannt habe, der von dem Verschwinden des Horns der SphingidemdiUQzn, und der von der Verkleinerung der Flügel bei den Lepidopteren, nur Erscheinungen von Verkümmerung, daraus muss doch notwendigerweise folgen dass wo eine derartige evolutionelle Veranderung so selbstandig wahrend einer sehr langen Zeit in einer bestimmten Richtung verlaufen kann, solches mit einem Prozess von zunehmender Evolution dann doch offenbar wohl ebenso selbstandig stattfinden können muss. Sicher gilt dies dann auch wohl hinsichtlich des Bestehens einer bestimmten Richtung hierbei, welche doch in diesen Fallen von Atrophic so deutlich in das Auge springt, dass man wirklich gencigt sein könnte darm einen bestimmten Zweck zu erkennen, und auch betreffs des allmahlich, schrittmassigen, keineswegs sprungweisen, Verlaufens davon. Die Kraft, mit welchei die Entwicklung solch einer Orga- nismuseinbeit auftritt, muss dabei sichcr je nach der des Reizes, auf welchen sie reagirt, verschieden sein; bisweilen wird sie darum wohl so kraftig sein können, dass alle andern derartigen Einheiten in demselben Organismus sich danach richten miissen (coadaptation), und werden auf diese Weise dadurch dann korrelativ auch auf diese einwirkende Reize enstehen, die sie — eventuell auch in Verbindung mit andern, welche bereits darauf Einfluss ausüben, und alsdann deshalb nicht ausschliesslich in den Grenzen der korrelativen Forderungen der erstgenannten Aenderung — in einer ihrer speciellen Art entsprechenden Richtung verandern lasst. Jedoch kann ausser der Zelle und der Vereinigung von specialisierten Zeilen, welche ich Organismuseinheit nenne, auch sicher wohl die höhere Einheit durch das ganze VVesen gebildet, selbstandig zu dergleichen Umgestaltungen gereizt werden, und sich dann danach ganz oder teilweise modificieren. Aber es ist, meiner Meinung nach, ein Irrtum, um, wie die gewöhnliche Aufïfassung ist, solch ein Veranderung des ganzen Wesens nur als ein Ergebniss der allgemeinen Bediirfnisse desselben, als die einzige Weise zu beschauen, in welcher die evolutionelle Entwicklung stattfindet; daneben geht die der selbstandigen Organismuseinheiten vor sich, ausschliesslich aus eignem Bedürfniss entstanden und demselben seine Richtung verdankend, und die im Uebrigen nur in grösserem oder geringerem Masse korrelativ auch auf die andern Teile desselben Wesens Einfluss ausiibt; diese letztere ist sogar wohl bei weitem die allgemeinste, die, wodurch dann auch hauptsachlich das Zustandekommen der grossen Menge von Formen der lebenden Wesen erklart werden muss. Von welcher Wichtigkeit es ist dies richtig zu verstehen, geht z.B. sehr stark hervor aus dem Werk vDie Descendenztheorie" von Ur. Al.BERT FLEISCHMANN (Lcipzig 1901), dessen Bestreitung des sogenannten Stammbaumes des Pferdes z.B. fast ganz aus Argumenten besteht, welche in jener unrichtigen Aufïfassung begründet sind. Wie übrigens eine tiefere Einsicht in das oben Behandelte es diesem Gelehrten auch wohl begreiflicher gemacht haben würde, dass, \vo in dem Prozess der evolutionellen W crdung auch Zeitabschnitte von Beschleunigung angenommen werden mussen von verhaltnissmiissig sehr kurzer Dauer, I- ossile gerade aus solch einem kurzen Zeitabschnitt abstammend nur sehr ausnahmsweise erhalten geblieben sein werden, und deshalb das Fehlen derselben an und für sich kein Argument von einiger Bedeutung bilden kann. Ich habe mich genötigt gesehen, diese Erscheinung der Heterepistase hier so ausfiihrlich zu behandeln, weil, ohne diese Eigenart des Wesens der Evolution deutlich zu erkennen, auch die dazu gehorige Thatsache unmöglich genügend verstanden werden kann, welche ich Farbenevolution genannt habe. Dies letztere ist gleichwohl absolut notwendig urn wiederum die Wirkung der andern Evolutionserscheinung, von ElMER Homoeogenesis genannt, in Verbindung damit verstehen zü können, und so einige Falie, die in der Betrachtung der Anhanger der Mimicry-1 heorie stark auf den Vordergrund getreten sind und sehr zu dem Annehmbarmachen und Verbreiten derselben beigetragen haben, richtig zu würdigen. Falie, die dann auch ohne diese Kenntnis vollkommen unbegreiflich sind, aber mit Hülfe derselben sehr gut ausserhalb jener Theorie verstanden werden können, und so ihre Ungültigkeit in dieser Hinsicht deutlich beweisen; was nun betrefits solcher auf den Vordergrund gestellter und in der That scheinbar unerklarlicher Erscheinungen, welche man der Mimicry zuzuschreiben beliebt, für meine Bestreitung dieser Theorie von grosser Wichtigkeit ist. In Folge der fortdauernden Ungleichheit in der Entwicklung, welche die stets fortlaufende Veranderung der organischen Natur, ihr sogenanntes evolutionelles Leben, beherrscht, wahrend diese Entwicklung überdies durch Zeiten von Epistase unterbrochen wird, deren Dauer ebenfalls ausserst ungleich ist, zeigt es sich nun dass Arten, wiewohl sie im übrigen mit einander nichts gemein haben und in verschiedenen Gegenden wohnen, hinsichtlich der bei ihnen selbstandig verlaufenden Entwicklung einer der genannten Organismuseinheiten, und damit z.B. bei Lepidopteren in ihrer Zeichnung, auf den gleichcn Standpunkt zu stehen kommen; wiewohl die eine viel schneller dazu gekommen ist oder selbst einen anderen Weg dorthin verfolgt hat als die andere, und dass ebenso auch der fernere Verlauf dieser Prozesse bei beiden sehr verschieden sein kann. Sogar, kann solches, falls zufallige Einflüsse darauf zur Beschleunigung oder Hemmung der Evolution einwirken, ausschliesslich bei einzelnen Individuen von verschiedenen Rassen vorkommen, und auch, wie bei dem noch naher zu besprechenden Temperaturexperimenten, kiinstlich hervorgerufen werden. Diese Homoeogenesis lasst dann insofern bei beiden dieselbe Gestalt oder Farbe entstehen, und wenn nun eins von beiden, wie bei der Farbenzeichnung auf den Flügeln der Lepidopteren so hervorragend ist, dass die ganze aussere Erscheinung des Tieres davon beherrscht wird, führt dies daher zu gegenseitiger Aehnlichkeit, welche, falls sie ebenfalls sehr aufifallend ist, für Mimicry gehalten wird. Dies Aufïfallende ist jedoch, vveil es sich um optische Tauschung handelt, dabei ein absolutes Erfordernis. Vanessa urticae l. und V. polychloros l. sind z.B. sehr verwandte Schmetterlinge und haben daher eine grosse Gleichheit in der Entwicklung, im Auftreten der schwarzen Farbe und somit der gesammten Farbenzeichnung; so deutlich selbst, dass sie deshalb dann auch von den hollandischen Sammlern des 18. Jahrhunderts als die kleine und die grosse Aurelia unterschieden wurden; aber doch hat ein beziehungsweise kleiner Unterschied in der Nuance der Grundfarbe, die bei der letzteren Art mehr verblasst ist als bei der ersteren, mehr noch als irgendwelche zwischen ihnen bestellende Verschiedenheit in der Grosse, stets verhindert dass zwischen beiden an Mimicry gedacht wurde; vveil namlich die Farbe in diesem Falie oftenbar die grosse Rolle spielt und ihre Nuance jede Verwechselung hindert. Die am meisten bekannten Beispiele von sogenannter Mimicry bei Lepidopteren finden dann auch hierin, es sei ausschliesslich, es sei durch Zusammentreffen dieses Faktors mit andern noch naher zu besprechenden, ihre natiirliche Erklarung. Das erste zeigt sich z.B. bei den oben bereits erwahnten Fallen, welche für Wallage in seinen Studiën über die Papilioniden von dem ostindischen Archipel so viel Stuff für seine Betrachtungen bctreffs dicser Erscheinung geliefert, und seitdem in zahllosen Schriften demselben Zweck gedient haben. Die Aehnlichkeit namlich der weiblichen Form Ac ha tes c' R a M von Papil 10 Memnon l. mit Pap. Coon. F., und der weiblichen Formen Polites U, Theseus cram. und Romulus cram. von Pap. Polites L. mit Pap. aristo/ochiae F., Pap. Antiphus \-. und Pap. Hector l.. Wie auch bei der nicht weniger beruhmten Mimicry der 99 von der afrikanischen Pap. Meropecram. mit dort lebenden Danaiden. Auch gehort hierzu die t arbengleichheit zwischen dem 9 von Hypolimnas Missippus l. unc Danais Chrysippus l.. Wahrend zu solchen, bei denen neben der Homoeogenesis noch ein andrer Faktor zur Mimicry nutwirkt, die nicht minder bekannten Falie gehören der Lbereinstimmung einer weiblichen Form von Hypolitnnas bohna i... von Hypolimnas anomala wall., von Euripus Hahtherses doubl., von Elytnnias undularis drury, von Elymmas Malel as hew. und von noch andern indo-australischen Papilioniden und ElymniasMten mit dem Genus Euploea; von andern solchen Papilioniden, Pieriden und Nymphaliden mit Danaïden. Gleichfalls muss hierzu wohl auch die vielfach als Mimicry mit Schnee und Eis aufgefasste Gleichheit in der Farbe bei den Polartieren gerechnet werden, und noch manche andere Uebereinstimmungen in Farbe und Farbenzeichnung, wie sie bei verschiedenen 'lieren vorkommen. Diese Falie werde ich erst ad V behandcln, wo auch der andere dabei auftretende Faktor besprochen werden soll. Betrefts der ersteren kann ich hier das Folgende mitteilen. Pap. Memnon L. ist ein Schmetterling, welcher in emer Menge Formen vorkommt, u. a. mit dem Namen Pap. Agenor l., Pap. Maya atkins., Pap. Ascalaphus bsd., Pap. Lowii druce und Pap. Polymuestor cram. [Pap. Pannda MOORb) von einander unterschieden, und den beiden obenerwahnten evolutionellen Prozessen, dem der Farbenveranderung unc dem des Kleinerwerdens der Flügel, unterworfen, darm ausserst ungleich nach Rassen, Geschlecht und Individuen verandert, und dies dabei durch seine zahlreichen Formen auf aussergewöhnlich deutliche Weise wahrnehmen lasst. Ur- sprünglich muss wohl dieser Schmetterling von einem Typus mit grosseren Flügeln abstammen, vermutlich zu dem auch gegenwartig noch grosseren der Ornithopteren gehorig; denn die ersten ontogenetischen Formen der Raupen von Pap. Memnon L. weisen doch noch auf die Raupen der heutigen Ornithopteren zuriick. Diese mussen doch auch als ein sehr alter Typus von Papilioniden angesehen werden; verschiedene Gründe habe ich für diese Auffassung, welche hier nicht weitlaufig auseinandergesetzt werden können, aber wobei ich doch bemerken will, dass kiirzlich A. RADCLIFFE GROTE in einer Studie (The Parnassi Papilionidae, Natural Science October iSpp) auf Grund des Systems der Flügeladern zu derselben Anschauung gekommen ist. Wahrend nun in der phylogenetischen Entwicklung dieser Art der Farbenevolution ihren Weg verfolgte, wurde dadurch das rote Pigment, das die ursprüngliche Farbe, in so weit dieselbe namlich nicht durch structuralen Ursachen erzeugt worden war, gebildet haben muss, einem Verblassungsprozess unterworfen, welcher, wie bereits gesagt ist, diese Farbe allmahlich durch Orange und Gelb in Weiss verandert, bis sie endlich ganz verschwindet, und dadurch die Fliigel durchsichtig werden wie die der Dipteren, Hymenopteren, und andere Insekten; wahrend welches Prozesses jedoch fast immer eine bisweilen geringe aber wohl auch einmal sehr ansehnliche Ausbreitung eines schwarzen Pigmentes auftritt, welches aber spater auch wieder von Weiss ersetzt wird. Ich muss mir jedoch, ehe ich weiter gehe, hier eine Auseinandersetzung über diese von mir Farbenevolution genannte Erscheinung erlauben. Nach meiner Meinung ist dieselbe wohl zu verstellen als ein physiologischer Prozess, welcher danach strebt die jetzt bestehende Farbung verloren gehen zu lassen, dessen Verlauf sich nun jedoch je nach der Farbe und ferner in Zusammenhang mit der Konstitution der Organismen, in welchen er auftritt, sehr verschieden ofïfenbart, wiewohl sich doch immer in derselben bestimmten Richtung fortbewegend. Was dann aus der Hypodermis herriihrende in den Schuppen vorhandene ursprünglich rote Pigment betrifTt, muss man namlich annehmen, dass ein che- mischer Prozess dassclbe einer Veranderung untcrwirft, welche es allmahlich durch Orange und Gelb oder Griin zu Weiss verblassen lasst, und es zuletzt vernichtet; aber wo auch in der Cuticula ein dunkier Farbstoff vorhanden ist, scheint dieser unt-er jenem Einfluss zuerst sowohl in der Menge als auch in der Intensitat der Farbe • zuzunehmen, und also demzufolge die Pigmentfarben durch Schwarzfarbung zu verdecken, um jedoch spater auch allmahlich zu Grunde zu gehen, sodass dann die Farbe der Schuppen Weiss zu sein scheint, sei es dadurch dass dann das obengenannte inzwischen zu Weiss verblasste Lipochrome Pigment in ihnen sichtbar wird, oder dass sie, falls dies bereits verloren gegangen ist, mit Luft gefiillt worden sind; bis endlich die nun zu nichts mehr dienenden Schuppen auch abfallen und nur die durchsichtige Fliigelhaut übrig bleibt. Ich habe die Griinde, auf welchen die von mir angenommene Ordnung der Farbenfolge und das Bestehen der farbenevolution sich stiitzen, in meinen friiheren Schriften ausführlich auseinander gesetzt. Sie beruhen auf hinsichtlich dieser Erscheinung selbst gemachten Beobachtungen. Nicht aufdiesen, sondern auf andern, aus Untersuchungen betreffs der Ontogenese der Schmetterlingsflügel abgeleiteten Gründen, wird von Anderen jedoch die Farbenfolge auf diesen Fltigeln anders angeordnet; kiirzlich ist dies wieder von Ur. Grafin von Linden gethan. Ich bin bis heute noch nicht in der Lage gewesen, die letzte dieser Untersuchungen sorgfaltig zu studieren,* weiss deshalb auch nicht, in wie weit das früher in dieser Hinsicht von mir Angeführte dadurch widerlegt ist. Ich hofife dazu noch spater zu kommen; bin jedoch nun bereits überzeugt, dass, sei es dass ich dann im Stande bin die Mangel ihrer Folgerungen genügend zu beweisen, sei es dass dies nicht der Fall ist, ich dennoch werde sagen müssen ,E pur si miiove*. Die Thatsache der Farbenevolution, und zwar nach der von mir angenommenen Farbenfolge, muss richtig sein; es ware sonst nicht möglich mit denselben alle jene bei Schmetterlingen vorkommenden hierzu gehörenden Erscheinungen, die ohne sie noch so durchaus dunkel sind, so genügend zu erklaren, diese Theorie immer wieder bei jedem vorkommcnden Fall, ohnc irgend welche Mühe, mit so günstigeni Resultat anzuwenden. Eine derartige Theorie, welche dann iibrigens auch auf so gut sichtbaren, nicht zweifelhaften Beobachtungen beruht, liefert selbst die Probe ihrer Richtigkeit, sie kann nicht allein durch einige ihrer Natur nach selbst noch stets zweifelhaften Laboratoriumergebnisse, auch wenn wir die einer so befahigten Hand wie derjenigen der Dr. Griifin von Linden zu danken haben, vernichtet werden; um so weniger da doch auch durch jene Ergebnisse keineswegs diese vielen bisher noch dunklen Erschei/ nungen erklart werden können. Solchen wunderbaren, scheinbar mit einander nichts gemein habenden Facta gegenüberstehend, wie dem so ausgebreiteten Polymorphismus von Pap. Merope cram. in Afrika und Pap. Memnon L. im indisch-australischen Gebiet, findet man den Schlüssel, welcher auf beide in gleicher Weise passend, beide vollkommen und auf sehr einfache Weise erklart; der das scheinbar so Verwickelte dieser Erscheinung ganzlich zu lösen weiss; der obendrein auch noch auf so viele andere nicht minder unbegreifliche Falie von Verschiedenheit und Uebereinstimmung in der Farbe gleich gut passt; auf viele andere Falie von Polymorphismus z. B., zur Erklarung des Entstehens der so merkwürdigen Augenflecken bei den genera Parnassius latr. und Tenaris nu., oder zur Deutlichmachung von Farbenerscheinungen, wie sie sich z. B. bei einigen Exemplaren von Parnassius Apollo L. oder Pap. Macliaon L. (var. evittata) zeigen. Eine Erklarung also, welche das alles so deutlich zu machen weiss, was bisher Niemand trotz aller Messungen oder auf eine andere Weise zu erklaren wusste, als durch die hohle Phrase der Variabilitiit, die in Wirklichkeit nichts mehr bedeutet als die alte Redensart von den Naturspielen. Nun wohl, dann ist doch nicht zu leugnen, dass dabei rertim testimonia adsnnt, dann muss diese Erklarung die wahre sein; dann muss das, was sich damit nicht vereinigen lasst, fehlerhaft sein, wiewohl auch der Fehler darin vorlaufig noch hicht naher bestimmt werden kann. Dieselbe Beschranktheit, welche in den sogenannten nicht exakten Wissenschaften nicht selten dem Buchstaben ein unverhaltnissmassiges Gewicht zuerkennt oder auch dem Gedenkstiick, und so den echten Bücherwurm, den savant en us der Franzosen formt, offenbart sich auch in der zoologischen Wissenschaft als einseitige Würdigung der ausschliesslich durch physische oder chemische Untersuchung, oder allein durch das Seciermesser erlangten Resultate; biologische Erkenntnis von morphologischen Erscheinungen ohne Anwendung dieses letzten Hilfsmittels und logische Bearbeitung des so Wahrgenommenen hat gleichwohl nicht minder VVert um zur Erkenntniss des Wesens der Naturerscheinungen zu kommen, und verlangt dann auch ebenso specielle Kenntnisse. Solche namlich, welche die grosse biologische Karte der SchmetterlingsfUigel lesen lehren, ebenso wie geographisches Wissen dies bei der Landkarte lehrt worauf der Unwissende nur ein Gemengsel von allerlei farbigen Bildern sieht, und in allen diesen verschiedenen Farbenerscheinungen die schon vor 25 Jahren von weismann erkannte Wahrheit erkennen lassen, dass Polymorphismus haufig nichts anders ist als die Oftenbarung verschiedener Stadiën in einer bestimmten Evolution; welche weiter hiervon ausgehend auch jene aufzuspüren wissen. Öogar darf es, wo die Untersuchung einen Gegenstand betrifft, der soviel Gefahr zu Irrungen mit sich bringt wie der von der Ontogenese der Farben in den Schmetterlingsfliigeln, — ich habe darauf früher bereits hingewiesen; man lese darüber auch die von fleischmann in seinem Werk "Die Descendenztheorie* auf Seite 249 citierten Worte von Oskar Hertwig iiber dergleichen ontogenetischen Untersuchungen im Allgemeinen — wohl einegute und ebenso sichere Methode genannt werden, die Phylogenese davon aus den deutlichen Uebergangen abzuleiten, welche die verschiedenen Arten, Rassen, Geschlechter und selbst Individuen unterscheiden, wo solche noch in genügender Anzahl bestehen, als sie auf dem Wege der ontogenetischen Untersuchungen d. h. mit dem Seciermesser aufzuspüren. Beide Arbeitsmethoden müssen eigentlich zusammengehen und einander bekraftigen und werden dies auch wenn alle die Folgerungen aus den Thatsachen auf die letzterwahnte Weise erhalten durchaus richtig sind, aber sowohl in der Beobachtung solcher Thatsachen als auch in ihrer Vergleichung und logischen Bearbeitung können bcreits cine betrachtliche Anzahl Fehler verborgen sein. Zu welchen Unrichtigkeiten und sogar Absurditaten diese Richtung in ihrer Einseitigkeit und damit haufig verbundenen Oberflachlichkeit fiihren kann, lehrt nichts besser als die Lombrosianische Schule der criminellen Anthropologie mit ihren anatomischen DegenerationsKennzeichen. In keinem Falie werden sicherlich die auf die andere Weise erhaltenen Schlussfolgerungen dadurch kurzer Hand als durch eine Untersucliung höherer d. h. von tiefer gehender Art zu nichte gemacht. Durch ausschliesslich auf morphologischer Beobachtung beruhende Folgerungen wird so in diesem Fall viel, ja sehr viel, was bisher noch unverstandlich war, erklart, aber was kann nun durch jene ontogenetischen Resultate erklart werden? Praktische Brauchbarkeit bei der Anwendung ist doch wohl die beste Biirgschaft für die Richtigkeit jeder Theorie. Das Unrichtige des von ElMER angenommenen und von seiner Schule immer verteidigten Gesetzmassigen der Zeichnung auf den Schmetterlingsflügeln habe ich früher bereits ausführlich besprochen und zahlreiche Beispiele dafür angeführt, welche diese Aufifassung widerlegen. Der damals von mir erwahnten mit meinen morphologischen Untersuchungen absolut übereinstimmenden diesbezüglichen Ansicht von WEISMANN und ihre spatere Bestiitigung von URECH (Einige Bemerkutigeti zum zeitlichen Auftreten der Schuppen-Pigtnentstoffe von Pieris brassicae in Illustirte Zeitschrift für Entomologie 1&99) kann ich jetzt noch hinzufügen, dass die Zeichnung an und für sich doch auch wohl keine specialisierte Einrichtung für das Zustandebringen bestimmter organischer Functionen ist, also dessen was ich oben eine Organismuseinheit nannte, wie eine solche der Bildung des Pigmentes zu Grunde liegt und wie auch die Struktur von Schmetterlingsschuppen, welche die strukturalen Farben hervorruft, betrachtet werden muss; sodass die Zeichnung deshalb auch keine eigene Evolution in bestimmter Richtung d. h. die behauptete gesetztmassige Veranderungsweise besitzen kann. Die grössere oder geringere Menge des Pigmentes oder der umgebildeten Schuppen, wie auch die Farbe des ersteren, verandern evolutionell; die Lage des Pigmentes wahrend dieses Prozesses ist nun zwar sicherlich wohl kein blosser Zufall, aber doch nur die Folge der Bedingungen nach welchen seine Menge sich dazu in jedem Organismus richten muss und wird also jedesmal durch den Zustand desjenigen Organismus, in welchem dies geschehen muss, beherrscht, abei nicht durch selbstandige allgemeine Regeln. Es ist danut ebenso, als wenn man eine gleiche Menge linte auf verschiedene Bogen Löschpapier giesst; auf jedem dieser Bogen wird dann ein Tintenfleck von anderer Gestalt entstehen, weil die Verbreitung der Tinte, welche die Gestalt des Fleckes verursacht, beherrscht wird durch die bei jedem Bogen verschiedene Capillaritat des Papieres. Sicherlich wird nun haufig bei verwandten Individuen, Arten, oder sogar Genera, der Zustand der Organismen in dieser Beziehung sich wcnig unterscheiden, und demzufolge auch vielfach eine ziemlich grosse Gleichheit in der Zeichnung entstehen; jedoch ist dies keine Notwendigkeit; eine kleine für uns nicht wahrnehmbare Veranderung in der Zusammenstellung eines solchen Organismus kann sogar zwischen den Individuen ein und derselben Art eine grosse Verschiedenheit in der Zeichnung mit sich bringen. Dies kann man z. B. sehen an der Umgestaltung von Araschnia levana L. in A. prorsa L. und solches mit dem Uebergang Porima OCHS., insofern man wenigstens mit den Umstanden bekannt ist dass dabei ein durch Temperaturwechsel bedingter Prozess von Farbenevolution statt hat, und dies nicht als eine durch die Temperatur verursachte Farbenbildung oder I-arbenzerstörung ansieht. So sieht man auch im Verlauf des evolutionellen Verschwindens des Horns der Sphingiden-Raupen, früher von mir behandelt, diesen Körperteil bisweilen bei allen Arten eines Genus, wie z. B. bei Acherontia, dieselbe eigentümliche Gestalt annchmen, aber dagegen bei jenen eines andern Geschlechtes, bei Chaerocampa z. B., sich sehr verschieden formen. Weil namlich die Form, welche in solch einer Evolution auftritt, ganzlich beherrscht wird durch die korrelativen Forderungen jedes Organismus in welchem dies geschieht; so ist es dann auch mit der Form und Stellung der Fleckcn in der Farbenzeichnung der Schmetterlinge. Lasst uns nun nach dieser Abschweifung zur Besprechung der Evolution von Pap. Memnon L. zurückkehren. In Folge des Auftretens der Farbenevolution wird dann vermutlich aus den ursprünglichen Ornithopteren ein Typus entstanden sein, bei welchem das Farbensystem ebenso wie dass der meisten jetzt lebenden Ornithopteren ein Verblassen zu hellgelb mit Auftreten von viel Schwarz zeigte, aber beide Farben auf eine andre Weise als bei diesen Stammverwandten verteilt waren und ohne Auftreten von Interferenzfarben vorkamen, bei welchem die Fltigelform bereits merkbar kleiner geworden jedoch noch ein löffelförmiges Stück als Ueberbleibsel von der früheren Grosse der Hinterflügel übrig geblieben war; derselbe Typus namlich der noch erhalten geblieben ist bei dem 9 der Rasse Pap. Ascalaphus 13SI>., bei der Form Achates CRAM., bei der Form Charicles HEW., einigermassen bei dem Q von der nahe verwandten Art Pap. Deiphobus L., und auch noch bei beiden Geschlechtern einer andern verwandten Art, Pap. CoonV., deren Raupe auch noch ganzlich die Gestalt derjenigen der Ornithopteren hat, was so gleichfalls auf die Verwandschaft mit denselben wie auch auf den archaeischen Charakter dieser Art weist. Auf diesem Standpunkt angekommen trat nun jedoch in der Entwicklung hier und dort Epistase ein, namlich betrefïfs Pap. Coon F. bei beiden Geschlechtern, doch allein hinsichtlich der Farbenevolution, wahrend der Prozess der Flügelatrophie dabei weiter verlief, aber auf eine andere Weise als früher, nun namlich durch eine gleichmassige auch bei verschiedenen andern Papilio's aus denselben Gegenden mehr oderweniger, bei Leptocircus sogar sehr stark, auftretenden Flügelverschmalerung, wodurch dieser Schmetterling eine eigenartige ihn kennzeichnende Fliigelform erlangte, wahrend gleichwohl die Farbenzeichnung unverandert blieb. Und bei den andern obenerwahnten Arten und Rassen betrefïfs beider Verandcrungsprozesse nur bei einem Teil der 99> wahrend die cf c? und die andere 9 9 weiter ihre Evolution fortsetzen konnten und dadurch ein so sehr verschiedenes Aeussere bekamen dass man sie früher als ganz andre Schmetterlingsarten betrachtct hat. Immer aber unglcich hinsichtlich Rasse und Geschlecht. Von der Rasse Pap. Ascalaphus USD. z. B. auf Celebes hat das <ƒ wohl die Farbenevolution durchgemacht aber ist doch gerade wie das 9 einer Epistase hinsichtlich des Kleinervverdens der Flügel unterworfen worden und hat darum, obwohl was die Farbe betrift't, gerade so wie das cf von der Rasse Memnon l. oder Agenor cram. verandert, die löffelformigen Anhangsel behalten. Die <ƒ <ƒ der letztgenannten Rasse dagegen haben sich nicht allein in der Farbe auf dieselbe Weise verandert sondern auch jene Anhangsel verloren. Bei den 99 >st c''es a^er °ffcnbar nicht gleichzeitig der Fall gewesen, sondern ist zuerst wie bei den 9 von Ascalaphus BSI). die Hpistase bei beiden Prozessen der Evolution eingetreten um dann spater allmahlich aufzuhören, worauf sie sich nach und nach in derselben Richtung wie die cT cT verandert haben und demzufolge nun in verschiedenen sich der cT Form mehr oder weniger nahernden Stadiën dieser Evolution vorkommend, die vielen sogenannten polymorphen Formen zeigen, durch welche diese Art sich kennzeichnet, und welche auch grossenteils die Anhangsel verloren haben. Aber noch nicht mit allen 99 >st dies der Fall; noch immer tritt bei einem Teil, wiewohl auch dann individuelle Abweichungen vorkommen, die Epistase zu stark auf um diese Veranderung zuzulassen, wodurch dieselben noch stets die Form Achates CRAM. behalten, wahrend die fortwahrende Panmixie und das Zunehmen des dadurch ausgeiibten mannlichen Einflusses nun wohl allmahlich in der Richtung der weiteren Entwicklung weitertreiben, aber doch nicht verhindern dass auch bei der Progenitur die Empfindlichkeit dafür stets verschieden ist und dabei also wieder 9 9 in allen möglichen Stadiën vorkommen; auch noch immer in solchen, bei welchen die Epistase noch fortdauert und die dadurch immer noch die alte Achates-Form zeigen, darum auch noch mit den in dieser Beziehung unveranderten Pap. Coon. F. übereinstimmen und derselben gleichen. Bei der Rasse Pap. Lowii DRUCE von Palawan ist das <ƒ ebenso wie das der Rasse Pap. Ascalaphus issd. verandert, doch bestehen davon auch verschiedene 99 Formen analog einigen der Rasse Pap. Memnon L., unter welchcn jedoch die alte unveranderte Form Pap. Achates cram. bereits verschwunden zu sein scheint. Die alte 9 Form von Pap. Deiphobus I.. ist auch schon einigermassen in der Farbe von dem Achatestypus abgewichen und besitzt auch nur noch hin und wieder die Anhangsel; ist also auch wahrscheinlich auf dem Wege diese allmahlich zu verlieren; das hat auch bereits eine ebensolche Farbenevolution durchgemacht wie Pap. Memnon L.. Von der Rasse Pap. Polymnestor cram. sind aber beide Geschlechter bereits in beiden Prozessen nicht nur verandert, sondern haben sogar hinsichtlich der Farbe schon ein noch weiter fortgeschrittenes Stadium erreicht. Es ist nun sicherlich einigermassen schwierig dieser sehr verwickelten phylogenetischen Auseinandersetzung zu folgen wenn man nicht alle diese Schmetterlingsarten oder wenigstens gute Abbildungen derselben zu Rate ziehen kann; wo dies jedoch möglich, und man genügend bekannt ist mit den beiden von mir angegebenen und in meine Studiën naher erklarten Evolutionen, kann es nicht bezweifelt werden, dass die Homoeogenesis, namlich der gleiche Standpunkt in evolutioneller Entwicklung auf welchen sich sowohl Pap. Memnon l., Acliates cram. als auch Pap. Coon. f. befinden, der einzige und auch genügende Grund ist, warum sie einander so gleichen. Und auch die von wallace so hervorgehobene Thatsache dieser Mimicry dass, wo die der javanischen Pap. Coon. f. gleichende javanische Achatesform von Pap. Memnon L. auf dem indischen Festland ersetzt wird durch die Achatesïorm der Rasse Pap. Agenor L., bei welcher das, was in erstgenannter Form gelb ist, rot geworden ist, daneben nun auch auf dem Festland eine representative Form von Pap. Coon f. vorkommt, namlich Pap. Donbledayi wall, und bei dieser nun ebenfalls das Gelb von Pap. Coon f. in Rot verandert ist, sodass also auch in dieser Hinsieht die Uebereinstimmung in beiden Gegenden bestehen bleibt und von den beiden nach Auffassung der Mimicry theorie die eine Art sich also stets der andern zu fügen scheint — auch diese Thatsache findet in der Homoeogenesis und vielleicht auch in den gleichen unter V noch naher zu besprechenden klima- tologischen Einflüssen ilire natürliche Erklarung. Diese Veriinderung von Rot in Gelb ist jcdoch nichts andres als der gewöhnliche Verlauf der Farbenevolution und bei den beiden javanischen Arten ist dieselbe nun ebenfalls weiter fortgeschritten als bei ihren Vervvandten auf dem Festland. Auch Pap. Polites L. und seine verschiedenen Formen, wie auch Pap. Hector L., Pap. aristolochiae F. und Pap. Antiphus F. — die beiden letzteren übrigens auch wohl nichts andres als verschiedene Farbenevolutionsformen derselben Art — stammen von Ornithopteren ab und sind denselben genannten zwei evolutionellen Prozessen und zwar auf dieselbe Weise unterworfen. Die drei letztgenannten nehmen darin denselben Standpunkt ein gegenüber Pap. Polites L. wie Pap. Coon F. in dem ebenbesprochenen Fall gegenüber Pap. Memnon L.. Ebenso wie Pap. Coon. F. sind sie auf einem bestimmten Standpunkt sowohl betreffs der Farbenevolution als auch des Verkleinerungsprozesses der Flügel durch Epistase getroffen stehen geblieben; ebenso sind bei ihr beide Geschlechter gleich und wird auch ihr archaischer Charakter durch ihre Raupen gezeigt, welche denselben Typus besitzen wie die von Pap. Coon. F., und deshalb wie die der Ornithopteren. Alle besitzen dann auch noch die löffelförmigen Anhangsel, die Ueberbleibsel der früheren Grosse ihrer Hinterflügel, in beiden Geschlechtern; ihre Farbung zeigt noch viel Rot, — die ursprüngliche Farbe, wie meine Studiën über die Farbenevolution zeigten — zum grössten Teil jedoch schon von Schwarz überdeckt, aber nur wenig Weiss. Pap. Polites L. ist dagegen ebenso wie Pap. Memnon L. viel weiter in beiden Evolutionen fortgeschritten, ihre Raupen ebenfalls denen von Pap. Memnon I-. gleichend, weisen ausschliesslich in ihren altern ontogenetischen Formen noch auf die der Ornithopteren zurück. Die efef dieses Schmetterlings sind ebenso wie die von Pap. Memnon L. stark verandert, zum Teil haben sie die Anhangsel verloren, jedoch sind diese bei den Exemplaren vom indischen Festland wie bei den erwahnten Rassen von Memnon L. noch erhalten geblieben; was die Farbe betrifft, ist bei ihnen das Rot 5 ganzlich verschwunden und zum leil durch Weiss ersetzt. Aber bei den 99 giebt es auch Individuen die in verschiedenen Stadiën der Evolution stehen. Es giebt solche, welche ganz und gar mit dem übereinstimmen, andere jedoch, die bereits erwahnten Formen Polites L., Tlieseus cram. und Romulus cram., gleichen noch mehr der alten Gestalt dieser Art. Diese letzteren haben alle auch da, wo das (ƒ sie bereits verloren hat, noch die lóffelförmigen Anhangsel und kennzeichnen sich durch weniger Weiss und mehr Rot als das die altesten Formen — von welchem Romulus cram. nur noch in Vorder-Indien lebt, ebenso wie auch die alte Ai hatesform von Pap. Memnon L. nicht überall mehr zu bestehen scheint — haben sogar noch besonders viel Rot. Und darum gleichen nun diese alten Formen sosehr den ebenfalls noch auf dem alten Evolutionsstandpunkt stehen gebliebenen Pap. Hector L., Pap. aristolochiae F. und Pap. Anthiphus F., genau auf dieselbe Weise wie dies zwischen der Achatesform von Pap. Memnon L. und Pap. Coon F. der Fall ist. Von Nachahmung ist auch dort keine Rede. Was die grosse sich ebenso in Polymorphismus — in der That denn auch nicht anders als die Folge des Nebeneinanderbestehens von Formen, welche verschiedene Stadiën in der Evolution darstellen — offenbarende Mimicry von afrikanischen Papilio's betrifft, von Trimen perhaps the most striking and elaborate of all recorded cases of mimicry genannt, so haben wir dabei dieselbe Erscheinung vor uns. Ebenso wie Pap. Memnon L. und Pap. Polites L. ist der hier gemeinte afrikanische Papilio den beiden Evolutionen der Farbe und der Fliigelverkleinerung unterworfen und ebenso wie die erstgenannte Art kommt sie in einer Menge Rassen vor, bei welchen der Verlauf dieser Evolutionen auch hinsichtlich der Geschlechter und Individuen sehr ungleichmassig ist und mehrmals durch einen Zustand von Epistase gestort wird. Bei den Voreltern dieser Art war ebenso die Farbe wohl rot und waren die Flügel grösser als das gegenwartig der Fall ist. Dies Rot nun ist bei den efef a^er bestehenden Rassen auf der Oberseite zu Hellgelb, bisweilen sogar zu Gelblichweiss verblichen, auf der Unterseite zu einem noch stets etwas dunklerem braunlichen odcr Ockergelb. Bei den 99 ist dasselbe bei den Rassen Pap. Huvibloti CH. OBERTH. von den Comoren, Pap. Meriones KELDER von Madagaskar und bei einer der 9 Formen der Rasse Pap. Antinorii CH. OBERTH. aus Abessinien der Fall, die also alle den cfcf gleichen; aber bei den andern 99 Formen von der letztgenannten Rasse, als Pap. Niavioides KHEIL und Pap. Ruspinae KHEIL unterschieden, und bei den sehr verschiedenen Individuen der teilweise unter dem Namen Cenea STOLL, Tibullus KIRBY, Trophonius WESTW., Hippocoon F., Dionysos DOUBL. bekannten, im iibrigen Süd-, Ost-, West- und Mittelafrika lebenden Rasse Pap. Cenea STOLL oder Pap. Merope CRAM., auch Pap. Brutus F. genannt — zwischen welchen kein wirklicli morphologischer Unterschied besteht — ist die tarbe bisweilen noch hoch orange oder ziegelrot, was jedoch in allerlei Nuancen entweder allein auf den Vorderflügeln, oder auch auf den Hinterflügeln und manchmal auch wohl umgekehrt, zu Weiss verbleicht. Wahrend HEWITSON (///. of Exot. Butl. XII) sogar solche 99 abbildet, welche zumTeil eine gelbe Farbe zeigen, die sie ziemlich derjenigen des cf sich nahem lasst, was dann auch TRIMEN einen Zuriickschlag nennt; was aber in der That nur einen bestimmten Standpunkt in der ebenerwahnten Farbenevolution bezeichnet. Weiter entwickelt sich inzwischen bei den letztgenannten 9 9 Schwarz ebenfalls stark; meist, wiewohl bisweilen auch sehr reduciert, einen hervorragenden Teil der Flügelflachen, vor allem auf dem Vorderflügeln neben den orange oder weissen t lecken einnehmend; übrigens bei den <ƒ(ƒ als auch bei dcn diesen gleichenden 99 auch auf sehr verschiedene Weise auftretend. Bei allen diesen namlich an der Spitze und langs des Hinterrandes auf der Oberseite der Vorflügel, ebenso wie ein schwarzer Streifen langs des Vorderrandes, welche bei der Rasse Tibullus und bei den cTcf von den Comoren mehr auftallend auftritt, aber bei den 99» vor allcm bei jonen von Madagaskar und von Abessynien, nicht nur starker entwickelt ist aber überdies mit einem kurzen schwarzen Ansatz versehen, welcher sich ein kleines Stück quer über die Mittelzelle der Vorderflügel erstreckt, und sich bei einer Vergleichung mit den scheinbar so abweichenden 99 dieser Art von der Trophonius- und der Hippocoonform deutlich als den Anfang erkennen liisst von der Ausbreitung, welche das Schwarz auf der Oberseite der Vorderflügel bei denselben erlangt hat. Und ferner auf der Oberseite der Hinterflügel als ein breites schwarzes Rand, welcher bei Pap. Humbloti CH. obERTH. langs des Hinterrandes entlang lauft, bei den Exemplaren aus Ost-Afrika dem Rande parallel aber höher auf den Flügeln, bei jenen aus der Kapkolonie sich ebenfalls dort, jedoch an einem Punkt unterbrochen, zeigt, jedoch bei den übrigen Merope-oder CeneaIndividuen, wie auch bei denen von Madagaskar, kein Band bildet sondern eine hier dichtere dort weitere Aneinanderreihung von schwarzen Flecken, und endlich bei der Rasse aus Abessynien ganzlich fehlt. Ferner besitzen alle cfcf Formen, wie auch jene 99' welche mit ihnen übereinstimmen, als Ueberblcibsel der frühern Flügelgrösse löffelförmige Anhangsel an den Hinterflügeln, welche jedoch nachTklMEN — gerade so wie dies bei den ostindischen Papilio's vorkommt und dort die individuelle Ungleichheit im Verlauf dieser Evolution ausdrückt, dadurch aber zugleich ihr Bestehen offenbarend — bereits wesentlich in der Grosse verschieden sind, und ist dies auch noch der Fall bei den in der Farbenevolution mit den 99 der Rasse Merope-Cenea übereinstimmenden weiblichen abessynischen Formen Rnspinae KHEIL und Niavioides KHEIL; aber bei allen Merope-Cenea 99 >st auch diese Evolution bereits weiter fortgeschritten, sodass sie die Anhangsel verloren haben. Demzufolge sind also die abessynischen 99 Formen Ruspiuae KHEIL und Niavioides KHEIL eigentlich vollkommen gleich den in andern Gegenden des Festlandes Afrika lebenden Formen Trophonius WESTW. und Hippocoon F., abgesehen davon dass sie Anhangsel an den Hinterflügeln besitzen, die letzteren aber nicht; ein Unterschied von ganz derselben Art wie er auch zwischen den Rassen von Pap. Memnon L. vorkommt. In jeder Beziehung also ein durchaus selbstandiger Verlauf und als solcher auch verschieden, aber im Grunde doch vollkommen gleich dem der genannten ostindischen Arten, und ohne Zweifel durch dieselben Ursachen entstanden; durch den Verlauf namlich von allgemeinen Richtungen, welche die Entwicklung der Lepidopteren beherrscjien. Mit der behaupteten Mimicry zwischen den 9 5 MeropeCenea-formen und einigen afrikanischen Danaiden ist es nun ebenso wie mit den so laut verkündigten Fallen bei den ostindischen Papilio's. Abgesehen davon dass dieselbe in diesem Falie, wie die behauptete Aehnlichkeit der Trophonius-form mit Danais Chrysippus l., bisweilen keineswegs sehr stark ist, da meist — nicht in allen Fallen — die genannten Papilio 9 9 so grösser als die entsprechenden Danais-arten sind, dass eine Verwechselung und damit eine trügerische Nachahmung unmöglich wird, so ist iibrigens die hier bestehende Gleichheit auch allein eine Folge der Homoeogenesis, des Umstandes dass diese Danaiden in derselben allgemeinen Farbenevolution auf einem gleichen Standpunkt wie die 99 jener Papilios stehen, ein Standpunkt welcher jedoch nicht derjenige der <ƒ c? dieser Art ist, weil diese zum Teil, was die Flügelform betrifft, noch nicht soweit evolutioniert sind und in dem Verblassungsprozess einen andern Weg verfolgen. Noch verschiedene andere afrikanische Schmetterlinge Hypolimnas dubius palis., //. Anthedon doubl. z. B. ahmen dort übrigens dieselben Danaiden-arten nach und haben also mit ihnen ebenfalls einen gleichen Standpunkt in der Farbenevolution erreicht. Trimen behauptet auch noch mit Bestimmtheit dass diese Gleichheit obendrein noch das Eigenartige zeigen solle, dass an verschiedenen Orten die dort lebenden Papilio s speciell mit nur dort vorkommenden Danaiden-formen übereinstimmen; es scheint mir nun wohl dass diese Behauptung noch keineswegs durch eine genügend ausgebreitete und dauernde Untersuchung begriindet ist, aber es ist doch übrigens nicht unmöglich, dass sie als richtig erwiesen wird, ebenso wie auch hinsichtlich mehrerer anderer afrikanischer Schmetterlinge, zwischen welchen nach Bericht desselben Autors eine gleiche Uebereinstimmung besteht. In diesem Fall würde dort doch einfach bestimmte lokale Einflüsse auf dem Verlauf der Farbenevolution bei verschiedenen Arten derartig auf gleiche Weise einwirken, dass auch dadurch zwischen ihnen eine gewisse Aehnlichkeit zu Stande gebracht wird. Dies werde ich noch eingehender ad V behandeln. Kcinen Augcnblick kann ich dann auch daran zweifeln dass die zahlreichen bei südamerikanischen Schmetterlingen konstatierten Falie von Mimicry, deren Biologie mir jedoch nicht genügend bekannt ist, und über welche mir auch kein erschöpfendes Studienmaterial zur Verfiigung steht, aber bei denen die Farbenevolution in ganz dersclben Weise auftritt, ganz oder zum grossen Teil auf dieselbe Weise erklart werden mussen. Denn dass dies der Fall ist, geht aus vielen Thatsachen hervor, wovon es geniigt hier auf die von Cu. Ouerthür von solchen sogenannten Varietaten veröffentlicliten Abbildungen hinzuweisen, wie auch auf das in der Sitzung vom 24. October 1901 des Berliner Entomologischen Ver eins von stichel über den Polymorphismus von Heliconius Phyllis F. Mitgeteilte. (Siehe Insekten-Bórse 1901 N°. 47). Drei grosse Festungen zur Verteidigung der Mimicrytheorie sind von den englischen Naturforschern Bates in Süd-Amerika, wallace in dem ostindischen Archipel und trimen in Süd-Afrika gebaut, und haben dieselben schon gewaltige Anfalle erdulden miissen. Gegen das von mir beigebrachte neue Geschütz der selbstandigen Evolution, vor allem aber gegen das was die Farbenevolution, einmal richtig verstanden, mich gelehrt hat, können sie nicht Stand halten; und mit ihr ist auch die Kraft jener Theorie gebrochen und damit wiederum die Stiitze als welche sie für die Irrlehre von der natürlichen Zuchtwahl / gebraucht wurde. Die Gleichheit zwischen Hypolivinas Misippus L. und Datiais Chrysippus L. hat auch bereits zu vielen Mimicrybetrachtungen Anlass gegeben, aber lasst sich, wenn man einmal mit der Erscheinung der Farbenevolution bekannt ist, ebenfalls ohne Schwierigkeit erklaren. In beiden der Genera, zu welchen die genannten Schmetterlinge gehören, hat die Farbenverblassung bis zum Orange denselben Weg verfolgt, bei den meisten Danaiden ist das Oranje jedoch bereits durch Schwarz und Weiss verdrangt oder verandert, bei solchen wie D. Plexippus L., D. Eripptis CRAM. und einigen andern indischen und amerikanischen Arten, wo es noch anwesend ist, wurde es doch I auch schon stark durch Schwarz verdunkclt; nur bei D. Chrysippus L. ist dies noch wenig der Fall gewesen und dadurch Orange die herrschende Farbe geblieben, bisweilen wie in der Form Alcippus CRAM., eine noch starkere Verblassung, beinahe zu Weiss, aufweisend und dadurch einen noch weiteren Fortscliritt in derselben Farbenevolution oftenbarend. Bei den Hypolimnas-zrt&n gehort dieser Standpunkt der Farbenevolution im Allgemeinen schon lange zu der Vergangenheit; Relikte davon werden jedoch noch angetroffen; einzelne Orangeflccke namlich bei einigen 99 von Hypolimnas Bolina L., welche noch nicht so weit wie das (ƒ verandert, diese Flecken noch als Ueberbleibsel ihrer alten Farbe behalten haben, etwas rot auf der Unterseite von Hypolimnas Misippus L. (ƒ, aber vor allem das . dieses Schmetterlings, welches offenbar lange Zeit durch Epistase in seiner weiteren Entwicklung gestort worden ist und demzufolge so gut wie ganz das alte Orange noch zeigt; wohl bereits stark verblasst, jedoch oline einem starkeren Zunehmen des Schwarz unterworfen gewesen zu sein. Aus diesem Grunde gleicht dies 9 so den in beiden Geschlechtern noch in demselben Stadium stellenden Danais Chrysippus L. Von Nachahmung ist auch hier wieder keine Rede, sondern von Homoeogenesis. Es bestchen übrigens von beiden der genannten Arten auch abweichende Formen; von D. Chrysippus L. als Alcippus CRAM. und Dorippus KLUG, von H. Misippus L. als Inar ia CRAM. unterschieden, die zwar, wie z. B. Dorippus und Inaria bisweilen einander auch sehr ahnlich sind, aber gleichwohl, laut Berichten verschiedener Lepidopterologen wie MüORE und STAUDINGER, nicht immer in denselben Gegenden vorkommen, was natürlich jeden Gedanken an Mimicry ausschliessen muss. Die (f dieser beiden Hypohmnas-arten liefern auch ein beachtenswertes Beispiel dieser Homoeogenesis. Jeder, der die grosse Uebereinstimmung in der Farbenzeichnung der beiden sieht, und sie dabei als sehr nahe verwandte Alten kennt, glaubt annehmen zu müssen, dass es jene \ erwandtschaft ist, welche sich darin zu kennen giebt, aber kommt dann doch vor die unlösliche Schwierigkeit wie daneben die ✓ 99» welche doch nicht minder untcr einander vcrwandt sind, so verschieden sein können. Die Kenntnis von der Erscheinung der Farbenevolution lasst dies erst besser verstehen, und zwar in der Weise, dass sie beide einem gleichen Prozess von Farbenanderung untervvorfen sind und dass also diese Gleichheit nicht allein durch ihre Verwandtschaft verursacht wird — wenn es sicherlich auch möglich bleibt dass dieselbe darauf hingewirkt hat dass beide denselben Entwicklungsweg verfolgt haben —• sondern dass diese Uebereinstimmung hauptsachlich der Ausdruck ist der Thatsache, dass die beiden (ƒ (ƒ darin einen gleichen Entwicklungsstandpunkt erreicht haben, was bei ihren 99 noch nicht der Fall ist. Nun giebt es jedoch in Thibet oder Süd-China Schmetterlinge wie Limenitis a/bomaculata CH. OBERTH. und L. punctata LEICH, welche, obwohl zu einem andern Genus gehorend, offenbar ganz dasselbe System der Farbenzeichnung besitzen. Muss man dann nicht annehmen, dass auch hier wieder das Erreichen desselben Standpunktes in Verlauf der Farbenevolution die Ursache davon ist, um so mehr da doch auch noch in Amerika eine Limenitiszxt vorkommt, L. Archippus CRAM., welche ebenfalls noch die alte Orangefarbe zeigt, die auch Hypolimnas Misippus L. und Danais Chrysippus L. eigen ist, und dann auch natürlich die amerikanische Danais Erippus CRAM. nachzuahmen heisst? Sogar macht sich die Vermutung stark dabei geltend, dass die enge Verwandtschaft zwischen diesen beiden Limenitisarten dort ebenso dazu beigetragen haben wird wie bei den beiden Hypolimnas cfcT, wie auch dass das Erreichen dieses Standpunktes notwendigerweise das Auftreten eines Zeitabschnittes von Epistase mit sich bringt, wovon die Folge ^ gewesen ist dass alle diese 4 Arten jetzt in der Farbenzeichnung so mit einander übereinstimmen. Hierfiir sind jedoch vorlaufïg noch keine Beweise anzuführen. Dasselbe offenbart sich wieder auf eine andere Weise bei Elymnias Undularis DRURY, dessen 9 9 'n Brittisch-Indien, auf Ceylon, und auf Java auch ziemlich viel Orange als Ueberbleibsel der alten Farbe zeigen, wahrend dies bei den cfcf allein was die von Malabar betrifïft noch so deutlich auftritt, jedoch dieselben übrigens in dieser Hinsicht mchr dem Euploeatypus nahern, wievvohl auch in der Nuance des Braun, das also ihre Hauptfarbe ist, bisweilen noch deutlich viel Rot zu erkennen ist; deren 99 aber anderswo, in Hinter-Indien und auf Timor z.B., noch mehr sogar als jene cTcf das Orange bereits durch Zunehmen des Schwarz verloren haben. Sodass auf diese Weise auch bei dieser Art der Verlauf derselben Evolution sowohl nach Geschlecht als auch nach der Gegend verschieden auftritt. Auf dieselbe Weise muss auch vvohl die Uebereinstimmung des weissen 9 von Cyrestis lutea zinken mit den in beiden Geschlechtern weissen nahe verwandten Art Cyrestis nivea zinken aufgefasst werden, wahrend das <3* von der erstgenannten Art orangefarben ist. Bei C. nivea zinken ist die Verblassung namlich bei heiden Geschlechtern bereits weit fortgeschritten; bei C. Lutea zinken so weit jedoch nur bei dem 9* Diese letzte Art bildet so einen Uebergang im Verlauf der Evolution in diesem Genus. Von den beiden andern javanischen Arten desselben C. Periander f. und C. Thyonneus cram. sind beide Geschlechter stets gleich gefarbt; jedoch bei der einen Art braun, hei der andern weiss. Und auch jene von mir schon früher auf dieselbe Weise erklarte des Q von Prioneris Autothisbe IIIJ. mit Thyca Crithoe BSD., wo auch das 9 noch auf dem alteren Standpunkt derselben Farbenevolution stellen blieb, welcher der andern Art noch eigen, jedoch von dem bereits weiter in der Evolution fortgeschrittenen cf1 verlassen ist. Wie auch die von wallace berichtete der zwei Heteroceren von den Molukken, Ophtalmus lincea cram. und Porthesia siibnobilis sn. (Artaxa simularis isutl.), oder jene von der europaischen Acronycta psi l. und A. tridens w. v., Spilosoma menthastri w. v. und S. mendica clerck, Acidalia subsericeata hew. und Asthena candidata w. v., wiewohl ich was die beiden letzten Arten bctrifTt Prof. meldola nicht beistimmen kann dass zwischen den beiden die Aehnlichkeit so stark ist. Dasselbe giebt auch sicherlich in der Hauptsache die Erklarung der sonderbaren auf dem internationalen zoologischen Congress in Leiden im Jahre 1895 bereits von mir berichteten abcr damals noch nicht gut verstandenen Uebereinstimmung der europaischen Satyriden Pararga Egeria L. und P. Megaera L. mit den ostindischcn Nymphaliden Junonia Erigone CRAM. und J. Asterie L.. Die zwei erstgenannten Schmetterlinge stehen auf demselben Standpunkt der allgemeinen Farbenevolution wie die beiden letzten, wahrend ferner vermutlich eine gewisse Gleichheit in den Lebensbedingungen bei ihnen den Verlauf derselben auf ziemlich gleiche Weise gestaltet, und zwar in beiden F allen nicht nur für eine sondern für zwei unter einander nahe verwandte Species, gemass der ziemlich übereinstimmenden Art, wie sich ihre Lebensweise unterscheidet. Und auch wo man bisweilen bei in verschiedenen Gegenden lebenden Schmetterlingen verschiedener Genera dieselbe eigenartige Zeichnung antrifft muss wohl, hauptsachlich wenigstens, an dasselbe gedacht werden; so z.B. die auf der Oberseite der Vorderflügel bei verschiedenen AV/»toarten, wie N. aceris LEPECHIN vorkommende, welche man bei 99 von siidamerikanischen AV.rwarten wie von N. Nichynus IIEW. und von N. Chiotie CRAM. wiederfindet. Bei den Sphingiden-Raupen konstatierte ich in meiner obenerwahnten Studie ebenfalls zwei selbstandig nebeneinander verlaufende Evolutionsprozesse, den von der Atrophie der sogenannten Hoins und den der Farbenveranderung. Der letztere, welcher die Raupen von griin oder gelb braun werden lasst, hat als solcher auch ein belangreiches Kontingent zur Fabellehre der Mimicry geliefert, wovon man u. a. in dem Werk von POULTON mit Beziehung auf die Raupe von Sphinx Convolvuli L. noch ein sehr ergötzliches Beispiel finden kann. Deutlich ist es nun dass wenn solche Raupen, welche als zum selben Genus gehorig im allgemeinen habitus natürlich doch bereits viel mit einander gemein haben, dieselbe I* arbe bekommen, sie stark einander gleichen müssen. Nicht jedoch weil die Zeichnung selbst solch einen evolutionnellen Charakter besasse, sondern weil bei einem gleichen Standpunkt im Fortgang der Evolution bisweilen, je nach der Art, auch dieselben Flecke vorkommen können. So ist dies z.B. mit jener von Chaerocampa Oldenlandiae F., Ch. Thyelia L. und Ch. Celerio L. der Fall. Aber nun kommt bei den beiden ersteren auch die Atrophie des Horns ganz auf gleiche Weise vor, welches namlich bei ihr zu einem noch einigermassen willkürlich beweglichen, kurzen, geradezu lederartigen, Anhangsel geworden ist, was bei der dritten Art z.H. nicht der Fall ist, welche ein hal tes, viel langeres, krummes, chagrinartiges Hom besitzt. Und hierdurch wird deshalb zwischen jenen beiden diese Gleichheit noch viel starker, und zwar geschieht das durch das Zusammengehen von Homoeogenesis in beiden dieser Veranderungsprozesse. Zum Schlusse kommt hier noch ein dritter Faktor hinzu in einigen Streifen in der Farbenzeichnung und zwar von ganz gleicher Gestalt bei beiden auf dem Hinterleib, nahe bei dem Horn, auftretend: Streifen, welche wohl ebenfalls einem gleichen Verlauf der Farbenevolution zuzuschreiben sind. So ensteht dann auch hier solche Aehnlichkeit. Sogar bei Puppen ist dies durch dieselbe Ursache der Fall, wenn es dann auch nicht als Mimicry aufgefasst wird. Auf dem 4.ten internationalen zoologischen Congress zu Cambridge teilte bordage mit, dass er Raupen von Eitploea Goudoti bsd. auf Mauritius, deren Puppen in normalen Zustande genau wie polirtes Gold oder Silber aussehen, im Uunkeln gezüchtet habe, und davon Puppen erhalten hatte mit dunkelbraunen Streifen und Flecken auf jenem Metallglanz. Nun kommen auf Java zwei mit der genannten sehr verwandten Arten vor: E* Alidcimus !.. und E. Icucostictos gm., welche ich sehr hiiufig gezüchtet habe, und deren Puppen vollkommen normal dasselbe zeigen; von der ersten Art sind sie namlich uniform gold- oder silberglanzend, bei der andern zeigen sich auf diesem Metallglanz breite braune Streifen. Der uniforme Metallglanz kann also in diesem Falie wohl nicht dem direkten Einfluss des Lichtes zugeschrieben werden, denn sonst ist es unverstandlich, warum auch die Puppe von E. leucostictos gm. denselben nicht gleichfalls besitzt. Die Sache verhallt sich wohl nun nicht anders als dass die Puppen einer evolutionellen Veranderung unterworfen sind, welche das Braun mit Metallglanz bedeckt und die bei E. Goudoti bsd. und E. Midamus l. bereits vollendet ist aber bei E. leucostictos üM. erst teilweise, und dass durch Züchtung von Puppen der erstgenannten dieser Arten im Dunkeln, also in einem künstlich abnormalen Zustand, in dem Fortgang dieser Evolution eine Hemmung hervorgerufen wird, welche sie auf einem frtiheren Standpunkt der Entwicklung verharren lasst, auf demselben namlich, auf welchem die Puppe von E. leucostictos L. noch normal steht. So ist auch hier die Uebereinstimmung zwischen der normalen Puppe der letztgenannten Art und der abnormalen ungeniigend entwickelten von E. Goudoti BSD. nur dem gleichen Standpunkt ihrer evolutionellen Veranderung, im letzteren Falie künstlich erzeugt, zuzuschreiben. Man ist übrigens ganz und gar auf dem verkehrten Weg, wenn man solche willkiirlich zusammengestellten Evolutionsserien so aufifasst, alsob jeder der darin vertretenen Falie ein bestimmtes Stadium von phylogenetischer Entwicklung darstelle, in der Weise, dass jede weiter fortgeschrittene Tierform in seiner Ontogenese nach einander jedes der darin vertretenen weniger weit fortgeschrittenen Stadia habe durchmachen mussen. Dies ist eine allerdings gebrauchliche aber ganz falsche Vorstellung. Man kann z. B. um sich eine Vorstellung von der geistigen Entwicklung der Deutschen von der Zeit Karl DES GROSSEN bis zur Gegenwart zu bilden eine Serie zusammenstellen von bekannten Personen und ihrer Umgebung und von jener derselben dann eine Skizze ausarbeiten um den von ihnen vertretenen Zeitabschnitt der geistigen Bildung verstandlich vorzustellen, wovon dann z. B. die drei letzteren heissen können: i. FRIEDRICH DER GROSSE und seine Zeit-, 2. GoETHE und seine Zeit; und 3. VON BlSMARCK und seine Zeit. Aber man glaube dann nicht, dass die Personen welche dabei im 3tcn Abschnitt auftreten die Söhne oder Enkel der in 2ten aufgetretenen sind, und so weiter, und dass so der folgende Standpunkt in den Personen selbst die Fortsetzung des vorigen ist. Keineswegs ist dies der Fall. Von Anfang an, wofür in diesem Falie willkiirlich die Zeit karl DES Grossen angenommen ist, treibt, um so zu sagen, ein Wind höherer Bildung den Geist der ganzen Nation vorwarts, d. h. verlauft bei dieser eine geistige Evolution in bestimmter Richtung. Aber die VVeise, in welcher dabei jener Drang auf den Geist eines jeden Individuums einwirkt, ist ganz verschieden je nach der Empfanglichkeit des Einzelnen dafiir, und von allerlei Umstanden, die seinen Einfluss beherrschen, abhangig, sodass der eine viel weiter fortschreitet als der andre. Gleichwohl wirkt derselbe stets weiter und so sind nach einen gewissen Zeitverlauf die Folgen davon dann auch deutlich merkbar, ist dann namlich die geistige Bildung in Allgemeinen fortgeschritten; solch ein Fortschritt lasst sich darum dann nach einen derartigen Zeitabschnitt in einer Skizze, wie obenerwahnt, darstellen. Gleichwohl giebt dann solch eine Skizze auch nichts andres als ein Bild dieses Fortschrittes in einen derartigen Zeitraum, man glaube jedoch durchaus nicht, dass sie auch nur durchschnittsweise den Zustand der Bildung wiedergiebt, welche zu der Zeit unter den Individuen herrscht; bei weitem die meisten von ihnen sind dabei dann noch weit zurückgeblieben; solch eifte Gruppe stellt meist nur eine gewisse Anzahl besonders entwickelter Individuen dar. Von den zurückgebliebenen erlangen nun jedoch in spateren Zeiten einige wieder eine besondere Empfanglichkeit fiir weitere Entwicklung und schreiten dann schnell zu dem inzwischen erreichten Standpunkt und weiter fort, aber ohne dazu erst auch die früheren Zeitabschnitte durchzumachen, welche von andern schon erreicht waren als sie namlich ihre direkten Voreltem — noch zurückgeblieben waren, oder besser dieselben wenigstens auf andere Weise und so schnell durchlaufend, dass es der Aufmerksamkeit entgeht. So haben die Voreltern von vielen der Personen, welche die Gruppe 3 bilden niemals auf den Standpunkt [ oder 2 gestanden, sondern gehörten damals zu den Zurückgebliebenen ; als ihre Empfanglichkeit und die dafiir günstige Umstande zunahmen, schritten sie vorwarts, aber ohne dass dieser Prozess sich bei ihnen jemals in der speciellen von bestimmten Zeitumstanden beherrschten Form ausserte, welche wahrend der Zeit, worüber die Skizzen der Gruppen 1 und 2 genommen wurden, zu Tage trat. So ist es nun auch mit den Serien von Tierformen sehr stark ins Auge fallend, wo, wie dies hinsichtlich der Farbenevolution der Fall ist, die individuellen Unterschiede sich uns so deutlich zeigen, viel mehr als dies bei andern evolutionellen Umgestaltungen der Fall ist. Jede Tierform von solch einer Serie muss dann ebenso wie eine solche chronologische Gruppe aufgefasst werden. In ihrem ganzen Umfang lasst die Serie deutlich die Thatsache des evolutionellen Fortschrittes in dem stetigen Zunehmen davon erkennen; aber keineswegs dürfen die individuellen Formen als ein phylogenetisch aneinandergekettetes Ganze aufgefasst werden, nur der Urang, die Richtung ist fiir alle Individuen derselbe und wird sicher auch dort wo einmal die Empfanglichkeit aufgetreten ist, wohl erblich werden und dadurch an Kraft zunehmen, aber die Form, in welcher sich dies aussert, die Weise, wie diese evolutionelle That;gkeit auftritt, kann bei jedem Individuum verschieden sein; gerade auch die in der Ruhe bestellende Panmixie macht solch ein aneinander gekettetes erbliches Fortschreiten davon unmöglich. Aus Serienstudien ist viel zu lernen, aber es ist damit ebenso wie mit der Statistik, womit auch alles was man will bewiesen wird; nur bei sehr vorsichtiger und durch keine Erwartungen a priori beherrschter Behandlung sind die Resultate davon wirklich wertvoll. Was die Coleopteren betrifft, zeigt sich ofifenbar dasselbe wie bei den Lepidopteren, was hier natürlich dann auch / mit dem grossen Wort Variabilitat erklart zu werden heisst. Man findet dort bei sehr vielen Arten sei es noch das ursprüngliche Rot sei es die Verblassung derselben zu Hellbraun, Gelb oder Weiss auf den Deckschildern, bisweilen wie in den Geschlecht Odontolabes mit sehr wenig Schwarz, aber meist stark durch Schwarz vertrieben; viele Coleopteren sind dann auch bereits ganz schwarz geworden. Und die Weise wie das Schwarz auftritt und zunimmt, ist ebenso ungeregelt, nach den Arten und sogar bisweilen nach den Individuen verschieden; man findet sogar monstra, bei denen nur das eine Decksehild schwarz ist, wahrend das andre, wie man sagt, noch nicht ausgefarbt ist, d. h. in der evolutionellen Veranderung stillstehen geblieben ist und deshalb die frühere Farbc behalten liat. Die Form oder Zeichnung, die sich dabei durch den Streit zwischen den zwei Farben zeigt, ist ebenso wie bei den Lepidopteren ein fiir allemal durch die Bedingungen des Organismus, worin sic vorkommt, beherrscht; um darin eine gewisse Gesetzmassigkeit erkennen zu wollen und sogar die bekannten Regeln der ElMKRschen Streifen- und Fleckentheorie, ist die Folge eines Studiums unter dem Einfluss van a priori angenommenen Begriffen denen das Wahrgenommene angepasst wird, nicht von Wahrnehmung selbst. Man kann, um bei den bereits genannten Beispiel zu bleiben, auch aus hundert I intenflccken auf Löschpapier wohl eine Serie zusammenstellen mit kleinen Abweichungen; so etwas heisst in der Statistik Vart de grouper les chiffres; aber man hat wissenschaftlich kein Recht aus dergleichen kiinstlichen Serien etwas abzuleiten. Vermutlich ist auch bei den Coleopteren deshalb ders Ibe 1'rozess zum Verschwindenlassen der farben im Gange; sehr deutlich ist so z. B. die allmahliche Zunahme desWeiss bei dem Genus Cicindela wahrzunehmen, und vertreten die beinahe ganz entfarbten Cassididen wohl den am weitesten fortgeschrittenen Standpunkt. Eine grosse Einförmigkeit in der Farbe von sehr vielen Coleopteren ist die tolge dieses Verlaufes, wiewohl sie durch ihr unregelmassiges Auftreten und den bedcutenden Unterschied im Körperbau in dieser Klasse von Insekten, soviel ich weiss, keine Mimicryfalle erzeugt. Bisweilen entsteht auf diese Weise, zum Teil vielleicht& mit Hilfe der sogenannten geographischen Einflüsse, welche spater ad V besprochen werden sollen, auch eine bemerkenswerte Uebereinstimmung in der Farbe zwischen einigen Coleopteren und Lepidopteren, auch wieder zeigend, wie, falls mehreren Faktoren zusammenkommen, solche 1 alle wie'die der Mimicry zu Stande kommen können. Auch in der iibrigen Tierwelt zeigt sich, wie ich vermute, vor allem hinsichtlich der Farbe, haufig dasselbe, wiewohl er sich darin sicherlich selten so deutlich erkennen lasst wie bei den Lepidopteren, und in dieser Beziehung auch noch keine solche speciellen Studiën über den selbstandigen Verlauf specieller Evolutionen gemacht zu sein scheinen. Hierzu füge ich z. B. die von ElMER erwahnte Aehnlichkeit zwischen dem Sperbcr, Astur Nisus L., mit Curruca nisoria BCHST. und mit den Kuckuck, Cuculus canorus L.. Denselben ist z. B. auch wohl die Uebereinstimmung in der Farbe zuzuschreiben zwischen der Giraffe, aus diesem Grunde schon von Alters her Caviclopardalis genannt, mit dem Leopard oder Parder, wie auch die einiger mausegrauer Hauskatzen mit Mausen, welche Uebereinstimmung falls nur die iiussere Gestalt von erstgenannten Tier es besser zugelassen hatte oder die mausegrauen Katzen bestimmte Rassen gebildet hatten, sicherlich auch wohl zu Mimicrybetrachtungen gefiihrt haben würde. Das Geschlecht Felis liefert ein ausgezeichnetes Beispiel von Bestehen derselben Farbenevolution, von mir bei den Lepidopteren zuerst angewiesen, auch bei den Saugetieren; es ist hier jedoch nicht der Ort um sich mehr darüber auszulassen; nur will ich beilaufig darauf hinweisen dass so auch nur durch die Kenntniss dieser Erscheinung, sowohl die Farbe des schwarzen Panters mit den auf seiner Haut noch sichtbaren Ueberbleibseln der Kreisförmigen Flecke dieser Art normal eigentümlich, als auch die vielen Farbenverschiedenheiten der Hauskatze aufgeklart werden kónnen, von welcher letzteren wohl nichts weniger wahr ist als was in Unkenntniss dieser Erscheinung sogar BREHM niederschrieb: „Keine Farbe erbt iibrigens fort und bei einem einzigen Wurfe können soviele verschiedene Farbungen vertreten sein als Junge sind. Daher haben diese Farbungen auch keinen tierkundigen VVert." Bei eingehender Kenntniss erlangt das, was friiher unbedeutend erschien, wohl sicherlich für die Wissenschaft Wert. Auch die merkwürdige Uebereinstimmung — von WALLACE als eins seiner Erkennungszeichen aufgefasst — in der weisslichen Farbe des hintersten Teiles des Körpers bei verschiedenen Rindern, Antilopen, Schafen und Hirschen, ist wohl vermutlich der Homoeogenesis zuzuschreiben, durch irgendwelchen noch unbekannten Einfluss gleichwohl beherrscht, der bei solchen grasenden Tieren in gleicher Weise auftritt. Und die Aehnlichkeit, welche man zwischen afrikanischen Antilopengruppen und Pferden, Rindern oder Hirschen findet, ist auch wohl eine Folgc dersclbcn Evolutionserscheinung, von den Entstehen namlich ganz selbstandiger Entwicklungsrichtungen bei diesen Antilopen, die wohl als eine 1* olge der \\ iederholung, welche sich haufig in Naturformen zeigt, unter VIII noch naher zu behandeln, mit jenen, die bei der Bildung genannter Saugetierformen aufgetreten sind, iibereinstimmen, und so eine Aehnlichkeit hervorrufen, welche auffallend genug ist um der Aufmerksamkeit nicht zu entgehen, wiewohl bei so grossen Tieren die Unterschiede doch noch für das Menschliche Gesicht belangreich genug bleiben, um keine Vcrwechselung zwischen beiden und daher auch keine Mimicry-Auffassung zuzulassen. Auch wenn wir lesen, dass die Giraffe, was Kopf und Leib betrifft, einem 1'ferde ahnlich ist, betreffs Hals und Schultern einem Kamel, betrefls des Ohren einem Rind, betreffs des Schwanzes einem Esel, betreffs der Beine einer Antilope, dann muss man auch hierbei wohl ebensoviele selbstandige Entwicklungsrichtungen annehmen, jede von ihnen übereinstimmend mit einem bei jener andern Ticrart vorkommenden Teil. Auch das neuentdeckte Tier, der Okapi, scheint ebenso teilweise mit andern Tieren übereinzustimmen, und mit dem Hyanenhund (Lycaon pictus TEMM.) ist dies auch der Fall. Es sei dann, dass man wenigstens das letztgenannte Tier als eine I'orm ansehen wollte aus jener Zeit, da die speciellen Hundenund Hyanenformen noch nicht differentiert waren und noch nicht den specialisierten Charakter besassen, der ihnen jetzt eigen ist. Es ist allerdings auffallend, dies alles so in Afrika zu finden, wo auch noch viele andre der am wenigsten veranderten Saugetiertypen zu Hause sind; es weist vermutlich wohl auf Ueberbleibsel aus jener Zeit, in welcher die Saugetiertypen erst entstanden. Dass diese alten Tormen, wie wohl behauptet wird, nacli Afrika zurückgedrangt sein sollten, lasst sich jedoch mit der Thatsache, dass sich unter Insekten derartige Erscheinungen zeigen, schlecht veieinigen. Dniryia Antimachus DRURY, von welcher auch STAUDINGER bereits im Jahre 1888 sagte, „man möchte fast muthmassen, dass es eine aus einer früheren Schöpfungsperiode Ubrig gebliebene Art ist," ist unter den Lepidop- 6 teren doch wohl etxvas derartiges wie der Okapi unter den Mammalia; sogar besteht zwischen beiden so verschiedenen Tieren eine auffallende Uebereinstimmung in sofern ihre Farbe namlich bei beiden noch stark auf das ursprüngliche Rot zurückweist. IV. Umgekehrt kann auch eine gemeinschaftliche Abstammung wohl die Ursache einer relativen Uebereinstimmung sein; insofern namlich bai der Differentiierung verschiedener Arten bei diesen nicht die ganze Gestalt sich andert, sondern bestimmte Teile derselben unverandert und deshalb einander gleich bleiben. Ist dies nun wohl an und für sich noch nicht genügend, um Mimicry zu verursachen, sobald daneben noch andere Gleichheitsmomente entstehen, so kann auch sie die Aehnlichkeit verstarken und so als ein Faktor bei der Mimicry auftreten. Dass noch sehr nahe verwandte Tiere aus derselben Stammform dilïerentiiert, einander auch sehr ahnlich sein können, wird wohl nicht bezweifelt und dann auch nicht für Mimicry gehalten, jedoch auch bei weiter difïferentiierten Tieren kann das Bestehenbleiben von einigen ihrer ursprünglich gemeinschaftlichen Kennzeichen zum Entstehen von sogenannten Mimicry-Erscheinungen führen. So wurde die Aehnlichkeit zwischen parasitisch lebenden und nestbauenden Bienen an der Hand von Beobachtungen von Perez durch P. marchal in der Revue scientifique 1890 als eine Folge ihrer gemeinschaftlichen Abstammung erklart. Und das sicherlich mit Recht, denn auch hiervon ist die Ursache die oben besprochene Selbstandigkeit der evolutionellen Veranderungen. Wenn sich aus einer bestimmten Tierart eine andere differentiiert, verandert sich nicht der ganze Organismus dieser letzteren, sondern darin nur eine oder einige Organismuseinheiten. Was die übrigen betriftt bleiben beide Tiere gleich, auch dann wenn in Folge einer Veranderung von Lebensweise bei der difïferentiierten Art das dabei Uebriggebliebene nicht mehr seiner ursprünglichen Bestimmung dienen kann und daher nur als Relikt weiter besteht. Dasselbe kann sich nun natürlich auch wo verschiedene solche Differentiierungen auftreten, zeigen, und so bei I ïeren, die im übrigen schon sehr von einandcr abweichen, doch noch eine gewisse Gleichheit erhalten, welches zwischen ihnen wieder als Mimicryfaktor auftreten kann. Was in den hier gemeinten Fallen für Mimicry gehalten wird, ist eigentlich nichts andres als eine Aeusserung dersel- x ben Oberflachlichkeit, die wir oben bereits besprachen, welche in der Uebereinstimmung vieler Körperbewegungen der Afifen mit denen der Menschen, die natürliche Folge ihrer Gleichheit im Körperbau durch die gemeinschaftliche Abstammung verursacht, „Nachaffung" erblickt. Die Sache selbst lasst sich auch sehr deutlich auf ethnologischem Gebiet wahrnehmen und dadurch gut verstellen, üfe Niederlander und Deutsch-Schweizer sind so neuerc politische Formen, beide aus dem allgemeinen deutschen Stamm differentiiert. Bei den ersteren ist es hauptsachlich die specielle Entwickelung der niederdeutschen Mundart zu einer litterarischen und officiellen Sprache gewesen, welche dazu fülirte, wahrend dies in Deutschland dagegen mit der hochdeutschen Mundart stattfand und die niederdeutsche dort nur als Dialekt weiterbestand; ferner die Thatsache dass dort bereits vor mehr als 300 Jahren mit dem mittelalterlichen Staatswesen gebrochen wurde, welches in Deutschland noch Jahrhunderte lang thatsachlich bestehen blieb, und endlich die eigentümliche selbstandige Entwicklung des Seehandels und als Kolonial- und Seemacht. Die Deutsch-Schweizer wurden durch die natürliche Beschaffenheit ihres Landes zu einem engen Anschliessen gebracht an die dort neben ihnen unter denselben Umstanden lebenden französisch oder itahenisch sprechenden Volksstamme, sodass bei ihnen gemeinschaftlich mit diesen eine selbstandige Entwickelung stattfand. Jetzt fühlen, wenn auch ein gewisser auf Unkenntnis beruhender Pangermanismus dies nicht einsehen kann oder will, die deutsch sprechenden Schweizer sich naher verwandt mit ihren italienisch oder französisch sprechenden Landesleuten als mit den Deutschen, und zeichnet sich auch bei den Niederlandern der eigentümliche Unterschicd in ihren Einrichtungen und Begriffen, vor allem auf politischem Gebiet, gegenüber den der Deutschen scharf ab. Aber nichtsdestoweniger bleibt ausserhalb dieses politischen Gebietes auf dem sie zu verschiedenen Arten geworden sind, im Uebrigen durch ihre gemeinschaftliche Abstammung ihre Uebereinstimmung in Sitten und Begriffen doch noch immer sehr gross, und müssen sie als solche für einen Fremden, einen Franzosen z.B., einander sehr anhlich erscheinen. Bemerkenswert ist es hierbei, dass dasjenige was von den Niederlandern und DeutschSclnveizern gesagt ist, nicht für die Deutsch-Oesterreicher gilt, die ganzlich Deutsche geblieben sind; ein Beweis dass Scheidung (in diesem Fall politische) an und für sich, ohne mehr noch nicht zur Artbildung führt, sondern erst wenn dabei die Wirkung d. h. der Reiz specielier Einflüsse auftritt eine specielle Entwickelung entstehen lasst, wozu dann wohl stets ein nicht unbelangreicher Zeitabschnitt mitwirken muss. V. Eine andere derartige Ursache kann die Thatsache sein, dass bisweilen auch bei systematisch wenig verwandten Tieren ein Evolutionsprozess, dem sie in gleicher Weise unterworfen sind, unter denselben lokalen Einflüssen verlauft und dadurch in die gleiche Richtung gelenkt wird, sei es durch eine direkte, uns noch nicht genügend bekannte Einwirkung, sei es dadurch, dass aller Organisation genötigt ist sich örtlichen Verhaltnissen anzupassen, was dann, wie gesagt, eine gleiche Richtung der weiteren Entwickelung zur Folge haben muss, die auch zu einer gewissen Gleichheit in Gestalt und Farbe fiihren kann. Ja, wo nun eine derartige Veranderung allein bei einer bestimmten Organismus-Einheit zustande kommt, kann diese wiederum durch Korrelation auch noch auf andere Körperteile einwirken und so auch bei diesen eine Umformung in gleicher Richtung erzielen, welche die gegenseitige Uebereinstimmung vermehren muss. Es ist in der letzten Zeit eine Art Mode geworden, viele Unterschiede besonders in der Farbe, welche sich zwischen Tieren von derselben oder verwandten Arten zeigen, wenn sie nicht dieselbe Gegend bewohnen, der Verschiedenheit des Klima's zuzuschreiben. In der Ihat weiss man, dass in verschiedenen Gegenden andre Einflüsse auf die Organismen wirken und zwar je nach der Beschaffenheit derselben bis* weilen günstig für diese, wovon dann auch z.B. für hygieni sche Zwecke viel Gebrauch gemacht wird, aber auch nicht selten schadlich für dieselben, wie z.B. der Aufenthalt in den Tropen für viele Europaër. Zwischen vielen Tieren und Pflanzen kann man dann auch je nach dem von ihnen bewohnten Gebiet wohl Unterschiede wahrnehmen, und auch bisweilen deutlich diesen Faktor als die Ursache dafiir nachweisen, da doch Proben bei denen solche dann von dem einen Ort nach dem andern verpflanzt wurden, zeigten, dass sie dann bald auch die kennzeichnenden Eigenschaften ihrer \ erwandten aus dem neuen Wohnplatz annahmen, und das, was sie ursprünglich nach dem Ort ihres Ursprunges charakterisierte, verloren. Was Pflanzen betrifft namlich, von Tieren scheint dies keineswegs so deutlich bewiesen zu sein. Zwar werden auch von Tieren derartige Thatsachen berichtet; so lese ich, dass Kaninchen nach dem Observatorium auf dem Pic dn Midi gebracht dort binnen 7 Jahren sich wesentlich veranderten; aber bezüglich der Art dieser Veranderung, der Ursachen, die dabei in Spiel gewesen sind, der Erblichkeit der erzielten Modifizierung und der Frage, ob hierbei nicht ein morbider Zustand von Degeneration eingetreten ist, nichts Naheres. In jedem Fall scheint es mir, dass, wenn auch gewisse Aenderungen durch klimatologische Einflüsse im Allgemeinen nicht zu leugnen sind, doch die Bedeutung davon für die Morphologie der Tiere zum wenigstens jetzt stark übertrieben wird. Dort, wo man solche Erscheinungen zu konstatieren glaubt, scheinen diese doch vielfach von sehr oberflachlicher Art zu sein, und gerade der Umstand dass sie durch Verpflanzung in ein anderes Klima so rasch verloren gehen, weist auch wohl darauf hin; mit einer wiiklich erblich gewordenen Eigenschaft lasst sich dies doch schlecht vereinigen. Femer stellt man sich dabei die VVirkung dieser Einflüsse als eine direkte Umgestaltung des Bestehenden vor; und auch beliebt man hier wieder grosse Worte zu gebrauchen, ohne sich von der Art des damit Gemeinten gehorig Rechenschaft zu geben. Was versteht man doch unter Klima ? Kalte und Warme, Trockenheit und Feuchtigkeit, allerlei meteorologische Wirkungen deren Einfluss auf die Organismen für uns noch so gut als ganz in Dunkeln liegen. Ja, aber auch die Entwickelung der zur Nahrung dienenden Pflanzen, deren Salzgehalt, und noch viele andere Dinge, alle vermutlich wieder von den ebengenannten Einflüssen abhangig, spielen dabei eine Rolle. Dass Pferde in einer steinigen Gebirgsgegend, auf hartem Boden, bessere, hartere Hufe besitzen als die in dem angrenzenden Land mit weichen morastartigem Boden, liegt wohl höchstwahrscheinlich in dem Unterschied des Bodens solcher Gegenden, aber doch nicht an der Feuchtigkeit des Klimats an und für sich dort, denn die kann im Gebirge vielleicht die gleiche sein, wie im Flachlande. Es giebt einen festen Unterschied in der Farbe des Pelzes wie auch in der des Fleisches des Hasen, welche in den Niederlanden in den trockenen Dünen- und Haidegegenden leben und den sogenannten „Grasbauchen" des niederen Landes. Aber ist dies eine Folge des trockenen Bodens, auf dem erstere leben, oder der Thatsache, dass sie von ganz andern Pflanzen sich ernahren wie die „Grasbauche" ? welche Pflanzen jedoch wiederum nicht allein der chemischen Art dieses Sandbodens sondern auch dem Umstande dass sie wenig Wasser nötig haben, ihr dortiges Bestehen verdanken. Die Einflüsse, welche auf derartige Weise einwirken, können sicherlich von sehr verschiedener Art sein; um darunter, wie es die herrschende Mode ist, jedoch hauptsachlich nur Kalte und Warme zu verstehen und dann diesen eine belangreiche, direkte Bedeutung in der Umgestaltung der Organismen zuzuschreiben, ist sicher in hohem Grade oberflachlich. Es sind hauptsachlich WElSMANN's Experimente mit Kalte und Warme auf Puppen von Lepidopteren, welche hierzu Veranlassung gegeben haben. Aber wenn wir dann z.B. so Otto BüRGER im Vorwort seiner im Jahre 1900 erschienenen Reisen eines Naturforschers im tropischen Siidamerika erklaren sehen dass die verschiedenen Arten von Schmetterlingen ihre für jedes Land eigentümliche Zeichnung und Farbung durch die klimatischen Verhaltnisse aufgepragt bekommen, und behaupten dass so noch nicht lange her in der Wirkung des Klima s ein ungemein bedeutungsvoller Schöpfungsfaktor entdeckt ist, dann miissen wir in dieser Hinsicht bemerken, dass er sich wenn wir uns, da derselbe uns eine sehr interessante Reisebeschreibung verschafft hat, darüber auch nicht beklagen — doch in einem grossen Irrtum befindet. Ich habe doch in meinen obenerwahnten Schriften bereits genügend gezeigt dass die Farben der Schmetterlinge hauptsachlich durch ganz andere Wirkuugen beherrscht werden, unter denen die der Farbenevolution die vornehmste ist. Und wenn dann auch der ebengenannte Gelehrte mit der ihm eigenen Bestimmtheit erklart dass die glanzenden Experimente \\ EISSMANN s und jüngst von STANDFUSS unwiderlegbar dargethan haben: „Kalte und Warme sind machtige, ewige Schöpfungskrafte, die noch unausgesetzt in der Natur wirken", dann will ich ihm das Letztere im allgemeinen Sinn wohl zugeben, aber glaube, dass es wissenschaftlicher ist, bezüglich des hohen Wertes jener Experimente etwas vorsichtiger zu sein. Aus dem, was ich an anderer Stelle über Saisondimorphismus in den Tropen gesagt habe, in Verband mit den von mir erklarten Farbenevolutionserscheinungen, lasst sich das in dieser 15eziehung von ihm Beobachtete auf ganz andere Weise auslegen. Sicherlich ist es nicht zu leugnen, dass die tropischen Schmetterlinge in der Regenzeit haufig etwas grösser sind als in der trocknen Saison, wiewohl sich wenigstens im O. Indien in dieser Hinsicht in keiner Weise solche grossen Unterschiede anweisen lassen, wie er sie in Südamerika beobachtet zu haben scheint; wie auch, das zwischen beiden ein Farbenunterschied bestehen kann. Aber dafür ist zweifellos der einzige Grund, dass in der Regenzeit die Pflanzen, welche den Raupen als Nahrung dienen, soviel kraftiger entwickelte, soviel saftigere Blatter besitzen, als in der trocknen Zeit, die ebenso wie der \\ inter im gemassigtem Klima einen Zeitraum von Stillstand in der Entwickelung der Pflanzenwelt mit sich bringt. Demzufolge wird auch die Raupe grösser und kraftiger und ebenso auch der Schmetterling und schreiten bei ihnen die evolutionellen Veranderungen, welche sie beherrschen, schneller fort; was dann auf die von mir angegebene Weise den Saisondimor- phismus entstehen lasst. Meine Untersuchungen betreffs der Augen auf der Unterseite der Flügel von Cyllo Leda L. weisen dies deutlich an. Die Aufifassung dass Kalte und Warme, als solche, die Bildung der Farbenzeichnung bei den Schmetterlingen beherrschen, ist wohl vollkommen dieselbe wie diejenige von Bordage, oben Seite 75 erwahnt, betreffs des Einflusses des Lichtes auf die Farbe der Puppe von Euploea Goudoti bsd. Ein diesem letzteren ganzlich analoger Fall ist dann auch derjenige der von standfuss erzielten Umgestaltung von Vanessa Io\.. in der Richtung einer Annaherung an das Farbenbild der Vanessa urticae L.; d.h. das durch Hemmung bevvirkte Stillstehenlassen der Farbenevolution der erstgenannten Art in einer Periode ihrer Entwicklung, als diese noch weniger weit fortgeschritten war als dies gegenwartig der Fall ist, und darum noch dem Standpunkt des beiden Arten gemeinschaftlichen Stammvaters naher stand, und auch demjenigen, welchen die noch nicht so weit fortgeschrittene Vanessa urticae L. noch heute einnimmt. Auf dieselbe VVeise also wie durch künstlich erzeugte Dunkelheit die Puppe der genanntcn Euploea&ct auf dem Standpunkt zurückblieb, auf welchem sich noch stets diejenige von Euploea leucostictos gm. befindet. Wenn auch vielleicht einige direkte Wirkung von Kalte oder Warme auf die Farbe und die Gestalt der Tiere nicht ganzlich zu leugnen ist, so findet doch ihre normale Einwirkung in dieser Hinsicht, sicherlich nur indirekt statt, namlich nicht auf die Farbe selbst sondern auf den Verlauf der Evolution, welche diese beherrscht; und sogar diese, wiewohl z.B. bei Fallen von Saisondimorphismus, wie dem von Araschnia levana L. auftretend, ist im Allgemeinen wenig bedeutend. Immerhin stets nur in so weit als solche Einwirkung bereits so hoch organisierte Tiere betrifft wie diejenigen, von denen hier im Hinblick auf das Vorkommen von Mimicry die Rede ist; bei organisch sehr niedrig stellenden Tieren kann vielleicht, ebenso wie dies bei Pflanzen ') der Fall zu 1) Was die Pflanzen betrifft, wild solches nun auf Grund einer Menge Proben als eine Thatsache angenommen. Ich will sicherlich den Wert dieser Proben nicht zu verkleinern trachten, aber glaube doch nach Analogie sagen zu dürfen, dass auch hierbei die Wissenschaft noch eine strenge Kritik ge- sein scheint, solch eine direkte Einwirkung bequemer und dann auch von mehr Bedeutung sein. Ein Meer von Unrichtigkeiten in diesem Sinne ist jedoch verkündigt; nie fallt dies mehr ins Auge, als wenn dieselben in Sammelschriften über die geographische Verbreitung der Tiere zusammengestellt sind, worin sie dann wie in einer wahren zoologischen Rumpelkammer, durch einander stehen. Denn mit der groben Vernachlassigung der ersten Forderungen der Kritik und Beweisführung, ohne welche doch keine wirklich wissenschaftliche Arbeit denkbar ist, welche gleichwohl als eine notwendige Folge ihrer mangelhaften litterarisch-philosophischen Bildung so vielen Naturforschern eigentümlich ist, sieht man dann darin allerlei ebenso einseitige Beobachtungen wie oberflachliche darauf sich stützende Begründungen auf den Vorder- bietend fordert. Ebenso zahlreich wie ausführlich und genau waren doch die Proben von Weissmann, Dorfmeister, Urech, Fischer, Merrifield, Dixey und andern — besonders von Standfuss, welcher die Resultate bei mehr als 42000 Puppen von circa 60 Schmetterlingsarten erhalten bekannt machte — betreffs der Bedeutung der Temperatureinflüsse auf die Farbenzeichnung der Schmetterlinge gemacht, und sehr allgemein sieht man dann auch die daraus gezogen en Schliisse in der biologischen Wissenschaft noch als Thatsache angenommen; doch habe meine morphologischen Untersuchungen das Unrichtige da von iiberzeugend gezeigt; niemand ist dann auch im Stande gewesen die in dieser Hinsicht in meinen Schriften angeführten Facta zu widerlegen oder in Verbindung mit jenen Schlüssen anders zu erklaren, wogegen ich, was die Bedeutung der Proben betrifft, dazu wohl im Stande war. Die Ursache hiervon ist dass, wie gross die bei diesen Proben angewandte Genauigkeit auch gewesen sei, diese doch den einseitigen Charakter der Beurteilung der erzielten Resultate nicht verhinderte, und dass bei derselben auch kein genügend deutlicher liegriff vorhanden war von dem Wesen der evolutionellen Veriinderungen," von der Selbstandigkeit hinsichtlich der verschiedenen Organismuseinheiten, wie auch von der Thatsache, dass bestimmte Richtungen sie beherrschen. Mit solch einem Beispiel vor Augen darf man nun sicherlich, auch ohne den Wert obengenannter Arbeit im Geringsten zu bestreiten, im Namen der Wissenschaft den Wunsch aussprechen, dass auch die Deutung der Resultate, welche diese Proben mit Pflanzen ergeben haben, noch einmal einer strengen Kritik unterworfen werden. Für jeden Irrtum, fiir jeden Fehler, auf diesem Gebiete gilt in hohem Masse das Vires acquirit eundo; weitgehend sind die Folgen davon und zahllose Irrlehren werden dadurch in den Wissenschaft geschafïen und verbreitet. grund gestellt, und heisst es dann gar dass damit dergleichen Thatsachen constatirt sind. Uebrigens haben die Experimente von E. Fischer kürzlich wieder in der Allgetneinen Zeitschrift für Entomologie VI N". 20 veröffentlicht, diese Theorie der Farbenanderungen durch Warme oder Kalte als solche vollkommen widerlegt. Bereits in meinem früheren in den Notes of the Leyden Museum XXII veröfïfentlichten Aufsatz hatte ich auf den geringen Wert dieses Modeartikels der experimenteller Entomologie hingewiesen. So zeigt sich es dann auch dass die in „Die Farbenevolution bei den Pieriden" im Jahre 1898 von mir gegebene Erklarung der durch jene Experimente erzielten Resultate wohl in der Hauptsache richtig war. Biologische Experimente bleiben stets Laboratoriumsprodukte und als solche an demselben Uebel leidend wie die Theorien auf staatsrechtlichen oder kriegswissenschaftlichen Gebiet aufgebaut in dem Studierzimmer. Sicher sind sie nicht unnütz, aber doch muss man mit ihren Resultaten stets sehr vorsichtig sein; nur, wenn sie im wirklichen Leben sich bewahrt haben, kann man Wert darauf legen. Immer ist ihnen doch ein sehr abnormaler Charakter eigentümlich; wo es betreffs biologischer Fragen möglich ist die Antwort im Studium der lebenden Natur selbst zu finden, muss dies stets bei weitem den Vorzug verdienen. In jedem Fall ist es auch völlig unmöglich die erlangten Resultate gut zu deuten, es sei dann, dass die nötige theoretische Kenntniss dazu befahigt. Dass ich nun gleichwohl gegenüber der herrschenden Meinung bei dieser Ansicht verharren konnte, war die Folge meiner Kenntniss der Erscheinung, welche ich die Farbenevolution nenne und der sich darin offenbarenden bestimmten Richtung. Auch also wohl wieder ein guter Beweis für die Richtigkeit dieser Theorie. Da nun gleichwohl auch Fischer, ebenso wie es auch mit Standfuss der Fall war, mit dieser stets unbekannt geblieben zu sein scheint, konnte er die von ihm erlangten Resultate auch noch nicht richtig erklaren und glaubt er darin allein Hemmungserscheinungen zu sehen wahrend darunter auch wohl, wie STANDFUSS es bereits besser eingesehen hatte, solche von Beschleunigung der evolutionellen Entwicklung vorkommen. Durch diese Unkenntnis jenes Entwickelungsganges weiss er namlich auch ebensowenig wie STANDFUSS ') nicht was darin als Fortschritt und was als Hemmung gelten rnuss. Die schon so oft widerlegte und jede wissenschaftliche Basis entbehrende ElMERsche Irrlehre der Flecken und Streifen, kann ihn in dieser Hinsicht nur noch weiter vom richtigen VVege abbriugen. Wie ich ebenfalls in den Notes erwahnte, ï) Dieser Forscher meint z. B. die Form Ichnusa bon. soll eine jüngere von Vanessa urticae l. sein und die — iibrigens sehr zweifelhafte — Form polaris stdgr. eine iiltere; das Genus Pyrameis hu. stamme aus warmen, südlicheren Gegenden. Das erstere ist aber gerade mit dem was das Studium der Favbenevolution lehrt unvereinbar; das letztere ist sicher unrichtig. Die in Ost-Indien und Süd-Amerika lebende Arten von Pyrameis findet man doch in der Regel, wenn nicht ausschliesslich, nicht in den heisseren Gegenden sondern in dem kühlen Gebirge, wahrend der Name der afrikanischen Art P. abyssinica felder wohl dasselbe vermuten lasst und auch in Australien und Neu Seeland Arten vorkommen. Die nach Java und Sumatra übergesiedelte P. Cardui L. ist da sicher jetzt sehr gemein, aber auch nur in dem Gebirge. Hiermit ist ein grossen Mangel verbunden, der jetzt allen deutschen biologischen Untersuchungen betreffs Lepidopteren anklebt, und auch der von Standfuss, wie ausführlich und sorgfalttg und mit welchem grossen Untersuchungsmaterial diese übrigens auch ausgeführt sind. Jeder Zoologe weiss gegenwartig dass man keine Tierart nach Wunsch kennen lemen kann als insofern man über grosse Serien davon als Material verftigen kann. Was Lepidopteren betrifft gilt dies auch in hohem Masse. Aber dasselbe ist auch wahr betreffs dieser ganzen Ordnung, wo man biologische Facta, die sich in ihr offenbaren, beurteilen lemen will. Hierzu kann man nicht kommen dadurch dass man allein die europiiischen Schmetterlinge, speciell die dazu gehörenden in Zahl und Formenreichthum und was dem mehr sei so beschrankte Tagfalter, zum Gegenstand seines Studiums macht. Ein viel mehr umfassendes Studium dieser Schmetterlinge von mindestens eines der grossen tropischen Faunengebiete ist dabei unentbehrlich. Biologische Iietrachtungen allein auf der Kenntnis der europaischen oder sogar nur der deutschen Schmetterlinge beruhend erinnern an denjenigen, der die militarischen Zustande der Gegenwart beschreiben wollte, und nur allein mit der von Portugal oder Niederland bekannt war, aber auch nicht eine einzige von denen der Grossmachte studiert hatte. Biologische Schlussfolgerungen aus solcher beschrankten Kenntniss gezogen, Anschauungen, welche darauf beruhen, haben wenig wissenschaftlichen Wert. hat Urech zwar fïir das von Fischer behauptete Entstehen dieser Abweichungen sovvohl durch abnormale Warme als auch durch abnormale Kalte, eine befriedigende Antwort zu finden gesucht; diese erinnert mich jedoch nur zu sehr daran, was mir bei einem meiner juristischen Examina vor mehr als 40 Jahren passierte, als ich aus Donellius und andern dicken Folianten erstaunlich viel Weisheit über das mir gestellte Thema, die Lehre von dolus und culpa, gesammelt hatte, mit dem traurigen Resultat, dass der mich examinierende Professor dafür gleichwohl nicht als ein ziemlich verachtliches „nitnis docteu übrig hatte. Auch hier glaube ich doch, dass, wenn so durch eine specielle Anwendung von Kalte genau dieselbe Veranderungen bei einem lebenden Wesen hervorgerufen werden können als durch eine derartige Anwendung von Warme, die einfache logische Auflösung davon wohl keine andre sein kann als die, dass die Veranderungen unter solchen Umstanden nicht die Folge von dem sein können, worin genannte Einfliisse specifisch verschieden sind, sondern nur von dem, was beiden gemeinschaftlich eigen ist. Also in diesem Falie nicht von Kalte oder Warme, sondern allein von dem Abnormalen der Temperatur, welche eine Störung des Entwicklungsganges bei den Lebewesen verursacht, die sich hier als Hemmung, dort als beschleunigte Evolution ofïfenbart, und auch bisweilen teils das eine, teils das andere, in totaler Verwirrung einem wahren Monstrum das Dasein schenkt. Und so bleibt dann von allen den so ■" hoch gepriesenen direkten Einflüssen der Warme oder Kalte auf die Farbe der Lepidopteren nichts übrig. Es ist damit ganz wie mit der früher allgemein in der Medicin herschenden Aufïfassung der Erkaltung als direkte Krankheitsursache. Aber wie diese sich nicht als richtig gezeigt hat und die Erkaltung wohl nur indirekt, d. h. die Disposition erhöhend wirkt, so besteht ja auch wohl die Wirkung dieser Einflüsse, ist jedoch nur von indirekter Art. Absonderung kann z. B. bei einer Art, welche sich in einer Periode evolutioneller Mutation befindet, dadurch dass z sie die Pantnixie beschrankt und in Verbindung damit auch eine zeitweise Epistase eintreten lassen kann, viele solche Unterschiede hervorrufen, die mit Unrecht klimatologische» Einflüssen zugeschrieben werden, wie ich das z. B. betrefifs der europaischen Rassen von Vanessa urticae l., ichnusa bon. und turcica stdgr. bereits früher erwahnte. Von Krapotkin finde ich in seinem in der Nineteenth Century September tgoi verófifentlichen Aufsatz: Recent science, diesbezuglich berichtet, dass bei einer grossen Menge Landschnecken auf einer durch viele Bergrücken und Thaler durchschnittenen Insel des Sandwich-Archipels von GULICH gesammelt, sich ergab, dass iedes Thai dort seine eigene Form dieser Mollusken nut zahlreichen Variationen derselben besitzt, und dass so mehr als 100 solcher Thalformen dort angetrofifen werden. Er bemerkt dabei mit Recht, dass sowohl nach seiner Meinung als auch nach der von Hyatt, welcher diese Sammlungen einem Studium unterzog, daraus unstreitig hervorgeht dass diese Unterschiede unmöglich dem Klima zugeschrieben werden können, was doch in diesen Thalern überall dasselbe war, und demnach wohl eine Folge der Absonderung sein mussen, und dass auch die grosse Anzahl der Formen unter solchen Umstanden dabei jeden Gedanken an die Einwirkung der natürlichen Zuchtwahl ausschliessen muss. Gleichwohl ist es allerdings eine Thatsache, dass ihr \\ ohnplatz haufig auf Schmetterlinge einen merkbaren Einfluss ausübt und zwar sowohl hinsichtlich der Gestalt als auch der Farbung; insofern, namlich nicht in die ebenbesprochenen Uebertreibung verfallend, hat WALLACE dies dann auch richtig eingesehen und erkennt ElMER es auch an. Aber dann ist dieser Einfluss jedoch auch von solch indirekter Art und nicht durch Kalte und Warme — wie auch nicht durch Trockenheit oder Feuchtigkeit als solche — erweckt, sondern andern Ursachen zuzuschreiben, welche uns bis jetzt noch ganzlich unbekannt sind, warum ich dann auch gewohnlich Erscheinungen, die durch solche Einflüsse erzeugt werden, in Allgemeinen lieber nicht als klimatologische, aber nur als geographische zu bezeichnen pflege. Bemerkenswerte Beispiele liefert hierfür im ostindischen Archipel das Genus Euploea F. dessen Schmetterlinge normal braun sind mit weissen Punkten und Flecken, welche sich offenbar in einem bei den Arten noch verschiedenen Zustand der Vermehrung befinden. Wahrend namlich einige dieselben fast noch nicht besitzen, haben sie bei andern in Anzahl und Grosse wesentlich zugenommen und gehen sie in östlichen Teile von den Süd-Molukken bis zu den Aroe- und Kei-Insein und Neu-Guinea sogar haufig in breite weisse Bander über, die einen grossen Teil der Fliigel einnehmen; und eine Art endlich von Bismarck-Archipel und NeuIrland E. Broiunie gdm. sai.v. ist so schon beinahe ganz weiss geworden, nur auf der Unterseite noch die Ueberbleibsel der früheren braunen Farbe zeigend. Nun tragt jedoch die Art und Weise, in welcher die Entwicklung dieses Weiss stattfindet, unwiderleglich bei verschiedenen Arten, falls dieselben in derselben Gegend vorkommen, einen speciellen Charakter, was also auf örtlichen Einfluss zuriickweist. Bei den huploea s von den Philippinen lasst sich dies bereits deutlich bemerken, aber bei jenen von Celebes kann es nicht mehr bezweifelt werden. Auch dort namlich zeigen die meisten Arten dieses Genus auf der Oberseite der Flügel eine gewisse eigentümlich nur dort vorkommende Ausbreitung dieser weissen Flecke und Streifen, und dies findet sich nicht nur bei sechs ausschliesslich dieser Insel eigentümlichen Arten, sondern ebenfalls bei zwei, E. viola butl. (vor allen bei den Q) und E. Schlegelii voll., welche auch auf vielen andern Insein des Archipels leben, wiewohl sie dann vielfach andere Namen tragen — auf Java z.B. E. leucostictos gm. und E. gloriosa butl. — jedoch in andern Wohnplatzen nirgends dieselbe Eigentiimlichkeit zeigen. Dasselbe sieht man z.B. auf den Kei-Insein bei drei Euploea-Arten, E. assimilata felder, E. Eurypon hew. und E. Hopferi felder sich zutragen, welche alle ein breites weisses Band um die Flügel zeigen, wiewohl sie doch hinsichtlich der Art sich nicht unterscheiden von denen, welche unter anderen Namen auch auf vielen andern Insein des Archipels leben — auf Java z.B. als E. leucostictos gm., E. Climena cram. var. sepulchralis butl. und E. Mazares moore — doch dort keinen Schimmer eines solchen Bandes besitzen. Auch dies ist demnach offenbar örtlich, was dann auch noch bestatigt wird durch den Umstand dass auch noch zwei zu einer ganz andcrn Familie gehorende Schmetterlinge, Hypolimnas Bolina L. und H. Alimena L. gleichfalls auf denselben Insein, die letztere besonders auf der Unterseite der Hinterflügel, eine wesentliche Entwickelung des Weiss zeigen, welche ihnen ebenso anderswo nicht eigentiimlich ist. Diese beiden Arten gehören jedoch auch zu einem Genus, welches im Allgemeinen auch in anderer Gegenden und Weltteilen deutliche Beweise giebt, für derartige Einflüsse sehr empfindlich zu sein. Denn auch für jede derartige Einwirkung ausserer Einflüsse ist Disposition ein unbedingtes Erforderniss, und diese ist stets, und so auch hier, bei der einen Art viel starker als bei der andern, was dann wieder der Hauptgrund ist für den so ungleichen Verlauf dieser Evolution. So giebt es dann auch noch Euploeaa.rten auf Celebes, welche jene dieser Insel eigentümliche Eigenschaft nicht besitzen, und die in dieser Hinsicht also auch wieder in einem Zustand von Epistase sich befinden, von Unempfindlichkeit für Veranderungen. Aber niemals wird umgekehrt diese Celebes eigentümliche Entwickelung auch ausserhalb dieser Insel angetroffen. Es hangt dann auch vermutlich mit dieser Unempfindlichkeit zusammen, dass einige Lepidopteren-Arten wie z.B. Pyrameis cardui L., Lycaena bocticus L., Neptis aceris LEPECH. und Sphinx convolvuli L. solch eine Fahigkeit besitzen sich beinahe iiber die ganze Erde auszubreiten und also zu acclimatisieren, und dabei doch ausserst wenig variabel sind. Wenn man doch annimmt, was sicherlich höchst wahrscheinlich ist, dass gewöhnlich jeder Beginn von evolutionellen Veranderungen durch den Einfluss ausserer Umstande hervorgerufen wird, muss der sich darin oflenbarende Prozess wohl als ein Streit jener Einflüsse gegen das hereditare, atavistische Element in dem Tiere, bei welchem sie auftreten, verstanden werden, und dann führt dies wieder zu der Auftassung, dass dies letztere bei jenen Tieren so stark entwickelt ist, dass es eine Wirkung solcher Einflüsse nicht duldet, und dadurch also keine Veranderungen in der Form d.h. kein Variieren entstehen lasst. Und dann ist es wohl zu vermuten dass eine derartige Unempfanglichkeit auch eine gewisse Immunitat fur Einflüsse nachteiliger Art mit sich bringt und dadurch die Acclimatisation schr bequem macht. Das VVesen dieser Empfanglichkeit würde demnach liegen in der starkeren oder geringeren Kraft des hereditaren Principes gegenüber den darauf einwirkenden ausseren Einflüssen; wahrend die Thatsache dass früher oder spater die Unempfindlichkeit immer verloren geht, ihre natürliche Erklarung in dem Umstand fande, dass der Einfluss solcher ausseren Zustande kumulativ wirkend stets starker vvird, und dadurch endlich immer den Sieg behalten wird. In den erwahnten Beispielen vvird nun jedoch die Farbe nicht unmittelbar durch den örtlichen Einfluss verandert, sondern nur die Aeusserung der bestehenden Evolution derartig, dass das Zunehmen des Weiss befördert und in eine bestimmte Richtung gelenkt wird. Und solcher Einfluss kann dann natürlich, wo derselbe besteht, auch auf sehr verschiedene Genera und zwar auf gleiche Weise einwirken und so allerlei Arten einander ahnlich machen, wiewohl sie im Uebrigen nichts mit einander gemein haben, jedoch in derselben Gegend wohnen, oder auch ursprünglich dieselbe Gegend bewohnten und sich erst spater von dort über andere Landstriche verbreitetcn. Und so entsteht dann die Erscheinung, welche von Blandford Homoeochromatismiis genannt ist, und wofür von ihm am 5. Mai 1897 in der Ent. Soc. of London viele sehr belangreiche Beispiele bezügüch südamerikanischer Schmetterlinge mitgeteilt sind. Soeben bemerkte ich bereits dass auf den Kei-Insein derselbe Einfluss so nicht nur Euploea-Arten, Danaiden also, sonder auch Nytnphaliden wie das Genus Hypolivinas trifft. In sehr grossem Umfange scheint ein andrer derartiger Prozess nun in den ost-indischen Archipel stattgefunden zu haben. Die Danaïden sind wohl ein alter Rhopaloceren-Stamm, dessen Ursprung vermutlich in Afrika gesucht werden muss, der sich aber von dort nach Osten und Westen im tropischen Gebiet nur sehr ausnahmsweise dasselbe überschreitend, — verbreitet hat, demzufolge sich sowohl in Afrika als auch in Amerika und Ost-Indien in verschiedene Genera diflerentiieiend. Als eine bezüglich der allgemeinen Farbe noch ziemlich primitive Form glaubc ich Danais Chrysippus L. ansehen zu dürfen, ein, wie seine grosse Verbreitung beweist, sehr lebenskraftiges Tier, das auch jetzt noch stets in Afrika lebt; nach dem Adersystem der Flügel stellen andrerseits die indischen Hestia s sicher wohl die alteste Danaidenform dar, was auch mit ihrer Grosse übereinstimmt; sie sind namlich für die Danaïden was die Ornithopteren für die Papilio's sind. In dem Gebiet der indischen Fauna nun ist die Farbenevolution der Danaïden zwei verschiedenen Richtungen gefolgt. Jtei der einen is das Rot mehr und mehr verblasst und Schwarz stark vermehrt, sowohl in allerlei grosseren und kleineren Flecken als auch speciell den Flügeladern folgend. Bei Danais Plexippus L. sieht man davon z.B. einen noch sehr wenig fortgeschrittenen Zustand, bei welchem das Rot, obschon bereits zu dunkel Ürange verblasst, doch noch vorhanden ist, und so findet man das Rot noch starker, in der 1-arbe aber anders verteilt, bei D. Titia GRAY, als sehr heil Orange bei D. Hcgesippus CRAM., in Gelb übergegangen bei Ideopsis Clitoris FELDER und D. Cleona CRAM. u. s. w., aber bei der grossen Menge indischer Danaiden ist das Rot bereits ganzlich zu weiss verblasst, dagegen Schwarz sehr stark vermehrt. Hierfiir ist die so allgemeine D. Juventa CRAM. der bekannte Typus, auch in die genera Hestia HB. und Ideopsis HORSF. sieht man d'asselbe. Die andere dieper Richtungen ist jene, welche durch die auch zu dem indo-australischen Gebiet gehörigen Euploea s vertreten wird; bei diesen ist das Schwarz nicht speciell den Flügeladern gefolgt, sondern hat sich über die ganze Flügelflache gleichmassig mit dem urspriinglichen Rot oder Orange vermengt und so eine eigentiimliche, allgemeine, braune Farbe gebildet, nur etwas in der Nuance bei den Arten verschieden, aber worin nun der fortschreitende Verblassungs- prozess hier und dort erst weisse 1'unkte entstehen lasst, die sich spater — wie wir oben bereits sahen — zu Streifen und Flecken ausbreiten und endlich das uniforme \V eiss hervorrufen werden, wozu die andere Richtung durch das langsame Verschwinden des Schwarz auf den Flügeladern gleichfalls kommen wird. Wir sehen also hier den Prozess der Farbenevolution unter 7 diesen ostindischen Danaiden im grossen Umfange und langs zweier grosser Wege, abgesehen von den vielen örtlichen, sexuellen, und individuellen Unterschieden, die noch daneben auftreten, verlaufen; aber warum ist dies nun dort so verschieden von dem, was die afrikanischen (Amauris HB.) und südamerikanischen ebenfalls örtlich dififerentiierten Danaidenformen zeigen, welche auch derselben Farbenevolution unterworfen sind, aber darin wieder ganz andern Wegen gefolgt sind? Wir können die Frage nicht anders beantvvorten, als dadurch, dass wir nach Massgabe des bereits in dieser Hinsicht anderswo Erfahrenen, auch hier annehmen, dass örtliche, namlich speciell in Ost-Indien bestehende Einflüsse, in diesem Fall die Evolution beherrscht haben, insofern namlich dass sie, ohne ihr Wesen zu andern, sie gezwungen haben einer bestimmten Richtung zu folgen. Und das wohl vermutlich ursprünglich auf zwei verschiednen Platzen erster Niederlassung, auf welchen dann jeder der beiden durch seinen speciellen Einfluss eine andere Richtung verursachte, die einmal angenommen auch dann noch bei den derselben unterworfenen Tieren herrschen blieb, als sie sich spater auch in andere Gegenden ausbreiteten, wodurch es kam, dass so in den verschiedenen Strichen des indo-australischen Gebietes die Tiere beider Richtungen neben einander leben. Diese Aufïfassung findet dann auch vollkommen Bestatigung in der Thatsache, dass wir bei vielen andern Schmetterlingen aus derselben Fauna ganz denselben Entwicklungsgang der Farbenevolution beobachten können und deshalb annehmen dürfen, dass auch auf sie derselbe Einfluss gewirkt hat und diese Evolution sie auf dieselbe Weise beherrscht hat; insoweit sie namlich dafür empfanglich waren, was jedoch bei ihnen meist nicht so allgemein der Fall gewesen zu sein scheint wie bei den Danaiden. Und zwar auch in beiden Richtungen, die wir bei ihnen ebenfalls wiederfinden. So ist Eronia HB. ein afrikanisches Geschlecht der Pieriden, das sich ebenso wie die Danaiden nach Ost-Indien ausbreitend dort eine eigentümliche Form als Nepheronia BUTL. abgesondert, angenommen hat; und zwar in genau derselben Richtung der Farbenevolution wie die Danaiden von dem Juventa- typus, sodass man dann auch angenommen hat dass die indische N. Valeria CRAM., dort solche Danaiden mimicrierte. Und dasselbe kann man auch bei einigen Nymphaliden aus derselben Fauna wiederfinden, wie bei Hestina mitnetica HUTI.. und vor allem bei den /ai den Satyriden gehörenden Genera Zethera FELDER und Atnachania HEW., deren Arten typisch solchen Danais- oder Hestia-Arten gleichen. Die den EuploecCs eigentiimliche Richtung findet man dagegen sehr prononciert bei dem oben bereits wegen seiner Empfindlichkeit für solche Einwirkungen erwahnte Nymphaliden-Genus Hypolimnas, welches sicherlich auch wohl gleichfalls aus Afrika stammt. Wahrend namlich wie oben auf Seite 71 bereits besprochen ist, das 9 von H. Misippus L. auf denselben Standpunkt der Farbenevolution stehen geblieben ist wie Danais Chrysippus L., sind andere Arten dieses Genus in der indo-australischen Fauna denselben Weg in der Farbenevolution wie die Euploeas gefolgt. H. anomala WALL. gleicht in beiden Geschlechtern stark diesem Genus; er hat sogar, ebenso wie einige Arten davon — vor allem E. Midatnus L. und vermutlich deshalb auch aus denselben Gründen — bisweilen die 1' ahigkeit erhalten, eine blaue Interferenzfarbe anzunehmen. Auch eine der weiblichen Formen von H. bolina L. gleicht aus demselbcn Grunde einer Euploea. Bei dieser Art namlich, deren cfcf in der Form Auge CRAM. oder Lasinassa CRAM. in einer starken Epistase verharren und nirgends irgend einen nennenswerten Unterschied zeigen, hat die evolutionelle Veranderung der 99 offenbar viel spater angefangen und sich normal in derselben Richtung fortbewegt, wie diejenige der cfcf1, wie sich dies in den Iphigenia CRAM. und Alcmene CRAM. genannten 99 erkennen lasst, welche auch noch Ueberbleibsel der ursprünglichen roten Farbe zeigen und wovon manche nach ganzlichem Verlust dieser letzteren sich stark dem mannlichen Farbentypus nahern, sogar einige vom indischcn V estland und von den Andaman-Inseln ganz und gar die AugeForm besitzen. Dass dies die normale Farbenevolution dieser Art ist, geht doch aus dem Umstand hervor dass sie auch bei verschiedenen afrikanischen Hypolimnaszvten offenbar hauptsachlich denselben Weg verfolgt. Aber daneben sind nun die 99 dieser Art auch unter einen andern Einfluss gekommen und zvvar, wie die Perimele cram., unter denselben, welcher den 1" arbentypus der Euploea s hervorgerufen hat, der auch aus demselben Grunde \vie bereits soeben gesagt ïst, durch eine andere verwandte Art H. anomala wall. und zwar in beiden Geschlechtern angenommen ist. Dieser Karbentypus kommt nun in dein indischen Archipel zugleich neben der normalen, wenn auch noch stets in der Minderheit vor, doch in mehr östlichen Strichen, wie auf den FidschiInseln in Polynesien scheint sie wohl übervviegend zu sein, wahrend sogar, wie aus den vielen Uebergangsformen zu schliessen ist, dort, wo übrigens die weibliche Form Iphigenia cram. bereits weit fortgeschritten ist, offenbar dieser Einfluss noch stets seine Wirkung auf sie ausübt. Zugleich tritt hierbei nun besonders eine Neigung zum Verblassen auf, welche die Form der Fidschi-Inseln bereits als H. pallescens butl. hat unterscheiden lassen, aber vor allem auf den Tonga-Insein, wo übrigens auch noch solche Uebergange vorhanden sind| die Farbe sogar bis zu sehr heil Ockergelb übergehen lasst' was jedoch auch bei einzelnen Individuen auf Java vorkommt, und dort als die Form Antigone cram. bekannt ist. Wiewohl dort übrigens die Neigung zur Verblassung in der Alcmeneform sich ebenso wie bei den Euploea's mehr in der Bildung von weissen Flecken offenbart. So verfolgen diese 99 dort selbstandig den Prozess der Farbenevolution ohne den durch das cf erreichten Standpunkt zu durchlaufen. Derselbe Euploea farbentypus wird noch bei einer andern Nyviphalide, dem 9 von Euripus Halitherses doubl. angetroffen, gleichfalls bisweilen mit der erwahnten blauen Interferenzfarbe; und sehr fiel es mir einmal auf, als ich in Puspa auf Ost-Java sowohl dies 9 wie auch die obengenannte Hypolivinas anomala wall. antraf, beide dort in derselben Gegend auch mit jener blauen 1* arbe verziert und das in vollkommen derselben Nuance, weil mir dies doch in offenbarem Widerspruch zu stehen schien mit der Behauptung, dass diese beiden Schmetterlingsarten Euploea''s und zwar speciell das cf von E. Midamus l. nachahmen sollen. wallace dem dies wie auch Darvvin beieits als Baustoff für Mimicrybetrachtungen gedient hat, sagt namlich, dass das Q dieses Hypolnnnas braun sci und ferner einen blaulichen Glanz besasse — was an und fur sich bereits unrichtig ist da dieser Glanz gerade allein bei dem (ƒ und dann auch noch nicht immer vorrkomt, und auf die Weise genau Euploea Midtttnus L. nachahmen soll. Dieser letztere Schmetterling, der iiberall auf Java sehr zahlreich vorkommt, und stets jene Interferenzfarbe besitzt, der also in dieser Hinsicht nicht irgendwelchem lokalen Kinfluss unterworfen ist, fehlte nun in der 1 hat auch dort in Puspa nicht, aber es zeigte sich dass die Nuance des Blau auf seinen Flügeln beim Vergleichen so sehr von der Nuance dieser Farbe bei dem beiden andern genannten Schmetterlingen abwich, dass es mir bei dem ersten Anblick sogleich auffiel. Ware dort nun von Mimicry die Rede gewesen, dann wiirde sich dies schwer erklaren lassen, schreibt man gleichwohl das Auftreten dieser Interferenzfarbe dort bei den beiden genannten Schmetterlingsarten, welche sie anderswo haufig nicht besitzen, einem örtlichen Kinfluss zu, dann lasst es sich dagegen auch sehr gut begreifen, wie sie bei dieser beiden dann auch voHkommen in gleicher Weise und daher auch in derselben Nuance vorkam, hingegen aber in dieser Hinsicht bei E. Midamus L. c/> bei dem sie nicht durch dieselbe örtliche Ursache sondern erblich entstanden ist, eine andere Nuance zeigte. Auffallend ist est lüerbei wie das Studium einer den Euploea s hinsichtlich der Farbe so gleichen Art wie Hypolimnas anomala WALL. das, was oben über diesen Gegenstand bei der Besprechung der Euploeas gesagt ist, bestatigt. Ein Exemplar dieser Art aus einem sehr östlichen Strich des indo-australischen Gebietes, von dem Inselchen Kiri-Kiri namlich, östlich von Neu-Guinea gelegen, zeigt um alle Flügel einen weissen Rand, noch nicht so breit, aber offenbar vqn derselben Art, wie diejenige, welcher, wie auf Seite 94 berichtet wurde, verschiedene Euploea s von den Kei-Insein, westlich von Neu-Guinea, kennzeichnet. Deutlich erkennbar ist dann auch hier ebenso wie auf jenen Insein derselbe östliche Einfluss im Spiel aber ebenso deutlich ist dies auch hier wie dort, nicht in dem Sinne dass derselbe unmittelbar das Weiss entstehen lasst, sondern so zu verstehen, dass er ausschliesslich die vorhandene Neigung zur Farbenevolution, die namlich zur Verblassung, unterstützt oder befördert, und dabei in einer bestimmten Gestalt und zwar in beiden Gegenden in derselben, auftreten lasst. Denn eine "Vergleichung von Exemplaren dieser Art von verschiedenen Insein lasst deutlich erkennen, dass darin die Neigung zum Verblassen auch anderswo bereits sehr erkennbar ist, und bisweilen wie auf Sumatra und Batschan schon das Entstehen von weissen oder weislichen Flecken, vor allem auf der Unterseite der Hinterflügel, verursacht; nur noch nicht so stark und in der Form, wie dies auf Kiri-Kiri der I* all ist, wo obendrein auch die Neigung zur weiteren Verblassung, abgesehen von dem weissen Rand, hier und dort deutlich wahrzunehmen ist. Aussergewöhnlich stark jedoch scheint der gleiche Einfluss auf viele Papilio s aus derselben Fauna eingewirkt zu haben, sodass in diesem Genus dort sehr viele Arten vorkommen, die, in einigen Pallen sogar sehr stark, in der Farbe den erwahnten Danaiden gleichen und darum auch stets als echte Mimicry-Beispiele genannt werden. Wiewohl ein Schmetterlingskenner wie weiland Dr. Staudinger sich nicht durch solche Modeaufïfassungen beeinflussen liess, sondern mit Recht bei der Besprechung von Pap. Encelades bsd. und P. Veiovis hew. von Celebes bemerkte: „Beide Arten können zu der Gruppe der nachahmenden oder mimetischen indischen Papilionen gerechnet werden, obwohl sie in Wirklichkeit keiner mir bekannten Art einer andern Gattung nahekommen". In der That gleichen sie — und dasselbe gilt auch fiir die beiden obengenannten Nymphalidenarten — auch nicht andern Arten, sondern haben allein denselben allgemeinen Typus, der, wie wir sahen, so vielen Danaiden eigentümlich ist. Und darum ist die Aehnlichkeit, welche sie mit denselben zeigen dann auch keine Mimicry, sondern bloss die Folge des Umstandes, dass ihre Farbung unter dieselben Einflüsse geraten ist, welche diejenige dieser Danaiden beherrschen. Unter diesen Papilio's findet man dann auch beide Richtugen wieder: bei P. püradoxa zinken, P. Caitnus westw. und einigen andern Arten den Euploeatypus, bei P. Veiovis hew., Idcieoides hew., RIacaveus godt. und noch einigen den Typus von Danais Jtiventa cram.. Endlich werden noch in einer ofïfenbar gleichfalls für dergleichen Einfluss sehr empfanglichen Familie von Heteroceren aus demselben Gebiet, unter den Zygaeniden, Arten angetroffen, von denen Pompelon marginata guér. und etwas auch Amesia euploeouies H,—SCH. den Euploeatypus, jedoch Isbarta pierioides II. SUI. und Isbarta imitans butl. den Juventatyyus wiedergeben. Dass in diesen beiden Familien sowohl in derjenigen der Papilioniden als jener der Zygaeniden für solche Einwirkungen bisweilen eine besondcre Empfanglichkeit vorhanden ist spielt hierbei sicherlich auch eine belangreiche Rolle, wie dann auch weiter oben bereits auf die grosse Bedeutung der Empfanglichkeit dafiir hingewiesen ist. Von allen diesen mimicrierenden Papilio' s haben auch die Raupen und Puppen eine ganzlich von den andern Arten dieses Genus abweichende und was die ersten betrifft, selbst auch mehr oder weniger mimicrierende Gestalt, und zwar haben sie dies offenbar spater bekommen, da doch nach martin eine derartige von ihm beschriebene Raupe in den ersten Stadiën ihrer Entwicklung mit jener der Raupen von Alemnontypus iibereinstimmt und sogar noch mehr als diese auf den lypus der Ornithopterenraupen zurückweist. Und von den Zygaeniden ist die Metamorphose noch nicht so bekannt; von einei von mir gezüchteten Art, Histia libelluloides H.—SCH. glich die Raupe sehr der von Papilio aristolochiae F.. In Amerika ist dasselbe der Fall; so findet man dort auch eine auf dieselben Gründe sich stützende Uebereinstimmung in der Farbe zwischen Arten der Genera Perhybris HB. und Dismorphia HB. und süd-amerikanischen Danaïden, vor allen von Genus Ithomia HB.. Auch zwischen Heliconiden und üanaiden und noch zwischen vielen andern Arten von verschiedenen Genera und Familien kommt dort solch eine Aehnlichkeit in der Farbe, der sogenannte Homoeochromatistnus vor. In der englischen Zeitschrift Nature vom 20 Juni 1805 wird berichtet über eine Vortrag, den blandlord hierüber in der Royal Society gehalten hat; und noch mehr andere Entomologen, die Süd-Amerika bereist haben, sogar BatES schon machen davon Meldung. ln Afrika findet man dies ebenfalls; es ist die Acraeatype, welche dort dominiert und ofifenbar die Folge eines speciell lokalen Einflusses ist, der dort das Auftreten des Schwarz, wahrend des Verlaufes der Farbenevolution wieder auf eine / andre Weise als bei den indo-australischen Danaiden geschehen lasst; als eine Menge schwarzer Fleckchen namlich vor allem nahe bei der Wurzel der Hinterflügel vorkommend, und ferner als ferne schwarze Linien, welche auf und bisweilen auch zwischen den Adern dieser Flügel gefunden werden, dort gerade wo solche Fleckchen fehlen. Ausser bei vielen Acraeiden findet man dies bei allerlei afrikanischen Rhopaloceren wieder sehr stark, z.B. bei Hypolitnuas Eurytus clerck und //. dolotnena hew., wie auch bei der Lycaenide Pentila amenaida rogers & monteiro; in etwas geringerem Grade bei der Lycaenide Alaena Atnazoula bsd., welche dann auch irrtümlich als eine Acraeide beschrieben und classificiert ist; bei Druryia Antimachus drury, und sogar noch, was die Streifen betrifft, bei Papilio Zalmoxis, hew., wie sehr diese übrigens in der Farbe verschieden ist. Solche, lokalen Einflüsse sind dort übrigens wohl alle jene vor allem von Trimen erwahnten Farbenübereinstimmungen zuzuschreiben, welche zwischen allerlei verschiedenen Rhopaloceren unter einander wie auch zwischen diesen und den Formen von Papilio Merope cram. angetroffen werden, von welchen auf Seite 69 bereits die Rede gewesen ist. Demzufolge sind diese 9 Formen im Laufe ihrer Farbenevolution so in dieselbe Richtung gelenkt wie die andrer afrikanischer Schmetterlinge, und ist auf diese Weise wieder ein Faktor fur die bei denselben vorgegebenen Mimicry entstanden. Und hierbei kann es nun auch wieder geschehen, dass solche einander sehr ahnlichen und in derselben Gegend lebenden Schmetterlinge, weil sie auf demselben Standpunkt von Farbenevolution stehen und unter denselben Einflüssen darin auch gleichermaassen einige kleine Veranderungen in der Farbenzeichnung erfahren — wie solches oben zwischen Pap. Memnon L. Achates CRAM. und P. Coon F. angewiesen ist was dann ihre gegenseitige Aehnlichkeit noch wesentlich erhoht. Dass bei alledem in solcher Gleichheit kein Streben zur Nachahmung zu suchen ist, geht z.B. doch dcutlich aus der, wie wir bereits geschen haben, schon von Dr. SlAUDlNGER sehr mit Recht erwahnten 1 liatsache hervor, dass dieselbe in vielen Kallen sich nur auf einen allgemeinen Typus aber nicht auf eine bestimmte Art bezieht. Wo wir dann auch bisweilen solch ein gut charakterisiertes Genus in einer bestimniten Gegend finden, deren Eigentümlichkeit in der Farbung dort auch von verschiedenen Schmetterlingen von andern Geschlechtern und 1' amilien nachgeahmt zu werden scheint, wie dies z.H. mit dem (ienus Tenaris HB. auf Neu-Guinea der Fall ist, dann diirfen wir auch dort wohl die Wirkung eines derartigen örtlichen Einflusses vermuten. Auch die so aussergewöhnlich starke Aehnlichkeit zwischen Papilio Laglaizei DEPUISET (Alcidinus BUTL.) und Nyctalemon agathyrsus KIRSCH (Alcidus Orontes L.), die neben einander auf den Aru-Inseln leben, beide jedoch wie RIBBE berichtet, von Vögeln gefressen werden, und für welche also auch der angenommene Nutzen dieser Aehnlichkeit dort nicht besteht, wird wohl in derselben YVeise aufgefasst werden müssen. Und ebenso die zwischen beiden auf den K.ei-Inseln und den Molukken neben einander lebenden Hamadryas Zoilus F. und Nycteuiera pellex L. Es ist gleichwohl nicht allein die Farbenzeichnung welche so durch örtliche Einflüsse beherrscht wird, auch mit der Gestalt des Körpers ist dies der Fall. Nicht immer sind sicherlich örtliche Eigentümlichkeiten solcher Art auch örtlichen Einfltissen zuzuschreiben. So wird die 1 hatsache, dass die gleichen Schmetterlingarten auf Celebes meist grösser sind als auf Java vermutlich wohl anweisen dass die allgemein die Lepidopteren beherrschende evolutionelle Neigung zur Verkleinerung der Flügel auf der erstgenannten Insel noch weniger schnell fortgeschritten ist als auf der anderen. So glaube ich auch, in der von WALLACE entdeckten und natürlich auch bereits in Verbindung mit seiner geliebten Theorie auf sehr gesuchte Weise explicierten Biegung der Flügelform, welche vielen Rhopaloceren auf erstgenannter Insel eigentümlich ist, eine Eascheinung zu sehen, worm dieselbe evolutionelle Neigung sich auf dieser Insel auf eine Weise kennbar macht, wie sie anderswo nicht oder nicht mehr vorkommt. Aber dagegen scheint mir die bedeutend geringere Körpergrösse welche die als Richmondia graiz abgetrennte Rasse von Ornithoptera Priatnus l. von allen den anderen Rassen dieser Art unterscheidet, allerdings klimatologischem Einfluss zugeschrieben werden zu mussen, da doch diese Rasse in S. O. Australien lebend auch die einzige ist, die ausserhalb des Wendekreises angetroffen wird, und demnach unter Bedingungen, welche klimatologisch sich stark von jenen unterscheiden, unter denen ihre tropischen Verwandten leben. Aber darum braucht dieser Einfluss nicht direkt zu sein. Sehr wahrscheinlich wird demzufolge die Pflanze, auf welcher die Raupe dort lebt, auch weniger kraftig entwickelt sein und deshalb auch weniger Nahrungswert für sie besitzen als die tropischen Aristolochia's mit deren Blattern die Raupen der anderen Rassen sich nahren. Sahen wir doch bereits auf Seite 87 wie auch auf Java die schwachere oder kraftigere Entwickelung der Pflanzen je nachdem dort Trockenheit oder Regenzeit herrscht anf die Körpergrösse der darauf lebenden Raupen wie auch der daraus entstehenden Imagines zurückwirkt. Ebenso muss man diesen lokalen Einfluss annehmen bei der weniger bekannten Thatsache, welche ich irgendwo — wo, ist mir entfallen — verzeichnet fand, dass sich bei dem obenerwahnten in Ost-Indien gebildeten Pieridengenus Nepheronia auch Duftschuppen entwickelt haben von derselben Gestalt, wie sie auch bei den Euploeas dort entstanden sind; wahrend die afrikanischen Danaiden, aus welchen die Euploea's differentiiert sind, auch wohl Duftschuppen besitzen, jedoch auf einer andern Stelle; sodass auch hierin beide, als sie von Afrika nach Ost-Indien gezogen waren, eine gleiche Veranderung der Organe erfahren haben. In diesem Falie könnte man sogar wohl geneigt sein an einen gewissen korrelativen Zusammenhang zwischen der stattgehabten Farbenevolution und dieser Formveranderung zu denken; und ebenso wo man in dem oben bereits erwahnten Fall bei einer Hypolimnas- und einer Halitherses- Art, dort wo sie die dem Genus Euploea eigentümliche harbe erlangt haben, nun auch bisweilen die blaue Interferenzfarbe auftreten sieht, die wiederum verschiedenen Euploea-Arten eigentümlich ist und auf einer Formveranderung einiger Flügelschuppen beruhen muss. Doch kann in diesen F allen auch wohl selbstandige Evolution bestehen; in dem letzteren kann vielleicht auch ohne Korrelation wohl eine gleiche Ursache eine gleiche Wirkung zeigen. Denn es scheint wohl, dass die Farbe des Pigmentes in den Flügelschuppen für das Auftreten der Interferenzfarben auf diesen nicht gleichgültig ist, sondern die eine Pigmentfarbe dies bequemer macht als die andere. Keine Korrelation wenigstens scheint die Interferenzfarben hervorzurufen, welche die sicherlich örtlichen Einflüssen zuzuschreibenen cT cT von Ornithoptera Priamus L. als Lydius FELDER, Croesus WALL. oder Urvilliana GUÉR. bekannt, auf verschiedenen Insein zeigen und welcher auch eine Formveranderung der Flügelschuppen zu Grunde liegen muss. Sehr stark zeigt sich ebenso dieser geographische Einfluss bei der eigenartigen, verlangerten Flügelform der Rhopaloceren in Süd-Amerika, allgemein bereits durch die am langsten dort wohnende Schmetterlingsfamilien der Heliconiden und amerikanischen Danaiden angenommen; wie er namlich auch die offenbar spater nach Süd-Amerika gekommen Papilioniden, Pieriden und Acraeiden in jene Richtung drangt, ohne dass es ihm jedoch noch vollstandig gelungen ist. So dass von diesen Familien immer noch viele Arten, für jenen Einfluss noch nicht genügend empfanglich, ihre ursprüngliche Flügelform behalten haben, wahrend andrerseits auch bei vielen die verlangerte örtliche Form bereits angetroffen wird, wodurch dann, vor allen wenn dies mit den soeben besprochenen Homoeochrotnatismus zusammenfallt, Falie von Aehnlichkeit entstehen, welche stets zu den bekanntesten Beispielen von Mimicry gerechnet sind. Wahrend BATES das Bestehen jener lokalen Einflüsse hinsichtlich der Farbung der Lepidopteren anerkennt, glaubte er jedoch in der ebenfalls von ihm beobachteten Thatsache, dass dann die gleiche Farbung an derselben Stelle auch bei verschiedenen Arten wieder gefunden wird, wiederum eine Verstarkung seiner Mimicryauffassung zu sehen, alsob namüch in den Fallen, in welchen Tiere in solchen Verhaltniss zu einander stehen, dieselbe sogar das Nac'hahmen von örtlichen Unterschieden hervorrufen soll. Und in dem gleichen Ideengang sind WALLACE und viele andere ihm gefolgt. Denjenigen, der nicht durch diese Irrlehre verblendet ist, kann jedoch wohl nicht befremden dass, wenn verschiedene fiir lokale Einflüsse empfangliche irgendwo neben einander lebende Tierarten an diesem Orte in Folge einer gleichen derartigen Einwirkung eint gewisse Aehnlichkeit erhalten, Individuen dieser selben Arten, welche anderswo ebenso andern lokalen Einflüssen ausgesetzt sind, dort auch aus denselben Gründen den Einfluss davon empfinden, und so einander ahnlich werden. So ist dann in dieser unbekannten Wirkung der sogenannten geographischen P.inflüsse auch wieder ein belangreicher Faktor der sogenannten Mimicry-Falle gelegen, worauf jedoch noch keineswegs geniigend die Aufmerksamkeit gerichtet ist und dass wohl, weil derselbe auch schon wieder ohne die Thatsache der selbstandigen Evolution der einzelnen OrganismusEinheiten und damit der Erscheinung der Farbenevolution, nicht verstanden werden kann. Denn, wiewohl mir dies bisher noch allein was die Tiere meines speciellen Studiums, die Lepidopteren, betrift't, bekannt geworden ist, so zweifle ich doch nicht daran, dass spatere eingehendere Studiën dasselbe auch hinsichtlich andrer Tierklassen lehren werden. Wo ich z.B. in den Ir eins. Ent. Soc. of London i8gi von J. Gahan zehn Arten (?) der südamerikanischen Coleopterengenera Lena und Diabrotica abgebildet und beschrieben finde, in verschiedenen Gegenden neben einander vorkommend, und dass in der Weise, dass die in derselben Gegend wohnenden Arten beider Genera stets einander ahnlich sein sollen, und dies natürlich wieder als ein starkes Beispiel von Mimicry aufgefasst wird — wiewohl auch die Art des Schutzes, welcher in einem dieser Genera dann stattfinden müsste, absolut nicht nachgewiesen ist — dann vermute ich darin auch wohl wieder solch einen Fall von Einwirkung lokaler Ein- flüsse, wobei von Schutz und demnach von Mimicry keine Rede ist. Und wenn ich sehe, wie z.B. E. WasmaNN {Die Myrtnecophilen und Termitophilen in dem Compte-rendu des séances du j>eme congrès international de zoologie) berichtet, dass einige Ameisengaste eine sehr starke Aehnlichkeit besitzen mit den Ameisen, bei denen sie leben, sowohl was die Gestalt als auch was die Farbe betrifft, wie auch dass ausschliesslich auf Madagaskar und zwar in zwei verschiedenen Familien solcher Ameisengaste eine eigenartige Geweihform in der Fühlerbildung vorkommt, welche auch in denselben Familien anderswo fehlt, dann will es mich dunken, dass hierbei von derselben Erscheinung die Rede ist, wie die, auf welche ich hier die Aufmerksamkeit lenkte. Aber ob die Wahrnehmung von SEITZ — angenommen dass sie ganz richtig ist, — dass er auf dem Monte Carvocado in Brasilien eine Wespe, einen Schmetterling, eine Wanze und eine Heuschrecke antraf, welche alle sosehr einander glichen, dass er, da doch die erstere schmerzhafte Stiche zufügen konnte, hierin einen bemerkenswerten Fall von Mimicry zu konstatieren glaubt, derselben Ursache zugeschrieben werden muss, kann von mir, ohne jene Tiere genauer zu kennen, nicht festgestellt werden. Auch andere der erwahnten Mimicryfaktoren können hier aufgetreten sein und auch wohl nicht bei jedem Tier dieselben. Gleichwohl ist es auch in solchen Fallen nicht immer möglich mit einiger Wahrscheinlichkeit nachzuweisen ob dabei von solchen lokalen Einflüssen oder aber rein von Homoeogenesis die Rede ist. Z.B. was die von O. BORGER berichtete grosse Uebereinstimmung betriftt, im Aeusseren der giftigen Elaps- und harmlosen Erythrolampusschlangen in Süd-Amerika. Das eine scheint hier ebenso möglich, wie das andere. Hinsichtlich der Aehnlichkeit zwischen dem schwarzen Panter (Felis pardus L. niger) und dem Lutung (Semmopithecus maurus cuv.), welche zwischen diesen schlanken, schwarzen, langgeschwanzten, wenig an Grosse verschiedenen und beide auf Baumen lebenden Tieren mir auf Java einmal stark ins Auge fiel, können wir uns wohl für Homoeogenesis entscheiden. Es ist doch bekannt, dass der Lutung in seiner Jugend rot ist und aus einer "Ver- gleichung mit dcm ihm sehr nahe verwandten S. pyrrhus horsf., der immer rot ist, geht deshalb hervor, dass er früher ebenfalls rot gewesen sein wird, aber in Folge eines Prozesses von farbenevolution, dem er unterworfen war, schvvarz geworden ist. Und der schvvarze Panter ist nichts anders als solch Exemplar von Felis pardus, dass bereits ^ weiter als andere fortgeschritten ist im Verlauf der Farbenevolution, welche bei diesen ebenso wie bei einigen anderen /v/warten sich in einer Zunahme von Schwarz ofifenbart, dass dabei zuerst als kreisförmige Flecken auftritt, urn sich spater zu einer uniformen schwarzen Farbe auszubreiten. Bei keinem dieser beiden Tieren ist demnach lokaler Einfluss die Ursache ihrer schwarzen Farbe, sondern bei beiden derselbe Prozess von Farbenevolution, in welcher sie gleich weit fortgeschritten sind. Aber nicht jede Farbenengleichheit oder jeder Farbenunterschied ist deshalb einem örtlichen Einfluss zuzuschreiben. Die Farbenevolution spielt in dieser Hinseiht eine viel grössere Rolle und obendrein wirkt jener Einfluss, wie ich bereits bemerkte, allein in Verbindung mit dieser. Die Schmetterlinge, welche von Bateson bei Gelegenheit des 4'e» internationalen zoologischen Kongresses in Cambridge zum Beweise solcher Einflüsse vorgeführt wurden, zeigten wohl nur Beispiele des ungleichen Verlaufes der Farbenevolution. So ist es auch mit den bekannten Formen Ichnusa bon. und turcica stdgr. von Vanessa urticae l., abgesehen davon dass namlich auf den schnelleren oder langsameren Verlauf dieser Evolution auf bestimmten Platzen auch der örtliche Einfluss sich sicherlich geltend machen, und auf dieseWeise zum Entstehen solcher Rassen mitwirken kann. Die schon in meinem Aufsatz Ueber die Farbenevolution der Pieriden besprochene Thatsache, dass man bisweilen Exemplare von Schmetterlingen, die ganzlich eine Farbenzeichnung zeigen, welche man als eine klimatologische Verschiedenheit beschaut, zwischen denen des sogenannten Typus antrifft, in Gegenden also, wo der vorausgesetzte klimatologische Einfluss nicht hat wirken können, weist auch deutlich darauf hin dass es dann nicht dieser Einfluss ist, der solch einen Unter- schied hervorruft, sondern derselbe ausschliesslich die Folge ist von einer normal an dem einen Ort mehr als an einem andern fortgeschrittenen Farbenevolution, die jedoch ausnahmsweise bei einigen Individuen auch anderswo, wo dies normal nicht der Fall ist, vorkommen kann. Und so glaube ich auch wohl, dass BÜRGER in dieser , Hinsicht zu weit geht, wenn er in der Uebereinstimmung im Aussehen, in der Lebensweise und sogar in der Farbung zwischen gewissen Fischen aus dem Hochgebirge der tropischen Anden in Süd Amerika und jenen von der nördlichen Halbkugel so kurzweg mit GÜNTHER einen schlagenden geweis der Thatsache zu erkennen glaubt, dass unter ahnlichen aussern physikalischen Verhaltnissen ahnliche lierformen entstehen. Es ist im Hinblick auf diese so allgemeine Neigung, solche Unterschiede kurzweg der Kalte oder Warme zuzuschreiben, dass ich es wünschenswert finde, auch bei dieser Gelegenheit schon die Gleichheit der Farbe zu besprechen, welche so vielen Polartieren und solchen, welche auf hohen Gebirgen leben, eigentümlich ist, wiewohl die Mimicrytheorie darin eigentlich eine Anpassung sieht an die tarbe des Schnees und des Eises, welches an den Wohnplatzen solcher Tiere sich befindet, und dieser Gegenstand daher eigentlich besser ad XI behandelt werden miisste. Es ist sicher nicht zu leugnen, dass man die W arme auf die Körperfarbe von manchen Menschen einen gewissen Einfluss ausüben sieht; auch ist es wohl auffallend dass die dunkelsten Völker im der Gegend des Aequators und die hellsten in Nord-Europa sich befinden. Ebenso ist es eine Thatsache, dass viele an den Polen oder auf hohen Gebirgen lebende Tiere weiss sind oder wenigstens im Winter weiss werden. An und fur sich folgt jedoch hieraus noch nicht mit der in wissenschaftlichen Fragen erforderlichen Vollstandigkeit, dass das Auftreten der allgemeinen weissen Farbe in den letztgenannten Fallen mit Notwendigkeit wenigstens ausschliesslich der Kalte zugeschrieben werden muss; vielleicht ist dafür noch eine andere Erklarung sehr gut möglich. Auch sogar eine Probe wie sie nach Poulton, von J. Ross gemacht worden ist, welcher auf seiner zweiten Polarreise einen amerikanischen Lemming, welcher in seiner Hütte sein Sommerkleid behalten hatte, plötzlich einer Kalte von 30° unter Null aussetzte mit dem Erfolg dass er bereits nach wenigen Stunden weiss zu werden begann und in einer VVoche beinahe ganz weiss geworden war, bis das Tier nach 17 Tagen in Folge der Kalte starb, und es sich ergab, dass ein grosser Teil seiner Haare sehr schnell und stark gewachsen, jedoch nur an der Spitze weiss geworden war — ist hierfür noch nicht genügend. Dass hierbei nur von einer indirekten Thatigkeit des Nervensystems in Folge der Kalte die Rede sein kann, wird auch von Poulton anerkannt, aber die Wirkung war unter solchen Umstanden so abnormal, dass man unwillkürlich an die Falie bei Menschen denken muss, deren Haare in holge eines heftigen Schreckens plötzlich weiss wurden. Wie ich auch bereits die Bemerkung von R. LYDEKKER fand, dass, falls der natiirliche Lauf der Winterverfarbung derselbe ware, haufig derartige Tiere mit nur an den Spitzen weiss gewordenen Haaren angetrofïfen waren, was jedoch keineswegs der hall ist. Eigentlich geht aus diesem Versuch nichts anders hervor, als dass ein plötzliches Blossstellen an eine sehr starke Kalte bei einem Tier, welches bereits von Natur die Eigenschaft besass in der kalten Jahreszeit weisses Haar zu bekommen, Erscheinungen hervorrief, welche als eine krankhafte Entartung der Eigenschaft bei Kalte pigmentloses Haar zu erhalten, angesehen werden muss, eine Eigenschaft, die an und für sich jedoch nicht bezweifelt werden kann, also nicht bewiesen zu werden braucht. Es ist wohl eine mehr als die gewöhnliche, nur auf den erwahnten auffallenden Thatsachen beruhende, oberflachliche, Behandlung dieses Gegenstandes nötig, will man in dieser Hinsicht zu einer wissenschaftlich annehmbaren Auffassung gelangen. Stellen wir dazu in erster Linie die Thatsachen fest, und vergleichen wir dieselben mit einander. Es giebt echte Polartiere, welche stets weiss sind, wie der Eisbar, die Schneeeule und zwei Arten nordischer Falken (Hierofalco) und in dicser Hinsicht von ihren in gemassigtcren Zonen lebenden Verwandten auffallend sich unterscheiden. Sind gleichwohl sicherlich die meisten Barenarten gefiirbt und viele sogar sehr dunkel, doch wird auch in dem Pelz des syrischen Bares eine starke Entwicklung des Weiss beobachtet, wahrend die genannten Vogel in ïhrer ersten Jugend noch farbige Federn haben und deshalb phylogenetisch als von farbigen Arten abstammend angesehen werden müssen. Es giebt noch ein anderes Tier aus derselben Gegeild, namlich der Polarhase, welcher auch weiss ist und dies wohl meist bleibt, von dem jedoch einzelne Individuen immer eine grauere Farbe bekommen und auch die Jungen grau geboren werden, warum man auch annchmen muss, dass sie von Voreltern abstammen, die nicht ganz weiss waren. Sehr nahe verwandt mit ihm, wenn nicht dieselbe Art, ist der Schneehase im europaischen Hochgebirge, der jedoch nur im \\ inter weiss ist, wie dies dort auch mit dem Schneehuhn der hall ist; und ebenso verwandt ist auch der irische Hase, der niemals weiss wird. Nach PöULTON — dem ich vieles des hier Angeführten entlehne — wird der amerikanische Hase in den nördlichen Gegenden auch im Winter weiss und findet diese Veranderung um so eher statt, je nachdem sein Wohnplatz nördlicher ist und demnach der Winter da früher beginnt, in der Gegend der Hudsonsbai geschieht dies also früher und behalt er auch dies Winterkleid langer als in Neu-Braunschweig. Im Süden der Vereinigten Staaten nimmt er jedoch niemals das Winterkleid an, und solch ein Tier in NeuBraunschweig in einer warmen Scheune gehalten, behielt auch wahrend des ganzen Winters das Sommerkleid. Der Hermelin soll im Hochgebirge von Schottland immer weiss sein und wird in aller einigermassen nördlichen Gegenden im Winter so; bisweilen geschieht dies sogar so südlich wie in Cornwallis; aber meist wird es doch in den gemassigteren Gegenden des Winters nicht oder wenigstens nicht rein weiss. Mit dem Moorhuhn (Lagopus albus GM.) findet auch etwas derartiges statt. Ueberall im Norden wird dieser \ ogel im Winter fast ganz weiss, wahrend sein Sommerkleid wenig weiss zeigt, aber allein auf den brittischen Insein tragt er stcts das Sommerkleid, und wird darum vvohl als das schottischc Schneehuhn (Lagopus scoticus lath.) unterschieden, wahrend es nur ausnahmsweise Individuen giebt, die im \\ inter auch viele weisse Federn liaben. Da nun nacli Brehm auch das Federkleid der jungen Vogel von Lagopus albus GM. mit dem von Lagopus scoticus lath. iibereinstimmt, darf man annehmen dass das \V interkleid dieser Art ein erst spater erlangte Eigenschaft darstellt, keinesvvegs wie Wallage im Interesse seiner Schutztheorie, vollkommen im Streit mit dieser Ihatsache, behauptet, dass aucli die brittischen Vogel ursprünglich im \\ inter weiss gewesen sein werden, aber diese Eigenschaft, da das Klima, in welchem sie jetzt leben, den Nutzen dieses Schutzes wegnimmt, verloren haben. Sodass dann auch die einzelnen Falie in denen dies noch vorkommt, nicht, wie wallage glaubt, solche von Atavismus sein werden, sondern solche, bei denen die fortschreitende hvolution, welche das Weiss entstehen liisst, dort eben aufzutreten beginnt. Das Wiesel wird des Winters niemals ganz weiss, und zum leil weiss auch nur in ganz nördlichen Strichen. Vom Polarfuchs werden sogar in den Polargegenden im Winter nur einige Individuen weiss, wahrend viele andere sowohl im Winter als im Sommer in verschiedenen Nuancen und sogar sehr dunkel gefarbt bleiben. Auf dem hohen Gebirge des westlichen Nord-Amerika leben verschiedene Rassen oder Arten wilder Schafe, welche sich auch durch allerlei Uebergange zwischen Schwarz und Weiss unterscheiden und unter denen Ovis Dallt nels. bereits ganz weiss ist. Bei dem Tiger nehmen im südlichen Siberien die weissen Haare stark zu und farben so das lier viel heller als in Indien; mit dem Panther aus Korea ist dasselbe der Fall; eine Tigerart, der li bis, welche viel weisser ist als alle ihre Verwandten lebt auch in viel kiilteren Gegenden, namlich in dem mittelasiatischen Bergland. Aber dagegen giebt es auch in kalten nördlichen Gegenden lebende Tiere wie der Vielfrass, der Rabe und der Zobel, und sogar echte Polartiere wie der Moschusochse und das wilde Renntier, die niemals ganzlich weiss werden. Jeder der nun mit den Erscheinungen der Farbenevolution bekannt ist, wird in diesem allem unver- kcnnbar eincn schr allgemcinen, auf die allen hvolutioncn eigentümliche, iiusserst langsame und ungleichmassige Weise verlaufenden Prozess von Farbenverblassung erkennen, durch welche farbige Tierarten weiss werden und in dem nun allerlei verschiedene Standpunkte von Veranderung durch verschiedene Tierarten vertreten sind, wahrend auch eimge die nötige Empfindlichkeit dafür noch nicht besitzend, noch vollkommen unverandert geblieben sind. Woraus also folgt, dass jene Veranderung nicht durch irgendwelche absolute Lebensnotwendigkeit zu Stande gebracht wird, sondern eine rein evolutionelle Erscheinung sein muss, welche also auch wohl nicht durch eine kalte Temperatur verursacht werden kann, sondern durch dieselbe nur stark befördert zu werden scheint. Was übrigens die Thatsache betrifft, des sich hierbei zeigenden Farbenwechsels im Sommer- und Winterkleid und zwar bei dem eincn in starkerem, bei dem andern in geringerem Grade, so ist dies wohl vollkommen analog dem Saisonunterschiede in der Farbenzeichnung der Lepidopteren, welcher von mir als Erscheinung der Farbenevolution in meiner obererwahnten Schrift „Die Farbenevolution bei den Pieridar ausführlich erklart ist; namlich als eine Uebergangserscheinung dieser Evolution dort, wo der Verlauf dieses \ eranderungsprozesses durch den Einfluss ungleich und penodisch auftretender Reize beherrscht wird. Wie vorsichtig man übrigens hierbei sein muss, lehrt ein Beispiel aus der Insektenwelt. Hei einer sehr nördlich in Labrador noch lebenden Coliasart, C. Pelidne liSl)., ist das cf mattgelb und das v weiss. Und auch C. Heela LEF. var. glacialis MCLACHL. aus Groenland ist blassgelb. Auch hier würde man also schr geneigt sein können an eine Farbenverblassung in Folge des kalten Klima's zu denken. Aber auch bei in gemassigten Strichen lebenden Coliasartcn kommen weisse vor, und C. Heela LEK var. Sulitelma CHR. AURIV., welche gleichfalls in Groenland lebt, ist ebenso lebhaft orangegclb gefiirbt wie Arten aus ^^-icoirrtpn Zniie. Finden sich ia halter aus dem hohen v w — — - - ril '1 KW,1Pn welche deutlich eine Neigung zum Verblassen ïhrer Farbe zeigen, ich sah jedoch beim Herrn Ch. OberïHÜR in Rennes auch Exemplare von Colias in Grinnelland un Boothia Felix gefangen nicht Farbenschwacher als Exemplare aus Mittel-Europa, und andere Arten in dem sehr hohen Gebirge von Mittel-Asien und Nordamerika lebend, von sehr feuriger Farbe. Es ist also nicht die unbedingte Regel dass die in kalten Gegenden lebenden Schmetterlinge schwacher gefarbt sind als die in Mittel-Europa; eine örtliche Varietat von Deilcphila galu w. V. aus Labrador unterscheidet sich gerade dadurch, dass die Oberseite der Hinterflügel mehr rötlich gefarbt ist. Man hat darum auch hier wohl wenigstens hauptsachlich mit I'allen von Farbenevolution zu thun. Richten wir nun den Bliek auf die Tierwelt dort, wo, wie z.B. in den Tropen, zweifellos die Kalte auf sie keinen so belangreichen Einfluss ausüben kann, dann finden wir überall mehr oder weniger weisse Haare, resp. Federn, besitz'ende Saugetiere und Vogel. Es giebt auch solche darunter, wie die echten tropischen und in sehr warmen Strichen lebenden Kakadu's, von denen einige fast ganz weiss, andere dagegen schwarz sind, was genügend beweist, dass auch die weisse Farbe in den heissen Zonen überwiegend auftreten kann und dass hinsichtlich der allgemeinen Lebensbedingungen zwischen jener Farbe und Schwarz kein Unterschied besteht. Und dabei zeigt sich dies nun dort auch bisweilen ganz auf dieselbe Weise wie solches als eine Folge von dem ungleichen Auftreten der Farbenevolution bei mehreren Lepidopteren der Fall ist; so doch sind — wie JENTINK bemerkte — von der im indo-australischen Gebiet sehr haufigen Phalanger oricntalis PALL., alle efef weiss, mit Ausnahme jener auf einer einzigen Insel, auf der die cfcT auch die Farbe der 99 besitzen. Ferner sind noch viele Saugetiere und Vögel ganz oder teilweise weiss. Bisweilen, wie bei vielen walfischartigen Tieren und Wasser- insbesondere Meervögeln ist dies allein an der Lnterseite der tall und kann dann an die spater ad XII zu besprechende Ursache gedacht werden, die auch bei den Fischen dasselbe hervorzurufen scheint; aber andere, vor allem Vögel, sind so gut wie ganz weiss. Und überdies kommen von den meisten mitteleuropaischen wilden Saugetieren und Vögeln hier und dort weisse Exemplare vor, bei der einen Art mehr als bei der andern; bei Mausen und Ratten ist dies scheinbar nicht nur keineswegs selten, sondern geht es auch bei absichtlicher Züchtung, also mit künstlicher Ausschliessung der Panmixie, in eine erbliche Eigenschaft über. Sogar muss in einer deutschen Zeitschrift „der Zoologische Gartena berichtet sein, dass in dem Kreis Hameln bcreits seit einem guten halbcn Jahrhundert der sogenannte ^ Albinismus bei dem Maulwurf erblich befunden sein soll; fur die Richtigkeit dieser Behauptung kann ich jedoch nicht einstehen. , Es werden in dieser Beziehung auch Uebergange, namlich halbweisse oder weiss gefleckte Tiere, gefunden bei Arten die normal uniform schwarz sind, und lassen auch verschie- dene Arten derselben Genera solche Uebergange sehen, die vollkommen von der gleichen Art sind als jene der Farben- evolution bei den Lepidopteren. So sind die nordischen Schwane weiss aber haben in ihrer Jugend noch farbige ^ Federn, sodass die also wohl von noch nicht weissen Vor- eltern abstammen; dem steht gegenüber der grossenteils. schwarze australische Schwan, jedoch auch zwischen beiden der weisse südamerikanische mit schwarzem Hals. Bei den tropischen Tieren ist das Vorkommen von weissen Individuen • wohl nicht so sehr bekannt, aber vermutlich ist dies doch nur dem Umstand zuzuschreiben, dass die dort lebenden Arten noch nicht so gut erforscht sind wie die europaischen; von dem javanischen Pastor jalla HORSF. sind auch weisse Exemplare nicht so sehr selten, und auch die wilden, soge- nannten weissen, Elephanten in Siam künnen hierzu gerechnet werden. Man nennt dies nun gewöhnlich kurzweg Albinismus und betrachtet es als eine morbide Erscheinung, welche keiner besondern Aufmerksamkeit würdig sei. Nun kommt dies sicher vor, was die weissen Elefanten betrifift scheint es z B. wohl der Fall zu sein, aber keineswegs ist dies immer die Regel. Jeder wirkliche Evolutionist, wissend, dass das ganze organische Leben in einem fortwahrenden Zustand von Veranderung sich befindet, und deshalb sich darin zeigende Erscheinungen von diesem Gesichtspunkt aus studierend wird sich dann auch niemals damit zufrieden stellen können, um aus einer gewissen wissenschaftlichen Bequemlichkeit kurzweg anzunehmen dass Alles, was abnormal ist, darum notwendigerweise auch morbider Art sein muss. Er wird darin, wo es sicli so allgemein und mit allerlei Uebergangen zeigt, zweifellos eine Evolutionserscheinung erkennen, die Aeusserung einer evolutionellen Richtung, welche langsam zum Verschwin den des Pigmentes führt, und damit eine Verblassung der Farbe hervorruft. Und so wird für ihn das Weisswerden der Tiere, was die kalten Zonen charakterisiert, eine allgemeine Evolutionserscheinung, die nur in jenen Gegenden starker auftritt. Aus einem dritten Gesichtspunkt betrachtet wird diese Auffassung sehr stark bekraftigt. Aus jenem der Vcrgleichung namlich der ebenerwahnten Thatsachen mit denjenigen, welche die Beobachtung der im Kulturzustand lebenden liere verschafilt. Vielen Naturforschern, die in der Gelegenheit waren, hierüber Betrachtungen anzustellen, — man sehe z.B. A. D. BARKETT, Life amottg wild beasts in the „Zoo" ist es aufgefallen dass zahme Tiere so viel starker variieren als wilde, und zwar speciell was rot, schwarz und weiss betrifft. Darwinistisch heisst es dann auch, dass das Variationsvermögen durch den Kulturzustand in hohem Grade gesteigert wird, was dann als eine Folge der besseren oder geregelteren Fütterung durch die grössere Sicherheit im Kampfum's Dasein erlangt, bezeichnet wird, aber besser verstanden wohl nichts andres ist als dass durch den Reiz, wclchen jener abnormale Zustand ausübt, die Empfanglichkeit für evolutionelle Veranderung dann viel starker wird. In der That kommen dann auch unter den zahmen Tieren die weissen Individuen sehr allgemein vor, und vielmehr als bei denselben Tieren im Naturzustand, bei Pferden, Eseln, Rindern, Büffeln, Schafen, Ziegen, Kamelen, Lama's, Schweinen, Hunden, Katzen, Frettchen, Kaninchen, Hühnern, Pfauen, Truthahnen, Tauben, Gansen, Enten, Kanarienvögeln und noch bei andern. Ebenso werden haufig weissgefleckte angetroffen, namlich solche bei denen das Weiss noch nicht ganzlich die Oberhand bekommen hat, und die demnach erkennen lassen, dass dies Weissweiden ein 1 rozess von evolutioneller Veriinderung ist, der noch keineswegs sein Ende erreicht hat, sondern noch stets weiter fortlauft. Bisweilen tritt diese Erscheinung allgemeiner, dann wieder in geringcrem Grade auf, haufig z.B. bei dem Frettchen, bei Enten, Gansen und Tauben, wo sie zui Bildung wirklicher erblicher Rassen geführt hat; und auch wohl mit "allerlei Uebergangen neben einander; so zeigen z.B. die verschieden gefarbten Hauskatzen ganz dasselbe wie die obenerwahnten Polarfüchse. Und wenn sie auch vielleicht psychisch zurückgegangen sind, körperlich wird doch niemand die weissen zahmen Enten oder Ganse, ebensowenig wie der Eisbar, für krankhaft entartete, geschwachte Rassen halten; das nut viel Weiss gefleckte Pferd, der Schecke, wird sogar fur besonders stark gehalten. In Wirklichkeit ist das Zunehmen des Weiss ebenso sehr und in gleicher Weise den domesticierten Tieren eigentümlich wie jenen der kalten Zonen; sogar scheint der Einfluss des Kulturzustandes noch starker 7.u wirken als der der Kalte, denn solche absolut dafur noch nicht empfanglichen wie der Zobel, der Moschusochse und das wilde Renntier der Polargegenden scheinen unter den domesticierten nicht vorzukommen; und wo beide Einflüsse nebeneinander auftreten, namlich bei dem Renntier, sieht man die Anzahl weisser Haare bei' dem zahmen Tier viel starker zunehmen als bei dem wilden, und ist das erstere dann auch wesentlich heller als das letztere gefarbt. Bei den 1'ferden der sibirischen Jakuten dagegen, die, wie Krapotkin berichtet, immer weiss sind, ist es wohl schwierig zu bestimmen, welchem der beiden Einflüsse dies zugeschrieben werden muss, jedoch lasst es sich im Hinblick auf die tarbe der Pferde in andren Gegenden doch wohl vermuten dass die Kalte an erster Stelle steht. Wiewohl es nicht zu leugnen ist, dass die Kalte einen gewissen Einfluss auf den Haarwuchs der Saugetiere ausübt, so ist dieselbe deshalb dabei doch keineswegs ein überwie"ender Faktor; übrigens auch ein Teil der tropischen Tiere ist doch mit einem dicken Pelz bekleidet. Und ebenso muss, wenn man das soeben Besprochene ohne Vorurteil betrachtet, die Schlussfolgerung aus demselben wohl folgendermassen lauten. Uass bei den Saugetieren und Vögeln eine allgemeine Richtung einer Evolution besteht, die zum Verschwinden des Pigmentes in Haaren und Federn führt, und demzufolge die weisse Farbe derselben langsam zunehmen lasst — vollkommen analog deshalb dem, was das Studium der Farbenevolution bei den Lepidopteren lehrt. Und dass nun, ebenso wie unbekannte örtliche Einflüsse auf den Verlauf dieser letzteren einwirken, so auch dasselbe hinsichtlich der Saugetiere und Vogel geschieht durch die Kalte der hohen Breiten oder auf hohen Gebirgen, wie auch durch den Kulturzustand. Doch dass auch hierbei die eigentliche Art der Einwirkung uns ganzlich unbekannt bleibt, diese gleichwohl ofifenbar auch normal nur sehr langsam, allmahlich, und ausserst ungleich, je nach der EmpfinJIIchkeit der verschiedenen Tierarten und sogar Individuen, stattfindet, weshalb die so erzeugte Veranderung auch einen unverkennbar evolutionellen Charakter tragt. Dass wir jedoch hierbei den Kulturzustand so die gleichen Folgen hervorrufen sehen, wie die Kalte, kann vielleicht aus dem Folgenden verstandlicher werden. So wie in dem Anfang der Auslegung dieser Thesis gesagt ist, kommen die durch Anwendung einer abnormalen Temperatur auf Puppen von Lepidopteren erzeugten Effekte hierauf nieder, dass, abgesehen von einigen Monstra, dadurch entweder eine Hemmung in dem Fortgang der Farbenevolution oder aber eine Beschleunigung derselben eintrat; die erstere auch bisweilen, vermutlich unter derartigen abnormalen Bedingungen, in der Natur vorkommend; die letztere wahrscheinlich auch wohl, doch viel seltpner in der Natur vorhanden; in etwas starkerem Grade zeigte sich dabei dasselbe was wohl auch als Saisondimorphismus bekannt ist. Nun ist es sicher wohl auffallend, wie die Falie von Atavismus, welche ich von Darwin und anderen erwahnt finde, fast alle bei domesticierten Tieren wahrgenommen sind, einzelne wohl bei wieder verwil- derten, wobei jedoch die veranderten Lebensbedingungen dies scheinbar verursachen können und dann von einem eigentlichen Atavismus nicht die Rede ist, aber niemals bei wilden Tieren, ausgenommen bei dem obenbesprochenen aber von mir verworfenen Fall von Lagopus scoticus lath.; am starkstcn kommt es vor bei Kreuzung von bereits gut getrennten Rassen und sogar Arten. Keineswegs unwahrscheinlich wird es also, dass solche Falie von Atavismus ebenfalls durch den Kulturzustand befördert und hervorgerufen werden ; die Art einer solchen Erscheinung ist jedoch vermutlich auch wohl nichts andres als eine derartige Hemmung in der evolutionellen Bildung, die aber auch nur in der Evolution von einzelnen der Organismuseinheiten besteht und demzufolge, wie es heisst, nur einzelne der atavistischen Kennzeichen zeigt. Sehcn wir also dass der Kulturzustand, vor allem da, wo, wie bei Kreuzung, das Abnormale davon besonders kraftig vorhanden ist, hierin ganzlich mit der Wirkung der obenerwahnten künstlichen Versuche übereinstimmt, dass sie beide namlich zu einer gleichartigen Hemmung im Laufe der evolutionellen Entwickelung Veranlassung geben zu konnen scheinen, warum sollten beide dann auch nicht eventuell zu einer gleichartigen Beschleunigung darin führen konnen, und deshalb jener Kulturzustand auch das Verschwinden des Pigmentes ebenso und auf dieselbe Weise wie solches durch den Reiz der Kalte zu Stand kommt bewerkstelligen konnen r Die Frage würde hier sicher aufgeworfen werden konnen, wie es, falls doch das Weisswerden als eine Erscheinung weiter ' fortgeschrittener evolutioneller Farbenevolution verstanden werden muss, dann möglich ist, dass bei zahmen Tieren, die wieder verwildern, auch die bereits erlangte weisse Farbe wieder in diejenige verandert, welche den wilden Voreltern solcher Tiere eigen ist, wie dies der Fall sein soll. Immerhin, dass bestimmte Organe zu dem alten Zustand zurückkehren, lasst sich - wie ad XI hinsichtlich der Zahne der Schweine naher besprochen werden wird — durch das Wiederkehren der alten Lebensbedingungen verstehen, aber so würde doch solche Art des Rückschrittes auf einen bereits iiberwundenen Evolutionsstandpunkt nicht erklart werden können. Ich würde auf diese Frage jedoch antworten mussen dass genaue Beobachtungen bezüglich solcher Thatsachen von Regression bei Tieren mir nicht bekannt sind, und lose hier und dort vorkommende Mitteilungen nicht genugen um hierüber ein Urteil zu Men. Ich lese sogar dass bei dem schon seit vielen Geslechtern verwilderten Kaninchen auf Jamaica und auf den Falklands-Inseln solch ein Rückschritt sich nicht zeigt, und wenn dies richtig ist dann hat damit die genannte Frage keinen Wert mehr; wenn doch ein solcher nicht die Regel ist, sondern nur hin und wieder auftritt, dann werden auch wohl nur besondere Ursachen sie darstellen. Was die Kulturpflanzen betrifTt bestehen allerdings mehr Facta, die eine solche Regression zu bestatigen scheinen. Gleichwohl ist es, meiner Meinung nach, noch keineswegs sicher, ob in dieser Hinsicht wohl dem Einfluss der Kreuzung genügend Aufmerksamkeit gewidmet ist, und besitze ich iibrigens kein genügendes botanisches Wissen um solche Falie zu beurteilen. Auch habe ich bisher noch von keinem Botaniker die durch den Kulturzustand bei Pflanzen hervorgerufene Veranderungen von demselben Gesichtspunkt studiert gefunden, woraus ich die der Tiere erklaren zu können glaube. Wo solche Thatsache auf zoologischem Gebiet angenommen wird, wiirde dann an erster Stelle auch gezeigt werden müssen, dass die zahmen Voreltern dieser verwilderten Tiere alle bereits ganz weiss waren; war dies nicht derFall, dann kann die Panmixie, wo der Drang der diese Evolution beschleunigte aufhörte, auch bei der Nachkommenschaft den nur noch einigen Individuen eigenen weiter fortgeschrittenen Evolutionsstandpunkt wieder haben verloren gehen lassen. So lange es nun jedoch im Allgemeinen nicht besser feststeht was in dieser Hinsicht sich aus den Beobachtungen ergiebt, muss ich es noch für unniitz halten dem irgend welche weitere Aufmerksamkeit zu widmen. Ich kann es hier nun nicht unterlassen auch darauf hinzuweisen, wie auch die Farbung der verschiedenen Menschenrassen, meiner Ansicht nach, als ein Produkt desselben Prozessen beschaut werden muss. Wenn man die schwarzesten Völker in der Nahe des Equators und die weissesten in der kalteren Gegenden, hauptsachlich in Scandinavien, findet, so liegt es auf der Hand dabei an den Einfluss von Kalte und Warme zu denken. Aber doch sind verschiedene in kalten Gegenden wohnenden Stamme, wie die Tasmanier, die Feuerlander, und die Eskimo's, nicht weiss geworden, cbcnsowenig wie die weisse Haut der seit tausenden von Jahren, in den sehr warmen Landern Arabien, Syrien und 1'ersien, lebenden Semiten — insoweit sie sich ciner \ ermischung mit dunkelhautigen I' rauen enthalten haben verdunkelt ist. Ueberdies findet man auf jene Weise keine Erklarung der zahlreichen Nuancen, das Gelb und das Rot z.B. von einigen Rassen. Warum sind die nördlichen mongolischen Völker wohl viel heller als die siidlichen aber doch noch gelblich und dabei schvyarz an Augen und Haaren geblieben, obgleich sic in ebenso kalten, wenn nicht kalteren, Gegendcn sich entwickelten, als die blonden Germanen r Stellt man sich jedoch die ersten, wohl in einem tropischen Klima entstandenen, Menschcn als dunkelrot vor, wie jetzt noch die neugeborenen Negerkinder, doch von der cvolutionellen Neigung zum Verblassen beherrscht, dann lasst es sich erklaren, wie diese Neigung, hier und dort auftretend, im Laufe der Zeiten die verschiedenen braunen oder roten, helleren Nuancen entwickelt hat, wahrend das dabei, wie immer, auch stark auftretende Schwarz inzwischen einige Stamme, welche stets einer sehr grossen Warme unter besonderen Umstanden unterworfen wurden, demnoch mehr oder wenigcr schwarz werden liess. Und dass diese Neigung ferner, ebenso wie bei den nordischen Tieren, unter dem Einfluss eines wirklich kalten Klimas besonders stark aufgetreten ist und so bei vielen demselben unterworfenen Stammen eine viel starkere Verblassung hervorgerufen hat, graduell jedoch verschiedcn je nach der Empfindlichkeit dieser Stamme, und auf diese Weise bei den nord-mongolischen Stammen nur zu einer Yerblassung der gelblichen Hautfarbe führend, bei den verschiedenen um und am mittellandischen Meer wohnenden und den semitischen Vólkern zu einer weissen Haut, wahrend bei den indogermanischen Vólkern sogar iiberdies eine Veranderung der Farbe von Augen und Haar die 1'olge davon war. Wahrend dann ausserdem die Vermischung dieser Menschenrassen dabei ilire Rolle spielte und auch wie bei jeder Evolution die Panmixie auftrat, welche z.B. in Siid- und Mittel-Europa, wo die Fortdauer desselben Einflusses dagegen kein Gegengewicht bietet, langsam die extreme Form der blonden Menschen wieder in die mehr foncierte der Rasse vom mittellandischen Meer zurückgehen lasst. Die Gleichheit in der Farbe bei vielen Polartieren ist also auch nur die Folge des Umstandes dass ihre Evolution in dieser Hinsicht durch dieselben Einfliisse beherrscht wird. Mit ihrer Umgebung von Schnee und Ris hat sie ebenso wenig etvvas zu thun wie die Farbe der weissen Katzen mit jener der weissen Mauern an denen sie sich gerne zu sonnen pflegen. Die Mimicrytheorie leidet auch hier wieder eine vollkommene Niederlage. VI. Ebenso kann auch eine Gleichheit in der Lebensweise oder Umgebung selbst zwischen wenig verwandten Tieren hierzu führen. Demzufolge können bestimmte Organe und sogar der ganze Körperbau sich in derselben Richtung entwickeln, und dadurch, eventuell noch durch irgendwelche daneben auftretende, korrelative, Einwirkung befördert, derartige Uebereinstimmung zustande bringen. Auch wirken dabei gewisse andere, noch nicht gentigend untersuchte Eintlüsse mit. Carl Vogt und Giard vor allem haben schon seit langer Zeit darauf hingewiesen, wie dieselbe Lebensweise zu Aehnlichkeit bei sonst sehr verschiedenen Tieren führen kann. Wenn ein Insekt und ein Wurm zusammen parasitisch in einem Wirbeltier leben, sagt ersterer, werden sie sich dieser Lebensweise gleichermassen adaptieren, was für sie dann auch wieder eine wechselseitige Aehnlichkeit zur Folge hat. Fbenso finde ich die sicherlich sehr richtige Bemerkung von G. Jacobson, dass bei flügellosen Kafern dieses Fehlen der Fliigel bestimmte Eigenheiten im Körperbau entstehen lasst, sodass solche Kafer, die auf einigen Insein, oder auf hohen Gebirge, oder in unterirdischen Höhlen vorkommen, wiewohl zu ganz verschiedenen Familien gehorig, dadurch eine gewisse Aehnlichkeit im Habitus erlangen. In der That sieht man dann auch wie gewisse Organe, welche demselben Gebrauch dienen, sich auf dieselbe Weise entwickeln. So z.B. die Verbreiterung der Grabfüsse bei den Maulwürfen und den Gryllotalpas, die langen Springfüsse der Kanguruhs und Heuschrecken, das Leuchten der Augen be. NaehU.eren be den Katzen z.B. unter den Saugetieren, be. den Eulen unter den Vögeln, bei verschiedenen Sphingiden und Noctuae unter den Lepidopteren, bei dem javanischen sogenannten klapperkafer Heliocopris Bucephalus F. unter den Coteoptewn. Bei den südamerikanischen Ameisenfressern von Geschlecht Myrmicophaga findet man so dieselbe Zunge und stark entwickelte Speicheldrüsen wie bei den australischen nut jenem Geschlecht absolut nicht verwandten aber dieselbe Lebcnsweise habenden Ameisenfressern aus den Geschied te Echidna und Myrmecomus. Die Finnen der Fische und die finnenartigen zum Schwimmen geeigneten Gliedmassen von Walfischen, Seehunden und Seekühen zeigen eine gleiche Uebereinstimmung, sogar bei fossilen Reptü.en findet man dasselbe wieder. Die Flosse des Walfisches, sagt HENSLOW in einem sehr interessanten Aufsatz Mimetic ressemblances in animals and plants in der Februarlieferung/89?^ Science veröffentlicht, gleicht derjenigen des Ichthyosaurus und der Schwanz ist ganz derselbe wie der von Pochen deren Schwanzflosse aus ungleichen Lappen besteht aber liegt allein in horizontaler und nicht in verticaler Richtung. Die Flossen der Rochen erinnern ebenfalls, wenn man sie im Wasser auf- und abwarts sich bevvegen sieht, stark an die Flügel von Vögeln. Auch bei den Seeschlangen hat sich der Schwanz flossenförmig umgebildet und hierin ist c ït cccu tung des andauernden Einflusses deutlich zu erkennen denn auch Süssvvasserschlangen, die aber nicht immer in \\ asser leben, können mit ihrem runden Schwanz sehr gut schwimmen. Was die Coleopteren betnfft sollten so nach OliAU^ unter den Tenebrioniden, die mcist von tienschen und pflanzlichen Ueberbleibseln leben, einige auf lebende Insekten jagen und dann mit ihrer Lebensweise auch die kürPe^fo1™ der Raubkafer angenommen haben; wahrend andere 1 Mist leben, damit das Aussehen der Mistkafer, vor Alk auch deren Grabbeine, erhalten haben. Sowohl bei Vögeln als auch bei Fledermausen und be den alten Pterodactyli findet man das Brustbein gekielt, zur Befestigung der besonders starken Muskein, welche alle diese Tiere gleicherweise zum Fliegenkönnen nütig haben. Und eine Menge Beispiele dieser Art liefert die Vergleichung australischer Beuteltiere mit andersvvo vorkommenden placentalen Saugetieren, wenn beide dieselbe Lebensweise haben. Sogar bei den Pflanzen kommen, wie HENSLOW ebenfalls zeigt, dieselben Blattformen bei allerlei keineswegs verwandten Arten vor, wo sie, wie bei Wasserpflanzen, Alpenpflanzen, zwischen Gras wachsenden Pflanzen u. s. w. unter den gleichen Lebensbedingungen sich befinden. Dies ist das, was Konvergenz genannt wird. Und hierdurch kann also zwischen sehr verschiedenen Tieren eine gewisse Gleichheit bestehen, welche dann als Faktor in Mimicryfallen auftritt, wiewohl sie an und fïir sich sehr unbedeutend sein mag. So ist z.B. was die Zunge und den derselben entsprechenden Schnabel des Kolibri und den Sauger eines Macroglossaschmetterlings betriftt, nur die besondere Lange derselben zu demselben Gebrauch des Honigsaugens entwickelt den beiden Tieren gemeinsam, und besitzen sie auch beide Flügel, die zwar auf sehr verschiedene Weise geformt sind, doch beide ebenfalls beim Honigsaugen aus Blumen in eine zitternde Bewegung gebracht werden, damit die Tiere auf diese Weise auf derselben Stelle in der Luft stillhalten können. Wo dies nun ebenfalls auftritt, d. h. also nur wahrend der genannten Handlung, entsteht hierdurch, vor allem wenn dabei auch noch aus andern Gründen eine gewisse Gleichheit in Farbe und Körperbau sich zeigt, ein bekannter Fall von angeblicher Mimicry. Und gerade wie nun in diesem l all das Hiegen eine gleiche Bewegung hervorruft, welche als I'aktor beim Entstehen einer solchen Aehnlichkeit, die als Mimicry beschaut wird, auftreten kann, so kann dies auch anderswo das Laufen thun, denn, geschieht dies auch bei vierfüssigen lieren anders als bei sechsfüssigen Insekten, die Art der Fortbewegung bleibt doch dieselbe. Fiir belangreich halte ich in dieser Hinsicht sicherlich auch viele der Thatsachen, welche man diesbezüglich von dem grossen Ameisenkenner Erich wasmann in seinem Vortras übcr Die Myrtnekoplulen und Termitophilen, gehalten im Jahrc 1895 auf den Intern. Zool. Congress zu Leiden, verzeichnet findet obwohl dann auch seine durch die derzeitige Mode beherrschte Neigung dieselben durch Mimicry zu erklaren ^ von mir durchaus nicht geteilt werden kann. Vier tunftel der nord- und mitteleuropaischen ihm bekannten Myrmekophilen, grössenteils aus Insekten und ferner aus Arachnoiden und einigen Crustaceen bestellend, so schreibt er, unterscheiden sich im Körperbau oder in der Farbe durchaus nicht von ihren nicht myrmekophilen Verwandten; doch sind daiunter echte Ameisengaste, sogar solche, welche aus dem Mund ihrer Gastherren gefüttert werden und auch wohl nut ihren Fühlern, ganz in der Art der Ameisen, mit diesen konversieren und sie zur Fütterung auffordern. Jeder nun, der, nicht von der Mimicrysuggestion befangen, dies ruhig beurteilt, wird daraus wohl zu der Schlussfolgerung gelangen dass es deshalb für solche Tiere, um in den Nestern der Ameisenarten leben zu können und das sogar in gutem Verhaltniss mit jenen, absolut keine Notwendigkeit ist, und es sogar durchaus keinen Vorteil zu gewahren scheint, auch in Farbe und Gestalt solchen Ameisen zu gleichen. Und wenn es sich dann doch zeigt, dass ein Fünftel der Tiere, die solch Leben führen, nichtsdestoweniger die ihren Stammverwandten eigene Gestalt und Farbe mehr oder weniger verloren haben, und demgemass den Ameisen mit denen sie zusammen leben ahnlich werden, dann muss sich doch daraus zweifellos ergeben, dass deshalb solche Aehnlichkeit, wo sie vorkommt, nichts mit Schutz oder dergleichen zu thun hat, und darum auch kein Grund vorliegt, als Ursache dafür Mimicry anzunehmen; sondern es viel wahrscheinlicher ist, dieselbe hauptsachlich der Uebereinstimmung in Lebensweise und Lebensbedingungen zwischen beiden zuzuschreiben, wodurch solche Tiere, soweit sich dazu bei ihnen bereits genügende Kmpfangli'chkeit entwickelt hat, dieselben Eigentümlichkeiten in Gestalt und Farbe annehmen, welche aus denselben Gründen auch bei den Ameisen, bei denen sie leben, entwickelt sind. Vollkommen stimmt hiermit doch überein was sich bei den andern von WASMANN angefuhrten Fallen zeigt, bei den feindlich verfolgten Gasten namlich, bei denen sich, um gegen die Anfalle der Ameisen gesichert zu sein, allerlei Schutzformen entwickelt haben sollen j dann ist doch auch die Veranderung des lvörperbaues nur die I"olge der Lebensweise und der daraus entstehenden Bediirfnisse. Und sehr klar ist dies auch, wo WASMANN ebenfalls anweist, wie bei vielen Gasten der südamerikanischen Wanderameisen vom Geschlecht Eciton verschiedene Körperteile bisweilen sehr stark dieselbe Form wie die jener Ameisen angenommen haben, und dies vorallem die Fühler, diejenigen Organe, welche bei der hauptsachlich im Dunkeln verlaufenden Lebensweise dieser Tiere von soviel Bedeutung sind, aber wie nichtsdestoweniger die Farbe nicht verandert ist, und also eine Aehnlichkeit als Gesichtseindruck zwischen beiden nicht besteht, welche übrigens bei diesen sehr schwachsichtigen Ameisen nichts bedeuten wiirde. Das Marchen einer Mimicry nicht durch das Gesicht, sondern durch Betastung, dem auch solch ein ernsthafter und gewissenhafter I' orscher wie dieser unter dem Zwang der Modesuggestion nicht entkommen kann, lege man dann ruhig zur Seite. All die Annahmen übrigens alsob I iere, welche, wie die Ameisen mit ihren Gasten, fortwahrend mit einander in Berührung stehen, durch Gesichtstauschung oder solche Kunstmittel, wie der Autor annimmt, jemals so betrogen werden könnten, dass sie ihre Rassegenossen nicht von Fremden sollten unterscheiden können, sind im höchsten Grade unwahrscheinlieh, und absolut im Streit mit dem, was die Beobachtung bezüglich ihres Unterscheidungsvermögen lehrt; zwischen Geschlechtern oder speciellen Kategorien wie Arbeiter oder Königinnen z.B., zwischen Alten und Jungen, zwischen Bewohnern desselben Nestes, resp. Korbes, und andern, wissen Insekten wie Ameisen und Bienen, sogar sehr gut die Unterschiede wahrzunehnen. Jedoch darf auch, wo zwischen den hier gemeinten Tieren diese Aehnlichkeit auftritt, dieselbe darum wiederum nicht ausschliesslich als ein Anpassungscharakter an die myrmekophile Lebensweise angesehen werden; die suggestive Wirkung, welche sub XI naher besprochen werden wird, kann ebenso gut von einigen jener Falie der Grund sein, oder wohl bisweilen mit erstgenannter Ursache zusammenwirken. Sehen wir so wenig verwandte Raupen wie die von Leo- cyma batcoidcs SN. i. litt., ein Nachtfalter, und jcnc von Deudoryx Epijarbas MOORE, ein Rhopalocer,-auf Java, dennoch so sehr in Farbe und Gcstalt einander glcichen, dass ich erstere in der Frucht von Nepheliutn lappaceum L. findend, dieselbc mit der mir seit langem bekannten in der trucht von Durio zibethinus L. lebenden andern Art verwechselte, dann ist es, um so mehr da dieselbe rote Farbe auch andern in Früchten oder Baumen lebenden Lepidopteren-Raupen eigentümlich ist, abgesehen von der Móglichkeit einer Homoeogenesis, wohl fast zweifellos dass diese Gleichheit der beiden ganz gleichen Lebensweise zugeschrieben werden muss; da beide Raupen ganzlich verborgen leben, kann hierbei naturlich der Gedanke an irgendwelche Mimicry nicht auf kommen, und doch ist beider Aehnlichkeit grösser als solche zwischen nicht so verborgen lebenden Tieren, vvelche dann auch fur Mimicry gehalten wird. Und so besteht dann auch eine unverkennbare Uebereinstimmung zwischen Lepidopteren- und Coleopternlarven, welche im Holz oder im Innern der Pflanzen leben; und ebenso zwischen Wurmschlangen (Typhlopiden) und Regenwürmern, und dort auch oflenbar durch eine gleiche Lebensweise entstanden. Ja, sogar haben zwei Arten von Geometra-Raupen, Eupithecia strobilata BKH. und h. Togata HB., durch den Umstand, dass sie in 1'flanzenga en leben, nach Sl'EYER nicht mehr den Spannengang, \vo ür in ihren Wohnungen kein Raum war, und kriechen demzufolge wie i6-füssige Raupen. Wenn nun Schmetterhnge, so wie dies in Süd-Amerika, wie wir bereits sahen, der Kali ist, in Folge geographischer Einflüsse eine wesentliche \ eranderung in der Flügelform erleiden, wird sich hierdurch auch ihre Flugart andern müssen, und kann dies bei sehr vcrschiedenen Arten gleich sein. Liegt es dann, wenn man bei einigen bienenartigen Syntomiden eine sehr starke, eigenartige Entwickelung der Schenkel an den Hinterfüssen wahrnimmt, vermutlich sehr geeignet um Samenstaub zu transportieren und so Pflanzen zu befruchten, wie dies auch bei einigen Hymenopteren vorkommt, nicht auf der Hand, anzunehmen, dass auch hierbei die eigentümliche Lebensweise auf Blumen dieser Lepidopteren, so mit derjenigen soldier Hymenopteren iibereinstimmend, und nicht irgend vvclclie Nachahmung, wohl als die wahrscheinliche Ursache zu dieser gleichen Gestaltung bei beiden übrigens nicht nahe verwandten Insekten gefuhrt hat? Und vvird auch so die sehr auffallende Erscheinung, dass einige der sogenannten Schneckenraupen oder Limacodiden, so genannt weil sie keine Bauchfïisse und Nachschieber besitzend ihren Körper schleppend fortbevvegen wie Schnecken, auch ebenso wie letztere dort, vvo sie krochen, einen schleimigen Streifen hinterlassen, nicht auf dieselbe Weise enklart werden mussen ? Dass namlich, dieselbe langs der Oberflache von Blattern oder anderer Gegenstande schiebende Art der Bewegung bei beiden auch zu einer gleichen Absonderung eines vermutlich das Schieben erleichternden, schleimigen Stoffes geführt haben wird? Es giebt iibrigens auf Java eine Raupe, die von Pompelon marginata GUÉR., welche, wiewohl sie 16 Füsse besitzt und in ihren Bewegungen sehr schnell ist, doch auch solchen Schleimstreifen auf den Blattern zurücklasst. Vielleicht macht eine solche Absonderung es ihr leichtcr sich auf der glatten Flache der Blatter festzuhalten. Es giebt so auch Raupen, wie die von Atella Sin/ia koll. und Messaras Erymantkis DRURY oder Hypaetra renosa Hli. und Athynia Sallmülleri mab. auf Java, oder die von HelI-INS erwahnte Schmetterlingsraupen und Blattwespenlarven, zwischen denen eine wunderbare Gleichheit in Farbe und Gestalt besteht, betreffs der ersteren sich sogar bis zu den Puppen erstreckend, doch welche, wenn man weiss dass sic auch stets neben einander auf derselben Nahrungspflanze leben, wohl denselben Lebensumstanden zugeschrieben werden mag, es sei denn dass dabei auch noch andre Eaktoren auftreten. Denn bei den Raupen von Papilio Memnon L. und P. Polites I,., welche neben einander auf Citrus leben und einander so sehr gleichen, dass die letzteren nur durch die grössere Gestalt von der ersten Art zu unterscheiden sind, was jedoch erst, wenn die Raupen annahernd ausgewachsen sind, wahrgenommen werden kann, tritt dabei sicher auch Homoeogenesis auf; beide Arten sind doch sehr verwandt und demnach aus einem gemeinschaftlichen Stamm abkömmlich; aber ist es nun die Homoeogenesis allein, oder wohl die Aehnlichkeit der Lebensbedingungen, oder sind es beide, denen hier Rechnung getragen werden muss Auch die Genera Atella und Mcssaras sind sehr verwandt. Die indischen Insektenfresser vom Geschlecht Cladobates werden vielfach mit Eichhörnchen verwechselt, und dies, obwohl ihre Aehnlichkeit nur eine sehr oberflachliche ist; aber da beide echte Baumtiere sind, besitzen sie dadurch sowohl in der Rindenfarbe ihrer Haarbekleidung als auch in ihren Bewegungen soviel Uebereinstimmendes, offenbar durch die Gleichheit der Lebensweise entstanden, dass dies sie einander ahnlich werden lasst. Nun weist doch alles darauf hin dass in der Natur eine gewisse Tendenz herrscht ura bisweilen selbstandig, d. h. ohne dass sic mit einander etwas zu thun haben, dieselben Formen hervorzubringen, urn so zu sagen, sich se st zu wiederholen. Dies wird sub VIII naher behandelt werden; ich möchte aber diesbezüglich hier gleich bemerken dass es hierdurch in einigen Fallen, worin sich eine derartige Uebereinstimmung zwischen solchcn lieren zeigt, unsic er uir ob, wenn bei ihnen übrigens eine gewisse Gleichheit in der Lebensweise besteht, nicht ausschliesslich hierin der Grund dafür zu suchen ist. So giebt es sehr kleine Crustaceen, nicht grösser als Fliegen, wie Pontellina mediterranen CLAUb., 1 ohtellina plumata PANE, Copilia vitrea HAECKEL und Catacalanus DANA, welche in geringer Höhe über der Seeoberflache fliegen, und dafür kleine Federn an der Vorder-oder H.nterextremitaten oder an den Füssen besitzen. Steht nun das Entstehen dieser Federn ebenso wie bei den Vogeln in Verbindung mit dem Flugvermögen ? Besteht solch Zusammenhang auch betreffs der Federform der Flugel von den 1 teroMf'-rt-Schmetterlingen ? Sicherlich ist dies fur das Hiegenkönnen nicht unbedingt nötig, doch besteht dabei in dem Gebrauch dieser Organe eine gewisse Uebereinstimmung mi demjenigen der Vogelfedern, welche zu der Gleichheit in der Géstalt geführt haben kann; sogar bei der federartigen Gestalt einiger Pflanzen wie des Bambus, der Farrenblatter, kann man an einen derartigen Einfluss denken, namlich an den des Windes als solche Pflanzenformen entstanden. Aber dieselbe Federform trifft man auch vielfach an bei den Antennen der cTcT von vielen Heteroceren und ebenso bei dencn einiger Coleopteren und Dipteren, und dort lasst sich derselbe Ursprung doch schwerlich annehmen; übrigens auch bei anorganischen Gestaltungen kommt dieselbe vor, wie bei den bekannten Eisblumen auf Fensterscheiben ? Es ist deshalb nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Allein scheint uns klar zu sein dass solches in einigen Fallen, von denen hier oben mehrere aufgezahlt sind, der Fall sein muss, und dass es dann einen Faktor von derartiger wechselseitiger Gleichheit bilden kann, dass er als Mimicry angesehen wird. Wo man unter ganz denselben Lebensbedingungen bei verschiedenen Tieren ein gleiches Atrophieren derselben Organe antrifift, darf man auch wohl annehmen, dass diese gleichen Bedingungen dazu gefiihrt haben werden und so eine Aehnlichkeit hervorgerufen haben, welche eventuell auch als Faktor in der Zusammenstellung einer Mimicry auftreten kann. Man findet dies z.B. hinsichtlich der Augen bei Tieren verschiedener Ordnungen, welche in der Uunkelheit unterirdischer Höhlen oder dergleichen leben; auch bezüglich der Flügel bei allerlei Insekten, welche auf Insein vorkommen. Jedoch muss man auch hier sehr vorsichtig urteilen, denn auch in solchen Fallen können wohl verschiedene Ursachen denselben Effect hervorrufen. So lese ich, dass auf den Kerguelen-Inseln auf dem sogenannten Kerguelenkohl (Pringlea antiscorbutica R. I5R.) zwei Dipteren leben Amalopteryx maritima ETN. und Calycopteryx Mosleyi ETN. deren Flügel verkümmert sind, und dass dies offenbar eine Anpassung an das Inselleben sei, ebenso wie bei gewissen Kompositen der Robinsoninsel Juan Fernandez {Robi?isoniaa.rtcn), \\o der sonst als Fliegorgan dienende Pappus frühzeitig hinfallig wird, was dann verhindert dass jene Tiere — resp. Samen — vom Winde auf den weiten Ocean entführt werden. WALLACE erwahnt sogar ein Heterocer und mehrere Coleopteren der erstgenannten Insein, welche dieselbe Atrophie zeigen. Was diese Insekten betrifft, kommt mir der hier angegebene Grund für jene Atrophie nun an und für sich bereits sehr wenig wahrscheinlich vor, denn wenn der Wind zu stark ist, werden dieselben wohl meist nicht fliegen und sich zu verbergen oder irgendwo gut festzuhalten wissen, wie man das auch anderswo beobachten kann. Viel wahrscheinlicher würde es sicher sein anzunehmen, dass solche Insekten auf einer Insel, wo zum Fliegen so wenig gute Gelegenheit besteht, und wo ubngens die geringe Ausdehnung es vielleicht auch sehr wenig nóti& macht, dies Vermogen je langer urn so weniger angewendet haben — es giebt ja doch verschiedene Insektenarten, die davon sehr wenig Gebrauch machen — und dass demzufolge ihre Flügel allmahlich verkümmert sein werden. Und falls die Kerguelen-lnseln Ueberbleibsel sind eines früheren festen Landes, dann kann dieser Frozess sich allmahlich wahrend der Abtrennung der Insel vom Festlande dort vollzogen haben; waren jene Insekten von andern Gegenden und demnach fliegend auf die Insel gekommen, dann müsste man fragen, wie haben denn, wenn das Fliegen dort so gefahrhch ist, die zuerst dort angekommenen es da aushalten konnen f Merkwürdig ist es nun wieder, wie auch hier diese These , auf echt darwinistische Weise zurechtgestutzt worden ist. Gerade dasselbe erzahlt namlich WALLACE auch betrefls des Eilandes Madeira und zwar ebenfalls wegen der heftigen dort wütenden Orkane. Nun findet man jedoch dort ausser Insekten mit atrophierten Flügeln, auch solche, bei denen sich diese Organe sogar starker entwickelt haben als bei ihren Stammverwandten auf dem Festland. Dies scheint a so mit jener Sturmtheorie nicht gut in Einklang zu brinken zu sein. Aber keine Sorge, davor schreckt ein echter Darwinist nicht zurück. Ich erinnere mich aus meiner Jugend an einen Mitstudenten, der stets Recht haben wollte. Als nun einmal darüber gesprochen wurde, welches wohl die besten Flatze im Theater seien, behauptete er, dass er die ersten Reihen vom Farquet dafür halte. Ein andrer bemerkte darauf, dass dies sicher die besten 1'latze waren, um das, was au Bühne gesprochen würde, zu verstehen, dass man dagegen von dort aus nichts vom Fublikum sehen könne. O, antwortete darauf der erstere, .dann dreht man sich einfach um . So wird auch hier die darwinistische Auflösung gefunden. Für einige dieser Insekten, sagt man nun, waren Flügel dort für ihr Bestehen nicht absolut notwendig und bei diesen atrophierten sie mit Rücksicht auf die starken Winde, aber bei andern, die sie vvohl durchaus nötig hatten, werden sie gerade starker und daher befahigt dieser Gefahr Widerstand zu bieten. Jede Art passte sich so, je nach seinen Bedürfnissen, den Umstanden an. So schneidet — wie das hollandische Sprichwort sagt, — das Messer immer an zwei Seiten. Aber unglücklicherweise stimmen nun die neusten und besten Beschreibungen dieser Insel hierin überein, dass sowohl Madeira als auch die Canarischen Insein durchschnittlich sehr wenig .von starken Winden zu leiden haben. Hiermit ist also diese schone Supposition vvohl ganz vernichtet und bleibt allein die Erinnerung an ihre charakeristische Begründung, als eine gute Warnung gegen soviele andere derselben Art, übrig. Sicher ist es übrigens möglich, dass eine gleiche Ursache auf beiden Insein dieselbe Wirkung ausgeübt hat, das kühlere Seeklima z.B.; es ist u. a. eine Thatsache dass die Coleopteren im Allgemeinen in dem kühleren Holland viel weniger Gebrauch machen von ihren Flügeln, als wie man es in dem indischen Archipel oder in Nord Afrika beobachten kann. Aber das Gegenteil ist auch möglich; überall findet man Insekten mit atrophierten Flügeln. Und iiberdies zeigt sich dieselbe Erscheinung auch unter den Vögeln, bei denen auch sicherlich solche mit zum Fliegen unbrauchbar gewordenen Flügeln hauptsachlich auf Insein vorkommen, aber doch auf solchen Insein, die eigentlich Festland bilden, wie Neu-Seeland, Neu-Guinea, Madagaskar und vor allem Australien, wahrend die Strausse in Afrika und Amerika leben. Uebrigens hat selbst der Kulturzustand bei den zahmen Hühnern auch bereits einen starken Zurückgang der Flugcraft zur Folge gehabt. Was die hier so treffend mit der erwahnten Supposition übereinstimmenden Robinsoniaaxten angeht, so halte ich sie in dieser Hinsicht für ebensowenig annehmbar; hierauf werde ich jedoch ad XL zurückkommen. Ein Beweis für solch ein physiologisches Entstehen derselben organischen Formen, wo die gleichen Umstande dazu dringen, kann auch wieder aus dem Studium des Menschen auf psychischen Gebiet analogisch sich ergeben. Wie die Ethnologie dies deutlich erwiesen hat ist der pnmitive Mensch ganz selbstandig auf vielen verschiedenen Platzen, in g^wissem Grade sogar beinahe überall, zur Erfindung derselben Waffen oder anderer Geratschaften, Verzierungen und Einrichtungen — wie z.B. der Pfahlbauten — gelangt, wiewohl er sich dabei in der Wahl der Grundstoffe natürlich nach den lokalen Verhaltnissen richten musste. Dieses phychische Factum ist doch offenbar ganz analog dem anderen physiologischer Art, und ohne Zweifel war es bei dem ersteren die Gleichheit im Bedürfniss, in Verbindung mit dem Geeignetsein der Mittel welche zur Befriedigung desselben dienen konnten, die auc i zu der Gleichheit in der Form führten. Aber auch hier wieder sei man doch stets vorsichtig mi Hypothesen. Denn auch wo die obengemeinte Gleichheit von Lebensbedingungen vorhanden ist, können mchtsdestowemger verschiedene Tiere sehr verschiedene Körperformcn besitzen. Kennzeichnend ist z.B. für die Tagfalter, welche typische Tagestiere sind, ihr dünner langlicher Korper im Vergleich mit dem der Nachtfalter, die ebenso typische Nachttiere sind; aber in der sehr nahe mit den Lepidopteren verwandten Ordnung der Dipteren besitzen nun solche echte lagestiere, wie die Fliegen gerade den dicken kurzen Korper wahrend derselbe dünn und langlich ist bei den Mucken, unter denen viele Arten vorkommen, die gerade ein nachtliches Leben führen. VII. Auch können örtliche Veianderungen in den Geweben, welche die aussere Bekleidung bilden, an diesen Stellen eine besondere 1 ign entabsonderung entstehen lassen, es kann eine starke Muskelentwickelung zu einer êntsprechenden örtlichen Pigmentbildung in solchem Gewebe führen, wodJrch bereits an und für sich ein Faktor für Mimic^ stehen kann. Aber es kann dies auch bei sehr verschiedenen l iere in derselben. Weise geschehen und dann dabei Gleichheit und Farbenzeichnung auf demselben Körperteil verursac len. In seiner Einführung in die Kenntniss der Insekten sagt H. J. Kolbe, dass nach H. Hagen in seinem Color and Pattern betitelten Werk, am Kórper vieler Insekten Bander und Flecke vorkommen, die durch die Entwickelung von Muskeln entstanden sind. So sollen die dunkeln Streifen an den Seiten des Thorax bei den Libellen dadurch hervorgerufen sein, dass dort die kraftigen Brustmuskeln liegen; wahrend auch die Zeichnungen auf dem Kopf dieser Insekten den Ansatz angeben sollen der zu den Mundteilen gehörenden Muskeln und die Bander auf den Hinterleibsegmenten entstanden sein sollen durch die Muskeln des Hinterleibes. Wie auch dass Zeichnungen durch dieselbe Ursache entstanden, auch bei den grossen Cicaden angetroffen werden. Es scheint also wohl, dass, falls an bestimmten Stellen durch eine besondere Entwicklung dort anwesender Organe ein gewisser Druck gegen das ausserste Gewebe solcher Tiere stattfindet, dies dort eine besondere Pigmentabsonderung zur Folge haben kann. Auf solche Weise sah ich dann auch mehrere Male sich besondere Pigmentabsonderungen bei Raupen bilden, dort wo in demselben Gewebe eine gewisse Verhartung entsteht. In meiner in der Niederl. Tijdschrift voor Entomologie im Jahre 1888 veröffentlichten Studie Ueber die Entwickelungsgesckickte einiger javaniscken Papilionidenraupen wies ich bereits darauf hin, dass wenn bei der Raupe von Papilio Agametntion l. das Paar Dornen auf dem Rücken des 3ten Thoracalsegmentes sich auf Kosten der Dornen auf den beiden anderr dieser Segmente besonders stark zu entwickeln beginnt, dann um die Basis dieser Auswüchse auch ein Ring von orangefarbigen Pigment entsteht. Ebenso in meiner Studie Ueber das Hom der Sphingiden Raupen, wie bei den evolutionellen Verschwinden des sogenannten Hornes bei einigen Raupen, so z.B. bei der von Pterogon oenotherae esp. sich auf ihrem Körper dort ein runder hornartiger Fleck bildet und dann zugleich eine besondere Pigmentabsonderung, welche so einen sogenannten Augenfleck zeigt. Nicht zu verkennen ist es auch dass, wo man die eigenartigen, senkrochten, weissen Seitenstreifen auf dem Kopf der jungen Raupe von Acherontia Lackesis f. sich auch auf Auswüchsen unten an diesem Körperteil fortsetzen sieht, und dasselbe bei den Seitenstreifen auf dem Kopf der Raupe von Cyllo Leda L. langs der sogenannten Hörnern wiederfindet, wohl an einen gewissen Zusammenhang zvvischen dieser speciellcn larbenzeichnung und jenen eigenartigen Verlangerungen gedacht werden muss; auch die so merkwürdige Fortsetzung des schrag aufwarts laufenden Seitenstreifens der Ornithopteren-Raupen auf einem ihrer Rückenanwüchse, erinnert hieran '). Sicher 0 Ich kann nicht unterlassen diese Gelegenheit zu ergreifen, um hier einmal die raorphologische Entwickelung einer eigenartigen Farbenzeichnung zu erklaren, die bei den Raupen von Pafilio Memnon ... und aueh bei verschicdenen anderen Raupen von demselben Typus vorkommt. Wenn man die Raupen der genannten Art betrachtet, wozu die nicht sehr gut gelungene abei zu diesem Zweck vollkommen genügende Abbildung der Raupe der erstgenannten Art von mir auf Tafel 8, Figur 3 in der niederlandischen Tjds.hr,ft voor Entomologie Bd. XXXI z. B. die Gelegenheit bietet, dann wird man finden, dass sich auf jeder Seite, gerade über dem 2™ Bauchfuss, ein ziemlich breiter eigentümlich gefarbter Streifen schrag rückwarts nach dem Rucken zu erhebt und sich dabei auch auf dem folgenden Abdominalglied ausbreitet, in der Weise dass die von beiden Seiten kommenden Streifen einander nntten auf dem Rücken dieses letzten Gliedes begegnen. Ferner sieht man auch uber dem 4cn Bauchfuss den Anfang von solch einem Streifen, der sich jedoch nich bis auf das folgende Glied fortsetzt. Was bedeuten nun diese Streifen. Erst bei der letzten Hautung treten sie bei den Raupen auf: darwinistisch mussen sie also ohne Zweifel einen gewissen Vorteil darstellen erlangt im Kampfums Dasein: vielleicht irgendwelchen Schutz oder eine Warnung oder etwas der artiges. Wenn man nun jedoch weiss, dass diese PafihJs abstammen von Ornithopteren und ihre Raupen sich dann auch aus der alteren torm entwickelt haben, welche noch bei derjenigen der gegenwartigen Ornithopteren und bei einigen Papillot angetroffen wird, und man ennnert s^ch dann daran, dass, was bei so vielen dieser Omithopterenraupen sofort auffallt, der eigentümlich weiss oder rötlich-weiss gefarbte Streifen ist, der sei es von demselben Glied sei es von dem vorhergehenden, naml.ch dem des ersten Paares Bauchfüsse, von den Seiten schrag rückwarts nach oben lauft und sich auf dem folgenden Segment fortsetzt, dann wird es deutlich, dass jene Sti eifen auf der Raupe von Pafilio Memnon 1.. nichts andres s.nd als diese selben Ornithopterenstreifen. Ihre Eigentümlichkeit, welche bei kernen andern Raupen angetroffen wird, macht dies zweifellos: offenbar sind sie identisch. Aber in der grossen evolutionellen Veranderung, welche die 1-arbe und Gestalt der Raupe ganzlich erfahren haben, sind auch diese Streifen sehr mod.fic.ert; und sogar kommt jetzt, wie gesagt, über dem 4=» Bauchfuss noch eu> zwei,er vor, der jedoch weniger kraftig entwickelt ist. Dieser ist naml.ch eine Folge von derselben korrelativen Erscheinung, auch bei vielen andern Raupen wahrzunehmen, dass Zeichnungen oder Auswüchse, welche auf einem Segment ist es nun dass einige solcher spcciell gefarbten Verdickungen der ausseren Bekleidung von Lepidopteren-Raupen Mimicryfaktoren sind. Die runden etvvas hervortretenden Flecken, welche in der Schlangenmimicry der Raupe von Papilio Memnon L. und P. Polites L. die Rolle der Schlangenaugen spielen, sind von dieser Art, und die Schlangenmimicry der Raupen von Hebotnoia Glaucippe L., welche, wie dies auf Seite 22 bereits mitgeteilt wurde, trotz der Kleinheit des Tieres sehr stark ist, wird grossenteils, was die Augen betrifft, durch solche besonders gefarbten Knótchen auf beiden Seiten des 3'en Thoracalsegmentes befindlich, hervorgerufen. Aufmerksamkeit verdient es sicherlich auch dass bei solchen Sphingidenraupen, bei denen die sogenannten Augenflecken und dadurch die Schlangenmimicry stark entwickelt sind, sich diese gerade auf dem ersten Abdominalsegment befinden, und dies bei solchen Raupen besonders verdickt ist, also auch wohl eine aussergewöhnliche Muskelentwicklung besitzen wird; unisomehr, da dann auch haufig an den Seiten der andern Abdominalsegmenten derartige Flecke vorhanden sind, doch stets viel weniger stark und bisweilen nur rudimentar entwickelt. Und die eigentiimliche haufig zickzackartige Bandzeichnung der Hinterflügel von viele Rhopaloceren wird, wenn meine Ansicht wenigstens richtig ist dass diese Flügel früher einen wesentlich grosseren Umfang gehabt haben, auch wohl als eine Anhaufung von Pigment langs der Riinder, wo diese Umgestaltung stattgefunden hat, aufgefasst werden mussen. So können also auch specielle Pigmentanhaufungen durch Verhartungen oder Verdickungen in, oder Druck auf die volkommen, oft auch auf einem mehr rückwiirts gelegenen Segment sich wiederholen, doch weniger entwickelt. Siehe da eine phj logenetische Erklarung dieser eigenartigen Zeichnungen auf dem Körper der genannten Raupen, welche dieselbe sicher besser und mehr den Thatsachen entsprechend verdeutlicht als die Phantasien über Nützlichkeit oder die Eimersche Theorie dazu im Stande gewesen waren. Ich bezweifle darum nicht, dass ein eingehenderes Studium auf diesem Punkt noch dahin führen wird, andere solche eigentümlichen Zeichnungen von sogenannter warnender Art oder dergleichen, auf dieselbe Weise zu erklaren. aussere Bekleidungen von Insekten verursacht, zwischen welchen und dem behaupteten Zweck der Mimicry absolut kein Zusammenhang zu beweisen ist oder sich auch nur vermuten lasst, eventuell als ein Faktor in einer Mimicry auftreten; auch kann in dieser Hinsicht dasselbe bei sehr verschiedenen. Tieren vorkommen und sie dadurch einander ahnlich machen. Ad XV wird bei der Besprechung der Mimicry eimger Astraupen noch ein Fall behandelt werden, wobei vermuthch das hier Angedeutete stark zu dieser Frscheinung mitwirkt. VIII. Nicht seiten reproduziert die natürliche Entwickelung von sehr verschiedenen Tieren Bildungen derselben Art, die dann, obwohl sie nichts miteinander zu thun haben, sich anhlich werden, und besonders mit anderen der hier aufgeführten Faktoren zusammen, zu der genannten trügerischen Gleichheit beitragen können. Oben ad VI ist bereits darauf hingewiesen dass bisweden aanzlich verschiedene Tiere Organe von gleichen Aussehen besitzen und dass es dann für zweifelhaft gehalten werden kann, ob dabei eine gleiche Ursache zu gleichen Folgen geführt hat oder dass diese Uebereinstimmung nur die Folge von Zufall ist. Manchmal folgt die natürliche Entwickelung bestimmter Organe bei sehr verschiedenen Tieren denselben Weg. So bemerkt elmer z.B., dass bei einigen absolut nicht verwandten Medusen und Würmern gleichartige Gehörorgane vorkommen sollen. So hat auch bei einigen Mollusken das Gesichtsorgan eine Entwicklung genommen, welche dies demjenigen der Vertebraten sehr nahert, und spiegelt sich dies dann auch sehr deutlich in dem ausserlichen Aussehen der Augen dieser Tiere ab. Ebenso bcfinden sich bei einer Anzahl mannlicher Coleopteren — neben dem Kopf auf sehr verschiedene Weise geformte Auswüchse, vermutlich nur von secondarer sexueller Art, wie sie auch bei Vertebraten so allgemein sind, aber die bei alledem wiewohl physiologisch von gleicher' Bedeutung morphologisch von ganz andrer Art sind. Wahrend doch die dor Lucaniden nicht andres sind als umgestaltete Kiefcrn, werden sie bei vielen andern Coleopteren, wie z.B. die von dem Cetonidengenus Dicranocephalus, welche viel denen der Lucaniden gleichen, durch Auswüchse des Thorax gebildet. Bei den Pflanzen sieht man, dass eine Anzahl unter einander sehr verschiedener Schlingpflanzen dasselbe Klettervermögen erlangt haben, ebenso kommen sehr eigentümliche Einrichtungen urn lebende Nahrung zu erlangen bei allerlei, ebenfalls sehr verschiedenen, Insektenfressenden Pflanzen vor. In diesen Fallen kann man nun noch wohl an denselben Drang geboren aus demselben Bedürfniss denken; vielleicht muss so auch die Uebereinstimmung zwischen den hornartigen Kiefern der Schildkröten und dem Schnabel der Vogel auf dieselbe Weise aus gleichen Bedürfniss entstanden aufgefasst werden; aber kann man nun auch solch einen Zusammenhang finden in der merkwürdigen Gleichheit der Form zwischen den microscopisch kleinen Zahnen auf der Reibeplatte von einigen Schnecken und den Zahnen von einigen Haifischarten; oder zwischen der Gestalt der Schlangen und derjenigen der Aale. Schwer lasst es sich auch einsehen dass die sicherlich sehr aufifallende Uebereinstimmung im Körperbau der heutigen Kanguruhs un der vorweltlichen Dinosauriër auf eine derartige Weise zu erklaren sein sollte. Und zweifellos ist es weiter nicht als ein Spiel des Zufalls wenn einige Raupen von Limacodiden vom Geschlecht O'rthocraspeda HAMI'S., wie die von O. trinia MOORE und 0. Sordida SN. sehr im Kleinen natiirlich die eigenartige Form des Kofferfisches Ostracion L. wiedergeben. Es kann deshalb wohl nicht bezweifelt werden, dass nur zufallig, durch eine gewisse Naturwiederholung, bisweilen auch eine Aehnlichkeit in der Gestalt sehr verschiedener Tiere entstehen und auch hieraus ein Faktor für Mimicry hervorgehen kann. Die ebenerwahnte Aehnlichkeit zwischen Schlange und Aal ist sogar bereits genügend um manchen Menschen einen Widerwillen gegen das Essen einer solchen Fischart einzuflössen, und wirkt also mit Hiilfe der menschlichen Einbildung in der That abschreckend wie eine wirkliche Mimicry. IX. Es kommt auch vor, dass verschiedene Tiere, die dieselbe Nahrung haben, falls diese einen bestimmten Farbstoff enthalt, von demselben gïnzlich durchzogen werden, und demzufolge nut jenem Nahrungsstoff, also auch untereinander, in der Farbe gleich werden. Kanarienvögel mit Cayennepfeffer gefüttert sollen dunkier gefarbt werden und Goldfinken mit Hanfsamen sogar schwarz; der gewöhnliche grüne Amazonenpapage. {Chrysotis amazonicus L.) soll mit dem Fett von gewissen F,schen ernahrt schön rot und gelb marmoriert werden. Ich habe auf Java beobachtet, dass verschiedene die Blatter von Vms dtscolor BL. und auch von Begonia fressende Spingidenraupen ganzHch von dem darin befindlichen roten Farbstoff durchzogen werden und so durch diesen ganz zufalhgen Umstand e.ne gewisse Aehnlichkeit in der Farbe bekommen. POULTON meldet dasselbe von der Raupe von Phlogophora meticulosa i Unter Lepidopteren kommt dies nur, so viel mir bekannt ist, zwar sehr wenig vor. Wohl ist von versch.edenen Autorcn viel über den Einfluss der Ernahrung sowohl auf die Farbe der Raupen als auch auf die Form der darausgezuchteten Schmetterlinge mitgeteilt. Bereits vor langer Ze. wurden von MlVART berichtet, dass aus einer gewissen Anzahl Puppen einer Saturniaart, die aus Texas nach der Schwe.z gebracht waren, sich dort, nach dem sie einen Winter dort gebheben waren, Schmetterlinge entwickelten, vollstandig ubcreinsti mend mit den Exemplaren in Texas, aber, dass spater, als aus von ihnen gelegten Eiern wieder junge Raupen s.ch entwickelten und mit Juglans regia L. gezuchtet wurden wahrend diese Art in Texas auf Juglans mgra L. lebt, nun daraus Schmetterlinge kamen, welche sowohl in barbe als auch in Gestalt sich absolut von der Stammart untersch^eden. Aber vollkommen genügend ist die Richt,gkeit dieser Wahrnehmung nicht. Und auch verschiedene andere derartige Thatsachen hier und dort erwahnt, bleiben noch höchst zweifelhaft- ein so gründlicher, unermüdlicher Raupenzuchtcr wie M. STANDFUSS kann dafur keine Bestatigung finden. Injedcm Kali darf man dafürhalten, dass, falls es auch cinmal statt- findet, dies doch cbenso wie bei Vererbung von Verstümmc- lungen aufisolierte Falie beschrankt bleibt. Wie auch Püiu/roN vermutet, kann solches sich vielleicht bei anderen mir weniger bekannten Tiere, vor allem bei Meerbewohnern, zeigen; nach ^ BEDDARD sollen z.K. an den Kusten von Neu-England rote Fische vorkommen, welche ihre Farbe erhalten von den roten Crustaceen, wovon sie leben, welche dieselbe ihrerseits wieder von den ihnen als Nahrung dienenden roten Algen aus dieser See bekommen, und soll auch eine gewisse Anne- lide dort gelb sein durch die gelbe Farbe eines Seeschwammes von welchem sie sich nahrt. Ich kann diese Thatsachen nicht naher untersuchen aber auf die Möglichkeit eines solchen Ursprunges der Farbengleichheit muss doch hingewiesen werden. X. Es ist eine Thatsache, dass die Farbe einiger Tiere unter dem Eindruck von heftigen Gemütsbewegungen unbewusst zeitlich sich mehr oder weniger stark verïindern 1-ann. Es ist gleichfalls bekannt, dass ihre Farbe nach einem kuizen, ja sogar sehr kurzen Aufenthalt 111 einer anderen als ïhrer früheren Umgebung sich in Verbindung mit jener der neuen venindern, also sich derselben anpassen kann Und da nun ferner konstatiert ist, dass dies Vermogen der Farbenveranderung verloren gehen kann, wenn solche Tiere des Gesichtes beraubt werden, muss also angenommen werden, dass auch in dem letzten, ebenso wie in dem ersten Fall, diese Veranderung durch Zuthun einer Nerventhatigkeit vor sich geht; dann aber sicher infolge von Eindrucken, die vermittelst des Gesichtes empfangen sind. Es ist 111 dieser Hinsicht sogar keineswegs unmöglich, dass einige Tiere wenigstens die Macht besitzen, willkürlich dieses Vermogen wirken zu lassen. Beobachtungen betreffs Cephalopoden machen dies sehr wahrscheinlich, und im allgemeinen ist dies Vermogen offenbar so sehr analog der Fahigkeit, welche viele derselben zweifellos willkürlich besitzen, um das Wasser, in dem sie sich befinden, wenn ihnen Gefahr droht, durch das Absondern eines Farbstoffes oder durch das Aufwuhlen von Sand trübe und damit sich selbst unsichtbar zu machen oder um als Verteidigungsmittel gegen ihre Feinde stark nechende oder scharfe Flüssigkeiten auszustossen, dass auch darum ch zu solch einer die Möglichkeit, annehmbar Zl sS^reTfn^em Falie, dass eine sehr grosse E.pfindHchkeit für solch eine Nerventhatigkeit, welche, veranlasst durch d.e nut dem Gesichte wahrgenommene Farbe der Umgebung, d.e .hnge s.ch an,lern lasst, bei vielen Tieren vorhanden se.n muss. Es ist bekannt, dass bei cinigen Tieren die Farbe gemass ihrer Umgebung verandert. Das Chamaleon ist dafur das von alters her bekanntc licispicl; von den, E.dechsengcschlecht _ Auolis sagt BORGER, dass sic die Süd-amer,kanischen Chamtel JU da sie die Fürbung ihres k.upers m .«hem Malse zu verandern vermogen. Braun, Gold, Rot und glanzend metallisches Grün Buten in wenigen Augcnbhcken bc, dcmselbcn Tier in einander. Dassclbc kommt jedoch ,n starkeren, oder geringe,en, Gradc bei vielen ander,, T.eren vor, Z B. bei l-Voschen und Laobfröschen. Bei den Ccphalopoden ist es auch in hohem Masse der Fall. Die Tintenfische, sagt Sïdnkv J. HicRSON (A naturahst in Nor,!, CM.s) weel,sein langs de, Korallennffe schw.mmend fortwahrend ihre farbe, je naeh dem sie emen verseh«denfarbigen Grund passieren. Von ein.gen wlfkllchen 1 ischen " die, Vermogen cbenfalls bekannt, doel, nut der E.nsehrSnkung, das» dabei die Veranderung mch so plotzl.cl, auftritt sondern erst „ach einiger Zeit. So soll nach JONES Tn, protective colonr in amn.ah, The XX century •lS») die Farbe de, Forellen, w.nn diese aus helleren, ,,, ruberes Wasser ode, „mgekeh,t gebracht werden, den folgenden Tag auch demcntsprechend verandert se.n, und soll nach den Untersuchungen von C™N.NO„AM ^ inadem sie sich befindet ander..; namlich wohl nicht die Farbe desselben annehmen, sondern in Verbindung damit heil oder dunkel oder sogar marmoriert werden. Eine Anzahl Wahrnehmungen .st auch bekannt bezüglich des Vermogens verschiedener Spinnen urn ebenfalls nach einiger Zeit die Farbe von Blumen, auf denen sie sich befinden, anzunehmen. So liest man in der roe. Ent. Soc. of London July j. 1878, dass nach F. Nottidge weisse § , der Spinne Thomisus citreus walck. auf den weissen Blüten des Flieder lebend, ein paar Wochen spater als dieser Flieder nicht mehr blühte auf Orchis mandata L. gefunden wurden, aber dort rotbraune Flecke bekommen hatten, entsprechend der Farbe jener Pflanze. So hat E. heckel im Bulletin scientifique XXIII 2< partie mitgetcilt, dass die Spinne Thomisus inustus walck. innerhalb vier Tagen die harbe der Blume annimmt auf welcher sie lebt. Er soll die Erfahrung gemacht haben dass derartig gefarbte Spinnen im Dunkeln bewahrt langsam ihre Farbe verlieren, doch dann auf weisse, rötliche oder hellrote Blüten von Convolvulus arvensis l., auf eine Lila Dahlia ca van und auf einer gelben Antirrhmum 1.. gesetzt, auch die Farben dieser Blumen annehmen. Auch von einer westafrikanischen Spinne vom Geschlecht Argyopes sav. wird von Bell (Nature XIII) berichtet dass sie in ihrem Gewebe sitzend hellblau aussieht, bei Berührung weiss wurde, und, als man das Netz, in welchem sie gefangen war, schuttelte, grünlich braun. Wo Trimen dann mitteilt dass er in Südafrika Spinnen fand, die Blumen so ahnlich waren dass sie auf diese Weise Schmetterlingen fingen, und ich dasselbe einmal auf Celebes beobachtete, als ich mich einem Falter, der auf einer gelben Blume sass und eigentümliche Bewegungen machte, nahernd, bemerkte dass er durch eine gelbe Spinne gefangen war, welche auf der Blume nicht von derselben zu unterscheiden war, ist es wohl wahrscheinlich dass bei diesen Fallen auch solche Farbenveriinderung stattgefunden hat. Kolbe berichtet so in seinem bereits erwahnten Werk von zwei amerikanischen Kafern durch SallÉ in Mexiko und durch de Lacerda in Brasilien wahrgenommen und vermutlich zu den Cassididen gehorend, welche plötzlich sehr stark ihre Farbe verandern können. Nach C. Sc iir(')ijer (Experimental-Unterstichtingen bei den Schmetterlingen und deren Entwicklungszustdnden. III. Wochenschrift für Entomologie'I N\ 12) soll etwas derartiges auch bei der Raupe von Eupithecia oblongata thumb. der Fall sein. Betiefts eine andere Eupithecia ist es auch von SPEYER in der Stettiner Ent. Zeitschrift 1883 berichtet. Ich muss jedoch hierbei bemerken, dass ich bezüglich dieser Eupithe«araupen noch stets ziemlich sceptisch gestimmt geblieben bin, da doch mein früher geaussertes Vermuten, dass diese Raupen einer gleichen Farbenevolution sollten unterworfen sein wie die Sphingidenraupen durch die Abbildungen von Thepliroclystis dmentiata dietze in der Deutschen Ent. Zeitschrift {Iris) Bd. XIV veröffentlicht, durchaus bestatigt ïst, und unter diesen Umstanden, bei dem Bestehen einer so bestimmten Richtung soweit die Farbe betriftt, die \\ irkung jenes Vermogens wohl nicht unmöglich aber doch sehr zweifelhaft wird. bateson beobachtete dass die Raupen von Atnphidasys betularia L. ihre Farbe andern je nach dei I arbe des Zweiges auf dem sie sich befinden. Die Raupen \on Urapteryx sambucaria L. gleichen, wenn sie auf 1-heder leben, den Fliederzweigen. kallenbach teilte jedoch am 25 Januar 1891 auf einer Versammlung des Nied. Ent. Vereins mit, dass sie auf Pappeln lebend den dünnen Zweigen dieses Baumes gleichen, aber dann auf Epheu gesetzt auch die Farbe der Epheuranken annehmen und nicht zu unterscheiden sind von Raupen, die immer auf Epheu gelebt hatten. Auch ein so guter Kenner der niederlandischen Raupen wie snellen bestatigte mir dies, fügte jedoch hinzu dass er auch bisweilen auf Epheu Raupen dieser Art gefunden hatte, welche nicht die Farbe der Ranken dieser Pflanze angenomnren sondern die normale behalten hatten; was also auch hier wohl auf eine verschiedene individuelle Empfindlichkeit dafür hinzuweisen scheint. Auch von der Raupe von Boarmia lichenaria hfn. wird gemeldet, dass sie ihre Farbe wechselt je nach den verschiedenen Baummoosen, auf denen sie angetroffen wird. Nun ist jedoch ebenfalls beobachtet (G. pouchet Journ. de Vanat. et physiol. 1872 und P. Mayer, Mitteil. d. Zool. Stat Neapel 1879), dass die Plattfische (Pleuronectidac), zu denen die obenerwahnte Zunge gehort, dies soeben besprochene Vermogen der Farbenanderung verlieren, wenn sie des Gesichtes beraubt werden. Dasselbe wird entsprechend von den Forellen berichtet, ebensovon Laubfröschen, wahrend auc 1 eine kleine Krabbe, Mysis chamaeleon thompson (flexuosa o. f. müli.er), welche ihrc Farbe in grau, braun oder grün verandern kann, bei Hlindheit die Fahigkeit hierzu verlieren soll. Aufmerksamkeit verdient hierbei auch die von Wasmann gemachte Wahrnehmung dass Mimicry-Gleichheit zwischen Ameisen und Ameisengasten allein bei gut sehenden Arten, nicht bei Blinden vorkommt. Noch belangreicher ist jedoch wohl die Beobachtung von Dutartre in der am 27 October 1890 gehaltenen Sitzung der Academie des sciences mitgeteilt, dass das Licht einen grossen Einfluss hat auf das Verandern der Hautfarbe bei Fröschen, und besonders die weissen und gelben Strahlen; aber das dies doch nur schnell wirkt bei solchen Tieren, die im Besitz ihres Gesichtsvermögens sind, jedoch blinde Tiere nur sehr langsam verandern. Hieraus geht also deutlich hervor, dass jene Farbenanderungen, wenn auch nicht ausschliesslich, so doch hauptsachlich durch Vermittlung des Sehvermögens geschehen. Und teilweise können dies sicherlich blosse Reflexbewegungen sein; so finde ich dann auch hierfür die Erklarung, dass eine derartige Verbindung zwischen den dunklen Farbenzellen der Haut mit der Netzhaut des Auges zur Folge hat, dass ein starkes Licht die ersteren sich zusammenziehen lasst. Aber sicherlich ist die Wirkung nicht immer so einfach. Wenn das von dem für gevvöhnlich mattgrau gefarbten Fisch Betta pugnax cant. ein anderes erblickt, und gemass seiner Streitsucht mit demselben kampfen will, dann kommen auf seiner Haut prachtige Farbenschattierungen zum Vorschein; und dann ist sicher auch wohl eine Wahrnehmung des Gesichtsvermögens die Veranlassung zu diesem Farbenwechsel aber doch nur in dem Sinn, dass dadurch eine Gemütsbewegung angeregt wird, welche erst zu der Nerventhatigkeit führt, die ihrerseits die Farbenveranderung verursacht. Ebenso ergiebt sich aus den Beobachtungen von P. matte beziiglich Girardinus dccemmaculatus jen. dass die zehn schonen Flecke, welche sich an den Seiten dieses Fisches zeigen, verschwinden, sobald das Tier erschrickt oder angstlich wird. Auch was die Cephalopoden betriftt ist beobachtet dass sie ihre Farbe nicht allein je nach der Umgebung iindern, sondcrn dass auch jcdcr psychische Reiz ein Farbenspiel in ihrer Haut hervorruft; uik sogar von der goldfarbigen Spinne Argyroepeira striata (r) soll (Malayan spiders by Thos. and M. wörkman 1894) berichtet sein, dass sie in Folge von Schreck dunkier wird. Was die obenerwahnten Farbenveranderung der Tintenfische von sydney I. Hickson berichtet, angeht, so hat diese selbst absolut den Charakter einer willkürlichen Handlung und auf einer von Louis JOUBIN gehaltenen Conférence in der französischen Société zoologique (Revue scientifique .? avril 1897) soll derselbe denn auch gesagt haben, dass einige Cephalopoden kleine farbige Tunktc am Körper haben, ganzlich bestehend aus einem Tröpfchen farbiger lebender Su stanz, das sich plötzlich nach dem Willen des Tieres zusammenziehen oder ausbreiten kann, und wovon sie Gebrauch machen um ihre Farbe willkürlich dem Boden, auf dem sie leben, anzupassen, oder auch um einem Feinde Schrecken einzuflössen. Ebenfalls unter den Eindruck von Gemutsbewegungen wie Furcht oder Angst sind dann auch viele Tiere wie die Cephalopoden und andere Mollusken im Stande Stofte abzusondern, sei es um das Wasser, worin sie sich befinden, undurchsichtig zu machen, sei es um durch die stark riechende oder atzende Eigenschaften dieser Stoffe ïhrel-einde abzuwehren ; und beobachtet man dabei dass sie zu dieser Anwendung um sich zu verteidigen, offenbar willkurliche Mac ït besitzen. Einige Coleopteren sondern auch bei Berührung zu ihrer Verteidigung eine Flüssigkeit ab, welche wie L. GUENOT dies in Bd. 108 der Comptes rendus des séances de Vacademie des sciences erklarte, keine Drüsenabsonderung ist, sondern Blut, welches das Tier durch Spaltung der Haut an einer beliebigen Stelle ausstossen kann. Man kann es deshalb als eine wissenschaftlich feststehende Thatsache beschauen, dass die Empfanglichkeit für Farbeniinderung in Verbindung mit der Umgebung, bei vielen, besonders niedrigeren T>eren, nicht allein besteht, sondern sogar haufig stark entwickelt uni dem Willen des Tieres unterworfen ist. XI. Es ist für uns viel bequemer, irgend welcher Nerventhatigkeit dieser Art bei dem Menschen nachzugehen, als bei den Tieren, vor allem bei den niedrigen 1 ieren. Richten wir in dieser Hinsicht daruni einmal auf den Menschen unsere Aufmerksamkeit, dann finden wir bei ihm nicht allein in dem Erröten auch noch ein Ueberbleibsel von solch einem Vermogen zur Farbenveranderung, meist unbewusst auftretend, das aber auch willkjirlich erzeugt werden kann, sondern es wird uns auch die 1 hatsache klar, dass die Gemütsbewegungen bei ihm durch seine Umgebung nnd dabei auch zum grössten Teil durch die Wahrnehmungen seines Gesichtes erzeugt, den Ausdruck seiner Gesichtszüge beherrschen, und dass auch solch ein auf die Weise entstandener Ausdruck unter dazu günstigen Umstanden, vor allem da, \vo ein derartiger Gemütszustand lange bestehen bleibt, einen dauernden, bleibenden Charakter bekommen kann, und sogar nicht selten erblich • wird. Und der Grund davon ist dann ohne Zweifel kein anderer, als eine gewisse unbewusste 1 hiitigkeit, die sich — wie dies übrigens auch aus vielen anderen Beispielen hervorgeht — in einem Streben zur Nachahmung der Umgebung offenbart. Es ist doch aus den hypnotischen Untersuchungen der letzten Jahre bekannt, dass Nerventhatigkeiten durch aussere Einliüsse auf dem Wege der Suggestion angeregt, bei dem Menschen organische Veranderungen zustande bringen können von viel zusammengesetzterer Art, als die der nur pigmentalen Verschiebung einer Farbenveranderung; im Hinblick hierauf kann deshalb auch die Thatsache, dass der Gesichtsausdruck und selbst die Haltung des Menschen auch durch solch eine unbewusste Suggestion verandert werden kann, schwerlich bezweifelt werden, und muss also darin die Ursache davon wohl gesehen werden. Aber dann liegt es auch auf der Hand, wenn, wie wir in X sahen, die Thatsache feststeht, dass bei vielen Tieren eine sehr grosse Empfindlichkeit für solch eine Nerventhatigkeit vorhanden ist, wodurch sich ihre Farbe nach der ihrer Umgebung, so wie sie dieselbe mit ihrem Gesichtsvermögen wahrnehmen, verandert, — eine der allgemeinsten Mimicry-Erscheinungen, die der grossen Aehnlichkeit in Farbe oder Gestalt zwischen Tieren und ihrer Umgebung oder einigen Gegenstanden daraus, auf dieselbe Weise zu erklaren: namlich durch die Wirkung einer derartigen unbewussten Suggestion, welche durch die lange Dauer einen bleibenden Charakter bekommen hat und erblich geworden ist. Bereits auf Seite 4 und 5 sahen wir an vielen Beispie- len dass sehr viele Tiere eine bemerkenswerte Uebereinstimmung mit der Farbe ihrer Umgebung, eine sog. sympathische Farbung, zeigen; bisweilen, wie in Wasten oder bei der grünen Farbung von allerlei auf Baumen und 1 flanzen lebenden Tieren, als eine sehr verbreitete Erscheinung, manchmal auch in beschrankterem Masse jedoch noch von allgemeiner Bedeutung, wie dort, wovon SE1TZ {Die Schmetterlingswelt des Monte Carvocado. Stett. Ent. Zeitung i8yo) mitteilt dass er auf einer bestimmten Stelle alle Schmetter- , linge und ebenso die Dipteren und Hymenopteren vornehmlich blau gefarbt fand; meist sich jedoch nur so offenbarend, dass ein Tier die Farbe zeigt einer bestimmten Baumrinde, eines Mooses oder irgend eines andern Gegenstandes seiner unmittelbaren Umgebung, oder wohl auch, was vor allem bei Mollusken vorkommt, diejenige der Tiere auf denen es lebt — so hat z.B. Lamellaria perspicua L. die Parbe der Ascidie auf welcher sie wohnt, — oder von welcher sie sich nahrt. Und wenn man dann dabei das so eben Besprochene bezüglich des Vermogens vieler Tiere zur Farbenveranderung gemiiss der Umgebung in Erwagung zieht, dann liegt es auf der Hand in diesem letzteren Umstand den Ursprung dieser so mannigfachen Uebereinstimmüng der Farbe zusuchen und darin deshalb nichts als Falie zu sehen in welchen allmahlich solch eine ursprüngliche aber zeitliche Farbenanpassung, d.h. eine Eigenschaft in Folge einer durch ausserliche Einflusse hervorgerufenen Evolution erlangt, dauernd und somit erblich geworden ist. Allerdings ist es wahr, dass die Thatiffkeit des Gesichtsvermögens, wie wir dies bereits aus der obenerwahnten Beobachtung von DUTARTRE sahen und noc 1 eingehender darüber gesprochen werden wird, nicht der einzige Faktor ist der bei solchen Veranderungen auftntt, und dass dabei auch die Wirkung des Lichtes eine hervorragende Rolle spielen kann, aber doch tritt, wie wir sahen, das Gesichtsvermögen hierbei unstreitig auf den Vordergrund. ^ahrend obendrein verschiedene der genannten Falie durch die Wirkung des Lichts allein nicht genügend erklart werden konnen. Wo^in einer Wüste z.B. eine gewisse Farbengleichheit nicht nur zwischen dem Boden und den dort lebenden lieren sondern auch bei den dort wachsenden Pflanzen besteht, ist / es sicher wohl wahrscheinlich dass an VVirkung der Lichtstrahlen gedacht werden muss. Aber wo elmer beobachtete, dass die Eidechse Acanthodactylus Boskianus daud. anderswo auf rotem Sandboden an der Aussenseite dunkelsteinrot und auf dem Rücken rotgrau gefarbt, auf einem mit vielen roten Topfscherben bedeckten Hügel von Sand und Erde bei Alexandrien, auf dem Rücken sandfarben war, aber mit kleinen schwarzen und vor allem 4 Reihen bildenden roten Fleckchen von derselben Farbe wie die der Topfscherben, f dann finde ich es doch einigermassen beschwerlich, diese so eigentümlich angeordneten Fleckchen von den Topfscherben herzuleiten. Dasselbe ist der Fall hinsichtlich einer asiatischen Eidechse Phrynocephalus mystaceus pall., von welcher Poulton laut C. Stewart mitteilt, dass, wahrend ihre allgemeine Farbe mit dem Sand auf dem sie lebt übereinstimmt, die Winkel ihres Maules jedoch rot sind und so stark einer kleinen roten Blume gleichen, die dort im Sande wachst, wie es heisst, weil dann Insekten auf das, was sie für eine Blume halten, zukommen und dementsprechend von der Eidechse gefangen werden. Noch weniger finde ich dies annehmbar, was die beschadigten Frassstellen phytophager Insekten oder Schnecken nachahmende Flecke betrifïft, welche sich auf den blatterahnlichen Flügeln vieler Mantiden und Heuschrecken befinden, wie z.B. bei der von Loyd Morgan (Animal life and intelligence) abgebildeten Cycloptera speculata stoll. Ebenso betreffs der Nachahmung von Baumrinde, welche bei vielen Puppen und Raupen vorkommt, und worin nicht nur die Grundfarbe solch einer Rinde sondern auch die darauf wachsenden Moose als unregelmassige grüne Fleckchen wiedergegeben sind. In allen diesen Fallen ist doch sicherlich von einer erblichen Zeichnung die Rede, und wenn wirklich irgendwelcher aussere t Einfluss solche Erscheinungen hervorrufen soll, so lasst sich dies doch wohl nur dann annehmen, wenn derselbe lange und stets auf dieselbe Weise einwirkt. Eine derartige Photographie von solchen Fleckchen würde jedoch bei demselben Tier immer je nach den Blattern bei oder auf welchen es sich befindet, verandern mussen. Es giebt auch einen Schmetterling Adolias anosia MOORE, dessen Oberseite ganz denselben Eindruck von Rindenfarbe mit grünen Moosflecken macht. ^ Und wie sollte nun auf diese, gerade vvenn der Schmetterling sich in Ruhe befindet doch nur selten offen sichtbare ITügelflache, die dann noch meist, wenn das lier an einem solchen Baum sitzt, gerade von demselben abgewendet sein vvird, eine derartige Naturphotographie haben einwirken können r Obendrein ist hierbei nicht allein die Rede von solchen I'leckchen, auch die blattahnliche Form der Flügel von sovielcn Insekten ist offenbar eine Erscheinung derselben Art und analog also vielen andern derartigen Uebereinstimmungen in der Form wie z.B. des ganzen Körpers der Astraupen. Solche Formveranderungen können doch wohl nicht durch den Einfluss der Lichtstrahlen verursacht sein. Bisweilen trifft auch die Nachahmung der Gestalt und der Farbe zusammen. So fand ich in Batavia auf einem Blatt des Gempul (A aucleci cxcclsci BL.) die Raupen von Acca Procris CRAM. umringt von auf dem Blatt zerstreut liegenden Teilen abgefallener Blüten dieses Baumes und denselben so ahnlich, dass ein geübtes Auge, wie das meine, nötig war um die I iere zu bemerken; eine Aehnlichkeit sowohl durch die eigentümliche Form der wunderlichen Auswüchse der Raupe als auch durch die Uebereinstimmung der Farbe hervorgerufen. Wie kann man nun auch hier an solch eine Naturphotographie denken, wo überdies die Blüten auf jedes Blatt natürlich ganz unregelmassig bald hier, bald dort, hier mehr dort in geringerer Anzahl niederfallen müssen ? Es scheint deshalb, dass auch hier wohl in der Wirkung des Gesichtsvermögens das Band liegen muss, welches das Nachgeahmte mit dem Nachahmenden verbindet. Auf welche Weise jedoch? Die für uns soviel deutlichere und bequemere Observation des Menschen kann vermutlich hierbei wieder zu Hülfe kommen. Im Text der Thesis ist bereits darauf hingewiesen wie sogar bei dem Menschen — schon SlMROUl lenkte hierauf die Aufmerksamkeit — noch eine Erscheinung besteht, welche, wiewohl nicht von ganz derselben Art, doch mit der Farbenanderung der Tiere sehr verwandt ist, namlich das Erröten, besonders bei jungen 1'rauen und Kindern, wohl haufig aus ciner unbewussten Gemütsbewegung entspriessend, und als solche keine selbstandige Erscheinung aber mit dem Rotvverden bei einigen Erregungen und dem Erblassen durch Schreck oder Zorn übereinstimmend; doch auch willkürlich dadurch, dass sie durch das absichtliche Denken an einen bestimmten Gegenstand hervorgerufen werden können. Da dies bei altern Menschen verloren geht, scheint es doch wohl ein Relikt zu sein auf eine frühere starkere Entwicklung dieses Vermogens hinweisend. Aber auch abgesehen von dieser Erscheinung ist es eine Thatsache dass sich bei dem Menschen zwar nicht in der Farbe aber doch im Ausdruck seiner Gesichtszüge und in seiner ganzen Haltung ebenfalls haufig eine starke Anpassung an seine Umgebung vvahrnehmen lasst. Es besteht z.B. ein sehr deutlicher Unterschied zvvischen dem Aeusseren der verschiedenen Gesellschaftsgruppen, Aristokratie, Militar, Kaufleuten, Kleinbiirgern und Handwerksleuten oder Bauern, vvobei sicher Ausnahmen vorkommen, worin man sich im Allgemeinen jedoch nicht betrügt. Der kleine Mann, die Prostituierte, z.B. sehen sogleich, auf den ersten Bliek, ob sie einen wirklichen „Herrn" vor sich haben. So besitzen auch Geistliche, katholische wie protestantische, mohammedanische wie die Bonzen, haufig eine gewisse typische Eigentümlichkeit im Aeusseren, besonders im Gesichtsausdruck, der sie leicht kennbar macht. In Europa ist dies wohl bekannt, aber mehrere Male fiel mir auch auf Java derselbe Ausdruck bei den eingeborenen mohammedanischen Priestern auf, und siehe da, was ich z.B. las (n einem in der Revue des deux Mondes vom /5. Sept. 1886 vorkommenden Aufsatz VA travers l'exposition. VI. Les exotiques, les colonies par le vicomte E. M. DE VoGUÉ" Voffice commence, les bonzes montent a l'autel. On retrouve sur leurs traits ce caractère indélébile que Vétat ecclésiastique imprime dans toutpaysa la figure humaine. Wohl zu begreifen jedoch nur dann, wenn Empfanglichkeit dafür vorhanden ist. Der bekannte Professor C. LomBROSO behauptete auf dem im Jahre 1889 zu Paris gehaltenen Kongress für criminelle Anthropologie, dass er nur an dem durch den Beruf aufgepragten Typus den Priester oder Kriegsmann von vor 2000 Jahren erkennen könne. Und der berühmte französische Criminal-Anthropologe Tarde teilte diese Meinung; man hat dann auch sogar geglaubt den militarischen Typus in der von wenigen Jahren aufgefundenen Mumie des grossen aegyptischen Eroberers Ramses II zu erkennen. Hierin liegt allerdings keine geringe Uebertreibung, aber die Thatsache selbst ist doch richtig. H. O. Forues bemerkt dass die Boot-Ruderer in Palembang auf Sumatra in ihrei ganzen larmenden Art um die Aufmerksamkeit der Passagiere auf sich zu lenken, viel mehr Aehnlichkeit haben mit agyptischen Eseltreibern oder englischen Omnibuskutschern als mit ruhigen Maleiern; und die gleichen Beobachtungen habe ich haufig, wahrend meines langjahrigen Aufenthaltes in Indien, bei Javanen, Maleiern und andern Eingeborenen gemacht. Bereits gleich bei meiner Ankunft in Batavia im Jahre 1863 bemerkte ich dass die eingeborenen Billardjungens im Gesellschaftshaus „De Harmonie" dort ganzlich — sogar in dem singenden Ton beim Abrufen der gemachten 1 unkte auffallend den hollandischen Billardjungens glichen; spater einmal bei jungen eingeborenen Frauen, denen ich um die Mittagszeit begegnete, fiel es mir besonders auf dass ihr Benehmen ganz verschieden war von dem anderer eingeborener I-rauen und mich direkt an hollandische I1 abrikmadchen erinnerte; ich hörte dann in der That, dass sie in einer von einem Chinesen geleiteteten Batikfabrik arbeiteten und von dort zur Mittagszeit nach Haus gingen. Sogar kleine Gruppen Studenten oder Schauspieler besitzen bereits etwas Eigentümliches; auch besteht ein Unterschied zwischen den Bewonern verschiedener, nahe bei einander gelegener, Stadte desselben Landes. Und deutlich — bei Geistlichen und Militaren lasst sich dies mit vollkommener Sicherheit wahrnehmen — ist es die eigentümliche Gemütsstimmung, sind es die stets solche Menschen in gleicher Weise beherrschenden Anschauungen, die einen derartigen eigenen Typus erzeugen. Bei einer jungen Dame, die sich, was in ihrer Familie niemals vorgekommen war, dem Unterrichtsfach gewidmet hatte, konnte ich nach ungegefahr 3 Jahren schon sehr deutlich einen eigentümlichen eingebildeten Gesichtsausdruck constatieren, worin jeder dann auch das „Schulfraulein" erkannte, offenbar verriet derselbe die Gewohnheit, um iiber jeden zu ihr gesprochenen Satz ein gewisses zustimmendes oder absprechendes Urteil zu fallen. Von Alters her hat man den Lehrern Einbildung zum Vorwurf gemacht und diese Untugend in ihrem ausserlichen Auftreten erkennen wollen, sogar haufig bei iibrigens sehr hervorragenden Personen, wie akademischen Professoren und vor allem auch bei protestantischen Geistlichen. Die Ursache davon ist deutlich die Gewohnheit um stets von ihrer Umgebung als der klügste und erfahrenste angesehen zu werden, und allein, ohne Widerspruch zu begegnen, seine eigne Meinung zu verkündigen. Nicht immer kommt dies bei alledem bei solchen Personen vor, auch hier ist Disposition dafür nötig; und hieraus wird dann auch das Wesen der Immunitat gegen solche Einflüsse verstandlich. Sie tritt dort auf, wo andre Eigenschaften so stark entwickelt sind, dass sie diese zurückdrangen; in diesem hier erwahnten psychischen Fall, wenn die altruistische Richtung speciell in dieser Hinsicht schon so stark entwickelt ist, dass sie diese Form des Egoismus, der Sucht alles ausschliesslich den Interessen des eignen Ich unterzuordnen, welche sich als Selbstiiberhebung gegenüber Anderen aussert, bereits überwunden hat. Auch G. Blanciiari) (Nouvelle Revue 1893) weist darauf hin, dass der Gesichtsausdruck sich modificiert je nach Gewöhnung, Kleiderdracht, gesellschaftlichem Stand, u. s. w. Es sind namlich bei dem Menschen hauptsachlich die Gesichtszüge, womit er nicht nur seine Gemütsbewegungen ausdrückt, sondern auf welchen sich, sogar ohne dass er es selbst merkt, die Thatsache, dass er über irgend etwas nachdenkt, abspiegelt; das sogenannte Gedankenlesen beruht ganzlich auf Wahrnehmungen von unwillkürlichen Bewegungen desselben Ursprungs und liefert diesbezüglich sehr überrasschende Resultate. Deshalb kann solch ein Gesichtsausdruck whol als eine Konsolidierung bestimmter Gemütseindrücke beschaut werden, als eine im Aeusseren des Individuums konstant gewordene Wiedergabe gewisser bei ihm festgewurzelter Anschauungen. Wenn jemand als Jüngling seinen Geburtsort verlassen hat und nach einem andern Platz gezogen, dort geblieben ist, dann hat er bei einer Rückkehr nach ungefahr 20 Jahren in den Augen seiner früheren Bekannten ganz und gar die Eigentümlichkeiten angenommen, welche nach ihrer Anschauungen die Bewohner seines derzeitigen Wohnortes kennzeichnen. Dasselbe lasst sich sowohl in England als in Holland beobachten zwischen denjenigen, welche lange Jahre in den Koloniën zugebracht haben und denen, die zu Haus geblieben sind; es ist eine Scheidung zwischen ihnen entstanden in Anschauungen und Gewohnheiten und auch haufig im Aeusseren; sie harmonieren auch nicht mehr gut zusammen und verkehren auch lieber nicht mehr mit einander sondern jeder mit seiner eigenen Kategorie. Die nach Holland zurückgekehrten gewesenen Indiër fühlen dies nur all zu sehr; Thackeray beschreibt in seinem „ Vanity Fair" genau dasselbe von den in Indien gewesenen und nach London zurückgekehrten Englandern; und auch Wal ier bagehot, der in seinem berü'nmten Essay über den Ursprung der Nationen diesen Gegenstand ausführlich behandelte, citiert dieses Beispiel. Auch der Soldat gewordene Jüngling ist meist nach einer 20 jahrigen Laufbahn als Officier, wenigstens ausserlich, leicht von seinen früheren Schulkameraden zu unterscheiden. Denn wie der ebengenannte Autor mit Recht bemerkt, der Mensch ist ein Gewohnheitstier; der Nachahmungstrieb regiert ihn ganz und gar, der in Jedem vorhandene Drang, welcher sogar den starksten Menschen zwingt, dem zu folgen, was er vor Augen hat. Dasjenige, was er durch Nachahmung annimmt, setzt sich unbemerkt in ihm fest, und beherrscht ihn dann so, dass er zuletzt wird, was er erst nur zu sein schien. Unbewusst, allmahlich, kommt dies nun so unter dem Einfluss der Umgebung zu Stande; wo er sich jedoch einmal festgesetzt hat kann es dann unter günstigen Umstanden auch erblich werden. Das Aeussere namlich der höheren gesellschaftlichen Stande, des militarischen vor allem, die sogenannte befehlende Haltung, ist bei jungen Leuten bereits sehr haufig angeboren, entwickelt sich wenigstens bei solchen, deren Abstamnung dies mit sich bringt, vvenn die Umstande auch weiter dabei mitwirken, sehr leicht und vollkommen. Von Fiirsten ist dasselbe sehr bekannt. Und aus der Zeit, in der ich in Leyden studierte, erinnere ich mich auch noch an verschiedene Theologiae Studiosi dort, aus Familien, urj zwar meist vom Lande oder aus kleinen Stadten, stammend in denen sich der geistlichejj Beruf von Vater auf Sohn vererbt hatte, die so auffallend den bekannten Predigertypus jener Tage zeigten, dass wir scherzend behaupteten, dass sie schon mit weisser Krawatte um den Hals und Gouda'scher Pfeife im Mund zur Welt gekommen seien. Uebrigens, was die Anschauungen betrifft, ist dies zweifellos. Sowohl die religiösen als auch politischen, gesellschaftlichen u. s. w. sind bei vielen, vor allem aus ansehnlichen Familien stammenden Personen, so fest gerostet, dass auch Erziehung und Unterricht sie nicht mehr vertreiben können. In meiner Jugend viel mit jungen Officieren verkehrend, fiel es mir bereits auf wie leicht die aus sogenannten militarischen Familien stammenden allerlei Vorschriften bezüglich militarischer Disciplin, oder Befehle von Vorgesetzten, sogar hinsichtlich ihres bürgerlichen Lebens, befolgten, wiewohl ihnen dieselben bisweilen sehr unrichtig und tyrannisch vorkamen, aber wie schwer dies dagegen haufig ihren Kameraden von nicht militarischer Herkunft fiel. Auch sie gehorchten natürlich und dies nicht ausFurcht vor Strafe sondern aus Ehr- und Pflichtgefühl; da sie nun einmal die Officierslaufbahn erwahlt hatten, fühlten sie auch dass sie sich keiner daraus erwachsenden Verpflichtung entziehen dürften, aber — es kostete sie jedesmal starke Ueberwindung; auf sie hatte noch keine disciplinare Unterordnung von Voreltern die Neigung dazu oder die Empfanglichkeit dafür erblich übertragen. Spater in indischem Staatsdienst fiel es mir auch haufig auf wie Beamte aus Beamtenfamilien so viel richtiger und leichter den Begriff des Allgemeinwohles gegenüber dem des Wohles des Einzelnen zu erfassen und zu würdigen wussten, als solche deren Eltern im Handel oder in der Industrie thatig waren. Als ich Ratsherr in Batavia war, gab es für mich und meine Kollegen keine minder erfreuliche Arbeit als die Berechnungen von Schaden und Renten, die für einige Prozesse nötig waren; wir fühlten dabei auch wenig Selbstvertrauen. Aber einer von uns fand dies Werk keineswegs unangenehm und verrichtete es stets ebenso schnell wie sorgfaltig - wir überliessen es ihm gernc und voller Vertrauen. Uieser eine nun war cin Israelit; seine Eltern und auch wohl seine Voreltern waren Handier; geborene Zahlenmenschen. Wo also die Anschauungen, die das Gemüt des Menschen beherrschen, selbst so fest und erblich werden könncn ist es dann auch wohl nicht zu verwundern, dass dies ebenfalls mit dem kórperlichen Ausdruck derselben, also im lypus der Gesichtszüge der Fall sein kann, wie dies dann auch in der That wahrzunehmen ist. Aber in welcher VV eise wir -t hier nun die Umgebung? Seit den hypnotischen Untersuchungen der letzten Jahren, auf welche im Text hingewiesen ist, halte ich es nicht fur zweifelhaft mehr, dass eine unbewusste Suggestion der Grund hierfür ist, solche wie, wenn eine Person in einer Gesellschaft gahnt oder in ein fou rire ausbricht, dies viele andere ansteckt, und die auch im grosseren Masse, als eine krankhaft nervöse Erscheinung, wie bei den Flagellanten des Mittelalters und bei allerlei quasi-gottesdienstlichen Geistesverirrungen, gleichfalls in allerlei gesellschaftlichen Sucht zur Nachahmung in Mode und herrschenden Anschauungen so stark auftritt. Das, was der Mensch taglich sieht und hort, das, woran er sich ganz und gar gewöhnt, damit ïdentificiert er sich in der Regel ganzlich. Seine Anschauungen nehmen dieselbe Gestalt an wie die seiner Umgebung und wirken in der angegebenen Weise auf sein Aeusseres; wahrscheinlich kann sogar das fortwahrende Sehen einer bestimmten Köiperhaltung oder eines bestimmten Gesichtsausdruckes allein bereits direkt eine unbewusste suggestieve Nachahmung davon hervorrufen. Ich habe friiher in einem hollandisch erschienen Aufsatz meine Auffassung veröfïfentlicht wie verschiedene psychische Eigenschaften des Menschen nichts andres sein können als das psychische Auftreten von solchen, welche physisch bei ihm vorhanden sind, was man also eine Umsetzung dieser Letzteren in psychische Erscheinungen nennen könnte! Am deutlichsten fiel mir dies auf hinsichthch des sich bei dem Menschen so stark aussernden Egoismus, was mir jedoch offenbar nichts andres zu sein schcint, als dieselbe Sorge für das eigene Bestehen, die in seinem physischen Leben ebenfalls die Hauptrolle spielt. Auf dieselbe Weise glaube ich auch dass die Wirkung des zweiten grossen Faktors in der Bildung des organischen Wesens, desjenigen des Einflusses der ausseren Verhaltnisse, welcher stets neben dem der Erblichkeit auftritt und kraftig genug ist um, falls dazu die erforderliche Empfanglichkeit vorhanden ist, das erblich Bestehende zu verandern, sich ebenfalls psychisch erkennbar macht in der Kraft der Gevvohnheit und dass die sich allmahlich für diesen Einfluss entwickelnde Disposition dann auftritt als der Nachahmungstrieb. Auch indieserForm ist dann jedoch stets einige Zeit nötig, bevor die neue Eigenschaft sich ganzlich mit dem bereits Bestehenden vereinigt hat, und dann selbst erblich geworden ist. Der Nachahmungstrieb offenbart sich nun bei dem Menschen in sehr grosser Ausdehnung; so sieht man dann auch Kinder ebenso gut das, was sie gesehen haben, in ihren Spielen, nachahmen, als das was sie nur haben erzahlen horen oder was sie gelesen haben, aber immer jedoch als die Aeusserung einer psychischen Thatigkeit, keineswegs als eine blosse Reflexerscheinung, wiewohl dann auch oft ganzlich unwillkürlich. Und dies kommt auch bei erwachsenen Menschen viel mehr vor als man gewöhnlich denkt, und lasst wahre Zwangsvorstellungen entstehen; wie schwierig ist, z.B. eine zufallig in Erinnerung getretene alte Melodie wieder los zu werden ? Die Weise nun worauf die ausseren Einflüsse in diesem Falie einwirken, ist, meiner Meinung nach, die welche wir die Suggestion nennen, namlich die der natürlichen, unwillkürlichen, Autosuggestion; künstlich und vermuthlich auch durch krankhafte Einwirkung kann jedoch Suggestion auch hervorgerufen werden und dann einen etwas schnelleren Verlauf nehmend, wie jede Evolution unter gewissen Umstanden einen beschleunigten Charakter annehmen kann. Auch solch ein durch aussere Einflüsse bedingtes Erlangen von neuen Eigenschaften ist doch ein Modifizieren des Bestehenden und als solch eine Thatsache von Evolution oder Mutation. Dabei kann ein derartige künstliche Wirkung dann aussergewöhnlich starke psychische Erscheinungen entstehen lassen, wie z.B. auch in krankhaften Zustanden unglaubliche Kraftzunahme des Gedachtnisses vorkommt. Wie sehr befugte Sachverstandige mitteilen, besitzt jedoch die natürliche Autosuggestion einen viel hartnackigeren und dauernderen Charakter; sie offenbart dadurch dann auch deutlich das Natürliche ihres Wesens. Für das Folgende verdient es übrigens noch die Erwahnung, dass nach dem Urteil jener Sachverstandigen, je geringer die geistliche Entwicklung einer Person, um so starker auch seine Suggestibilitat; woraus doch die Folgerung gezogen werden kann, dass diese bei Tieren demnach wohl sehr gross sein kann. Zvvar wird von einigen Aerzten, welche sich mit dem Studium der Suggestion beschaftigen, behauptet, dass die grössere oder geringere geistige Entwickelung mit der Emfindlichkeit für Suggestion nichts zu thun hat und fuhren sie zum Beweise davon natürlich wieder Statistiken an, von denen jetzt wohl auch das Wort gelten kann, dass sie wo eben die Gedanken fehlen stets den Platz davon einnehmen müssen; aber entspriesst dies doch nur aus dem Umstand, dass sie im Algemeinen von der biologischen Evolution wenig Begriff besitzend deshalb auch die der menschlichen Psyche nicht verstehen, und darum auch nicht begreifen was hier unter einer hohen geistigen Entwickelung zu verstehen ist. Sie glauben dieselbe schon dann annehmen zu können wenn ein gewisser Grad von Wissen erreicht ist, und damit die Fahigkeit um verschiedene Dinge besser als das grosse Publikum zu verstehen. Es ist jedoch ein höherer evolutioneller Standpunkt der menschlichen Psyche, wovon hier die Rede sein muss. Die grössere oder kleinere Menge des erworbenen Wissens ist dabei an und für sich nicht von Bedeutung, aber das Erreichen von solch einer Stufe von Entwickelung des Verstandes, wie es zu einem freien selbstandigen Urteil befahigt, ganzlich los von dem Einfluss der herrschenden Meinungen, welcher Art auch, gleichfalls auf dem Gebiet der Wissenschaft. Wo Iemand so durch eigene Entwickelung der Macht der natürlichen, suggestiven Wirkung der Umgebung entkommen ist — ein Standpunkt nui von einer geringen Anzahl von Menschen, auch unter den Gelehrten errcicht — da allein besteht die wirklich höhere, nicht quantitative sondern qualitative Entwickelung; und dort kann dann natürlich für die kiinstliche Suggestion auch wohl wenig Empfanglichkeit mehr iibrig sein. / In Allem, was wir nun oben, als bei Menschen wahrgenommen, berichteten, ofifenbart sich also deutlich eine sehr grosse Uebereinstimmung mit dem, was oben bezüglich der Veranderung der Tiere, je nach der Umgebung, gesagt wurde. Wir sahen letzteres in Folge einer hauptsachlich durch den Gesichtssinn angeregten Nerventhatigkeit zu Stande kommen; so sehen wir auch bei dem Menschen Gesichtsausdrücke und Körperhaltungen als h olgenvon Nerventhatigkeiten auftreten, die haufig ebenfalls durch das Gesichtsvermögen hervorgerufen werden. Und dabei spielen auch sogar Gemütsbewegungen derselben Art wie bei den Tieren, Zorn, Furcht, oder Schreck, oft eine Rolle; auch kann der Mensch diese Ausdrücke willkürlich erzeugen, ebenso wie auch einige Tiere willkürlich ihre Farbe verandern können. Darf dann die Vermutung zu gewagt heissen, dass, wenn wir sehen dass solche Ausdrücke unter dafür günstigen Umstanden durch unbewusste Suggestion je nach der Umgebung bei dem Menschen entstanden, dann auch fest und erblich werden können, so auch in den Fallen, in welchen Tiere als feste Farbe die ihrer Umgebung zeigen, diesem Umstande dieselbe Ursache zu Grunde liegen wird ? dass sie dann namlich dazu durch eine langsam fortwahrende Auto-Suggestion gekommen sein werden, in I'olge des bestandigen Anblickens derselben Farben oder Formen, und dass das andauernde Fortschreiten dieser Einwirkung davon endlich Erblichkeit erzeugt haben wird ? Es ist doch auch bereits seit Athanasius Kircher bekannt wie psychische Erregungen, wie z.B. Schreck, nicht nur bei Vögeln und Amphibien sondern sogar bei Crustaceen eine starke Nerventhatigkeit als Reflexreaction auftretend zur I' olge haben können. Bei Raupen glaube ich auch selbst einmal einen derartigen Effekt infolge von Schreck wahrgenommen zu haben; wie wir bereits sahen, geht auch aus ihrer 1'ahigkeit zur Farbenanderung hervor, dass viele Tiere für solche psychischen Einflüsse sehr empfanglich sind. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist auch die mehrere Male konstatierte, auf Seite 27 mciner im Jahre 1897 veröffentlichten „Nouvelles observations sur les vols des lépidoptères" naher besprochene Thatsache, dass, wo sich die bekannte Erscheinung zeigt dass eine gewisse Schmetterlingsart in sehr grosser Menge sogenannte Wanderungen unternimmt, man dann auch einzelne Individuen von anderen Arten eine Strecke weit mit solchen Ziigen mitfliegen sieht. Ebenso Dr. THWAITES auf Ceylon wie ich selbst auf Java erkannten doch darin deutlich eine Aeusserung derselben psychischen Einflusses, der auch, bekanntlich Menschen, wenn sie zufallig sich in einer Volksmenge befinden zwingt, dem Beispiel derjenigen zu folgen, in deren Umgebung sie sich nun einmal befinden und so sogar an Verbrechen teilnehmen lasst, welche sie aus eignem Antrieb niemals begangen haben würden. Mir scheint es wohl dass hierin der wahre Grund von diesem sehr allgemein vorkommenden Faktor von sogenannter Mimicry hauptsachlich zu suchen ist. Und dies un so mehr da auf diese Weise dann auch die Erklarung der Formengleichheit keine Schwierigkeit mehr bietet, welche sich, wie oben gesagt wurde, auf andere Weise, z.B. durch Lichteinwirkungen, nicht verstehen lasst. Alle die vielfachen Formnachahmungen von Zweigen, Blattern, welche in dem bekannten wandelnden Blatt zu der höchsten Entwickelung gekommen sind, fallen dann unter dieser Kategorie von Mimicry. HaHNEL (Entom. Erinnerungen an Sïtd-Amerika in Deutsche Entom. Zeitung 1890) ausserte bereits die Meinung, dass der Grund, warum soviele Tiere in der Farbe ihrer Umgebung gleichen, wohl kein andrer sein müsse als dass ein Tier stets die Umgebung vor Augen, halb bewusst, halb unbewusst das Verlangen bekame, in Gestalt oder I' arbe dieser leblosen Umgebung ahnlich zu werden. In der That, einer in dieser Weise, aber, meiner Ansicht nach, stets unbewusst wirkenden und aus dem bei Menschen und Tieren so stark vertretenen Nachahmungstrieb hervorgehenden Suggestion, glaube ich auch diese Erscheinung in den meisten Fallen zuschreiben zu müssen. Und allein auf diese Weise halte ich es dann auch für möglich Falie von Mimicry zu 11 erklaren noch viel unbegreiflicher sogar als die der bereits genannten Ast-Raupen und blattahnlichen Tiere; der Umstand namlich dass u. a. die Eier von Araschnia levana L. so stark mit den Blütenknospen der Brennnessel übereinstimmen , auf welcher diese Raupe lebt und auf die darum der Schmetterling seine Eier legt, und die von einigen Fischen, wie z. B. von Cestracion fraticisci girard, vollkommen den Früchten von Seegras gleichen, an welches sie gelegt werden und zwischen dem sie im Wasser treibend hangen bleiben. Von einer Lichtwirkung kann dabei sicherlich keine Rede sein, allein an eine suggestive Wirkung bei dem Muttertier kann man in diesem Falie denken. Das Bestehen des sogenannten Muttereinflusses ist dann doch stets von allen Tierzüchtern angenommen und wissenschaftlich wohl nicht konstatiert aber auch nicht genügend widerlegt. Experimente, die man in dieser Beziehung gemacht hat, sind doch so lange sie negative Resultate ergeben, von wenig Gewicht, weil hierbei nicht allein die Thatsache dass die Disposition auch hierfür bei verschiedenen Tieren sehr abweichen kann, grosse Bedeutung haben soll, sondern es auch sehr denkbar ist dass diese an bestimmte Umstande gebunden ist, mit denen, da sie uns noch unbekannt sind, also bei solchen Experimenten nicht gerechnet werden kann; wahrend auch noch die Möglichkeit besteht dass solch eine Thatigkeit, wiewohl bei niederen Tieren sehr stark vertreten, bei den höheren allmahlich verschwindet und darum nur noch ausnahmsweise vorkommt. Und wenn man dann sieht, dass bei den bereits oben erwahnten von Lloyd Morgan abgebildeten Regenpfeifer nicht nur die Vögel sondern auch ihre Eier ganzlich der Umgebung gleichen, dann kann man sicherlich hinsichtlich der Tiere auch an Lichtwirkung denken, aber bei den Eiern kann dies doch wohl schwer angenommen werden; vielmehr muss man wohl die Suggestion der Umgebung in ihrer Einwirkung auf dass Muttertier hier für den einzig denbaren Grund halten. Eine sonderbare Wahrnehmung von Gaucher in der Insektenb'órse von ipoo N". j] vorkommend, verdient hierbei wohl die Aufmerksamkeit. Nach ihm soll namlich, bei der Raupe von Selenia bilunaria esp. ihre starke Ast- Mimicry sowohl hinsichtlich der Gcstalt als auch der Farbe, sich erst besonders dann zeigen, wenn sie, die in ihrer ersten Zeit Tagsüber an einem Spinnenfaden hangt, nach ihrer dritten Hautung die Zweighaltung annehmend, in dieser Position in einem Zustand halber Betaubung unbeweglich verharrt. Phylogenetisch beweist dies dass die Raupen diese Mimicry nicht immer besessen haben, sondern dass sie sich bei ihnen erst an einem bestimmten Zeitpunkt entwickelt hat, und zvvar damals als sie aus dem einen oder andern Grunde sich Tagsüber unbeweglich zu halten anfingen; vveiter dass zwischen diesen Vorgangen auch ein innerer Zusammenhang besteht, der sehr wahrscheinlich kausal sein kann. Nun verdient es hierbei die Aufmerksamkeit dass alle solche diese besonders starke Mimicry zeigenden Astraupen sich den ganzen Tag und demnach einen grossen Teil ihres Lebens in einem derartigen einigermassen betaubten Zustand befinden, wie auch dass in vielen andern t allen, wo sich Uebereinstimmung mit der Farbe der Umgebung zeigt, wie hinsichtlich der Lepidopteren auf der Unterseite der Flügel bei den Rhopaloceren und auf der Oberseite derselben bei den den Heteroceren, jene Tiere auch meist lange Zeit in solch halb betaubten Zustand von Ruhe verharren. Ist viel- ' leicht dann ein derartig eigentümlicher Nervenzustand für die Einwirkung von Eindrücken der Umgebung besonders günstig und hat da.rum bei Tieren, bei denen dieser Zustand viel auftritt, auch die Mimicry-Aehnlichkeit bisweilen eine so besondere Entwicklung erfahren ? Im Allgemeinen ist es obendrein sehr annehmbar, dass, falls solch eine suggestive Wirkung bei niederen Tieren in der That besteht, sie dabei dann — wie solches auch in den obenerwahnten 1* allen von Reflexhemmung sich zeigt — noch viel starker auftreten kann als bei dem Menschen, bei welchem übrigens, wie bereits bemerkt wurde, auch die Empfindlichkeit für alle psychischen Einflüsse um so starker ist je weniger entwickelt sein Verstand ist, oder je weniger dieser fungiert, und darum bei Kindern, Frauen und Kranken sich am deutlichsten offenbart. Sicher ist es auch höchst wahrscheinlich, dass bei Tieren, bei denen die Fortpflanzung so viel schneller vor sich geht als beim Menschen, darum auch dieselbe Einflüsse viel leichter auf folgende Generationen einwirken können, und so erlangte Eigenschaften auch schneller einen bleibenden und erblichen Charakter annehmen können müssen. Bereits an und für sich ist die Erblichkeit bei niederen Tieren, wenigstens bei den Insekten, viel starker als bei dem Menschen. Die höchst merkwürdigen Vorsichtsmassregeln, die soviele Insekten zu nehmen wissen um für einen ihnen persönlich ganz unbekannten Zustand, wie z.B. den der Puppenperiode bei Raupen oder den ihrer Progenitur bei vielen Hymenopteren, Sorge zu tragen, sind die Aeusserungen einer Verstandesthatigkeit, welche wissenschaftlich d. h. wo kein mystischer, auf iibernatiirliche Weise entstandener, sogenannter Instinkt angenommen wird, nicht anders als durch eine derartige Erblichkeit auf psychischem Gebiet erklart werden kann; wie dies auch bei dem Ziehen der Vögel zu beobachten ist, wobei auch die jungen apart und also ohne Führung der Aelteren zum ersten Mal die Reise antretend, doch bereits den Weg zu finden wissen; was vielleicht auch noch einigermassen wenn auch viel schwacher z.B. bei dem Drang zum Nestbau vieler Vögel wiedergefunden wird, jedoch bei dem Menschen ganz verschwunden ist. Durch das ererbte Gedachtniss namlich welches Romanes mit Recht erkennt, wiewohl er im Uebrigen diese Erscheinungen nicht darunter zu bringen wusste, welche ich jedoch in einem von C. W. purnell in dem Philosophical Institute of Canterbury in Neu-Seeland gehaltenen Vortrag über die True instincts of animals, wovon ein in Nature vom 15. August 1895 veröfïfentlicher Bericht mir bekannt wurde, viel besser verstanden finde. Bei dem Menschen ist gegenwartig nur noch die Empfanglichkeit für das Erwerben irgendwelcher specielier Wissenschaft, worauf oben bereits hingewiesen wurde, haufig offenbar erblich, aber nicht mehr solches specielles Wissen selbst. Auch bei dem Nestbau der Vögel ist nicht mehr die eigentliche Fertigkeit, welche z.B. die Cocons vieler Raupen kennzeichnet, angeboren, aber doch noch mehr als nur die blosse Empfanglichkeit; sie sind schon instinktmassig im Stande ein Nest zu bauen, aber kommen erst durch Uebung und Erfahrung dazu, um es gut und schön ausführcn zu können. So scheint es wohl, dass je höher das Bewusstsein steigt und an Stelle der unbewussten Verstandesthatigkeit tritt, um so mehr auch die Erblichkeit der unbewussten Thatigkeiten verloren geht. Das Bewusstsein bewirkt dann auch, dass die damit in der Aussenwelt gemachte Wahrnehmung, ein gewisser ausserer Umstand also, Einfluss ausübt; derartige Einflüsse können nun zwar bisweilen eine ausschliessliche Zufügung zu dem bereits erblich in dem Organismus bestehenden veranlassen, wobei dann nur eine geringe Aenderung des letzteren für die korrelativen Forderungen der Anpassung nötig ist, aber sehr haufig lassen sie dafür teilweise etwas andres an die Stelle treten, es in der W cise ersetzend und also zerstörend; als eine Thatsache letztgenannter Art scheint also das hier Gemeinte wohl verstanden werden zu müssen. Auch in anderen Hinsichten hat der Mensch Fahigkeiten verloren, die niedrigere Wesen besitzen; so diejenige Licht wahrzunehmen ohne Vermittlung des Sehvermögens, so die Regencration verlorener Körperteile bei vielen Tieren wie Crustaceen und sogar Amphibien sehr stark, doch bei dem Menschen nur noch in sehr geringem Grade vorhanden. Auch aus diesem Grunde ist es sehr gut möglich dass der obenerwahnte Muttereinfluss bei niederen Tieren noch sehr stark sein kann, obwohl er bei dem Menschen und sogar bei den höheren Tieren, nur noch sehr schwach oder ausnahmsweise auftritt. Was mich bei dieser Erklarung durch Suggestion sehr anzieht, ist auch der Umstand dass die soeben von mir gegen die sogenannte Naturphotographie gemachte Hinwendung, dass für diese vermutlich meistens wohl eine lange Einwirkung erforderlich sei, und das Bestehen derselben bezüglich der Nachahmung jener obenerwahnten Fleckchen unannehmbar ist, in Bezug auf sie verfallt. Immerhin kann, wenn dazu nur Empfanglichkeit vorhanden ist, solch eine suggestive Thatigkeit sicher wohl ziemlich plötzlich auftreten; aber wenig annehmbar ist es doch, dass dies ungefahr zugleich bei vielen Individuen der Fall sein sollte und wie könnte sonst solch eine Umbildung erblich geworden seinr Dasselbe zeigt sich z.B. bei der oben in dieser selben These besprochenen Raupen von Acca Procris CRAM., die doch den Blumen, welchen sie so ahnlich sind, meist nur zufallig auf einigen Blattern begegnen können. Wie wohl in dieser Hinsicht bemerkt werden darf dass die Eindrücke aus ihrer gesellschaftlichen Umgebung, welche bei Menschen sich festsetzen und dann auch, wie wir sahen, erblich werden können, auch nicht solche von bestimmten Gegenstanden sind, sondern mehr die einer allgemeinen psychischen Vorstellung in Folge des vielen und fortwahrenden Sehens der darzu gehörenden Erscheinungen; woraus vielleicht abzuleiten sein würde, dass dann auch bei Tieren nur eine allgemeine aber stets wiederholte Wahrnehmung genügend sein könnte um bei ihnen eine feste Vorstellung entstehen zu lassen, die dann erblich geworden sich als eine dem im allgemeinen entsprechende physische Formveranderung umsetzen kann, ohne dass dazu, ebenso wie bei der . sogenannten Naturphotographie, stets ein scharf abgerundetes Bild nötig sein würde. Was dann doch auch nur allmahlich zu Stande kommen könnte. Das letzte Wort ist in dieser Hinsicht auch noch keineswegs gesprochen. Wie seltsam ist z.B. die von mir zu Batavia konstatierte Thatsache dass die Raupe von Euploea Kafflesi MOORE, welche dort auf Strophantus dichotomus BL. lebt, auf dem Rücken lange Anhangsel tragt, deren Form sofort an ebensolche Anhangsel erinnert, die sich an der Blüte jener Pflanze befinden, weshalb diese auch unter dem Namen Bandblume bekannt ist. In jenem Fall ist dann auch wieder das Auftreten des Zufalls sicherlich sehr möglich. Im Uebrigen stimmt doch die Farbe der Raupe mit jener der Blume nicht überein; auch besitzen andere Euploearaupen wohl derartige Rückenanhangsel. Aber in dem soeben gemeldeten Fall bezüglich der Nachahmung der Fressstellen kommt es mir wohl etwas zu bequem vor alles auf Rechnung des Zufalls zu setzen. Wie schwierig nun jedoch das Finden des wahren Grundes oder der wahren Gründe in einem derartigen Fall sein möge, daraus folgt noch keineswegs, dass die natürliche Zuchtwahl als Auflósung dafür notwendig sein muss. Im Gegenteil solche Flecken wie die erwahnten Fressstellen, können sogar sicherlich nicht allmahlich also durch Zuchtwahl entstanden sein. Solche suggestive Ursache für Mimicry kann übrigens natürlich bei einem Individuum auch wieder eventuell mit anderen der obengenannten Ursachen zusammentreffen und hieraus können dann gemischte Falie sich ergeben, von besonderer Starke, aber wegen des gemischten Charakters haufig sehr schwer zu entwirren. Falie, wie sie bereits ad VI erwahnt wurden, wobei es nicht zu entscheiden ist ob dieser oder vielleicht ein andrer Grund als der wirkliche F aktor aufgetreten ist. Wenn man mit mir die Suggestion als Faktor für viele Mimicry-Erscheinungen annehmen kann, dann werden z.B. dadurch auch die sehr weitgehenden Falie von Nachahmung verstandlich, welche WASMANN auf dem 3"" internationalen zoologischen Kongress betreffs der Ameisengaste mitteilte, worin diese bisweilen in Farbe aber auch in Structur und Behaarung ihren Wirten ahnlich werden. Ein besonders hervorragender Fall darunter von ihm berichtet, weist dagegen wieder mehr auf den Einfluss von gleichen Lebensbedingungen. Der namlich von Mimeciton pulex WASM., ein Gast von" Eciton praedator F. SM., welche weder in Farbe noch im allgemeinen Eindruck der Gestalt seinem \\ irt ahnelt, aber von dem viele Körperteile apart, Kopf, Thorax, Hinterleib, und vor allem Flügeldecken und F ühler, die entsprechenden Körperteile des Wirtes in ihrer torm stark nachahmen. Als Verfechter der Mimicrytheorie behauptet nun der gelehrte Autor, dass dies wohl ein Fall ist, welcher, da die Eciton-Ameisen blind sind, nicht auf den Gesichtseindruck berechnet ist sondern auf einen Schutz beim Betasten dieser Gaste durch jene Ameisen; aber, wie soll dort nun jemals die Zuchtwahl haben wirken können, da dann doch ehe diese Mimicry erlangt war, entweder alle Individuen der Gaste von den Ameisen vernichtet sein würden, oder ihnen, falls sie auch so von ihnen geduldet waren, eine Umgestaltung keinen Vorteil geboten haben wurde? Auch Gewohnheiten, bestimmte Bewegungen, können wohl auf dieselbe Weise übernommen sein. Es giebt Springspinnen, welche auf Fliegen jagen und wenn sie sich diesen nahern, nur ein Stückchen laufen und dann wieder stillstehend ihre Falces stark bewegen, ebenso wie es die Fliegen machen, die dann mit ihren Vorderfüssen über die Mundteile streichen. Kann dann bei solchen Tieren, die von Geschlecht zu Geschlecht auf Fliegen jagen, und daher ihre Aufmerksamkeit stets auf diese Insekten richteten, der Nachahmungstrieb suggestiv auftretend auch diese Handlungsweise nicht hervorgerufen haben ? Nach Wallace sollen viele Kukuksvögel (Cuculidae) andere Vogel nachahmen, so der gewöhnliche Kukuk (Cuculus canorus l.), von dem dann auch die Berufsjager in den Niederlanden glauben dass er alt werdend sich in einen Sperber verwandele, diesen Vogel (Astur nisus l.), kleine schwarze nicht naher von ihm bezeichnete ostindische Kukuke Laniusartcn. aus denselben Gegenden, kleine, ebenfalls nicht genannte, metallglanzende Staarenarten, und der grosse Erdkukuk von Borneo (Carpococcyx radiatus temm.) die schonen Fasanen (Euplocamus) von jener Insel. Für Wallace ist dies natürlich Mimicry, zum Schutz dieser Vogel dienend, welche eine ausserst schwache und mit Verteidigungsmitteln nur schlecht versehene Gruppe bilden sollten. Jedoch wird dies letztere z.B. durch die Lebensbeschreibung, welche Brehm von dem gewöhnlichen Kukuk giebt, keineswegs bestatigt. Es lasst sich wohl vermuten, dass diese Vogelfamilie eine solche ist, welche, wie dies ad V von einigen Genera und Familien der Lepidopteren, z.B. von derjenigen der Zygaeniden mitgeteilt ist, eine sehr grosse Lmpfanglichkeit für Formveranderung unter der Wirkung bestimmter Einflüsse besitzt. Aber welche Einflüsse treten hier nun auf? Vielleicht nicht überall dieselben; bisweilen können sie wahrscheinlich von örtlicher (geographischer) Art sein; hinsichtlich des Erdkukuks von Borneo kann an eine Gleichheit der Lebensweise mit jener der Fasane gedacht werden. Und auch braucht eine Wirkung von dem in diesem Kapitel speciell besprochenen Einfluss hierbei vielleicht nicht ausgeschlossen zu werden; um so weniger, da es hier Vögel gilt von hoher Intelligenz und ofïfenbar mit einem starken Wahrnehmungsvermögen ver- sehen — sowohl die eigentümlichen Gewohnheiten der afrikanischen Honigkukuke (Indicator) wie die des europaischen Kukuk weisen darauf hin — und falls es wahr ist, dass der letztere die Farbe seiner Eier nach jener derjenigen Vogel andert, in deren Nest die seinen gebracht werden, dann muss dafür eine starke suggestive Thatigkeit und also für suggestiven Einfluss bei diesem Vögel auch grosse Empfanglichkeit vorhanden sein. Ich kann, wiewohl dies nicht direkt zu dem von mir behandelten Gegenstand gehort, doch nicht unterlassen, bei dieser Gelegenheit eine Vermutung auszusprechen, hinsichtlich einer körperlichen Veranderung bei Tieren, welche nach meiner Meinung, ebenfalls durch eine ganzlich unbewusste Nerventhatigkeit von psychischem Ursprung zu Stande kommen wird, also auf dieselbe Weise, die von mir in diesem Kapitel besprochen ist. Nach Darwin besitzen die mannlichen wilden Schweine viel langere Schlagzahne als die zahmen und nehmen diese auch bei den letzteren, falls sie wieder verwildern, an Grosse zu. Darwin will darin eine Korrelation der Zahne mit dem Haar sehen, wie die auch bei andern Tieren zu konstatieren ist, und vermutet dann, dass die geringere Entwicklung der Borstenhaut der zahmen Schweine eine Folge ihres Lebens in Stallen sei. Dies kommt mir jedoch nicht wahrscheinlich vor da ja durchaus nicht die zahmen Schweine überall in Stallen leben. Ich vermute auch hierbei solch eine Nerventhatigkeit. Wenn ein kraftiger Mann in irgendwelche körperliche Gefahr kommt oder zu kommen glaubt, wobei es für ihn auf die Starke seiner Arme, seiner natürlichen Waffen also, ankommen wird, dann tritt bei ihm in seinen Armen ein unbestimmtes Gefühl auf, alsob sie zugleich mit dem bei ihm auftretenden Bewusstsein dass er darauf sich verlassen kann, auch schwellen und kraftiger werden; in der That ist es auch sehr wahrscheinlich dass unter dem Einfluss von der auf ihn einwirkenden Furcht oder Erwartung eine starkere Blutzufuhr nach seinen Armen statt hat. Auch sogar allein durch das Denken an eine derartige Begegnung mit Menschen oder gefahrlichen Tieren kann er dasselbe Gefühl bei sich erwecken. Sollte denn nicht auch bei einem Tier etwas derartiges stattfinden können bezüglich seiner Wafifen; bei einem Schwein also der Schlagzahne? Sollte solch ein obendrein sehr kraftiges und kampflustiges Tier nicht ebenfalls das Gefühl haben, sich auf seine Waffen verlassen zu können, und demzufolge auch nicht dabei jedesmal wenn es in Gefahr kommt oder nur Gefahr vermutet, d. h. bei einem solchen in der VVildniss lebenden Tier sehr oft, unter diesem Nerveneinfluss der Blutandrang nach jenen Waffen starker dann gewöhnlich sein ? Ich vermute, dass dies wohl der Fall sein kann, und halte es dann auch für durchaus nicht unwahrscheinlich, dass demzufolge, durch eine physiologische Wirkung namlich bei welcher das Blut den Grundstoff zu neuer Bildung liefert, wahrend die Nerventhatigkeit die Richtung angiebt, auch das Wachstum solcher Zahne zunehmen kann; wie auch, dass wo durch den Uebergang in den Kulturzustand das Umgekehrte stattfindet, dann auch das Wachstum dieser Organe zurückgehen wird. Und sollte hieraus nicht noch weiter eine Vermutung möglich werden betreffs der immer noch sehr dunkier Entstehung und Veranderung von allerlei Organen je nach dem Bedürfniss. In dem erwahnten Fall nehmen wir eine psychische Wirkung bei dem Menschen wahr, welche er in bestimmten Grade wohl selbst hervorrufen kann, die gewöhnlich ohne sein Zuthun eintreten wird und deren er sich dann sogar nur sehr wenig bewusst sein wird. Was das wilde Schwein betrifft wird dabei schon bestimmt an eine bewusste Willensausserung nicht mehr gedacht werden können. Sollte dann nicht eine derartige psychische Thatigkeit auch bei allerlei niederen Tieren und auch betreffs vieler Funktionen der Organe des menschlichen Körpers, welche ganz ohne seinen Willen und sein Bewusstsein vor sich gehen, als Reaktion auf irgendwelches Bedürfniss auftreten können, und das dazu Nötige erzeugen? Solch eine jedoch, wobei noch durchaus kein Bewusstsein entwickelt und die also noch ganz reflexiv ist, aber nicht wie die bekannte Reflexivbewegung unmittelbar wirkend, sondern langsam und allmahlich, wiewohl bei dem allen doch von reflexivem Charakter. Auch die ad VIII naher zu besprechendc Naturwiederholung, insofern dieselbe nicht ausschliesslich dom Zufall zugeschrieben werden muss, würde dann auf diese Weise verstandlich werden als eine natürliche Krscheinung da wo ein gleiches Bedürfnis sei es auch bei sehr verschiedenen Tieren, zu einer gleichen Thatigkeit reizt, was sich jedoch nur dort zeigen kann, wo nicht allein das Bedürfniss in der That so gut wie ganz identisch ist, sondern auch die korrelativen Forderungen, denen ihre Erfïillung Rechnung zu tragen hat, es zulassen, dass dies auf gleiche Weise zu Stande kommt, welche letztere nun jedoch bei verschiedenen Tieren auch sehr verschieden sein, und darum auch andre Gestaltungen ins Leben rufen können. Wahr ist es sicherlich, dass ganz dieselben Erscheinungen sich auch bei den Pflanzen zeigen und dass dies wohl eine Schwierigkeit gegenüber der Annahme solch einer psycluschen Wirkung scheinen kann. Aber warum eigentlich? Wenn man das, was man in seiner höchsten Entwicklung als die menschliche Psyche kennt, nur frei von allen übernatürlichen Anschauungen betrachtet, dann kann man nicht daran zweifeln, dass diese nur quantitativ verschieden ist von und dann auch evolutionell entwickelt aus dem, was sich als derartig bei den Tieren zeigt und sich dabei bis zu ausserst einfachen reflexiven Erscheinungen verfolgen lasst, sogar bei den allerniedrigsten Ticrformen noch wahrnehmbar und deshalb nicht einmal an das Vorhandensein eines Nervensystems gebunden. Warum sollte nun eine derartige aber dort auch bei ihrer höchsten organischen Entwickelung stets auf dem primitiven Standpunkt stehen gebliebenen, quasipsychischen Thatigkeit, auch bei den I flanzen nicht möglich sein ? Dass solch eine Pflanzenseele uns etwas fremd vorkommt ist dagegen wohl kein wissenschaftliches Hindernis, und hangt in Wirklichkeit ganz ab von dem Hegriff den man dem Wort Seele giebt. Uebrigens wiewohl die Pflanzen kein eigentliches Nervensystem besitzen wie das der Tiere, sind dabei doch auch bestimmte Strukturen vorhanden, welche dieselben 1' unktionen verrichten. Wenn man einen grossen wandelnden Ast wie Phryanis triata Fruhstorferi (?) bctrachtet, dann fallt es zweifellos ins Auge, dass die Bildung dieses Tieres beherrscht geworden ist durch ein starkes Streben urn sich so viel wie möglich in die Lange zu strecken, so sehr selbst, dass die Vorderfüsse deutlich die Form bezitzen, welche ein biegsamer Stoff annehmen würde, wenn zwei Streifen davon an dem oberen Ende des Thorax befestigt, zugleich gegen einander gedrückt und so viel wie möglich nach vorn ausgestreckt wiirden, wodurch diese Füsse nun, dicht neben einander lang ausgestreckt liegen können, ausser an ihrem einen Ende nahe der Stelle, wo sie festgewachsen sind, wo eine kleine Biegung um den Kopf hin, der dort ein Hindernis bildete, hat entstehen müssen. Da dies nun doch nicht als ein wirkliches Ausrecken durch eine ausserhalb des Tieres wirkende Kraft entstanden sein kann, muss es wohl durch ein von dem Tier selbst ausgehenden Strecken zu Stande gekommen sein, und das einzige was sich dann denken lasst, was solche eine Wirkung ausgeübt haben kann ist eine psychische in dem Tier vorhandene Kraft, wiewohl dann auch ohne irgendwelches Bewusstsein wirkend. Es ist unsinnig hierbei an natürliche Selektion denken zu wollen; solch ein Ausstrecken lasst sich nicht als zufallige Variation sondern nur als eine psychische Handlung einer unbewussten Willenskraft verstehen. In der That schliessen sich dann auch die von E. Perrier auf dem V. Internationalen Zooiogen Kongress gemachten Mitteilungen bezüglich der Entstehung einiger Tierformen durch das Erblichwerden bestimmter Haltungen, ganz dem hier Gesagten an. Auch dabei tritt deutlich eine psychische Thatigkeit als Ursache der Umgestaltung auf. Und auf dieselbe Weise kann man wohl auch allein die Erklarung finden für das vielbesprochene Problem, an welchem schon so viele Gelehrten, auf dem Standpunkt der Naturselection stehend sich dem Kopf zerbrochen haben. Die spitzfindigsten Beweisgründe können es nicht erklaren, wie sich die sogenannten Instinkte der Bienen und besonders der Ameisen jemals durch natürliche Zuchtwahl haben entwickeln können, da doch die Formen dieser Insekten, bei dencn diese Instinkte sich offenbaren, gerade unfi uchtbar sind und deswegen die erworbene Entwickelung nicht erblich fortpflanzen könncn. Weil jene sogenannten Instinkte namlich wohl nichts andres sind als die Aeusserungen der beziehungsweise sehr hohen Entwickelung der 1 syche dieser Tiere. Ebenso wie der Mensch seine specielle Entwickelung zu danken hat derjenigen des Centralnervensystems und demnach seiner Psyche, ist dies, wiewohl in geringerem Grade und von einem andern Körperteile ausgehend, wohl bei diesen Insekten, vor allem bei den Ameisen, der I all gewesen. Diese höhere Entwickelung ist nun natürlich jener Tierart in ihrer Gesamtheit eigen und demnach in gleicher Weise den mannlichen und weiblichen wie auch den Arbeitstieren; doch bei den Geschlechtstieren wird die gesellschaftliche Aeusserung derselben, wenn es mir gestattet ist diesen Ausdruck deutlichkeitshalber hier zu gebrauchen, durch das Ueberwiegen des Geschlechtslebens behindert, ebenso wie auch das so viel umfangreichere Geschlechtsleben der t rau ihrem Verstandesleben vielfach — besonders wenn jenes Leben stark funktioniert — Fesseln anlegt, welche der Mann nicht kennt. Da jedoch die psychische Entwickelung, von welcher die sogenannten Instinkte ausgehen, ebenso sehr bei den Geschlechtstieren vorhanden ist, übertragen sie dieselben auch auf ihre Nachkommenschaft und so besitzt auch jedes neue Geschlecht der Arbeitstiere wieder dieselbe Kapacitiit, kann diese sogar durch die selbstandige Entwickelung der Psyche auch noch stets zunehmen. Die Annahme des Bestehens einer psychischen Kraft halte ich doch für unvermeidlich, sowohl um solche Erscheinungen als auch um diejenigen des geistlichen Lebens bei Menschen und Tieren verstehen zu können. Einer selbstandigen Psyche namlich als inhaerentem Teil jedes lebenden Wesens und sich als solcher auch evolutionell verandernd. Darum jedoch nicht übernatürlich gedacht, womit sich auch der evolutionelle Charakter schlecht vereinigen liesse, und dann auch keineswegs für den Menschen unergritndlich, wiewohl bei dem gegenwartigen Stand unsrer Wissenschaft noch nicht gut zu verstehen. Und auch nicht als eine Eigenschaft der Organismen sondern als ein inhaerenter Teil derselben, denn sonst ware solch eine selbstandige Entwickelung derselben als Organismuseinheit nicht möglich, wie z.B. der grosse Unterschied zwischen dem Menschen und den Antropomorphen davon die Folge gewesen ist. Uebrigens sind die Geistesthatigkeiten nicht das Produkt des Gehirns, sondern dies letztere das Aeusserungsorgan der Psyche, an welches sie allerdings als solches gebunden ist, die aber gleichwohl selbst erst durch den psychischen Drang, um zu solch einer Aeusserung in dem Organismus zu gelangen, entstanden ist. So ist auch das Sehvermögen wohl durchaus an das Auge und den damit im Zusammenhang stehenden Teil des Gehirnes gebunden, aber gleichwohl entstanden aus einem evolutionell sich offenbarenden psychischen Drang, um zu Gunsten des Organismus durch das Licht sich im Raume zu orientieren, welcher Drang unsprünglich durch den Reiz der Einwirkung des Lichtes auf den Organismus hervorgerufen war. Aus dem evolutionellen Wesen der Psyche ergiebt sich nun auch, dass, wo sie noch niedrig entwickelt ist, ïhre Aeusserungen auch dementsprechend sein mussen und deshalb einen reflexiven Charakter tragen, aber keineswegs als eine so hohe Intelligenz auftreten können wie diejenige, welche, wie wir weiter sehen werden, unter dem Namen von Zweckmassigkeit durch den Darwinismus angenommen wird. XII. Die genannte Empfanglichkeit für Farbenveranderung in Verbindung mit der Umgebung kann sich jedoch bei einigen 'lieren, auch wo das Gesichtsvermögen dabei keine Rolle spielen kann, offenbaren, sei es durch das Verschwinden des Pigmentes bei solchen, die in unterirdischer Dunkelheit leben, sei es, dass der Fortgang der evolutionellen Farbenveranderung in solcher Weise gestort wird, dass die Tiere eben künstlich in Dunkelheit gehalten werden. Wo demnach wahrgenommen ist, dass auch einige Tiere in starkerem oder genngerem Grade die den Gegenstanden ihrer nachsten Umgebung eigene Farbe annehmen, ohne dass das Gesichtsvermögen dabei eine Rolle spielen kann, darf es wohl glaubhaft erscheinen, dass dies alsdann ausschliesslich durch Einwirkung des Lichtes erreicht w.rd, sowie dass die Farbe derselben durch die Umgebung bestimmt wird; und dass also in einigen Fallen auch hierin die Ursache der angegebenen Uebereinstimmung zwischen der Farbe eines Tieres und derjenigen eines Gegenstandes seiner Umgebung liegen kann. XIII. Es ist gleichfalls wahrgenommen, dass, wo die Haut gewisser 1 iere durchsichtig ist, und inwendige Organe dadurch als dunkle Linien oder Figuren sichtbar werden, die hierdurch verursachte Absorption der Lichtstrahlen zur Pigmentbildung in der Haut führt, und zwar entsprechend der Zeichnung der durchschimmernden Organe. Auch dies kann bei sehr verschiedenen Tieren vorkommen und in dieser Hinsicht zwischen ihnen Gleichheit verursachen. Auf dem letzten im Jahre 1901 in Berlin abgehaltencn internationalen zoologischen Kongress ist der Preis Nicol^s ii Dr. J. Th. oudemans zuerkannt auf Grund seiner Beantwortung der gestellten Preisfrage über den Einfluss des Lichtes auf die Schmetterlingsflügel. Zu meinem Bedauern ist diese Abhandlung jedoch noch nicht publiciert; sicherlich würde ich sonst von derselben bei der Besprechung meines I2e° Lehrsatzes einen nützlichen Gebrauch haben machen können. Dies entzieht mich jedoch nicht der \ erpflichtung auch diesen Lehrsatz nach bestem Wissen zu kommentieren; unter Vorbehalt auf diesen Gegenstand vielleicht spater nach dem Erscheinen jener preisgekrönten Arbeit zurück zu kommen. Das Folgende glaube ich nun schon jetzt darüber sagen zu können. Es ist eine bekannte Thatsache dass verschiedene Tiere, welche in Höhlen oder Gewassern unter dem Grund oder auch wohl in tiefen Grotten und gleichfalls in der grossen Tiefen der See hausen, sich von ihren Vervvandten, die nicht im Dunkeln leben, dadurch unterscheiden, dass sie mehr oder weniger den bei den letzteren vorhandenen Earbstoft verloren haben. Absichtlich diesbeziiglich gemachte Experimente bethatigen dies ebenfalls. Das graugrüne 1 igment einer Crustacee Niphargus puteanus c. koch ging, als man das Tier im Dunkeln züchtete, verloren, wenn gleich erst nach circa 20 Monaten. Eine blinde, rötliche unterirdische Crustacee Niphargus virei a. dolff. bekam dagegen, als das Tier dem vollen Tageslicht ausgesetzt wurde, bereits nach wenigen Wochen Flecke von schönem, braunen Pigment. Hiermit stimmen auch Cunningham's Untersuchungen überein. Auf Grund der Thatsache namlich, dass bei den meisten Fischen die dem Licht ausgesetzte Seite mehr oder weniger stark gefarbt ist, die Unterseite aber weiss oder silberfarbig — bei den Plattfischen, deren Unterseite meist in den Sand gewühlt, und dadurch ganzlich dem Licht entzogen bleibt, ist dies besonders auffallend — machte er nun Experimente, bei denen mit Hiilfe von Spiegein auch die Unterseite solcher Fische gut beleuchtet wurde, und fand, dass dadurch nach einiger Zeit auch diese Seite gefarbt wurde, und zwar zuerst in der Mitte des Körpers und danach sifh von dort nach Kopf und Schwanz ausbreitend. Von sehr grossem Interesse sind in dieser Hinsicht die Wahrnehmungen und Untersuchungen von verschiedenen Naturforschern, besonders jedoch von Poulton bezüglich der Thatsache dass die Puppen oder Cocons bei den Lepidopteren die Farbe ihrer Umgebung annehmen, wovon letzterer in seinem bekannten oben bereits erwahnten Werk The Colours of animals ausführlich berichtet hat. Hieraus geht hervor, dass durch Einwirkung von farbigem Licht auf Raupen kurz vor ihrer letzten Hautung, durch welche sie in den Puppenzustand übergehen, diese letzteren eine mit der Beleuchtung übereinstimmende Farbe erhalten können, wahrend eine starke weisse Beleuchtung eine wesentliche Ausbreitung der metallglanzenden Flecke auf solche Puppen zu Folge hat. Und zwar unter folgenden Umstanden: i°. Dass keineswegs alle Puppen für eine derartige Einwirkung Empfindlichkeit besitzen, sicherlich nicht solche, welche immer dimorph in der Farbe sind, wie die von Papilio Machaon l. und die von vielen andern. Dasselbe teilt dann auch Fritz Müller mit bezüglich der ebenfalls hier dunklen dort wieder grünen Puppe von der südamerikanischen Papilio Polydainas l., und beobachtete ich auch selbst bei der javanischen Papilio Memnon l., von der ich Exemplare unter allerlei Umstanden von Licht und Dunkel züchtete, ohne dass dies auf die Farbe der Puppen, welche bald grün, bald rindenfarbig braun mit einzelncn grüncn Flecken sind, irgendwelchen Einfluss ausiibte. 2°. Dass auch unter den dafür empfanglichen 1 ieren doch diese Empfanglichkeit bei den Individuen verschieden ist. 3°. Dass nicht alle Farben auf diese Weise von der Umgebung auf die Puppe übergehen; dies wenigstens mit hellrot und blau nicht stattzufinden schien, und dass auch hinsichtlich der Farben fiir deren Uebernahme Disposition vorhanden ist doch bei den verschiedenen Arten noch ein Unterschied zu bestehen scheint. 4°. Dass die Einwirkung nicht stattfindet, nachdem die Raupenhaut bereits abgestreift ist, und daher nicht auf die Puppe sondern auf die Raupe; und zvvar in dem ersten Abschnitt dieses Metamorphoseprozesses; wahrend der Zeit namlich worin die Raupe bereits mit Spinnen angefangen hat, sei es, was die Tagfalter betrifft, das Seidengespinst, an welchem die Puppe hangen soll, sei es bei Heteroceren, den Cocon. 5°. Dass dabei jedoch nicht von einer Einwirkung des Lichtes als sogenannte Naturphotographie die Rede sein kann, sondern an eine Nerventhatigkeit gedacht werden muss, welche in der Raupe in Folge der Wahrnehmung eines solchen Lichtes diese Fiirbung hervorruft; welche Wahrnehmung jedoch nicht durch das Sehvermögen der Raupe geschehen kann, weil sie auch stattfand bei Experimenten mit Raupen, die zu diesem Zweck absichtlich dieses Vermogens beraubt waren; dass also angenommen werden muss, dass die durch die Enden der in der Haut befindlichen Nerven geschieht. In meiner Studie Ueber die Farbe und den Polyniorphistnus der Sphingiden-Raupen teilte ich auch bezüglich dieses Gegenstandes, von mir bei den Raupen einer LycaenidenaxX. beobachtet, mit, dass bei mehreren jener Raupen, welche oberflachlich betrachtet, eine dunkle Dorsallinie zeigten, es mir bei genauerem Ansehen deutlich wurde, dass die Riickenhaut eine solche Zeichnung nicht besass, doch, fast undurchsichtig, das Vers dorsalis wie eine dunkle Linie durchschimmern 12 liess. Bei anderen Exemplaren, deren Rückenhaut von geringerer Durchsichtigkeit, war es noch wohl tauschender. Doch wieder andere fand ich, bei denen diese Haut absolut nicht durchsichtig war, und die dennoch an derselben Stelle auf der Haut eine ganz deutliche dunkle Dorsallinie zeigten. Könnte es denn nicht sein, fragte ich dort auf Grund dieser Beobachtung, dass man in diesem Umstand die Entwickelungsstufen jener Streifen zu suchen hatte ? Ware denn die Voraussetzung zu gewagt, dass anfangs an der Stelle, wo das Vas eiorsalis wie eine deutliche Linie durch die Haut hin sichtbar ward und wo also die Lichtstrahlen starker als auf den daneben liegenden helleren Teilen der Haut absorbiert wurden, eben dadurch eine Pigmentsanhaufung entstehen könnte, welche den dunklen Streifen gerade da auf der Haut verursachte, indem vielleicht zu gleicher Zeit auch auf der ganzen Rückenhaut eine ahnliche Wirkung obgleich in geringerem Masse stattfand, welche die Haut bloss undurchsichtig machte? Diese Raupen leben ja im Innern von Erbsenschoten und also vom Licht d. h. vom starken Licht abgeschlossen, was die Durchsichtigkeit der Haut als normalen Zustand begreiflich macht; doch es könnte ja auch vorkommen, dass manche, die z.B. bei einer andern Erbsenvarietat zu leben gezwungen waren, dadurch auch für das Licht zuganglicher wurden und die Pigmentbildung in der Haut und ihre Anhaufung langs der dunklen Linie, vom Veis eiorsalis angegeben, die Folgé davon ware. Weisen nun solche Thatsachen wie die hier genannten zweifellos auf einen Zusammenhang zwischen der Bildung von Hautpigment und der Einwirkung des Lichtes, auf der andern Seitc stelit es doch fest dass dies letztere dazu nicht absolut erforderlich ist. Eine Anzahl von Tiefseetieren, wiewohl fortwahrend in tiefer Dunkelheit lebend, ist doch mit prachtigen Farben verziert. Aus dem Phosphorescieren von vielen dieser Tiere, wie stark auch, lasst sich doch wohl keine allgemeine Beleuchtung solcher Tiefen und zwar eine derartige, welche auf Farben Einfluss ausüben wiirde, annehmen; von vielen andern, die ebenfalls dort leben, sind dann auch die Gesichtsorgane ganz oder zum Teil atrophiert. Auch Raupen, welche im Innern von Pflanzen lcbcn sind hiiufig rot; wie übrigens auch im Dunkeln entstandene tierische Flüssigkeiten wie das Blut der Saugetiere auch liell gefiirbt sind. Und wiewohl aus den Untersuchungen von Savili-E Kent hervorgehen soll, dass die Lebhaftigkeit der Farben bei den Madreporen auf dem grossen australischen Barrierenriff abhangt von dem Umstand ob sie melir oder weniger Licht empfangen, glaube ich doch, wie noch naher besprochen werden soll, annehmen zu mussen, dass das starke Sonnenlicht der Tropen gleichwohl wenigstens nicht direkt fiir die Ursache gehalten werden darf der schimmernden Farben vieler Schmetterlinge dort. Denn auch bei mitteleuropaischen Schmetterlingen, z.B. bei Lycaeniden kommen solche Farben und ebenfalls starker Metallglanz vor; alierdings in geringerem Grade, aber doch genügend um es begreiflich zu machen, dass dies wohl der Thatsache zugeschrieben werden muss, dass die grössere Warme der Tropen dort das tierische Leben in vielen seiner Manifestationen viel kraftiger entwickeln kann als dies in den gemassigten Zonen der Fall ist, und dies sich auch in dem Intensiverwerden der Farbung, bisweilen wie bei den südamerikanischen Morphiden sogar sehr stark, oflfenbart. So schrieb dann auch bereits WALLACE die starkere Farbung der mannlichen Vögel une ihre eigenartigen Verzierungen besonders wahrend der Paarungszeit, nicht einer geschlechtlichen Auswahl zu, sondern der starkeren Lebensenergie, welche ihnen dann eigen ist. Sehr vorsichtig muss man auf diesem Gebiet jedoch sein, mehr noch als irgendwo anders, denn die Neigung um hinsichtlich der Farben an eine Einwirkung des Lichtes zu denken, ist ebenso allgemein wie natürlich. So wird z.B. stets angenommen, dass das Fehlen der Farbe auf jenen Teilen der Vorderflügel bei den Rhopaloceren, welche an ihrer Unterseite stets durch die Hinterflügel bedeckt werden, dem Umstand zu danken ist, dass in tolge jener Bedeckung diese Teile wenig vom Licht beschienen werden. Solche Auffassung liegt allerdings wohl vor der Hand. Aber nichtsdestoweniger ist es noch keineswegs so sicher, dass sie die richtige ist; es kommen doch auf den 1" liigeln dieser Schmetterlinge auch noch anderswo verfarbte oder farblosc Flecke vor, und gut beschaut kann die Einwirkung des Lichtes auf die Oberseite dieser in der Ruhe, d. h. also wahrend des bei weitem grössten Teil ihres Lebens, stets zugeklapt getragenen Flügel überall nur gering sein. Scheint ferner nun der von mir beobachtete Fall von Pigmentabsonderung je nach dem mehr oder weniger Absorbieren der Lichtstrahlen von dem dadurch getroffenen Teil der Haut auf eine direkte Einwirkung des Lichtes hinzuvveisen, daneben ist uns jedoch auch die auf Seite 75 und 88 bereits besprochene Wahrnehmung bekannt, welche Bordage auf dem 4le'1 internationalen zoologischen Kongress mitteilte, wodurch sicherlich gleichfalls der Einfluss des Fehlens von Licht deutlich bewiesen wird, aber wobei dann doch die Wirkung einen ganz andern Charakter zu tragen scheint. Diesen namlich, dass dadurch eine Hemmung hervorgerufen wird in der evolutionellen Farbenentwicklung der von ihm für sein Experiment gebrauchten Puppen, welche sie auf einem weniger fortgeschrittenen Standpunkt fest hielt, demselben auf dem sich noch normal die Puppe von Euploea leucostictos gmél. befindet. Ein Einfluss demnach von ganz derselben indirekten Art wie ein solcher, der, wie oben unter V gesagt ist, durch abnormale Kalte oder Hitze erzeugt werden kann. Hierzu kommt nun, dass es, wie bereits ad XI besprochen wurde, eine Anzahl Falie giebt, in denen Tiere mit der Farbe ihrer Umgebung iibereinstimmen und in welchen darum viele Naturforscher eine Selbstphotographie der Haut, namlich eine Folge der Einwirkung des Lichtes zu sehen glauben, welche doch, es sei ganz und gar oder wenigstens grossenteils, wohl mit mehr Wahrscheinlichkeit einem andern Faktor zugeschrieben werden müssen, den ich in der durch die Umgebung hervorgerufenen Suggestion zu finden glaube. Weil namlich, wie ich dort sagte, was sich in dem Fall der Ast-Raupen sehr deutlich beobachten lasst, das Nachfolgen der Farbe des Nachgeahmten alsdann auch gepaart geht mit demjenigen der Gestalt derselben, und dass unter solchen Umstanden schwerlich für die beiden Wirkungen ver- schiedene Ursachen angenommen werden können. Wenn dies nun so ist, muss es dann doch in vielen Fallen zweifelhaft bleiben, an welchen Faktor dabei gedacht werden muss. Was die obenerwalmten Experimente von CUNNINGHAM betrifft, wird z.B. wohl angenommen werden mussen, dass dabei eine Einwirkung des Lichtes auftrat, aber wenn nun derselbe Naturforscher auch erkliirt, dass er bei der Zunge (Solea vulgaris QUENSEl.) in wenigen Stunden die Farbe sich andern sah je nach dem Boden des Wassers, in welchem sie sich befand — in dem Sinne namlich dass sic allerdings nicht die Farbe dicses Bodens annahm, wohl aber in Beziehung dazu heller oder dunkier oder sogar marmoriert wurde — und er dies dann ausschliesslich der grosseren oder geringeren Aïenge Licht zuschreibt, welche den 1' isch triftt, durch die grössere oder geringere Reflexion desselben, je nach der Farbe des Bodens, dann ist dies doch auch noch nicht unanfechtbar. Immerhin ganz dieselbe Farbenveranderung ist auch z.B. bei Forellen beobachtet, aber zugleich auch, sowohl bezüglich dieser 1* ische als auch dei 1 lattfische, dass sie die Fahigkeit dazu verlieren, wenn sie des Gesichtes beraubt werden, was demnach unverkennbar auf eine Suggestion hinweist, welche durch die Sehkraft erzeugt wiid. Demgegenüber stehen nun jedoch wieder Beobachtungen, welche zu ganz andern Schlussfolgerungen leiten. STEIXERT und BlEDERMANN sollen eine direkte Einwirkung des Lichtes auf die Haut von Früschen annehmen, welche Zusammenziehungen der Pigmentzellen und dadurch Farbenveranderung verursachen soll; nicht durch Vermittlung des Gesichtsvermögens soll dies geschehen, denn auch blind gemachte I iere verandern sich auf dieselbe Weise, und sogar die abgestreifte Froschhaut soll noch dieselbe Empfindlichkeit besitzen. Aus den Untersuchungen von PoULTET soll jedoch hervorgehen dass sowohl die direkte Lichteinwirkung auf die Haut als auch eine Reflexbewegung durch das Gesichtsvei mogen hervorgerufen, jene Farbenanderung bei F röschen veranlassen kann, und dass in beiden Fallen alsdann eine grössere oder geringere Ausbreitung der schwarzen Chromatophoren in dem Derma und dem Epiderma auf diese Weise verursacht werden soll, welche die Veranderung hervorruft. \V. petersen meint dann auch dass der Einfluss des Lichtes auf die Farbe der Lepidopterenpuppen im Bilden von schwarzen Pigment in der Puppenhaut oder im Verhindern dieser Bildung je nach der Farbe des Lichtes bestehen soll; die verschiedenen Farben dieser Puppen entsprechen jedoch keineswegs dieser Auftassung und das Entstehen des Metall/ glanzes kann ganz und gar nicht auf diese Weise erklart werden. Die Frage nach der Einwirkung des Lichtes ist also kei/ neswegs leicht zu beantworten. Variis viodis scheinen doch wohl die Erscheinungen zu Stand zu kommen, welche man oberflachlich geneigt ist allein dem Licht zuzuschreiben. Bei alledem ergeben sich doch aus den erwahnten Wahrnehmungen einige feste Punkte, mit deren Hülfe hier wohl etwas entwirrt werden kann. Wenn, wie in dem von bördage berichteten Fall, deiMangel an Licht Hemmung in der normalen Farbenentwickelung erzeugen kann, lasst das Verlorengehen der Farbe bei im Dunkeln lebenden Tieren sich damit verbinden. Offenbar muss dann dabei nicht in einer direkten Wirkung, in einer chemischen z.B., wie diejenige, welche der Mangel an Sonnenlicht bei Pflanzen verursacht, der Anlass gesucht werden, sondern dieselbe in einer physiologischen Wirkung des Nervensystems liegen. Wie empfindlich dasselbe sogar bei Menschen für solch ein Fehlen des Lichtes sein kann, lehren die Polarexpeditionen, wobei die lange Nacht der Polargegenden bisweilen Falie von Geisteskrankheit und sogar Todesfalle unter den dort überwinternden Seeleuten zur Folge hat; was die Tiere betrifïft, sollen nach Simroïh Milben und Springschwanze aus tiefen Höhlen vom Sonnenlicht schnell » getötet werden, wiewohl oberirdisch lebende Verwandte dieser Tieser unter gleichen Umstiinden leben. Bei Bombyx mori l. erweckten weisses Licht und Violettpurpur die kraftigsten Raupen, die meiste Seiden und die zahlreichsten Eier bei den erzielten 99 ï gelbes Licht wirkte ahnlich, blaues entgegengesetzt. Der Umstand dass für solche Verfarbung die Disposition bei verschiedenen Tieren nicht dieselbc ist und auch noch ziemlich lange Zeit nötig hat um sich zu offenbaren, abgesehen von der Thatsache dass auch viele der in tiefer Dunkelheit lebenden Tiere sogar absolut solche Empfiinglichkeit nicht besitzen, bestatigen dies ebenfalls; bei einem direkten chemischen Einfluss wiirde dies immerhin unerklarlich sein. Und bei langdauernder Einwirkung scheint dann auch solch eine Hemmung erblich werden zu können oder lieber die fernere Farbenentwicklung solcher liere in einem fortdauernden und demnach erblichen Zustand von lipistase festzuhalten; woran dann, wie dies ja jede lipistase kennzeichnet, erst durch das Auftreten eines neuen Rei zes ein Ende kommt; sodass wenn dergleichen Tiere wieder dem Licht und demnach einem dadurch verursachten Reiz ausgesetzt werden, auch die unterbrochene fernere F arbenentwickelung weiterschreitet; wie sich dies in dem obenerwahnten Fall vom Niphargus virei A. DOLFF und auch in dem von Solen vu/garis QUENSEL und der anderen Fische, mit denen CUNNINGHAM seine Experimente machte, offenbart; insofern bei diesen letzteren wenigstens dabei nicht an Autosuggestion durch das Gesicht gedacht werden muss. Aus den erwahnten Thatsachen hinsichtlich des Uebernehmens der Farbe von der Umgehung durch die Puppen der Lepidopteren ergiebt sich ebenfalls unwiderleglich dass dabei allein wolil von einer physiologischen Wirkung vermittelst des Nervensystems die Rede sein kann; alles dasjenige, was diesbezüglich sich über den grossen Unterschied in Empfanglichkeit zeigte, der Umstand dass die Farbe der 1'uppen nicht die Folge einer Einwirkung des Lichtes auf sie selbst ist und dass sogar bei einigen Arten die gleiche 1' arbung den von der Raupe gesponnen Faden des Cocons eigentümlich ist und dadurch diese in der Farbe der Umgebung gleich macht, lassen auch hier keine andere Aufifassung zu. Diese Einwirkung muss dann wohl auf die gleiche W eise geschehen wie bei der oben besprochenen Suggestion; gleichwolil nicht durch Vermittlung des Gesichtsvermögens, sondern durch die der in der Raupenhaut auslaufenden Ner- venenden. Allerdings kommt dies auf den ersten Anblick wohl fremd vor, sodass auch Poulton, wiewohl ebenfalls durch die Kraft der Thatsachen zu dieser Aufifassung gezwungen, sich lieber an eine nahere Erklarung davon nicht zu wagen scheint; ich glaube jedoch dass wenn eine solche dann auch noch nicht mit der erforderlichen wissenschaftlichen Sicherheit gegeben, doch wohl bereits eine sehr annehmbare diesbezügliche Hypothese aufgeworfen werden kann, und so die Möglichkeit derselben wenigstens durchaus nicht verworfen zu werden braucht. Es ist doch eine bekannte Thatsache dass so niedrig organisierte Tiere dass sich bei ihnen noch keine Gesichtswerkzeuge specialisiert haben, nichtsdestoweniger doch Licht wahrnehmen und je nach der Farbe der sie treffenden Lichtstrahlen darauf verschieden reagieren; wie auch, dass diese Wahrnehmung bei ihnen dann durch die Körperoberflache, namlich durch die darin auslaufenden Nervenenden, geschieht. Sogar ist bei einigen Tieren wie Schnecken und Myriapoden nach slmroth / und Plateau die Lichtempfindlichkeit gleich gross ob sie blind, geblendet oder sehend sind. Graber soll auch gefunden haben dass geblendete Schaben (Phyllodromia germanica L.) also Insekten, auf Helligkeit und sogar auf Farbendifterenzen reagieren. Sollte es dann zu gewagt sein anzunehmen, dass, wo die Gestaltumbildung der Raupen es mit sich bringt dass sie zeitweise als Puppen zu den Tieren ohne Gesichtsorgane gehören, dann in Verbindung damit z bei diesen auch dasselbe primitive Vermogen wieder auftreten und in Folge bereits bestehenden höheren Entwickelung des Nervensystems eine dementsprechende Farbenanderung möglich machen kann ? Sehr möglich ist es sogar, dass dies bei den Raupen immer noch, sei es auch mehr oder weniger latent, besteht, und dass dann auch verschiedene Nachahmungen ihrer Umgebungsfarbe durch diese Tiere, sicherlich / bei solchen, deren Farbe je nach der ihrer Umgebung veranderlich zu sein scheint, wie die einiger Eupithecias und anderer zum Teil oben ad X erwahnter besonders GeometraRaupen, nicht der durch des Gesicht erregten Suggestion sondern dem Bestehen jenes Vermógens zuzuschreiben ist; und sollte dies auch der Fall sein, dann wiirde dasselbe ebenfalls bei solchen Raupen, deren Farbe schon durch erbliche Einflüsse festgelegt ist, noch sicher wohl in genügendem Masse latent vorhanden sein können, urn unter den erwahnten Umstanden wieder in Wirkung zu treten. Der Zeitpunkt, an welchem jene Lichtwirkung auf die Raupe Einfluss ausiibt, ist doch der in welchem sie sich bereits zum Spinnen gesetzt hat, wahrend welcher Thatigkeit auch die jedem Raupenziichter bekannte Verfarbung auftritt. Sollte dann diese letztere nicht auch wohl das Unbrauchbarwerden der Augen mit sich bringen können und damit in jenem Zeitraum die Sehkraft der Raupe bereits vernichten, doch auch dann zugleich hiermit das latente Vermogen von Lichtwahrnehmung durch die Haut wieder in Thatigkeit treten lassen und diesen Zeitabschnitt so für die Einwirkung von Farben der Umgebung geschickt machen ? In diesem Falie wird dann das Bedecken der Augen mit Firnis, wie POULTON dies bei seinen Experimenten that um eine kiinstliche Blindheit hervorzurufen, wohl ganz überfiüssig gewesen sein. Es kommt mir vor alsob diese Vermutung nicht allzu gewagt genannt werden darf und wenigstens vorlaufig als eine mögliche Erklarung der obenerwahnten durch die Wahrnehmung offenbarten Thatsache wohl angenommen werden kann. Was mir dieselbe auch wahrscheinlich macht ist der Umstand, dass solch eine Thatigkeit allein hinsichtlich der Farbe aber niemals auch der Gestalt stattfinden kann, und dass mir nun auch kein einziges Beispiel bekannt ist, worin solche Puppen unwiderleglich in der Gestalt einem Tier oder Gegenstand ihrer Umgebung gleichen; wo dies mehr oder weniger scheinbar der Fall ist, darf man, wie es oben bereits besprochen wurde, mit ziemlicher Sicherheit an Zufall denken. Wo, wie es bei vielen Arten beobachtet wurde, Spinnen sehr schnell die Farbe annehmen der Gegenstande — besonders Blumen — auf denen sie sich befinden, kann vermutlich wohl auch von demsclben Vermogen die Rede sein; bei deren schwachen Sehvermögen ist es jedoch sehr zweifelhaft ob man hicrbei wohl an Suggestion denken kann. Auch hier wird dann wohl eine langdauernde Einwirkung derselben Einflüsse zu Erblichkcit des dadurch erzeugten Effektes fiihren können. Stcts ist dies doch der Fall; gegenüber sovielen Thatsachen, wie die biologische Wissenschaft gegen dieselben aufzustellen weiss, sehr sicher auch gegenüber sovielen, die aus den oben besprochenen Erscheinungen des geistlichen Lebens des Menschen sich ergeben, sind die welsmann'schen Behauptungen von dem nicht erblichen Charakter der erworbenen Eigenschaften unhaltbar. Noch ganz kürzlich erkliirte auch dünkelberg in seinem oben bereits erwahnten Aufsatz dass die Erfahrung der britischen Pferdeziichter mit diesem Lehrsatz von weismann in absolutem Widerspruch steht. Wie wenig können doch, wie Loyd Morgan auch mit Recht bemerkt, in dieser Hinsicht künstliche dargestellte und also ganzlich abnormale Verstiimmelungen bedeuten, selbst wenn diese auch, wie die Beschneidung, durch zahlreiche Generationen hindurch wiederholt werden? Ist denn dabei die Rede von solch einer durch langdauernde Einwirkung hervorgerufenen Neigung zur Umgestaltung wie die, welche neue Gestaltungen bei irgend welchem Organismus entstehen lassen ? Sicherlich nicht, und so gross ist auch dann noch die Kraft der Erblichkeit, dass sie bisweilen, wie wohl nur ausnahmsweise, sogar solche Verkrüppelungen in gewissem Grade erblich übertragt. Es sind davon einzelne Beispiele konstatiert, und es würden wohl mehr bekannt sein, wenn nicht ihr exceptioneller Charakter fiir bestimmte Untersuchungen keine genügende Beweise enthalt, und bei zufallig auftretenden Pallen die Zuverlassigkeit der nicht von Naturforschern gemachten Beobachtungen stets zweifelhaft bleibt. Ich weiss es doch nur zu gut wie eine tiefe Narbe, die in Folge einer im Alter von 16 Jahren erhaltenen Verwundung eine der Augenbrauen meines Vaters mitten durchschnitt, auch an derselben Stelle bei meinen beiden Brüdern sich vererbt hatte, wohl nicht als Narbe, jedoch in der Weise dass dort der Haarwuchs viel sparlicher war, sodass die Augenbrauen wie aus zwei nicht gut zusammenhangenden Teilen zu bestehen schienen, und wie dies im meiner Kindheit in unserem Familienkreise ein hliufig wiederkehrender Gegenstand des Gespraches war. Neulich fand ich auch in 1'otonie's Naturwisseiischaftlicher Wochenschrift igoi N°. jj s. 389 einen derglcichen Fall von Vererbung mitgeteilt, und machte auch La Hello solch eine Thatsache bekannt, wobei cin Füllen die Spuren einer von der Mutterstutte ererhaltener Verwundung noch deutlich zeigte. Ein starker Beweis für das Bestehen dieser Erblichkeit ergiebt sich nach meiner Ansicht auch in demjenigen, was die arztlichen Beobachtungen beziiglich der Kurzsichtigkeit lehren. Nach diesen steht es namlich fest, dass die schwersten Formen dieses Gebrechens bei Kindern hochgradig Kurzsichtiger Eltern gefunden werden; wie auch dass, wo dafiir bei Kindern Neigung besteht, diese sehr stark entwickelt wird, durch das Anstrengen der Augen beim nahen Lesen in der Schule oder durch practische Naharbeit. Unter diesem Umstanden nun wird es doch wahrscheinlich: i° dass, wo das einmal erlangte Gebrechen erblich ist, dies auch mit der Disposition dazu der Fall sein wird; und 2° dass dann dieselbe Arbeit, welche diese Disposition so stark entwickeln kann d. h. ihre morbide Entwickelung so befördert, sie also von einer weniger hohen Stufe in derselben zu einer höheren fortschreiten lasst, auch auf dieselbe Weise die erste Stufe jenes Prozesses, und demnach allmahlich auch das genannte Gebrechen hat entstehen lassen, durch Kumulation namlich der dadurch wahrend einiger früherer Geschlechter erzeugte morbide organische Veranderung. Direkte Beweise dieser Erblichkeit in dom betreftenden Fall sind nun jedoch nicht zu geben, denn wenn auch die gemacliten Experimente deutlich zeigen wie einige Farben durch Lichtwirkung auf Puppen übertragen werden können, dass dort wo solche Farben nun fest und erblich vorkommen diese auch auf die gleiche Weise ursprünglich entstanden sind, folgt keineswegs daraus, und kann auch nicht naher bewiesen werden. Nicht dass ich die Möglichkeit leugnen wollte, dass z.B. der Metallglanz auf solchen Puppen auf eine derartige Weise wie sie in jenen Experimenten angewendet ist, in der Natur entstanden sei. poulton bemüht sich allerdings vergeblich das dazu erforderliche starke Licht aus einer Zurückstrahlung von Felssteinen auf die daran sitzenden Raupen abzuleiten, eine Zurückstrahlung die jedoch wohl seltcn genügend sein würde und überdies auch sehr wenig vorkommen wird, besonders in so vielen Landern wo überhaupt keine Felsen sind; die Möglichkeit einer besseren und viel kraftigeren Zurückstrahlung ist jedoch wohl in der Natur nachzuweisen. Hauptsachlich in den Tropen, wo der Metallglanz bei einigen Puppen, wie bei denen von Euploea, Messaras, Atella, sehr stark auftritt, und sie bisweilen ganz bedeckt. Dort besitzen namlich die Blatter einer grossen Anzahl Gevvachse als Schutzmittel gegen das starke Sonnenlicht eine sehr zurückstrahlende Oberflache, wie dies in Mitteleuropa nur bei einzelnen z.B. den Eichenblattern und denen der Stechpalme vorkommt. So allgemein ist dies sogar dort, dass jene starke Zurückstrahlung des Sonnenlichtes durch die Pflanzen eine charakteristische Eigentümlichkeit ist der tropischen Landschaft, die im Bilde nicht wiederzugeben ist; derjenige welcher dies niemals gerade mitten am Tage beim starksten Sonnenschein gesehen hat, kann sich auch keine richtige Vorstellung machen von der durch die Sonne beschienenen, d. h. gerade in seiner vornehmlichsten Eigenart auftretenden, Landschaft der heissen Zone. Dort, wo die Blatter so vieler Pflanzen das Sonnenlicht so stark zurückstrahlen, scheint nun zweifellos eine Einwirkung wie die hier gemeinte aut dafiir empfangliche Raupenarten wohl möglich gewesen zu sein. Und was die gemassigten Zonen betriftt, wo die Erscheinung der Metallflecke wohl ebenfalls jedoch immer viel weniger stark entwickelt vorkommt, kann vielleicht die VViederspiegelung von Tau oder Regentropfen auf von der Sonne beschienenen Blattern auch wohl derartige Folgen mit sich bringen. Aber mehr als diese Möglichkeit kann hier natürlich nicht anerkannt werden; immerhin bei so vielen andern Tieren kommt ebenfalls Metallglanz vor, ohne dass dabei dieselbe Ursache irgendwelche Wahrscheinlichkeit für sich hat. Bei dem starken derartigen Schein auf der Oberseite vieler Schmetterlinge, bei vielen Lycaeniden z.B. auch in den gemassigten Zonen bekannt, der selbst bei den glanzenden südamerikanischen Morphiden zu cincr aussergewöhnlichcn Entwickelung gekommen ist, könnte man noch glauben, dass die Einwirkung der Sonnenstrahlen auf die Flügelschuppen dies auf die Dauer verursacht haben könne, aber man tri ft t auch hin und wieder ^ einen gewissen Metallglanz wohl auf der Unterseite der Flügel von Tagfaltern an die sicherlich doch sehr wenig den Sonnenstrahlen ausgesetzt sind, und sehr prononcierte Metallflecke sovvohl auf der Ober-als auch auf der Unterseite bei echten Nachfaltern wie bei den Plusia's und bei vielen Micropteren, wobei dieselben doch zweifellos ganz andern Ursachen zuzuschreiben sind. Und könnte man auch noch meinen, dass, wenn obenerwahnter Zurückstrahlungszustand fortdauernd bei vielen Generationen in gleicher Weise voikame dann jener Metallglanz daher erblich werden konnte, wie sollte man dies beziiglich der t arben annehmen können, da doch die Individuen auf einander folgender Generationen keineswegs denselben l-1 arbcneinfliissen unterworfen sein weiden und damit das Fortdauernde derselben Einwirkung verfallen muss, ohne welches jedoch kein derartiges testsetzen davon angenommen werden kann wie zum Entstehen erblicher Eigenschaften unentbehrlich scheint. I11 der Regel sind jedoch die Farben auch bei den Puppen sicher erblich und in Verbindung damit auch einer Farbenevolution unterworfen: die Beobachtung von BoRDAGE, wie ich dies oben bereits that, verglichen mit den Puppen javanischer Euploea s zeigt, dass dies in jener Schmetterlingsfamilie der Fall ist, und wird dasselbe auch wohl ein fiir alle Lepidopteren-Puppen herrschende Regel sein. Uebrigens auch das bereits Gemeldete betreffs verschiedener gut festgestcllter I-alle von Ditnorphismus von Farbe bei solchen 1'uppen weist daraufhin, denn solch ein Diuiorphismus kann doch ebenso wie bei Raupen und Imagines wohl nichts andres sein, als die Aeusserung eines noch nicht beendigten Prozesses von 1* arbenanderung^bci einer solchen Art, wodurch ein 1 eil der demselben unterworfenen Individuen noch in der alten 1" orm geblieben ist, wahrend die mehr in der Evolution fortgeschrittenen und darum mehr dafür empfanglichen die neue Farbe bereits angenommen haben. Bereits in seiner im Jahre 1876 „erschienenen Studie Die Entstehung der Zeichnting bei den Schinetterlingsraupen" wurde dies von WEISMANN richtig eingesehen. Biswcilen auch noch nur zum Teil, denn so doch glaube ich den mir früher sehr unerklarlichen Dimorphismus verstellen zu müssen der 1'uppen von Papilio Menunon L., von welchen einige grün sind, andere mehr oder weniger rindenfarbig, wahrend bei diesen letzteren auch grüne Fleckchen gefunden werden, welche kleine grüne Moosflecke wiederzugeben scheinen. Von Suggestion kann hierbei doch nicht die Rede sein und ebensovvenig von sogenannter Naturphotographie, da beide 1'uppen bei Exemplaren volkommen auf allerlei verschiedene VVeisen und auch in geschlossenen Schachteln gezüchtet; ich glaube darum, dass hierbei wohl wieder die Einbildung ihre Rolle spielen wird, und das Grün auf den rindenfarbigen Puppen mit Moos nichts zu machen hat, sondern nur aus Farbenrelikten besteht aus der Zeit da noch alle diese Puppen grün waren. Wo doch ein dcrartiger Farbendimorphismus auftritt, ist dies ohne Zweifel der Farbenevolution zuzuschreiben, der Wirkung eines evolutionellen Prozesses bei dem die alte Farbe allmahlich für eine neue Platz macht, und dabei sind solche Ueberbleibsel der alten Farbe sehr allgemein, vor allem einmal haufiger das andere Mal seltener, je nach den Individuen, wie dann auch in diesem Falie die grünen Fleckchen bei einem zahlreichen bei dem andern geringer sind und auch wohl einmal ganz fehlen. Umsomehr werde ich in dieser Auftassung bestarkt da doch auch die Rindennachahmung in diesem Falie wohl nur scheinbar ist, da in der Tliat die Farbe dieser Puppen allerdings an die Rinde ciniger Baume erinnert aber durchaus nicht derjenigen der Citrusb&umc gleicht, auf welchen die Raupen ausschliesslich leben und von deren Nachahmung hier also allein die Rede sein könnte. Uebrigens ist, um noch einmal auf das Metallglanzen der !• lügelschuppen bei den Lepidopteren zurückzukommen, diese Erscheinung von ganz derselben Art wie die anderen Strukturalfarben, welche darauf vorkommen. Wiewohl diese bisweilen zusammen mit pigmentalen Farben in den Schuppen vorkommen und so zu eincm gemeinschaftlichen Farbeneflekt mitwirken, und auch, wie oben bereits erwahnt wurde, v.elleicht irgendwelcher Zusammenhang zwischen beiden besteht, sind sie doch im übrigen selbstandig und nicht der Farbenevolution der pigmentalen Farben unterworfen. Sic stimmen hierin in bemerkenswerter Weise überein mit den sogenanntcn secundaren Farben der Raupen, welche ebensowenig der Farbenevolution folgen, der die primare oder Grundfarbc der Raupen unterworfen ist. Weder von den strukturalen Farben der Schmetterlinge noch von den secundaren der Raupen ist uns jedoch der Entwickelungsprozess bekannt. Hei den ersteren liegt es sicherlich sehr nahe, an eine Einwirkung des Lichtes zu denken, bei den letzteren, wozu z.B. alle sogenannten Abschreckungs- oder warnenden Farben aber auch mimetische Raupenfarben gchören, ist dies jedoch wohl schwer anzunehmen. Es scheint also wohl dass wo solch eine Uebernahme der Farbe von der Umgebung bei den Puppen der Lepidopteren vorkommt, dabei, wenigstens in den meisten Pallen, wohl an nicht andres als an zufallige und darum zeitliche d. h. nicht erbliche Farbenanderung gedacht werden muss. Sicher ist dabei niemals von einer direkten Einwirkung des Lichtes die Rede, sondern findet dieselbe nur indirekt durch Ner- venthatigkeit statt. T> Was den oben erwahnten von mir bei Lycaen iaën -Raupen beobachteten Fall betrifi't, so scheint derselbe wohl wichtig genug, aber noch zu sehr alleinstehend, urn daraus mehr als Vermutungen abzuleiten. Andere diesbezügliche Wahrnehmungen, an welche ich meine Beobachtung auknüpfen könnte, sind mir noch nicht bekannt geworden. Aber wohl giebt es noch einen andern Fall, bei dem die Farbe der Umgebung durch Tiere angenommen wird, und 7war ein solcher, der für das hier gerade bclmndelte Thema der Mimicry von grösster Wichtigkeit ist, bei welchen jedoch von einer Thatigkeit, wie die soeben besprochene des Nervensystems, nicht die Rede sein zu können scheint; weil dabei diese Farbenadaption zu demselben Zwcck nicht allein bei jenen Tieren sondern auch bei den unter denselben Umstanden lebenden Pflanzen vorkommt, und zwar so, dass schwerlich angenommen werden kann, dass dann bei Tieren und Pflanzen nicht an dieselbe Ursache gedacht werden muss. Es ist eine bekannte Thatsache, dass in wüsten Gegenden Tiere von allerlei Art und ebenso die Pflanzen, alle eine gleiche mit der des Bodens übereinstimmende Farbe, die sogenannte Wüstenfarbe, besitzen. Durch viele Reisenden und Naturforscher ist dies beobachtet. Was solche Pflanzen nun betrifft, ist man wohl genötigt dabei eine direkte Einwirkung des Lichtes anzunehmen; es ist dann auch konstatiert, dass verschieden gefarbtes Licht bei Pflanzen eine molekülare Veranderung hervorrufen kann, und besonders auf die Farbe der Blumen Einfluss ausübt. Muss man dann nicht hinsichtlich der Tiere zu der gleichen Schlussfolgerung kommen? slmroth (Ueber die einfachen Farben im Tierretck, im Biol. Centralblatt vom 13 Januar 1896) halt es dann auch fiir sehr möglich, dass diese Farbenadaption durch direkten Einfluss der von der nachsten Umgebung zurückgeworfenen Lichtstrahlen erklart werden muss und vereinigt sich in dieser Beziehung mit dem Auspruch von Otto wlener (Wiedemann's Annalen der Pliysik IV lS95) dass darin nichts Unmögliches liegt, dass eine gefarbte Belichtung in dazugeeigneten Stoffen dieselbe Farbe entstehen lasse. Angenommen nun, dass dies so ist, dann bleibt jedoch die grosse Frage, wann tritt dies auf? wallace und viele andere Ultravorfechter der Mimicry-Lehre breiten dies natiirlich sehr weit aus, das Grün sovieler Baum-oder Grastiere aus allen möglichen Gegenden, das Weiss der zwischen Schnee und Eis lebenden Tiere an den Polen und auf hohen Gebirgen, muss dann nach ihrem Urtcil auch durch eine derartige Xaturphotographie entstanden sein, u. s. w. Was dies Letzere betrifitt, habe ich oben bereits meine Meinung ausgesprochen, welcher Ursache dies zugeschrieben werden muss, noch viel weniger als den Einfluss der Kalte als solchen, kann ich aus den an jener Stelle angegebenen Gründen eine derartige Naturphotographie annehmen. Auch der Tiger in Siberien und der Panther in Korea wird z.B. bereits vvesentlich weisser als seine mchr südlich lebenden Stammvervvandten; die kaltere Gegeild wird dies nun wohl, wie oben ad V gesagt ist, nicht direkt verursachen, aber kann doch als Reizmittel zur Evolution Einfluss ausüben; von einer Umgebung von Schnee und Eis ist jedoch für jene Tiere dort noch keineswegs die Rede, wenigstens nicht in so hohem Grade, dass an eine solche photographische Wirkung gedacht werden kann. Bei den Regenpfeifern, von Lloyd Morgan als Titelbild seinem Werk Animal life and Intclligence vorangestellt, bei denen nicht nur die Vögel selbst sondern auch ihre Eier tauschend die Farbe der Umgebung angenommen haben, ist sicher viel, was an diese Selbstphotographie denken lasst, aber bei allen jenen zahlreichen Baum- und Grastieren, bei den auf Korallen lebenden und denselben in die Farbe gleichenden Gasteropoden, von poulton in seinem angefiihrten Werk besprochen, u. s. w. kann jedenfalls ebenso gut an die oben ad XI besprochene Suggestion gedacht werden. Und wo wir in der auch an jener Stelle mitgeteilten Beobachtung von A. seitz z.B. lesen von einem Ort, wo nahezu alle Schmetterlinge, Dipteren und Hymenopteren vornehmlich blau gefarbt waren, da werden — selbst angenommen, dass diese Wahrnehmung vollkommen richtig ist, — hierbei noch wohl ganz andere Ursachen, vielleicht sogar grossenteils Zufall mitspielen. G. Lewis zahlte in der Trans. Ent. Soc. of London 1882 eine Anzahl Insekten auf, die, in wie weit sie in denselben Beleuchtungsverhaltnissen leben, auch dieselbe Farbung zeigen, und diese Thatsachen sind zweifellos richtig, aber auch daraus folgt nun nicht notwendigerweise, wie er glaubt, dass dafiir die direkte Einwirkung des Lichtes die Ursache sein muss; auch in jenen Fallen, ist die erwahnte suggestive Thatigkeit ebenso gut möglich. Es giebt ausserdem noch andere Thatsachen, bei welchen die tauschende Uebereinstimmung mit andern Gegenstanden allein in Lichteftekten besteht und es daher auch auf der Hand liegt diese der Einwirkung des Lichtes zuzuschreiben, jedoch an solche von andrer Art, als die bereits erwahnte, und die ich nicht zu erklaren weiss. Hierzu gehort die so eigentümliche Mimicry 13 der Puppe von Apatura Iris L. und der Larve von Pterotnus curtispinus thoms. beide auch von poulton in seinem obenerwahnten Werk besprochen, bei denen der Lichteftekt die Wirkung hat dass diese Tiere für dünne Blatter gehalten werden, wiewohl sie und besonders die Puppe, eine ziemlich betrachtliche Dicke haben. Und vor allem die der Kafer Lomechusa strumosa F. und Atemelesaxten, welche, wie Wasmann mitteilt, so stark den Ameisen Formica sanguinea latr. und Myrmica rubra l., in deren Nesten sie leben, gleichen, dass man sie zwischen diesen Ameisen nur sehr schwer von denselben unterscheiden kann, jedoch nicht allein wegen der Aehnlichkeit der Farbung sondern meist in Folge von Lichtreflexen, welche z.B. den aufgerollten Hinterleib der Lomechusa tauschend dem Hinterleib einer dicken Ameise gleichen lasst, und in den ausgehöhlten Halsschildseiten dieses Kafers dem Auge eine schmalgewölbte Rückenflache vorspiegelt, die dem Rücken der Ameise entspricht. Denn in Wirklichheit ist die Gestalt dieser Kafer so von jener der genannten Ameisen verschieden, dass wenn man Gast und Wirt nebeneinander auf weissem Karton oder überhaupt auf anders gefarbtem Untergrund sieht, man sie deutlich von einander unterscheidet. Ob das eigenartige Aussehen der Raupe von Charaxes Hebe BUTL. die sehr auffallend in Farbe und Zeichnung die auf einander liegenden akazienahnlichen Blattchen der Tamarinde nachahmt, auf welcher sie lebt, ebenfalls so verstanden werden muss, ist zweifelhaft, hierbei kann auch an die Naturphotographie gedacht werden. Aber eine ganz andere Lichtwirkung ist sicher wohl die, welche einen kleinen Plattfisch im Stillen Ocean, Achirus pellucidus F. iiENN. und viele andere im Wasser, besonders in Meere lebende kleine Glas- oder Krystalltiere durchsiclitig und auf diese Weise unsichtbar gemacht hat. Ich glaube, dass es hinsichtlich dieses Gegenstandes noch vieles giebt, was schwer ist, vollkommen aufzuklaren; aber dass doch die Thatsache wohl als feststehend angenommen werden muss, dass auch durch den Einfluss des Lichtes verschiedene Tiere und Pflanzen bisweilen die gleiche Farbe bekommen oder — die ersteren wenigstens — auf andere Weise einander oder anderen Gegenstanden sehr ahnlich werden können, und dass hierin auch ein wichtiger Faktor in Fallen von sogenannter Mimicry gelegen sein kann. Ich darf hier auch die sehr richtige Bemerkung nicht unerwahnt lassen, welche HENSLOW in einem bereits citierten belangreichen Anfsatz machte, dass wo solch eine allgemeine Farbe als sogenannte Wüstenfarbe auftritt, diese dann sovvohl den Raubtieren als auch den Pfanzenfressern, welche die Beute der ersteren bilden, kurzum allen eigentümlich ist, und darum also nicht angenommen werden kann, dass der Schutz im Kampf um's Dasein dieser Entwickelung eine Rolle gespielt ^ hat. Dass also die Entstehung derselben auch nicht durch die natürliche Selektion beherrscht werden kann. Er glaubt dass hier derselbe Zustand der Beleuchtung denselben Efitekt in der Farbe hervorruft, und mcint hierin das Resultat zu sehen eines Zusammenwirkens von ausseren Einflüssen mit der innerlichen adaptiven Empfanglichkeit des Protoplasmas, vereinigt mit den Lcbensbedingungen. Eine andere Frage ist es, ob die ursprlingliche Farbenbildung der Tiere nicht unter dem Einfluss des Lichtes stattgefunden haben muss. Im Allgemeinen liegt diese ausserhalb der Grenzen meiner Studie. Dies möchte ich jedoch mit Bezug darauf beilaufig bemerken. Nach der fyleinung von SlMROTH muss Rot die ursprüngliche Farbe gewesen sein, und meine morphologischen Untersuchungen betreffs der Lepidopteren, von welchen ich jedoch annehmen zu müssen glaube, dass sie in viel ausgedehnterem Masse anwendbar sind, weisen ebenfalls auf Rot zurück. Nun wissen wir, dass es bereits im Devonischen und Steinkohlenzeitalter hoch entwickelte Proneuropteren gab, und wird es im Hinblick hierauf und auf die bereits so starke Specialisierung uer Lepidopteren sehr wahrscheinlich, dass auch die ersten Prolepidopteren bereits in weit hinter uns liegenden geologischen Zeitaltern bestanden haben werden, auch wenn uns von diesen so zarten Tieren keine Ueberbleibsel bewahrt geblieben sind. Und dann ist es vielleicht auch bemerkenswert, dass in jenen Zeiten das Sonnenlicht starker als jetzt und ein blaues Licht gewesen sein muss; das Rot ist nun die Komplementarfarbe des Blau. Auch wenn die erste Farbenbildung unter dem Einfluss des Lichtes geschehen ist, darf man dennoch annehmen, dass die Farbe einmal vorhanden und erblich geworden, nicht mehr diesem Einfluss unterworfen geblieben sein wird, sondern auch ihrer eigenen Evolution folgt, wie sie als Farbenevolution wahrzunehmen ist, und dass dasselbe auch noch stets geschieht, weshalb dann auch in bei weitem den meisten Fallen die Farbe der Tiere erblich und abgesehen von ihrer evolutionellen Veranderung eine feste ist. Welche Ursache jedoch die Richtung dieser evolutionellen Veranderung bestimmt, ist mir auch noch unverstandlich. XIV. Abgesehen von dem bereits sub II genannten Umstande, dass mehrere dieser Ursachen sich vereinigen können und hierdurch die Uebereinstimmung stark befördert werden kann, kann dies letztere ausserdem auch noch geschehen dadurch, dass Tiere, sei es unbewusst durch irgend eine bestimmte Farbe angezogen, sei es durch die bewusste Wahl einer Umgebung, die mit ihrer Farbe übereinstimmt, das Unterscheiden zwischen sich und ihrer Umgebung sehr schwierig machen können. Dasselbe geschieht auch betreffs der Gestalt durch das willkürliche Annehmen einer Haltung, die der Umgebung entspricht, was ebenfalls unbewusst infolge des bereits erwahnten Nachahmungstriebes vor sich gehen kann, aber auch vermutlich wohl bewusst mit der Absicht sich wenig sichtbar zu machen stattfinden kann; da doch, wie schon unter VII erwahnt wurde, einigen Tieren ein derartiges bewusstes Handeln nicht abge:;prochen werden kann. XV. Auch nehmen Tiere bisweilen Haltungen an, welche zwar nicht der Umgebung entsprechen, aber sie mehr oder weniger anderen gefahrlichen Tieren ahnlich machen oder den Schein erwecken, als ob sie Waffen wie solche Tiere besitzen. Vermutlich ist auch dies bisweilen eine bewusste Handlung zur Verteidigung, bei welcher gleichfalls Gebrauch gemacht wird von einigen ihnen eigenen Eigentümlichkeiten in Farbe und Gestalt. Vicle Insektcn fliegen auf leuchtende Gegenstande zu, vielleicht nun hat man hierbei zu denken an cinc \\ irkung wie diejenige, welche den Gebrauch gliinzcnder Gegenstande veranlasst hat, um durch das Anstarrenlassen derselben Hypnose zu erzeugen, aber sicherlich kann diese Erklarung wohl nicht gelten fiir die viele Male beobachtete 1 hatsache dass sie durch eine bestimmte Farbe angezogen werden und dass dies haufig wenigstens mit solchen I- arben der I' all ist, die ihre eignen sind. Vielleicht erweckt diese 1' arbenglcichheit ein gewisses Zutrauen; von DARW'IN und WALLAGE werden verschiedcne Thatsachen berichtet aus denen hervorgeht, dass bei verschiedenen Tierarten mit Vorliebe Individuen von gleicher Farbe sich zu einander gesellen. Fine grosse Anzahl Beobachtungen findet man diesbezüglich aufgezeichnet. Aus meiner eignen Erfahung teilte ich bereits in der am 5 Juli 1895 gehaltenen versammlung des Nied. Entom. Vereins mit, wie es schon in meiner Jugend oft meine Aufmerksamkeit gefesselt hatte, dass, wenn ich beim Angeln war, die blaue Libelle Libelliilti depresso. 1.. haufig, ohne Zweifel durch die Farbe angelockt, sich auf der blauen Feder meiner Angelschnur niedersetzte. Dass als ich spater auf Java einen blauen Jachtkittel trug, mehrmals Grapta Charonica DRURY und Pyrameis Dejeanii GODT. ofifenbar absichtlich auf dies blaue Kleidungsstück zuflogen und sich darauf setzten, und wie einmal ein anderer Schmetterling, ebenfalls wie der erwahnte an den Flügeln mit blauen. Zeichung, Libythea Nariiia GODT., plötzlich aus einem ziemlich hohen Baum an der andern Seite eines kleinen Weihers auf mich zuflog und dasselbe that, so direkt, dass beziiglich seiner Absicht kein Zweifel bestehen konnte. ALBERT MÜLLER beobachtete einmal wie ein blaues cf von Lycaena Icarus ROTII. auf ein im Grase liegender Stück blaues Papier zuflog, es augenscheinlich für einen Schmetterling seiner Art haltend. Der bekannte hollandische Entomolog SNELLEN erzahlte mir wie er einmal Apfelsinen essend und die orangefarbigen Stückchen Schalc ins Gras werfend, sogleich Hummeln sich auf die Stücke niedersetzen sah, zweifellos dieselben wegen ihrer Farbe für Blumen haltend, aber sie schnell, nachdem sie ihrcn Irrtum bemerkt hatten, wieder verliessen. Bekannt ist auch die Thatsache dass der italienische Naturforscher modigliani auf Nias, um die hoch in den Baumen fliegende Schmetterlinge Iphias Vossii maitland zu erreichen, ebenso wie sie gelb mit rot gezeichnete Schmetterlinge von Papier machte und diese an den Baumstammen befestigte, mit dem Resultat dass nun die wirklichen Schmetterlinge aus der Höhe herab auf sie zuflogen und so gefangen wurden. Möglich ist es jedoch dass in diesem Fall nicht die Farbe an und für sich sondern die Erwartung dort 99 zu finden die um den Baum fliegenden cTcf herablockte; die Schmetterlinge, die so um die Baume herumfliegen sind doch meist (ƒ cf> 99 suchend, welche selbst meist mitten zwischen den Blattern sitzen. Distant (Rhopalocera Malayana) meldet dass der Naturforscher St. Pierre bereits im Anfang des vorigen Jahrhunderts berichtete, er habe an einem gewissen Tage einen Schmetterling aufjagend gesehen wie derselbe sich niederliess auf ein Fleckchen Grund mit welchem seine Farbe gerade übereinstimmte, danach wieder aufgejagt wiederum einen derartigen Fleck wahlte, und dies sich mehrmals wiederholte, ohne dass es gelang, den Schmetterling dazu zu bringen dass er sich auf das Gras setzte, wiewohl jene mit seiner Farbe übereinstimmenden Fleckchen Grund sehr gering waren. Ebenso teilte Oudemans in einer Versammlung der soebengenannten Vereines mit, dass er Satyrus statilinus hfn. ausschliesslich auf dunkle Holzspane sich setzen sah, die dort, vvo diese in den Niederlanden seltene Art vorkam, zufallig viel vorhanden waren, und dadurch wegen der Uebereinstimmung der dunklen Unterseite seiner Flügel mit jenen Holzspanen sich so gut wie unsichtbar machte. Dies machte auf ihn ganz und gar den Eindruck alsob es in Folge einer wohl überlegten Wahl geschahe, immerhin, nicht überall wo diese Schmetterling vorkommt werden wohl auch solche Spane sein und nicht immer wird er daher so handeln können. Ebenso bemerkte Schröder wie viele Pararga Megaera l. sich für ihre Nachtruhe ausschliesslich auf solchen Pfahlen niedersetzten deren Oberflache genügend mit der Unterseite ihrer Flügel übereinstimmte urn sic schwer sichtbar zu machen. hlllebrecht, lese ich auch, soll Mistkafcr (Geotrupes) in grosser Anzahl ankommen und sich auf braune I' lccken niedersetzen gesehen haben mitten in einem Grasfeld, welche Flecke durch das Begiessen von Ameisennestern mit Petroleum verursacht waren und auch für das menschliche Auge einc tauschende Aehnlichkeit hatten mit menschlichen faeces, und daher wohl durch die in dergleichen Stoffen sich aufhaltenden Insekten dafür angesehen wurden, und zwar wiewohl hier doch natürlich der starke Geruch fehlte, welcher solchen Faeces eigen ist, und sie also sich nicht durch den Geruchsinn sondern allein durch das Gesicht leiten zu lassen schienen. Von Ovula umplicata sowesby lese ich dass ihre Farbe stets übereinstimmt mit jener der Pennatiila L., auf der sie lebt, und die in verschiedenen Farben vorkommt; und dass wen'n man solch eine Ovula in ein Aquarium bringt, worin auch Pennatiila's von verschiedener Farbe sich befinden, sie sofort eine dieser letzteren Art aufsucht, welche ihr in der Farbe gleich ist, doch falls eine solche dort nicht vorhanden ist, sich nicht zu einer anders gefarbten gesellt sondein an den Wanden des Aquariums emporklimmt. Dass Schmetterlinge bestimmte Platze zu gewissen Zwecken auswahlen können ist übrigens unumstösslich bewiesen. Auffallend war auch, was ich einmal auf Java beobachtete, wie kleine grauweissc Schmetterlinge sich auf Mauern gesetzt hatten wo hier und dort Stückchen Kalk abgefallen und dadurch grauweisse Fleckchen entstanden waren, in Grosse und Farbe so übereinstimmend mit ihnen, dass ein geübtcs Lepidopterologenauge dazu gehorte urn sie zu unterscheiden, ich sah wie Sperlinge dadurch getauscht wurden und auf die von Kalk bcraubten Stellen der Mauer zuflogen und daran piekten, offenbar denkend auch dort jene Schmetterlinge zu sehen wie sie vermutlich einige schon entdeckt hatten. Snellen teilt mir mit, dass, wenn Schmetterlinge Acidalia incanaria UB. sich auf weissen Mauern niedersetzen, sie dazu nut Vorliebe graue Fleckchen auf diesen Mauern aussuchen, welche mit der Farbe ihrer Flügel stark übereinstimmen. Nicht zu bezweifeln ist es nun, dass solche Insekten so handelnd sich weiniger sichtbar machen und dadurch sich schiitzcn; die 1- rage bleibt jedoch, ob sic sicli hiervon bewusst sind und darum absichtlich so handcln. Dcnn als eine Aeusserung des alle Tiere wie auch den Mensch beherrschenden Nachahmungstriebes ist es auch sehr möglich dass solch ein Streben nach dem, was in der Farbe mit ihnen übereinstimmt, unbewusst die Tiere dazu bringt. In dem ersten der obenerwahnten Falie war von irgendwelchem bewussten Handeln nun sicherlich keineswegs die Rede; in einigen andern ist es zweifelhaft; der letzte legt diese Vermutung jedoch sehr nahej und mit vielen andern derartigen Hcobachtungen ist dies ebenso sehr der Fall. Demgegcnüber stehen nun gleichwohl auch wieder solche, in welchen Insekten hiermit ofü'enbar ganzlich in Streit handeln. Der wegen seiner Blattmimicry so bekannte Schmetterling Kallima paralecta iiorsf. vernachlassigt diesen Schutz sobald irgendwelche besondere Veranlassung ihn hierzu verlockt, und scheint deshalb den Wert derselben nicht zu würdigen; wenigstens nicht mit solch einer, durch plötzliche Neigungen nicht zur Seite zu zwingenden, instinctmassigen, Kraft dazu getrieben zu werden, wie man dabei erwarten sollte. Nach dem, was canon fowler in der Proc. Ent. Soc. of London am 2"]. April 1892 mitteilte, soll auch doch schon Wallace ihm gesagt haben dass dieser Schmetterling nicht immer von dem Schutz Gebrauch macht; und auch Hagen soll bei der Kallima von Sumatra dasselbe wahrgenommen haben. Was mich betrifitt, so flog einmal auf einen grauweissen Kittel, den ich bei einer Jagd trug und auf den die Sonne heil schien, solch ein Schmetterling zu und setzte sich darauf nieder, so dreist sogar dass er sich durch die Bewegungen, die ich machte, um ihn zu fangen, durchaus nicht storen liess. Und ein andermal traf ich zwei derselben auf überreifen Bananen an, die ich als Köder an einen Baum gehangt hatte und worauf sie natürlich sehr sichtbar waren. Eimer citiert auch bereits diesbeziiglich folgende Mitteilung von hartert (Biologisches aus dein indischen Faunengebiete. Berliner Entomol. Zeitsclirift jj Bd. 1899): Kallima sitzt keineswegs immer in der von Wallace beschriebenen Weise; ich sah sie wiederholt an grtinen Blattern sitzen \vo sic von ferne zu bemerken war, wahrend sie an einem Stamme oder Trocknen Zweige sitzend ausserst schwer und oft durchaus nicht aufzufinden war. Die untcr dem Namen Tjitjak und Gekko oder Toke/i bekannten in dem indischen Archipel iiberall schr allgemeinen Mauereidechsen haben die Farbe von Baumrinde, auf welcher sie sich in der Natur aufhalten, sogar mit weisslich nuancirten Flecken, welche die Rindenmoose wiedergeben, aber werden gleichwohl, vor allem die erstgenannte, stets in Menge auf den weiss gekalkten Mauern in den Hausern angetroffen, wo sie besonders beim Lampenlicht auf Insekten jagen, und dann sehr in's Auge fallen. Ebenso fand ich auf den dunkelgrünen Blattern der Theepflanze ( Thea viridis \..) auf Java die Raupe von Hypena biplagialis BUTL., welche heil rindenfarbig ist, und daher sich cbenfalls um diese ihre auf Baumrinde sie beschirmende Farbe absolut nicht bekümmernd, sogar gerade sehr sichtbar wurde. Wenn Raupen, welche in der Natur in ihre Cocons Stückchen Rinde, Holz, Erde oder derartige Dinge einzuspinnen pflegen, wodurch die Cocons sich dann wenig von der Umgebung unterscheiden und so bcschiitzt werden, in der Gefangenschaft solche Stofte nicht untcr ihrem Bereich haben, thun sie wohl dasselbe mit andern dort erreichbaren Stoften wodurch dann jedoch bisweilen dieser Cocon gerade sehr stark ins Auge fallt, also offenbar instinktmassig nach der Gewohnheit ihrer Art handelnd, ohne sich von dem damit verbundenen Nutzen Rechenschaft zu geben. Bei Gelegenheit einer Versammlung des schon wiederholt genannte Nied. Ent. Vereins in Bergen op Zoom klopften dort einigen Lepidopterologen am Spatnachmittag gegen junge bunte Ahornbaume mit weiss gelben Blattern, und waren verwundert zu sehen dass gerade in diesen Baumcn so viele Pievis rapcie L. sich zur Nachtruhe begeben hatten; die grosse Uebereinstimmung zwischen der Unterseite der Fltigel dieses Schmetterlings und den bunten Blattern des Baumes konnte dabei nicht unbemerkt bleiben; aber doch war dieser Schutz wenig nötig und würde dabei auch ein andrer dichtbelaubten Baum wohl ebenso gut haben dienen können, auch wenh zwischen den Blattern desselben und den Flügelii des Schmetterlings keine Uebereinstimmung bestanden hatte. Ganz kürzlich teilte VüN AlONER Abafi (Alg. Zeitschrift für Entomologie 1902) so auch mit dass von DöRNITZ in Japan beobachtet sein sollte, dass eine dort an Kiefern lebende Stabschnecke (Acauthoderus), welche vollstandig einer Kiefernnadel gleicht, sich beim Nahen von Menschen von den Zweigen zur Erde / fallen liess und erst dadurch die Aufmerksamkeit auf sich zog, wahrend wenn sie sich ruhig verhielt, hunderte von Menschen vorübergegangen waren, ohne sie zu bemerken. Ein Gleiches, bemerkt er weiter, sei ebenfalls von SCHWEINFURT in Arabien auch an Cicaden und Rüsselkaferchen beobachtet, wahrend auch ein ahnliches Verhalten bei einigen heimischen Tagfaltern vorkommt. Satyrus Hermione L. und 5. Circe f. z.B. haben vermöge der Farbung ihrer Flügelunterseite grosse Aehnlichkeit mit der Farbe flechtenbewachsener Baumstamme, an welchen sie mit Vorliebe zu sitzen pflegen. Naht man ihnen jedoch, so verbleiben sie nicht in dieser geschützten Lage, sondern fliegen auf und setzen sich in geringer Entfernung an einen andern Baumstamm. Dadurch aber lenken sie die Aufmerksamkeit auf sich und werden nun leicht die Beute des Sammlers. Satyrus statilinus HFN. dagegen verlasst den bliihenden Eringium, den sie oft besucht, und setzt sich einige Meter davon an eine sandige Stelle, wo der Falter zwischen dürrem Gras sehr gut geschützt und kaum bemerkbar ist; allein beim Herannahen eines Sammlers verlasst er diesen geschützten Ort und lasst sich in der Nahe an einer ahnlichen Stelle nieder, wo er dann leicht in das Netz gelangt. BATESON hat Beobachtungen gemacht betreffs der Gewohnheiten einiger Krabben wie Stenorynchus und Inachus; dass sie namlich ihren Körper mit Seetang in allerlei Farben bedecken; und gemerkt, dass hierzu eine ziemlich umstandliche Arbeit nötig ist, aber dass diese nicht nur bei Tag und bei Nacht ununterbrochen fortgesetzt wird, sondern dass solch eine Krabbe sogar nachdem sie des Gesichtes beraubt war doch unverzüglich mit derselben Sorge und Genauigkeit diese Thatigkeit wieder aufnahm; wie auch das ein Stenorynchus nachdem er sich so bekleidet hattc, doch keineswegs sich Mühe gab um sich in einer Umgebung aufzuhalten welche mit dicser Umgebung übereinstimmte. PüULTON selbst halt dann auch die beschützende > Gleichhcit mit der Umgebung in diesem Falie fiir Zufall. Aus diesen verschiedenen Wahrnehmungen wird es sicherlich sehr wahrscheinlich, dass, wenn Tiere sich in der Weise mehr oder weniger zu verbergen scheinen, dies unbewusst , . . •, TT geschieht, auch wenn es uns den Kindruck einer mit veistand überlegten Handlung macht; wie bereits oben gesagt ist, der stark herrschende Nachahmungstrieb macht dies auch hier sehr annehmbar. Auch darf hierbei nicht übersehen werden, dass man sicher nicht selten aus Oberflachlichkeit ein absichtliches Streben nach Schutz zu erkennen glaubte in Handlungen bei denen ein etwas cingehendere Beobachtung die Unrichtigkeit dieser Aufüassung bewies. So kann man lesen dass die jungen Sphingiden-Raupen wohl meist an der Unterseite der Blatter, welche ihnen zur Nahrung dienen, gefunden werden, aber doch auch wohl auf der Oberseite, wclches letztere jedoch bei den grossen Raupen niemals der Fall ist, und dass wohl aus dem Grunde, weil diese, da sie mehr in's Auge fallen als die kleinen, sich auch mehr zu verbergen suchen. Die Sache ist jedoch dass Sphingiden-Raupen nur wenn sie noch klein sind auf der Oberseite der Blatter kriechen können, aber sobald sie etwas grösser werden, infolge des Umbiegens der Blatter fallen würden und dann, um sich festzuhalten, harte Blattnerven zwischen ihre Hinter- und letzten Bauchfüsse klemmen können miissen, wie solche sich nur an der Unterseite dei Blatter befinden; sobald die Raupen noch grösser werden, sind sogar diese auch nicht mehr genügend sondern klemmen sie sich an die Stengel und kleinen Zweige fest von denen sie sich mit dem Oberleib wegbiegen um die Blatter verzehren zu können. Von irgendwelcher überlegten Handlung um sich zu beschiitzen ist demnach hierbei durchaus keine Rede. Der Umstand dass die von POULTON nach WILHELM MÜLLER abgebildete Raupe einer südamerikanischen Aenaea-Art auf dem Nerv eines Blattes sitzend von dem nur ein Teil abgenagt ist aber kleine Stückchen am Nerv iibriggeblieben sind, vollkommen diesen Stückchen gleicht, bethatigt noch kcineswegs die Behauptung, dass dies absichtlich so zum Schutz des Tieres eingerichtet sei. Es ist fiir mich, ohne diesen Fall in der Natur studiert zu haben, natürlich schwierig hiervon eine genügende Erklarung zu geben, aber die Sache ist vielleicht sehr einfach dass diese übrigens in der Farbe dem Blatt gleichende Raupe davon nur hier und dort Teile abnagt, und dann zwischen den noch an dem Blatt festsitzenden Ueberbleibseln ausruht, was viele andern Raupen auch thun, doch hier vielleicht zufallig sehr aufïfallend sein kann, vor allem fiir ein sehr zum Entdecken von Mimicry-Fallen neigendes Auge. Auch die oben besprochene Raupe von Acca Procris l. sitzt auf den Blattern, auf denen sie lebt, zwischen den daraufgefallenen ausgeblühten Blütenblattern desselben Baumes und gleicht diesen Blüten, aber kann dies gleichwohl doch selbst nicht so eingerichtet haben. Bei dem allen sieht man doch Insekten auch nicht selten etwas thun was so viele verstandige Ucberlegung offenbart, dass ich schwerlich annehmen kann, dass in einigen Fallen vvenigstens auch solche zur Verteidigung oder Beschirmung dienende Handlungen dieser Tiere nicht durch eine gewisse Verstandesthatigkeit beherrscht werden sollten. Die Ameisen stehen zweifellos hinsichtlich ihrer Verstandesentwicklung hriher als die meisten warmblütigen Tiere; auch bei den Bienen und andern Hymenopteren ist dieselbe nicht gering; darin ausschliesslich Reflexmaschinen sehen zu wollen ist — auch sogar wenn man mit dem Werk von Forel über den Verstand der Ameisen und dem von von Buttel—reei'en über jenen der Bienen nicht bekannt ist — mit einer richtigen und vor allem vorurteilsfreien Wiirdigung der diesbezüglich beobachteten Thatsachen nicht zu vereinigen. Und auch hinsichtlich der Lepidopteren sind solche Thatsachen bekannt, so habe ich z.B. bereits vor Jahren veröffentlicht, wie ich im Mangkassar 4 Abende nach einander eine Precis Ida cram. stets auf derselben Stelle an der Decke des Gesellschaftshauses sitzen sah, wo sie sich jedoch über Tag nicht aufhielt, sodass deutlich daraus hcrvorgung, dass sie Tagsüber geschaftig herumfliegcnd, sich jedoch stets der einmal gewahlten Schlafstelle gut zu erinnern wusste, woran man ihr gutes Gedachtnis erkennen konnte, was doch wiederum Beobachtungsgabe und bei Gebrauch derselben einen logischen Ideengang in sich schliesst. Spater nahm auch STANDFUSS dies Erinnerungsvermögen bei einem andern Schmetterling deutlich wahr. Belangreich kommt es mir auch in dieser Hinsicht vor, die Aufmerksamkeit auf die bekannte Thatsache zu lenken, dass Tiere — sowohl von Saugetieren als auch von Schlangen und Insekten ist es bekannt - sich als Mittel zu ihrer Verteidigung scheinbar tot stellen. Es giebt Gelehrte, welche dies kurzweg als eine durch Schreck erzeugte Reflexhemmung, über die bereits ad XI gesprochen ist, erklaren; aber dergleichen apodiktische Aussprüche sind noch keine Axiome. Mehr beruht sicher auf Untersuchung das, was LATTER in einer Mitteilung in Nature vom 8 August 1895 veröffentlichte. Von einem Abraxas grossulariata I.., welcher Schmetterling, wie er sagt, die Gewohnheit besitzt bei Gefahr sich sofort tot zu stellen, schnitt er in diesem Zustand den Kopf ab, worauf sich das Tier noch einige Sekunden still hielt, darauf aber heftig zu flattern begann ohne jedoch fliegen zu können. Und so blieb er nun noch zwei Tage am Leben, wahrend welcher Zeit jede Berührung wieder denselben Zustand von Unbeweglichkeit hervorrief, hinsichtlich der Intensitat sich richtend je nach der Starke der Berührung und der Dauer der vorhergegangenen Ruhe. VVoraus er dann ableitet, dass hierbei nur von einer Reflexbewegung und nicht von einem willkürlichen Vermogen die Rede sein kann, da doch nach einer Enthauptung keine Willensthatigkeit mehr angenommen werden kann. Gleichwohl steht dies letztere auch nicht so fest; man darf die Folgen solrh einer Enthauptung nicht beurteilen nach denen bei einem Menschen oder höher organisierten lier, welche solcli eine Operation dann auch gewöhnlich nicht zwei Tage überleben. Man braucht nun darum noch nicht tiefgehende philoso- phische Betrachtungen über den Tod und das Zeitliche des ïrdischen Lebens bei solchen Tieren vorauszusetzen. Das sogenannte sich tot stellen hat eigentlich mit dem Hegriff Tod durchaus nichts zu tliun, es ist nichts andres als unbeweglich bleiben. Dies ist nun neben dem Kluchten im ganzen I ïerreich das gebrauchlichste Verteidigungsmittel. Dasjenige was beinahe jedes Tier, nicht im Stande sich mit Erfolg zu wehren oder durch eine schnelle Flucht zu entkommen, thut, wenn es einen gefahrlichen Feind bemerkt, ist, selbst nicht durch die geringste Bewegung seine Aufmerksamkeit au SIch zu lenken; die Auffassung der Schutz-Mimicry beruht sogar zum grossen Teil hierauf, denn sobald irgend ein Tier sich bewegt, kann dieselbe in der Regel keinen Schutz mehr gewahren. Wenn man dann sieht wie viele Tiere dies benutzen, wie sie namheh beim Bemerken irgendwelcher Gefahr sich augenblicklich unbeweglich halten, aber nichtsdestoweniger, wenn solche ein teind dann doch auf sie zu kommt, noch vern zu entfliehen, und jedenfalls sobald sie auch nur einen Augenblick meinen seiner Aufmerksamkeit sich ent ziehen zu konnen, dadurch dass sie merken, dass er auf etwas andres achtet, z.B. den Kopf von ihnen wegwendet sofort unbemerkt wegzuschleichen trachten, dann macht dies keineswegs den Eindruck einer durch Schreck verursachten Reflexhemmung, die z.B. in dem letzten Fall dann doch nicht so unmittelbar wieder aufhören würde, sondern von vernunftig uberlegtem Handeln. Man versuche z.B. nur einmal auf der Jagd Vogel hinter einem kleinen Wall oder einer andern Schutzwehr zu beschleichen, wenn sie auch schon bei einem ziemlich grossen Abstand haben sehen konnen dass man hinter solch einer Bedeckung sich verbarg, auch wenn nichts anderes als des Jagers Kopf sichtbar gehesen ist. Kommt man dann an dem Fleck wo sich das Wild efindet plótzlich wieder zum Vorschein, in der Meinung sie nun aus der Nahe gut unterm Schuss zu haben, dann — smd sie langst weggeflogen. Wenn man eine Katze einen Vogel beschleichen sieht, kann man sie auch sich immer wieder unbeweglich halten sehen, sobald sic denkt dass dieser sie bemerken könne, und erst wieder weiterschleichen wenn die Aufmerksamkeit des Vogels auf etwas andres gelenkt ist; hierbei ist doch sicherlich von verstandiger Ueberlegung die Rede. Und mogen auch alle die verschiedenen Erzah1 ungen über das sich tot stellen von Füchsen und Wölfen noch der Bestatigung bedürfcn, — die über die amerikanischen Opossum's können jedoch wohl schwerlich bezweifelt werden, — dass die Rebhühner, dadurch dass sie sich krank oder verwundet und demzufolge flügellahm stellen, denjenigen der ihrem Nest nahert, von demselben wegzulocken wissen, ist eine unwidersprochene Thatsache, und die schlaue Manier, mit welcher jene Vögel dies zu thun wissen, stets wieder ein Stiickchen fliegend gerade als man sie greifen wollte, wird jeder, der es, wie ich, einmal selbst erfahren hat, mit Erstaunen erfüllen. Bedenkt man dabei nun dass Rebhühner auch bereits viel hinsichtlich der Farbe mit dem Boden übereinstimmen, und darum sich still haltend darauf sehr wenig sichtbar sind, aber sich so nichtsdestoweniger auch durch vernünftige Ueberlegung ein Mittel zu verschaffen wussten um einer drohenden Gefahr zu entkommen, dann liegt die Vermutung wohl nahe, dass diese Vögel sich des in^ihrer Farbe liegenden mimetischen Schutzes nur wenig bewusst sein müssen und nicht darauf stützend sondern instinkmassig, als natürliches allgemeines Verteidigungsmittel, sobald sie Gefahr bemerken beginnen sich unbeweglich zu halten. Es ware jedoch auch wohl möglich dass sie diesen durch ihre Farbe gewahrten Schutz als genügend gegen den aus der Luft niederblickenden Raubvogel kennen gelernt haben, aber nicht gegen vor allem mit dem Geruchssinn spürcnden, sich ihrem auf dem Boden liegenden Nest nahernden vierfiissige Saugetiere, Wiesel, Iltis, 1' üchse, Katzen oder andere, und erst um diese von ihrem Nest zu entfernen ihre genannten schlauen Mittel bedacht haben. \\ arum soll dann auch in andern Fallen worin Tiere sich bei Gefahr so unbeweglich, als waren sie tot, zu halten wissen, dies nicht eine bewusste Handlung, eine wohlüberlegte That sein können? Sogar noch eine wohl durch jeden einmal beobachtete Thatsache giebt es, die gleichfalls auf einer Verstandestha- tigkeit beruht, dem sich absichtlich unbeweglich halten vielleicht sehr verwandt. Es ist dies, dass ein kleiner Hund, der sich durch einen grosseren bedroht sieht, sich haufig plötzüch auf den Grund wirft als ob er sich so vollkommen wehrlos dem Starkeren übergeben und so seine Gnade einrufen wollte. So übereinstimmend ist doch dies Benehmen mit dein was auch Menschen, vor allem minder civilisierte in solchem alle wohl zeigen, wenn sie sich vor dem Machtigen auf die Kniee werfen oder seine Flisse umfassen, dass wohl derselbe Ideengang dort bei dem Tier vorausgesetzt werden muss. Abcr können dann auch andere 1 iere nicht bisweilen auf derartige Weise denken und danach handel n . Wenn man Schnellkafcr (liltitcy uien) anfasst, ziehen sie unmittelbar ihre Fiihler in dafür zwischen ihrem Panzer bestehende Höhlungen ein und ihre Fiisse gegen den Körper an und lassen sich womöglich von den Blattern, auf denen sie sich bcfinden, herabfallen, augenblicklich jedoch wenn sie denken dass die Gefahr gewichen sit, laufen sie wieder foit. Auf Niemand dei dies einmal gesehen liat, macht es sicherlich den Eindruck von Erstarrung; das Ein- oder Aufziehen der Gliedmassen erinnert mehr an die Handelsweise der Schildkröte, welclie auch mit vollkommenem Bewusstsein geschieht, und dass von den Blattern fallen ist meist die notwendige Folge des Anziehens der Füsse, das jedoch haufig zugleich das Entkommen vor einer drohenden Gefahr vielfach sehr befördert. Bei dem geringsten Schein von Gefahr nehmen solche Tiere dann auch dazu ihre Zuflucht. Auch BüRGER sagt in seinem bereits citierten Werk, dass wenn man im tropischen Südamerika leise langs Kleinholz geht, man fortwahrend ein Gerausch hört alsob Tropfen durch das Blattwerk zu Boden fielen; dass dies namlich Insekten sind, die sich von den Blattern los und zu Boden fallen lassen, um sich auf diese Weise Nachstcllungen zu entziehen. Dasselbe beobachtete ich auf Java. Aber vvarum sollte man hierin etwas anderes sehen wollen als dass fliegende Insekten, sobald sie bemerken dass man sich ilinen nahert, auf und davon fliegen ? Es ist doch ganz dasselbe, durch jede dieser Tierarten ausgeführt mit den Mitteln welche ihr dazu zu Gebote stchen. In solch cincm Wegfliegen wird doch nun Niemand eine Reflexbewegung zu sehen glauben! Es vvill mir darum so vorkommen alsob auch in dieser Hinsicht nicht immer dasselbe geschieht; dass ebenso wie der Mensch einige Handlungen bewusst, andere unbewusst, instinktmassig verrichtet, so auch solche Handlungen von einigen Tieren in der That mit verstandiger Ueberlcgung absichtlich ausgefiilnt werden, aber von andern auch unbewusst; und dass wenn im letzteren Falie uns darin irgend welcher Schutz oder Bedrohung zu liegen scheint, dies nur dem Zufall zuzuschreiben sei. Ich kenne z.B. eine kleine Heterocere von Java, Scopclodes palpigera il.-SCH. die, in der Ruhe bereits stcts unbeweglich, sobald man sie berührt aber an einem Fuss schcinbar fast lose hangen bleibt, und dann vollkommen dem Kadaver gleicht von einem Schmetterling der von einer Springspinne ausgesogen ist, wie man dort nicht selten nur mit einem Fuss an irgend einem Gegenstand hangen sieht. In diesem Fall ist es jedoch nun ebenso gut möglich dass eine Reflexhemmung auftiitt als dass die bestellende Ruhehaltung absichtlich als Vertcidigungsmittel noch etwas verstarkt ist; in beiden tallen kann das Tier dadurch solch einem Kadaver ahnlich werden. Nun sieht man aber die Raupen von den beiden javanischen Oyinodcs3.xX.cw C. Vethi. SN. und C. Soimncvi ill>., vor allem die letztgenannte, in der Ruhe sich nur mit den Bauchfüssen an der Unterseite irgend eines horizontalen Gegenstandes festklemmen wahrend das Vorder- und Hinterteil ihres Körpers schlaf herunter hangt, und so ganzlich den Eindruck machen von Raupen durch jene Krankheit befangen, welche die französischen Seidenraupenzuchter la maladie des arpions nennen. Dann lasst es sich doch schwerlich annehmen, dass diese Raupen solch eine Krankheit ihres Geschlechtes simulieren könnten, wenn auch, wie wir oben sahen, etwas derartiges bei den Rebhühnern in der That geschieht. Ebenso wenig kann es jedoch eine Reflexbewegung sein; sodass dann wohl keine andere Erklarung als die der zufalligen Aehnlichkeit übrig bleibt. In der That ist dies dann auch so. Diese «4 eigentümlichc Haltung der Raupen ist in Wirklichkeit nur sehr wenig verschiedcn von jener, welche Stauropus Sikkimensis MOORE in der Ruhe eigen ist, jedoch dieser nimmt dieselbe sich oben auf einem Aestchen befindend an, sich dabei nur mit dem Bauchfüssen festhaltend und dann beide Enden nach oben umbiegend; was die kranken Raupen nicht thun. Sogar traf ich in den von SCHRÜDER veröffentlichen PETER'schen Abbildungen von brasilianischen HeterocerenRaupen (Tafel VIII 4) die Raupe von Crinodes Ritsemac BUTL. an, welche ofïfenbar ausserst nahe mit der javanischen B. Sommeri HB. verwandt ist, aber von welcher doch in dem Text gesagt wird dass sie in der Ruhe das Vorderund Hinterteil in die Höhe halt. Diese Mitteilung geht aber nicht von dem Entdecker der Raupe selbst aus, es kann also hierbei wohl an einen Irrtum gedacht werden; ich will deshalb lieber hier darauf keinen Wert legen. Die hangende Haltung der genannten javanischen Raupe ist demnach nur die Folge des Umstandes dass diese Raupen unten an einem Zweige, dasselbe was andere oben darauf thun. Vor allem entsteht gleichwohl die scheinbare Aehnlichkeit daraus dass auf den stets nach sich selbst urteilenden Menschen solch ein Zustand unterhalb eines Aestchens, ohne sich daran soviel wie möglich festzuklammern, einen ganz andern Eindruck macht als derselbe Zustand auf dem Aestchen; für Raupen macht dies jedoch nicht einen so grossen Unterschied. So kann dann sicher auch in andern derartigen Fallen in Wirklichkeit allein der Zufall die Ursache davon sein. Ich habe oben die Gründe angegeben warum ich bezüglich der Körperhaltung und der Farbe der Astraupen eine unbewusste Suggestion für die annehmbarste Erklarung halte. Einige von diesen klemmen sich nur ausschliesslich mit den beiden hintersten Fusspaaren an einem Zweig fest, wie dies z.B. auf der Abbildung zu sehen ist, welche Poulton in seinem mehrmals erwahnten Werk von der Raupe von Urapteryx satnbucaria L. giebt. Aber bei andern Arten, wie bei der von ihm ehenfalls abgebildeten Raupe von Selenia bilunaria (illunaria) ESI', ist der Oberteil des Körpers noch mit einem Fadcn an dem Zweig befestigt, welcher, aus dem Maul der Raupe kommend, durch das stark entwickelte dritte Paar der thorakalen Füsse gehalten wird, das zu diesem Zweck etwas von den beiden andern Paaren dieser Füsse absteht. Erinnert man sich nun, dass diese Raupen in ihren jüngsten Stadiën an solchen Faden hangen und erst spater, vermutlich weil ihr Körpergewicht dann zu gross wird, die stillsitzende Haltung der Astraupen annehmen, dann ist es deutlich, dass in der Evolution dieser Raupen das Fadchen nach und nach, wahrscheinlich in Verbindung mit dem fortwahrend starker werden der bei ihr spater so kraftig entwickelten, auch von POULTOX abgebildeten, Hinterfusspaare, weniger nötig wird um den Oberteil ihres Körpers in der Zweighaltung zu stiitzen, darum allmahlig ausser Gebrauch gestellt und demzufolge endlich verschwinden wird. Sodass dann die erstere der soeben genannten Raupen in dieser Evolution einen weniger fortgeschrittenen Standpunkt vertritt als die letztere, und man sich auch daneben noch eine zwischen beiden liegende Stufe dieser Evolution vorstellen kann, auf der das Fadchen auch bereits verschvvunden war wie beim ersten, aber die thorakalen Füsse noch die Stellung behielten wie beim letzten Beispiel. Nun giebt es jedoch auch Spannraupen wie z.B. die gleichfalls von POULTON abgebildete von Abraxas glossulariata L., welche nicht Zweigen gleichen aber eine gekrümmte Haltung zeigen. Bei diesen liess namlich, wie vermutet werden muss, die Entwickelung der Hinterfüsse nicht zu, den Körper so grade von dem Baum wegzubiegen wie bei den Astraupen, und blieb dies darum erst mit einem kürzeren Faden und darum in einer voriiber gebogenen Haltung an demselben befestigt, bis spater auch der Faden unnötig wurde aber doch noch die gebogene Haltung bestehen blieb. Um dazu zu kommen, müssen sie doch zweifellos denselben Entwickelungsprozess durchgemacht haben, wie die vorigen; ihr Kopfende muss früher gleichfalls auf dieselbe Weise durch ein Fadchen gestützt gevvesen sein. Und so findet man nun auf Java eine derartige Spann- raupe, die von Hypochrotna ruginaria GUÉR., in gekrümmter Haltung wie die letztere, an einem Zweig sitzend, ohne Fadchen, aber die thorakalen Füsse noch wie diejenige von Selenia bilunaria ESP., also in obenbesprochener Uebergangstellung. Diese zeigt nun cine starke Schlangenmimicry, wievvohl dann auch sehr verkleinert, und darum nicht naturgetreu; sie gleicht namlich einem kleinen schlangenartigen Tier mit weit geöffentem Maul. Die gebogene Haltung tritt dabei als cin erster Faktor auf, wahrend ferner das scheinbare Maul gebildet wird durch die weit von einander stellenden thorakalen Füsse, von denen das dritte Paar den Unterkiefer der Schlange simuliert. Einen dritten Faktor bildet dann noch die Farbenzeichnung, speciell ein verdickter hellgefarbter Seitenstreifen, welcher, stets Seitenzweige ansetzend, von hinten ab der ganzen Lange des Körpers folgt bis auf des dritte thorakale Segment, wahrend von dort cin Seitenstreifen über die beiden ersten thorakalen Segmente lauft, und zwar so, dass jener Streifen in der obenerwahnten Stellung von einander abweichend eine ofifne dreieckige Figur bilden, welche auch dazu mitwirkt um das geöfnete Schlangenmaul vorzustellen. Die eigentümliche fortwahrend steife Haltung dieser Tiere wird nun sicher wohl das Vorhandensein starker Muskeln zu diesem Zweck mit sich bringen miissen, und zwar speciell auch in dem vordersten Teil des Körpers wo das Fadchen straff gespannt gehalten und vor allem das dritte Paar Vorderfiisse dazu gebraucht wurde. Was die Hinterfiisse betrifTt, ist dies dann, wie vvir oben bereits sahen, auch deutlich wahrzunehmen; und wenn ich in den spater ad XXXIX zu besprechenden Versuchen über die Essbarkeit derartiger Raupen wiederholt von ihrer besonders dicken Haut lese, vermute ich wohl, dass damit auch eigentlich wohl die starke Muskelentwicklung gemeint wird. Ich denke darum, dass die Verdickung auf welcher der erwahnte Streifen bei dieser Raupe sich zeigt, wohl ebenfalls von derselben Art sein wird, und dann liegt es auf der Hand für das Entstehen dieser Farbenzeichnung die oben ad VII besprochene Ursache anzunehmen, die Absonderung von Hautpigment, dort wo darunter eine starke Muskelentwickelung statt hat. So verstanden wird also der Ursprung aller in d.eser Mimicry cine Rolle spielenden Faktorcn deutlich. Es ist ubrigens auch hier wohl die Frage, ob nicht allein fur das menschliche Auge in diescm Falie jene Mimicry so bedeutend ist; in Wirklichkeit sind solche kleinen Schlangen mit so grossen offnen Maulen mir wenigstens nicht bekannt, und wurden, meiner Meinung nach, einem Vogel oder einer Eidechse sehr wenig Furcht einflössen. Nun giebt es auch noch andere Raupen, die ebenso sehr eine Mimicry zeigen die ein gcüffnetes Maul nachzunahmen scheint. Stark ïst dies der «a bei iener von Chaerocampa Lucasi moore, welche in der Ruhe den Kopf und die zwei vordersten 1 horakalsegmente erhebt dabei die Füsse dieser Segmente etvvas einziehend, wahrend dagegen die viel schwereren Füsse des dr.tten Thorakalgliedes schrag vorwarts gestreckt werden, sodass dadurch die beiden ersten Segmente und das letzte weit von einander abstehen und so die Oeffnung eines Maules vorstellen Diese Mimicry wird also offenbar mit denselben Mitteln zu Stande gebracht wie die ebenbesprochene von Hypochroma ruginaria guér., und wiewohl nun in diesem Falie der Ursprung davon sich nicht so sicher aufspuren lasst liegt es dann doch wohl auf der Hand auch h!erbei nur 'an Zufall zu denken. Dergleichen Maulmimicry kommt übrigens mehr vor. Einige Fanatiker wollen sie sogar sehen in den weit auseinander stehenden Hinterfüssen an dem in der Ruhe aufgerichtet getragenen Hinterteil der C phidetesraupen und von der von Stauropus Sikkimensis moore wo gleichwohl nichts andres als dasselbe Spiel der Phantasie auftritt, welches auch überall wo man neben einander zwei Kreisen oder sogar horizontalen Strichen begegnet darm Augen sehen lasst. Aber von Hagen finde ich auch mi geteilt dass die auf Sumatra lebende Giftschlange ElaPs furcatus schneider belastigt, Kopf und Schwanz in die Höhe hebt, und dann das Sclnvanzende ein Stuckchen spira förmig aufrollt wodurch dies einem weit geoftneten Maul gleicht, sodass die Eingeborenen sie dann auch die zweiköpfige Schlange nenncn. Sollte dies Aufrollen des Schwanzendes jedoch auch vielleicht nichts anderes sein konnen als eine ganzlich unwillkürliche Bewcgung nahc verwandt dem Klappern der Klapperschlange und ebenso wie dies, wie wir noch naher sehen werden, ausschliesslich eine Aeusserung von eigner Furcht aber keineswegs mit dem Zweck Furcht einzuflössen ? Ein andres Beispiel von sicherlich unwillkürlicher oder zufalliger furchteinflössenden Mimicry ist z.B. diejenige der Raupe von Pötamorphora Manlia CRAM., die um einen Zweig gewunden sitzt genau so als ob sie eine Schlange ware, und da nun jeder Mensch und verschiedene höhere Tiere vor Schlangen sehr bang sind, darum haufig Furcht einflössen kann. Es kommt mir wohl so vor als ob die bekannte Haltung von Na ja tripudians MERREM., der so gefiihrchteten Brillenschlange oder Cobra de Capello, wobei sie den Hals scheibenförmig ausbreitet, zwar jetzt für alle, welche jene Schlange aus eigener Anschauung oder Ueberlieferung fiirchten gelernt haben, furchterweckend ist, doch ebensowenig wie sie eigentlich an und für sich etwas Erschreckendes besitzt, auch von ihr in solcher Absicht angenommen ist. So sah ich doch im Reptilienhaus des Zool. Gartens in London ein schönes Exemplar dieser Schlangenart unernitidlich jene Haltung annehmen, wiewohl sie doch dort taglich durch so viele Personen betrachtet, sicher schon lange vor dem Menschen, wenigstens bei dem Abstand in welchem die Besucher stets bleiben mussen, wenig Furcht mehr fühlen musste, und brachte ich dies nun auch in Verband mit dem, was ich bei einer Nandu (Rhea americana L.) in dem Rotterdamschen Thiergarten beobachtet hatte. Als ich dort eine Tages vor eine von ein paar dieser Vogel bewohnten Umzaunung kam, sah ich einen derselben auf dem mit Sand bestreuten Erdboden zusammengehockt, den langen Hals rechtaus langs des Grundes ausgestreckt, jedoch das Ende desselben mit dem Kopf senkrecht aufgerichtet und mich anblickend. Sogleich fiel mir da die Aehnlichkeit auf dieses so aufgerichteten dreieckigen Kopfes mit derjenigen von einer grossen Dreieckskopfschlange, welche noch zunahm als der Vogel, da ich stillstehen blieb und ihn ansah, noch mehr aufmerksam geworden, den Kopf noch etwas höhcr ebenso senkrccht emporhob, und so mit dem Hals noch mchr den Schlangenleib nachahmtc, wahrend der Korper ganzlich unbeweglich blieb und mich an einen ganz ineinander gewachsenen teilweise grau vertrockneten Busch Pflanzen erinnerte, wie sie so vielfach in indischen Graswildnissen vorkommen. Und wenn ich mir nun dabei den Grund vorstellte mit Gras bewachsen, wie in einer solchen Wildniss, sodass die Verbindung zwischen dem senkrecht aufgerichteten Teil des Halses mit dem Kopf dadurch ganz unsichtbar geworden ware, dann musste dadurch die Schlangenmimicry noch viel starker hervortreten, obgleich dann auch die üicke des Halses viel ansehnlicher war als die, welche auch die grösste Art der Dreieckskopfschlangen be- sitzet. . Verschiedene Monate nach dieser Begegnung las ich in dem bekannten Werk Animal life and intelligente von <_. LLOYD MORGAN von einem gleichen, wiewohl nicht so starken Eindruck, welchen LARDEN von demselben Tier in der freien Natur in Siidamerika erhalten hatte. Und hieraus wurde es mir damals auch klar, dass auch in diesem Falie nur ein zufalliges Zusammentreffen von Umstanden diesem Tier jene Aehnlichkeit giebt, und dass es sich dessen keineswegs bewusst ist, und deshalb nicht in der Absicht um Furcht einzuflössen, davon Gebrauch macht. Jede furcht vor den ihm Tag aus, Tag ein, in grosser Menge angaffenden Menschen hatte dieser Vogel im Rotterdamschen ihier«arten doch sicherlich bereits lange verloren; im Gegenteil, der Grund warum er auf mich, als ich dort stillstehen blieb, auch so aufmerksam wurde und dazu den Kopf erhob, war wohl kein andrer dann dass er bereits gewöhnt war von vielen seiner Besucher Leckereien zu empfangen und die darum auch von mir erwartete. Dass nun unter diesen Umstanden das Tier sich dessen bewusst mit jener Haltung die Absicht gehabt haben soll, mir oder anderen Besuchern Furcht anzujagen und so abzuschrecken, lasst sich hiermit sicherlich sehr schlecht vereinigen. In HARDWICK S Science Gossip iSqi Pag. 6S wird auch von einer indischen Mantisart berichtet, dass sie eine abschreckende Haltung anzu- nehmen weiss, in welcher sic der socbcn besprochenen Brillenschlange gleicht, aber auch hier wird für die Thatsache dass das Insekt sich dessen bewusst so handelte kein Beweis geliefert; die Uebereinstimmung kann aucli in diesem Falie ganz zufallig sein. Die starksten Falie dieser Art Mimicry sind die oben ad II bereits besprochenen von einigen Sphingidenraupen und doch scheinen auch diese, wie auffallend auch, dennoch nur dem Zufall zugeschrieben werden zu müssen. Sogar POULTON und MELDOLA nehmen an dass das Einziehen des Kopfes und der zwei vordersten Segmente, was bei dieser Mimicry ein Hauptfaktor ist, ursprünglich wohl nichts anderes gewesen sein soll als das Zurückziehen des Kopfes, um denselben zu beschützen, wie dann auch andre Sphingidenraupen auf ganz dieselbe Weise handeln ohne dass sic jedoch eine furchteinflössende Zeichnung besitzen und ohnc dass eine abschreckende Haltung davon die Folge sein kann. Nun blcibt bei alledem auch dann die Möglichkeit nicht ausgesclilossen dass solch eine Sphingidenraupe durch die Erfahrung gelernt hatte dass diese zufallig erlangte Eigenschaft im Stande ist I" einde abzuschrecken und davon sich dessen bewusst bedient. Denn man muss den Gebrauch, den ein Tier von dem eincn oder andern Körperteil macht, nicht so als die ausschliesslich auf dem Nutzen basierende Selektionslehre thut, mit dem ursachlichen Entstehen solches Körperteiles verwirren. Zu den vornehmlichsten Waffcn des Pferdes gehören seine Füsse, es weiss davon sowohl zur Vcrteidigung wie zum AngrifT — das letztere mehr ausschliesslich bei Hengsten — auch was die Vorderfüsse betrifft Gebrauch zu machen, doch ist es wohl nicht zu bezweifeln, dass die Richtung, welche die Entwicklung dieser Körperteile beherrschte, diejenige war um sie zu Bewcgungsorganen und nicht zu Wafïfen zu gestalten; einmal vorhanden und als \\ aften brauchbar sich erweisend, hat das 1'ferd sie jedoch auch als solche gebrauchen lernen. Dasselbe ist der I*all mit den Vorderfüssen der Hirsche und den Flügeln der Schwane, beide Fortbewegungsorgane, welche jedoch als tüchtige Waften gebraucht werden. Und so ist es mit vielen Tieren. Wenn man Hunde spielen cl. h. spielend ein Gefecht nachahmen sieht, bemerkt man dass sie dabei nicht nur ihre eigentlichen Waflfen, die Zahne, sondern auch beide Paare Füsse gebrauchen, und sogar den Hinterleib anwenden um ihren Gegner 7.ur Seite zu schieben oder umzuwerfen. Menschen thun beim Ringen auch nichts andres und haben auch ihre Fiiuste, die Frauen auch ihre Nagel, als Waffen gebrauchen lemen. Das Intellekt verschiedener Insektcn ist nun sicherlich zum derartigen Anlernen entwickelt genug; wenn man die sovielen wahrlich wunderbaren Massregeln nachgeht, welche viele von ihnen im Voraus zu nehmen wissen, sei es um sich selbst wahrend eines Zeitraumes der Hiilflosigkeit, wie in der Nymphaperiode, sei es um ihre Fier oder Progenitur zu beschützen, was doch alles allmahlich angelernt sein muss und in der Lolge erblich geworden, dann kann es nicht bczwcifelt werden, dass sie auch wohl gelernt haben können sich auf jene Weise zu verteidigen. Sehr haufig züchtete ich auf Java die dort so viel vorkommenden Raupen von Papilio. Die ersten Male nun dass man solche Raupen oder sogar nur die Zweige, worauf sie sitzen, bertihrt, wie das beim Frneuern des Futters oder dem Reinigen der Dosen oder Flaschen, in denen sie sich befinden, nicht zu vermeiden ist, stossen sie eine stark riechende, verflüchtende, Feuchtigkeit aus, ein Verteidigungsmittel vor allem sicherlich gegen Ichneumoniden, Braconiden odei Tachiinen gerichtet. Aber nach ein paar Tagen thun sic dies nicht mehr, und es kostet sogar Mühe sie durch Reizen dazu zu biingcn. Warum? Sehr wahrscheinlich doch wohl weil sie die Erfahrung gemacht haben, dass die Berührungen keine feindliche Absicht haben und es deshalb nicht nötig ist sich dagegen zu verteidigen. Das ist also dasselbe, was WASMANN bei den Ameiseh beobachtete. Vor einem in einem Glasgefasse sich befindenden, künstlichen, von Formica sanguinea LATR. bewohnten Beobachtungsnest bewegte er den Finger hin und her, worauf die Ameisen mit geöfUnetcn Kiefern drohend auf denselben losfuhren, aber als er dies einige Male wiederholte, reagierten sie schon beim dritten oder vierten Mal nicht mehr darauf; zweifelsohne lernten sie durch sinnliche Er- fahrung die Erfolglosigkeit ihres Angriffes sowie die Harmlosigkcit jenes Manövers einsehen und wurden sobald gleichgültig gegen dasselbe. Eine Gedankenassociation sagt er dann auch mit Recht, im Gehirn der Ameise entstehend aus der Verbindung mehrerer sinnlicher Wahrnehmungen, ist die einzige denkbare Erklarung dieser Vorgange. Wo dann Raupen jedoch so etwas durch Erfahrung so bequem lemen zu kunnen scheinen, darf man auch wohl annehmen, dass sie das obeneiwahnte auch haben anlernen können, und dabei also mit Bewusstsein handeln. Immer namlich insofern es die Annahme jener Haltung betriftt. So darf ich dann auch wohl annehmen dass in einem andern von lloyd Morgan berichteten Fall mit Bewusstsein von dem Tier gehandelt wird. In dem einer gewissen unschadlichen, sich von Eiern nahrenden am Kap der Guten Hofifnung lebenden Schlange {Dasypcltis scaber l.) namlich, die wenn ihr Gefahr droht, den Kopf aufblast, sodass derselbe dem dreieckigen Kopf der sehr gefahrlichen Clothos Atropos l. aus jener Gegeild ahnlich wird, und sich dann auch aufrollt und den Kopf ausstreckt, ebenso wie es jene Giftschlange thut wenn sie sich vorbereitet auf ihren Feind zuzuspringen. Aber bei alle dem können die verschiedenen Faktoren, welche hierbei auftreten, wohl selbstandig aus ganz andern Gründen entstanden sein, doch hat das Tier die Erfahrung gemacht, dass dies seinen Feinden Furcht einjagt und macht nun mit Bewusstsein hiervon Gebrauch. Eine wahre genaue Beobachtung dieser Mimicry von einem ruhigen in dieser Hinsicht vorurteilsfreien Untersucher darf hier iibrigens auch noch wohl wünschenswert heissen. Sei es dass dies bewusst, sei es dass es unbewusst geschieht, es giebt, wie die gegebenen Beispiele zeigen, viele Falie, worin auch die Haltung oder die Weise wie Tiere sich auf Gegenstanden festzetzen deren Farbe mit der ihren übereinstimmt, solche Erscheinungen erzeugt, wie sie unter Mimicry, in oben angegebenem weiten Sinne, aufgesfasst werden. Und dabei spielt zweifellos der Zufall die grösste Rolle. XVI. Aus tlem Obenstehenden folgt nun, dass deshalb in dem bei weitem grosseren Teil der Falie, in denen die angegebene trügerische Gleichheit vorkommt, die Ursache derselben sich sehr gut erklaren liisst, ohne dass dabei die Hypothese der natürlichen Zuchtwahl nötig ist. Insofern als dann auch noch einige solcher Falie bestehen, deren Erklarung in dieser Weise nicht annehmbar und darum noch schsvierig scheint, ist es demnach sicherlich rationeller, dies der zu komplizierten Art dieser Falie in Verbindung mit dem noch stets Unvollkommenen unseres gegenwartigen Wissens auf diesem Gebiet zuzuschreiben, als darum zu jener Hypothese Zuflucht zu nehrnen; ura so \veniger, da sie ausser dem ebenerwahnten Umstande, dass auch ohne sie die genannten Thatsachen fast immer natiirlich erklart werden können, doch auch aus vielen anderen Gründen sehr wenig annehmbar scheint. Da wo WEISMANN in seiner Studie „Die Entstehung der Zeichnung bei den Schmetterlingsraupen" die folgenden Worte sagt: „Jedenfalls liisst sich die phyletische Lebenskraft nur „durch Eliminierung beseitigen, durch den Nachweiss dass „alle überhaupt vorkommenden Charaktere der betreffenden „ Erscheinungsgruppe auf andere Ursachen zurückgeführt „werden müssen, dass somit für die vorausgesetzte phyleti„sche Lebenskraft nichts zu thun iibrig bleibt. Daraus würde „die Negierung derselben mit Notwendigkeit folgen, da man „auf die Anwesenheit einer Kraft nicht daraus schliessen „kann dass sie keinerlei Wirkungen ausübt", wies er mir sehr richtig den Weg an, dem ich auch zur Bestreitung der Mimicrykraft folgen musste und jetzt in meinen Thesen darüber und ihren Erklarungen cingeschlagen habe. Jene Hypothese ist zur Erklarung der Mimicryerscheinungen vollkommen unnötig. XVII. Der Lehrsatz namlich, auf welchem diese Hypothese beruht, ist der, dass solch eine Uebereinstimmung einem Tiere einen sehr belangreichen Schutz verschaften soll, sei es zu seiner \ erteidigung gogen Feinde, sei es zum bequemen Fang einer Beute. Dieser Umstand soll deshalb in dem durch diese Theorie angenommenen Kampf um's Dasein für diesen einen grossen Vorteil über andere Tiere derselben Art mit sich bringen, dadurch dass das Individuum, welches eine solche trügerische Gleichheit besitzt, infolgedessen als dem Streit am meisten gewachsen, in diesem erhalten bliebe, wahrend andere, minder bevorzugte, untergehen müssten, weiter, dass nun diese vorteilhafte Eigenschaft eines solchen Individuums auf seine Nachkommenschaft vererbt wird und auf dieselbe Weise stets fortfahren soll, sich mehr und mehr zu entwickeln. XVIII. Hiergegen erhebt sich nun in erster Linie die Schwierigkeit, dass der durch die trügerische Gleichheit veranlasste Schutz, obwohl diese, um den erforderlichen Effekt erreichen zu können, eine sehr hervorragende und überwiegende Rolle spielen muss, dazu in Wirklichkeit in keiner Weise genügend sein kann, und dass sogar die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit hierfiir zum wenigsten sehr zweifelhaft ist. Diese Thesen haben, meiner Meinung nach, eine nahere Erklarung nicht nötig. XIX, Es ist doch sehr haufig wahrgenommen worden, dass Tiere, die in hohem Grade mit solch einer Gleichheit ausgestattet sind, nichtsdestoweniger vielen anderen Tieren zur Beute fallen. Bateson beobachtete z.B. dass Garneelen, wiewohl sie eine mit dem Sande übereinstimmende Farbe bcsitzen und sich überdies ganz in demselben begraben, nichtsdestoweniger, falls auch nur ein kleines Stückchen ihrer Antennen aus dem Sande herausragt, doch von den auf sie jagenden Fischen (Labridae) gefunden werden. Matthews soll in den Transactions of the Ent. Soc. of London 1888 mitgeteilt haben, dass die jungen Raupen der australischen Papilio Aegeus DON., wiewohl sic Vogelschmutz gleichen, doch von einem bestimmten Vogel viel gegesscn werden. Und cine Anzahl von Beispielen ist hiervon bekannt; nichts ist z.B. gewöhnlichcr als Vögel kleine griine Raupen essen zu sehen, die sic zu finden wusstcn, obwohl deren 1*arbe doch dieselbe wie die der Matter oder des Grases ist worauf sic leben, und man sagt, dass diese Farbe beschirmend sci. XX. Es könntc dieser Schut/ ausschliesslich als Gesichtstauschung aufgefasst werden. Doch geschielit sowohl das Aufspiiren ihrer Beute als auch das Wahrnehmen des sich nahemden Feindes von den meisten Tieren hauptsachlich, wenn nicht ganz und gar, nicht durch die Ver- ^ mittelung des Gesichts, sondern des Geruchsorganes. Der Masstab mit welchem der Mensch alles misst, ist er sclbst. So thut er auch in seiner Auffassung der Erscheinungen, welche Mimicry genannt werden. Seine Beobachtungen nun, vor allcm bei dem gebildeten Menschen, werden zum bei weitem grössten Teil mit dem Gesicht, Gehör und Gefühl gcmacht, hauptsachlich mit dem erstcren; der Geruchsinn ist bei ihm wenig entwickelt und tritt darum im Vergleich mit den andern Sinnen schr auf den Hintergrund. Wo er dann jene Erscheinungen wahrnimmt, welche ihm als trügerische Gesichtseindriicke bekannt sind, sucht er diese auch von seinem Standpunkt aus zu erklaren, dabei kurzweg annehmend dass auch bei allen andern tierischen Wesen ebenso sehr auf dieselbe Weise als bei ihm der Gesichtssinn vor allen andern das Werkzeug der Wahrnehmung ist und dass sie demnach auch gleichfalls für optische Tauschung und daraus sich ergebende verkehrte Bcobachtung y empfanglich sind. Die herrschenden Auffassungen iiber Mimicry beruhen ganzlich hierauf. Gleichwohl ist diese Basis zweifellos sehr unrichtig. Im allgemeinen ist der Geruchsinn bei den Tieren viel starker entwickelt; bei einigen aber wie bgi clcm Hund, sogar so hoch, dass er die menschliche Fassungskraft übersteigt. Darum spielt dies Vermogen dann auch bei ihren Wahrnehmungen cine viel grössere Rolle, werden sie nieist von ihnen durch Vermittlung desselben erlangt, oder werden wenigstens die mit den andern Sinnen empfangenen Eindrücke so durch den Geruchsinn kontrollirt, dass ihnen, falls sic nicht durch lctzteren bestatigt werden, kein grosser Wert beigemessen wird. Bereits Dakwin, meine ich, bemerkte sehr richtig dass wenn ein Hund in ein Zimmer kommend dort in einem Spiegel sein Ebenbild erblickt, und so, die Wirkung des Spiegels nicht begreifend, ein andern Hund zu sehen glaubt, er sich zu diesem begeben und das Spiegelbild beriechen wird, doch dass man ihn sich dann auch von diesem abwenden und demselben absolut keine Aufmerksamkeit mehr schenken sehen wird, durch sein ganzes VVesen deutlich aussprechend, dass ein Hund ohne Hun' degeruch doch kein Hund sei. Sehr komisch ist es dagegen wie der kleine rote Lori (Loritts) von den Molukken auf einen 1 isch vor einem Toilette-Spiegel gesetzt, seinem Ebenbild gegenüber sich ziert und kokettiert; wie fiir die meisten ✓ Vogel ist namlich auch fiir ihn das Gesicht das Vornehmste und demnach das vertraubarste Wahrnehmungsorgan; fiir den Hund ist dies aber der Geruch. Es giebt jedoch auch wohl Vogel, die einen scharfen Geruchssinn besitzen, wie z.B. die Enten; warum diejenigen, welche diese Tiere in den hollandischen Entenfangern überwaltigen wollen, immer ein , brennendes lorfstiick in der Hand halten müssen, soll ihre Annaherung nicht von den Vogel durch den Geruch bemerkt werden. Wenn also Raubtiere gewöhnt sind ihre Beute mit dem Geruchsinn aufzuspüren, kann irgendwelche Vermummung, ^ welche nur eine Gesichtstauschung hervorruft, gegen sic wenig helfen; ebenso wenig kann so etwas, was sie wenig sichtbar macht, ihnen von so viel Nutzen sein um sich andern Tieren unbemerkt zu nahern, falls diese hauptsachlich mit dem Geruchssinn wahrnehmen und dadurch die Annaherung ihrer 1" einde bemerken können. In vielen Fallen in denen sogenannte IVIimicry besteht, zeigt sich dies nun; daraus folgt dann jedoch direkt, dass der Vorteil, welchen dann diese Mimicry mit sich bringen kann, zu unbedeutend ist als dass diescr sich dcmnach auf die allgemein angenommene Weise ^ cntwickelt habcn könnte. So zeigt der Hase eine grosse Aehnlichkeit mit einem Büschel trockner Grase, eine Mimicry die vollstandig genügend ist um Personen, nicht gewöhnt sich taglich auf dem Pelde zu befinden, in ganz kurzer Entfernung an dem Tier vorbeilaufen zu lassen, ohne dass es irgendwie ihre Aufmerksamkeit auf sich lenkt; der Bauer und der Jager werden ' dadurch jedoch nicht irre geführt und erkennen das Tier trotz dieser Aehnlichkeit. Wer sind nun eigentlich wohl die natürlichen Feinde des Hasen r Nicht der Mensch, sondern Hundearten, wie Füchse, und Wölfe, ferner Wiesel und wieselahnliche Raubtiere und endlich Raubvögel. Die ersteren wohl vornehmlich; diese Tiere jagen jedoch ohne Zweifel hauptsachlich nach dem Geruch und dass diesem keine Hase entwischt lehrt die Jagd wohl, die auf jenes Wild vornehmlich mit Hilfe der Jagdhunden ausgeiibt wird. Die wiesclahnlichen Tiere haben höchstwahrscheinlich ebenfalls wohl ein starkes Geruchsorgan, und die Raubvögel besitzen ein so scharfes Gesicht dass sic vcrmutlich ebenso wie dei daiin geübte Mensch das Tier trotz seiner Mimicry zu erkennen wissen. Uebrigcns können diese Vogel den Hasen nur wenn er sich bei Tage im oft'nen Feld aufhalt, anfallen, und die wieselahnlichen Tiere jagen im Allgemeinen mehr auf Vogel und Mause; der Fuchs und der Wolf sind fiir den Hasen wohl stets am meisten zu fürchten gewesen, wie gegenwartig noch der Hund und die zahmen Katzen der Bauernwohnungen, die jedoch ebenfalls hauptsachlich die Mause mit dem Geruch aufspiiren und deshalb auch bei ihren Raubzügen in das Feld, denen so viele junge Hasen zum Opfer fallen, wohl auf dieselbe Weise zu Werk gehen weiden. Die erwahnte Mimicry des Hasen wirkt also eigentlich allein gegenüber dem Menschen, und dabei auch nur bei dem gegenwartigen Stadtmenschen; welchen Nutzen hat sie dann wohl ursprünglich, wahrend sie sich entwickelte, diesem Tiere bieten können? In den indischen Wohnungen fïndet man stets zahlreiche kleine Mauereidechsen, der Tjitjak (Hcmidactylns), Tierchen welche, einen sehr gut entwickelten Geruchssinn besitzen, z.B. sofort das Dasein von Zuckcr odcr Syrop, welchen sie schr liebcn, bemerken, und dann von der Decke oder den Wanden auf dem Tisch kommen, wo sich dcrselbe befindet; setzt sich nun auch bei Tage ein Schmetterling wie dies z.B. bei Cyllo Leda L. vielfach der Fall ist, an solch eine Mauer oder Decke, dann sieht man haufig die Tjitjak's, offenbar durch den Geruch angelockt, aus ihren Schlupfwinkeln auf dieses Insekt zukommen und, um sich erst vollkommene Sicherheit zu verschaffen, es erst bclecken, um es dann, sowie es sich bewegt, festzupacken. Man darf deshalb wohl annehmen, dass diese Eidechsen auf Baumen dasselbe thun werden und dass also die irgendwelchem Insekt eigentiimliche Aehnlichkeit in Farbe oder Gestalt mit Baumrinde gegen sie, die ja doch mit dem Geruch wahrnehmen, nicht beschützen wird. Was die Nachtraubtiere betrifft, so besitzen einige derselben ein speciell für die Dunkelheit geeignetes Gesicht aber andere auch nicht; z.B. nicht die Fledermause, welche doch zu den hauptsachlichsten nachtlichen Insektenjagern gehören und zahlreiche Nachtschmetterlinge toten; sicherlich jagen sie dabei aber nicht mit dem Gesichtssinn sondern sei es mit dem Geruch oder auch wohl mit dem Gefühl, dadurch namlich dass sie die kleinen Luftbewegungen empfinden, welche diese Tierchen beim Fliegen erzeugen. Sind doch die Fledermause so feinfühlig dass sie nach Verlust des Gesichtes doch im Stande sind in einem Zimmer umherzufliegen ohne sich in den Wanden oder andern Gegenstanden zu stossen. Was kann nun gegen solche Raubtiere Mimicry helfen ? Die Untersuchungen bezüglich einiger Lepidopteren, deren C?C? auf so wunderbare Weise die Gegenwart des 9 z.B. in geschlossenen Zimmern zu entdecken wissen, weisen an, dass das cf dabei nicht durch das Gesicht geleitet wird, sondern durch einen andern offenbar sehr stark entwickelten Sinn und zwar höchstwahrscheinlich durch den Geruch; wie unter allerlei Tieren giebt es dann auch bei den Insekten viele, welche allein mit dem Geruchssinn jagen; zweifellos ist dies z.B. der Fall mit den Ichneumoniden, Braconiden und Tachiinen, welche sicherlich die eefahrlichsten Feinde der Raupen sind; was soll dann dagegen Mimicry helfen? I)icjenigen Arten, welche eine sehr starke Schlangenmimicry zeigen, werden dann auch um nichts weniger von diesen Schlupfinsekten verfolgt als andere. Was sollten Fliegen oder Wespen sich auch aus Schlangen machen, fiir sie ja gar keine gefahrlichen Feinde, oder aus der stark übertriebenen Karikatur eines Saugetiergesichtes, wie die Phantasie von PöULTON und andern in der sogenannten abschreckenden Haltung der Raupe von Harpyia vinula L. zu sehen glaubt, welche sie bei alledem auch nicht gegen den Ichneumon Paniscus cephalotes HOLMGR. beschützen kann. Eines der starksten Stückchen von Mimicry-Fanatismus in dieser Hinsicht ist wohl das, was PüULTON von H. MüLLER mitteilt, welclier die herrliche Entdeckung gemacht haben muss, dass sich an jeder Seite der Raupe von Stauropus fagi L. zwei schwarze Fleckchen befinden, und dass diese nun Zeichen oder Narben von Ichneumonstichen nachahmen miissen, um so einem Ichneumon, welches sein Ei auf die Raupe legen wollte, die Meinung aufzudringen, dass ein andrer dies bereits gethan liabe und dieser Platz also schon besetzt sei; ebenso wie wenn z.B. Iemand in der Eisenbahn seine Reisetasclie auf einen Platz legt um zu zeigen dass er denselben fiir sich gewiihlt hat. Und dabei spotte man noch iiber den Aberglauben von Unwissenden! Man achte doch gut darauf, dass fiir diese schone Entdeckung nicht nur absolut keine Beweise angeführt werden aber derselben sogar keine noch so geringe oder oberflachliche Wahrnehmung zu Grunde liegt, sodass sie selbst den Rang einer Hypothese nicht verdient, sondern nichts andres als eine blosse phantastische Erfindung ist, der Ausdruck einer suggestiv benebelten Einbildung im Dienst einer wirklichen Zwangsvorstellung um jede Erscheinung auf zoologischem Gebiet auf Darwinistische Weise zu erklaren. Und wenn sich so etwas dann gleichwohl als ernste Naturwissenschaft aufwirft, dann frage ich jeden unbefangenen Verstand, ob solches nicht einen lacherlichen Eindruck macht. Sieht man jedoch, dass so etwas nichtsdestoweniger mit einem wahrlich dummen Glauben von einem auf den andern iibergeht und so für viele die Kraft 15 eines wirklich wissenschaftlichen Argumentes bekommt, und dass auf diese Weise die fiir Wissenschaft und Gesellschaft ^ so verderblichen darwinistischen Lehrsatze gestützt werden, dann wird es Pflicht die mit aller Kraft zu bestreiten, und mag man sich auch berechtigt fühlen, wenn auch einige wie Prof. Dr. A. Radcliffe Grote in seinem in der Insekten-Börse vom 23 Oct. 1902 vorkommenden Aufsatz Mimicry mul Mode sich darüber iirgern, dagegen mit Spott aufzutreten. Gegen Glauben ist doch keine Argumentation fruchtbar, durch Spott kann man ihn jedoch angreifen; wohl sollen dadurch eigentliche Fanatiker nicht bekchrt werden, aber für die Vielen, die solche Sachen nur darum weil sie dieselben fiir wissenschaftliche Resultate halten, wie sie ihnen vorgestellt werden, auf 1 reu und Glauben annehmen, kann dieser Spott wohl sicherlich niitzlich sein, dadurch dass er ihnen die Augen öffnet und sie sehen lehrt dass es viele andre Befugte auf diesen Gebiet giebt, welche die wissenschaftliche Wahrheit und Bedeutung solcher Facta durchaus leugnen. XXI. Ferner entsteht die betreffende Gesichtstrluschung in den meisten I lillen zitm grös.sten I eil nur durch oberfliichliche Besichtigung, niimlich dadurch, dass der menschliche Wahrnehmer dem auf genannte Weise sozusagen vermummten Tiere wenig Beachtung schenkt, weil es ihm kein Interesse einflösst, oder dadurch, dass er es auf eine derartige Entfemung sieht, für welche sein Gesichtsinn nicht scharf genug mehr wirkt, um ein deutliches Unterscheiden möglich zu machen, vor allem, wenn er mit solch einem Tier und den Gegenstanden seiner Umgebung nicht sehr genau bekannt ist. Doch kann diese scheinbare Gleichheit Menschen nur wenig tauschen, welche solche Tiere und ihre Umgebung durch Gewohnheit genauer kennen, oder welche sich für dieselben interessieren, und sie dann auch, sobald in dieser Hinsicht auch nur der geringste Zweifel besteht, in'der Nahe besichtigen, wie Naturforscher, Jager und in bestimmten Fallen Landwirte, Gartner oder andere Personen, deren darauf bezügliche Berufsthatigkeit in dieser Hinsicht eine fortwahrende Uebung dieses Sehens mit sich bringt. Daraus folgt also, dass eine derartige Gleich- heit auch wohl Tiere nicht wird betriigen können, hinsichthch solcher andrer Tiere, welche ihnen zur Nahrung dienen; da sie doch mit diesen sowie mit der Umgebung, in welcher s.e leben und s.ch zu verbergen suchen, durch tiigliche Uebung gut bekannt sind, und sie dieselben, wenn sie jagen, sicherlic.h stets aus einer solchen En femung betrachten werden, wie es je nach ihrem Gesichtsvermogen erforderlich ist, um sie mit genügender Genauigkeit zu sehen, wobei sie bisweilen, wie z. B. Raubvögel, dazu mit einem besonders starken Gesichtssinn ausgestattet sind. Jede Gesichtstauschung ist ofifenbar nur relativ in Beziehung stehend zu der grössern oder geringeren Scharfe des dadurch zu betrügenden Gesichts. Und das Mass dieser Scharfe ist in erster Linie bei den verschicdenen Tierarten, und, was den Menschen betrifft, sogar bei den Individuen, nicht dasselbe. W'ahrend ferner und im Zusammenhang damit auch die Uebung im Sehen, speciell von denselben oder wenigstens gleichartigen Gegenstanden in einer wenig abwechslungsvollen Umgebung, welche dem Menschen oder dem Tier, welches sie wahrnimmt, eigen ist, dabei von grosser Bedeutung sein soll. Bei Mimicry besteht der Gesichtsbetrug namlich in der Regel in einem Gesammteindruck, welcher gegenüber einer scharfen Analyse der Unterteile des betrefïfenden Gegenstandes nicht bestehen kann. Sieht man auf Java die Kelarap oder fliegende Eidechse (Draco volans L.) an einem Baum sitzen, den Kopf nut dem hell"elben spitzen Kehlsack hin und herbewegend, dann glaubt man einen Specht mit gelben Schnabel, wie solche 1 ïere es eewöhnt sind, an dem Baum pieken zu sehen; wenn man naher kommt merkt man jedoch bald den Irrtum. Und dasselbe ist es auch vielfach mit allerlei Mimicry fallen, wenn sie Jemandem begegnen, der wie ein Naturforscher nut der Erscheinung bekannt ist und darum alles, was ïhm auch nur einigermassen zweifelhaft vorkommt, mehr in der Nahe besieht. Ja, was denjenigen betrifft, der stets ein und dieselbe Mimicry sieht, wie dies bereits Seite 223 von dem Bauer oder dem Jager hinsichtlich der des Hasen bemerkt ist, dieser erkennt das Tier nichtsdestoweniger bereits sofort. So weiss z.B. der hollandische Bauer auch in dem Gras der Wiesen die Kiebitzeier zu finden, welche offen dazwischen liegen aber trotzden durch ihre Farbe so beschiitzt sind, dass der darin nicht Geiibte sie eher mit dem Fuss zertreten wird als dass er sie dort liegen sieht. So habe ich oft auf einem Feld viele Schmetterlinge, kleine Pieriden z.B. mit zusammengeschlagenen 1' lügcln an Blumen sitzen sehen oder unterwegs allerlei Nachtfalter an Baumen, Zaunen und dergleichen ruhend, wahrgenommen, wahrend die nicht Entomologen, in deren Gesellschaft ich an diesen 1 ieren in kurzer Entfernung vorbeiging, von denselben absolut nichts bemerkten. Uebrigens mimicrierende Schmetterlinge wenigstens, haben stets doch et was Eigenartiges in Gestalt oder Fliegart, was dem erfahrenen Jager aufiallt, und ihn dazu bringt, solch ein Tier doch zu fangen. I rimen erzahlt dass er einmal in Siidafrika, wie er glaubte, cine gewöhnliche At/iauris Echeria stoll fliegen sah, die ilirn jedoch etwas eigentümlich erschien, sodass er sie doch fing, und er dann bemerkte dass er eine Papilio Merope cram. (Cenca stoll) 9 gefangen hatte. Ein diesem vollkommen gleicher Fall ist mir auf Celebes passirt. Wenn man nun bedenkt, dass die meisten Tiere nur einzelne bestimmte Alten als tagliche Beute jagen, dass sie die ausserlichen Kcnnzeichen derselben und die Weise, wie dieselben von ihrer gewöhnlichcn Umgebung, worin sie leben, sich abheben, von kleinauf durch und durch kennen, stets noch darauf ihre Aufmerksamkeit richten, und iiberdies hierzu höchstvermutlich noch wohl eine grosse erbliche natiirliche Befahigung besitzen, was alles schon die diesbezüglichen Befahungen der Bauern und Jager bei weitem übertrift't, wahrend auch noch viel Vogel, sogar die kleinen insektenfressenden, ein aussergewöhnlich scharfes Gesicht besitzen — wie _ wenig kann dann, wenigstens die sogenannte Schutz-Mimicry gegen solche Feinde wohl bedeuten ? Nur die sogenannte abschreckende wiirde dann noch ihren Wert behalten, doch auch immer nur in sofern, als sie auf solche Tiere wirklich abschreckend wirkt, und dann auch nicht wieder andere Eigenschaften, wie der Geruchsinn, den Betrug vereiteln. Man wiirde vielleicht geneigt sein können als ein Beweis von der Effectiviteit der Mimicry die Thatsache anzuführen, dass man einige Fische wie Forellen und Lachen mit kun* insekten an der Angel fangt. Wenigstens in Gross-Brittannien ist dies allgemeine Gewohnheit, und wer weiss welchen Einfluss diese Thatsache auch auf die zuerst bei den Englandern aufgetauchte Theorie der Mimicry gehabt hat? Aber man vergesse dann nicht dass der Angler dabei auch das liegen d h. die Bewegung nachahmt, d. h. namlich das Umgekehrte als was bei der Mimicry stattfindet, wobei es fur das Zustandekommen dieser trügerischen Aehnlichkeit so gut wie immer ein unbedingtes Erforderniss ist, dass das mimicnerende Tier sich unbeweglich halt. Ferner zeigt der Angler dann diesen Fischen das Insekt nur ausserhalb des \\ assers und hindert sie so es von nahebei wahrzunehmen. Im Uebngen elückt das Fischen mit nachgeahmten l ischen oder Insekten auch nur in stark bewegten Wasser, wie in einigen Bergstromen, aber nicht in stillem Wasser. Mehrmals habe ich versucht mit Kunstfhegen Barsche oder Cyprint in solchem Gewasser zu fangen doch stets ohne irgend welchen Erfolg ^ wiewohl sie bei natürlichen Fliegen sehr rasch anbeissen. . sei dann in den bisweilen vorkommenden Fallen, in welchen Fische vielleicht aus Eifersucht sehr gierig zubeissen ohne erst gut zu sehen. Ich habe es als Angler erfahren dass, wo der Barsch im Ueberfluss und voll Fressgier auf einem seiner Raubzüge begrififen war, die in das Wasser Angel, mit so wenig Köder versehen, dass der Haken . deutlich zu sehen war, doch sofort von ihnen angebissen wurde, wahrend man jedoch gewöhnlich wohl Sorge trage muss den Haken gut zu bedecken. Und von der Kabelja fischerei an den Küsten von Norwegen lese ich dasselbe So gross ist in der Laichzeit, sagt BREHM, die Gefrassigkeit des Kabeljau's, dass er nach allem schnappt, was er bewalt'g zu können meint, selbst nach vollkommen Dingen, falls sie nur glitzern oder sonstwie seme A"fmC J samkeit erregen. Auch der Frosch scheint die Natui^ dts roten Lappchen, dass man, um das Tier zu fangen, as o er an den Haken befestigt, sehr schlecht zu erkennen sondern nur auf Farbe und Bewegung zu achten. Denn auch luerbe muss der Fischer um Erfolg zu haben den Haken immer Bewegung halten. Ich weiss wohl dass cnglische Angler behauptcn, dass man zu jeder Zcit des Jahres verschiedenc Kunstinsekten anwenden muss urn Erfolg zu haben, geradezu die Insekten nachahmend, welche dann fliegen, aber nicht < ob dies nun wohl wissenschaftlich feststeht; es giebt auch Fischerlatein. Es vvird behauptet, und Akistoteles soll bereits dariiber berichtet haben, dass der Seeteufel oder Angler (Lophius piscatorius l.) sich in dem Schlamm verbergen und dann lange Dralite, die an seiner ersten Rückenflosse bcfestigt sind, hin und her bewegen soll, um damit kleine Fische anzulocken, die diese Drahte für Würme haltend, darauf zukommen und so die Beute jenes Fisches werden sollen, welcher davon seinen Namen enthalten hat. Und bei einigen Tiefscefischen, die ebenfalls mit dergleichen Anhangseln versehen sind, wird diesen Organen dann auch dieselbe mimetische Bedeutung anerkannt. Aber bei aller Ehrfurcht vor Aristoteles möchte ich doch wohl fragen ob dieser Punkt auch schon von einem ernsthaften Naturforscher der Gegenwart untersucht worden ist. Ich finde doch dasselbe mitgeteilt bezüglich der Krebse, deren Taster und übrigen Teile der Hilfskiefer fortwahrend wed el n und so, wie man meint, kleine Fische anlocken, welche dann von diesen Crustaceen ergriffen werden. Ich finde jedoch auch angegeben dass diese fortwahrende Bewegung der Hilfskiefertaster zum Zweck hat eine bestandige Strömung langs der Kiemen zu unterhalten und deshalb dem Atemholen der mit innern Lungen versehenen höheren Tiere entspricht. Gleichwohl kann die Thatsache dass kleine Hsche durch solche Bewegungen angelockt werden doch wohl richtig sein, aber dann ist dies einzig eine zufallige Tolge, die sich die Fische oder Crustaceen zu Nutze zu machen wissen, wobei eigentlich von Mimicry keine Rede ist; wenigstens kann eine mimetische Entwickelung nach der darwinistischen Theorie dabei nicht stattgefunden haben. Da diese Gesichtstauschung also allein bei einiger Entfernung wirksam ist, darf man die Wirkung derselben dann auch ohne bestimmten Beweis nicht annehmen hinsichtlich kleiner Tiere, bei denen man schwerlich eine weitreichende Sehkraft vorausschen kann. Was z.B. die Ameisen betrifft von denen WASMANN mitteilt, dass sic einen bewegenden Gegcnstand nicht we.ter "ahrnehmenkonnen als auf 10-15 cm. Entfemung und kleine nicht bewegende sogar nicht ^citcr .1, 4-5 cm. Gleicbwohl den Ameiscngastcn, wie wi, bcrcits obcn sahen v,ele, welche einc starke Mimicry zegen, sogar eine solcb , schliesslich auf Lichteffektcn beroht, d,c woW em ztemhch gutes Gesicht «erlangt um wahrgenommen werden zuk nnc . Wie kennen dann alle die zahlrcichcn 1-alle von Mm, > jcmals irgendwelchen Gesichtsbetrug bei den Amcscn bea Steen! Und gegenüber amlcrn Tieren kann d.es die ,n den Ameisenkolonien lebenden Gaste doch S1C e r ^c nu" von wenig Interesse sein, jedcnfa 1, dadurch ibr Entstel.cn nael. der hcrrschenden Ibeone nehmbar werden kann. XXII. Es «ebt auch keines.egs (est nnd kann selb.t als seh dÏrseCwei tZSX Xunterscheid- bar ist. v ;ttt War dass die Möglichkcit um durch solche Ge- sichtstauschung irre geführt zu werden ^ das menschliche Auge betrogen wird, «n Sin™.werl« g bei solchcn mit ganz anders geformten Augen wie die In• sekten, der Fall sein sollte, ist doch keineswegs sicher. Wohl scheint es, nach dem was wir diesbeziiglich beobachten konnen, dass die Gesichtsfunktion bei den Tieren von derselben Art ist, wie bei dem Menschen. Durch Fensterscheiben z.B. können sowohl Schmetterlinge als auch Ameisen gut lundurchsehen; die Thatsache dass die Augen von verschiedenen Nachtinsekten wie z.B. von Sphinx couvolvttli l. aucli phosphoreszieren wie die von Katzen oder Eulen, weist auch wohl auf physiologische Gleichheit. Die Versuche von Lubbock zeigten dass Insekten und Daphnia's im Stande sind 1 aiben zu unterscheiden. Die Wahrnehmung von Forbes, dass er auf Sumatra einmal sah wie der rote Schmetterling Tachyris Nero F. sich wiederholt irrte und niederfallende durre Blatter für Schmetterlinge seiner Art hielt, dass geradezu <ƒ auf dieselben zuflogen sie für die gelblichen 9 9 haltend, ist in dieser Beziehung auch interessant, weil derselbe Irrtum auch mir mehrmals passiert ist; wiederholt habe ich dergleichen in einer drehenden Bewegung niederfallenden, gelbroten, dürren Blatter für solche Schmetterlinge gehalten. Er schliesst sich auch eng bei dem Seite mitgeteilten an hinsichtlich der Weise wie MoDlGLIANI auf Nias, Ipinas Vossn MAITLAND zu fangen wusste; wie auch verschiedene andere der dort gemeldeten Wahrnehmungen in dieser Hinsicht Aufmerksamkeit verdienen. Sicher haben auch viele Insekten ein scharfes Gesicht. Lubbock weist mit Recht hierbei auf die Libellen, welche in der Tliat — bereits der grosse Ornithologe H. SCHLEGEL machte diese Bemerkung, — wie Raubvögel auf ihre Beute zuschiessen. Auf der am 6. Juli 1895 gehaltenen Versammlung des Niederl. Entom. Vereins teilte ich derartige Beobachtuns?en beziisrlich einer javanischen Hornisse und verschiedener Schmetterlinge mit; was die letztere betrifft auch Falie, bei denen sich ein starkes Ortsgedachtniss offenbarte, was sich ganz anschliesst an dasjenige, was sich aus den Versuchen von Fabre, J. Lubbock und Romanes ergiebt, wie auch an die dass Hymenopteren durch das Erkennen der ihnen bekannten Gegend in der Umgebung ihrer Nester den Weg dorthin zu finden wissen, und auf ein Vermogen zum guten und gcnauen Wahrnchmen weist. Wenn man Spr.ngsp.nnen {Attidtn) auf ein laufendes Insekt mit Sicherheit zuspringen sieht, ist cs auch klar dass sie dies, wenn auch nur auf so kurzen Abstand wenigstens, gut wahrnehmen können. Uebngens sind die Augen dieser Spinnen besonders dazu ^"gericht* und auch bei vielen der obenerwahnten ein scharfes Ges cht besitzenden Insekten, vor allem bei den Libellen, sind diese Organe offenbar sehr entwickelt. Ganz unnchtig un ^ verschiedenen andern von demselben Autor mitgete.lten Thatsachen auch nicht vereinbar, ïst also wohl KOLBE s i c nung, dass Keines Insektes Sehvermögen weit uber 2 Mete hinausreicht. Die auf dem anatomischen Studium des sektenauges durch einige basierte Schlussfolgerung dass dadurch keine Bilder aus der Umgebung aufgenommen, sondern nur Bewegungen wahrgenommen werden konnten, ist gegenüber diesen Facta der biologischen Beobachtung durchau unhaltbar. Bei dem allen giebt es doch versmedene Thatsachen aus denen deutlich hervorgeht dass ein Untersch^ed ^ zwischen derWeise in welcher verschiedene Tiere die Gcge stande sehen und der unseren bestehen muss So ist es z.B. ebenfalls von LUBBOCK gezeigt, dass sowohl Ame.sen als ^ auch Daphnia's die ultravioletten Strahlen sehen konnen die für uns unsichtbar sind. Uebrigens muss auch sicherlich bei diesen Insekten das Sehvermögen, ebenso wie dies ubngens auch bei dem Menschen und allen andern Tieren der Fall ist nur im Verhaltniss zu ihren Bedürfmssen entwickelt sein, und darf man also annehmen dass bei sehr kleinen, vor allem bei nicht (liegenden Tieren, deren gewohnliche Bedürfnisse kein starkes Gesicht erfordern, dies \ ermogen wohl mehr beschrankt sein wird als bei dem Menschen, wie dies oben ad XXI nach WASMANN auch betreffs der Ameisen mitgeteilt ist, und dass diese also z.B. auch wesenthch gros sere Tiere wohl nur sehr undeutlich oder nur tclwe.se sehen werden. Welchen Eindruck werden dann jedoch wohl allerlei derartigen Haltungen oder Zeichnungen, die dem menschlichen Auge abschreckend erscheinen, auf solche Tiere machen. Ïst es nicht wahrscheinlich, dass sie auch diese nur sehr undeutlich wahrnehmen? Oder wird sich auch für sic, falls sic viellcicht auf eine kurze Entfcrnung ein schr scharfcs Gcsicht besitzcn, z.B. bei der sogenanntcn Schlangenmimicry einiger Raupen, nicht dasselbe zeigen, was oben auf Seite 16 hinsichtlich der Puppe von Spalgis substrigata SN. mitgeteilt ist, dass die Aehnlichkcit mit einem Affenkopf bei Vergrösscrung ganz verloren geht. ? Das so besonders scharfe Gestcht, welches vielen, sogar kleinen Vrtgeln, eigen ist, kann in dieser Hinsicht sicherlich wohl denselbcn Effekt haben wie eine Vergrösserung, und doch wird die von Insekten behauptete Mimicry, in welcher Ordnung diese Erscheinung so aussergewöhnlich verbreitet ist, vor allem als ein Schutz gegen derartige kleine Vögel aufgefasst. Dass das Unterscheidungsvermögen von Eröschen wenig entwickelt zu sein scheint, wurde soeben, Seite 229, bereits bemerkt; soll das von den meisten Fischen dann wohl auch viel zu bedeuten haben ? Doch fehlt auch solche Mimicry, welche man für Schutz gegen Fische halt, keineswegs. Die grösste Anzahl Feinde der Insekten besteht jedoch zweifellos aus Wesen von derselben Ordnung und aus Spinnentieren, und dass die Mimicry ebenfalls als ein Schutzmittel gegen solche Feinde aufgefasst wird, lehrt die bereits Seite 225 erwahnte schone Hypothese betreffs der Raupe von Stauropus fagi L. Doch kann also auch, sogar wenn sie im Uebrigen auch ein richtiges und scharfes Sehvcrmögen besitzen, die Weise worauf sie solche Erscheinungen, wie die, welchen dem menschlichen Auge als Mimicry erscheinen, wahrnehmen, selir von der des Menschen verschieden sein. Uebrigens auch noch ein andcrer Umstand darf in dieser Hinsicht der Aufmerksamkeit nicht entgehen. Wie ich bereits Seite 12 bemerkte, sieht der Mensch schon sehr leicht in allerlei runden Flecken Augen und zwar wohl weil dies Organ, dieser Seelenspiegel, auf ihn stets den starksten Eindruck gemacht hat, und das Bild dessclben ihm darum sehr leicht vor die Seele tritt. Aber wenn die psychischen Thatigkeiten bei einem Insekt nun qualitativ von denen des Menschen sich nicht unterscheiden — und dass wird doch hinsichtlich der Wirkung der Mimicry eigentlich vorausgesetzt — dann wird solch ein Tier sich auch wohl cin Auge so vorstellen wie es bei ihm selbst ist und nicht wie man es bei dem Menschen oder andern Vertebraten findet; dann muss es gleichwohl doch sehr zweifelhaft werden ^ ob dergleichen Augenflecken von Insekten wohl auf d.eselbe Weise aufgefasst werden wie dies durch den Men. b schicht. Will man annehmen, dass dadurch fur sie die Augen der auf sie jagenden Saugetiere, Vogel oder Reptilicn nachgeahmt werden, dann muss man doch von der Voraussetzung ausgehen dass diese Organe jener Tiere auch auf sic solch eine schreckcinflössende Wirkung ausuben konnen, wie dies bei dem Menschen und den Tieren, welche selbst derartige Augen bcsitzen, der Fall sein kann; aber ob dies nun wohl i„ Wirklichkeit so ist, darf also auch noch sehr unsicher heissen. Und auch was allerlei andere sogenannte furchteinflössenden Körperanhangsel oder Haltungen betr , es ebensovvenig sicher ob diese den Insektenz.B. wohl turcht einflössen konnen, sogar nicht wenn sie die schon eben wie Menschen schen und wahrnehmen. Ist doch ihre öa Klasse so voll von den verschiedensten fremdartigstcn und vom menschlichen Standpunkt aus bcurteilt und in mcnschücher Grosse gedacht, so ungeheucrlichen Formen, dass wenn sie namlich Begriffe liaben betreffs hasslicher, ^chterlicher und abscheuerweckender Gestalten, was ich noch nicht gern als bewiesen annehmen möchte, ihre Vorstellungen in d.eser Hinscht doch sicher sehr stark von den unsern abweichen müssen. Wenn ein lebendes Wcsen so weit denken kann, dann findet es sicher keinc Körpergestalt so schon vvie die eigene. Sogar bei Menschen ist z.B. das Schönheits.deal n.ch dasselbe bei Europaern, Chincsen oder Negern, ja se s findet der Bauer oder Matrose die groben, schweren, weiblichen Formen viel schoner als die feinen denen die Gebildeten den Vorzug geben. Ieder urteilt stets auch hier wieder nach dem Masstab seiner selbst und seiner Umgcbung. XXIII. Eine derartige bald starkere, bald schwachere Aehnlichkeit in Farbe oder Gestalt kommt auch zwischen Tieren vor, welche ganz ver- ' ^h'edene Erdteile bewohnen, bei denen deshall. von einem aus dieser Uebereinstimmung sich ergebenden Schutz keine Rede sein kann. Solch eine Uebereinstimmung ist wenigstens unter Lepidopteren keineswegs selten. Ein sehr auffallender Typus ist z.B. dieser der schwarzgelben, eine bestimmte auf die indoaustralische Fauna beschriinkten Gruppe bildenden ürnithopteren, wozu z.B. O. Pompeus l. gehort; aber doch findet man dieselben in nicht zu dieser Gruppe gehörenden südamerikanischen Papilio's, wie P. quadratus stdgr zurück Nach von Aigner Abafi soll so Caryatis viridis plüTZ aus Kamerun ein vollstandiges Abbild der brasilianische Semnia auritalis hu. sein. Seitz beobachtete so auf dem Monte Carvocado in Brasilien eine Syntomide, die stark einer Hummelart glich, und zwar einer solchen die nicht dort, sondern in Europa vorkommt. Wie ich in der Insekten-Börse 1902 11". 29 lese, soll in den Verhandlungen der Gesellschaft deutscher Xaturforscher und Aerzte ein Aufsatz von Ohaus vorkommen, worin zahlreiche Beispiele von Mimicry zwischen Kafern aus verschiedenen Gegenden gemeldet werden, wobei deshalb von einem biologischen Verhaltniss zu einander nicht die Rede sein kann. So soll Popilia Cyanea hope aus Sikkim der Popilia virtdicyanea (?) vom Congo, Diplognota hebraea ür" aus Natal der Anthracophora rusticola (?) aus Sibirien, der Calendyma chiliensïs cost. aus Chili dem Trychodes affinis (?) aus Syrien gleichen. Die Farbenzeichnung von Cethosia Leschenaultii godt. von Timor stimmt auch, wie weiland Staudinger bereits bemerkte, im Prinzip stark mit derjenigen von Vanessa Antiopa l. aus Europa überein. Seite 72 erwahnte ich bereits die beiden Limenitis-Arten aus Thibet, welche so sehr den (ƒ von Hypolimnas bolina L. und II. Misippus l„ gleichen, dass man sie, falls sie in derselben Gegend lebten, sicher als Beispiele einer starken Mimicry beschaut haben würde. Noch auffallender ist der Seite 70 bereits berichtete Fall des 9 von dem zuletztgenannten Schmetterling, so stark der Da,,ais Chrysippus L. gleichend, dass hierin einer der meist bekannten Falie von angenommener Mimicry gesehen wird, aber welches nun auch noch in einer andern Form vorkommt als Inar ia cram. unterschieden, die auch wieder stark cincr andern_ Forrri von D Chrysippus L. namlich Dorippus IIUG. gleicht, abc , dass wcnigstens soweit bekannt ïst, die hierna unc Dorippusiorvcicn nun in denselben Landstrichen und demnach ^ "tnd des 3- Internationalen -ologischen Konuresses im Jahre 1895 zu Leiden abgehalten, findet man in meinem Aufsatz Mimetisme die sonderbare Uebereuist.mmung besprochen, welche die indo-austrahsche Junonia LneoJCRAM. und 7. Asterie L. rnit der europaischen la, ar ga Fgeria u und 7'. Megaera L. zeigen, einc Uebere.nst.mmung, dfe selbst so weit geht, dass eine gleich specielle GewohnÏ5t. nLich diejenige gern auf weisse Mauern zu fhegen wovon sie auch den Namen Mauerfuchs tragt, ebenso der letzteren der europaischen Arten, wie der letztgenannten der javanischen eigentümlich ist, ') wiewohl s,e wenn auch phologische sehr merUwürdig. Es giebt psychischem (.ebiet verbun . , . derartisrer Zusammenhang jedoch mehr solche noch nicht hinreichend ist urn es anzuweisen. Die matuau Tnsekten die erstgenann- al> welche die Amcisen g."> ' h statt hti cinigen Lycatnaxiupen, welche man darum auch stets darum ebenfalls viel in sitchlichsten F.ind. dflgegcn ^er ' . ' N- 'bcsteht auch Ewischcn »rd:: .. «*«dem Korperbau diesei verkennende Uebereinstim- «-tritLT X - d.: «*«• STVT- i- Raupen —•»' 7" SVl'ir - ïTLïrrrs ïvau^cu «v«— ' k'iir/lich fand ïcn nun vou Coccinelliden-Larven. Sollte dies Zusammentreffen nur Zufall . einander ahnhch doch kcineswegs nahe verwandt sind, da die cine eme Nymphalide und die andere eine Satyride ist. Und obschon ich, damals noch nicht genügend mit der Erscheinung der Farbenevolution unter den Imagines der Lepidopteren bekannt, die Ursache dieser Gleichheit auch noch nicht nchtig verstand, die Thatsache bleibt gleich interessant. Kbcnso finde ich von Seitz berichtet, dass unter den -Schmetterlingen, welche auf dem Monte Carvocado in Brasilien vorkommen, Phycioides Ciriofe cram. sehr allgemein ist welche der europaischen Araschnia levana l. sehr ahnlich . J000^1 ln A>-gentinien eine andere Phycioides,art, welche m derselben Weise mit der dimorphen Form dieses europaischen Schmetterlinges, als Prorsa l. unterschieden, übercinstimmt. Man spncht in diesen Kallen von Zufall und wo die einander gleichenden Tiere in verschiedenen Gegenden eben, von falscher Mimicry; es besteht jedoch kein einziges wissenschafthches Kennzeichen, worin dieselbe sich von sogcnannten echten Mimicry unterscheidet; die Trennung bcruht bloss auf der willkuhrlich « priori gemachten Annahme der vollkommen unbewiesenen Thatsache, dass die zuletztgemeinte auf die in der Mimicrytheorie gehuldigten Weise entstanden sein soll. Eimer brachte ebenso die Uebereinstimmung in der Farbenzeichnung ,n Erinnerung zwischen Pica caudata keys-hl und Copsychus mmdanensis gm, zwischen Haematopus ostrealogus l. und Cicoma nigra l. Henslow wies in seinem bereits erwahnten belangreichen Aufsatz daraufhin, wie man unter den australischen Marsupiaha allerlei Formen findet die sehr stark der anderswo lebenden nicht marsupialen Maus' dem (liegenden Eichhorn, Hasenu.s.w. gleichen. Durch vielé Beisp,ele zeigt er auch, dass viele Pflanzen ganz oder zum eil einander gleichen, wiewohl sie systematisch weit von einan er entfernt stehen und die einander gleichenden Teile isweilen aus ganz verschiedenen Organen gebildet sind. Alle diese Thatsachen sind von derselben Art, sie weisen auf dasselbe, was mir noch kürzlich in einem zoologischen Garten beim Sehen eines südamerikanischen kohlschwarzen Hokko mit hochgelben Knoten auf den Kopf auch stark auffiel wie vollkommen von dersclbcn Art diese I Mai und ]um, »»d d,e dritte im Juli und August fliegt. Wie auch die bere ts Seitc 129 berichtete Thatsache von Raupen, die einander sehr stark gleichen und wohl zur selben Zeit und in der gleiche Gegend neben einander leben, aber jede stets verborgen m einer bestimmten Frucht, sodass eine Verwechsclung derselben ausgeschlossen ist. Sodass demnach, wenn dasselbe sich bei Tieren zeigt die wohl in der gleichen Gegend und zur selben Zeit leben, daraus ebenso wenig notwendig fo g dass dieses durch das Bestehen eines sogenannten mimctischen Verhaltnisses zwischen ihnen verursacht ist wie dies bei den in verschiedenen Landern und zu verschiedenen Jahreszeiten lebenden Tieren der Fall sein kann. Für d.ese letzteren kann jene Uebereinstimmung in Gestalt und Farbe nun sic iu keincn Vorteil, keinen Schutt mit sich bnngen; sc. tetót dam. auch wenig Grund um dies mit l!cZug auf die mchr bei einander lebenden Tiere anzunehmen. XXIV. Für einige Tierarten, bei denen die Mimicry stark entwickelt ist hat solch ein Schut,, augenscheinlich keinen Zweck, und kann deshalb auch keinen so grossen Vorteil gewahren, um die Entstehung derselben in den einzelnen Fallen nach der darwinistischen Hypothese zu erklaren. XXV. Es sind auch andere Falie beobachtet worden, in denen Schutz sogar durchaus unnütz sein würde; noch andere, bei dene"dle A^n_ lichkeit, welche jene bewirken soll, nur in einigen Lebensstadien desselben Tieres, in anderen jedoch nicht besteht, wiewohl doch durchaus kein Grtind vorhanden ist, um zu vermuten, dass sie in letzteren minder nötig oder nützlich sein solle, als in den ersteren; andere wiederum, in denen sie nur kurze Zeit hindurch, z.B. wahrend der Paarung, besteht, und dann wohl wahrscheinlich vorteilhaft für das 1 ier ist, aber nicht auf die Weise, wie es jene Hypothese angiebt, erzeugt sein kann. Diese zwei Thesen waren wohl besser in eine einzige zusammengefasst. Von dem darin Gesagten sind die Beispiele zahlreich. Hei einer noch ziemlich jungen auf roten Begoniablattern lebenden Sphingidenraupe auf Java, welche ebenfalls rot war, nahm ich wahr dass sie sich mit Vorliebe auf den Blattnerven aufhielt an der Unterseite der Blatter, wie dies übrigens fiir derartige Raupen wegen des Baues ihrer Füsse welche sich nur an solchen Blattnerven von einer gewissen Starke gut festklammern können, eine Notwendigkeit ist. Jene Nerven waren jedoch grün, sodass die Raupe darauf gerade sehr sichtbar wurde. Will man nun die rote Farbe ■v dieser Raupe der Futterart zuschreiben, welches nach meiner Meinung in diesem Fall die Ursache derselben Var, oder sonst welcher andern Veranlassung auch, dann kann dies keine Verwunderung erwecken, sieht man jedoch in der roten I- arbe auf dem roten Blatt eine Mimicry-Erscheinung, so würde diese in der Praxis für jene Raupe ganz unnütz sein. Und ebenso wie diese Raupe macht doch, nach einer Wahrnehmung aufgenommen in der Insekten-Börse vom 17 Januar 1901, Papilio dissimilis L. durch ihren unregelmassigen Mug jede Verwechselung zwischen ihr und den Danaiden, denen sie gleicht, und die sie, wie man annimmt, nachahmt, unmöglich; welchen Vorteil kann sie dann aus der Aehnlichkeit ziehen ? Auf Seite 24 wies ich ebenso schon darauf hin wie bei der Raupe von Parechidnia elegantula h.-sch. haufig eine Mimicryzeichnung vorkommt, welche als solche ganzlich überflüssig und also unnütz ist, da auch ohne sie die Schlangenmimicry dieser Raupe bereits sehr stark und in wie weit sie zur Abschreckung dienen müsste, durchaus vollkommen ist. Hahnel sieht sogar in dem Bestehen solcher feinen mimetischen Erscheinungen einen Beweis gegen die Mimicrytheorie, da es doch unannehmbar ist dass die Vogel auf solche feinen Kennzeichen achten sollten. Uebrigens, wenn man sieht dass die meisten Raupen, welche sogenannte abschreckende Farben oder irgendwelche starke, wie es heisst, zu ihrer Verteidigung dienende Mimicry besitzen, diese erst in ihren letzten Stadiën zeigen, jedoch in den jüngeren noch nicht haben, dann folgt daraus, dass sie lange Zeit bestanden haben mussen, ehe sie ihre gegenwartige Gestalt hatten, ohne also etwas von jenen verteidigenden Eigenschaften zu besitzen; und also dass auch ohne diese ihr Fortbestehen sehr , möglich war. Wie kana dann in dem Erlangen derselben ein "rosser und für ihr Bestehen notwendiger Vorteil gelegen haben? Eigentümlich kann auch noch der folgende Umstand heissen, welcher sich bei zwei Raupen auf Java zeigt. Namlich bei der von Messaras Erymanthis DOUW,. und der von der sehr nahe verwandten Atella Sin/ia KOLL. Diese beiden auf derselben Pflanze lebenden Raupen gleichen einander so sehr, dass erst bei einer sorgfaltigen Untersuchung in ïhrem letzten Stadium, also bei der ausgewachsenen Raupe, ein Unterschied wahrnehmbar wird. Sobald jedoch die Raupen sich verfarben, um Puppen zu werden, sind sie wieder beide gleich grün, und auch in der aussergewöhnhch prachtigen mit vielen Anhangseln versehenen, rotgoldenen Puppe, sind beide Arten nicht zu unterscheiden. Sind sie aber mit einem Ichneumon besetzt, so werden sie bei dem Verfarben nicht grün sondern schmutzigbraun, aber dies wiederum bei beiden Arten in gleicher Weise. Im letzteren Fall ist nun zweifellos jee er Schutz für sie nicht mehr von Nutzen; und doch gleichen beide Arten ebenso sehr einander wie in den meisten Zeitraumen ihres Lebens; auf welchem Grund muss dann die Behauptung beruhen, dass diese Gleichheit auc 1 uo S1£ übrieens besteht, entweder für eine von beiden wirklich nützlich oder vorteilhaft ist und hieran ihr Entstehen zu danken haben soll? G Lewis sah [Trans. Ent. Soc. of London 1882) auf Ceylon ieden Morgen kleine Vögel die jungen Raupen von DeileDhila Nerii L. von den Chinabaumen wegpicken, ohne dass die Uebereinstimmung ihrer Farbe mit der Blatter noch ihre l6 Gewohnheit um unterhalb an den Blattern zu sitzen sie beschirmte, sondern die Vögcl sie nichtsdestoweniger sehr gut zu fïnden wussten; dann haben jedoch diese Raupen die Streifen und Augenflecken noch nicht, welche, wie man sagt, zu ihrem Schutz dienen; diese bekommen sie erst in einem spatern Stadium der Entwickelung, wenn sie zu gross geworden sind um von den kleinen Vögeln gefressen zu werden. Das Fehlen dersclben in den ersten Raupenstadien scheint dann doch auch das Fortbestehen dieser Art auf Ceylon nicht zu verhindern. Ebenso wurde kiirzlich in den Niederlanden, als die Raupe von Bupala (Fidonia) pinaria l. oder von Panolis piniperda esp. in einigen Kiefernwaldern schadlich auftrat, diese Raupe dort durch die Erscheinung von zahlreichen Krahen (Corvits) grösstenteils vernichtet, welche sie überall aufzuspüren und zu verschlingen wussten. Doch besitzen beide diese Arten in ihren überlangen weissen oder gelben Streifen auf grünern Grund, welche sie den zum Teil grünen zum Teil schon verdorten gelben Kiefernnadeln ahnlich machen, auf denen sie leben, eine sog. Schutzfarbe. Das 9 von Pt'toner is Autothisbe HB. gleicht betrefifs der Oberseite stark der ebenfalls auf Java und in derselben Berggegend lebenden Thyca Crithoe bsd., wahrend die Unterseite wieder übereinstimmt mit der des und sehr auffallend gefarbt ist. Man sagt deshalb, dass es Thyca Crithoe bsd. nachahme, wiewohl kein einziger Umstand darauf hinweist dass dieser letztere Schmetterling beschützt sei, und in Wahrheit dann auch hierbei allein die Rede ist von einem der obenerwahnten Falie von Hotnoeogenesis. Für denjenigen, der an diese Mimicry glaubt, muss es nitn jedoch unbegreiflich sein, warum nun gerade allein auf der ausschliesslich im Fluge, und deshalb bei diesen überdies wie viele $5 sehr wenig {liegenden Schmetterlingen nur sehr selten sichtbaren Oberseite der mimetische Schutz aufgetreten ist, und nicht auf seiner in der Ruhe und demnach in der Regel gerade sehr sichtbaren und auffallend gefarbten Unterseite. Die Fliege Physocephala rufipes f. lebt in ihren ersten Zustanden als Parasit in den Nestern von Bombus terrestris l. und ebenso die Biene Nomada solidaginis i'anz. in den Nestern von Halictus cylindricus f.; man darf also annchmen dass cs für dicse Parasiten ein Vorteil sein könnte den Insekten zu gleichen auf deren Kosten sie leben, um so unbemerkt in ihre Nester zu gelangen, dort Eier zu legen, und ihre Nachkommcnschaft in Stand zu setzen die Nester zu verlassen ohne durch die Bewohncr belastigt zu werden, wie Lloyd Morgan dies hinsichtlich einer anderen Parasitenfliege und einer Parasitenbiene, Volucella bombylans i.. und Psithyrus rupestris F. mit Recht bemerkt, die aus denselben Gründcn die Nester von Bombus muscorum f. und B. lapidarius I.. besuchen und dann auch in der That jenen Boi/ibusurten sehr ahnlich sind. Aber nun zeigen Physocephale rufipes f. und .Nomada solidaginis panz. auch wohl thatsachlich cine Mimicry; sie gleichen aber Wespen. In so vollkommen gleichen Zustanden müsste dann doch der Nutzen, der Vorteil, für diese letztgenannten Parasiten deutlich wohl derselbe sein wie für die andem oben genannten; sehen wir dann jedoch hier solch eine ganz andere Mimicry auftreten, dann zwingt die Logik uns auch wohl die Ursache der 1' ormveranderung nicht in jenem Vorteil zu suchen, sondern 111 anderen Gründen, die bei diesen verschiedenen Tieren nicht die gleichen sind. Sicherlich lasst ein strenger Mimicry-verfechter, wie der ebengenannte Autor, sich durch solche Kleinigkeiten nicht aus dem Feld schlagen; der Vorteil für die letztere liegt nun hierin, sagt er, dass sic gefahrlichen Tieren gleichen. Ungezweifelt kann man wohl immer etwas finden, aber mit der Logik kommt man dabei nicht aus, und die Wissenschaft kann dieselbe nicht gut entbehren. Unter den Schlangen findet man so auch dass cine unschadliche Art stark einer giftigen gleicht, wie der oben bercits von BÜRGER berichtete Fall von der Aehnlichkeit von südamerikanischen Erytlirolampus mit den giftigen hlapsarten. Dieser Nutzen darf jedoch auch sehr problematisch genannt werden. Im Allgcmcinen wcichen doch andere Tiere J|„„ "^rlilnncfen aus. sowohl unschadlichen als auch giftigen; diese Aehnlichkeit würde also nur wirken können durch Einflössen von Furcht bei solchen lieren, die selbst auf Schlangen jagen; abcr diese greifen ebenso die giftigen an, welche sie wohl unschadlich zu machen wissen, wie die andern. So macht derselbe Forscher auch die Mitteilung von der nicht oder nur wenig giftigen Schlange Himantodes Cetichoa l., welche in der gleichen Gegend mit der sehr giftigen Oxyrhopus petolarius l. lebend, haufig auch eine braune Riickenzeichnung ebenso wie jene zeigt, welche aber keine Mimicry verursacht weil ihr langer und dunner Körper so stark seitlich zusammengedrückt ist, dass sie ganz einer Liane gleicht. Dann muss wohl eins von beiden der Fall sein, ent weder die Zeichnung ist nicht infolge des Vorteils, welchen eine Aehnlichkeit mit der gefahrlichen Schlange mit sich brachte, entstanden, und dann wird es natiirlich auch sehr zweifelhaft ob bei einer dritten dort ebenfalls wohnenden wenig oder nicht giftigen Schlange Leptodira annulata l., welche so stark der Oxyrhopus gleicht dass darin sicher eine Mimicry zu liegen scheint und dies zum Teil auch derselben Riickenzeichnung zu danken ist, diese letztere dann doch wohl wegen dieses Vorteils entstanden sein wird. Oder, auch bei Himantodes Cetichoa l. hatte die Riickenzeichnung urspriinglich wohl diese Bedeutung und derselben ihre Existenz zu danken, aber ist spater zuriickgedrangt als die Schlange in ihrem Körperbau einer Liane ahnlich wurde. Aber welchen grossen Vorteil konnte dann diese letzte Aehnlichkeit dem Tier gewahren, dass bereits so gut beschützt war auf eine Weise welche dann auch bei den Leptodira jedenfalls genügend zu sein scheint? Auch wollte man annehmen, dass nicht die unschadlichen die giftigen nachahmten sondern dies umgekehrt ware, dann bleibt dieselbe Frage bestehen: welcher Vorteil sollte für eine giftige Schlange darin bestehen für eine nicht giftige angesehen zu werden ? Sogar nicht für solche die, wie der Ophiophagus Elaps gthr., auf andere Schlangen jagen, denn es ist doch ihre Schnelligkeit mit welcher sie sich ihre Beute bemeistern. Solch ein Auftreten einer doppelten Mimicry, welche notwendig zu der Folgerung führt dass dann die zuerst erlangte von wenig Wert für das Tier gewesen ist, aber dann auch nicht nach der in dieser Hinsicht herrschenden Theorie dadurch, dass sie auf einem bestimmten Vorteil beruhte, durch die natürliche Zuchtwahl erlangt sein kann, oder dass die Mimicryerscheinungen nicht nach jener 1 heorie erklart werden müssen, kommt mehrmals vor. Die Wanzcn stossen, wenn man sie anridirt, eine unangenchm riechende Fliissigkeit aus und werden darum angesehen als hierdurch geyen Vogel und andere insektenfressende Iiere beschützt. Aber nun giebt es auch viele Wanzen die blattgrün s.nd und die also für diese auf Baumen und Strauchen lebenden Tiere eine sehr beschützende Farbe besitzen. Wozu dann der doppelte Schutz, und wie kann nach jener Theorie dann die zwcite erlangt sein als die erste schon bestani : Nun ist es in dieser Hinsicht wahr dass ich der Behauptung, dass diese für Menschen so unangenehme Luft auch fur insektenfressende Tiere so ekelerregend sein soll nicht viel Wert beimesse, sogar essen die Javanen sehr gern eine sehr bekannte nach dem Gestank selbst genannte Art die II alang san vit (Leptocorisa acuta THUMB.), aber auch bei andern Tieren zeigt sich dies; so gleicht eine gewisse kleine Katerart sehr einem Haufchen Erde aber ist zugleich von einem so harten Harnisch umgeben, dass dies sie wohl auch gegen insektenfressende Feinde beschützen würde. Sieht man auf Java Cliaraxes Ih'be BUTL. fliegen, dann gleicht sie stark einer der so allgemeinen weissen 1'ieriden, was in der Ruhe nicht der Fall ist. Und wicwohl nun WeisMANN behauptet dass es für Tagschmetterlinge wahrend des Fluces überhaupt keine schützenden Farbungen g.ebt, aus denT doppelten Grunde weil die Farbe des Hintergrundes auf welchem sie sich darstellen, fortwahrend wechselt, und weil die flatternde Bewegung, auch bei der besten Anpassung an diesen Hintergrund, dennoch sofort sie dem Auge ihrer Feinde verraten würde, so sehe ich doch nicht ein warum solch eine Aehnlichkeit mit irgend einem ungeniessbaren Tier, falls solch eine Mimicry in der That besteht, dann auc i einem Schmetterling im Fluge gegenüber Vögeln z.B nicht von Nutzen sollte sein können. Aber dass diese Aehn i keit jenem Schmetterlinge irgendwelchen Schutz vei scha , ist aus nichts zu erkennen; auch hat ein so kraftiges und schnell fliegendes Tier wie dieses im Fluge so etwas durchaus nicht nötig. Und doch besteht die Aehnlichkeit. Die eigentümliche Mimicry des amerikanischen Strausses (Rhea americana L.), Seite 214 erwahnt, scheint mir diesem Tiere auch von wenig Nutzen zu sein. Haben doch diese Vögel, welche alles andre als wehrlos sind sondern sich durch Treten mit ihren Füssen gut verteidigen können, in ihrem Vaterlande sehr wenig Feinde zu fiirchten. Den Anfallen grosser Raubvögel sind sie vielleicht blossgestellt, aber gegen diese hilft eine solche Mimicry aus der Höhe gesehen nichts; und ferner einigen grossen iv/irarten, welche meist des Nachts jagen, wo dann ebenfalls diese Mimicry nichts helfen kann, sonst aber kriechend und unbemerkt sich nahern, wahrend, falls die Rhea ihr Annahern vielleicht bemerkte, ein so raschlaufender Vogel diesen Feinden bequem entlaufen könnte. Ich kann deshalb nicht einsehen dass auch für dieses Tier jene Mimicry jemals solch einen belangreichen Nutzen mit sich gebracht haben soll, dass daraus nach darwinistischer Manier ihr Entstehen erklart werden könnte. Dass Puppen bisweilen die Farbe ihrer Umgebung annehmen, wurde oben auch besprochen. Aber ist diese Mimicry für sie nun wohl von Bedeutung? Wenn man sieht wie viele andern Puppen, welche solch einen Schutz nicht besitzen, nichtsdestoweniger nicht zu Grunde gehen, und wie bisweilen sogar bei Arten, in welchen Dimorphismus besteht, nur ein Teil einen derartigen Schutz besitzt aber der andere Teil trotzdem ebenso gut weiter besteht, dann kann man wahrhaftig keinen genügenden Grund finden um diese Frage in bejahendem Sinne zu beantworten. Dass übrigens das Erlangen einer sehr auffallenden Farbe darum noch nicht notwendigerweise einen Schutz mit sich bringt, ist mehrmals bemerkt. So wies bereits in der Trans. Ent. Soc. of London im Jahre 1882 G. LEW'IS daraufhin dass viele Kafer solche Farben besitzen, welche für beschützend gehalten werden, ohne dass sie einen derartigen Schutz nötig hatten, und sagt auch HlCKSON (A Naturalist in North-Celebes) dass es unmöglich angenommen werden kann wie die verschiedenen prachtigen Farben der Korallen zu ihrcm Schutze sollten dienen können. Eher halt er es noch für möglich dass diese Farben ihre Feinde, wie einige auf den Korallenriffen lebenden Fische, anlocken, aber am wahrscheinlichsten dunkt es ihm, dass diese 1-arben ebenso wie das Chlorophyl der 1'flanzen eine bestimmte physiologische Function erfüllen werden, welche uns noch nicht bekannt ist, und diesem Umstande ihr Dasein zu danken haben Es giebt, wie bereits oben Seite 129 erwahnt wurde, Raupen, einander so almlich dass ich z.B. sogar dazu kam sie zu verwechseln, welche aber gleichwohl in verschiedencn Früchten leben und diese nicht verlassen ehe sie sich in 1'uppen verwandeln. Welchen Vorteil kann nun solche starke Aehnlichkeit dieser Raupen gewahren? Sicherhch keinen, un viel annehmbarer ist es dann diese Gleichheit, wie ich o en gethan habe, andern Umstanden zuzuschreiben. So machte auch Mansel weale die Bemerkung dass mehrere sudamerikanische und südafrikanische Hesperidenraupen solche fur beschützend gehaltene Farben tragen, wie z.B. Blattgrun, aber doch innerhalb aufgerollten Blatter leben und nur des Nachts fressen; dass also diese Farben ihnen durchaus keinen Nutzen gewahren, aber dass sie dieselben nichtsdestoweniger besitzen. Nach Hahnel's Entomol. Erinnerungen an Siid Amerika [Deutsche Entom. Zeitschrift 1890), welcher Autor, fieldnat,tralist wie auch ich, in seinen Anschauungen uber den1 hier behandelten Gegenstand wohl die grösste V erwandtschaft mi meinen Ansichten ofifenbart, die ich noch jemals angetrotten habe, soll in Süd-Amerika eine merkwürdige Mimicry bestehen zwischen Melinaea Lilis doubl. hew. und Heliconius metalilis 15utl., wie auch zwischen Eucides pavana menei k. und Acraea Anteas douhl. hew., da doch sowohl die nachgeahmten wie auch die nachahmenden dieser Schmetterlingc alle für die Vögel ungeniessbar sein sollen. Welcher \ orteil kann dann in diesem Fall die Mimicry wohl verursacht haben? Ad XXXVIII wird man die schóne Theorie von F. MÜLLER besprochen finden durch welche diese Schwierigkêit, wie er behauptet, aufgelöst wird, — jedoch nicht nach meiner Anschauung. Die so beriihmte Mimicry von Kallima paralecta horsf. kommt allein zu ihrem Recht wenn der Schmetterling au einem Aestchen und so am liebsten zwischen Ëlattern in einem Strauch oder Baum ruht, und kann auch wohl allein gegen Vogel cinige Bedeutung haben, denn Baunieidechsen lassen sich vielfach durch den Geruch leiten. Aber gerade dort, zwischen allerlei Zweigen in der üppigen indischen Vegetation, können Vogel sich schlecht bewegen und hat der Schmetterling also von diesen Feinden gerade nicht viel zu fiirchten. Ueberdies ist es von diesem Schmetterling — über den ad XIV und XXIX ausführlichcr gesprochen wird — auch vollkommen wahr, was Eimer in seiner Studie dariiber sagt: „Demnach sind die Kallima durchaus nicht unbedingt ihrem Wohnort angepasst und bedürfen vielleicht des Schutzes durch die Blattahnlichkeit gar nicht, welchen man als die treibende Ursache der Entstehung derselben angesehen hat." Wallace berichtet dass eine südamerikanische rote Ameise Oecodoma cephalotes f. allein auf rotem Grund vorkommt, niemals auf der schwarzen alluvialen Erde. Aber da eine Ameise ein Tier ist, welches fortwahrend sich in Bewegune O O befindet und dadurch doch trotz der Farbenübereinstimmung die Aufmerksamkeit auch sich lenken muss, kann diese ihr auch nicht zum Schutz dienen; ganz abgesehen davon dass die mit sehr starken Kiefern verschenen Ameisen nicht viel Hülfe nötig haben. Ist es dann nicht viel annehmbarer diese Uebereinstimmung dem Einfluss der Umgebung auf die eine oder andere der oben besprochenen Weisen zuzuschreiben ? Auch was die grüne Frabc vieler, vor allem tropischer, Baumvögel betrifft, kommt es mir vor als ob dies der Fall ist; denn, wenn Vögel dort in den Baumen still sitzen, sind sie so von allen Sciten von der dichten Vegetation umringt, dass sie, welche Farbe sie auch haben mögen, nicht gesehen werden können und die griine Farbe demnach keinen bcsondern Schutz gewahrt. W ie eine oberflachliche Phantasie für einige Tiere einen ganzen Schutzprozess in Verbindung mit ihrer Farbe hervorzurufen gewusst hat, lehrt uns übrigens nichts besser als die immer und immer wiederholte Erzahlung von den griinen Sphingidenraupen, die so lange sic auf den Blattcrn leben durch ihre Farbe bcschirmt, zur Zeit ihrer Verpuppung, wenn sic über die Erde kricchen mussen, einc braune oder Erdfarbc bekommen sollen, welche sie dann weniger sichtbar macht; einc Geschichte deren Unrichtigkeit ich in meinem Aufsatz Ueber die Farbe und den Polytnorphismus der Sphingidenraupen besprochen habe. Die auf diescm Gcbicte bedeutendste Wahrnehmung fanden wir jedoch kürzlich durch den bekannten Myrmicologen E. WASMANN gcmacht, einc Wahrnehmung, von besonders hohem Wcrt wegen des vollen Vertrauens, welchcs man ïlir um der Person des Wahrnehmcrs willen zuerkennen muss, dessen grosse Befahigung und sorgfaltige Unparteilichkeit in diescr Hinsicht doch über jedes Lob erhaben sind, wiewohl man auch, was die biologische Auffassung des Wahrgenommenen bctrift't, biswcilen eine andere Meinung haben mag. ltercits Seite 127 meldetc ich nach diescm Autor die 1 hatsache dass nur cin kleiner Teil der sogenannten Ameisengaste mimetisch den Ameisenarten in deren Nestern sie leben, gleicht, abcr alle die übrigen nicht, wiewohl darunter lierc vorkommen, die aus dem Maul der Ameisen gefiittert werden und daher in dem eigentlichstem Sinn des \\ ortes den Namen von Amcisengasten verdienen. Ich glaube nun hieraus den Schluss ziehen zu dürfen, dass für dicse Tiere dcshalb cin derartiger Schutz, wie man der Mimicry zuschreibt, ofifenbar unnötig sein muss, aber dass dann auch kein Grund bestehen kann um hinsichtlich solcher Arten diescr Gaste, welche eine mimetische Umbildung erfahren haben, anzunehmen, dass für sie dann diese Mimicry wohl notwendig und also wegen des damit verbundenen Vorteils erlangt ware; sodass nach meiner Meinung alsdann die Mimicry in diesen Fallen andern Ursachcn zugeschriebcn werden muss. Auf sehr merkwiirdige Weise schliesst sich nun hierzu an, was in dem Biologisclien Centralblatt AA/ A . {15 Ac vetnber 1901) in einer von demselben 1-orschcr unter dem Titel: „ Giebt es thatsdchlich noch Arten, die hen te noch in der Stammesentwicklung begriffen sinddarm veroffentlichtcn tiita grav. angefallen und vernichtet wurdcn, durch diesen Erfolg der Grund weggenommen sein muss, welcher früher D. dentata grav. vor solchen Anfallen beschiitzte. Aber dann kann dieser Grund auch nicht in den mimetischen Eigenschaften dieser Kafer gelegen haben, da dieselben auch nach jenem Sieg noch unverandert weiter bestanden haben; Eigenschaften, von denen iibrigens die sogenannte „Unerwischbarkeit', wie sich deutlich erwies, überhaupt nicht bestanden hatte; sondern in etwas andern muss dersclbe gesucht werden. Und darum sehe ich nun in jener Wahrnehmung einen so überzeugenden Beweis fiir meine Ansicht, dass diese Mimicry in der That fiir jene Tiere keinen Schutz mit sich bringt und deshalb auch nicht dadurch entwickelt sein kann, wass dann auch vollkommen mit der obenerwahnten Thatsache übereinstimmt, dass die grösste Anzahl der Ameisengaste ungestört in den Nestern lebt ohne durch irgendwelche Mimicry bcschützt zu werden. Was nun dagegen der Grund dieses Schützes gewesen ist, davon bringt mich jede Wahrnehmung auch wohl auf die Spur. Was geschah denn eigentlich ? Die F. sanguinea-Ameisen bemerkten dass das Individuum von D. Miirkeli, wie ahnlich auch der D. dentata, ein fremder Eindringling in ihrem Nest war. Sie bemerkten dies, sagt Wasmann an der grosseren Gestalt; es ist jedoch auch wohl möglich, dass das Fehlen einen besondern Nestgeruches dazu führte; denn daran erkennen die meisten sogar Individuen der eignen Art aber aus anderen Nestern als \' remde; aber wie dem auch, sie erkannten diesen Kafer als Fremdling und griffen ihn darum an, mit dem Erfolg, dass sie die Erfahrung machten, einen D. dentata sehr ahnlichen Kafer bezwingen und darin eine wohlschmeckende Beute finden zu können. Darauf und wohl in Folge dieser F>fahrung fielen sie auch die D. Dentata-Kafer an. Das ist Alles. Die Löwen in Nord-Afrika werden fiir sehr gefahrlich gehalten; viel von diesem Ruf beruht jedoch auf dem Buch von weiland Jui.es gérarl) und dem unertraglichem Aufschneidereiton, der darin angeschlagen ist. Süd-Afrika war friihcr voll von Löwen und die hollandischen Kolonisten waren stets gewöhnt wenn diese Raubtiere ihre Sehafe an- griffen, darauf loszugehen und sie tot zu schiessen. Abcr s.e machten davon nicht soviel Aufheben wie jenei,£ranzose. Ucbrigens im Allgemeinen hielten sie, ebenso wie die H tt totten und Kaffern, die Löwen für nicht so gef^hrhcJ' son" dern in der Regel n«r von Wild und Vieh lebend ohne Menschen anzugreifen. Geschieht es jedoch dass ein Lowe aus Hunger oder aus welchem andern Grunde auch einen Menschen zerrissen hat, dann, sagten sie, jagt er wu er in immer auf Menschen, und wird dann erst wirkhch gefahrhch. Solche Löwen nannten sic Menschenfresser Vollkommen dasselbe findet man in Brittisch Indien wieder, auch dort erzahlt man von den Tigern das Gleiche und nennt d,ejenigen welche speciell auf Menschen jagen auc'Menschenfresser. Auf Java fand ich ebenfalls d.esen Glauben be. den Javanen wieder mit Bezug auf die dort so zahlreichen krokodille. Jeder, der eben erst nach Java kommt, ,st ersta^ darüber wenn er hort wie zahlreich diese Tiere dort, vor allem in und nahe bei den Mündungen der Flusse, sind, wie unbesorgt nichtsdestoweniger die Eingeborenen dort tag ie i in den Flüssen sich baden. In der That wird dann auch nur selten hier und da ein Mensch oder selbst ein badendes Tier von jenen Untieren angegriffen. Denn, wie die Eingeborenen sagen, die Krokodille thun in der Regel mchts Böses, nur bisweilen begegnet man unter ihnen eben so wie unter den Menschen schlechte Subjekten, Raubern, welche Menschen und Vieh angreifen. Wenn man nun we.ss dass diese Tiere, wenn sic Menschen oder Vieh weggeschleppt haben, dies am Liebsten nicht sogleich verschlingen, sondern die Leichen erst irgendwo in dem Schlamm begraben und dort einige Tage, ebenso wie die Feinschmecker das Vederwild erst einige Tage hangen lassen, aufheben, cr ^ sind zufallig solche auf diese Weise begrabene Leichen zurückgefunden — wenn man dabei im Auge behalt, dass 1 ïr ei-entliches Habitat offenbar die Mündungen der Flusse sind wfewohl sie wohl zufallig von dort aus in andere Gewasser gekommen sind und auch die Seeküste enüang schwarmen, dann wird es sehr wahrscheinlich, dass ihrc naturhche Nahrung zum Teil aus kleinern in oder nahe bei dem assc Abhandlung mitgeteilt ist. In Gesellschaft unserer nord- und mitteleuropaischen Formica-Arten — sagt er dort — leben vier verschiedene Arten der zu den Alcocharinen gehörenden Staphylinidengattung Dinarda. Jede dieser vier Kaferarten hat ihre eigene normale Wirtsameise: Dinarda dentata grav. lebt bei Formica .sanguinea lat/., D. Mdrkeli ksn. bei F. rufa l., D. Hagensi wasm. bei F. exsecta nyl. und D. pygnata wasm. bei F. rufibarbis f. und zvvar speciell bei einer zwischen F. rufibarbis und fusca stehenden Varietat F. fusca-rufibarbis for.. Sammtliche Dinarda, sagt er dann weiter, gehören zum Trutztypus unter den Ameisengasten, dessen Inhaber durch ihre normale Unangreifbarheit von den Angrififen ihrer VVirte erfolgreich geschützt und deshalb von ihnen für gewöhnlich indifferent geduldet werden, weil sie eben für unerwischbar gelten und durch ihre sehr flache, vorn breit gerundete, hinten scharf zugespitzte, Gestalt und ihre kurzen Fühler und Beine den Kiefern der Ameisen keinen Angrifïfspunkt bieten. Es besteht nun zwischen den verschiedenen Dinarda-Formen und ihren normalen Wirten eine gesetzmassige Proportion der Körpergrösse und eine gesetzmassige Aehnlichkeit der Farbung. Bei der grosseren Ameisenart und bei jener, welche Ameisenhaufen baut, kommt stets die grössere Dinarda-Art vor; bei der kleineren Ameisenart und bei jener, welche meist nur einfache Erdnester baut, die kleinere Dinarda-Art. Die betreffenden Dinarda müssen namlich um nicht erwischt zu werden, um so kleiner sein je kleiner ihre Wirte sind und je weniger Schlupfwinkel der Nestbau derselben ihnen bietet. Ebenso leben bei den zweifarbigen rot und schwarzen Formica nur zweifarbige rot und schwarze Dinarda und bei jener zweifarbigen Formica, die am dunkelsten ist und der Einfarbigkeit am meisten sich nahert, lebt auch die dunkelste und der Einfarbigkeit am meisten sich nahernde Dinarda. Die bei einer ganz schwarzen Ameise des Mittelmeergebietes bei Aphaenogaster testaceophilosa luc. wohnende Dinarda nigrita ist endlich einfarbig schwarzlich. Dies alles passt nun, nach YVasmann's Auffassung, vollkommcn in die Rubrik der mimetischen Anpassungserschei- nungen. Ich denkc darüber jedoch anders. Nach meiner Meinung würdc, falls eine dieser droi Faktoren der mimetischen Anpassung in der That so stark einem bestehenden Schutzbedürfniss entsprochen hatte dass sie sich demzufolge aut dem Wege der Selektion cntwickeln konnte, danut auch das Bedürfniss zu weiterem Schutz zu gering geworden sein um die Entwickelung der beiden andern auf demselben Wege möglich zu machen; dann könnten die letzteren dazu kernen genügenden Nutzen, oder Vorteil gewahren.. Und darum meine ich dass gerade das Zusammengehen dieser drei ^ verschiedenen Mimicryfaktoren, Unerwischbarkeit, und Grosse, hier zu der Erkenntniss zwingt dass die Art und damit der Ursprung derselben nicht in einem dadurch dem Tiere gewahrten Schutz liegen, sondern auf andere Weise erklart werden muss. Wir wollen nun jedoch weiter WASMANN folgen. In ein Nest von Formica sanguinea LA1Rin welches Dinarda dentata GRAV. gehort, setzte er die etwas grössere D. Mdrkeli KSN., die gewöhnlich bei b.rufa 1.. zu leben pflegt, und siehe da, da wurde nicht allein von den Ameisen diese fremde Dinarda, deren Körpergrosse, sagt er, nicht auf ein einfaches Erdnest von F. sanguinea sondern auf die an Schlupfwinkeln reichen Haufen von F. rufa berechnet war, erwischt und aufgefressen, sondern fielen sie auch danach, auf Grund dieser wohlschmeckenden Erfahrung, die wie gewöhnlich sich in ihrem Nest befindenden D. dentata GRAV. an und rotteten diese dann alle aus. Weil namlich so scheinbar geringfügige Anpassungscharaktere biologisch so bedeutend sind, dass eine für unser Auge höchst unbedeutende Aenderung derselben im Stande ïst das biologische Gleichgewicht, dass zwischen Gast und Wirt bestand, dauernd zu storen. So spricht namlich unser Beobachter. Wenn man jedoch diese Beobachtung einmal frei von der Zwangidee der Mimicry, in der auch dieser gelehrte Myrmicologe befangen ist, und streng logisch beschaut, dann muss man, meiner Meinung nach, unvermeidlich zu der Auffassung kommen, dass, wo in dicsem Falie in Folge des Sieges dieser Ameisen über ein Individuum von D. Markeli KSN. auch die bis dahin stets von ihnen geduldetcn ü. den- tata grav. angefallcn und vernichtct wurden, durch diesen Erfolg der Grund weggenommen sein muss, welcher früher D. dentata grav. vor solchen Anfallen beschützte. Aber dann kann dieser Grund auch nicht in den mimetischen Eigenschaften dieser Kafer gelegen haben, da dieselben auch nach jenem Sieg noch unverandert weiter bestanden haben; Eigenschaften, von denen übrigens die sogenannte „Unerwischbarkeit", wie sich deutlich erwies, überhaupt nicht bestanden hatte; sondern in etvvas andern muss derselbe gesucht werden. Und darum sehe ich nun in jener Wahrnehmung einen so überzeugenden Beweis für meine Ansicht, dass diese Mimicry in der That für jene Tiere keinen Schutz mit sich bringt und deshalb auch nicht dadurch entwickelt sein kann, wass dann auch vollkommen mit der obenerwahnten Thatsache übereinstimmt, dass die grösste Anzahl der Ameisengaste ungestört in den Nestern lebt ohne durch irgendwelche Mimicry beschützt zu werden. Was nun dagegen der Grund dieses Schiitzes gewesen ist, davon bringt mich jede Wahrnehmung auch wohl auf die Spur. Was geschah denn eigentlich? Die F. sangmnea-Ameisen bemerkten dass das Individuum von I). Miirkeli, wie ahnlich auch der D. dentata, ein fremder Eindringling in ihrem Nest war. Sie bemerkten dies, sagt Wasmann an der grosseren Gestalt; es ist jedoch auch wohl möglich, dass das Fehlen einen besondern Nestgeruches dazu führte; denn daran erkennen die meisten sogar Individuen der eignen Art aber aus anderen Nestern als Fremde; aber wie dem auch, sie erkannten diesen Kafer als Fremdling und griffen ihn darum an, mit dem Erfolg, dass sie die Erfahrung machten, einen D. dentata sehr ahnlichen Kafer bezwingen und darin eine wohlschmeckende Beute finden zu können. Darauf und wohl in Folge dieser Erfahrung fielen sie auch die D. Dentata-Kafer an. Das ist Alles. Die Löwen in Nord-Afrika werden fiir sehr gefahrlich gehalten; viel von diesem Ruf 'oeruht jedoch auf dem Buch von weiland Jules gérard und dem unertraglichem Aufschneidereiton, der darin angeschlagen ist. Süd-Afrika war früher voll von Löwen und die hollandischen Kolonisten waren stets gewöhnt wenn diese Raubtiere ihre Schafe an- griffen, darauf loszugehen und sic tot zu sch,essen Aber s,e machten davon nicht soviel Aufheben w,e jener Franzose. Uebrigens im Allgemeinen hielten s.e, ebenso wie die Hottentotten und Kaffern, die Löwen für nicht so gefahrhch, sondern in der Regel nur von Wild und V.eli lebend ohne Menschen anzugreifen. Geschieht es jcdoch dass e.n Löwe aus Hunger oder aus welchem andern Grunde auch einen Menschen zcrrissen hat, dann, sagten sie, jagt er weiter in immer auf Menschen, und wird dann erst wirkhch gefahrhch. Solche Löwen nannten sie Menschenfresser Vollkommen dasselbe findet man in Brittisch Indien wieder, auch dort erzahlt man von den Tigern das Gleiche und nennt d.eienigen welche speciell auf Menschen jagen, auch Menschenfresser. Auf Java fand ich ebenfalls diesen Glauben bei den lavanen wieder mit Bezug auf die dort so zahlreichen Krokodille. Jeder, der eben erst nach Java komrnt, ïst erstaunt darüber wenn er hört wie zahlreich diese Ticre dort, vor allem in und nahe bei den Mündungen der Flusse, s.nd, wie unbesorgt nichtsdestoweniger die Eingeborenen dort taglich in den Flüssen sich baden. In der That wird dann auch nur selten hier und da ein Mensch oder selbst ein badendes Tier von jenen Untieren angegriffen. Denn, wie die Eingeborenen sagen, die Krokodille thun in der Regel n.chts Böses, nur bisweilen begegnet man unter ihnen eben so w.e unter den Menschen schlechte Subjekten, Raubern, welche Menschen und Vieh angreifen. Wenn man nun weiss, dass diese Tiere, wenn sie Menschen oder Vieh weggeschleppt haben, dies am Liebsten nicht sogleich verschhngen, sondern die Leichen erst irgendwo in dem Schlamm begraben und dort einige Tage, ebenso wie die Feinschmecker das tederwild erst einige Tage hangen lassen, aufheben, - wiederholt sind zufallig solche auf diese Weise begrabene Leichen zurückgefunden — wenn man dabei im Auge behalt, dass ihr eigentliches Habitat offenbar die Mündungen der Flusse s.nd, wiewohl sie wolil zufallig von dort aus in andere Gewasser gekommen sind und auch die Seeküste entlang schwarmen, dann wird es sehr wahrscheinlich, dass ihre naturliche Nahrung zum Teil aus kleinern in oder nahe bei dem W asser lebenden Tieren und ferner aus dem zahlreichen den Fluss hinabtreibenden Aas besteht, und dass nur hin und wieder durch zufallige Umstande, vor allem durch Hunger, ein Individuum dazu gebracht einen Menschen oder ein grosses lier anfallt; aber dann auch einmal klug geworden, dass er dies thun kann, sobald sich die Gelegenheit bietet, es wiederholt, und so ein schlechter Kaiman wird, ein Menschenfresser, wie Löwe und Tiger. Weil dann namlich ein besonderer Umstand eine Veranderung in dasjenige was sie bis dahin gewohnt waren zu thun, gebracht hat. Die Gewohnheit ist doch auch noch bei dem Menschen und um so mehr je weniger er psychisch entwickelt ist, im starksten Masse darum bei den Tieren, die Beherrscherin des psychischen Lebens; sie regelt in der Hauptsache und mit starkem Zwang ihl*e Handlungen und darunter auch die Wahl ihrer Nahrung; alles was damit im Streit ist, ist ihnen widerlich; der Misoneismus tritt sehr stark bei ihnen auf. Nicht wenige Tiere sterben dann auch eher als dass sie von ihrer Gewohnheit, vor allem auch in der Wahl ihrer Nahrung, abweichen; andere jedoch besitzen auch hierin das Vermogen zur Anpassung. Denn, wie festgewurzelt auch, Gewohnheit ist für Veranderung empfanglich; hierin unterscheidet sie sich deutlich von den Thatsachen einer biologischen Notwendigkeit, wie eine aus biologischen Gründen entwickelte Mimicry sein' würde; hinsichtlich dieser lasst sich doch die Möglichkeit zu solch einem Verandern, so lange die Notwendigkeit bestehen bleibt, nicht annehmen. Was sich nun bei den Formica sanguinea-Ameisen gegenüber den Dinardas gezeigt hat, war auch wohl nichts andres, als was bei den Löwen, iigern und Krokodillen vorkommt. Unter dem Einfluss eines besonderen Umstandes dazu gebracht, einmal eine Dinar da zu erbeuten, haben sie dies fernerhin gegenüber andern Dinar da' s fortgesetzt; dass sie solches friiher nicht thaten, war nicht die Folge von einer den Kafern eigenen Mimicry, sondern der 1 hatsache, dass sie seit vielen Geschlechtern die Gewohnheit hatten sie in ihren Nestern zu dulden; eine Gewohnheit, die nun eine Veranderung erfuhr, wie dies, wie wir sahen, wohl nicht leicht statt flndet aber doch möglich ist und wohl um so mehr je höher das Tier psychisch entwickelt ist; Ameisen stehcn nun zweifellos in diescr H.nsicht auf einem hohen Standpunkt. Wie kann nun aber solch e.ne ^ Gewohnheit von friedlicher Symbiose zwischen den Ameisen und ihren Gasten entstanden sein? Es ist nur unter dem Eindruck der darwinistischen Auffassung dass alles zu einem nützlichen oder vorteilhaften Zweck geschehe, dass hierin auch - und demnach a priori - die Ursache d.eser Symbiose gesehen wird; aus der ruhigen Logik der Thatsachen fol) und einer I.eberwurst bemerkend offenbar im Gedanken an dieselben ironisch die Erage stellt, ob dies dann auch als eine Mimicryerscheinung aufgefasst werden muss. bezüglich einer von ihm erwahnten Thatsache möchte ich jedoch eine kurze 15emerkung maehen. Sehr stark soll nach seinem Vrteil die Raupe von einiger Saturnia, vermutlich von S. fyri T.., den mannlichen Katzchen von Juglans regia L., gleichen, und diese nun wohl in der That auch auf jener Pflanze leben aber darauf allein gerade dann vorkommen, wenn die Katzchen schon abgefallen sind, sodass sie unmöglich diese nachahmen kann. Angenommen nun dass diese Aehnlichkeit, welche ich nicht selbst sachverstandig untcrsuchen kann, nicht ausschliefslich auf einer menschlichen Einbildung beruht, und demnach bloss zufallig ist, sondern dass sie von derselben Art ist wie diejenige zwischen der Raupe von Acca Frocris craM. und den Blüten von Nauclea exceha BI-, auf Seite 151 besprochen und auch mir noch nicht genügend erklarlich, dann mufs ich hier jedoch bemerken dass diese Erscheinung auf verschiedenen Zeitpunkten an und fiir sich das einander Gleichen noch nicht so vollkommen unmöglich und deshalb noch eine weitere Untersuchung nötig macht; etwas worauf ich iibrigens, wo ich auf Seite 239 bezuglich einer ebensolchen Thatsache drei einander gleichende Schmetterlinge erwahnte, auch versaumt habe aufmerksam zu maehen. Sowohl diese Pflanze als auch jene Raupe können doch sehr gut, sei es nun selbst, sei es in früheren aber wenig von den jetzigen verschiedenen Formen, aus einem andern Klima nach ihrem Hand liegende im Text ervvahnte Schlussfolge zu beachten, dass aus dieser Seltenheit im Vorkommen mimetischer Erscheinungen in der Pflanzenwelt unstreitig auch ein sehr starker Beweisgrund gegen die Theorie, welche der Darwinismus in dieser Hinsicht was die Tiere betrifft verteidigt, hervorgeht; da man doch ohne Zweifel voraussetzen muss, dass die Notwendigkeit zur Beschützung, welche sie in so hohem Masse behufs der Tiere anerkennt, auch in der Pflanzenwelt sehr stark anwesend sei, und die Naturselektion da also auch wirken sollte. Die einzelnen Falie, welche wallace trotzdem doch noch als eigentliche Mimicry bei Pflanzen bemerken will, sind ausserdem, meines Erachtens, auch sehr zweifelhaft. Dr. burchell, sagt er, fand in Süd-Afrika ein Mesembryanthemum, dass einem Kiesel von etwas besonderer Form ahnlich sah zu den Steinen geworfen, und Mansel Weale sah in derselben Gegend Asclepiadeeen zwischen den Steinen Knollen bilden, diesen Steinen so sehr ahnlich, dass sie, solange sie noch keine Blatter treiben, da so gut wie unsichtbar bleiben. Und natürlich muss dies nun für diese Pflanze sehr nützlich gewesen sein in solch einem Land wo es früher von Saugetieren wimmelte, die in jenen trockenen Gegenden, wahrend der da nicht seltenen Zeiten von sehr grosser Dürre, alles fressen was Blattern oder Knollen ahnlich sieht. Das nun aber in einer dergleichen öden Gegend alle Pflanzen eine mit der sie umringenden Steine übereinstimmende Farbe annehmen können, ist wohl bekannt und oben schon Seite 192 besprochen worden, und dass alsdann gegenwartigen Wohnort gebracht sein, und dadurch kann die Zeit der Erscheinung für beide, Raupe und Frucht, oder von einer derselben, sehr verandert sein, wahrend sie früher von beiden wahrscheinlich die gleiche war. Auf diese Weise können — wie ich darauf dann auch bereits auf Seite 256 beztiglich der Symbiose der Ameisen mit ihren Casten, und auf Seite 319 hinsichtlich der Ameisenbrödchen hinwies — verschiedene sonst unerklarliche Thatsachen verstandlich werden, wiewohl sie dann auch mehrmals, wie z.B bei dem Befruchtungszustanden der Feigen, jetzt so verwickelt geworden sind, dass der Prozess, welcher dabei stattgefunden hat, nunmehr schwerlich noch genau zu verfolgen ist. harte, massivc, Pflanzenformen ohne Zweige, wie sie sich in solchen Landern als eine Anpassung an jenes Klima und als Mittel zur Beschützung gegen vollkommenes Austrocknen entwickeln, auch den ja in allerlei Formen vorkommenden Steinen allmahlig sehr ahnlich werden können — hat sicher nichts Befremdendes und berechtigt also noch gar nicht zu ciner solchen mimetischen Auffassung. Ebenso lese ich anderswo, dass eine gewisse Pflanze auf den Philippinen Bohnen erzeugt, die in Farbe und Harte durchaus dort viclfach vorkommenden Steinchen gleichen, sodass sic, wenn sie darunter lagen, nicht erkennbar sein würden. Luhbock nimmt nun an, dass solch eine Gleichheit für den Samen und demnach auch für das Bestehen der Pflanze selbst sehr nützlich ist, und sicht hierin auf darwinistischer Weise die Ursache dafür. Wenn z.B. sagt er, Samenkrtrner Insekten oder Tausendfüsslern gleichen, werden sie als solche von den Vögeln gefressen, und befördert dies, wenn sie dann spater wieder ausgeworfen werden, ihr Keimen — dann doch sicherlich nur in dem Fall wenn sie von den Verdauungsorganen dieser Vogel nicht angegrifïfen werden, was bei auch Samen fressenden Vögeln wenigstens leicht geschehen wird. Oder sie schrecken durch jene Aehnlichkeit solche \ ögel, welche nur Samen fressen, ab — wenige derartige Vögel fressen jedoch gegebenenfalls nicht auch Insekten. Auf dieselbe Weise will nun brandicourt auch die oben Seite 9 aufgezahlten Falie von Pflanzenmimicry erklaren. Ich kann jedoch in diesem Allem keine Mimicry sehen. Steinchen wie Friichte kommen beide in so verschiedenen Formen und Farben vor, dass der Zufall völlig genügt um eine dergleichen Aehnlichkeit zu erklaren. Hat man nicht die oben Seite 18 erwahnten sogenannten Atjehnüsse, die Frucht der auf Java gewfthnlichen Djambu Monjet (Anacardium occidentale L.), die obgleich im Kleinen, doch manchmal sehr deutlich die Gestalt und die Farbe des auf Java sehr gewöhnlichen grauen Affen in geduckter Haltung wiedergeben, nach welchem die Pflanze dann auch ihren malaiischen Namen tragt? Und die Instrumente von den Leiden cllrlstl in der 1 assionsblume (.Passiflora L.)? Und dann die oben schon erwahnte Ityp hallus impudicus fr. wo die Farbe, die Form, «nd die Grósse so wunderlich übereinstimmen, aber wo doch der hartnackigste Darwinist dennoch wohl schwerlich Mimicry annehmen wird? Allerdings scheuen manche Botanici sich nicht hier schon sehr weit zu gehen. So würde, wie ich lese, beccari im Jahre 1884 in seinen Fiorituri delV Amorphophallus Titanum angenommen haben, dass die Cellen der Pflanzen von dem einen oder andern Gegenstand in ihrer Nahe solch einen Eindruck empfangen können, dass sie sich danach umbilden und so diesen Gegenstand z.B. die Rinde eines mit Moos bewachsenen Baumes oder sogar eine Schlange, mimicrieren; und auch in seine Malaisia die schlangenartige Zeichnung einer Pflanze ableiten von dem Eindruck den die tagliche Berührung mit Schlangen auf das 1'rotoplasma dieser Pflanze gemacht haben würde. Wie sehr ich nun, wie sich gezeigt hat, einer dergleichen suggestiven Wirkung bei Tieren eine wichtige Rolle zusprechen zu dürfen meine, so verstehe ich doch nicht auf welchem Grund man dasselbe auch für die Pflanze annehmen könnte. Ein Fall, den Wallace vermeldet, und den auch Mansel weale in Afrika wahrgenommen hat, scheint wohl nicht viel mehr zu bedeuten. Der namlich von der einzigen afrikanischen Species vom Genus Ajuga, aphrydis benth. und von Impatiens capensis thunb., auch der einzige Vertreter seines Geschlechts in diesem Weltteil. Beide gleichen den dort lebenden Orchideen, und werden von den Insekten aufgesucht, welche auch jene besuchen. Hiervon heisst es nun dass als diese beiden fremden Pflanzen eben in Süd-Afrika gekommen seien, sie da nicht von Insekten aufgesucht wurden, sondern dass, da doch ihre Blumen schon ein wenig mit den Orchideen übereinstimmten, die Varietaten davon, bei welchen am starksten einige Aehnlichkeit mit solchen dort einheimischen Pflanzen hervortrat, allmahlig auch von Insekten aufgesucht wurden, und so einen Vorteil in dem Kampf um's Dasein gewonnen hatten, der sie mehr und mehr den Orchideen und also einander ahnlich machte. Diese Insekten irrten sich dann doch da schon weit mehr als sie sonst in solchen Fallen, wo sich doch nichts von einem eigentümlichen Duft spüren lasst, wenigstens als Kogel und von solchen kann hier doch nur die Rede sein gewohnt sind; und da also diese Pflanzen, bevor ihre spatere Veranderung zu Stande gekommen war, in ihrer ursprünglichen Form und andern Varietaten offenbar auch sehr gut in Süd-Afrika gedeihen konnten, darf man auch fragen, warum sie denn jetzt in jener Form ganz und gar verschwunden sein würden? Welchen Vorteil brachte ihnen diese Veranderung? Ist es nicht eher anzunehmen, dass man hier einfach an die Wirkung gewisser lokaler Kinflüsse und vielleicht an Honioeogenesis zu denken habe? LUBBOCK sieht auch in der Aehnlichkeit der europaischen Lammin album L. mit Urtica dioica L. eine Mimicry; die ersteren achtet er dann beschützt durch die Furcht, welche die grasenden liere von der brennenden Berührung der letzteren hegen. Abei nicht alle solche Tiere hegen diese 1' urcht, zumal nicht wenn die Pflanzen noch jung sind; und an I'einden unter den Insekten mangelt es ihnen auch nicht. Man könnte hier ebenso gut die sehr bekannte Aehnlichkeit zwischen einigen giftigen Pilzarten mit solchen, die eine gute Speise liefern, anführen. Bilden sich aber nun deshalb die letzteren nach den giftigen . Man kann dies natürlich ebenso leicht behaupten wie es hinsichtlich vieler Tiere geschieht, allein ich halte es darum noch keineswegs für bewiesen. Auch hier kann Honioeogenesis oder irgend eine andere Ursache zu der Aehnlichkeit führen. Es giebt stark gefarbte giftige Beeren und andere 1' rüchte und man kann dann ebenso gut von warnenden 1' arben sprechen aber viele sehr gesunde Beeren und andere I' rüchte haben auch eine sehr grelle Farbe. Auch kann man nicht mit Bestimmtheit sagen dass solche giftige Erzeugnisse der Pflanzen zur Beschützung gegen Tiere dienen, denn man findet auch immer Tiere auf welche solches Gift keinen Einfluss auzsuüben scheint und die also solche F rüchte mit Wohlgefallen fressen; auch die Blatter und das Holz giftiger, zum Beispiel viel Strychnin enthaltender, Pflanzen, werden trotzdem von offenbar daran adaptirten Insekten angegriffen. Uebrigens hat auch hierfür das von nichts Zurückschrecken des fanatischen Darwinismus wieder ein hübsches Geschicht- chen ausgedacht. Grant Ali/EN hat namlich entdcckt warum nicht allein geniessbare Früchte schone in 's Auge fallende Farben besitzen, mit dem Zweck Tiere zu locken sie zu essen und die darin enthaltenen Samen zu verbreiten, sondern dass dies auch bei giftigen Früchten vorkommt; auch dann wenn die Tiere zufolge des Geniessens solcher Früchte sterben soll dies namlich nach ihm für diese Pflanzen selbst einen noch grosseren Vorteil mit sich bringen, da ja dann diese Samen nicht nur ebenso sehr verbreitet werden wie die der nicht giftigen Früchte, sondern sogar in den vcrmoderndcn Körper des getotenen Tieres, einen ausgezeichneten Dünger finden werden. Und auch wallage übernimmt diese hübsche Entdeckung als eine durchaus nicht zu verwerfende Hypothese. Doch haben für einen ruhigen Naturforscher dergleichen Anschauungen keinen Wert. Stahl erziihlt in den Annales du jardin botanique dt' Buitenzorg XIII 1896, wie er einmal gesehen habe dass eine Anoa depressicornis sm. jedesmal wenn man dem Tiere unter dem Gras ein fleckiges Blatt des Amorphophallus variabilis blume vorhielt, das einer Schlange mit dreieckigen Kopfe gleichen sollte, drohend zurückfuhr; dass aber Hirsche sich nicht davor fürchteten. Sehr bedeutend scheint also die Furcht, die eine solche schlangenartige Pflanze erregen soll, nicht zu sein; vielleicht war diese Anoa ein besonders schreckhaftes Tier, oder vielleicht war sie früher einmal von einer Schlange gebissen worden. Der genannte Gelehrte erklart dabei auch dass er früher die Meinung hegte dass die Farbe der bunten Laubblatter einen abschreckenden Eindruck mache, dass er aber diese Meinung habe aufgeben müssen, als er gefunden habe dass Schafe, Ziegen, Kaninchen, Schnecken und Raupen dadurch keineswegs abgeschreckt wurden. Sehr richtig; aber wie kam er dann wohl zu solchen Meinung? Doch wohl nur weil solche Behauptungen nun einmal als Axiomata in der Wissenschaft angenommen werden. Ist dies nun aber eine wissenschaftliche Basis für einen ernsthaften Naturforscher; darf er je von so etwas ausgehen, auch wenn er noch im Stande ist, die Thatsachen unparteiisch wahrzunehmen und sich dadurch bekehren zu lassen, was aber wohl die meisten unter dem Einfluss solcher suggestiven Auffassungen nicht mehr können ? Man hat dann auch und zwar wie wir sehen aus guten Gründen die Pflanzenmimicry bei der Besprechung der Mimicrytheorie immer uur kurz erwahnt, und sich liebcr Mühe gegeben anzuweisen, dass auch die Pflanzen auf allerlei Weisen Verteidigungsmittel oder Einrichtungen hervorbringenv die ihnen dienstlich sind zur Beschiitzung in dem Kampf um's Dasein; und dass bestimmt auch die Entvvickelung und die schonen Farben ihrer Blumen hierzu gehören, als Lockmittel namentlich um Insekten zu ihren geschlechtlichen Organen hinanzulocken und in der Weise ihre Befruchtung zu erleichtern oder sogar zu ermöglichen. Wie ferner, dass alles was jetzt in dieser Hinsicht besteht auch durch natürliche Selektion zu Stande gekommen sein müsse. Denn hierin liegt zwar kein direkter Beweis für die genannte Theorie aber doch eine wichtige Stütze derselben. Wcnn doch letzteres wahr ist, muss man annehmen dass die Notwendigkeit mittelst der Naturselektion dies alles zur Beschiitzung und zur Erhaltung der Pflanzengattungen zu Stande gebracht habe, und dann wird es ohne Widerspruch auch sehr glaubhaft, dass die Behauptung der Mimicrytheorie alsob allerlei Mimicryerscheinungen, die bei den Tieren vorkommen, nur Einrichtungen von derselben Tendenz seien und auf demselben Weg zu Stande gekommen, auch Wahrheit enthalt. Aber das eine ist dann auch ebenso wenig wahr wie das andere. Ich will, um dies deutlich zu machen, dann auch diese Behauptungen, was das Pflanzenreich betrifft, einmal kritisch zu prüfen versuchen. Versuchen, sage ich aber, und ich muss hierauf besonderen Nachdruck legen. Bin ich mir doch der Beschranktheit meiner botanischen Kenntnisse sehr gut bewusst und verhehle ich es mir deshalb keineswegs, wie gewagt es ist, dennoch dieses Gebiet zu betreten. Aber es ist hier mit mir wie früher mit dem berühmten Reformator: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders." Da ich diesen Stoff so vollkommen wie möglich zu behandeln wünsche, kann ich diesen Punkt nicht ganzlich umgehen. Gern überliess ich es einem Fachmann; möge ein solcher dann spater dieses Werk noch einmal besser in die Hande nehmen ! Aber jetzt muss ich thun, was ich thun kann. Kann mich doch nichts von Allem was mir von botanischer Seite in dicser Hinsicht untcr den Augen kam, befriedigen. Ich finde gewiss allerlei Einrichtungen darin wahrgenommen, die der Pflanze zum Vorteil gereichen sollen, und auch I" alle der Wechselwirkung zwischen Pflanzen und Tieren, aber wo ich auch davon einer Erklarung begegnete, vvurde dieselbe, wie dies zwar auf zoologischem Gebiet auch sehr gewöhnlich , ist, immer nur aus dem im Voraus wie ein Axioma angenommenen darwinistischen Standpunkt abgeleitet, und wurden die wahrgenommenen Thatsachen, wenn auch unwillkürlich, diescr Theorie angepasst und nach ihr erklart. Auf ein selbstiindiges, der Biologie der Pflanzen im Allgemeinen entnommenes, Nachforschen der möglichen Ursachen solcher Ihatsachen auf physiologischen Griinden, wie ich es in diesem Werk hinsichtlich jener der behaupteten Mimicry im 1 ierreich zu entwickeln versucht habe, traf ich noch nirgends. Ich kann aber nicht behaupten, dass dies dennoch nicht geschehen sein kann, und mir nur vielleicht durch ungeniigende Kenntnissen der botanischen Literatur unbekannt geblieben ist. ) Dies aber macht hier fur mich keinen Unterschied. Jedenfalls ist mir aber dies nicht entgangen, dass wohl botanisch nicht / weniger oberflachlich geurteilt wird als zoologisch, und solange mir noch solche Sachen auf diesem Gebiet begegnen glaube ich auch Ursache zu haben es dafür halten zu dürfen dass hier auch ebenso wenig die nötige wissenschaftliche Ernst haftigkeit und Klarheit herrschen als wie in der Zoologie. Die Sinnpflanze (.Mimosa pudica l,.) findet, so lese ich, ihren Schutz gegen Tiere im bekannten Zusammenfalten ihrer Blattchen wodurch die drohenden Stachelm zum \ oischein kommen. Es ist wahr, heisst es dann weiter, die Rinder stóren sicli nicht daran und fressen die Blatter doch, aber im Vaterland des Pflanzchens, in Brasilien, leben keine grosse Wiederkauer. Angenommen nun, dass in der 1 hat Brasilien keine einheimischen Saugetiere hat, die solche Blatter zur Nahrung gebrauchen, da frage ich doch, welchen Nutzen brachte dann I) Dem ist nun durch das Werk in der Anraerkung auf Seite 308 erwahnt abgeholfen. die Eigenschaft mit sich, zu welchem Zweck nahm denn die Pflanze sie an? Was ist dann in Wirklichkcit wahr von all der Besehützung mittelst Domen und Stacheln oder dergleichen der in dieser Auffassung soviel Wert beigelegt wird ? Schon bei oberflachlicher Betrachtung müssen jedem in dieser Hinsicht Unparteiischen die folgejiden drei Thatsachen auffallen: i°, dasselbe, was auch so viel bedeutet gegen manche Falie wo zum Beispiel bei Raupen schützende Mimicry behauptet wird, dass dies ihnen wenigstens im Allgemeinen gar nicht gegen feindliche Insekten helfen kann, obgleich diese doch bei weitem ihre am meisten vorkommenden und gefahrlichsten Feinde sind; ohne Zweifel noch viel starker gilt dies ja hinsichtlich den Pflanzen, die doch von Insekten und anderen kleinen Tieren soviel mehr zu leiden haben als von Saugetieren; vor keinen von diesen Tieren können aber Dornen oder Stacheln eine Pflanze schützen. 2°. dass sie, ausgenommen in einigen seltenen Fallen, eigentlich nur was bedeuten können als Schutz gegen den Menschen, aber das dicke Feil mit seiner schirmenden Bedeckung von dichten Haaren oder dergleichen Organen der Tiere sie diesen gegenüber meistens von jeder Bedeutung entblösst. Was die blatteressenden Saugetiere bctriflt so sahen wir hiervon soeben cin Beispiel in Bezug auf die Sinnpflanze; auch giebt es Saugetiere wie Esel und ürommedare, die dornigen Pflanzen und Distelen sogar den Vorzug zu geben scheinen, Tiere, die wohl grade aus solchen Gegenden stammen wo dieser dornige Charakter der Pflanzen sehr stark entwickelt ist und die an diese Nahrung also wohl angepasst sind. 3n. dass diese spitzen Organen in verschiedener Grosse und Dicke und also als Verteidigungsmittel betrachtet in vielerlei Entwickelungsstufen vorkommen. Wenn nun die gemeinte Beschiitzung ihr eigentliches Wesen ware, wurde diese Entwickelung doch auch damit Schritt halten mussen; dennoch können Pflanzendornen oder Stacheln sich nicht als die schützenden Organen von Tieren durch fortwahrenden Gebrauch entwickeln, da sie ja nicht in demselben Sinn gebraucht werden und derselbe Dom sogar nur selten seinen Dienst wird leisten können; woraus aber hervorgeht, dass ihre Entwickelung nicht mit diesem behauptetetn Charakter als Schutzorgane übereinstimmt. Das von WALLAGE in dieser Hinsicht angeführte Argument, dass dornen- oder stachelntragende Pflanzen hauptsachlich in Landern vorkommen sollten wo viele blatterfressende Saugetiere einheimisch sind, hat auch wohl keinen Wert. Denn erstens ist es nicht ganz richtig und muss dann auch was Neu-Seeland betrifft, mit dem schrecklich gesuchten Trugschluss, der die Moa's an die Stelle dieser Saugetiere setzt, verteidigt werden. Und weiter würde dies wieder einen bestimmten Zweck beim Erhalten dieser Organe voraussetzen, was nicht anzunehmen ist, und was auch nicht in die darwinistische Selektionstheorie hingehört. Endlich muss man hierbei wohl auch achten auf den Umstand dass von den allerlei Dornen oder dergleichen, Verteidigungsmittel tragenden Gewachsen auch Exemplare — Varietaten wie man es nennt — vorkommen, welche diese nicht besitzen, ohne dass es sich zeigt, dass sie nun dadurch in ihrer Entwickelung oder Fortpflanzung behindert und demnach ungenügend beschützt sind. Haaren und Dornen oder Stacheln kommen sowohl bei Tieren wie bei Pflanzen vor, aber die ersteren viel allgemeiner und auch in mehr Verschiedenheiten bei den Tieren, die letzteren bei den Pflanzen. Bei den Tieren dienen nun die Haare in der That manchmal zu Verteidigungsmitteln, doch ist dies zweifellos weder ihre ursprüngliche noch ihre Hauptfunktion, sondern eine erst spater bisweilen hinzugekommene; und wenn auch dornige oder stachelige Organe von manchen Tieren eventuell als Wafïfen benutzt worden, so ist es doch gar nicht wahrscheinlich dass sie immer zu diesem Zweck entstanden sind. Könnte es nun nicht mit den Stacheln und Dornen der Pflanzen gerade so sein, und der physiologische Grund ihres Daseins ganz anders aufgefasst werden müssen als zum Schutz der Pflanze gegen ausserliche Angriffe bestimmte Organe, um so mehr da doch auch ihre Entstehung durch Umbildung anderer Organe keineswegs dieselbe ist, und sich darum auch nicht gut mit einer Entstehung durch Naturwahl vereinigen lasst? Bei diesen allen hatte dann, wie verschieden ihre aus der Umbildung mehrerer Organe hervorgekommene Entstehung auch sein moge, doch immer wieder dieselbe Variation auftreten mussen! Dieses kommt mir ja keineswegs wahrscheinlich vor. Das vermeldete Beispiel von Beweisführung über Mimosa pudica L., deutet nun aber nur auf schwache Logik. Ebenso las ich neulich wie ein gewisser Beobachter mitteilte verschiedene Male bemerkt zu haben, dass auf einem bestimmten Weg die Blumen an der teilweise beschatteten Seite nicht von Schmetterlingen aufgesucht wurden, wahrend diese sich dagegen im hellen Sonnenschein an der andern Seite des Weges auf denselben Blumen in grosser Anzahl befanden; und dies wurde nun von ihm, dadoch die Blumen dort durch das helle Licht soviel besser sichtbar seien, als ein Bewcis vonder 1 hatsache aufgefasst dass die Schmetterlinge (zumal Vanessa) beim Aufsuchen der Blumen durch ihre Gesichtsorgane geleitet werden. Jeder abcr der diese Sonnenticre kennt, weiss wohl wie das Sonncnlicht und die Sonnenwarme allein diese Thatsache eben vollkommcn erkliiren, abgesehen noch davon dass hierdurch manche Blumen auch mehr geöffnet werden und vielleicht auch mehr Nektar ausscheiden; dass übrigens diese Schmetterlinge, wenn es nötig ist, wenn zum Beispiel kein Sonnenschein da ist, doch auch wohl die Blumen zu finden wissen. Solche Anschauungen bedeuten abcr nichts im Vergleich zu dem, was rechter darwinistischer Fanatismus hier ausgedacht hat, wodurch sogar manche der vorher schon erwahnten, schwindelnden Betrachtungen über die Tiermimicry, meines Krachtens, noch iibertroffen werden. So eben vermeldete ich schon eine auf einem möglichen — für manch einen gewiss in seinem fortwahrenden Charakter unmöglichen — Irrtum von Insekten basirte Argumentation. Noch ein bischen starker kann man diese Gedanken in einem andern botanischen Werk ausgesprochen finden, wo man liest dass die Samenkörner einer gewissen Pflanze so sehr den Ameisencocons gleichen, dass die Ameiscn, welche diese Pflanze aufsuchen, sich dabei irren und sie wegtragen, dann aber spater, wenn sie ihren Irrtum bemerken, sie fortwerfen, und so für die Verbreitung dieser Samenkörner erforderlich sind. Die Erklarung vvarum die Ameisen nicht gleich zu dieser Einsicht geraten, fehlt hier unglücklicherweise; dies ist sonst gewiss nicht die Gewohnheit dieser so intelligenten Tiere. ') Aber gewiss, die vorhin erwahnte hübsche Entdeckung Grant Allen's zeigt uns eine noch höhere Vernunft in dem Nachforschen von den Geheimnissen der Natur. Und die erstaunliche Klarheit der Einsicht H. Müller's desselben dessen wunderbare Erklarung von der Bedeutung der schwarzen Fleckchen auf der Raupe Stauropus fagi L., Seite 225 vermeldet worden ist, blieb auch hier nicht zuriick, aber machte eine nicht weniger prachtvolle Entdeckung. Manche Blumen, lehrt er namlich, besitzen weder Duft noch Nektar, aber wissen doch die Insekten zu sich zu locken, dadurch, dass sie letzteren nachamen. Bei Paris quadrifolia L., sieht das Innere der Blume aus alsob es feucht sei, und deshalb kommen die Fliegen und setzen sich darauf nieder, wahrend sie dann beim Wegfliegen das Pollen zu einer andern Blume hinunterbringen; bei Parnassia palustris l., findet man nahe an der Basis der Blume kleine, gelbe, auf ein Stielchen gestellte Kügelchen, die Tropfen Nektar gleichen aber in Wirklichkeit trocken sind. Nun ist es wahr, dass ein Bischen tiefer da in der That etwas jenes Stoffes gefunden wird, aber nicht dies, sondern die erwahnte Nachahmung ist es, welche die Insekten heranlockt, und da nun jedes Jahr neue Generationen von Insekten bestehen, brauchen diese erst einige Zeit um durch Erfahrung den Betrug kennen zu lernen, und werden also noch genug von ihnen betrogen, um die beabsichtigte Bestaubung zu ermöglichen. In der That ist dies sehr merkwürdig und eine rechte Pflanzenmimicry. Aber nicht weniger zeigt sich die Weisheit der Natur im Folgenden. In der Thatsache namlich, dass viele Blumen besondere Zeichen wie Augenflecke in der Mitte, oder im Mittelpunkt sich concentrierende Linien bezw. Fleckchen besitzen, denn diese sind nichts anders als Wegweiser für die Insekten, welche die Blumen besuchen, um ihnen zu helfen gleich und direkt den Weg zum Eingang der Blume l) In dem in der Anmerkung auf Seite 308 envahnten Werk sind dann auch verscliiedene derartige Kalle in Bezug auf Ameisen auf eine ganz andere und wesentlich natürlichere Wetse erklart. zu finden und auf diese Weise sowohl einc grössere Quantitat Nahrung zu sammeln wie auch eine grössere Anzahl Blumen zu bestauben. Denn dass solche beinahe immer mit einem ziemlich guten und nicht selten sogar mit einem sehr starken Geruchsorgan versehenen Insekten, wenn sie sich auch schon in unmittelbarer Nahe des stark riechenden Nektars befinden, den Weg dorthin wohl allein mit dem Geruch bequem mussen finden können, scheint hierbei ganzlich übersehen zu werden. Diese Wegweiser sind offenbar die Vertreter auf botanischem Gebiet von den Warnsignalen der Tiere. Ob sogar an einigen dieser wegweisenden Linien nicht etwas zu sehen ist, das zum Beispiel stark an einen Bienenfühler erinnert, und so die Hand der von den Menschen gebrauchten Wegweiser vertritt, ist noch nicht aufgefunden, aber nicht unwahrscheinlich noch einem spateren scharfsinnigigen Beobachter zur Entdeckung vorbehalten. Sehr bemerkenswert darf weiter auch noch die Erklarung heissen, dass solche Blumen bei der die Bestaubung eben geschehen ist, ihre Farbe verandern, und zwar nicht aus dem einfachen Grund weil, wo die I" unktion erfüllt ist, die daran mitwirkenden oder daran verbundenen Organe, in sofern sie dann weiter unnötig sind, absterben und also auch was die Farbe betrifift welken, sondern damit die Insekten, die solche Blumen aufsuchen, speciell die Biene, gleich wissen könnten, wo sie sein müssen, und also keine Zeit zu verlieren brauchen. Denn Time is tnottey, dass heisst vom Standpunkt der Bienen, Honig; und je mehr Blumen sie aufsuchen können, um so mehr Blumen werden sie auch bestauben, was also ein Vorteil im Interesse der Pflanzenart sein soll, welche davon für ihre Verbreitung abhangig ist. Fürwahr, solchen wunderbaren Entdeckungen gegenüber geziemt es einem Naturforscher mit einfach menschlicher Vernunft nur ein bewunderndes Stillschweigen in Acht zu nehmen, mit dem stillen Seufzer sicher zu altmodisch geworden zu sein um einer solchen, vermutlich ultramodernen, Wissenschaft in ihrem stolzen Lauf folgen zu können. Und wo ich also zu der Ueberzeugung gelangen muss, dass auch in der Botanik was die darwinistische Anschauungen 21 bctrifft, jener philosophische Ernst und jenc Logik nur all zu oft' fehlen, die keine einzige Wissenschaft entbehren kann, da kommt mir der Mut ura mit ihnen bevvafïfnet auch dieses Gebiet zu betreten. Die Fahne, welche die Vorkampfer des Darwinismus hier gehisst und schon oft im Triumph geschwungen haben, ist diejenige, die, wie sie meinen, der Wissenschaft die Erklarung des Grundes verkündigt warum soviele, ebenso verschiedene als prachtige, Hlumenfarben entstanden sind. Hierin findet man in der That denselben romantischen Charakter zuriick, der auch die Mimicryerklarungen kennzeichnet, da trifift man dann auch bei beiden die bereits besprochenen Enormitaten an; in grosser Anzahl sind sie in den modernen naturhistorischen Zaubergeschichten verwendet worden, als ein populares Mittel urn die darwinistische Lehre zu verherrlichen und Eingang zu verschaffen. Schon vor einigen Jahren schrieb ich in einer in mciner Muttersprache herausgegebenen Schrift dass der Darwinismus vielen zu einer wahren Religion geworden sei; spater fand ich dass vor mir Krapotkin auch schon dasselbe gesagt habe, und nun neulich fand ich noch die Richtigkeit dieser Ansicht stark bestatigt. In einem in der Aprilnummer 1902 des Review of Reviews von STEAD veröfifentlichten zwischen ihm und dem kürzlich verstorbenen RHODES im Jahre 1890 geführten Gesprach namlich, in dem der letzte unter anderm gesagt haben soll, dass er auf religiösem Gebiet weder Atheist noch Theist sei, sondern ein Anhanger des darwinistischen Positivismus! Darum gilt auch wohl hier was jetzt schon dreiviertel Jahrhundert her, HEINRICH HEINE seinem niichtern Prosamenschen HlRSCH-HvACINTHOS in den Mund legte, dass jede Religion, die sich für eine honette Religion ausgeben will, doch ein Bischen Schwarmerei haben müsse. Die darwinistische Religion nun hat dieselbe in seinen Mimicry- und dergleichen Wundergeschichten; diese füHen den sonst von Heiligenlegenden eingenommenen Platz aus, sind auch wie sie bei dem grossen Publikum sogar mehr bekannt und werden noch mehr bewundert als die Religion selbst. Die schonen Farben der Blumen haben, wie bekannt ist, nach der genannten Theorie, den Zweck, die Insekten heranzulocken, deren Besuch für die.Pflanzen sehr vorteilhaft und manchmal organisch notwendig sein würde um W echselbestaubung zu Stande zu bringen, die, indem sie ihre Fruchtbarkeit vergrössert, für ihr Fortbestehen von grosser Wichtigkeit sein würde; durch diesen Vorteil sollten nun diese Blumen und ihre Farben sich allmahlig auf dem Wege der Naturselektion entwickelt haben. Wenn wir nun WALLACE's spezielle Erklarung dieser Theorie in seinem bekannten Werk über den Darwinismus hier als Leitfaden nehmen, dann finden wir bei ihm an erster Stelle die Erkenntnis, dass noch immer vermutlich bei weitem die meisten Pflanzen nicht durch Wechsel- sondern durch Selbstbestaubung sich fortpflanzen, unter welchen auch mehrere die gelegentlich auch wohl durch Insekten befruchtet werden können; und dass unter ihnen nun viele vorkommen, die besonders kraftig sind, und sich sehr stark verbreiten. Hieraus muss, meines Erachtens, logisch hervorgehen, dass erstere im allgemeinen für die Existenz der Pflanze gar nicht notwendig ist, woraus dann weiter auch abgeleitet werden darf, dass bei jenen Pflanzen, wo sie doch zu Stande gekommen ist, die Ursache davon vermutlich nicht in dem daran Verbundenen Vorteil liegen kann, der doch, wenn er überhaupt besteht, nicht von solcher vitalen Bedeutung sein kann wie es zu einer solchen wichtigen organischen Aenderung wohl gefordert werden müsste. Viel eher anzunehmen scheint es dann gewiss wohl, in dieser Aenderung eine blosse I^olge zu sehen, der in der oiganischen Natur, wenn sie uns auch in ihrem mit dem Lebensanfang selbst in enger Verbindung stehenden Wesen noch nicht deutlich ist, doch überall unstreitig anwesenden Neigung zur Evolution, und dass diese, ebenso wie sie bei den Tieren zur Trennung der Geschlechter führte, auch bei den Pflanzen das hier Beabsichtigte zu Wege gebracht hat. Eine Neigung zur Evolution, die gewiss wohl für die Oiganismen in welchen sie sich offenbart, bisweilen nützlich sein kann, aber ebenso gut nachteilig, und so sogar vermutlich zu dem zu Grunde gehen vieler Arten geführt haben wird; welcher Offenbarungen also von dcm wohl oder nicht daran verbundenen Vorteil unabhangig sein müssen. Ausserdem geschieht auch bei den Pflanzen, bei detien Wechselbestaubung statt findet, dieselbe oft ohne Mithilfe von Vögeln oder Insekten. Darum zwingt die Logik auch zu der Folgerung dass also diese Mithilfe dabei nicht unbedingt notwendig sein kann, und dass demnach, wo sie dennoch stattfindet, dadurch kein überwiegender Vorteil zu YVege gebracht werden kann.Nichtsdestoweniger können Falie vorkommen, und werden auch wohl solche bestehen, in welchen Pflanzen zum grössten Teil oder ganz vollstandig abhangig von diesem Besuch geworden sind. Dies ist dann aber nicht die Folge eines normalen Entwickelungsganges, sondern von dem Einfluss besonderer Umstande, namentlich der Wechselwirkung. Es ist zum Beispiel sehr gut möglich dass eine Pflanze aus der einen oder andern physiologischen Ursache eine süsse Flüssigkeit als Nektar ausscheidet und dass dieselbe Insekten anlockt. Aber darum ist der Zuckergehalt dieser Flüssigkeit wohl nicht dazu bestimmt gewesen; man sieht dies auch deutlich bei andern Stoffen, wie bei dem in Indien so bekannten Palmwein, der auch sehr süss ist, und wenn er zum Vorschein kommt, dann auch von allerlei Insekten besucht wird, aber doch nicht dazu bestimmt sein kann, da er nur immer zufolge einer Verwundung des Baumes hervorkommt, welche nur, wo sich der Mensch dieser Flüssigkeit zu bemachtigen sucht, eine gewöhnliche Erscheinung ist. Der Besuch des Nektars von Seiten der Insekten ist also eine von der Thatsache seiner Erzeugung ganz unbeabsichtigte Folge, bisweilen bemachtigen sie sich dann auch einfach desselben indem sie ein kleines Loch in die Blume beissen, durch welches sie den Saugrüssel hindurchstecken, und sind also der Pflanze gar nicht von irgend welchem Nutzen. Und was hier nun von Nektar gesagt wird, kann man mit einer gewissen Aenderung auch auf solche Falie anwenden, wo nicht dieser Saft sondern das Staubmehl oder die Warme Mittel heissen, mit welchen die Insekten angelockt werden, oder wo, wie man sagt, die Pflanzen zu solchem Zweck Ameisenbrödchen erzeugen. Hierdurch, erzahlt man, locken einige Pflanzen bestimmte Ameisenarten zu sich heran, die sich damit nahren, um sich auf sie niedcrzulasscn und sie dann gegen andere blatttraubende Ameisenarten und allerlei andere Feinde zu beschützen. So bat man dann einen wahrhaft romantischen Fall von Symbiose. Aber wer versichert mir nun, dass diese sogenannten Brödchen nicht urspriinglich aus irgend einem bloss -physiologischem Grund entstanden sind und dann, indem sie Ameisen heranlocken, allmahlig, aber gar nicht um den daran verbundenen Nutzen oder Vorteil, um nicht einmal von einem bestimmten Zweck zu reden, diese Symbiose haben entstehen machen? Wie ist die phylogenetische Entwickelung der jetzt von Ameisen bewohnten Knollen an den Zweigen der ostindischen Ameisenpflanzen (Myrmicodia echinata Gaud. und Hydnopliytum formicarum Jack.) gewesen? Lasst sich diese Thatsache nicht auf diese YVeise vielleicht ebenso gut erklaren wie ich z.B. oben Mimicryfalle durch Vergleichung mit verwandten Arten oder den Ursprung der Symbiose der Ameisen mit ihren Gasten verdeutlicht habe oder wenigstens habe ahnen können; möglicherweise auch in irgend welcher andern Weise aber ohne darin die darwinistische Nutzentheorie zu Hilfe zu rufen ? Auch die Ausscheidung der klebenden Stoffe durch die insektenfressenden Pflanzen wird wohl urspriinglich einen andern Zweck gehabt haben als den welchen sie jetzt dient. Wenn die ganze Entwickelung der so merkwürdigen und verwickelten Einrichtung dieser Pflanzen, die jetzt vollstandig unbegreiflich ist, tüchtig phylogenetisch studiert wird, dann zweifle ich nicht daran, dass sich herausstellen wird, dass sie auch allmahlig und vermutlich mit der Mitwirkung des Zufalls entstanden ist. Und zwar keineswegs auf Grund eines für die Pflanze daraus hervorgehenden Vorteils, sondern als eine Adaptation an gewisse Lebensumstande, die für sie an und für sich ebenso wenig notwendig wie nützlich waren; also wie eine neutrale, teils sogar zufallige, Folge der Verhaltnisse, in der sie lebte, aber aus derem langwierigen und bestandigen Fortbestehen eine Entwickelung in einer diesen Umstanden entsprechenden bestimmten Richtung entstand, die das jetzt Bestellende hervorzog. Wo solch ein Besuch von Insekten nun aber in der gewöhnlichen Weise stattfindet und sie also den Nektar wegnehmen, den die Pflanze selbst für einen physiologischen Zweck braucht, da wird dadurch für sie ein Reiz entstehen immer mehr davon hervorzubringen; dadurch werden dann auch wieder mehr Insekten sie besuchen, und somit dann eine Wechselwirkung entstehen, wobei sowohl die Ausscheidung dieser Flüssigkeit wie der Besuch der Insekten stark zunehmen. In dieser Weise wird dann die Pflanze gezwungen werden allmahlig eine Quantitat dieses Saftes zu producieren, die viel grösser ist als sie für ihre eigenen Bedürfnisse braucht, und wiirde das dann wahrscheinlich für sie sogar schadlich werden, wenn nicht die Insekten dies verhinderten, indem sie den grössten Teil davon für sich nehmen. Ist dies nun soweit gekommen, dann wird gewiss die Pflanze für ihr Wohlsein von diesem Besuch abhangig geworden und also dies was ursprünglich schadlich war, für sie zum Vorteil geworden sein. Nun kann aber dieser Vorgang auch als blosse Folge für sich in der bekannten Weise die Wechselbestaubung mit sich bringen und sie dann nach wie vor zur Gewohnheit machen ; dann wird auch gewiss die Form der Blumen sich danach umbilden. So können sie mit der Zeit besonders geeignet dazu werden und Einrichtungen annehmen, die bestimmt dazu dienlich sein, obgleich man gewiss immer sehr vorsichtig thun wird wenn man nur nicht alles was in dieser Hinsicht angegeben wird, ohne Weiteres annimmt. Wenn man auch hier zwar nicht so weit geht, wie es mit den oben besprochenen Wegweiser-Zeichen der Fall ist, so ist es doch auch gewiss für Zufall und Einbildung ein reiches Feld; vieles von dem, was mir hierbei unter die Augen gekommen ist, erinnert so stark an das sonderbare von mir oben in mehr als einem Fall erklarte Zusammentrefïfen verschiedener Mimicryfaktoren, dass ich nicht daran zweifeln , kann, dass, wenn ein nicht darwinistischer Botanicus sich / der Mühe unterzöge, vieles hiervon auch in das Reich der Fabeln zurückgewiesen werden würde. Als eine sehr merkwürdige Symbiose wird so z.B. die zwischen der amerikanischen Pflanze Asclepias curassavica L., und dem amerikanischen Schmetterling Danais Erippus Cram. angeführt. Diese Pflanze soll namlich ausschliesslich von diesem Schmetterling bestaubt werden könncn, und dadurch cine sehr besondere Einrichtung besitzen die für kein anderes Insekt zu gebrauchen sei, der Schmetterling soll dann auch seine Eier auf die.se Pflanze legen, die daraus hervorgekommenen Raupcn sollen auf dieser Pflanze leben, wahrend s.e nie in einer solchen grossen Anzahl sich vermehren würden dass dadurch der Pflanze gescliadet'werden konne; weiter würde die Pflanze sich allmahlig aus Amerika auch anderswohin in der Welt verbreitet haben und auch nach dem neuen Wohnort stets von demselben Schmetterling gefolgt werden. So heisst es in den botanischen Werken. Nun hat aber diese Pflanze, deren, geflügelte Samen vom Wind mitgefuhrt werden, sich über einen grossen Teil der Welt und so auch in dem ganzen indischen Archipel stark verbreitet und ist da verwildert, obgleich der Schmetterling in weitaus dem grossten Teil dieser Gegenden nicht vorkommt, sodass ihre Portpflanzung auch ohne ihn geschehen zu können scheint. W citer ist Danais Erippus Cram. im südlichen Nord Amerika fast jedes Jahr sehr allgemein, sodass da wenigstens gewiss die Raupen ihren Nahrungspflanzen vermutlich wolil Schaden zufugen werden; er bildet da dann grosse Schwarme wovon einzelne Individuen weit und breit durch den Wind fortgeiagt werden. ') In Folge dessen hat er sich sehr weit verbreitet - gerade ebenso und aus demselben Grund wie dies mit dem europaischen Pyrameis Cardm L., der 1-all ist westlich durch ganz Polynesien bis nach Australien, yon dort nach den Molukken und den Sangir- und Talautinseln Nord Celebes, sogar nach China, aber noch nicht nach Süd-Celebes, den kleinen Sundainseln, Süd-Borneo, Java, Sumatra und den dazu gehorigen kleineren Insein. Nach dem Osten auch; einzelne Exemplare sind in das Westen Gross-Brittanniens, Frankreichs, der spanischen Halbinsel und den Insein an der Nordwestküste Afrika's hinüber getragen, selbst ist einmal ein Exemplar an der hollandischen Kuste gefangen; aber niedergesetzt und fortgepflanzt hat sich dieser Schmetterling da ,) Man siehe hierüber meine Nouvelle! otservations sur les vols de Lepidoptercs (Natuurkundig Tijdschrift van Ned. Tndie LM O- nirgends. Mit der Verbreitung der Pflanze hat also die des Schmetterlings nichts zu schaffen. In der That teilt ja dann auch E. Ule — worauf Prof. Dr. Hugo de Vries mich freundlicher Weise aufmerksam machte — wo er in den Berichten der deutschen Botanischen Gesel/schaft XXHeft 7 (1897) diese Symbiose bespricht, davon mit, dass jener Schmetterling beim Bestauben der genannten Pflanze Dienste leistet, aber fügt ausdrücklich hinzu dass auch verschiedene andere Insekten sie besuchen, und macht dabei nur beilaufig die Meldung, dass sowohl die Pflanze als auch der Schmetterling sich weit über ihren ursprünglichen VVohnort hinaus zu verbreiten scheinen. All das andere, was diesen Fall so eigenartig macht, scheint einfach allmahlig aber von andern dabei phantasiert zu sein. Inzwischen wird dies alles jetzt noch durch den einen Botanicus vom andern als wissenschaftlich feststehend angenommen, und also auch wieder zur Bestatigung anderer Thatsachen verwendet. In der soeben vermeireten Weise kann nun im Laufe der Zeit die Befruchtung durch Zwischenkunft von Insekten gewiss manchmal sogar zu der einzigen möglichen geworden sein und dann ist diese Mitwirkung für das Bestehen der Pflanze jetzt auch bestimmt notwendig. Aber doch nicht um den daran verbundenen Vorteil ist dies geschehen; keineswegs; es ist dann die Folge abnormaler Einflüsse denen ahnlich, welche die vorher ad V erwahnten sogenannten geographischen z.B. auf den Verlauf der Farbenevolution bei den Lepidopteren haben können ; und wo diese viel auftreten, da können sie sogar sehr schadlich werden. Denn wie oben Seite 37 darauf gewiesen wurde dass die Evolution einzelner Organismuseinheiten manchmal dadurch, dass sie mit den Forderungen der Korrelation nicht zusammengeht, die Vernichtung dieser Organismen bei denen das stattfindet nach sich ziehen kann, so ist es dann auch nicht zu leugnen, dass, wo der soeben besprochene abnormale Prozess soweit gediehen ist, dass die Bestaubung einer Pflanze nun ganz von dem Besuch einer bestimmten Insektenart abhangig ist, ihre Chancen der Existenz viel geringer geworden sein mussen als wo dieselbe vom Wind abhing oder durch Selbstbestaubung zu Stande kam. Denn wenn durch das Auftreten des einen oder andern neuen Feindes von Bedeutung für diese Insektenart dieselbe stark abnimmt, so wird es auch schr zweifelhaft werden, ob die Pflanze weiter noch wird bestehen können. So hat z.B. schon Sachs darauf hingewiesen dass bei einer Pflanze, der Asclepias syriaca L., die zu dem Besuch von Insekten besonders geeignet scheint, dies doch nur sehr unbedeutende Folgen im Vorteil ihrer Befruchtung mit sich bringt, und würde nach demselben die Anzahl solcher Anpassungen in Wirklichkeit nur sehr gering sein. Und so erkennt weiter wallace noch eine andere Thatsache an, die auch stark darauf hinweist, dass sie Befruchtung mittelst Insekten nicht als ein solcher überwiegender Vorteil für die Pflanzen betrachtet werden darf. Fs ist diese, dass bei vielen die Bestaubung offenbar früher durch Vermittlung von Insekten stattgefunden hat, dass diese sich aber seitdem so geandert haben dass Selbstbefruchtung dafür an die Stelle getreten ist; dass also solch eine weitergehende evolutionelle Entwickelung ohne Beschwerde für ihre Existenz hat stattfinden können, trotzdem der bestellende Vorteil dabei ganz verloren ging. Es kommt mir vor dass dies völlig genügend ist um die These leugnen zu müssen, dass der Besuch von Insekten für die Pflanzen an sich und ausser in den speciellen Fallen, wo eine abnormale Entwickelung dazu geführt hat, von so grossem Interesse sein kann dass sich dadurch auf dem Weg der Naturwahl die grosse Verschiedenheit der Farbe und Form gebildet hatte, die jetzt die Blumen aufweisen. Noch abgesehen von der hier immer hervortretenden Erwagung, wie wenig anzunehmen eine solche Umbildung durch aufeinanderfolgende kleine zufallige Varietaten sein muss, wovon die ersteren diesen Vorteil — wenn er überhaupt besteht — nie besitzen konnten, und also nach jener Theorie keinen Grund zum Fortbestehen hatten. Prof. Dr. Hugo de Vries, den ich bat auch in dieser Hinsicht mir seine Meinung mitteilen zu wollen, sagte mir, dass er dann auch nicht glaubt, dass die Zwischenkunft von Insekten in der Regel ' für die Fortpflanzung der Pflanzen notwendig ist, aber wohl halt er sie doch mit üarwin um die daraus hervorspriessende Wechselbestaubung für cinen Vorteil. Ich weiss nicht ob dieses Vorteilhafte des Inscktenbesuchcs eigentlich wohl wissenschaftlich feststcht, aber auch wenn dies der Fall sein moge, so kann ich doch diesen Vorteil nicht als so überwiegend beschauen, wie für die darwinistische Theorie gefordert wird. Und jetzt komrat noch der Umstand hinzu, dass die Bedeutung der Blumen in der That nicht eine so überwiegende Wichtigkeit besitzt wie in der genannten Theorie angenommen wird, um die zu der Befruchtung mitwirkenden Insekten zu sich heranzulocken. Gegen diese Behauptung und damit gegen diese ganze Theorie über die Farben der Blumen, hat, wie es schon im Text gesagt ist, Plateau einen tiichtigen Angriff unternommen. Dieser Gelehrte versuchte namlich überzeugend zu beweisen dass der vom Nektar ausgehende Duft und also nicht das Gesicht, sondern das Geruchsorgan der Insekten bei diesem Blumenbesuch die grosse Rolle spielt. Zahlreiche Beispiele werden von ihm angeführt zum Beweise dass die Insekten sich nicht um die Farbe der Blumen bekümmern und dass man deshalb nicht das Recht hat dieselben als zum Anlocken der Insekten dienende Organe zu betrachten. Mit Recht weist er dann auch darauf hin, wie auf diesem Gebiet, namlich bezüglich des Sehens von Farben durch Insekten die Experimente von Lubbock und Forel mit denen von den peckham's hinsichtlich der Wespen, und die von lubbock, WÜST, DöNHOFF betrefifs der Bienen genommen, mit jenen von bonnier und Bethe nicht vollkommen übereinstimmen. (Nouvelles recherches sur les rapports entre les insectes et les Jleurs. Memoires de la Société Zoologique de France 1898, 1899, 1900). Zugleich wird von ihm dort wieder eine jener darwinistischen Fabeln widerlegt, jene namlich, dass das Stillstehen in der Luft auch vor Blumen, wie dies die Schwebfliegen (Syrphidaé) gewöhnt sind, und die dabei von diesen Insekten gemachten Bewegungen der Ausdruck sein sollten der Bewunderung, welche ihnen die schonen Farben dieser Blumen einflössten, und ist also auch diese aussergewöhnlich artistischpoetische Entwickelung jener Fliegen wiederum zu einer solchen von fantastischer Oberflachlichkeit bei Naturforschern geworden. Man kann dann auch in Garten in Europa so wie auf Java sehen, dass mehrere Blumen von sehr verschiedener Farbe sehr wcnig, wcnn überhaupt, von Insekten besucht werden. So fiel es mir auf Java immer auf wie die grosse, schone, dunkelrote Blume des Hibiscus rosa sinensis L., in meinem Garten nic von den vielen dort flatternden Schmetterlingen besucht wurde. Auch auf Roseu sieht man weder in Europa noch in Indien Schmetterlinge. Oefters sind dies nun fremde nicht einheimische Blumen, aber die Bliiten der im Gebirge von Java auch aus der Fremde eingeführten Chinabaum fand ich da doch wohl von Insekten, z.B. viel von Papilio Priapus USD. besucht. Dagegen wissen viele Schmetterlinge, wo im Halbdunkel des dichten Gehölzes auf Baumstammen siisse Safte, wie Palmwein, hinausrinnen, dieselben wohl zu finden; wie z.B. auch Pferdenurin auf einem Pfad im dichten YVald. Und so wissen auch 1'liegen und Bienen die Stofte, welche sie suchen, auch wenn diese gar nicht gefarbt sind, sehr gut zu finden; nicht allein werden auch sehr wenig auftallend farbige Blumen von den Bienen besucht, sondem die Zuckerfabriken auf den westindischen Insein, Konditoreien und dergl. werden durch sog. Raubbienen in Menge besucht; BÜCHNER, welcher dies auch berichtct, fügt noch hinzu, dass sie sogar bisweilen Syropfasser in Kellern, die nur durch schmale Ritzen in den Kellerluken erreicht werden können, doch zu finden wissen, um daraus Syrop zu rauben. Und das blosse Gesicht würde fiir die grosse Menge der Nachtfalter auch nicht ausreichend sein. Darum behaupte ich aber nicht dass solche Insekten gar nicht von ihrem Gesicht Gebrauch machen um die Blumen wo sie Nektar zu finden glauben, aufzusuchen. Selbst sah ich zu wiederholten Male Ornithoptera Van de Pollii SN., die iiber hohe Baume flogen, direkt nach oranienfarbigen Blumen, die da an niedrigen Strauchern wuchsen, herniederflattern; öfters auch mitten in einer grossen Stadt in den Niederlanden, wo viele Leute die Gewohnheit haben Blumen in Töpfen hinter die geschlossenen Fenster zu stellen, Pieriden, welche über die Strasse flogen, auf die Blumen zukommen, die sie doch nur durch die Glasscheiben hindurch sehen konntcn. Und die verschiedenen Mitteilungen über Schmetterlinge, die auf künstlichen BI urnen z.B. auf Damenhiite, ja sogar auf Abbildungen von Blumen, wie die Vögel auf die von Apelles gemalten Trauben, zukamen, kommen mir deshalb keineswegs unwahrscheinlich vor. Warum auch ? Wie ich oben erzahlte, flogen Schmetterlinge auch zu wiederholten Malen auf mein blaues Jagdwams zu. Die von andern über den Bienenbesuch an Blumen gemachten Entdeckungen sind also als solche nicht unrichtig, sondern nur wieder zu einseitig aufgefasst. Auf solche z.B., welche die genaue Anzahl der Besuche von gewissen Insekten auf Blumen von bestimmten Farben vermelden, kann offenbar wenig Wert gelegt werden; es würde dann notwendig sein von jeder der besuchten Blumen die Quantitat Nektar zu untersuchen, die doch durch allerlei Umstande sehr verschieden sein kann, von der gewiss doch auch die Starke des heranlockenden Duftes abhangig sein wird, etwas, worauf solche viel feiner als der Mensch riechende Tiere auch viel mehr Acht geben werden, als dieser sich vorstellen kann; sogar bringen nicht alle Blumenarten gerade zu derselben Zeit des Tages den Nektar, wenigstens gleich reichlich, hervor. Und wenn dann auch forel in seiner auf dem V. Internationalen Zoologen-Kongress gehaltenen Rede „Die psychisc/ten Fdhigkeiten der Ameisen und einiger anderer Insekteri' die Experimente von Plateau durch andere von ihmselbst gemachte widerlegt, dann mag er darin wohl recht haben, aber er geht nichtsdestoweniger mit seinen daraus gezogenen Schlussfolgerungen zu weit. In erster Linie schatzt er dabei, wohl zum Zweck seiner Argumentation, den Geruchsinn der Bienen offenbar viel zu gering; aus den soeben gegebenen Beispielen folgt wohl dass diese Insekten auch zweifellos mit Hülfe dieses Sinnes auf Raub ausziehen, und in einem andern von ihm auf demselben Kongress gehaltenen Vortrag über „ Die Eigentiimlichkeiten des Geruchsinnes bei den Insekten" erkennt er dann auch selbst dass von Buttel Reepen nachgewiesen hat, dass die Bienen die Wahrnehmung ungemcin feiner und zahlreicher Nuancen von Geruchsqualitaten verraten. Weiter muss ich erinnern an dasjenige, was ich bereits Seite 216 bemerkt habe, wo schon darauf hingewiesen wurde, wie viele Tiere jetzt Organe als Waffen gebrauchen, die sich doch zweifellos nicht dazu, sondern z.B. als Bewegungsmittel, bei ihnen entwickelt haben und deren Entstehung also mit dem ' Nutzcn und der Beschiitzung, die sie jetzt als solche mit sicli bringen, nichts zu schaffen hatten. Sie lehren dies. Und gerade aus dem, was von FOREL mitgeteilt ist, geht es nun unwiderleglich hervor dass die Bienen, sobald sie einmal gemerkt haben, dass bestimmt gefarbte Blumen oder sogar Artefacten Honig enthalten, sich stets durch die Farbe leiten liessen urn darauf Honig zu suchen, sogar vvenn derselbe darauf nicht vorhanden ist; selbst so sehr dass sie dann andeis gefarbte Blumen darüber vernachlassigen. Wenn solche Insekten dann auch jetzt wissen dass diese Blumen Nektar enthalten, und deshalb auch von ihrem Gesicht Gebrauch machen um sie zu suchen, so folgt hieraus noch nicht dass sie, auch wenn jene besondere Entwickelung der Blumen, zumal auch was ilire Farbe betrifft, nicht bestande, den Nektar doch nicht zu finden wüssten, und dass deshalb diese Entwickelung als Mittel um den Besuch anzulocken oder wenigstens starker werden zu lassen hat stattfinden müssen. Auch solche Blumen bei denen gewiss kein Insektenbesuch nötig ist, nehmen wohl Farbe an, so werden die der Kiefer in der Bliitezeit rötlich und sind dann zwischen dem Laub deutlich zu sehen. Grade so ist es mit allerlei Einrichtungen mittelst welche Samen von Pflanzen verbreitet werden, entweder Hakchen, die sich an das Haar von Tieren hangen, oder klebende Stofte mit denen dasselbe geschieht, oder 1' lügelchen, oder was auch. Warum können bei der grossen Mannigfaltigkeit diesei 1-ormen solche Einrichtungen nicht bloss als physiologische Erzeugnisse des einen oder andern Entwickelungsprozesses entstanden sein, aber, als die einmal so waren, in der erwahnten Weise zu der Verbreitung der Pflanze dienstlich und in diesem Sinne für ihr Fortbestehen nützlich geworden sein, obgleich sic aueh ohnedem wohl hatten bestehen können: W ie nah all solche Auffassungen iiber Pflanzen denjenigen stehen, die bei den Mimicrybetraclitungen bei Tieren auftreten, geht z.B. aus dem hervor was ich schon Seite 132 über die RobinsoniaArten von der Insel JUA.N FERNANDEZ mitteilte. Kommt mir doch die genannte Wirkung der natürlichen Sclektion, was diese Pflanzen betrifft, ebenso unwahrscheinlich vor wie bei den dort besprochenen Tieren. Würden denn alle mit solch einem Flugorgan versehenen Samen, in den Ocean geweht sein? Teilweise werden sie doch auch wohl auf der Insel festgehalten werden. Auch würde ein Urteil über diesem Punkt der Ansprüche auf wissenschaftlichen Wert erhaben wollte, doch einmal untersuchen müssen ob anderswo, wo kein Meer in der Nahe ist und keine besonders starken Winde herrschen, nie einmal so etwas mit Samen, die solche Flugorganen besitzen, vorkommt; und dergleichen. Auch hier wird nur wieder mit einer Oberflachlichkeit, die nicht in die Wissenschaft hineingehört, entschieden. Wenn man als eine feststehende Thatsache annimmt dass allerlei Umbildungen, Ausscheidungen, oder Einrichtungen, die man für die Existenz der Pflanze als vorteilhaft annehmen zu müssen glaubt, durch den mit ihnen verbundenen Nutzen mittelst der natürlichen Selektion entstanden sind, wo bleibt man dann mit deinicht zu leugnenden Thatsache dass die meisten für die Pflanzen sehr schadliche Insekten dieselben sehr wohl durch den Geruch zu finden wissen und also durch den von den Pflanzen hervorgebrachten Duft zu deren grossen Schaden herangelockt werden ? Es kann sehr gut sein dass an solch einen Duft dann auch ein gewisser Nutzen oder Vorteil verbunden sein kann, aber wo er doch auch einen so grossen Schaden mit sich bringt, lasst es sich doch schwerlich begreifen dass es trotzdem nach der Theorie der natürlichen Zuchtwahl entwickelt sein könnte; in Gegenteil, er hattegerade im entgegengesetzten Sinne wirken und die Vernichtung der Individuen, die am starksten einen solchen Duft um sich verbreiten, haben erzielen müssen. Fragt man dann aber, welchen andren besseren Grund für die Entstehung der reichen Verschiedenheit in Formen und Farben, welche die Blumen aufweisen, wissen Sie dann zu geben, wenn Sie die darwinistische verwerfen? da, muss ich anfangen mit der Bemerkung, dass, auch wenn ich nicht dazu im Stande ware dies doch meine Argumentation gegen die genannte Theorie nicht cntkraften, und diese dadurch kein Recht zur Existenz erhalten würde. Uebrigens meine ich dafür gewiss wohl eine Mut- massung vorbringen zu könncn, die mir wahrscheinlicher vorkommt als die darwinistische. Ich mcine namlich dahin geraten zu können, nach Analogie von demjenigen was die Tierwelt aufweist. In ebenso grossem Reichtum von Formen und Farben wie die Blumen und auch ohne Zweifel in innigem Zusammenhang mit dem Geschlechtsleben kommen doch bei vielen Tieren, namentlich bei mannlichen aber auch wohl bei vveiblichen — so gehören auch das reiche Haupthaar der europaischen und die sonderbaren Bildungen des Körpers der hottentottischen F rau hierzu — allerlei Auswüchse, Anhange und besondere Bildungen und Farben vor, die zumal bei Vögeln, in Pracht und Verschiedenheit mit den Blumen wetteifern. In der That stimmt dann auch üarwln's Theorie der geschlechtlichen Zuchtwahl mit der darwinistischen Auffassung über die Bedeutung der Blumen völlig überein. Sehr richtig nun bekampft Wali.acE ersteres, aber irrtümlich nimmt er daneben doch die Theorie was die Blumen betrifft an, weil er von seinen Aufifassungen hinsichtlich der natürlichen Selektion ganz eingenommen die Thatsache der grossen Ucbeieinstimmung zwischen diesen Erscheinungen im 1 ier- und im Pflanzenreich übersieht. Und so darf auch Lloyd Morgan wohl mit einigem Recht fragen: aber wenn wallace dann so Darwin's Theorie von der geschlechtlichen Zuchtwahl verwirft, warum dann auch nicht die Lehre der Naturselektion die er ebenso sehr verteidigt wie üarwin ? Allerdings so fordcrt es die Konsequenz, letztgenannte Theorie ist dann auch ebenso unrichtig. Wenn wir das schon vermeldete Werk des ebengenannten Naturforschers auf Seite 208 aufschlagen, sehen wir dass george W. und eusaheth G. peckham in den Abhandlungen der Natural History Society of Wisconsm iSSc; eine ausführliche Beschreibung gegeben haben von Tanzen, die mannliche Spinnen aus der Familie der Attiden vor ïhren Weibchen aufführten, und die nach ihrer durch Untersuchung erhaltenen Ueberzeugung dazu bestimmt sind die Gunst der letzteren zu gewinnen, welche die c? nlit denen sie Gemeinschaft haben wollen, nach Veranlassung davon wahlen würden. Und dann lasst der Verfasser darauf folgen dass er selbst auch einmal solch einen Tanz von einer (ƒ Spinne vor einem 9 wahrgenommen habc, aber ohnc dass letztcres davon eingenommen war, da sie dagegen das <ƒ fortzujagen schien. Aber bei keinem dieser Beobachter scheint es einen Augenbück aufgekommen zu sein, dass wenn eine (ƒ Spinne solche "lanze auftuhrt und dann manchmal die Folge sein kann dass das 9 auf ihn ihre Wahl feststellt, daraus noch keinesteils hervorgeht dass in der That jene Tanze mit diesem Zweck , geschehen. Es ist nur die darwinistische Verblendung dass alles bloss geschieht weil es Nutzen hat und also einen solchen Zweck beabsichtigt, welche sie diesem Zweck nun a priori annehmen lasst; aus den Thatsachen folgt es aber nicht. 'I hun doch auch in Polygamie lebende Vögel dasselbe, das bekannte vBalzen" gegenüber ihren 99> die aber gar keine geschlechtliche Wahl trefilen können, sondern dem cf unterworfen sind; so stolzieren und prunken der zahme Truthahn und der I'fau ihren 99 gegenüber. Und ebenso sieht man junge Manner absichtlich posieren um von Frauen bewundert zu werden, auch wenn sie wissen dass die Frauen solche sind aus denen sie nur zu wahlen brauchen, oder auch noch solche von welchen sie nicht gewahlt werden wollten. Es ist nur der reflectorische geschlechtliche Trieb sich von der andern Sexe bewundern zu lassen, aber ohne dass damit etwas bezweckt wird; wohl oftenbart sich darin ein bestimmter Charakter, wie auch jede evolutionelle Umbildung einer bestimmten Richtung folgt, aber auch ebensowenig wie in dieser ein bestimmter Zweck. Wenn wir dann diesen Trieb sostark wirken sehen dass er sich sogar psychisch oftenbart und zu allerlei abnormalen Handlungen führt, so dürfen wir gewiss auch wohl annehmen dass er physisch auch solche Manifestationen muss hervorbringen können, wie sie in den sogenannten sekundaren geschlechtlichen Merkmalen gefunden werden; aber dann also auch, dass diese ebensowenig einen bestimmten Zweck haben, sondern bloss als Erscheinungen dieser Wirkung betrachtet werden müssen, wenn es gewiss auch möglich ist, dass sie auch Folgen mit sich bringen können. die mit dem Geschlechtsleben in Zusammenhang stehen. Zwar will natiirlich die darwinistische Theorie von der geschlechtlichen Zuchtwahl in diesen körperlichen Bildungen den Zwcck der Nützlichkeit sehcn, und als solchcn annehmen dass weibliche Tiere dadurch angezogen und erregt werden, und dass dies damit beabsichtigt ist, aber auch dies beruht nicht auf einerernstlichen LJntersuchung, noch abgesehen davon dass auch beim weiblichen Geschlecht die gleichen vorkommen. Wohl kann gewiss auf diese Weise bisweilen solch eine Anziehung zu Wege gebracht werden, aber dann ist darum diese Bildung noch nicht mit dieser Bestimmung entstanden. Ich muss hier wieder erinnern an meine Bemerkung dass Tiere auch derartige Organen zu Verteidigungsmitteln anzuwenden wissen, die sich aber keinesvvegs zu diesem Zweck, sondern z.B. wie Organe der Fortbewegung, entwickelt haben. Dasselbe thut sich hier auch vor. In einigen Landern, in Deutschland z.B., macht ohne Zweifel der Bartwuchs des Mannes auf die Frau einen starken geschlechtlichen Eindruck. Aber doch nur als eine Folge von gewissen dort jetzt herrschenden GedankenVerbindungen, nicht aus der natürlichen Thatsache selbst hervorspriessend. Denn nicht nur bei Vólkern wie die Malayer, die nur einen geringen Bartwuchs besitzen, sind die t rauen mit diesem sogenannten mannlichen Schmuck keineswegs eingenommen, sondern dies ist sogar der Fall in gesellschaftlichen Kreisen oder in Zeiten wo das 1 ragen von Barten keine Gewohnheit ist und für nicht reinlich oder nicht gebildet gehalten wird; wie gegenwartig noch in dem hollandischen Bauernstand und z.B. im i8ten Jahrhundert in allen gebildeten Kreisen Europa's. Es ist damit wie mit der militarischen Uniform, die auch z.B. in Deutschland einen grossen Reiz auf Frauen ausübt, aber in Landern wo der Militarstand in den Volkssitten keineswegs so hoch angeschrieben und zumal der Beruf des niederen Militars sehr wenig geachtet wird, diese anziehende Kraft nur in viel geringerem Grade besitzt. Wie eine natürliche reflectorische Thatsache ohne Zweck kann man deshalb bei einer Anzahl Tiere allerlei \ eranderungen von Form und Farbe, offenbar als Folgen von geschlechtlicher Erregung, wahrriehmen, und dass auch in Bezug auf solche Organe, die gewiss nicht zu den sexuell-sekundaren gerechnet werden können. Das Prunk oder Hochzeitskleid der mannlichen Vogel ist der bekannteste Ausdruck davon. Dasselbe nun — was übrigens auch im Pflanzenreich nicht unbekannt ist, da doch die eigenartigen betreffs Farbe, Gestalt und Grosse der Blatter starker entwickelten blühenden Zweige, welche z.B. bei dem Epheu und bei Ficusarten vorkommen, wohl den gleichen Ursprung haben — ist es, denke ich, was sich in dem Reichtum der Farben und Formen der Blumen offenbart; ein derartiger in ihrer Art und Weise wohl noch nicht vollkommen zu deutender Ausdruck des generativen Lebens, der an sich keinen Zweck hat, aber trotzdem bisweilen wohl Folgen haben kann, die zu diesem Ursprung in Beziehung stehen. Wodurch also wohl manchmal Insekten, die zu ihrer Befruchtung nützlich sind, herangelockt werden können, aber die darum doch nicht aus jenem Grund entstanden sind. Es kommt mir nach obigem überfliissig vor noch auf die vielen partiellen Unrichtigkeiten oder unbewiesenen Behauptungen zu weisen, die man auch über diesen Stoffin wallace's Betrachtungen antrifTt. All solche Samen, heisst es z.B., die besondere Mittel zu ihrer Verbreitung besitzen, sind sehr wenig auffallig gefarbt, sodass sie, wenn sie auf dem Boden liegen, nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, und so klein und hart, dass sie wenig Tiere heranlocken. Der fliegende Samen, den Plateau wie von einer hellweisen Pterophor nachgeahmt betrachtet, ist doch wohl sehr auffallend, und auch kleine, harte Samen werden von Vögeln und Insekten doch wohl gefressen. Die für Menschen geniessbare Früchte sind meistens sehr auffallig gefarbt, heisst es weiter; die am besten zu essende von allen Früchten, die Banane, bestatigt dies aber nicht; dass die rote Farbe der Hülle der Muskatnüsse, welche durch das Spalten der Schale, wenn die Frucht reif ist, sichtbar wird, dazubestimmt ist oder sogar thatsachlich dazu dient die grossen Tauben der Molukken heranzulocken, beruht vollkommen auf Phantasie, und ganz auf der darwinistischen Beweisführung, die bei jeder Thatsache den Nutzen derselben a priori annimmt und dann einen Grund dafiir sucht, wofür also wohl das Sprichwort gelten kann, dass wenn man einen Hund schlagen will, man wohl auch einen Stock findet. Dass namentlich rote Blumen Schmetterlinge anziehen würdcn, ist nicht richtig; dass im Allgemeinen die Farbe und Grosse der Blumen den Besuch der Insekten bestimmen würden, ist auch nicht so; die Frage ist hier zumal ob der Nektar fiir bestimmte Insektenarten zu erreichen ist, und ferner ob eine Pflanze schon seit langem einheimisch ist, weil sie dann durch Gewohnheit und teils durch Anpassung die grösste Anzahl besuchender Insekten zahlt. Die Argumente, welche die Lebensprozesse der Pflanzen zu Gunsten der darwinistischen Théorie anbringcn würden, scheinen mir deshalb auch von nicht grossem Wert zu sein. Die Seltenheit der Mimicry auf diesem Gebiet ist, wie oben gesagt, ' meines Erachtens, sogar mit ihr in vollstandigem Widerspruch. Und das will ich hier nochmals wiederholen. Bei den Lepidopteren, der mir am meisten bekannten Tierordnung, sind mir bisher keine Falie von Mimicry in dem darwinistischen Sinn vorgekommen, die einer gründlichen fachmannischen Untersuchung Stand halten konnten; bei weitem mit den meisten in andern Tierklassen geht es ebenso. Sollte dies nun bezüglich der sogenannten Nützlichkeitseinrichtungen, welche sich im Hinblick auf den Besuch von Insekten bei Pflanzen angeblich entwickelt haben, und einen so absolut gleichen Charakter tragen, nicht dasselbe sein? Sucht, rufe ich darum ohne Zögern den Botanikern zu, sucht und ihr werdet finden! XLI. Es bestehen auch Thatsachen, welche vollkommen denselben Charakter zeigen bezüglich des Gehörs- oder Geruchsorgans, wie es die Mimicry-Theorie dem Gesichtsorgane zuerkennt. Die behauptete Mimicry einiger Insekten, wie der Macroglossa's und einiger Fliegenarten, welche Hornissen und Bienen gleichen, wird sehr verstarkt dadurch, dass sie auch ein brummendes oder piependes Gerausch von sich geben, ebenso wie die genannten stechenden Insekten; diese Geniusche haben jedoch allein dann einige Bedeutung, wenn sie mit voller Kraft ausgestossen werden, und können darum auch nicht allmiihlich durch die Thatigkeit der Selektion starker geworden sein; ihre Hrsache ist, betreffs der Macroglossa1 s, dann auch augenscheinlich einzig dem kraftigen Flug in Verbindung mit dem schweren Körper dieser Schmetterlinge zuzuschreiben. Es giebt auch Pflanzen, welche vollkommen den Geruch von faulem Fleisch oder Leichen verbreiten, und zwar so sehr, dass dies selbst, wie wenigstens behauptet wird, auf Insekten einen triigerischen Einfluss ausübt, welche dadurch verleitet werden, auf jene Pflanzen ihre Eier zu legen, was dann die Ursache ist, dass ihre Nachkommenschaft zu Grunde geht. Es ist jedoch in keiner Weise zu erkennen, dass dies den Pflanzen irgendwie zum Vorteil gereicht; Nachteil durch das Anlocken von Pflanzen zerstörenden Tieren könnte man eher vermuten. So riecht eine .Kitferart (Arotnia moschata l.), so stark nach Rosen oder auch nach Moschus, wovon er dann auch den hollandischen Volksnamen „Rozenbok" und den deutschen „Moschusbock" tragt, dass er möglicherweise dadurch wirklich für viele kaferfressenden Vogel ungeniessbar wird, und auf diese Weise dadurch Schutz findet. Jener Stoff wird bei dem Tier durch eine besondere Stinkdrüse abgesondert, welche mit einem Haarbüschel versehen ist, vermutlich urn ihn damit zu verbreiten. Aber doch ist diese Eigenschaft wohl nicht auf dem Wege der mehrfach erwahnten Theorie erreicht. Dieser Geruch ist namlich der des Salols, welches ein Derivat ist von den Glucosidsalicinen, die in der Rinde und den Blattern der Weide vorkommen, auf welcher der Kafer lebt. Ebenso verbreiten andere gleichfalls auf Weiden lebende Coleopteren, so Melasoma (Liria) collaris l., einen starken Geruch von Salicylaldehyd, welches ebenfalls aus diesen Pflanzen gewonnen wird. Viele Gründe, und namentlich der letztaufgeführte, weisen also gleichfalls auf die Entstehung solcher Eigenschaften, die eventuell Schutz gewahren können, ohne dass dies auf die durch jene Theorie vertretene Weise geschieht. Dies kann also auch analog gegenüber ihrer Anwendung auf die Entstehung der Mimicry-Erscheinung angeführt werden. Auch die Sinne des Gehörs und des Geruchs werden durch trügerische Nachahmungen getroffen, ersterer auch dadurch, was man in Nachfolgung von demjenigen was bei den Gesicht stattfindet, warnende Laute nennen könnte. WASMANN behauptet von einigen Ameisenarten dass etwas dergleichen auch in Bezug auf den Gefühlssinn vorkommen vvürde, aber dies beruht wohl auf derselben Einsicht, die ihm auch die eigentliche auf das Gesicht wirkende Mimicry bei diesen Tieren annehmen lasst, eine Einsicht, von der ich die Unrichtigkeit oben Seite 251 u. ff. angezeigt zu haben meine. Was die PseudoMimicry in Bezug auf das Gehör betrifft, so ist im Text dieser Thesis schon das Beispiel der Macroglossa s vermejdet, auch die vermutliche Ursache davon angegeben und der Grund weshalb auch dabei schwerlich an eine Entstehung durch natürliche Selektion gedacht werden kann; davon bestehen aber noch manche Bcispiele. Auf Java werden Fliegen gefunden, die eine grosse Aehnlichkeit mit Bienen aufweisen; dieselben ahmen nun nicht nur auch das Summen der Bienen nach, sondern auch wenn man sie gefangen hat, dasselbe eigcntiimliche Gezirp, was in solch einem Fall auch jene Insekten horen lassen. Die Ursache hiervon kann ich nicht angeben, aber gewiss lasst sich die Kntstehung dieser Aehnlichkeit auch nicht auf dem Weg der Naturselektion erklaren. Es bestehen von Tieren hervorgebrachte Laute, die allerdings Menschen und Tieren Schrecken einflössen kunnen, aber doch deshalb noch nicht mit diesem Zweck und also als warnende aufgefasst zu werden brauchen. Schr bekannt ist hierbei das Gerausch, dass die Klapperschlange macht, wenn man sich ihr nahert, und gewöhnlich wird dies denn auch als eine Warnung aufgefasst. Wie hoch nun ein solches W ohlwollen dieser Schlange auch geschatzt werden möge, kommt es mir doch wahrscheinlicher vor, dieses Klappern als die blosse Folge einer nervösen, durch eigene Furcht erregten Bewegung zu betrachten, ebenso unwillkürlich wie zum Beispiel Frauen dann aufschreien oder auch wohl die Arme erheben, aufgejagte Enten gackern, u. s. w.; mit Freude fand ich dann auch, dass Brehm ungefahr derselben Meinung zugethan ist und sogar dabei bemerkt dass auch andern Schlangen in einem Zustand heftiger Erregung das Schwanzende stark bewegen. Eine stark hiermit übereinstimmende, aber dann kein Laut sondern eine gewisse Gesichtsmimicry erzeugende Bewegung kommt dann auch, wie ich oben Seite 213 bemerkte, bei einer andern Schlange vor; bestatigt also diese Auffassung. Eine ausdrückliche Lautmimicry wird gewiss angenommen in dem was ich vermeldet gefunden habe dass die Klapperschlange in den Prairiën Nord-Amerika's gern in den dort sehr zahlreichen Höhlen der Prairiehunde Cynotnis Ludovicianus ori)., die ihnen zur Beute gereichen, hausen, dass man nun in denselben Höhlen auch oft die Prairieeule Phaleophynx hypogaea WOODTH. antrifft, und dass dieser Vogel dann einen dem Klappern der Klapperschlange sehr ahnlichen Laut hervorbringen und damit also kleinen gefahrlichen Raubtieren Furcht einzuflössen versuchen würde. Nun habe ich weder diesen Laut noch das Klappern der genannten Schlange je gehort, aber desto besser kenne ich die Stimme einer auf Java sehr gewöhnlichen Eulenart (Strix javanica GML.), und es kommt mir vor dass dieselbe mit dem der Klapper der genannten Schlange, wie ich das beschrieben finde, viel Uebereinstimmung liat. Merkwürdig ist es dann auch dass der malaiische Name dieses Vogels Seirak ofifenbar auf derselben Lautnachahmung beruht, wie das französische Crécelle d. h. Klapper. Wiirde denn dieser Laut der Prairieeule etwa nicht nur ihre natürliche Stimme sein, die zufallig mit dem schnarrenden Gerausch dieser Schlange übereinstimmt ? Wenn Rebhühner plötzlich auttiiegen, machen sie dabei ein Gerausch, das einen Anfanger-Jager gewöhnlich genug iiberrascht, um ihn den Augenblick um den Vögel zu schiessen versaumen zu lassen; in so weit ist dies Gerausch schützender Natur. Aber gegen einen geübten Jager hilft es wieder nicht und so wird es auch wohl sein, was Füchse und andere Raubtiere betrifft, die für diese Vögel zu fürchten sind. Es könnte nun die Frage sein ob dieses Gerausch auch als ein Warnsignal betrachtet werden müsste, um namlich, da die Rebhühner in „Vólkern" leben, ihre Kameraden zu warnen dass Gefahr im Anzuge ist. Aber noch abgesehen davon dass die javanische Turnix pugnax L., die einsam lebt, beim Auffliegen dasselbe Gerausch macht, dürfte es doch wohl sonderbar heissen, dass Vögel, die iibrigens gewohnt sind ihre Erregung durch die verschiedenen Nuancen ihrer Stimme zu aussern, dann auch hierzu nicht von diesem Mittel Gebrauch machen würden. Wenn andere hühnerartige Vögel wie Pfauen und wilde Hiihner (Gallus Bankiva TEMM.) oder auch Fasanen auffliegen, machen sie immer viel Gerausch, was aber ofifenbar nur die Folge ist ihres schweren Baues, da sie dann auch keine eigentliche Flugtiere sind; das gemeinte Gerausch der Rebhühner ist nun ofifenbar eines derselben Art, das aus ihrem zwar nicht so massiven, aber doch noch immer im Verhalt- nis zu den Flügeln schweren Körperbau und den danut ubcreinstimmenden Flügelschlagen hervorkommt. Was den Geruchssinn betrifft, so bestehen auch davon einige Beispiele, von denen in dieser Thesis ein paar vermeldet sind. So verbreitet die sehr bekannte indische Frucht, der Duren oder Durian (Durio zibethinus L.() einen sehr starken Gestank von Katzenurin, und oft habe ich in Indien"versichern horen, dass denn auch auf Sumatra, da, wo solche Baume in den Waldern wachsen, die Tiger darauf zukommen und auf die abgefallenen Früchte sehr erpicht sind. Aber bringt dies der Pflanze einigen Vorteil? Was die stark nach verdorbenem Fleisch riechende grosse sumatranische Rafflesia betrifft, davon heisst es "•ewiss dass dadurch Fliegen herangelockt werden und diese dann zur Befruchtung der Pflanze mithelfen, aber dass dies wirklich ein Faktum ist, hat sich mir noch nicht offenbart; vielleicht ist es nicht mehr als eine einfache darwinistische Vermutung, und wenn schon, ist es noch sehr die I' rage ob dieser Vorteil gegen den im Text vermeldeten aus diesem Geruch für die Pflanze hervorspriessenden Schaden aufwiegen wiirde. Im Allgemeinen geht aus den hier besprochenen Beispielen unstreitig hervor, dass Falie von trugerischer Nachahmung, wie auch solche, die an die Theorie der warnenden Farben und der Warnsignale erinnern, vorkommen, ohne dass dieselben aber als Mimicry in Bezug auf den Gehors- und den Geruchsinn erklart werden sollen, und darf es deshalb a priori auch angenommen werden dass dies auch in Bezug auf das Gesicht wird stattfinden können. Sodass also, wo solche Thatsachen hinsichtlich letztgenannten Sinnes auftreten, auch da weder notwendig an Mimicry gedacht zu werden braucht, noch die Erklarung davon in der darüber angenommenen Theorie gesucht werden soll. XLII. Aus Obenstehendem ergiebt sich, meiner Meinung nach, als wissen- schaftliche Folgerung: . i. dass die sogenannte „Mimicry" eine Erscheinung ist, deren bio- ogisch cr Wert stcirk übersch«itzt ist, 2. dass die Ursache dieser Erscheinung, wenn auch nicht vollkommen, doch in den meisten Fallen sich sehr gilt erklaren lasst; dass diese Ursache jedoch nicht die natürliche Zuchtwahl durch einen erworbenen Vorteil in dem Kampf ums Dasein gewesen sein kann; 3. dass also diesf Erscheinung die Annahme der Theorie von der natürlichen Zuchtwahl in keiner VVeise wissenschaftlich notwendig macht, und deshalb auch durchaus nicht unterstützen kann. Ich glaube in den vorhergehenden Thesen, wie diese von mir erklart sind, bewiesen zu haben, dass die Erscheinungen, welche man für gewöhnlich zur Mimicry in der von mir angegebenen weiten Bedeutung rechnet, auf eine ganz andere Weise gedeutet werden miissen, als dies durch die darwinistische Theorie angeblich geschieht, und das wohl als Folge vielerlei biologische Ursachen von verschiedener Art. Ich glaube gezeigt zu haben, dass, wo diese Erscheinungen, unter einen biologischen Begrifïf, Mimicry genannt, zusammengebracht werden, dies nur auf oberflachlicher Beobachtung und daraus sich ergebendem Irrtum beruht, und dieser Begrifïf mit den darauf begriindeten Folgerungen oder Hypothesen aus der biologischen Wissenschaft verschwinden muss. Gewiss bin ich keineswegs der erste der gegen diese Irrlehre auftritt, aber noch Niemand hat dies doch, soviel ich weiss, so ausfiihrlich gethan. Niemand hat auch noch soviele dieser Erscheinungen zu zerlegen gewusst und damit das Unbegriindete der darwinistischen Erklarungen davon überzeugend gezeigt. hewitson nannte bereits sofort die Mimicry kindisch; solch ein Lepidopterologe wie staudinger hat offenbar stets die Achseln darüber gezuckt. Bereits vor mehr als 35 Jahren finden wir in einer am 19 November 1866 gehaltenen Sitzung der Ent. Soc. of London dagegen von YVestwood und Sharp viele Einwendungen aufgezahlt, alle in der That begründet, wenn man auch spater getrachtet hat einige derselben durch Betrachtungen zu widerlegen deren Unrichtigkeit weiter oben an vielen Stellen nachgewiesen ist; viele dieser Einwendungen treten dann auch heutigen Tages noch immer ebenso sehr auf den Vordergrund und sind darum auch von mir wiederum angeführt. So das kraftige Argument oben ad XXIII besprochen, welchcs zuerst von MlVART erwahnt sein soll, dass auch zwischen in verschiedenen Gegenden lebenden Tieren sich Erscheinungen wie die der Mimicry zeigen. So die Bemerkung dass, da die mimicrierenden Arten in der Regel auffallend selten sind, — nach BATES noch nicht i auf iooo — dies dann keineswegs die Lehre bekriiftigt dass die Erlangung der trügerischen Gleichheit wirklich ein grosser Vorteil für ihr Bestehen mit sich bringt, aber dagegen die Frage entstehen lasst, wie es mit einer Art, die nun bereits so selten ist, wolil gewesen sein muss, ehe sie jene schützende Eigenschaft erlangt hatte Ofïfenbar muss sie doch damals nicht so selten gewesen sein, denn sonst ware sie zu jener Zeit unter den ungünstigen Umstanden, welche den Schutz nötig machten, wohl schnell ausgerottet; aber wenn sie damals dabei doch bestehen konnte, dann waren für sie zu jener Zeit die Lebensbedingungen nicht so nachteilig, dass sie einen besondern Schutz nötig hatte. Oder aber die ihr drohende Gefahr würde gerade immer im Verhaltniss der mehr und mehr fortschreitenden Entwicklung ihrer mimetischen Gleichheit vermehrt sein, was wohl wenig annehmbar erscheint. Kann es nun, nach alle dem bisher Gesagten, noch nötig heissen die Unrichtigkeit sovieler Beispiele unklarer und vielfach oberflachlicher Wahrnehmung auf diesem Gebiet naher zu besprechen, welche oben noch nicht oder nur beilaufig erwahnt wurden ? Es giebt sicher noch eine ganze Menge. Der jahrelang fortwuchernde Irrthum z.B. betrefifs der Farbenevolution der Sphingidenraupen, schliesslich zu einem biologischen Axiom erhoben, welche ich in meiner Studie Ueber die Farbe und den P'olytnorphismus der Sphingiden-Raupen bereits so ausführlich behandelt habe. Die ebenfalls dort besprochene phantastische Geschichte der Raupe von Sphmx convolvuli L., in Verbindung mit der Grosse der Blatter von Convolvulusarten in Europa und auf den Canarischen Insein. Allerlei ferner von dieser Art hin und wieder bezüglich einiger SphingidenraMpen aufgeworfen. Allerlei angebliche Mimicry, auch zwischen Schmetterlingen, aufgestellt nach der Betrachtung von Exemplaren in Sammlungen, welche jedoch Niemand, der diese Tiere lebend kennen gelernt hat, für annehmbar halten wird. Die Behauptung auch, hinsichtlich des Mimicrirens z.B. von Danais Chrysippus l., durch Argynnis Niphe l., von welchen beiden auf Java z.B. sehr verbreiteten Schmetterlingen der letztere nur im Gebirge vorkommt, wo die Veilchen wachsen, auf welchen seine Raupe wie die von allen Argynnisarten lebt, wo jedoch der erstere, ein Bewohner der Ebene, wenn überhaupt, nur ausnahmsweise gefunden wird; merkwürdig aber vor allem wegen der hieran in der Proc. Ent. Soc. of London vom 3 December 1884 verknüpften Bemerkung, dass bei der australischen Form dieses letztgenannten Schmetterlings diese Mimicry gleichwohl nicht vorkommt, weil.... die australische Form der genannten Danaisart so klein ist dass er sich nicht der Mühe lohnt sie zu mimicrieren! Oder die hier wirklich charakteristische Dreistigkeit, mit welcher Trimen, den Dimorphismus der 99 von Papilio Merope Cram., nach der Theorie von Bates dem Bedürfniss zuschreibend um den Anfallen gewisser Vögel zu entkommen, die das cT cf bisweilen angreifen, nun der Schwierigkeit dass gleichwohl derselben Vögel auch auf Madagaskar vorkommen und dort das 9 dieser Schmetterlingsart dem c? gleich geblieben ist, zu entgehen trachtet, durch die einfache Annahme — nicht etwas dass dann diese Theorie einer naheren Untersuchung bediirfe — sondern dass auf Madagaskar dann diese Vögel sicher aus gewissen noch unbekannten Gründen jene Schmetterlinge auch nicht anfallen werden. wallace's, ebenso in Wahrheit auf nichts als die gleiche Theorie stützende aber doch als galte es eine so gut wie feststehende Thatsache vorgetragene, und dann auch bereits im Jahre 1866 von westwood bestrittene Behauptung, dass die Biegung, welche die vordere Spitze bei verschiedenen Celebesschmetterlingen zeigt, dort erlangt sein soll als ein Mittel um besser den Verfolgungen der Vögel entkommen zu können. Die Aufïfassung, welche das Verfarben der Raupen oder ihrer Haaren vor der Verpuppung, die natürliche Folge vom Absterben dieser Organe oder der Haut auf welcher dieselben sich befinden wenn die Blutzufuhr dorthin aufhört, als ein Schutzmittel dieser Tiere in jener Zeit ansieht; die- selbe, die man auch hinsichtlich der Verfarbung der Blumen nach ihrer Befruchtung wiederfindet, als ein Wittel beschaut, um den Bienen oder andern Insekten zu zeigen, dass diese Blumen keinen Honig mehr erzeugen und sie dieselben also nicht mehr zu besuchen haben! Diejenige dass die sogenannten Schwanze vieler Schmetterlinge, vornehmlich Papilioarten — Relikten des evolutionellen Prozesses der Verkleinerung, der ihre Hinterflügel unterworfen sind —, bestimmt sein sollten, um die sie verfolgenden Vogel anzulocken um daran zu pieken und so den Schmetterling die Möglichkeit zu gewahren mit einer nur unbedeutenden Beschadigung den Verfolgern zu entkommen ; dieselbe betrefts der grossen Augenflecken auf jenen Flügeln, Produkte einer vermutlich durch zufallige Umstande in einer besonderen Richtung verlaufenden Farbenevolution! Weismann's Urteil endlich ex cathedra dass Schutzfarben dieses Schutzes wegen entstanden seien wiewohl sie auch jetzt vielleicht nicht mehr diesem Zweck dienen, wahrend ein unbevorurteiltes, nicht auf vorausgesetzten Theorien sondern auf Beobachtung und logischer Bearbeitung der so erlangten Thatsachen beruhendes Studium, gerade das Umgekehrte lehrt: dass namlich allerdings bisweilen eine bestimmte Farbe einen gewissen Schutz mit sich bringen kann, dass derselbe aber nichtsdestoweniger immer durch Ursachen entstanden ist, vvelche mit diesem daraus spater entspriessenden Resultat durchaus nichts zu machen hatten und nimmer das Streben hatten, dies als Entzweck zu erreichen. Und wo soll ich hier endigen? die Zahl dieser Unrichtigkeiten ist wahrlich legio. Die hier gegebenen Beispiele bilden schon eine wahre Anklageschrift gegen die NaturforscherOberflachlichkeit. Als die Vedah's erst kurz in Europa bekannt waren, glaubte man nur auf den Klang der Namen hin, viele der alten griechischen Gottheiten mit denjenigen der alten Indiër identificieren zu können und so ihren Ursprung entdeckt zu haben. Als man spater in der Sprachwissenschaft, in der Ethnologie, und in der vergleichenden Mythologie weiter fortschritt, ergab es sich jedoch dass die meisten dieser Vergleichungen unrichtig waren; was man nach dem Klang beurteilt hatte besass keinerlei wissenschaft- lichen Wert. So wird es auch mit der Mimicry gehen, die meisten Auffassungen dariiber sind zu sanguinisch, zu oberflachlich gewesen; tiefergehender Wissenschaft gegenüber können sie nicht bestehen. Es geht damit wie mit den angeblichen Beweisen für das Eintreten von übernatürlichen Vorgangen, die überall dort im Stiche lassen, wo diese Vorgange einer exakten Untersuchung unterzogen werden können. Möge nun doch ihre ganze Theorie mit den zahllosen diesbezüglichen unter der Menschheit verbreiteten Marchen endlich zur ewigen Ruhe eingehen, welche sie so sehr verdient hat! Der Fall aber der Mimicry theorie wird auch den des biologischen Lehrsatzes von der natürlichen Zuchtwahl wie auch die damit verbundenen Lehre vom Kampf um's Dasein nach sich ziehen. In der That bilden die Thatsachen, welche, wie man sagt, diese Theorie erklaren sollen, nach ihrer Lehre aufgefasst den starksten Stützpunkt dafür; von dem Grundsatz dieser Lehre, dass die Nützlichkeit die evolutionelle Entwickelung behersscht, liefern auch laut weismann's ausdrücklichem Urteil die zahlreichen Falie eigentlicher Mimicry das scharfste Bemeismaterial. Diesem Umstande ist es dann auch wohl zu verdanken, dass darwin, wie oben bereits bemerkt wurde, die thatsachlich doch nichts als eine sehr flüchtige Hypothese enthaltende Idee von Bates sogleich zur seinen machte und verherrlichte, und auf diese Weise das, was für die wissenschaftliche Grundlage der Mimicry gilt, bestatigt hat. Weil er doch darin mit Recht eine ausserst kraftige Stütze erkannte für seine Zuchtwahltheorie, welche eine solche allerdings sehr nötig hatte. Es ist dann auch zum grossen Teil der Hülfe der Mimicrybetrachtungen zu danken, dass es jener Theorie gelungen ist so allgemein Eingang zu finden. Kein Wunder deshalb, dass, wenn die Mimicry fallen muss, auch die Selektionslehre sich nicht mehr auf den Füssen halten kann. Die darwinistische Erkliirung der erstgenannten Erscheinung beruht ganzlich auf jener Theorie; stellt es sich nun heraus dass diese Erklarung unrichtig ist, wie auch, dass alle jene evolutionnellen Vorgange, welche sich in diesen Erscheinungen wicderspicgcln, ohne Zuthun der Selektion zu Stande kommen, was kann dann von dieser letzteren und damit von der Theorie des Kampfs um's Dasein librig bleiben, welche doch in Dakwin's System, vvenn nicht als der einzige, dann doch als der allgemeine und bei vveitem bcdeutendste Faktor auftritt, der die Evolution hervorruft ? Denn, auch dieser so berühmte Kampf, ist, wiewohl für das darwinistische Publikum ein nicht zu bezweifelndes, durch jederman taglich wahrgenommenes Faktum, für den wissenschaft lichen Zooiogen in Wirklichkeit auch nur eine Theorie. Und, wiewohl dies nur zu sehr vergessen wird, für eine unbedeutende Thatigkeit desselben ist in jenem System dessen Grundprinzip sie bildet, kein Platz. Ohne dass der in der grössten Ausdehnung als ihre Basis vorangestellte Kampf um's Dasein, völlig anerkannt wird, ist Evolution nach der Lehre des Darwinismus unmöglich, wird sie von jener Schule nicht verstanden und demnach auch nicht erklart. Die am meisten in's Auge fallenden Einwendungen, welche stets der Erklarung von Mimicryerscheinungen durch natiirliche Zuchtwahl im Wege gestanden haben, sind vollkommen dieselben, welche auch gegen die Bildung der Arten auf diesem Wege vorgebracht werden. Uebrigens ihr Entstehen wird nach dieser Lehre vollkommen auf dieselbe Weise angenommen. In beiden Fallen würde der Anfang einer solchen Unigestaltung bestanden haben in einem zufalligem Variieren des tirsprünglichen Tieres in einer Richtung, welche dafür— was die Mimicry bctrifft durch eine gewisse Aehnlichkeit — irgendwelchen Vorteil mit sich brachte, welche zufallige Abweichung dann dieses Vorteils wegen in dem Kampf um's Dasein erhalten bleibend und aus demselben Grunde auf dieselbe Weise Schritt für Schritt sich mehr und mehr vervollkommend endlich die neue Form oder die stark entwickelte mimetische Aehnlichkeit zu Stande gebracht haben würde. Nun werden jedoch solche zufalligen Abweichungen die doch nur selten erblich sein können sich deshalb auch nicht in aufeinander folgenden Geschlechtern mehr und mehr entwickeln; auch ist es nicht zu begreifen welchen Nutzen, wenn die erste Stufe solch einer Abweichung so vorteilhaft ist dass sie demzufolge durch Selektion beschützt und befördert bleibt, dann noch weitere Veranderungstufen verschaffen könnten. Weiter giebt es viele Falie, in dencn die erlangte Formverandcrung einen sehr kombinierten Charakter tragt, und würde dann dabei immer und immer wieder der Zufall haben auftreten müssen; so werden demnach bei einer solchen Auffassung wohl etwas hohe Forderungen an den Zufall gestellt. Auch Weismann fand dies darum unmöglich und rief dazu seine GerminalSclektion zu Hülfe. Wahrend auch ferner wiederholt darauf hingewiesen ist, wie es sich, auch abgesehen von der Schwierigkeit der Erblichkeit, nicht annehmen lasst dass bei einem derartigen ersten zufalligen Auftreten die sicher meist unbedeutenden Abweichungen jemals Selektionswert haben können, d. h. durch ihre Aehnlichkeit eine so belangreiche vitale Bedeutung für die Tiere, bei denen sie auftreten, bilden können, um ein darauf beruhendes selektionelles Fortbestehen annehmbar zu rnachen, ohne welche sie jedoch dann auch wieder in einem folgenden Geschlecht verschwinden müssten und damit die Entstehung von nachahmenden und im allgemeinen von neuen ]• ormen auf diesem Wege nicht stattfinden kann. weismann leugnet dies dann auch durchaus nicht betreffs der Verkümmerung wertlos gewordener Teile. Die Erscheinungen dabei, sagt er, zeigen deutlich, dass die gewöhnliche Selektion, die durch Beseitigung ganzer Personen arbeitet, die Personalselektion, nicht alles allein bewirkt, denn in den wenigsten I'allen von Verkümmerung kann daran gedacht werden dass die kleinen individuellen Schwankungen in der Grosse des betreffenden Organs Selektionswert haben könnten. w ir sehen vielmehr solche Rückbildungen wie einen stetigen, aus innern Ursachen hervorfliessenden, Entwicklungsprozess seinen Verlauf nehmen, bei dem von einer Auswahl der Personen, einem Ueberlcben der Passendsten d.h. derjenigen mit dem kleineren Rudiment gar keine Rede sein kann. Und darum hat dieser Gelehrte dann auch seine Germinal-Selection erfunden. Wie gross nun gleichwohl der kritisch-abbrechende Wert seiner ebenerwahnten Betrachtungen sein moge, welche auch durch meine Studiën Ueber das Hom und Ueber die Farbe und den Polymorphismus der Sphingiden-Raupen, wie ich an dcm Schluss der erstercn bercits bemerkte, durchaus bestatigt werden, cine aufbauende enthielt scine GerminalTheorie, die dann auch wieder nicht auf Thatsachen sondern nur auf blosse Voraussetzungen gegründet ist, jedoch nicht; sie hat es dann auch im Kampf um s IJasein nicht aushalten können und fangt sogar schon aji etwas in V ergessenheit zu geraten. Hinsichtlich der Mimicry war übrigens der Selektionswert ebenso unmöglich wie bezüglich der \ erkiimmerung. Nun wird gegen diese Einwendung von den Verteidigern des Darwinismus speciell von PLATE in seinem Seite 279 citierten Werk angeführt, dass gleichwohl allerdings einige kleine Differenzen Selektionswert haben. Auch abgesehen von dem hier alles verderbenden exceptionellen \\ esen dieser F .ille muss ich das so Erwahnte jedoch für sehr zweifelhaft und keineswegs für genügend halten. Es tragt, meiner Ansicht nach, ganz und gar den Charakter derselben Nützlichkeitsargumente, welche auch von den Schriftstellern des Darwinismus so leicht überall dort, wo sie solche nötig haben entdeckt werden. Von grösserer Bedeutung ist sicherlich seine Berufung auf die sogenannten Hilfsprinzipien, nach denen ein Anfangs indifferentes Merkmal sich allmahlig umgestalten und schliesslich selektionswertig werden oder bei veranderter Lebensweise diese Bedeutung plötzlich erlangen kann. Aber dabei wird dann die urspriingliche darwinistische Auftassung ganzlich bei Seite gestellt, und zwar noch wahrend doch die hierunter gebrachten Falie alle nicht als die gewöhnliche sondern als eine hinzukommende Weise der evolutionellen Veranderung angemerkt werden. Dadurch hat dies Argument hier auch keinen entscheidenden Wert. In jedem 1'all ist die Thatigkeit solcher Hilfsprincipien hinsichtlich der Mimicrybildung ganzlich unannehmbar; dafiir ist dieselbe, wo sie stark entwickelt ist, zu kompliciert. Ueberflüssig kann es deshalb eigentlich wohl heissen, hier ebenfalls noch das entscheidende Argument zu vermelden, auch bereits so wiederholt in dieser Beziehung angeführt, dass namlich wenn zwei Individuen welche eine vorteilhafte Eigenschaft besitzen, Nachkommenschaft haben, diese sich dann doch wieder mit Individuen paaren wird, welche jene Eigenschaft nicht be- sitzen und dieselbc dann doch durch diese Panmixie wieder verloren gehen muss. Denn die Möglichkeit dass solche Begünstigten gerade wieder mit andern ebenso Begünstigten sich paaren ist doch, besonders in mehreren aufeinander folgenden Generationen meist sehr unbedeutend. Von nicht geringerer Bedeutung ist hier endlich die Thatsache, dass es sehr gut möglich ist den Vorgang sehr umfangreicher und langwieriger Umwandlungen der Lebensformen wiewohl sie nur in kleinen Schritten fortschreiten, wie z.B. verschiedene von mir bereits erwahnte Prozesse von Atrophie und besonders denjenigen der Farbenevolution, ziemlich genau zu beobachten, und dass es dann vollkommen deutlich wird, dass die darwinistische Naturzüchtung dabei durchaus keine Rolle spielt. An und für sich macht doch dieses Resultat eine Hypothese, welche als allgemeine alles beherrschende Regel aufgestellt wird, bereits unannehmbar; und wie will man dann so etwas hinsichtlich derartiger Umwandlungen, welche nicht für sorgfaltige Beobachtung geeignet sind, fernerhin annehmen, wo es in Bezug auf die, welche wohl dafür geeignet waren, sich ergab, dass es nicht besteht? Man glaube übrigens nicht etwa, dass diese Einwendung durch die in letzter Zeit allgemeiner bekannt gewordenen Falie von Halmatogenesis oder sprungweisen Entwickelung ihr Gewicht verliere. Man hüte sich wohl in dieser Hinsicht nicht in den Fehler von Eimer zu verfallen, der, wenn ihm die dazwischen liegenden haufig ausgestorbenen Formen unbekannt waren, diese Lücke einfach mit Hülfe dieser Halmatogenesis auszufüllen trachtete. Wenn man z.B. bei der unter dem Namen Papilw Ascalaphus bsd. bekannten Celebesrasse von Pap. Memnon L. die beiden Geschlechter sich so stark in der Farbe unterschieden sieht, ohne dass sich irgendwelcher Uebergang dazwischen zeigt, und dabei doch weiss, dass dieser Unterschied nur einen andern Standpunkt in derselben Farbenevolution andeutet, würde man bei dieser Neigung dort schon leicht solch eine Halmatogenesis annehmen können; bei der Rasse Pap. Memnon L. und der Pap. Lowii druce kann man jene Uebergange jedoch finden, und muss dann wohl einsehen dass dieselben bei Pap. Ascalaphus bsd. auch wohl bestanden haben wiewohl sie auch jetzt nicht mehr vorhanden sind, ausgenommen der altesten davon, der Achatesform, welche durch Epistase getroffen — ausser namlich der auch darin vorkommenden aus der Vererbung entspriessenden individuellen Unterschiede — unverandert übrig geblieben ist. Von gleich grosser Bedeutung sind sicherlich wohl die Beispiele von PLATE in seiner oben erwahnten Schrift gegen die Lehre der sprungweisen Variation aufgestellt, besonders jenes betreffs des Mtisculus trochearis oder obliquus superior des Auges der Sauger. Auf lepidopterologischen Gebiet würde ich auch ausser dem bereits Gegebenen wohl noch mehrere solche Beispiele anführen können. Und ebensowenig darf man, nach meiner Meinung, auch die Halmatogenesis als eine normale Form von Evolution beschauen; das Studium von demselben Verkümmern von Organen worauf auch WEISMANN hinwies, wie dies in den obenerwahnten Fallen, in dem vom Verschwinden des Horns der Splungulenraupen, dem des prothoracalen Flügelpaares der Insekten, und auch dem der Farbenevolution bei den Schmetterlingen, ist wahrzunehmen, lassen keine andere Auffassung zu als die dass ein sehr allmahlicher Fortschritt in den Evolutionsprozessen normal ist. Wiewohl ich iibrigens auch hier, ebensowenig wie anderswo, in die oben bereits von mir verurteilte Weise von Argumentieren, wie PLATE es thut, einstimmen will, wo er sagt: „Wir sind gezwungen, für alle solche Falie eine allmahlige stufenweise Differenzierung anzunehmen, weil wir keine Krafte kennen, welche in grossen Sprüngen die Orgamismen umzugestalten vermochten und auch keine Lebewesen, welche derartige tiefeingreifende Eingriffe vertrügen". Aus dem was wir nicht wissen, nicht kennen, lassen sich keine logischen Schlussfolgerungen positiver Art hinsichtlich dessen, was wir als Wissenschaft annehmen müssen, ableiten. Aber ebenso wie dabei auch bisweilen die Epistase als Hemmung auftritt, scheint hin und wieder auch Beschleunigung möglich zu sein; vielleicht als Reaktion nach einer besonders langdauerenden Epistase. Bereits in einer im Jahre 1899 von mir in hollandischer Sprache veröffentlichten Schrift erklarte ich das zeitweise Auftreten solcher evolutioneller Beschleunigungen 23 annehmen zu mussen; in seiner am 28 Juli 1900 in der Preussischen Akademie der Wissenschaften gehaltenen Rede sprach auch BRANCO dieselbe Meinung aus und wies zur Befestigung davon auf dasjenige, was die Evolutionsgeschichte der Saugetiere etc. lehrt. Wahrend diese wenigstens doch schon seit der Triaszeit bestanden, scheint der Verlauf ihrer Entwickelung jedoch innerhalb sehr langer Zeitraume, in der ganzen mesozoischen Periode, nur sehr langsam fortgeschritten zu sein, um dann mit Beginn der Tertiarperiode sehr kraftig aufzutreten, in dem Sinne, dass auch dann die Entwickelung nach menschlicher Berechnung wohl noch sehr langsam ging aber doch schnell im Vergleich mit dem früheren scheinbaren Stillstand. Uebrigens muss man von jeder Evolution annehmen, dass sie eigentlich durch kleine Sprünge zu Stande komme, ebenso wie die Mathesis eine Linie als eine Aneinanderreihung von Punkten ansieht, oder besser noch wie der Minutenzeiger einer Uhr, der ganz allmahlig weiterzugehen scheint wiewohl dies in der That doch in kleinen Sprüngen geschieht. In einigen Fallen wird im Verlauf derselben nun jedoch solch eine Beschleunigung entstehen, welche dann die bemerkbare Formveranderung besonders gross erscheinen lasst. Auch ist es vielleicht möglich dass eine gleiche Beschleunigung zugleich in die selbstandige doch gleichzeitig verlaufende Evolutionen von zwei oder sogar mehr Organismuseinheiten stattfindet und dann für die Wahrnehmung noch aufïfallender ist, doch auch in einem solchen Fall bleiben die scheinbar evolutionnell übersprungenen Abstande doch in der That nur gering. Auch dann würde also die genannte Einwendung gegen die Theorie der natürlichen Zuchtwahl ebenso bestehen bleiben. Jene darwinistische Lehre beruht dann auch ganzlich auf der obenbesprochenen unrichtigen Vorstellung von dem Zufalligen und Unbestimmten der Varietaten und auf der bereits von ElMER bestrittenen Meinung, dass jeder eigentlichen Veranderung von Organismen stets eine Anpassung zu Grunde lage. Die herrschende Auffassung um die Variabilitat als einen selbstandigen biologischen Begrifif anzusehen ist ebenso unrichtig wie dies bereits hinsichtlich der Mimicry gesagt ist. Solche Begrifife sind nicht anderes als die entités imaginair es, wahre biologische Gespenster, worauf oben Seite 34 bereits hingewiesen ist. Auch in dieser Auffassung tritt wieder die gleiche Sucht zum Systematisieren auf, die auch zum Verkörpern oder zur Naturgesetzliebhaberei fiihrt; immer dasselbe Streben der Schwache des menschlichen Denkvermogens um das zu umfassen und festzuhalten, was es in seiner Ausdehnung schwer erfassen kann, und an und fur sicli als Ilülfsmittel nicht zu verurteilen, aber wohl wo es, wie gewöhnlich der Fall ist, nachher für die Wirklichkeit selbst gehalten wird. Die Schwache des menschlichen Geistes macht es mcist fur ihn notwendig sich seine Gottheit im Bilde vorzustellen, und hiergegen ist nichts einzuwenden, aber für die grosse Mehrheit wird nun das Bild selbst Gottheit un dann entsteht Götzendienst. Mimicry und Variabilitat sind jetzt solche Götzen geworden. Versteht man die Erscheinungen der Variabilitat besser und zwar insofern sie nicht nur Ausdrücke der Individualiteit sind, als Aeusserungen des Verlaufes einzelner oder mehrerer selbstandiger Evolutionen, dann folgt daraus auch notwendig dass diese auch durchaus nicht unbestimmt sein können, sondern ihnen bereits eine bestimmte Richtung eigen sein muss, deren Verlauf nun wohl bisweilen durch darauf einwirkende Einflüsse wie die, welche ich geographische genannt habe, z.B., einige Veranderung unterziehen kann, aber sie doch für eine solche, welche lauter auf einem geringen Vorteil für den ganzen Organismus beruhen soll, wie die darwinistische Lehre sich dies vorstellt, ungeschickt macht. Auch ElMER sah dies von seinem Standpunkt bereits richtig ein und erklarte auf Grund hiervon, dass diese Vorstellung von dem ins Unendliche wilden Variieren, welche die unmissbare Basis für die darwinistische Lehre der naturlichen Zuchtwahl bildet, durch seine Orthcgenesis vollkommen widerlegt wird. In der That machen die beiden genannten Einwendungen allein schon das Annehmen der evolutionellen Entwickelung nach der darwinistischen Lehre der natürlichen Zuchtwahl durchaus unmöglich. Jedoch giebt es immer noch haitneckig Glaubige, welche die Richtigkeit der darwinistischen Entwickelungslehre kurzweg unzweifelhaft nennen, aber ein gutes Stiick sind wir doch von der Verblindung entfernt, worin wir uns, wie die auf Seite 276 erwahnten Aussprüche von OsBORN und Krapotkin zeigen, noch vor wenigen Jahren befanden. Was dem letztgenannten unmöglich erschien ist seitdem wiederholt und mit gutem Erfolg geschehen. Zahllos sind ausserdem die von viele Biologen angeführten Beispiele, um zu zeigen wie allerlei biologische Erscheinungen angetrofïfen werden und sich also entwickelt haben, wiewohl sie dem betreffenden Tiere absolut keinen Vorteil gewahren oder wenigstens ursprünglich gewahren konnten, und die demnach durch die natürliche Zuchtwahl nicht erklart werden können, d. h. mit dem Bestehen derselben als Prinzip der evolutionellen Entwickelung in Streit sind. Welchen Nutzen hat das Atrophieren ihrer Flügel für viele Vogelarten gehabt? Es hat bewirkt dass sie grossenteils sehr rasch ausgerottet sind. Welchen Nutzen haben die Farben der Schmetterlinge für diese Tiere, abgesehen von den Fallen, in welchen man sie für Schutzfarben halt? Es giebt viele sehr künstliche Cocons von Lepidopteren, welche die Puppen beschiitzen, aber gerade das Künstliche derselben weist zweifellos auf eine allmahliche Entwickelung in dieser Kunstfertigkeit; welchen Schutz können nun jedoch die erstere noch sehr einfachen Produkte dieser Art wohl den Raupen gewahrt haben? Sicherlich nicht einen so bedeutenden dass sie dadurch im Kampf um's Dasein irgend welchen Vorteil erlangten und demzufolge erhalten blieben. Das Hauptsachlichste, was die Erhaltung von vielen Tierarten verbürgt, ist ihre grosse Fruchtbarkeit, aber wie ist es nun denkbar, dass diese Eigenschaft je durch Zuchtwahl erlangt sein kann? Warum sollen die Jungen solcher Individuen einer Tierart, die nun ein wenig fruchtbarer geworden waren als ihre Stammgenossen, gerade verschont bleiben und dadurch diese Eigenschaft durch Vererbung fortpflanzen oder weiter entwickeln können? Dafür kann solch eine beginnende grössere Fruchtbarkeit doch schwerlich gleich bedeutend genug gewesen sein. Diese Fruchtbarkeit ist übrigens wohl ein Factum das in dem sogenannten Kampf um's Dasein einen Vorteil verschafïft, aber muss sich darum doch nicht entwickelt haben, denn man trift't sie auch an ohne Zusammenhang mit dem Vorhandensein irgendeiner Gefalir. Wölfe, Hunde, Katzen, Schweine sind sehr streitbaro Tiere, sehr gut im Stande auch ihre Jungen zu verteidigen, doch sind sie sehr fruchtbar, viel melir als andere Tiere wie z.B. Hirsche und Rehe, deren Jungen wenigstens viel mehr Gefahr ausgesetzt sind. Ratten und Mause sind ebenso fruchtbar, aber wahrend die letzteren nur als schwache Tiere gelten können, sind die ersteren sehr streitbar; ihre Fruchtbarkeit regelt sich also wohl nicht nach dem Verteidigungsbedürfniss sondern ist die Folge des Charakters der Tierfamilie, zu welcher diese beiden gehören. Noch starker offenbart sich dies bei andern Tieren; Krokodille legen mehr Eier, als viele kleine Eidechsen, und sehr kraftige Fische sind ausserst fruchtbar. Die Eier eines Hechtes schatzt man auf hunderttausend, die eines Wels, Stores, Hausens oder Kabeljaues auf Millionen. Auch bei den Insekten besteht zwischen der Fruchtbarkeit irgend eines Tieres und seiner Wehrbarkeit kein Zusammenhang. Wie die höhere psychische Entvvickelung der unfruchtbaren Formen von Ameisen und Termiten auf dem Wege der natürlichen Zuchtwahl entstanden sein kann, ist stets vollkommen unerklarlich gewesen. Warum ist bei vielen in unterirdischer Dunkelheit lebenden Tieren das Gesichtsorgan atrophiert? Hatte dies auch keinen Nutzen für jene Tiere, es hatte ihnen doch auch nicht geschadet. Zuchtwahl konnte hierbei also nicht auftreten; andere Einflüsse bewirkten dies. Sogar wird, meiner Ansicht nach, irrtümlich künstliche Selektion als der Grund angesehen für die Zunahme der milcherzeugenden Organe bei Rindern, für die Fahigkeit Eier zu legen bei dem Federvieh und für die Bildung einiger bestimmte Eigenschaften besitzende_ Pferderassen. Es ist eine sehr bequeme Behauptung dass dies unbewusst geschehen sein soll, da das Interesse der Züchter es mit sich brachte die besten Tiere zu behalten und zur Fortpflanzung zu benutzen, aber abgesehen von einzelnen hallen ist meist in Europa jede künstliche Zuchtwahl erst eine Errungenschaft der letzten Jahrhunderte; früher wurde dieselbe, wie solches z.B. bei dem Eingeborenen im indischen Archipel noch jetzt geschieht, auch dort wo sich nichtsdestoweniger ausgezeichnete Pferderassen gcbildet haben, giinzlich dem Zufall überlassen. Aber klimatisclie und Nahrungs-Umstande erzeugten trotzdem solche Rassen. Die starke Entwickelung der milchabsondernden Organe bei der hollandischen und friesischen Kuh z.B. ist aucli bei der Bauerin jener Gegenden nicht zu verkennen und auch hierbei kommt cs mir wohl natürlicher vor, an Klima und Nahrung als an Zuchtwahl zu denken. Sogar die Wirkung des fortgesetzten Reizes des Jahrhunderte hindurch fortwahrende starke Melken des Viehes, dem man diese Entwickelung zum grossen Teil zuzuschreiben wohl geneigt sein könnte, scheint also hierbei nicht einmal von grossem Einfluss gewesen zu sein. Sehr sorgfaltig findet man in Nature 28 Febr. 1895 von R. J. Pocock die Entwickelung der verschiedenen Spinnengewebe untersucht; auch diese Studie lehrt sehr deutlich, dass Selektion dabei absolut keine Rolle gespielt haben kann, wie dann auch die weniger entwickelten Formen ebenso gut wie die weiter evolutionierten bestehen geblieben und dabei auch die Korpergestaltungen der Spinnen in Verbindung mit der Zunahme in der Vervollkommnung ihrer Gewebe verandert sind, ebenso also ohne Mitwirkung der natürlichen Zuchtwahl. Und man würde diese Beispiele bis ins Unend( liche ausbreiten können. Ueberall entdeckt das biologische Studium Thatsachen, welche evolutionell entstanden sein müssen, aber gleichwohl unmöglich durch die darwinistische Selektion zu Stande gekommen sein können. Und gut beschaut ist auch die kiinstliche Zuchtwahl, welche bei DARWIN die Vorstellung von der natürlichen aufkommen liefs, nicht, so wie er sie, wohl etwas sanguinisch, aufïfaszte. Eine gründlichere Kenntniss der ersteren fiihrt zu einer ganz andern Einsicht. Wenn man z.B. in dem oben bereits erwahnten Aufsatz von DÜNKELBERG über die britische Pferde- und Vollblutzucht sieht, wie sogar bei solch einer fortwahrend mit der grösstmöglichen Sorgfalt und Genauigkeit getriebenen Zucht doch immer noch eine grosse Anzahl Pferde von ' geringerem Wert erzeugt werden, dann muss man es wohl stark bezweifeln ob durch eine natürliche, ohne Aufsicht, an sich selbst überlassene Zuchtwahl wohl jemals eine irgend wie bedeutsame Auslese zu Stande kommen kann. Eine jahrelange Züchtung unter fortwahrender Auslese bei Kulturpflanzen ^ hat nach de Vries zu derselben Erfahrung geführt. Wie würde jene Lehre dann auch etwas andres als ein Irrtum sein können, da doch ihre Hasis nicht auf 1 hatsachen begriindet ist, sondern nur auf einen losen Gedanken, auf eine Vorstellung, welche, jedesmal wenn man sie genau untersucht, mit den Facta im Streite liegt. Die Lehre von der Zuchtwahl beruht durchaus auf die Annahme von dem sogenannten Kampf um's Dasein. Diese ist jedoch kein tactum ' sondern eine Phantasie; das Bestehen desselben muss ein für allemal verneint werden. Man hüte sich in dieser Hinsicht jedoch vor Verwirrung. Jedes lebendc Wesen, auch der Mensch, hat unstreitig wahrend seines ganzen Lebens mit Schwierigkeiten zu kampfen und dies wird nun im taglichen Leben mehr oder weniger poëtisch der Kampf um's Dasein genannt. Dass diese Schwierigkeiten wirklich existieren und dass dagegen ein gewisser Kampf zu führen ist, will ich nun absolut nicht bestreiten, aber man verwechsele dies nicht mit demselben Ausdruck, wie derselbe in wissenschaftlichem biologischen, speciell darwinistischen Sinn gebraucht wird. Es ist wahr, darw1n selbst umfasst auch alle jene Schwierigkeiten im Allgemeinen unter demselben Ausdruck. üarwln besass jedoch wohl ein kraftiges und helles aber kein geschultes ✓ Denkvermogen, scharf logisch war er nicht. Wiewohl er die Selektion als das algemeine Prinzip, als das Naturgesetz, annimmt, wodurch die organische Entwickelung beherrscht wird, findet er offenbar jedoch keine Schwierigkeit auch anzunehmen, dass doch in verschiedenen Fallen diese Evolution nicht durch Zuchtwahl zu Stande kommt, alsob eine derartige Ausnahme mit solch einem allgemeinen Prinzip, mit solch einem Naturgesetz, vereinbar ware. Wie er ausdrücklich jede bewusste Regelung bei dieser Evolution verwirft, aber dieselbe thatsachlich doch wieder auftreten lasst, sahen wir bereits oben. Und so ist es nun auch mit dem jetzt gemeinten Ausdruck, er ist zweideutig. Abei dies ist dann doch sicher dass darwin allen den obenerwahnten Schwierigkeiten nicht den echten, darwinistischen, Selek- tionswert zuerkennt, und dass sie deshalb für die Bedeutung seines biologischen Systems keinen Wert haben. Als derartig lautet die darwinistische Lehre also: Es werden mehr lebende Wesen geboren als die Anzahl für welche die zu ihrem Leben und ihrer Entwickelung erforderliche Nahrung und im Allgemeinen der Raum und Gelegenheit vorhanden sind, sodass ein Teil derselben zu Grunde gehen muss um dass Fortbestehen der übrigen zu ermöglichen, demzufolge entsteht unter diesen Wesen ein Wetteifer oder Kampf zur Erlangung dessen, was für sie nötig ist, in welchem die starksten — oder wie dies spater modificiert ist — die Tüchtigsten — spater noch ferner im allgemeinen zum Passendsten ausgebreitet — allein bestehen bleiben und die übrigèn untergehen. Uiesen Streit nun nennt der Darwinismus den Kampf um's Dasein, diese scharfe Auffassung bezüglich der Wechselwirkung der Organismen, welche mit Elimination der weniger Passenden endigen muss und dies Auswahlen der Tüchtigsten heisst die Naturselektion. Ohne jenen Kampf also keine solche Zuchtwahl und wenn der erstere nicht in aller seiner Scharfe anerkannt werden kann, hat auch die Theorie der natürlichen Zuchtwahl keine Existenzberechtigung, und verlieren, welche Betrachtungen auch von ihrem Standpunkt aus angestellt werden, dieselben notwendigerweise jeden wissenschaftlichen Wert. Man verzeihe mir diese Abschweifung, welche für Sachverstandige sicher wohl unnötig erscheinen mag, aber bei der erschreckenden Verwirrung in der biologischen Litteratur in dieser Hinsicht und der sich immer wieder zeigenden Neigung um diesen logischen Zusammenhang aus dem Auge zu verlieren, halte ich es doch nicht für überflüssig, darauf hinzuweisen. Dass der grösste Teil der lebenden Wesen zu (irunde geilt, bevor sie ausgewachsen sind und solches vielfach durch Zuthun direkt oder mittelbar von andern Wesen, dass die ausgewachsenen noch meist auf dieselbe Weise umkommen, ist sicher nicht zu bezweifeln. Aber eine andere Frage ist es ob die Art, das Wesen, dieser Thatsache, welche immer in welcher Gestalt auch diesen Prozess beherrscht, den Charakter eines Streites oder Wettkampfes besitzt, oder der Kampf nur eine hin und wieder vorkommende Form desselben ist, in welcher sie sich bisweilen offenbart. Um dies zu beurteilen, muss untersucht werden ob die Behauptung wahr ist, dass das Resultat dieses Prozesses in der That dasjcnige ist was angenommen wird, dass dadurch niimlich die Starksten oder Tüchtigsten bestehen bleiben, und die anderen zu Grunde gehen. Ist diese Behauptung wahr, so muss sicherlich die Ursache davon ein Wettkampf, ein Streit, sein; ergiebt es sich jedoch, dass dies unrichtig ist, dann folgt daraus dass aus diesem Prozess keine Selektion entsteht und dass er demnach auch nicht den Charakter eines Wettkampfes besitzen kann; dass also, auch wenn im seinem Verlauf nur ein Teil der daran unterworfenen Wesen bestehen bleibt, dies andern Gründen, einem andern Wesen desselben, zugeschrieben werden muss, aber nicht die Folge der Herrschaft eines Naturgesetzes sein kann wie des darwinistischen Kampfes um's Dasein. Nunwohl, jede unparteiische Beobachtung lehrt dass wohl sicherlich ein gewisses Maas von Tiichtigkeit, eine gewisse Lebensfahigkeit, für das Fortbestehen eines jeden Wesens unter bestimmten Zustanden unvermeidlich erforderlich ist, aber dass es darum noch keineswegs wahr ist dass gerade meist die Tüchtigsten, oder gar diese allein, bestehen bleiben. Was die Tiere betrifft, ist es allerdings schwierig mit Sicherheit solche Arten anzuweisen aus welcher sich ofïfenbar eine andere entwickelt haben muss, aber welche, wiewohl dann diese letztere nach der darwinistischen Annahme demnach die tüchtigere war, nichtsdestoweniger daneben doch bestehen geblieben sind. Denn wohl findet man das Entstehen einer solchen Scheidung deutlich bei der Bildung der Rassen wieder und glauben viele, wie auch ich, dass solch eine Rassenbildung nichts anders als der Anfang einer Artbildung ist, doch bei alledem ist dies wissenschaftlich auch nicht bewiesen und iiberdies mit der hier zu behandelnden Frage selbst so innig zusammenhangend, dass ein in dieser Hinsicht daraus geschöpftes Argument ofïfenbar eine petitio principii enthalten würde und demnach hier nicht brauchbar ist. Und nicht lcicht kann man übrigens dies bei guten Arten wiederfinden, und das gerade weil ja, nachdem die Individuen, welche dann, wie man annahm, am Tüchtigsten waren, den andern evolutionell vorauseilten, die übrig gebliebenen nicht nur nicht zu Grunde gingen, sondern sogar bestehen bleibend doch veranderten, und darum ebenfalls evolutionell fortgeschritten sind, nur in einer andern Richtung und bisweilen hinsichtlich andererOrganismuseinheiten als derjenigen, welche sich bei den erstgenannten besonders entwickelten; sodass in der That der ursprüngliche Stanim in seiner früheren Form nicht mehr besteht, wiewohl er doch keineswegs zu Grunde gegangen ist. Man kann gleichwohl unanfechtbare Arten anweisen, bei denen diese Scheidung auch noch vor verhaltnismassig kurzer Zeit stattgefunden haben muss und sich nicht nur sehr deutlich erkennen lasst, sondern bei. vvelcher zum Teile sogar noch die alte Form bewahrt geblieben ist. Man trifft sie bei den Lepidopteren, einer Tierordnung, deren Studium zum richtigen Verstehen der evolutionellen Veranderungen aussergewöhnlich geeignet ist. Durch die iiusserst grosse Verschiedenheit in Farbe und Zeichnung, welche ihre Flügelflachen, darum mit Recht schon eine zoologische Landkarte genannt, bei ihren zahlreichen Arten zeigen, und welche sich obendrein noch vielfach nach Rassen und sexuell unterscheiden, wird es doch möglich und verhaltnismassig leicht das Wesen dieser Unterschiede nachzugehen und führt dies dann den ernsthaften Beobachter — denn das verhaltnismassig Leichte hierbei kann gleichwohl noch die in dieser Hinsicht meist gebrauchliche Oberflachlichkeit und Mangel an Kenntnis und Studium nicht ersetzen — zu der Erkenntnis, dass auch diese Unterschiede ofifenbar evolutioneller Art sind. Ein Resultat allerdings eigentlich das einzige, welches nach verstandigem und wissenschaftlichem Urteil zu erwarten ist — mit Recht sagte doch schon Weismann, dass den Farbenunterschieden der Schmetterlinge keine andern Ursachen zu Grunde liegen als den Formverschiedenheiten im engern Sinne — aber dass nichtsdestoweniger von den meisten jetzigen Naturforschern, weil sie diese nur durch specielle Uebung zu erlangende Kenntniss nicht besitzen und die durch ausschliessliche Bücherweishcit nicht ersetzt werdefi kann, nicht verstanden, und was noch arger ist, mit einer gewissen Einbildung von oben herab ignoriert wird. Man begegnet hier namlich stark dem nachteiligen I'.influss des Umstandes dass die meisten Zooiogen in der Wirklichkeit jetzt hauptsachlich ausschliesslich Anatomen sind, im Uebrigen, und speciell was die Morphologie betrifitt, aber nur eine wenig tiefgchende Kenntnis besitzen, und dieser darum — da jeder geneigt ist seine eigene Specialitat fiir die Höchste zu halten — wenig Aufmerksamkeit schenken und wenig Wert zuerkennen. Doch ist für das Studium der Evolutionslehre die Kenntnis der Formen, sowohl ihrer Entstehung als auch ihrer Umgestaltung, die Hauptsache und absolut unentbehrlich; sicher muss sie auch der Anatomie Rechnung tragen und in gewissem Sinne sich auf dieselbe stiitzen, aber doch tritt diese dabei nur als Hülfswissenschaft auf. Zur Beurteilung etwas verwickelter Fragen evolutioneller Art ist er, der in der Morphologie nicht viel melir als Eaie ist, nicht die befugte Person; so hat dann auch z.B. gegen den Unsinn der Mimicry weder die Anatomie noch die Physiologie, ebenso wenig wie irgendwelche physische oder chemische Kenntniss, ja sogar wie die sogenannte experimentelle Entomologie, etwas anzuführen gewusst. Doch gilt hier auch wohl dasjenige, was man vom Menschen sagt, dass man ihm nach seinen Werken und nicht nach sein Worten beurteilen muss. Fleischmann offenbart sich in seinem Werk ,I)ie Descendenztheorie* als ein besonders starkes Beispiel von dieser Anatomeneinseitigkeit. Er ist offenbar ausschliesslich Anatom, so stark sogar, dass nicht allein alle von ihm angeführten Beispiele und Argumente ganzlich auf dieses Gebict beschrankt bleibcn, sondern dass er sogar nicht zu vermuten scheint, dass auch in dem biologischen Studium und in der Morphologie hinsichtlich der lebenden liere zahlreiche und sehr kraftige Gründe für die Descendenzlehre — nicht jedoch mit dem Darwinismus zu verwechseln — enthalten sind. Wo nun gleichwohl jene Kenntniss erlangt ist, muss dann auch die Wichtigkeit erkannt werden der Worte mit welchen WE1SMANN bereits vor tnehr als 25 Jahren das Vorwort Reiner Studie „ Ueber den Saison-Dimorphismus der Schmetterlmge" beendigte. „Ich hoffe von Neuem zeigen zu können, was vor mir schon Andere (wallace, Bates, üarwin) bewiesen haben, dass auch so unscheinbare Einzelheiten wie kleine Schwankungen in Farbung und Zeichnung eines Schmetterlings, unter Umstiinden uns zur Erkenntniss allgemeiner Gesetze führen können". In der That lasst diese Studie, ernst und mit der erforderlichen Kenntnis behandelt, in jener Veranderungen eine Anzahl von wiederholt wiederkehrenden stets denselben Charakter besitzende Erscheinungen erkennen, welche so diesem evolutionellen Prozess eigentümlich sind, und welche, einmal bekannt, auch wieder andern evolutionellen Prozessen von Formveranderung und damit das VVesen der Evolution selbst verstehen lassen. Wenn z.B. Plate bei all der Belesenheit, welche er bei der Bearbeitung seiner Abhandlung über „die Bedeutung und Tragweite des darwinistischen Selektionsprinzips" zur Schau steilte, auch von dem von mir veróffentlichten Aufsatz über die Farbenevolution der Pieriden die nötige Kenntnis genommen hatte, dann würde er bei dem Bericht dass Oudemans im Jahre 1899 auf die interessante „Ausnahme" aufmerksam gemacht hat, dass bei Ocneria dispar L. eine Kastration der Raupen der secondaren sexuellen Charaktere nicht im Geringsten beeintriichtigt, wohl gewusst haben dass in diesem Fall von keiner Ausnahme die Rede ist, sondern diese in der That sehr interessanten Experimente von Oudemans einfach die Bestatigung liefem von einer bereits durch meine Untersuchungen über die arbenevolution der Pieriden sich ergebenden Thatsache. Hiervon namlich dass, wie allgemein diese Auffassung auch verbreitet sein rnöge und dann auch z.B. auf die aus den Experimenten von Standfuss angeblich erhaltenen Resultate einen starken Einfluss ausgeübt hat, es doch nichts andres als ein Irrtum ist, dass der Farbendimorphismus bei den Lepidopteren irgend etwas mit dem sexuellen Leben zu machen hat und also zu den secundaren sexuellen Charakteren gehort. Und dann würde er auf dieser Kenntnis weitergehend vielleicht auch die VVertlosigkeit vieler der Dummheiten einsehen gelernt haben, welche auf dem Gebiet der sogenannten sexuellen Zuchtwahl ausgesprochen sind und die in ihm auch stets solch eincn Glaubigen finden. Wenn FLEISCHMANN diese Kenntnis besessen hatte, würde er auch mit einem guten Teil der evolutionellen Uebergangsformen bekannt gewesen sein, aus deren Mangel er der Paleontologie solch einen Vorwurf macht und ihren Wert zum Beweise der organischen Evolution verwirft. Gegenüber der ebenso zahlreichen wie unwiderleglichen Beispiele davon in meinen Studiën hinsichtlich der Sphingidenraupen angeführt, würde er die Thatsache dass sich in der Ontogenese die Phylogenese wiederholen kann und daraus das Prinzip der evolutionellen Entwickelung der Tierformen deutlich hervorgeht, nicht so absolut haben verwerfen können, wie er das in seinem Werk „die Descendenztheorie" thut; nicht dabei haben bleiben können, dass die Formenreihe der Keimesgeschichte keine wirklichen Vorfahrenstadien wiederholen kann ; wiewohl dann auch bezüglich des sogenannten HAECKELschen biogenetischen Gesetzes ebenfalls viel Uebertreibung aufgetreten sein mag und auch die Naturgesetzliebhaberei dabei gespukt haben kann. Wo die Lepidopterologie so deutlich nicht nur auf allerlei Uebergangen zwischen Arten und Genera hinweist, sondern sogar, wie ich oben bereits mitgeteilt habe, den Uebergang dieser Ordnung in die der Dipteren so höchstwahrscheinhch macht, tritt für das Bestehen von allerlei solchen Uebergange auch zwischen Klassen, aus deren Fehlen FLEISCHMANN seine starkste Argumentation schüpft, eine so grosse Wahrscheinlichkeit auf, und bekommt dadurch dann auch das Bestehen solcher Tiere, wie Archaeopteryx mit Kennzeichen von zwei Klassen so viel Gewicht, dass es nicht mehr schatzenswertes auf den Vordergrundtreten von Exaktheit in der \\ issenschaft heissen darf sondern ein Mangel an logischer Denkkraft, das Bestehen dieser Uebergange als etwas ganzlich in der Luft Schwebendes zu beschauen und nicht als eine höchst wahrscheinliche Hypothese, auf dem gegenwartigen Standpunkt der Wissenschaft sehr annehmbar — und mehr wird doch auch davon durch die Wissenschaft nicht behauptet. Auch die Artbildung ist auf diesem Wege in gewissem Masse wirklich für die Wahrnehmung erreichbar. Sehr bemerkenswert wird namlich der Wert dieser Studiën vergrössert durch den Umstand dass auch die Larven dieser selben Insekten sich so sehr durch Farbenund Formenreichtum unterscheiden und dabei in einer grossen Anzahl sehr kennbarer Hautungen feste embryologische Stadiën zeigen, welche die ontogenetische Vergleichung und damit das phylogenetische Studium dieser ürdnung ebenfalls aussergewöhnlich erleichteren. Durch Benutzung dieser verschiedenen Hülfsmittel können doch auch I-alle von Artbildung, wie ich oben meinte, deutlich verstanden werden, und kann dabei in gewissem Masse das Bestehenbleiben der ursprünglichen Form angewiesen werden. In meiner früheren Studie iiber die Farbenevolution bei den 1 ieriden liabe ich bereits auf Schmetterlinge verschiedener Genera dieser 1-amilie hingewiesen, bei denen dies zu beobachten ist. Callidryas Scylla i„, ist eine mit C. Pomona F., sehr nahe verwandte aber von dieser doch deutlich specifisch getrennte Art, neben ihr in vielen indo-australischen Gegenden lebend, aber sich doch niemals mit ihr vermengend, und wiewohl keineswegs selten doch nicht soviel vorkommend wie die letztere; auch nicht wie diese die zahllosen Schwarme bildend, die sich dort haufig zeigen. Auch scheint die erstgenannte, was die evolutionelle Veranderung ihrer Farbe betrifift, sich jetzt in einer Periode von Epistase zu befinden, da dieselbe bei jedem der Geschlechter, wiewohl die unter einander verschieden sind, sehr konstant ist; bei C. Pomona F. ist sie jedoch sehr viel weiter fortgeschritten, sodass dieser Schmetterling dann auch einen starken Farbenpolymorphismus zeigt, der ausserdem in den Individuen noch viel variïert, wovon eine Form (Catilla CRAM.) jedoch noch der 1 arbe von C. Scylla L. sehr nahe kommt und deshalb zweifellos die alteste ist. Uebrigens steht die Farbe von C. Scylla L. noch wesentlich dichter bei Rot, welche die ursprüngliche I aibe der Schmetterlinge gewesen sein muss, und darf diese Ait darum für die alteste Form gehalten werden. Wie nahe verwandt auch, beide Arten sind also deutlich getrennt; aber wie ist es nun mit den Raupen ? Von diesen, von welchen ich auch diejenigen von C. Scylla L. nur auf einer Pflanze > fand aber die der andern Art ausser auf derselben auch auf verschiedenen andern, ist die von C. Scylla I,. auch wieder stets gleich dunkelgrün gefarbt, aber sind die von C. Pomona F. auch polymorph in der Farbe, gleich stark wie die Schmetterlinge von derjenigen der andern Art abweichcnd, es kommen jedoch unter diesen Raupen nun bisweilen auch noch solche vor, welche den Raupen der erstgenannten Art vollkommen gleich sind. Dabei ist also offenbar die alte, ursprünglich beiden Arten eigene, Form noch erhalten geblieben, und weist auch thatsachlich die friihere Einheit gerade so an, wie sie sich für denjenigen, welcher mit den Erscheinungen der Farbenevolution bekannt ist, durch Vergleichung ableiten lasst; aber dabei auch die Thatsache, dass, wie aussergewöhnlich tüchtig die abgetrennte Art auch sein moge, was auch durch die viel grössere Verbreitung, die sie erlangt hat, bestatigt wird, die alte Form bei alledem doch in sehr gutem Zustande bestehen geblieben ist, wiewohl allerdings nur was die Raupen betrifift noch ganz unverandert; die Schmetterlinge von C. Scylla L. sind doch oflenbar evolu- f tionell auch schon verandert, obschon auf eine andere \\ eise als die von C. Pomona F.. Dasselbe lasst sich beobachten bei Terias sari HORSF. und T. Hecabe L., ebenfalls auf Java und den benachbarten Gegenden sehr gewöhnliche 1' alter. Die Schmetterlinge dieser beiden Arten sind gleichfalls sehr verwandt, aber bei alledem auch vollkommen getrennt; wiewohl neben einander lebend vermengen sie sich nicht; der erstere ist obschon keineswegs selten doch auch durchaus nicht so gewöhnlich und überall vorkommend wie die andere, welche vielleicht der gewöhnlichste Schmetterling auf Java ist. Der erstere unterscheidet sich nun jedoch von dem letzteren nur noch durch den Umstand, dass bei ihr die Evolution der Farbe eine besondere Richtung eingeschlagen hat. Wahrend namlich die ursprüngliche rote Farbe bei beiden im Allgemeinen bereits zu hellgelb verblasst ist, sind einige nicht so stark verblasste und darum noch braunlich gefarbte Ueberbleibsel dieser alten Farbe, welche noch auf der Lnterseite vorhanden waren, dort bei ihr zu einem grossen koncentrierten braunen Fleck an der Hügelspitze der \ order- flügel zusammengedrangt und, vcrmutlich mit etwas Schwarz vermengt, scharf von dem Gelb abgcschieden. Ein Prozess der Farbenveranderung namlich ganz übereinstimmend mit dem, was auch bei andern Schmetterlingen zu beobachten ist. Solch ein Zusammendringen von Ueberbleibseln der alten Farbe zu einem grossen brauen Fleck, wo dieselbe im Allgemeinen bereits zu Gelb verblasst ist, trifft man z.B. ebenfalls bei den obenerwahnten sonst polymorphen Form Catilla CRAM. von Callidryas Pomona F. an und zwar in einigen Rassen noch sehr viel von dem ursprünglichen Rot enthaltend, dort jedoch auf einer andern Stelle der Flügelflache; wahrend dagegen das Aufdringen und Koncentrieren solcher pigmentalen Ueberbleibsel nach der Flügelecke auch wieder bei andern Schmetterlingen wie z.B. im Genus Hebomoia HB. vorkommt. Und nachdem dieser Prozess nun bei T. sari HORSF. statt gefunden hat, ist bei dieser Art ebenso wie bei der obengenannten C. Scylla L. Epistase eingetreten; ihre Farbenzeichnung ist jetzt sehr konstant. Aber bei T. Hecabe L. hat dieser Veranderungsprozess nicht stattgefunden; bei ihr sind dieselben Relikte auf der Unterseite noch überall hier mehr dort weniger in kleinen Fleckchen zerstreut und allmahlich verschwindend; bei einigen Individuen zeigen sie wohl offenbar auch eine grosse Neigung um sich dort in der Nahe der Flügelspitze zu grosseren Flecken zu vereinigen, aber zu einer wirklichen festen morphologischen Veranderung ist dies nicht gekommen. So ist also der Unterschied zwischen beiden Arten wohl nicht zu leugnen, aber doch sehr gering und kann darum offenbar verhaltnismassig vor nicht langer Zeit entstanden sein. Und was zeigen uns nun die Raupen ? Ebenso wie die soeben besprochene fand ich sie auch auf derselben Pflanze; aber die der noch in dem Zustand fortschreitender Farbenevolution sich befindenden Art T. Hecabe L. überdies auch noch auf andern Gewachsen, wahrend beide Raupen sich allein darin unterscheiden, dass die Farbe des Kopfes der Raupe von T. sari HORSF. stets dieselbe grüne Farbe hat wie der Körper aber die von T. Hecabe L. meist viel dunkier ist, beinahe schwarz aussehend, welche Verdunklung jedoch ihr in ihren ersten Stadiën noch nicht eigen ist, zu welcher Zeit sie vollkommen mit derjenigen der andern Art übercinstimmt, sondern die sic erst spater und in der Regel bei der letzten Hautung erlangt; das ist also als Artkennzeichen, als beide 1'alter bereits getrennt verschiedene Arten bildeten und bei '1\ sari HORSF. nach jener Scheidung Epistase eingetreten war, wahrend bei T. Hecabe L. der Verlauf der Farbenevolution nicht unterbrochcn vvurde. Aber so ist dann auch hier die 1 hatsache dass beide Schmetterlinge dcmselben Stamme entsprossen sind deutlich, und daneben auch, dass, was die Raupen betriftt, die alte I-orm doch bei der ersteren noch unverandert bestehen geblieben ist. Ich habe hier etwas ausführlich werden müssen. Denn ist auch für viele Naturforschcr die Uebersicht, welche uns die ganze jetzt bestehende und friiher gewesene Tierwelt mit ihren zahllosen, noch immer neben den hochentwickelten weiterbestehenden, primitiven Formen bietet, in jeder Beziehung geniigend urn durch Ueberlegung zu derselben Schlussfolgerung zu kommen und so das Untergehen der sogenannten weniger tuchtigen Arten verwerfen zu lassen; es giebt doch auch noch Menschen, welche solche sichtbaren Beweise nötig haben um das Fortbestehen von alten, nach der darwinistischen Auffassung deshalb weniger tuchtigen, Arten neben den höheren daraus entsprossen, erkennen zu können. Darum hielt ich es für nötig, die erwahnten wohl nicht bekannten Thatsachen mitzuteilen. Was die Pflanzen betrifift, kann ich hier weisen auf dasjenige, was von einer so befugten Seite wie von H. POTONIÉ in der Naturwissenschaftlichen Wochenschrift vom 24 Febr. igoi unter dem Titel „ Uebcr die durcli PJlanzenfossilien gegebenen Belege für die fortschreiten.de höhere Organisation der Pflanze" zu lesen ist. VVenn zwei Organismen, sagt dieser Gelehrte, zusammenleben, steht der eine zu dem andern in ausserem Verhaltniss wie z.B. jeder zur Luft, zum Boden, zum Wasser, u. s. w.. So üben sie auf einander Einfluss aus z.B. dadurch, dass sie einander gegenseitig eine Menge Licht oder Wasser entziehen — ich füge hier bei, dass so der eine dem andern auch besonders günstige Sachen, Schatten z.B., Stütze und sogar Nahrungsstoff verschaffen 24 kann — und werden also zu ihrem eigenen Bestehen nötig haben, sich gegenseitig an einander anzupassen. Und dies wird am Besten gehen, wenn jeder seine Lebensbediirfnisse in der Weise modificieren kann, dass jeder von beiden nicht gerade dieselben Bedürfnisse hat. So geschieht es dann auch; sie passen sich einander an, dadurch dass sie sich selbst verandern. Hierdurch wird das Bestehen einer grosseren Anzahl Wesen möglich, aber dies geschieht dann nicht durch die Vernichtung der zuerst bestehenden, einfacheren, Organismen. Diese bleiben auch bestehen und so ist dann auch die Thatsache dass jetzt noch neben den höher organisierten spater entstandenen Formen auch die alteren, einfacheren, bestehen geblieben sind der Beweis dass die ersteren nicht durch die Vernichtung der letzteren entwickelt sind. Die höhere Organisation weist deutlich nicht auf eine bessere Lebensfahigkcit gegenüberden niederen Organismen, denn diese bestehen ebenso gut, sondern ist offenbar entstanden, weil auf diese Weise für eine grössere Anzahl Individuen Gelegenheit zur Existenz geboten wurde, weil sie nicht alle dieselben Bedürfnisse mehr hatten und deshalb auf dieselben Existenzmittel angewiesen blieben. Also Evolution ohne Kampf um's Dasein, aber dann auch ohne Zuchtwahl, d. h. nicht in Uebereinstimmung mit der darwinistischen Theorie. Eigentlich ist sogar die Vorstellung alsob in einem derartigen allgemeinen Wettstreit das davon die Vernichtung der Unterliegenden die Folge sein muss, allein die Tüchtigsten übrig bleiben sollten, bereits ganz unrichtig gedacht. Wenn ein solcher Kampf zwischen zwei Wesen stattfindet, bleibt sicherlich allein das starkere übrig, aber wenn viele mitstreiten, geht es ganz anders zu. Man denke sich z.B. einen Billardkonkurs zwischen 24 Personen, welche zu zwei und zwei eine Partie spielen und dann die Gewinnenden wieder untereinander. Nach dem ersten Streit werden dann 12, nach dem zweiten 6, nach dem dritten 3 Spieier übrigbleiben. Aber werden diese drei nun die besten Spieier sein? Der allerbeste wird vermutlich darunter sein, falls er namlich kein besonderes Unglück gehabt hat, denn auch das spricht mit, aber die beiden andern brauchen in der Tüchtigkeit durchaus nicht auf ihn zu folgen, weil immer der zweite odcr dritte Spieier bereits in den zwei ersten Serien jcdesmal zufallig mit dem ersten zusammengekommen sein können, und dann von ihm besiegt vom weiteren Kampf ausgeschlossen waren, wahrend sie sclbst auch wieder einige der Besten unschadlich gemacht haben können. Und je grösser die Anzahl der Konkurrenten ist, desto starker wird sich dies zeigen. Ueberdies können in solch einem allgemeinen Wettstreit, wie hier die Rede ist, allerlei zufallige Umstande einen im übrigem Schwachern oder weniger Tuchtigen zeitweise so bevorteilen dass er den Sieg erringen muss, und kommt es auch vor dass Vereinigungen von Individuen auf diese Weise dem individuell viel Starkeren übermachtig werden und dadurch die Schwachern Sieger bleiben, wodurch dann diese weiter fortbestehen bleiben und die Starkeren untergchen müssen. Wenn grosse Schwarme Heuschrecken in irgend einer Gegeild alle Pflanzen vernichten, so sehr selbst, dass einige derselben dort ganzlich ausgerottet werden, dann folgt daraus ebensowenig als wenn dasselbe in Folge des Ausbruches eines Vulkanes stattfindet, dass solche Pflanzen nicht sehr geeignet waren um an jener Stelle zu leben. Wenn, wie in dem letzten südafrikanischen Krieg, eine Nation durch eine überwaltigende Uebermacht, durch versteckte Hülfe von Anderen, durch den Besitz von Hiilfsmitteln, welche zufalligeiweise der andern Partei nicht zur Verfügung standen, und dann nur noch durch aufsergewöhnliche und langwierige Anspannung die Bewohner einer bestimmten Gegend zu besiegen und ihres Landes zu berauben weiss, dann beweist dies keineswegs dass die Glieder dieser Nation individuell, körperlich oder geistig, kraftiger sind, als die Besiegten oder befiihigter um in diesem Land zu leben und sich zu entwickeln, sondern gerade das Gegenteil. Sogar stimmt diese These nicht, wenn man die Nationen in ihrer Gesammtheit einander gegenüber stellt. Der Heuschrecken-Erfolg des grosseren Staates veranderte nichts an der Thatsaclie dass die überwundenen kleineren gezeigt haben doch eine sehr grosse innere Lebenskraft zu besitzen, viel starker als man je gedacht, und die so ein Wiederaufblühen, sei es auch unter veranderter staatlicher Form keineswegs unmöglich macht, wahrend bei dem grosseren clagegen solch eine innerliche Faulniss sich zeigte, dass ein grosser Verfall dieser Macht in verhaltnissmassig kurzer Zeit für gar nicht unwahrscheinlich gehalten werden muss. Es hat iibrigens gar keinen Sinn von den für diesen Streit Tüchtigsten zu sprechen, da solch eine Tüchtigkeit als eine Folge der oben ad III schon besprochenen selbstandigen Entwickelung der verschiedenen Fakultaten nicht aus einer einzelnen, sondern aus einer Vereinigung von vielerlei Eigenschaften bestehen müsste, die unmöglich alle gerade bei demselben Individuum in der höchsten Entwickelung vorkomnien können, sodass die Tüchtigkeit eines Jeden nur verhaltnissmassig sein muss, durch die anderer Individuen in vielen andern Hinsichten übertrofïfen; und es dann von allerlei wechselnden zufalligen Umstanden, die sich also bei den verschiedenen Individuen auch nicht in gleicher Weise zeigen werden, abhangen muss, welche Tüchtigkeit im Augenblick auf einer bestimmten Stelle die grösste ist. Solch ein verhaltnissmassiges und beschranktes Uebergevvicht vvird dann jedoch sicher nicht bewirken können dass dadurch einige Individuen besser bestehen bleiben als andere. Wenn z.B. von vielen Pflanzen in einer kalten Winternacht ein Teil erfriert aber die übrigen leben bleiben, ist es sicherlich sehr bequem mit einem Schlagwort zu erklaren dass dies daher kommt dass die letzteren vviderstandsfahiger waren; aber darum ist dies noch nicht einmal sicher und hat auf jeden Fall sehr wenig Bedeutung. Ein kleiner Schutz gegen den die Kalte vergrössernden Wind kann schon genügend sein urn einigen dieser Pflanzen das Leben zu retten und dieser kann bereits durch scheinbar sehr unbedeutende Umstande, z.B. dadurch dass einige Pflanzen etwas höher wachsen als die andern, für die letzteren entstehen. Auch ist jede Pflanze, wie jedes Lebewesen, stets in einem Zustand von Veranderung und kann darum auch ihre Widerstandskraft an einem Tage grosser oder geringer sein als an andern; ist demnach auch bei nebeneinander wachsenden Pflanzen dies Vermogen nicht bei jeder vollkommen dasselbe; und wie klein auch diese Unterschiede sein mogen, sie können in einem derartigen Fall über Leben und Tod entscheiden. Auch der Mensch ist heutc lüiufig nicht ebenso empfanglich fiir gewisse Krankheiten wie gestern oder morgen. In der menschlichen Gesellschaft, auf welche solch ein allgemeines Naturgesetz unbedingt auf dieselbe Weise einwirken müsste, ist dann auch kein Schimmer \on jener Selektion hinsichtlich der Tüchtigkeit, in welchem Sinn man es auch aufïfassen moge, zu verspiiren. Sicher giebt es nicht wenige, welche auf einem günstigen Standpunkt stehend dies gerne nach jener Theorie legitimieren wollen und sich selbst dabei, ungefahr auf dieselbe Weise wie dies mit Beziehung auf das göttliche Recht der Fürsten gelehrt wird, ein Zeugniss natiirlicher Tüchtigkeit verleihen; auch bezügüch der Rassen oder zu andern politischen Zwecken wird davon wohl auf diese Weise Gebrauch gemacht; aber es ist alles unwahr. Zur Erlangung einer Existenz ist die individuelle Tüchtigkeit auch in der Gesellschaft wohl von einiger Bedeutung — weil wie oben gesagt wurde eine gewisse Lebensfahigkeit immer nötig ist — aber zum Bekommen einer besseren Position, zur Erreichung von Ansehen, Macht, Einfluss, Vermogen oder sogar Berühmtheit ist diese individuelle Eigenschaft nur ein ziemlich unbedeutender Faktor, Zufall von allerlei Art spielt darin bei weitem die Hauptrolle; wo Zuchtwahl auftritt ist es diejenige des Zufalls. Und so ist es auch anderswo in der Natur. Ebenso unrichtig ist auch die Behauptung, dass diese Lehre nicht gelten würde, wenn man sie als einen Wettstreit zwischen den Individuen aufïfasst aber wohl mit Beziehung auf die Masse — oder nicht als Streit zwischen den Einzeltieren aber wohl zwischen den Arten — denn dass dann doch der Durchschnitt der Ueberlebenden tüchtiger sein würde, als die, welche untergehen. Diese Behauptung halte ich für nichts andres als einen Versuch um die darwinistische Lehre gegen die überwaltigenden Beweise ihrer Unrichtigkeit zu verteidigen, was wiederum sich absolut nicht auf Thatsachen stützt. Was für das Individuum gilt muss hier doch auch wahr sein für die Art, denn auch diese ist ja doch wohl systematisch aber keineswegs in biologischen Sinn eine in sich abgeschlossene Einheit. Dagegen gelten alle die Beschwerden, welche gegen das Bestehen bleiben der Tüchtigsten im allgemeinen angeführt sein ebenso sehr; vor allem jedoch dies dass in der That überhaupt kein Wettstreit in dieser Beziehung stattfindet sondern eine grösstenteils durch den Zufall zu Stande kommende Fügung Alles, auch das Ueberleben und das Zugrundegehen, beherrscht. Natürlich gehen auch in diesem Punkt, wie überall im Darwinismus, die Fanatiker damit durch. Von den zahllosen Luftwurzeln der Ficnsatten sagt Massart (Un botaniste en Malaisie) kommen nur einige zu ihrer Bestimmung und natürlich die besten; er ermangelt aber anzugeben, worin dann vvohl die besseren Eigenschaften bestehen können um nicht von Tieren oder auf andere Weise / vernichtet zu werden; es ist nichts anderes als Nachschwat- zerei. Basset soll es noch schoner machen. In einem Aufsatz Slavery and Servitude in the Colony of Nortli-Carolina (Johris Hopkins Univ. Studies in Hist. and Political Sc. Studies i^th. Series IV—V) erzahlt er namlich dass man in Carolina zuerst Indianer in Sklaverei gebracht, und auch weisse Sklaven (geraubte Kinder u. s. w.) aus England für den Landbau gebraucht, aber dass man allmahlich nach 1671, als Sklavenausfuhr aus England verhindert wurde und man die Erfahrung machte dass schwarze Sklaven billiger waren, ausschliesslich schwarze Sklaven hielt. Und dies nennt er, weil doch die starkere Widerstandskraft, die grössere Ergebenheit und Arbeitskraft des Negers die andern Sklaven verdrangte, das Ueberleben der Tüchtigeren. In einer Schlacht sind dann auch die Soldaten, welche fallen oder verkriippelt werden, sicher die weniger Tüchtigen; und wenn von einem indischen Archiv nach Verlauf von ein paar hundert Jahren nur noch eine kleine Anzahl Schriften von historischem Wert den Kampf gegen Feuchtigkeit, Termiten, Feuer, Diebstahl u. s. w. haben bestehen können, dann sind es sicher die besten Stücke die erhalten geblieben sind. Bereits an einer andern Stelle habe ich darauf hingewiesen wie thöricht es den Naturforschern spaterer Zeiten vorkommen wird, wenn sie sehen wie man jetzt das Fressen des Grases von einer Kuh, als einen Kampf um's Dasein zwischen dem Gras und der Kuh auffasste. Oder das Ver- haltnis zwischen dem Mcnschen — nötigenfalls dem Uebermenschen — und dem Floh. Oder wie ich kürzlich las, dass wenn von den auf Muscheln gelegten Eiern einiger Seeschnecken nur ein Teil unter dem Einfluss des Seewassers sich weiter zu jungen Schnecken entwickelt, aber die übrigen von diesen Tieren als Nahrung gebraucht werden, dies dann als ein Kampf um's Dasein zwischen jenen Eiern aufgefasst werden muss. Wenn junge Raupen, die eben erst aus dem Ei gekrochen sind, die Schale desselben als erste Nahrung zu sich nehmen, doch wohl sicher nicht? O, der Mensch wird solch ein dummes Tier, wenn sein Verstand, sei es auch nur in einigen Punkten — d. h. in Uebereinstimmung mit meiner Auffassung der selbstandigen evolutionellen Organismuseinheiten, auf welche ich oben die Aufmerksamkeit hingelenkt habe — wieder auf den primitiven Zustand des Glaubens zurückgedrangt wird! Denn Glaube ist doch nichts andres als derselbe primitive Zustand in der Evolution der Psyche, der, wo er sich in wohl oft bereits bewussten aber doch grossen'teils noch nicht vom Verstand beherrschten Handlungen offenbart, Instinkt genannt wird, derjenige, in welchem die Psyche des Strausses sich noch befindet, der wie BREHM sagt, den augenblicklichen Eingebungen seines schwachen Gehirns blindlings nachfolgt. Und ebenso wie nun durch einige abnoimale Einflüsse z.B. der Temperatur, die somatische Entwicklung einer Hemmung unterworfen werden kann, so kann dies mit& der psychischen durch Suggestion geschehen. So auch durch die Autosuggestion in Eolge einiger Lehrsatze und darum ebenfalls durch einen blinden Darwinismus. Sogar bei der kürzlich stattgehabten beinahe ganzlichen Vernichtung des amerikanischen Bison ist es thöricht von einem Kampf um's Dasein zu sprechen ; diejenigen, welche sie ausrotteten, hatten es für ihre Existenz absolut nicht nötig, dies zu thun; ebensowenig die englischen Schmetterlingssammler, welche die eigenartigen Lycaenidenform Polyommatus dispar HAW. vernichteten; das allmahliche Verschwinden der palaeontologischen Formen ist sicher vielfach auch nicht einem solchen Streit oder solcher Konkurrenz zuzuschreiben, sondern andern uns nicht gut bekannten Ursachen, wie z.B. den oben be- reits erwahnten Forderungen der Korrelation, und auch der, welche auch noch die ofïfenbare Neigung zum Kleinerwerden der Tierformen, nach dem sie erst ihre Zeit des Wachstums gehabt haben, beherrscht. Sehen wir z.B. die Evolution des Eohippus zum gegenwartigen Pferd mit Wachstum gepaart gehen, von vielen andern der jetzigen Tiere waren die früheren Representanten wesentlich grösser, und bei einigen lasst sich der Verlauf eines fortwahrenden Verkleinerungsprozesses konstatieren. Eine grosse Anzahl ernster Biologen haben dann auch bereits die Theorie der natiirlichen Zuchtwahl ganzlich verworfen. Kürzlich fand ich so in Himmel und Erde Mdrz i8p8 noch einen interessanten Aufsatz in diesem Sinne von Jaekel betitelt Darwinisvins und Descendenzlehre, wahrend auch Haacke seine Studie über den Kukuk vZur Stammesgeschichte der Instincte und Schutzmale (Biol. Centrallblatt 15 Mai i8p6) mit der ausdrücklichen Erklarung beendigte: „Eine Entstehung von Arten durch natürliche Zuchtwahl giebt es nicht". Ich kann mir das Vergnügen nicht versagen auch noch ein von dem erstgenannten Gelehrten in dieser Beziehung gegebenes Beispiel zu erwahnen, um so einmal gut zu zeigen, wie sich dies absolut an die Entwickelung meiner eigenen Ueberzeugung hinsichtlich dieses Gegenstandes anschliesst. Nach MÖBIUS, so sagt er, gehen von 1.045000 jungen Austern fast alle zu Grunde, weil sie keinen festen Gegenstand finden; an dem sie sich festhalten können dies hangt nun nicht ab von der grosseren oder geringeren Lebensfahigkeit, sondern vom Zufall. Einmal an Steinen festgewachsen, entwickeln sie sich und fangen an einander zu verdrangen, wobei auch wieder nicht die individuelle Wert sondern die zufallig bessere oder schlechtere Stellung auf dem Stein den Sieg bestimmt. Und dies ist die allgemeine Regel; bei weitem die meisten Tieren gehen zu Grunde wenn sie noch so jung sind dass ihre individuelle Bedeutung noch nicht entwickelt und also im Kampf um's Dasein noch keinen Wert haben kann; es ist der Zufall der überall entscheidet. Es ist nun schon einige 30 Jahre her, dass ich, auf einer meiner Reisen im siidwestlichen Celebes, über ein mit kurzem Gras und niedrigen Pflanzchen bewachsenes l^eld ziehend, auf dcm sich hie und da einigc im Gebüsche verborgene Wohnungen befanden, ein Vögelchen, das auf dem Boden seine Nahrung suchte, auffliegen und in aller Eile gerade auf das nachste Gebüsch zueilen sah. Und nicht oline Grund. Ein Raubvogel war plötzlich auf das Tierchen herabgeschossen und verfolgte es. Nun entspann sich eine Flucht um's Leben deren Chancen ich, obgleich alles nur wenige Minuten dauerte, mit dem grossten Interesse, wie mit klopfenden Herzen, folgte, und deren ich mich darum auch noch deutlich erinnere. So schnell es nur vermochte, flog das Vögelchen, aber noch schneller der grosse starke Flieger, mit jedem Augenblick wurde die Entfernung geringer, so nah kam ihm der Rauber, dass ich ihn — denn es geschah in meiner unmittelbaren Nahe: in jenen Gegenden wo die Bevölkerung keine Feuerröhre besitzt, sind die Vogel nicht so scheu wie in Europa — schon den Schnabel öffnen sah, um seine Beute zu fassen, als eben'das Vögelchen die Straucher erreichte, und zwischen dem Grün verschwand. Sein Verfolger musste sich schleunigst seitwarts wenden um sich nicht in die Zweige zu verwirren; und der Schwachere war gerettet. Aber warum, dachte ich da, — welchen Umstanden verdankte das Tierchen nun diesen glücklichen Ausgang ? Waren es seine Kraft, seine Gewandtheit, die ihm diese Gefahr für seine Existenz iiberstehen Hessen. Nicht doch; es war nur eine Frage der Zeit. Ware es weniger Sekunden Fliegens weiter von dem Gebüsch entfernt gewesen, es würde ergriftcn worden sein. üurch die Notwendigkeit sich zu ernahren war es wohl genötigt sich immer auf das Feld eine Strecke ausserhalb des Gebüsches, in welchem offenbar seine Wohnung und sein Zufluchtsort war, herauszuwagen, und so würde es auch jetzt, wahrend es seine Nahrung suchte, gewiss noch viel weiter auf das Feld gegangen sein; wenn also der Raubvogel cinige Sekunden spater erschienen ware würde es auch nicht mehr Zeit genug zum Entwischen gehabt haben. Und warum kam dieser, auch unbestimmt Beute suchende, Rauber nun gerade cinige Sekunden zu früh 1 Es war Zufall, ist die cinzige Antwort; es waren zufallige gunstige Umstande, die aber ganz ausserhalb des Zuthuns des Vögelchens waren, wozu keine grössere oder kleinere Gewandtheit, welcher Art auch, etwas hinzufiigen konnte. Es geschah ein anderes Mal dass ich auf Java auf dem Anstand wilde Schweine jagte. Bei hereinbrechender Finsterniss hatte ich mich hinter einigen Strauchern auf der Grenze des Waldes versteekt, mit der Aussicht auf einen offenen Platz, über den die Schweine, wenn sie nach ihrer Gewohnheit Nachts um Nahrung zu suchen den Wald verliessen, kommen mussten. Bald wurde es dunkel, der Platz nur von dem aufgehenden Mond etwas beleuchtet, und nach einiger Zeit hörte ich leises Gerausch und sah ein und spater noch ein paar Schweine aus dem Wald kommen. Aber ich blieb still; es waren nur junge kleine Tiere, welche in ihrer Unerfahrenheit schon bald aus dem Wald herausgehen, aber noch keinen Schuss wert sind; es war mir wohl bekannt, dass die grosseren Tiere erst spater ihr Versteek verlassen. Und so geschah es denn auch; vielleicht eine Stunde nach dem die Finsterniss hereingebrochen war kam mit so wenig Gerausch dass nur ein geiibtes Jagerohr es bemerken konnte, ein grosses wildes Schwein hervor und wurde von meiner Kugel erlegt. Aber war dieses Tier nun unvorsichtigcr gewesen als andere seiner Art oder worin hatte es in der Sorgen um sein Dasein gefehlt ? Doch in nichts; es befand sich auf einem Platz, den es jede Nacht besuchte ohne je etwas Gefahrliches zu entdecken; es war erst zum Vorschein gekommen als es gut dunkel war und einige junge Schweine sogar schon unversehrt an derselben Stelle weitergegangen waren. Ach nein, der Zufall wollte dass in einer Entfernung von einigen Stunden Jemand wohnte der die Jagd liebte und an eben dem Abend sein Jagdglück einmal versucht hatte; die einzigen Chancen auf Erhaltung hatten sein können, dass dieser Jager z.B. keine gute Flinte besessen hatte, oder kein guter Schütze gewesen ware, oder durch zu geringe Erfahrung in dieser Jagd schon gleich auf die jungen Schweine geschossen und so sich verraten hatte, dass gerade in dem Augcnblick vorübcrziehende Wolken den Mond verfinstert oder ein schwerer Regenschaucr den Jager genötigt hatte fortzugehen, oder Angrifte von Ameisen ihn gezwungen batten seine Stelle zu verlassen, etc. etc., nur von solchen Zufallen hingen die Chancen der Tiere auf Erhaltung ihres Lebens ab; aber was konnte das Schwein nun daran andern r Auch sah ich einmal ein paar Meisen auf cinen Obstbaum in meinem Garten fliegen und rasch auf einigen Zweigen alle Blatter untersuchen und von Insekten saubern, aber schnell und lebhaft wie sic sind, besuchten sic da nur ein paar Zvveige, flogen dann auf cinen andern Baum und von diescm weiter auf einen dritten; da fiel in einem angrenzenden Garten ein Brett zu Boden und die Meisen erschreckten und flogen schleunigst weg. Was hat nun die vielen Raupen oder welche Tierchen auch auf all den andern Zweigen jener Baume vor diesen Feinden gerettet? Ihre Verteidigungsmittel, welche auch? Die hatten den Insekten auf den untersuchten Zweigen nichts geholfen. Und warum hatten nun die Meisen aber nur diese Zweige untersucht: Zufall ja, weiter nichts. Und die Katze, die ich ein Loch im Boden finden sah, nach der Spur der sie von dort aus über den Grund folgte deutlich den Eingang wodurch die Miiusc immer in meine Wohnung kamen, und die ich dann bei diesem Loch sich auf die Lauer setzen sah. Wie lange sie da geduckt sass, weiss ich nicht, aber dies wohl dass die erste Maus die nun hervorkommen wiirde, unwiderruflich ihre Beute werden musste. Und welche würde das nun sein, die wenigst stiirke oder wenigst kluge oder wenigst gewandte der Mause, die sich da aufhielten? Ach nein, einfach die erste die durch cinen zufalligen Umstand Hunger z.B. genötigt wurde das Loch zu verlassen. Und die andere viel weniger schlau, gewandt oder stark vielleicht oder unerfahrener im Mauseninstinkt, wiirden sie iiberleben. Die Naturwahl besteht nicht und sie kann auch nicht bestehen, weil ihre Basis, der Kampf um's Dasein, nur cine Fiktion ist. Das gegenseitige Verhaltnis der lebenden Wesen ist von allerlei Art, durchaus nicht allein dass der Konkurrenz oder des Strcites, auch wenn es manchmal diesen Charakter annehmen kann. Wie sehr der Mensch schon wieder ganzlich von seinem Standpunkt aus urteilend, auch hier geneigt ist zu verkörpern; sich einen Naturprozess namlich nur als ware es ein Factum persönlicher Erfahrung vorstellen konnte, gehe aus dem Folgenden hervor. Seht heute auf dieser Wiese einen Hasen liegen; ein Raubvogel nahert sich und kaum hat sein scharfer Auge das Tier entdeckt, als er darauf niederstürzt, die scharfen Klauen ihrri in Rücken und Seiten schlagt, langsam ihm erst das eine dann das andere Auge auspickt, ihm dann mit dem gekrümmten Schnabel Streifen der Haut aufreisst, ihm Fetzen von dem blutenden Muskelfleisch und die Eingeweide aus dem geóft'neten Körper reisst um dieselben zu verschlingen. Und erst als die Verwundung und der Blutverlust zu stark geworden sind, stirbt der Hase unter dieser Qual. Welch eine Grausamkeit, welch ein furchtbares Recht des Starksten! Morgen aber ist das Schauspiel anders. Auf einem anstossenden Feld liegt auch ein Ffase, nun aber nur ein toter, die Leiche eines durch den einen oder andern Zufall umgekommenen Tieres. Derselbe Raubvogel macht auch nun seinen taglichen Rundgang; sobald er die Leiche sieht, stürzt er wie gestern darauf nieder und handelt dann weiter ebenso wie da. Aber wo ist nun die Grausamkeit, wo das furchtbare Recht des Starksten ? Es gilt nun ja nur einen toten Körper. Doch ist eigentlich aus einem allgemeinen Gesichtspunkt gesehen, beide Male dasselbe geschehen. Ein Tier dass tierische Nahrung brauchte, suchte danach und nahrte sich als es einen tierischen Körper fand, damit, in der seiner Art eigenen Weise. In dem einen Fall war nun dieser Körper tot, in dem andern dagegen wurde er dadurch getötet; der Eindruck den dies auf das Gefiihlsleben des gebildeten Menschen macht, möge nun in diesen beiden Fallen verschieden sein, der Naturprozess kam auf dasselbe heraus. Diese Grausamkeit, dieser Kampf, sind keine notwendige_ Bedingungen dazu, sondern nur hinzukommende Umstande; bei einer grossen Anzahl anderer Tiere bringt die Nahrung doch weder Grausamkeit noch Kampf mit sich. Ist es dann recht, 111 solchen sogar noch lange nicht immer vorkommenden Aeusserungsformen, die allgemeine Regel von dein Leben der organischen Welt, von dem gegenseitigen Verhaltnis der lebenden Wesen zu sehen wie der Darwinismus dies thut? So ist dann auch die Beobachtung von dem Leben der Natur ganzlich von dem mehr oder weniger vorurteilsfreien Standpunkt des Beobachters abhangig. Geht man in dieser Auffassung von einem allgemeinen Zustand des Kampfes aus, dann sieht man z.B. in dem dichten Wuchs des Waldes im Gebiet des Amazonenflusses, nichts als einen Kampf ohne Erbarmen um Licht, und Luft1); nach den von Bates angefiihrten Worten eines deutschen Reisenden, machte jener Kampf auf ihn einen peinlichen Eindruck, von lauter Selbstsucht, Wetteifer und Schlauheit2). Wenn man, obgleich em Anhanger der Selektionslehre, doch nicht in so hohem Masse davon verblendet ist, dann heisst es dass was dem Beobachter in solch einem tropischen Wald besonders auffallt, nicht so sehr der Kampf der verschiedenen Pflanzen um des andern Platz, um Licht und Luft ist, als die bis zum Aeussersten aufgeführte Ausbeutung des vorhandenen Raumes und Lichtes, sodass jede Ecke eingenommen ist von einer Art, für welche dieser Platz zum Wachsen besonders geeignet ist3). Und sieht man dasselbe, wie ich es öfters sah und überdachte, ganz frei von dem Gedanken jenes Zwanges, dann tritt nicht nur dieser Kampf ganz in den Hintergrund sondem man sieht dann auch in der allgemeinen bis zum Aeussersten getriebenen Ausbeutung den Ausdruck einer Richtung ganz anderer Natur. Dann fallt es besonders aut wie dort fast alles, gross und klein, wurzelt in und genahrt wird von einem Boden, der aus den Ueberresten von Pflanzen besteht, die früher da gelebt haben und also jetzt andern nützlich sind; wie auch die grössten Waldriesen, die, welche 1) Dr. P. Hahnel. Entom. Erinnerungen an Sitd-Amcrika {Deutsche Entom. Zeitung 1890). 2) Bates. The Naturalist an the Amazons. 3) Prof. Habkri.and. Eine botanische Tropenreise. was Platz, Licht und Luft betrifft den Löwenanteil hatten, wieder so ganz bewachsen sind mit kleineren Krautern, dass kaum ein Platzchen ihrer Rinde sichtbar bleibt und ausserdem zahllosen kletternden und kriechenden Gewachsen zum YVohnplatz oder zur Stütze dienen mussen; wie sie weiter, wenn sie selbst das Licht erobert haben, nun wieder durch ihren Schatten die Existenz ermöglichen eines dichten Untergewachses von Pflanzen, die das helle Sonnenlicht der Tropen nicht ertragen können, welche von dem schweren Niederschlag der tropischen Regenschauer zuviel leiden würden jetzt von der breiten Blatterkrone der Baume gebrochen, oder von den heftigen Windstössen, die jetzt im dichten Wald nicht zu ihnen dringen können, welche endlich die iibergrosse Feuchtigkeit nicht entbehren können, die da unter der Schattendecke immer verwahrt bleibt. Und wenn man dann dabei noch bedenkt, wie unzahligen Tierarten von allerlei Ordnungen solch ein Wald Nahrung, eine Wohnung, oder einen Zufluchtsort bietet, dan wird der allgemeine Eindruck dagegen der von einem Zustand des allgemeinen gegenseitigen Beistandes, von einem Zustand, wo gewiss der ein oder andere Vorteil dann und wann im Wetteifer erobert wird, aber wo die Existenz im Allgemeinen viel mehr hervorgeht aus der Hiilfe und Mitwirkung anderer Geschöpfe, die nicht durch Kampf erhalten wurden, sondern durch den natürlichen Zwang der die Existenz des einen Geschöpfes an die eines andern knüpft. So sah ich es und sah es wohl auch Constantin, wo er in seinem Werk „La nature tropicale" über den Urwald sprechend sagt: „Covime dans les sociétés humaines on y voit toutes les fortnes de la charité, dn parasitisme et de la solidarité". Die Regel, welche in der Natur herrscht, ist diese: Kein Wesen besteht allein für sich, jedes Geschöpf muss auf die eine oder andere Weise dem Bedürfnis der andern dienen. Ebenso wie in der bekannten Symbiose bei Tieren unter einander, oder Pflanzen untereinander, oder wohl zwischen Tieren und Pflanzen — übrigens eine Erscheinung, welche man wohl von darwinistischer Seite durch den darin gelegenen gegenseitigen Vorteil zu erklaren sucht, deren Entstehung aber sich in Wirklichkeit mit einem Zustand des absoluten groben Wettstreites schwer vereinigen lasst — bildet auch die ganze organische Welt eine derartige Gemeinschaft, in grossem Masse unter allerlei Formen auftretend, dabei auch nicht selten sogar ihre Aufopferung, ihre Vernichtung für viele Wesen mit sich bringend, was dann sicher den Namen Symbiose nicht tragen kann, dessen Wesen aber bei dem allem, ungeachtet der Aeusserungsform, nichts andres ist, und hierin besteht dass alle Wesen, direkt oder unmittelbar, früher oder spater, lebend oder tot, dem Bedürfnisse von andern dienen müssen. Und dieses Prinzip ist mm direkt im Streit mit dem des Darwinismus und insofern von weitreichender Bedeutung. Denn wahrend doch jene Lehre nichts weiter sieht als den gröbsten Egoismus, enthalt diese dagegen in sich die grosse \\ ahrheit, dass das Leben der Natur beherrscht wird durch die Notwendigkeit eines in sehr bedeutenden Masse jenen Egoismus beschrankenden Altruismus. Und wo das biologische Studium des Tierreiches das stets mehr und mehr auf den Vordergrundtreten dieser Richtung, je nach der psychischen Entwicklung der Tiere, unwiderruflich zeigt, folgt daraus, wie dies von SuTHERLAND (The origin and gromt of the moral instinct iSgS) und auch von mir bereits an anderer Stelle gezeigt ist , dass diese Richtung auch diejenige ist, welche in der Evolution der menschlichen Psyche herrscht und das noch wohl in soviel starkerem Masse als diese auch höher als die der liere entwickelt ist. Womit also das schon lange geahnte Prinzip, dass des Menschen geistiger Fortschritt durch diese Richtung, d. h. durch die der sittlichen Ordnung, beherrscht wird, wissenschaftlich, namlich durch die Resultatc des wissenschaftlichen Naturstudiums, begründet ist, die Thatsache also bewiesen ist, dass der Mensch, auch wenn er darin nicht mehr den Willen der Gottheit sieht, doch durch den evolutionellen Drang seiner Natur gezwungen ist; diesem Weg zu folgen, wenn er nicht die Fahigkeit für höhere Evolution der Psyche verlieren und demzufolge das Zugrundegehen zu erwarten haben soll. Direkt gegenüber steht dies demnach dem dummen soeenannten darwinistischen, Positivismus. Dieser nur zu berüchtigte, aus solch einem höchst einseitigen Geistesstandpunkt hervorgehende Aufifassung, dass der höchste Ausdruck der lebenden Natur sein soll fressen und gefressen werden, kann nicht mehr als derjenige der Wissenschaft und deshalb als der vvahre erkannt werden. Nicht der, welcher dieser altruistischen Neigung zu widerstehen weiss, kann den Namen „Uebermensch" verdienen, nur er würde darauf Anspruch erheben können dessen geistige Evolution in dem Entwickelungsabschnitt dermenschlichen Psyche, welcher jetzt erreicht ist, den alten Standpunkt des Glaubens durch den höheren des Wissens insofern dies möglich ist, ersetzt hat. Aber nicht allein vom religiösen Glauben ist hier die Rede, sondern im allgemeinen von jener niedrigen Verstandesthatigkeit, welche, wo auch immer, als Glaube auftritt, also auch von jenem an den mit der bereits erworbenen menschlichen Kenntniss nicht vereinbaren darwinistischen Lehrsatzen. Jeder der auf diesen Glauben sich stiitzt, sollte lieber noch „Untermensch" heissen — also auch NlETZSCHE, dessen Philosophie doch ganzlich auf dem Bestchen der Zuchtvvahl durch den Kampf um's Dasein beruht; eine geniale Vorstellung kann damit sehr gut verblinden werden, aber verandert die Thatsache nicht. Lasst sich dann der Darwinismus noch ernsthaft verteidigen? Noch viele versuchen dies; ich kann an dem von jener Seite in Widerspruch mit meinen Einsichten Angeführten also nicht mit Stillschweigen vorübergehen. Es ist aber nicht thunlich, die zahlreichen Schriften hierüber, jede fiir sich, umstandlich zu widerlegen, abgesehen von dem wenig Anziehenden einer solchen Arbeit, da doch die Erfahrung lehrt wie wenig Chancen es stets giebt Widersacher zu überzeugen, und diese Chancen dann in einem Fall wie dem vorliegenden, o ' wobei der Glaube solch eine Rolle spielt, wohl ganz verschwinden. Hier ist es zumal darum zu thun, anzuzeigen, dass ich auch hinsichtlich der Argumente aus dem Lager der Widersacher nicht ganz unwissend geblieben bin, und ist also eine Behandlung von einem allgemeineren Standpunkt wohl hinreichend. Es dünkt mich darum wohl genügend, wenn ich als solche nur eine einzige, aber doch zu einem grossen Teil auch den Charakter einer Sammelschrift tragende Studie hier bespreche, welche diessc Verteidigung so vollkommen wie möglich zu führen versucht. Ich meine, das von Professor Plate in der 9ten Jahresversammlung der Deutschen zoologischeti Gesellschaft 1899 gehaltene Referat iiber Die Bedeutung und Tragweite des davwinistischen Selektionsprinzips. Auch diese Studie ist aber noch viel zu ausführlich um jede darin vorkommende Betrachtung hier zu behandeln. Ich muss mich auf eine allgemeine Uebersicht beschranken. Und als solche muss ich also gleich als mein Urteil aussprechen, dass der Zweck dieses Werkes damit nicht erreicht worden ist. Weil es namlich — und hierin stimmt es übrigens mit allen in demselben Geist verfassten Schriften überein — nicht den Charakter einer ernsthaften unparteiischen Untersuchung sondern den einer Verteidigungsrede tragt; dass darin nicht die YVahrheit selbst gesucht, sondern dasjenige was schon a priori als Wahrheit angenommen ist, verteidigt wird. Gewiss, volkommen bona fide, und sine ira et studio, wie der Verfasser auch erklart, aber auch ganz unter dem Einflusse der darwinistischen Lehren, unter welchen er aufgewachsen und in die er folglich festgewachsen ist, die ihn nun darum verhindern unparteiisch zu urteilen. Wohl giebt er sich offenbar sogar Mühe unbevorurteilt zu sein, aber unter der Suggestion kann ihm das nur in untergeordneten Punkten gelingen. So sieht er z.B. sehr richtig das Unbewiesene ein von Poulton's Anschauung iiber das Paaren einer Saturnia pavortia L.. Zu einem Q von dieser Art kommen namlich eine Anzahl cfcf worauf es dann mit einem von diesen zum Paaren kommt und die andern sich darauf entfernen; nun sieht POULTON hierin dass also das 2 seine Absicht dem einen cf gegenüber in einer uns unbekannten Weise andeutet und dass es bei den (ƒ(ƒ Ehrensache ist auf ihre Entscheidung zu warten. Kann man — sagt nun Plate den Thatsachen mchr Gewalt anthun als indem man behauptet dass ein vollstandig ruhig dasitzendes 9 e'ne Entscheidung getroffen habe ? Woran soll denn das betrefitende (ƒ merken, dass es der auserwahlte Licbling ist: Gewiss sehr richtig; aber wenn man nun plate anderswo in seinem 25 Streben um die Bedeutung der Selektion anzuzeigen, bemerken sieht dass zwar bei den Eiern der Bandwtirmer und der Trematoden oder bei den Samen vieler Pflanzen der grösste Teil, gleichviel ob es die am besten organisierten sind oder nicht, die einen früher, die andern spater, durch die verschiedenartigsten Ursachen zu Grunde gehen, und dabei also nur der Zufall entscheidet, und dann daran hinzufügen hört: „Das Resultat ist eine qualitatslose Selektion, durch welche der Durchschnitt der Ueberlebenden nicht verandert wird" — was soll man dann dazu sagen? Verrat dies nicht deutlich einen Drang, machtiger als das ruhige Urteil, um so über eine Auswahl, welche auch, zu sprechen, wo man erst erklart hat, dass von einem Wahlen nicht die Rede sein könne? Kurios ist es auch hier einmal zu bemerken, wie deutlich in den sechs Satzen, die er als Ergebnis seiner Untersuchungen über die geschlechtliche Zuchtwahl an Schluss davon hinzufügt, das wohl unbewusste Streben stets in den Vordergrund tritt, um auch von dieser darvvinistischen Lehre noch soviel wie möglich für die Nachkommenschaft zu retten, obgleich in jenen Untersuchungen selbst die Schwache davon sehr deutlich ans Licht tritt. Der Hauptfehler dieses Werkes aber, der Grund, weshalb ihm, meines Einsehens, alle Beweiskraft fehlt, liegt in der Thatsache, dass die Argumentation des Verfassers immer in echt darwinistischer Weize ganz auf gewissen Auffassungen beruht, die er nur a priori als feststehend voraussetzt, die aber keinesteils bewiesen sind und die darum nicht als solche angenommen werden dürfen; infolgedessen fehlt natürlich seiner Argumentation ihre wissenschaftliche Begründung. An erster Stelle steht so bei ihm die oben schon besprochene darwinistische Aufïfassung über die Variabilitat, als eine selbstandige Kraft betrachtet, im Vordergrund. Variabilitat — sagt er — ist eine Grundeigenschaft der lebendigen Substanz, die Variabilitat der Individuen ist eine unumganglich notwendige Voraussetzung für die natürliche Zuchtwahl; Variabilitat und Selektion sind die Fundamente des Darwinismus. Dann zweifeit er auch nicht an der Richtigkeit der „Idee der Nützlichkeit, welche den Kernpunkt der Selektionslehre darstellt." Die Zweckmassigkeit der Organismen und folglich die der evolutionellen Veranderungen um diese zu Stande bringen, stehen bei ihm unerschiitterlich fest; an den Organismen ïst ein Vervollkommungstrieb oder -Prinzip immanent. Weiter muss / auch die Existenz der Selektion, — wie wir schon sahen, eins der Fundamente des Darwinismus — bestimmt angcnommen werden; ebenso wenig ist der Kampf um's Dasein und seine Bedeutung zu leugnen. Endlich sind für ïhn ofïfenbar auch die Mimicrytheorie und all was jenem Irrtum verwandt ist, wie die Phantasien über Erkennungszeichen und Warnfarben, wissenschaftlich feststehende Thatsachen. Diesem Arsenal ent- nimmt er seine Argumente. Ueber den Unwert des darwinistischen Variabilitatsbegntts habe ich mich oben ad III schon ausgesprochen. Das Wesen selbst der organischen Substanz, dief. Art wie die darm verarbeitete Energie sich umsetzt, ist im hohen Masse veranderlich, die Weise in der sich dies nun eimal schneller, dann wieder langsamer, offenbart, ist was wir Evolution nennen; insofern die Erscheinungen davon, die Stadiën in der evolu- ^ tionellen Bewegung, nicht weit von einander liegen, sehen wir darin Variationen. Als Benennung bloss der Thatsache dass solche diesen Unterschied aufweisenden Erscheinungen vorkommen, kann man also wohl von Variabilitat sprechen. Aber von einem darwinistischen Standpunkt wird dieser Ausdruck anders aufgefasst, nicht wie eine Bezeichnung fur das normale Wesen der Evolution selbst, sondern wie eine selbstandige, inhaerente Eigenschaft der Organismen um von dem Normalen abzuweichen, die dann auch von einem esondern Naturgesetz beherrscht wird, und als solche beschrankt und messbar ist. Die Veranlassung zu dieser Auffassung liegt ohne Zweifel in dem teleologischen Gedanken, der den Darwinismus — ich will darauf spater noch zurückkommen — ganz beherrscht, den von der Idee der Nützlichkeit. Um diese zur Geltung zu bringen, um, im Zusammenhang damit, die Zweckmassigkeit der evolutionellen Formveranderungen erklaren zu können, wurde es unvermeidlich sich diese als Abweichungen vorzustellen; denn nur solchen kann ja ein spezieller Zweck zugesproclien werden, und hierauf grundete sich wohl die gemeinte Aufïfassung der Variabilitat als eine spezielle biologische, deshalb auch zu speziellen Zwecken dienende, Eigenschaft oder Naturkraft '). Es ist zwar genau so gegangen mit jenen Erscheinungen die man als mimetische betrachtet, und die von sehr verschiedenen Eaktoren erzeugt werden, in welchen aber der Darwinismus, um sie für eine Erklarung durch die Idee der Nützlichkeit tauglich zu machen, allmahlich einen allgemeinen, nach einer besondern 1 heorie wirkenden, Prozess gesehen, und daraus zu gleicherzeit einen selbstandigen biologischen Begrifï entwickelt hat, wahrend es doch in Wirklichkeit wohl Mimicryerscheinungen giebt, nicht aber eine besondere biologische Wirkung, welche diese erzeugen und dadurch erklaren würde. So giebt es auch Erscheinungen, welche man Variationen nennen kann, als wahrnehmbare Thatsachen der evolutionellen Bewegung, nicht aber als Erzeugnisse einer besondern biologischen Wirkung, namlich der der Variabilitat. Das, was das Wesen der lebendigen Substanz selbst ist, darf man, nötigenfalls, bequemlichkeitshalber eine Grundeigenschaft davon nennen, aber nicht in Wirklichkeit als solche auffassen und darauf dann biologische Betrachtungen gründen. Man handelt dann, um bei dem oben erwahnten Beispiel zu bleiben, wie derjenige der nicht nur bequemlichkeitshalber ein Bild macht um sich den Gottesbegriff vorzustellen, sondern der nun das Bild selbst um allerlei Wohlthaten bittet. Als eine Abweichung mag es niemals angesehen werden, weil dieser Begriff dann auch etwas was fest, was normal ist, einen Mittelpunkt, voraussetzt, von dem dann abgewichen wird, und doch etwas derartiges nicht besteht, sondern von einer selbstandigen vollkommenen Veranderung die Rede ist, sei es dann auch dass dies sich nur partiell offenbart. Gerade in dieser Aufïfassung, in dieser Darstellung ihres i) Wohl auffallend ist es, wie ich — es wurde mir seitdem aus Emery's Abhandlung Was ist Atavismusf in den Verhandlungen des V. Internationalen Zooiogen Kongresses klar — hier zusammentreffe mit denjenigen, welche die ebenfalls darwinistische Auffassung bestreiten um in dem Atavismus eine sonderartige retrogressive Kraft zu sehen. Charakters als eine Abwcichung liegt jedoch das Verkehrte des darwinistischen — d. h. im gegenwartigen Darwinismus herrschenden —- BegrifFs von Variabilitat. In der erwahnten Auffassung, d. h. also als Fundament des Darwinismus, muss ^ ich darum die Existenz der Variabilitat als moiogiscnen Begriff leugnen. Was die Zweckmassigkeit als Folge der darwinistischen Nützlichkeitsidee betrifft, diese hat schon vielfach Widerlegung gefunden und Plate versucht dann auch, sie nach bestem Wissen dagegen zu verteidigen. Auch dies ist ihm aber, meines Erachtens, durchaus nicht gelungen. Es ist, auf rein wissenschaftlichem Gebiet bleibend, immerhin ausserhalb der Wirkung einer psychischen Kraft, was den Darwinismus ganzlich aus dem Spiel lasst nicht möglich den Ausgangspunkt einer teleologischen Xaturwirkung zu erklaren. Daneben aber ist es sehr wohl möglich anzuzeigen, dass Thatsachen, deren Resultate sehr zweckmassig sind doch nicht aus einem Streben in jener Richtung, sondern bloss als notwendige Folgen der Faktoren, welche sie zuwege brachten, entstanden sind. Ich habe oben ad XI nach nieiner Meinung erklart wie es kommt dass bei verwilderten domesticierten Schweinen die Hauzahne wieder wachsen wie bei den wilden; ich nahm dabei selbst eine psychische korrelative Wirkung jedoch ohne jeden Zweck an. Das Entstehen der Hörner der mannlichen Wiederkauer und der Spornen der Hahne, wird darwinistisch immer der Wirkung der geschlechtlichen Zuchtwahl zugeschrieben; ich glaube, dass hierbei wenigstens auch stark übertrieben wird. Bei den Wiederkauern scheint das Stossen mit dem Kopfe sich als die gewöhnliche t echtweise entwickelt zu haben, auch solche Tieren, die keine Hörner haben, stossen in dieser Weise. Die Ursache davon ist mir ebensowenig bekannt wie die, warum die 1 ferde vorzüglich ihre Hinterbeine dazu gebrauchen; die Thatsache besteht aber nichtsdestoweniger. Bei den Hühnern sind die Pfoten als Werkzeuge zum Zusammenscharren des Futters besonders stark entwickelt, hier ist es also leichter zu verstellen, dass diese Tiere einen so kraftigen und dabei wenig empfindlichen Teil des Körpers auch allmahlich als Waffe gebraucht haben. Da dies nun so ist, ist es, meines Krachtens, denn auch sehr wohl möglich, dass, wo nun einmal die mannlichen Tiere viel Streit zu führen hatten, auf den dabei gebrauchten Teilen des Körpers in gleicher Weise, wie dies bei dem Wachsen der Zahne der Schweine geschieht, Auswüchse entstanden sind, die sich stets in derselben, im Anfang von den Umstanden angegebene, Richtung weiter entwickelt haben und so als Hörner und Spornen zu eigentlichen Fechtorganen geworden sind. Einmal entstanden, waren jene YVaffen gewiss sehr zweckmassig; aber ihre Werdung geschah doch ohne jeden Zweck. Dagegen aber gewiss von den korrelativen Forderungen der Organismen, bei denen diese Wirkung auftrat, sehr stark beherrscht; denn dem Umstande ist es doch wohl zuzuschreiben, dass nicht nur die Form, sondern selbst die Art der Hörner bei den verschiedenen Tierarten stark verschieden ist; ein bestimmter Zweck hatte in dieser Hinsicht wohl mehr Gleichförmigkeit zuwege bringen müssen. Ja, es ist sogar sehr möglich, dass diese Zweckmassigkeit nicht immer für alle dauerhaft geblieben ist; und die Entwickelung dieser Werkzeuge also auch nicht als eine Anpassung aufgefasst werden kann, da sie dann notwendigerweise auch darauf, wozu die Anpassung nötig war, hatte beschrankt bleiben müssen, und wo das Bedürfniss zur Anpassung aufhörte, die Umgestaltung auch nicht weiter fortschreiten konnte. Ist doch bei einigen Hirscharten diese Evolution bis ins Excessive fortgeschritten, und ist es auch sehr wohl möglich, dass infolgedessen der solch ein unverhaltnismassig grossen Geweih tragende irische Riesenhirsch ausgestorben ist; auch dass dasselbe mit dem Edelhirsch und dem Wapiti der Fall gewesen sein würde, wenn nicht der Mensch in der natürlichen Entwickelung dieser Tierarten storend dazwischen getreten ware. Bei einem bestimmten, intelligent herrschenden Zweck wird solch ein Uebertreiben desselben, wodurch er dann wieder absolut illusorisch wird, auch schon schwer zu erklaren. Wie will man dann nichtsdestoweniger das teleologische Prinzip der Nützlichkeit als Beherrscher der organischen Formveranderungen festhalten ? Alles was Plate zur Verteidigung dieser Zweckmassigkeit anführt, kommt in Wirklichkeit nur hicrauf hinaus dass er ohne dieses Prinzip die „Wunderwelt der Anpassungen, die wie mit Zaubergewalt das Interesse des Biologen gefesselt halt" wie er sich ausdrückt, nicht zu erklaren weiss. In den soeben gegebenen Beispielen sind aber solche Anpassungen erklart worden, ohne dass dieses Prinzip dabei angewendet zu werden brauchte; und anderswo, bei Besprechung der Mimicry habe ich davon schon viele Beispiele gegeben. Uebrigens spielt zweifellos in dieser Aufiassung auch dasselbe Bedürfniss an einer ersten Ursache eine Rolle, das ich auch gleich bei darwin anzuwe.sen haben werde, und gegen welches nicht zu argumentieren ist. Ich halte es darum auch nicht für nötig, auf Plate s Argumente in dieser Hinsicht naher einzugehen. Nach meiner Meinung ist auch dieser Kernpunkt der Selektionslehre völlig unbewiesen. Was weiter die Existenz der natürlichen Zuchtwahl betrifft, so kann ich auch kurz sein. Plate erkennt die Richtigkeit der Worte von LlüYD MORGAN „Unsere Ueberzeugung von ihrer Wahrheit und Richtigkeit darf uns nicht gegen die Thatsache blind machen, dass die natürliche Auslese ^ mehr ein logischer Schluss ist als eine Sache der direkten Beobachtung; wie auch von wallace's Meinung, wenn dieser auch erklart zuzugeben, dass ein direkter Beweis der Thatigkeit der natürlichen Zuchtwahl zur Zeit fehlt. Dies kann also als anerkannt betrachtet werden. Und nun stimme ich gewiss vollkommen zu, dass solch ein Beweis auf logischem Wege ganz genügend sein würde. Aber nirgends habe ich dies angetrofifen. Denn urn zu logischen Folgerungen geraten zu können, ist es notwendig dass die Lehrsatze, die Propositiones worauf die Beweisführung beruht, Thatsachen enthalten. Das logische Denken kann für sich allein unbedingt gesicherte Ergebnisse nur soweit liefern wie es mit absolut gesicherten, absolut eindeutigen Voraussetzungen arbeitet; weiter nicht. Dies aber verliert man hier stets aus dem Auge; anstatt mit solchen arbeitet man mit Hypothesen oder sogar mit blossen Einfallen. Jedesmal werden abwechselnd eine der hier besprochenen aprioristischen Ideen als ein Factum in dieser Beweisführung verwendet, um mit ihrer Hilfe zu Folgerungen zu geraten, die dann aber doch natürlich kcinen logischen Wert haben. So bildete sich wohl in der That eine Masse, ein ganzer Knauel von solchen in einander greifenden, aber, wie gesagt, wertlosen Folgerungen. Eine Anzahl Beweise von solcher Art, wie die Baume deren Menge verhindert den Wald zu sehen, und die den Forscher nach wissenschaftlicher Wahrheit wohl auf die Weise wie der Tintenfisch dies mit seinen Feinden thut, irre führen. Aber wirklich logische, aus gut feststehenden Thatsachen oder teils aus anderswo wenigstens sehr annehmbaren Hypothesen abgeleiteten Folgerungen, zum Beweis für die darwinistische, natürliche Zuchtwahl, sind mir nicht bekannt. Darum kann ich dann auch diese Lehre „dieses andere Fundament des Darwinismus" nicht als wissenschaftlich bewiesen anerkennen. Ueber den Kampf um's Dasein, wie auch über die Mimicry und was dazu gehort, habe ich oben schon ausführlich meine Meinung auseinander gesetzt. Was lasst sich nun mit solchen, selbst in der Luft hangenden, Argumenten beweisen? Eine Verteidigung des Darwinismus, die Ansprüche auf wissenschaftlichen VVert erheben will, würde anstatt dergleichen, wirkliche Beweise anzuführen haben, und das umsomehr als es sich immer mehr zeigen würde, dass in der That die verschiedenen biologischen Erscheinungen, zu deren Erklarung die darwinistische Theorie dienen muss, ohne sie eine viel annehmlichere Erklarung finden könnten. So habe ich es z.B. oben ausführlich über ihren Lehrsatz von der Mimicry gezeigt. Und hiermit stehe ich von der Besprechung von diesem Verteidiger des Darwinismus ab; nur noch kuriositatshalber darauf hinweisend, wie er es sehr charakteristisch nennt, dass unter den Gegnern der Selektionslehre sich soviele Museologen und Palaeontologen befinden, welche immer nur totes Material zu sehen bekommen. Wer durch jahrelange Sammelthatigkeit, sagt er, mit der lebenden Tierwelt vertraut geworden ist, wer biologisch die Wanderwelt der Organismen studiert, der wird zu der Ueberzeugung gelangen dass der Darwinismus kein überwundener Standpunkt ist. Nunwohl, unsprünglich glaubte ich auch an die Wahrheit der darwinistischen Lehre und bewun- derte sie; meinc mehr als 30 Jahren fortgesetzten entomologischen und biologischen Studiën in dem ost-indischen Archipel, mein fortwahrender Umgang mit der lebenden Natur dort, sind es gerade gewesen, die mir allmahlich deren Schwache ofifenbart und mich zu einem ausgesprochenen VVidersacher davon gemacht haben. „Für Einsichtige ist der Darwinismus lange totu las ich durch Driescii im Btol. Centralblatt vom 15 Mai 1902 geschrieben. Nun, tot ist er nun wohl noch nicht solange er noch soviele Verehrer zahlt, und, wiewohl es für den Menschen beinahe unmöglich ist, halte ich es vom wissenschaftlichen Standpunkt aus für zu subjectiv, nur diejenigen, die meine Ansichten teilen, als Einsichtige zu erkennen. Aber das ist gewiss, dass derjenige der in dieser Hinsicht dieselben Ansprüche betrefts der VVissenschaftlichkeit stellt wie ich, jetzt der darwinistischen Theorie keinen wissenschaftlichen Wert mehr zuzusprechen vermag. Es giebt auch noch eine andere Verteidigungsart, welcher man nicht selten begegnet. Es ist die weismann's, der schon vor langer Zeit mit anerkannte dass das Prinzip der Naturwahl nicht bewiesen werden konnte, doch dem hinzufügt, dass es aber angenommen werden müsse, da wir in keinerlei anderer VVeise die Erscheinungen, welche die lebende Natur uns zeigt, erklaren können. Oder, wie er es nach Veranlassung einer Bemühung um die Werdung der geschlechtslosen Ameisen- und Termietenformen zu erlautern noch starker ausdrückte: „Das Prinzip der Naturselektion ist die „einzige begreifliche Ursache davon, und darum ist es für „uns eine Notwendigkeit sie anzunehmen, denn die Selektion „allein kann die Adaptationen der Organismen erklaren, ohne „Hilfe eines bestimmten Zweckes". „Auch noch kürzlich fand ich dieselbe Auffassung irgend wo zurück und las dort: „Die Descendenzlehre in der Eormulierung darwin's ist eine wissenschaftliche Theorie, weil sie eine notwendige und einzig mögliche Schlussfolgerung aus den beobachteten Thatsachen ist; Plate sahen wir dann auch schon derselben Weise zu argumentieren folgen, und auch wieder behufs der Mutationstheorie wird sie uns natürlich gleich wieder begegnen. Mir ist es aber wenn ich solch eine These lese, mehr alsob ich irgend eine kirchliche, gebietende, Glauben ohne Beweise fordernde, Vorschrift, als eine wissenschaftliche Argumentation höre. In der That machen solche Aussprüche deutlicher als etwas anderes die ganz falsche Richtung verstandlich, in der die biologische Wissenschaft durch den üarvvinismus gesteuert worden ist. Ist doch ihr Wesen völlig induktiv, nachdem der Darwinismus sie mit den Dogmen der Selektion und von dem Kampf ura's Dasein versehen hatte, ist ihre Praxis obgleich diese noch immer den Schein der Induktion annimmt, in VVirklichkeit vollkommen deduktiv geworden um alle durch Induktion erreichten Thatsachen doch immer nur wieder jenen Dogmen anzupassen, und ihre Bedeutung danach zu verdrehen. So ist das Wesen der Wissenschaft selbst im Mark angegriffen. Mehr wissenschaftlich würde es wirklich wohl heissen mögen, wenn diejenigen, die auf dem in diesen Anschauungen ausgedrückten Standpunkt stehen, nur lieber einfach ihre Unkenntnis in dieser Hinsicht erkannten. Diese Unkenntnis braucht aber keineswegs eine so völlige zu sein; schon viel auf diesem Gebiet kann in der That sehr gut erklart werden ohne dieses Prinzip einigermassen anzunehmen; wenn man namlich sich nur von dem darwinistischen Aberglauben und von der Idee der Nützlichkeit loszumachen weiss. Das oben unter die Mimicry Angeführte zeigt überzeugend an, wie vieles ohne natürliche Selektion zu erklaren ist, und zwar wohl gerade über das, was auch nach weismann als die grösste Stütze dieser Theorie betrachtet werden muss. Darum wird durch den Angriff von der Mimicrylehre die Axt an den Fuss des Darwinismus gelegt, darum hielt ich es dann auch für nützlich diese Arbeit zu unternehmen. Der Darwinismus ist entstanden aus der Thatsache, dass Darwin durch seine Studiën, vor allem aus Anlass des wahrend seiner berühmten Reise von ihm Wahrgenommenen die innige Ueberzeugung von der Wahrheit der evolutionellen Entwickelung der lebenden Wesen erlangt hatte und demzufolge das Bedürfniss fiihlend den Verlauf dieser Entwickelung verstehen zu lernen, damals den Schlüssel dafür gefunden zu haben glaubte in der künstlichen Zuchtwahl, deren Resultate er vor Augen hatte. Bei diesem letzteren sah er evolutionelle Facta durch Zuthun des Menschen zu Stande kommen, daraus entstand bei ihm vermutlich die Vorstellung dass auch jede natürliche Evolution aus einem derartigen Drang von aussen hervorgehen muss, und da er nun keine übernatürliche Dazwischenkunft annehmen wollte, kam er zu der Meinung dass ein sogenanntes Naturgesetz oder wenigstens eine feste alles beherrschende Naturthatigkeit den Platz davon ausfüllen solle. Eine Thatigkeit jedoch, worin ebenso wie bei dem Menschen ein bestimmtes Streben vorhanden war. Zwar widersprechen dem Darwin's VVorte: ausdrücklich sagt er jedesmal, wenn er von jener Thatigkeit als von einer intellectuellen Kraft spricht, dass dies nicht wörtlich sondern nur als eine aus Bequemlichkeit angewandte Bildersprache verstanden werden muss. Aber, wie bekannt, kann man viele Menschen besser nach ihren Thaten als nach ihren Worten beurteilen und so ist es wohl auch hier; es ist bei alledem vollkommen unmöglich in vielen von Darwin's Erklarungen einen vernünftigen Sinn zu finden, wenn man dabei ausschliesslich an Bildersprache denken will. Der stets bei ihm dominierende Zweckbegrifïf, auf die Idee der Nützlichkeit begründet, lasst dies nicht zu. Man denke z.B. nur einmal an solche Einrichtungen, wie man es darwinistisch nennt, bestimmt, um Selbstbetaubung bei Pflanzen oder Parung von blutverwandten Tieren zu verhindern! Wie will man so etwas nun ohne eine intelligente Kraft sich denken? Wie Darwin, wie dies ja bei Jemand der die persönliche Schöpfung doch nicht annehmen konnte sehr begreiflich ist, auch rang um diesem zu umgehen, die Wahrheit ist, dass auch er sich in der That nicht iiber diesen Drang zur Verkörperung, worauf schon mehrere Male hingewiesen ist, erheben konnte. Und bei seinem Nachfolgern steht der bewusste Zweck bei allen evolutionellen Formveranderungen meist unbedeckt auf dem Vordergrund. Alles heisst dort stets Anpassung mit einem bestimmten Zweck. Nun hat dasjenige, was durch die kiinstliche Zuchtwahl zu Stande gebracht ist, gleichwohl nicht in dem eigentlichen Sinn sein Dasein dem Menschen zu verdanken, ebensowenig wie die Naturkraft, welche die Locomotivc fortbewegt; der Mensch giebt der Naturthatigkeit in solchen Fallen nur eine gewisse Richtung, weiss dieselbe seinen eigenen Bedürfnissen dienstbar zu machen. Ebensowenig ist es deshalb notwendig, um zu dem Zwecke das Entstehen der Evolutionserscheinungen in der Natur verstehen zu können, die Thatigkeit eines derartigen Naturgesetzes anzunehmen, man kann sich diese auch sehr gut so denken, dass sie aus der Begegnung der zahllosen einander kreuzenden und auf einander Einfluss ausübenden, chaotischen Thatigkeiten physischer, chemischer, und vielleicht auch noch anderer Art entspringen, und dadurch in bestimmten Fallen bestimmte Formen, wie auch einen Verlauf in bestimmter Richtung, erlangen; dies letztere z.B. auch, wenn der Mensch sie dazu zu leiten versteht. Das auf den Vordergrund Stellen solch eines Naturgesetzes, ist doch, wie soeben bereits bemerkt wurde, auch nur wieder eine Form von Verkörperung, und das Bedürfniss dazu dasselbe was oben bereits mit Bezug auf Eimer angewiesen ist, die Aeusserung jenes horror vacui, der den menschlichen Geist angreift, welcher philosophisch noch nicht kraftig genug entwickelt ist um sich den Weltlauf ohne solch eine Leitung vorstellen zu können, und ihn dann jedesmal, wie ein Küken sich unter den Flügeln der Glucke, verbergen lasst; wobei dann aber auch die Glucke unentbehrlich ist. Sicher stehen nicht alle Nachfolger von Darwin auf diesem Standpunkt. Haeckel z.B. bestimmt nicht. Aber Haeckel ist trotz seiner unverkennbar grossen Gelehrtheit und weitem Bliek auch ebenso sanguinisch wie Darwin es war hinsichtlich aller Dinge, die nun einmal bei ihm herrschende Vorstellungen zu bestatigen scheinen; er wird dadurch dazu gebracht, solche Facta nicht mit der erforderlichen Sorgfalt zu untersuchen, ihre Bedeutung stark zu übertreiben und die daran hangenden Schwierigkeiten zu übersehen; er geht dann wie verblendet nur immer weiter. Fleischmann weist in seinem Werk rDie Descendenztheorie"1 dafür eigentümliche und unwiderlegliche Beispiele an. Wenn solche Gelehrten in Streit geratend einander wie die Götter oder Riesen der Mythologie ganze Berge von Gelehrtheit an die Köpfe werfen, dann entstehen, wo diese Berge gegen einander stossen, vor allem in den dogmatischen Felsgesteinen woraus sie zum grössten Teil zusammengesetzt sind, leicht Risse, wodurch die Wahrheit dann Gelegenheit hat zu Tage zu treten. darw1n hatte auch fiir diese ihm anklebende geistige Schwache keine Auge, und darum leiteten als er einmal so, wie er meinte, auf die richtige Spur gekommen war, ihn die Eigentümlichkeiten seines Volkscharakter weiter unbevvusst zu den Hypothesen, auf denen seine Theorie begründet ist; wurden also die auf ihn einwirkenden aussern Eindrücke durch seine erbliche Anlage verarbeitet. Die unverantwortliche Leichtfertigkeit, mit der ein Mann wie dieser grosse Naturforscher die losen Hypothesen von Bates, von YVallace, übernahm und zu der Seinen machte, sobald es ihm nur einigermassen schien dass sie seine Ansichten stützen konnten, weist deutlich darauf hin, wie er, nachdem er einmal seine Meinung gefasst hatte, dadurch ganzlich suggeriert war, wie sich demnach in dieser Beziehung Einseitigkeit bei ihm entwickelt hatte. Ganz und gar stimmt damit dann auch überein die typische englische Geistesrichtung, welche ihm, nachdem er einmal die Zuchtwahl als das Wesen des grossen Naturprozesses erkannt zu haben glaubte, auf die Frage: Warum? ohne Zögern antworten liess: wegen des Nutzens. Denn dies ist doch die Lebensanschauung, welche das engliche Volk über alles beherrscht, diejenige, welcher fast all das Grosse das von dieser Nation erreicht wurde, zu danken ist, welche jedoch auch die Erklarung fiir ihre grossen Gebrechen giebt, sie ist für dies Volk zu einem Rassenstempel geworden; nicht zufallig ist es dann auch, worauf ich bereits früher die Aufmerksamkeit hinlenkte, dass unter den verschiedenen Strafrechtstheorieen gerade diejenige der Nützlichkeit englischen Ursprunges, von dem englischen Juristen J. bentham, ist. Auch in der so lange auf nationalökonomischen Gebiet allgemein erkannte Lehre der Manchester-Schule, worin ebenso wie bei dem Darwinismus die von der Zuchtwahl, das Verhaltnis zwischen Nachfrage und Angebot zu einem allmachtigen Naturgesetz proclamiert war, ganzlich auf Eigen- nutz beruhend, d. h. also auf dem daraus für die Parteien entspriessenden Nutzen, zeigte sich dieselbe Erscheinung. Und viel Unheil hat auch diese Lehre gestiftet — erst in der letzten Zeit hat man angefangen sich von ihr loszumachen. Nicht weniger typisch national fasste üarwin darum auch die Weise auf, in welcher die Zuchtwahl dann zu Stande kame als eine allgemeine Konkurrenz oder Wettstreit, als einen riesenhaften Sport, in welchem der starkste oder geriebenste siegt. Dass ein fortwahrender gegenseitiger Streit / den Naturzustand des Menschen bildet wird doch auch schon vor dreihundert jahren durch den Englischer Philosoph hobbes angenommen. Erklarlich, verstandlich, ist dies nun sicher vollkommen, aber darum noch nicht richtig; im Gegenteil, wo solch eine Einseitigkeit in der Entstehung dieser Lehrsatze so angewiesen werden kann, muss ihre Verwerfung auch eintreten; die Wissenschaft muss von einem höheren und weiteren Standpunkt urteilen. Einen aussergewöhnlichen Erfolg hat jedoch diese Erkenntnis gehabt; auf die ganze menschliche Gesellschaft hat sic ihren Stempel gedruckt; die Umstande waren dafür dann auch besonders gunstig. Die alte Auffassung, diejenige der direkten Schöpfung war doch für einen grossen Teil der Gebildeten nicht mehr haltbar geworden. Unverkennbar geht es dann aus den Schriften von YVallace, von Weismann, und noch vielen andern deutlich hervor, wie diese Anschauung sie stets mit dominierender Kraft zum Darwinismus treibt und demselben alle Naturerscheinungen anpassen will, weil sie keinen andern Ausweg sehen der direkten Schöpfung zu entkommen, welche ihnen nun einmal zuwider geworden ist. haeckel steht z.B. noch immer auf demselben Standpunkt dass der Streit gegen den Darwinismus, der nach ihm mit der Descendenztheorie ein und dasselbe ist, auch jener ist für den Schöpfungsglauben gegenüber der Wissenschaft; in seiner Bestreitung von Fleischmann zeigt sich dies sehr deutlich. Aber wenn letzterer (die Descendenztheorie 1901) dagegen sagt dass es sich hierum niemals gehandelt hat, dann macht er doch einen historischen Eehler. Allerdings trat dies ursprünglich bei der Beurteilung der Evolutionslehre stark auf der Vordergrund; der Fehler von haeckel liegt darin dass er immer noch derselben Meinung ist, wiewohl mit der Zeit auch das Unrichtige des Tertiuni non datur in dieser Hinsicht sicli klar ergeben hat. Mit der Wurde der persönlichen Schöpfung schienen auch vor allem die Mimicryerscheinungen unvereinigbar. Ein direktes, übernatürliches Eingreifen konnte doch wohl das beabsichtigte Ziel auf einem sicherern, weniger umstandlichen und schneller wirkenden Weg erreichen und die Geschöpfe auf einfachere Weise genügend beschützen. Aber das „ Tertiuni non datur" kann hier gar nicht angewendet werden. Die Lehre der Evolution nun, welche die alte Auffassung ersetzen musste, war wohl bereits geboren aber selbst noch zu unbestimmt, zu ungeniessbar, um allgemein Eingang zu finden. Von Darwin wurde sie jedoch auf derartige VVeise dargestellt und erklart dass sie dafiir geeignet wurde; sowohl von ihm als auch von seinen vielen Nachfolgern ist sie dann auf diese Weise weiterhin so zubereitet, dass sie von vielen mit gutem Appetit genossen wurde, wiewohl sie dann auch bei einer grossen Anzahl von ihnen eine sehr unbekömmliche Wirkung und sogar eine wahre Trunkenheit erzeugt hat. Darum, weil namlich nicht das rein wissenschaftliche Prinzip sondern die Einkleidung desselben im eigentlichen Darwinismus auf dem Vordergrund steht, ist es dann auch vollkommen wahr, was L. wllser (Die Kriiger-Pinkasche Hypothese, Globus 8 Sept. 1900) sagt: Was Darwin's Lehren trotz allem Widerspruch des alten Vorurteils doch einen verhaltnissmassig raschen Siegerlauf verschafift hat, das waren merkwürdiger- aber nicht unbegreiflicherweise die ihnen anhaftenden Irrtümer, die Ueberschatzung der Einzelauslese und geschlechtlichen Zuchtwahl. Man gestatte mir die oben gebrauchte in manchem Auge vielleicht etwas unehrerbietige Bildersprache. Auch ich hege eine grosse Achtung vor Darwin und das von ihm verrichtete Werk, wiewohl ich auch, wenig für Suggestion empfanglich und in juristischen Unparteilichkeit geschult, darum ihm und vor allem seiner Schule noch nicht blindlings folge und auch seine Irrtümer nicht übersehe, ja, wo ich glaube, dass dies im Interesse der Wahrheit und Wissenschaft nötig ist, mich nicht scheue ernstlich die Aufmerksamkeit daraufhinzulenken. Aber mein Vergleich betrifTt nicht so sehr den Gelehrten als vielmehr die Wirkung seines Einflusses auf das grosse Publikum; als Anwendung hierauf darf man ihn dann auch wohl etwas alltaglich einkleiden. Es ist die höchste Zeit zur Nüchterkeit und Gesundheit zurückzukehren. Gegenüber einer ruhigen wissenschaftlichen Untersuchung nach der Wahrheit hat sich der Darwinismus nicht als dauerhaft genug erwiesen; er hat also keine Existenzberechtigung mehr. Die evolutionelle Entwickelung der lebenden Natur muss jetzt besser verstanden, die Evolutionslehre, von ihren Parasiten befreit, richtiger interpretiert werden. Sicherlich, ich will die Möglichkeit nicht / verkennen dass Spatere, den Geschichtslauf besser übersehend, in dem Darwinismus eine notwendige Entwickelungsstufe erkennen werden, die Funktion erfüllend urn wo die Gesellschaft, sogar in ihren gebildeten Standen, zur Aufnahme des reinen Evolutionsbegrifïfes noch nicht fahig war, in seiner weniger reinen Form die alten Begriffe schon wegzunehmen und so für die neuern das Terrain zu ebenen. Immer sieht man doch in der menschlichen Geschichte etwas derartiges auftreten. Aber die Zeit ist doch gekommen dass, wenigstens für die Gebildesten auf dem Gebiet der Naturwissenschaft, dieses Kleid die Wahrheit nicht mehr zu verhüllen braucht, dass sie dieselbe in ihrer natürlichen Nacktheit betrachten müssen, um ihre Schönheit bewundern zu können. Nun ist allerdings neulich in der sogenannten Mutationstheorie eine sehr geanderte Auffassung über die gemeinte Lehre aufgetreten, in der doch die obengenannten Beschwerden gegen die darwinistische Auffassung über die Wirkung der natürlichen Zuchtwahl zu der Artbildung anerkannt werden, wahrend sie auch den Kampf um's Dasein nur in sehr geschwachter Form übernimmt, und denselben dann auch nur eine Bildsprache nennt, womit Lebensfahigkeit gemeint wird. Wieviel Achtung ich aber auch vor meinen gelehrten Landesgenossen empfinden möge, dessen Namen mit der hier gemeinten Theorie verbunden ist, so kann mich doch diese Ansicht nicht überzeugen, denn auch sie beruht auf derselben Aufifassung wie der eigentliche Darwinismus hinsichtlich der Variabilitat und ferner auf eincm Lehrsatz, dem ich ebenfalls auf Grund der vielen oben von mir bereits besprochenen Thatsachen einer fortwahrend fortschreitenden evolutionellen Veranderung in keiner Hinsicht beitreten kann, namlich dem, dass die Arten, wenigstens so wie sie jetzt sind, normal sich nicht verandern. Auch von ihrem Standpunkt finde ich es ausdrücklich ausgesprochen, dass eine Theorie, welche die Descendenzlehre begreiflich machen will, die \ ariabilitat der Arten zur Voraussetzung haben muss; ihr gutes Recht gründen muss auf den Umstand, dass, wenn man mit ihr die darwinistische Aufifassung der Artbildung durch Selektion aus der individuellen Variation verwirft, man auch notwendig die ihrige, welche dieselbe aus der spontanen Variation ableitet, annehmen muss, weil ja eine dritte zuieichende I4orm von Variation nicht bekannt ist. Dies geschieht also auf demselben, meines Krachtens, wissenschaftlich nicht zu verteidigenden Grund, der, wie wir schon sahen, von WEISMANN, behufs der darwinistischen Selektion angewendet wurde, der nun aber sogar zu einem Tertium non datur erhoben ist. Nach meiner Meinung braucht aber die Artbildung nicht aus der darwinistischen Variabilitat hervorzugehen, und hat letztere sogar als solche, als ein gewisser selbstandiger biologischer Begriff, kein Existenzrecht. Weiter halte ich auch die über diese Theorie schon anderswo gemachte Bemerkung für richtig, dass es für die Selektion gleichgiiltig ist ob die Variationen durch eine etwas grössere oder kleinere Kluft von einander getrennt sind; woraus hervorgeht, dass sie auch die Kxistenz der Selektion als einen Hauptfaktor in der Formveranderung nicht absolut verwirft. Zwar erkennt sie der Naturselektion nicht mehr eine primare sondern nur eine secundare Rolle zu insofern sie die Veranderungen nicht mehr durch diese entstehen lasst, sondern ihr allein das Verschwinden dessen, was unzweckmassig ist, zuschreibt. Aber auch so kann ich diesen Faktor wie schon gesagt, nicht anerkennen ; nirgends weniger gewiss, als wo die einzige Stütze, auf welcher sie in W irklichkeit beruht, der Kampf um's Dasein, so kraftlos gedacht wird. 26 Ausser den pathologischen und den Bastard-Variationen, die hier nicht beachtet zu werden brauchen, kennt man, wie es heisst, deren zwei: die individuellen und die spontanen oder Sprungvariationen, auch Mutationen genannt. Letztere offenbaren sich in dem plötzlichen, ohne bekannte Ursache, aus bestehenden Arten Hervortreten neuer fertig gebildeter, erblich sich fortpflanzender, Species. Erstere bringen nur die Erscheinung dass kein Individuum irgend einer Art dem andern gleicht, zum Ausdruck; sie kommen immer vor, sind bloss unterschieden nach Mass, Gewicht, und Zahl, überschreiten nie die Artgrenzen und sind also nur quantitativer, nicht wie die spontanen Variationen, qualitativer Natur; ihre einzelne Stufen gehen allmahlich in einander über; sie bewegen sich immer in den Grenzen eines durch mathematische Formeln ausdrückbaren Gesetzes, das nach seinem Entdecker das QuÉTELET'sche Gesetz genannt wird. Nur diese individuellen Variationen waren nun DARWIN, WALLAGE und den meisten ihrer Anhanger bekannt, und darauf wurde also die darwinistische Selektionslehre über die Bildung der Arten gegründet; mit Utrecht aber; um die oben schon genannten Beschwerden ist sie nicht anzunehmen ; nur durch spontane Variationen, wie man die bei Pflanzen hat hervortreten sehen, entstehen neue Arten, deren weitere Existenz dann von der Lebensfahigkeit abhangt, die ihr gegenüber den sie umringenden Verhaltnissen eigen ist, d. h. in dem was darwinistisch der Kampf um's Dasein geheissen wird. Schon gleich will es mir vorkommen, dass diese Theorie wohl einen allzu botanischen Charakter tragt, dass sie zu speciell auf bloss botanischen Beobachtungen beruht, und scheint es mir dass sie dadurch gegen meine, zwar vielleicht auch auf zu einseitige zoologische Kenntnissen gegründeten Einsichten anstösst. Solch ein spontanes Auftreten neuer Arten würde dann ja ebenso gut bei Tieren als bei Pflanzen, sogar auch bei den höheren Tieren, vorkommen müssen. All was die Entwickelungsgeschichte dieser Formen, mit Inbegriff von denen des Menschen, auch im Vergleich zu den Resultaten der palaeontologischen und embryologischen Untersuchungen lchrt, scheint mir aber wohl zu erlauben darin einige Verschnellungcn evolutioneller Wcrdung anzunehmen, solch eine spontane Entstehung jedoch vollkommen unannehmlich zu machen. Auch die Weise in der bei den Mimicryerscheinungen, wie oben erzahlt wurde, die verschiedenen Faktoren auftreten, ist ganz mit ciner sprunghaften Formveranderung in \\ iderspruch. Die Gründe, weshalb ich die Halmatogenesis nicht als die normale Form der evolutionellen Aenderungen annehmen kann, habe ich dann auch oben schon entwickelt. Aber ausserdem glaube ich die Entstehung der Arten sehr gut in anderer Weise verstehen zu können und zwar ohne dass ich darin solch eine selbstiindige Naturwirkung wie die der darwinistischen Variabilitat, oder solch ein mathematisches Gesetz wie das QuÉTELET's nötig habe. Ich will dieses hier kurz ausarbeiten, man vergebe mir, wenn ich darum hie und da in eine Wiederholung fallen muss. Ehe ich dazu schreite ein kurzes Wort jedoch über die Weise, wie ich mir im allgemeinen den Verlauf der evolutionellen Veranderung bei Tieren und Pflanzen denke; und zwar im Hinblick auf dasjenige, was von branco in seiner auf dem V Internationalen Zoologen-Kongress gehaltenen Rede: „Der fossile Mensch" gesagt ist. Nach diesem Gelehrten sollte, falls man nicht annehmen will dass diese Veranderung bereits ihren Endpunkt erreicht hat und demnach in dieser Beziehung jetzt ein Stillstand eingetreten ist, was offenbar mit der Wahrnehmung im Streit ist, der Verlauf derselben dann nur entweder ausserst langsam, kriechend vorwartsgehend oder sprungweise nach Zeiten von Stillstand gedacht werden konnen. Nur das erstere kommt ihm jedoch annehmbar vor, da er doch die Entwickelung der Lebewelt für abhangig halt von derjenigen der Erde und auch diese nicht in Sprüngen sondern nur allmahlich sich weiter entwickelt. Ich glaube nun jedoch dass noch eine dritte Art möglich und in Wirklichkeit diejenige ist, in welcher dieser Verlauf stattfindet und ich nehme dies nicht a priori an sondern als eine Folge dessen, was mir meine Studiën über evolutionelle Prozesse, speciell dessen, was ich 1' arbenevolution nenne, gelehrt haben, und was sich übrigens grossenteils den von weiland Eimer ausgesprochenen Ansichten anschliest. Nach meiner Meinung schreitet die evolutionelle Veranderung noch stets ganzlich wie früher fort, das heisst immer unterbrochen von Abschnitten eines zeitweiligen Stillstandes, und im übrigen in der Regel allmahlich verlaufend, wobei aber bisweilen auch eine gewisse Beschleunigung stattfindet, dieselbe welche, wie oben bereits gesagt wurde, früher auch schon von genanntem Gelehrten erkannt wurde und auch scheinbar als sprungweise vor sich gehen kann. Dies alles geschieht jedoch durchaus nicht für alle Lebewesen gleichzeitig, sondern in der grösstmöglichen Ungleichheit, sodass nicht allein grosse Gruppen, ganze Ordnungen, sondern auch die Arten einer gleichen Gruppe und sogar die Rassen einer Art, die Individuen und bei diesen die Geschlechter in dieser Hinsicht unter einander verschieden sind, und daraus das Nebeneinanderbestehen von Geschöpfen in allerlei verschiedenen Entwickelungsstadien sich ergeben hat. Wie ich mir nun in diesem allgemeinen Zustand die Entstehung von Arten vorstelle möge man aus dem Folgenden ersehen. Jeder Organismus, auch aus der einfachsten Weise der Fortpflanzung, bloss aus einer Cellenteilung hervorgekommen, muss, wie wenig auch, unterschieden sein von demjenigen aus dem es entstanden ist, wie auch von den Organismen, die spater aus ihm ihren Ursprung nehmen werden. Dies kann nicht anders sein, weil es nicht unter denselben Umstanden besteht, die Nahrung z.B. und damit auch der Stoffwechsel bei allen nicht vollkommen dieselbe ist. Bedeutender sollen nun aber auch diese Unterschiede werden, je nachdem ein Organismus mehr zusammengesetzt wird; wo sich darin spezialisierte Cellen und so auch ein gewisses selbstandiges Leben fiihrende Organismuseinheiten bilden, werden dieselben natürlich in Bedeutung zunehmen. Aber besonders muss dies stattfinden wo schon eine Trennung zwischen den Geschlechtern aufgetreten ist, und so die Substanz jedes Individuums aus zwei selbst schon von einander verschiedenen Geschöpfen hervorkommt, wohl zu einem vereinigt, aber keineswegs durch eine eigentliche Vermischung, sondern, wie die ïhatsache z.B. dass bei jedem Menschen sowohl körperliche wie geistige Eigenschaften seiner Eltern neben einander und oft sogar mit einander im Streit sich wahrnehmen lassen deutlich zeigt, wenigstens zu einem grossen Teil nur korrelativ, verblinden und zusammengehalten. Dann wird bei jedem Individuum die Weise in der jede der verschiedenen, erblich dabei anwesenden Organismuseinheiten starker oder sc'nwacher iibernommen worden ist, und mehr oder weniger von den korrelativen Forderungen der übrigens auch in derselben Weise unter einander verschiedenen, in demselben Organismus bestehenden dergleichen Einheiten beschrankt ist, eine andere sein, und der Ausdruck davon folglich die Erscheinung hervorrufen dass kein Individuum irgendeiner Art dem andern gleicht; dass ist, was die individuelle Variation heisst. Da diese also aber eine blosse Erscheinung des evolutionellen Lebensprozesses ist, und nicht ein specielier Erfolg einer einzelnen Naturwirkung, wie die der darwinistischen Variabilitat, ist sie, wie es sich von selbst versteht, weder für eine wilde, noch für eine unbestimmte Ausbreitung geeignet; beschrankt wie sie ist durch ihre YVerdung und die Anforderungen der Korrelativitat, ist sie natürlich auch innerhalb dieser Grenzen bloss quantitativ und kann sich nie ausserhalb der Grenzen der Art ausbreiten; sie hat also alle Eigenschaften die bei der individuellen Variation wahrgenommen werden. Doch nur, weil dies die notwendigen F olgen des Prozesses sind, der sich in dieser Erscheinung zeigt; aber nicht als Erzeugnisse einer selbstandigen Variabilitatswirkung; dabei hat folglich auch eine Anordnung durch ein specielles Naturgesetz keinen Sinn. In jedem Organismus nun lebt die Neigung zur Eormveranderung als Aeusserung der darin enthaltenen Energie, zur Evolution also, welcher Art uns zwar nicht bekannt, vielleicht mit dem Leben selbst identisch ist, aber deren Exis-, tenz wir doch in der ganzen Natur wahrnehmen und also erkennen müssen. Nicht immer offenbart sich dieselbe aber gleich stark; aus sich selbst scheint sie niv schlummernd zu bcstehen, durch die Einwirkung von lveizen chemischer, physischer und auch psychischer Natur muss sie erregt werden um erst die Eahigkeit zu bekommen darauf zu reagieren und dann faktisch eine Veranderung zu Stande zu bringen. Solche Anreizungen werden nun für jede Organismuseinheit aus dem Organismus, zu dem dieser gehort, hervorfliessen können, entvveder wie ein Drang der direkt durch die Erfordernisse der Entwickelung von andern darin bestehenden dergleichen Einheiten ausgeübt wird, oder auch durch einen solchen der aus dem Bedürfniss des ganzen Organismus — man denke z.B. an die ad XI ausgesprochene Vermutung über das Wachsen der Zahne verwildeter Schvveine — entsteht. Aber auch werden derartige ausserliche Einflüsse dass die eigentümliche Zusammensetzung einer solchen Einheit dafür besonders empfindlich sein muss, dieser gegenüber gewiss in dieser Weise auftreten können. Von solch einem Reiz erregt wird dann ein Veranderungsprozess einen Anfang nehmen müssen, aber immer Schritt haltend mit den korrelativen Anforderungen des ganzen Organismus und also in so weit beschrankt; übrigens jedoch sich in bestimmter Richtung fortbewegend. Muss doch eine fortschreitende Bewegung wie hier von einer die Rede ist, welche beim Anfang natürlich determiniert wird durch die, Faktoren, die sie in Bewegung gesetzt haben, aus der Natur der Sache eine bestimmte Richtung haben; die oben schon besprochene Beobachtung von solchen Evolutionen u. a. in verschiedenen meiner früheren Studiën enthalten, setzen die Thatsache davon dann auch ausserhalb jedes Zweifels, wie auch das Faktum oben ad V bei den sogenannten geographischen Einflüssen besprochen, dass solch eine Richtung aber auch wieder durch andere Einflüsse beherrscht und vernichtet werden kann. Man muss dieselbe aber, wie schon bemerkt, nicht mit einem bestimmten Zweck verwirren. Solch ein Prozess geht dann eine Zeitlang weiter, um dann, vermutlich durch das Schwacherwerden dieser Reize allmahlich seine Triebkraft zu verlieren und wieder in den Zustand des Stillstandes zu fallen der dann Epistase genannt wird, und weiter darin dann kürzere oder langere Zeit zu beharren, bis ein neuer Reiz entsteht und die Bewegung weiter fortschreiten lasst. Die Daucr jedes solchen Zeitraumes von Bewegung und Stillstand ist dabei sehr verschieden und hangt ofüenbar von dem Auftreten der Reize ab. Bleibt aber solch einer, wie dies zumal mit denjenigen, die aus ausserlichen Linflüssen entstehen, leicht der Fall sein kann, auch nachdem die also erregte evolutionelle Bewegung in VV'irkung getreten ist noch immer kraftig wirken, dann wird auch die Bewegung vermutlich lange fortdauern und kann also ein bedeutender Fortschritt in solch einer Entwickelung gemacht werden, scheinbar nicht stufenweise geschehend, da solche Stufen nur durch die zwischenliegende Zeiten von Iipistase für uns wahrnehmbar werden, und die also leicht für eine sprungweise Veranderung gehalten werden kann, obgleich sie in Wirklichkeit keineswegs plötzlich zu Stande gekommen ist. Natürlich kann das Auftreten eines neuen Reizes, wo schon Epistase eingetreten ist, auch bald schnell, bald langsam, stattfinden. Nun bringt aber die Individualitat — auch dies ist unstreitig konstatiert — eben durch die verschiedene Zusammensetzung der Individuen auch einen grossen Unterschied in der Empfanglichkeit mit sich. Hiervon muss also ein ungleiches Einwirken jener Reize die Folge sein, sodass, vvo folglich eine evolutionelle Bewegung entsteht, dieselbe wieder bei den verschiedenen Individuen gleichzeitig anfangen noch gleich schnell fortschreiten wird. So stark ist dieser Lnterschied sogar manchmal, dass, wie es der Polymorphismus der Lepidopteren zeigt, das eine Geschlecht derselben Art lang unempfindlich für solch einen Reiz bleiben kann, wahrend das andere sich dadurch evolutionell stark verandert. Und hieraus folgt also, dass, wenn eine Art in Evclution ist, die Stufen ihres Fortschrittes bei den Individuen sehr verschieden sein müssen und die Erscheinungen, in denen sich diese Veranderung offcnbart, sich demnach als soviele indi\iduelle Variationen zeigen, für die iibrigens alles, was hierüber oben gesagt worden, auch anwendbar ist. Je nachdem solche Individuen sich mehr dem Standpunkt nahem, wo für sie die Epistase eintritt, werden dann natürlich diese Unterschiede zwischen ihnen geringer; hierzu wirkt gewiss die Panmixie viel mit, die wohl immer besteht, aber an die dann immer mehr schon sich in Epistase befindende Individuen teilnehmen, deren Nachkommen darum auch stets einander sehr ahnlich sein müssen. Ist es einmal so weit gekommen dass alle sich vorlaufig nicht weiter andern, so entsteht auf eine Zeit lang, sofern es so eine Organismuseinheit betrifft wobei dies stattfindet, eine konstante Art, obgleich darin doch noch immer aus den obengenannten Gründen ein individuelj Unterschied bestehen bleibt. Was die Artbildung betrifft, so hat dieselbe, meines Erachtens, dann auch nichts mit Variabilitat zu machen, sondern ist die Folge der ad III schon von mir erklarten selbstandigen Evolution der Organismuseinheiten. Wenn namlich eine gewisse Anzahl Individuen durch die eine oder andere Ursache von den übrigen geschieden wird, und so eine abgesondert lebende Gruppe bildet, hort die Panmixie in sofern auf und wird die geschlechtliche Mischung auf solch eine Gruppe beschrankt; verlauft also bei jeder dieser Gruppen der hier gemeinte Entwickelungsprocess selbstandig, und kann dann bei der einen der Endpunkt vor irgend welcher unter solchen Tieren verlaufenden Evolution schneller erreicht werden als bei der andern. Ueberdies können gunstige Umstande auch die nach dem Erreichen solch eines Endpunktes eingetretene Epistase bei der einen früher aufhören lassen als bei der andern und beide Abteilungen so zu einem verschiedenen Standpunkt im Verlauf eines solchen Prozesses bringen. Bleibt nun die Trennung bestehen, dann nimmt dieser Unterschied natürlich stets zu; dasselbe wird dann jedoch vermutlich bezüglich mehrerer neben einander laufender selbstandiger Evolutionen eintreten, und so, wie auch durch die korrelativen Forderungen solcher Modificationen, werden dann die Tiere in jeder der abgeschieden lebenden Gruppen in ihrer Gesamtheit stets mehr und mehr sich von denen unterscheiden, die zu der anderen Gruppe gehören. Dadurch dass diese Unterschiede sich vererben, was nicht zweifelhaft ist, werden die Rassen gebildet. Werden sie jedoch noch bedeutender, dan. darf man annehmen dass auch die uns unbekannten Faktoren, welche als die Trager der Erblichkeit bei der Fortpflanzung auftreten, dadurch ebenfalls wohl so sehr vcrschicden werden " mussen, dass zwischen denen, welche in beiden Gruppen vorhanden sind, eine derartige Vereinigung nicht möglich ist, wie sie zur Bildung von neuen aus den vereinigten erblichen Eigenschaften beider Eltern aufzubauenden Wesen notwendig ist, und dass deshalb eine fruchtbare Vermengung beider Gruppen nicht stattfinden kann. Dann, sind die Rassen zu Arten geworden. Solange jedoch nicht durch das Auftreten mehrerer neben einander selbstandig verlaufender Lvolutionen die Unterschiede zwischen beiden Gruppen solch eine Bedeutung erlangt haben, bilden sie, trotz der Trennung, immer nur Rassen, die unter einander fruchtbar sind. Wenn dagegen bei einer Gruppe selbstandig solch eine Umgestaltung der Genitalien stattfindet, wie die oben ad III betrefïfs gewisser Papilws erwahnte, dann kann natürlich die Vermischung mit anderen Gruppen schon sehr schnell unmöglich werden, und dadurch eine Artbildung zu Stande kommen; die dann weiter wiederum ihren selbstiindigen Entwickelungsgang fortsetzen wird. So denke ich mir namlich die Artbildung, wenn auch die ursprüngliche Art bestehen bleibt. Eine andre ist aber auch sehr wohl möglich wobei diese vernichtet wird, aber nicht durch den Kampf ums Dasein zerstört oder eliminiert, sondern einfach, weil sie in die Neue übergeht. Dasselbe wird stattfinden, wenn verschiedene Organusmuseinheiten von allen Individuen einer Art mehr oder weniger gleichzeitig, in derselben Weise sich bedeutend andern, aber dabei immer unter einander korrelativ in dem Mass beschrankt bleiben, dass die Existenz des ganzen Organismus doch möglich ist. Dann wird auch nach eine gewisse Zeit eine Art entstehen, die von der ursprünglichen ganz verschieden ist, aber in YVirklichkeit nichts als einen höher evolutionierten Zustand derselben darstellt. Nun ist es zwar nicht zweifelhaft dass so wohl die Umstande für solch eine Rassenbildung, wie die Zeit, die für den Uebergang davon zu Arten gefordert wird, sehr verschieden sein können; sehr wohl möglich ist es deshalb, dass bei einfach gebildeten Organismen wie 1'flanzen, dieser ganze evolutionelle Prozess sehr kurz dauern kann, und dass da die selbstandige, kraftige und beschleunigte Entwickelung einer einzelnen Organismuseinheit schon genügend ist, um auch Samenbestandigkeit und so Artbildung mit sich zu bringen. In dieser Weise würde sich dann die spontane Entstehung einiger neuen Pflanzenarten verstehen lassen. Sicher ist es, dass, was ich vermeldet finde über das Erscheinen derselben neuen Pflanzenformen in verschiedenen Gegenden oder auch zwischen zahllosen unveranderten Individuen der Stammform, wie auch dass sogenannte Mutationen nach einander an derselben Pflanze auftreten, sich ganz vereinigen lasst mit solch einem beschleunigten Auftreten selbstandiger Organismuseinheiten unter günstigen Umstanden, wahrend aber daneben bei der Masse der Stammform noch nicht die erforderte Empfanglichkeit dazu da ist. Ich muss aber die Ausarbeitung hiervon den Botanikern iiberlassen. Meine Absicht war nur hier zu erklaren, dass, wenn ich mich mit der Mutationstheorie nicht vereinigen kann, und speciell die herrschende und auch in dieser Theorie gehuldigte Ansicht über die Variabilitat durchaus verwerfe, ich dafür ernstliche Gründe anführen kann. Aber wessen Meinung hierüber nun auch den Vorzug haben möge, jedenfalls muss ich ernstlichen Einspruch dagegen erheben, diese Theorie als eine blosse Aenderung des Darwinismus und dies also wie im Prinzip nicht dadurch angegriffen, vorzustellen. Nein, die Mutationstheorie möge noch gewissermassen Selektion und einen schwachern Streit um's Dasein anerkennen, damit ist der Darwinismus nicht gerettet. Wo sie die Möglichkeit von Entstehung der Arten aus dem individuellen zufallig Variieren durch fortgesetzte Veranderung unter der auslesenden Thatigkeit von dem Kampf um's Dasein verwirft, bricht sie in erster Reihe auch den Stab über die ganze darwinistische Mimicrytheorie. Wird doch die Entstehung dieser Erscheinung ganz in derselben Weise wie die der Arten aus dem zufallig individuellen Variieren erklart — darum sah WEISMANN dann auch in den Mimicryfallen das scharfste Beweismatcrial der darwinistischen Lehre. Ist nun die erste unannehmlich, so ist es auch die andere; und das ist denn auch in der That die Wahrheit; aber damit verschwinden auch die Thatsachen, die als Beweise für die Existenz der Naturselektion gelten und ohne diese kein Darwinismus. Die Mimicrylehre aber auf die Basis der Mutationstheorie zu gründen, darf auch wohl als ein hoftnungsloser Gedanke zur Seite gestellt werden. Auch ist ein Kampf um s Dasein nur als Bildsprache für Lebensfahigkeit mit den Darwinismus nicht zu vereinigen. Die schwachere, allgemeinere, Auffassung dieses Ausdrucks möge, wie oben bemerkt, auch in dem Darwinismus darunter verstanden werden, ihre eigentliche Bedeutung in dieser Lehre, dasjenige, was sie kennzeichnet und mit der sie steht oder fallt, ist die im scharferen Sinne. Man möge darin sich diesen Kampf zwischen Arten oder zwischen Individuen vorstellen, die Ueberbleibenden, die Starksten oder die Tiichtigsten nennen, oder sogar selbst nur von dem Passendsten sprechen, darin eine Konkurrenz oder einen Konkurrenzkampf sehen, dies bleibt sich alles gewissermassen gleich, aber die Vernichtung, die Elimination der Unterliegenden, die er zuwege bringt, ist im Darwinismus keineswegs als eine Bildsprache gemeint, sondern als eine echte Wirklichkeit, so reell und scharf wie möglich. Darin liegt das Wesen selbst der Selektion; dieses Prinzip lasst sich nicht eskamotieren. Auch in die Mutationslehre wird also, wenn auch darin einige Relikte übergeblieben, das Wesen des Darwinismus nicht übernommen, dies also theoretisch vernichtet. Aber dies nun muss öffentlich und ausdrücklich anerkannt und nicht aus Ehrfurcht vor einem wohlverdienten grossen Namen verborgen werden, weil es von grossem Interesse ist. Verschwindet doch mit dem wissenschaftlichen I"all der darwinistischen Lehre auch die 13asis für alles was jetzt in der menschlichen Gesellschaft aus dem schlechten Einfluss dieser Lehre hervorgekommen ist, für all die zahllose Unglück stiftenden Irrbegriffe, die daraus entstanden und darauf gegründet sind. Aus diesem Fall muss die sittliche Umbildung unserer Gesellschaft hervorgehen; solch eine I hatsache daif deshalb nicht verheimlicht werden. Oben bereits wurde von mir darauf hingewiesen, wie eine so einseitige Entwickelung einiger Organismuscinheiten, dass dadurch der korrelative Verband mit dem übrigen Organismus unterbrochen wird, sein Wesen ernstlich storen und sogar den Untergang desselben nach sich ziehen muss; jeder nun, der im Stande ist, sowohl was die Wissenschaft als auch was die ganze Gesellschaft jetzt zu sehen giebt mit Ernst zu betrachten, wird darin einen Zustand von Verwirrung merken mussen, welche eine ernstliche Furcht vor der Fortdauer derselben, wenigstens auf dem Standpunkt der von ihr erreichten hohen Bildung, hegen lassen muss, ein Zustand als dessen Ursache ebenfalls die Störung der nötigen korrelation zwischen den verschiedenen Teilen deutlich zu erkennen ist. Durch die aussergewöhnliche ungleichmassige hntwickelung, welche den Wissenschaften, die das Studium der Natur zum Gegenstande haben, zu Teil wurde, ist zwisehen dieser und der philosophisch-historisch-juridischen ein tiefer Riss entstanden; solch einer von nicht geringerer Weite gahnt auch zwischen den gesellschaftlichen Bediirfnissen wie sie verstanden werden von Menschen, deren Anschauungen zum grossen Teil stark unter den Einfluss der Resultate der neueren Naturwissenschaft stehen, und den Einrichtungen, welche als Ueberbleibsel aus früheren Zeitabschnitten von Entwicklung nicht oder nicht genügend modificiert weiterbestehen und diesen Bediirfnissen nicht mehr entsprechen. Und bei vielen Individuen stand die ungleichmassig verschaftte Kenntniss nicht im Verhaltniss zu den vorhandenen Vermogen um sie zu verarbeiten und ist dadurch auch die in dem geistigen Wesen des Menschen nötige Korrelation gebrochen, woraus wohl die allgemeine Nervositat und die vielen Geisteskrankheiten, die jetzt so sehr zunehmen, auch zum 1 eil entspriessen werden. Doch ist der Fortschritt, ja sogar die Handhabung der menschlichen Bildung auf dem hohen Standpunkt von ihr bereits erreicht, an eine Einheit des menschlichen Denkens in beiden genannten wissenschaftlichen Richtungen gebunden; wenn auch das specielle Werk in jenen beiden von besonders dazu geeigneten Personen gethan werden muss, stets muss Fühlung zwischen beiden bestehen bleiben und können sie einander nicht entbehren. Die philosophischen Wissenschaften müssen ihre Grundbegrifte im Zusammenhang mit der Vermehrung des menschlichen Wissens, worauf doch alles menschliche Denken gegründet ist, zu verandern wissen; aus solch einer Aenderung kannen doch auch allein die richtigen Massregeln entspriessen, im Stande ohne heftige Störung die nötige Reformation der menschlichen Kinrichtungen zu bewerkstelligen. Die Naturwissenschaftler können, wollen sie wirklich wissenschaftlich arbeiten, eine logische Bildung nicht entbehren ; zwar begegnet man stets der Behauptung dass die Beschaftigung mit mathematisch-naturwissenschaflichen Stoffen das logische Denken schuit, aber die Krfahrung lehrt wenigstens was die biologische Naturwissenschaft betriftt volkommen das Gegenteil. Auch müssen sie mit der Methode der Kritik, vor allem mit der systematischen Beweisführung bekannt sein, wie die sich durch das Studium der erstgenannten Wissenschaften, die letztere vor allem in der juridischen, entwickelt haben. Aussergewöhnlich stark tritt diese Unfahigkeit zur wissenschaftlichen Beweisführung z.B. bei einem Kritiker wie FleischMANN (die Descendenztheorie) auf, dessen Werk ich erst nach Vollendung des meinigen in die Hande bekam, aber auf Grund dessen ich darin doch noch hier und dort Kinfügungen habe vornehmen können. Sinnliche Erklarung, sagt er geradezu, steht unter allen Umstanden höher als die logische Methode, alsob wirklich logische Schlussfolgerungen nicht unendlich viel mehr Wert besassen als die so trügerische Sinneswahrnehmung, und ernsthafte Wissenschaft ohne Logik denkbar ware. In der That steht er mit seiner wirklich platten Auffassung beziiglich des Wertes der exakten Naturbeobachtung und seinem absoluten Hangen an direktem Augenscheine auf keinem höheren Standpunkt als man gewöhnlich bei Laien antriftt, wo sie zum Strafrechtspruch berufen sind und ein paar Zeugenerklarungen (Man sehe darüber die Untersuchungen, veröfifentlicht von von Liszt in der Deutschen Juristen-Zeitung VII Jalirg. Nü. /) oder einem Bekenntniss einen höchst verkehrten und übertriebenen Beweiswert zuerkennen, wahrend sie den bei weitem starkeren aus dem logischen Verband zahlreicher, jede an und fiir sich wohl gut feststehender aber doch wenig bedeutender Thatsachen sich ergebenden Beweis nicht verstehen und verwerfen. Oder wie mein malaiischer Bedienter auf Sumatra voll Erstaunen geriet, als er sah, dass ich an Stelle von Silbergeld eine Banknote annehmen wollte, weil er von dem Wert eines solchen Papieres keinen Begriff hatte. Dadurch ist dann auch / die Argumentation des genannten Werkes von so geringer Bedeutung und wird wahrlich dadurch die Descendenztheorie noch nicht, wie er behauptet, zusammenbrechen. Der zu grosse Mangel in der nötigen Kentniss auf diesem Gebiet bei so vielen von ihnen ist es hauptsachlich dem die grob unrichtigen Schlussfolgerungen und die für den Sachverstandigen haufig kindisch lacherlichen Beweisführungen zuzuschreiben sind, welche in dem Darwinismus eine so grosse Rolle spielen. Wie auch die nicht weniger argerliche, nur ein Achselzucken verdienende Weise von Argumentation, wobei man, ohne die von der andern Seite aufgestellten Gegengründe erst zu widerlegen einfach stets auf dem einmal angenommenen Standpunkt weitergeht — jene Art des Disputierens, welche von alters her den Frauen eigen war, und gegeniiber welcher ein verstandiger Mann am Besten nur Stillschweigen beobachtet, welche aber nicht gerade den Weg zeigt, auf dem die Wissenschaft vorwarts kommen kann. Auch die zu grosse Specialisierung des wissenschaftlichen Studiums, besonders bei den Naturforschern, tragt hierzu sicher viel bei, denn es ist wohl kein Paradox um zu behaupten, dass eine sehr specialisierte Bildung auch meist in Bezug auf alle anderen Facher des menschlichen Wissens ausserhalb des f speciellen liegend, ohne Zweifel Halbbildung mit sich bringen wird. Und wie diese das Urteil im allgemeinen auf einen verkehrten Weg führt ist wohl bekannt. Diesen Umstanden ist nun die obenerwahnte Verwirrung zuzuschreiben. Wo demzufolge an Stelle der wirklichen Evolutionslehre, welche die Basis der neuen Anschauungen und der ihnen entsprechenden Reformationen bilden müsste, der Irrtum des Darwinismus aufgetreten ist, blieb auch die gesellschaftliche Entwickelung von ihrer natürlichen Basis verdrangt, durch verkehrte Lehren gestort und in verkehrte Richtungen getrieben. Den Grundschlag für ihr moralisches Leben, den das Verlorengehen des alten religiösen Glaubens bei einem grossen Teil der am meisten entwickelten Glieder der Gesellschaft vernichtet hat, musste die Naturwissenschaft ihnen wiedergeben. Hierzu war sie berufen. Aber wie ist sie dem nachgekommen? Hatte die sittliche Entwickelung der Menschheit unbewusst fortschreitend doch bereits theoretisch die Beschrankung des menschlichen Egoismus durch den Altruismus als ihre Richtung erkennen lassen, und begann die Praxis, sei es auch mit der grossen Tragheit, welche in der Regel jede evolutionelle Veranderung kennzeichnet, sich doch in dieser Richtung fortzubewegen, das reine Studium der natürlichen Evolution hatte ihr diese Richtung auch als die natürliche anweisen können, und ihr so, wie ich dies schon in früheren Schriften auseinandergesetzt habe, dort wo ihr die frühere Stütze des Gottesglaubens entfiel, die viel starkere der Wissenschaft verschaffen können. Statt dessen erhob sich der Darwinismus mit seinem nur den gröbsten Egoismus predigenden dummen Kampf um's Dasein; ebenso wie die Einfalle der Barbaren aus den Zeiten der Völkerwanderung mit einem Male die klassische Kultur zum grossen Teil vernichteten, so nun auch den bereits in der gebildeten Gesellschaft erreichten Standpunkt der moralischen Entwickelung mit ganzlicher Vernichtung bedrohend. War das richtige Studium der Natur im Stande Ungleichheit als allgemeine Regel zu beweisen, welche alle Naturzustande beherrscht, konnte durch dasselbe demnach auf wissenschaft lichem Grunde der grosse geistige Irrtum bestritten werden, welcher jetzt als ein thörichtes Streben nach einer tötenden Gleichheit der Gesellschaft soviel Nachteil besorgt, konnte es ihr auf dieser neuen Basis begriindet vielleicht gelingen, dies in ein Streben zu verandern, welches nur Reformation beabsichtigte der künstlichen und darum schadlichen gesellschaftlichen Zustande von Ungleichheit in einen derartigen, der dem natürlichen Bildungzustand entspricht, der Darwinismus war dazu nicht im Stande. Er erkannte nur diejenige Ungleichheit als in der Natur begründet, welche durch ein rohes Recht des Starksten zu Stande gebracht wird; er lehrte keinen gleichen Fortbestand Aller, wenn auch in ungleichem Zustand, je nach dem natürlichen zwischen ihnen bestehenden Unterschied, sondern die grausame Vernichtung des Schwacheren durch den Starkeren. Konnte dies Studium Evolution als Regel der natürlichen Entwickelung gegenüber der Sucht nach Revolution stellen; konnte es der Ueberzeugung Eingang verschaffen dass jeder Fortschritt nur auf Entwickelung des Bestehenden auch durch Evolution Entstandenen beruhen kann, mit Entfernung von demjenigen was nicht mehr mit dem evolutionell erreichten Standpunkt übereinstimmt, aber nicht aus hohlen, eine wissenschaftliche Basis entbehrenden, nicht durch Verstandesthatigkeit sondern durch die Suggestion eines schwarmerischen Glaubens verbreiteten Theorien entspriessen kann; der Darwinismus selbst ganzlich auf solche Theorien stützend, und auf diese Weise verbreitet, bahnte einen gleichen verkehrten Denkweise auf staatswissenschaftlichem und gesellschaftlichem Gebiet den Weg. Hatte langsam wohl, aber doch stets fortschreitend, dieser Zustand von Gleichgewicht zwischen den Forderungen des Egoismus und denen des Altruismus, welcher das Recht bildet, mehr und mehr die Gewalt des Starkeren beschrankt, die das natürliche Bestehen eines jeden Altruismus verneinende barbarische. Lehre vom Recht des Starkeren, welcher der Darwinismus huldigt, musste jede Entwickelung auf diesem Gebiet zerstören; denn wenn so die neue natürliche Basis der Gesellschaft sein muss, dann ist der wahre Rechtsbegriff damit unvereinbar. Der Einfluss dieser Irrlehre wahrend der letzten 30 Jahre auf das Leben der gebildeten Gesellschaft ausgeübt war so ebenso stark wie nachteilig. Sie hat die / menschliche Neigung zu einem kalten Egoismus als das Folgen, das Würdigen eines Gesetzes, welches die lebende Natur beherrscht, dargestellt, und dadurch logisch und sittlich gerechtfertigt. Sie hat also das Zunehmen der Geringschatzung des Rechtes und der Moralitat durch jede Macht, und die Gewalt des Starksten sowohl in den individuellen Verhaltnissen als auch in dem internationalen, die Herrschaft der Geldmacht und die barbarischen Greuel des Krieges zur Unterdrückung des Schwachern, stark befördert. Sie hat bei Tausendcn als das Resultat der Wissenschaft die Ueberzeugung befestigt dass all der rohe Egoismus, dass die Herrschaft der Gewalt iiber das Recht, der natürliche und damit unvermeidliche und nicht zu verbesserende Zustand der Menschheit ist, und so einen thörichten pessimistischen Fatalismus verbreitet, welcher die ganze Gesellschaft, alle ilire philosophischen und staatswissenschaftlichen Betrachtungen, selbst die Erzeugnisse von Kunst und Litteratur vergiftet hat. Sie hat die Evolution der moralischen Bildung unserer Gesellschaft wenigstens ein halbes Jahrhundert aufgehalten; als ein auf den Geist einwirkendes Gift, wie Alcohol oder Opium, ein ganzes Geschlecht Intelligenz vergiftet, auch das kommende bereits schwer belastend. Ueberall die kalte und dumme Thatsache schatzend und das Ideale verwerfend, stritt sie thatsachlich gegen das Evolutionsprincip selbst, denn was ist doch der idealistische Standpunkt anders als die psychische Aeusserung der Neigung nach Fortbewegung, nach stets fortschreitender Evolution, welche das Leben der Natur kennzeichnet ? Mehr als Zeit ist es darum dass solch ein Irrtum bestritten werde und die reine Evolutionslehre wirklich als der vertraubare Wegweiser der menschlichen Entwickelung auftreten könne. Leicht wird dies sicher nicht gehen, denn, wie oben bereits gesagt ist, der Darwinismus ist für die meisten eine wahre Religion geworden, nicht auf wissenschaftlicher Grundlage, sondern auf Glauben beruht jetzt seine Kraft. Ein ganzes Geschlecht, auch von Naturforschern, ist bereits unter seinem Einfluss aufgewachsen; auf dieselbe Weise wie man dies hinsichtlich des religiösen Glaubens so haufig beobachten kann, seine Grundprincipien, die Naturwahl, die des Kampfes um's Dasein, bereits in den jungen Jahren ohne Untersuchung nach ihrem wissenschaftlichen Wrert, als Axiomata, ja als ewige Wahrheiten, in sich aufnehmend, und darauf weiter ilire ganze wissenschaftliche Entwickelung ebenso sehr wie ihre gesellschaftlichen Anschauungen aufbauend. An Jahren Aeltere wissen sich noch zu erinnern, wie damals die darwinistischen Anschauungen zum ersten Male auftraten nicht wenige, in ihren auf religiösem Glauben beruhenden Ueberzeu- 27 gungen dadurch schwer erschüttert, klagten, dass ihnen wenn sie diese aufgeben müssten, auch alles, namlich ihre ganze moralischc Persönlichkeit, cnffallen wiirde; dass dadurch also für sic einc ganzliche morali-ehe Vernichtung die Folgc sein würde. Und so wird es nun auch für viele Naturforscher der darwinistischen Schule sein. Nimmt man ihnen den darvvinistischen Glauben, was kann dann von all ihren Ueberzeugungen auf wissenschaftlichem Gebiet, von all ihren darin ebenfalls begründeten Ansichten betrefifs des Menschen und seiner Gesellschaft übrig bleiben ? Es wird mit ihnen gehen, wie mit den amerikanischen Indianern oder andern solchen Vólkern, deren ganzes gesellschaftliches Wesen aufs innigste verbunden war mit dem bei ihnen entwickelten Bildungsgrad, aber die, nachdem man ihnen ihre friihere Art zu leben als wilde Jager und Krieger unmöglich gemacht hat, nicht im Stande sind eine andere Bildungsform anzunehmen und demzufolge zum grössten Teil langsam verkiimmern. Allein die starkeren Geister werden dagegen bestehen können. Alles was Fleischmann in dem I4e" Kapittel seines bereits erwahnten VVerkes auch hieriiber sagt, ist, wenn man es statt auf die Descendenzlehre auf den Darwinismus anwendet, sehr wert gelesen zu werden. Nicht leicht werden darum viele nachgeben wollen, mit Handen und Füssen werden sie ihre Irrtümer verteidigen. Und noch starker lasst sich dies erwarten bei den tausenden LaienDarwinisten auf jedem Gebiet, Technikern, Aerzten, Juristen, Politikern, Sociologen, Philosophen, Literaten u. s. w., die, selbst keine Biologen, auch wenn sie wollten die Wahrheit dieser Lehre oder die der dagegen angeführten Einwande durchaus nicht beurteilen können; alles davon nur glaubig angenommen und in dieser Ueberzeugung von Kindheit an gelebt und gedacht haben. Für ihre, übrigens, wie dies ebenfalls unter den sogenannten wissenschaftlichen Naturforschern sogar keineswege selten ist, Descendenztheorie und Zuchtwahllehre d. h. Evolutionismus und Darwinismus, meist verwirrende Beschranktheit, zeigt es sich — wie hin und wieder bereits einige gegen diejenigen, welche das darwinistische System antasteten, gerichtete Proben deutlich erkennen las- sen — sogar als cine grosse Dummheit, ja als cinc gewisse Pietatslosigkeit, da hier ja eigentlich von einer wahren Religion die Rede ist, solche ewige Wahrheiten wie die Principien dieser Lehre nur in Zweifel zu ziehen. Denn die Nachkommen der Philister m.'ichen nun einmal einen viel grosseren Bestandteil auch der germanischen Volker aus, als die ethnologische Studiën anzuweisen wissen! Ich kann, wenn ich solche Betrachtungen lese, mir jedoch die YVorte nicht aus deni Kopfe bringen, welche heine in seinen Reisebildern über die Juden ausserte. „So haben sich die Juden schon ins Christentum hineinexerciert, dass sie ordentlich schon über Unglauben schreien, auf Tod und Leben die Dreieinigkeit verfechten, in den Hundstagen sogar daran glauben". Augenblicklich ist durch diese Lehre jedoch jede Thatigkeit auf geistigcm Gebiet auf die fürchterlichste \\ eise inficiert und wirkt dies iiberall in der gebildcten Welt auf ihre Aeusscrungen in unheilvoller Weise zurück. In England stösst man überall auf die darwinistischen Auffassungen; dort werden dieselben auch vor allem durch die nationalen Higenheiten gestiitzt, da doch dieses neue Evangelium der Menschheit aus England gekommen ist und als solches auch als ein starkes Beispiel dient fiir die dort herrschende Einbildung der geistigen Superioritat der sogenannten angelsachsischen Rasse. In Frankreich bilden sie ebenfalls die Basis der Begründungen in den meisten Schriften; wo man sie bestreitet ist dies beinahe immer wegen der alten religiösen Gründe. In Italien erklarte der Professor Sergi ausdrücklich, dass die lombrosianische Schule d. i. das ara meisten auf den Vordergrund tretende geistige Produkt des jetzigen Italiens, den üarwinismus in allen seinen Konsequenzen annimmt; und doch ist dies alles nur Weisheit aus zweiter Hand, keinei der Psychiater, Sociologen und Juristen, welche als die 1'ropheten und Apostel dieser Schule auftreten, besitzt die nötige biologische Kenntnis um im Stande zu sein die Richtigkeit der darwinistischen Lehre selbstandig zu beurteilen. In Deutschland und Holland ist es ebenso. In 1902 sah man so z.B. cine neue Zeitschrift erscheinen die Politisch-Anthropologische Revue, welche als ihr Ziel und Aufgabe angiebt die folgc- richtige Anwendung der natiirlichen Entwickelungslehre im weitesten Sinne des Wortes auf die organische, soziale und geistige Entwickelung der Völker. Eine Unternehmung, die in der That von höchst ntitzlicher Art sein könnte, um so mehr da die Redaktion ausdriicklich erklart die Zeitschrift nicht in den Dienst irgend einer philosophischen Lehre noch politischen Partei stellen zu wollen, sondern dass alle Richtungen des Forschens und Handelns darin berücksichtigt werden sollen, insofern sie nur mit den allgemeinen wissenschaftlichen Zielen derselben in Einklang stehen. Aber was lehrt nun die Praxis? Dass in allem, was bis jetzt von der Zeitschrift erschienen ist, beinahe alle Mitarbeiter ausschliesslich auf dem darwinistischen Standpunkt stehen; dass der Kampf um's Dasein, natürliche und sogar geschlechtliche Zuchtwahl ein fiir alle Male die Grundlage ihrer Betrachtungen ausmachen. Auf diese Weise wird auch wohl dies Unternehmen, weit entfernt von dem was es beabsichtigte, namlich Nutzen zu stiften, nur dazu dienen um jene Irrlehre stets mehr und mehr zu verbreiten. Fiirwahr ein ganz neues Geschlecht scheint wohl aufstehen zu mussen, soll die Gesellschaft von diesem Unglück befreit werden. Aber friiher oder spater; doch wird es geschehen. E puisi muove. Dazu, zu dieser Erhellung der Wissenschaft, vielleicht zur Rettung unserer Gesellschaft, will ich hofïfen dann mein Scherflein beigetragen zu haben. Als Jurist-Zoologe sowohl die Wissenschaften der Gesellschaft als auch die der Natur überblickend und dadurch zu der Einsicht der hohen Notwendigkeit dieser Reformation gekommen, hielt ich es für meine Pflicht, bereits dicht am Ende der menschlichen Arbeitsfrist, mit Hülfe der von mir versammelten Kenntnisse, die Kraft, die mir übrig geblieben ist, dieser Aufgabe zu widmen. NACHSCH RIFTEN. Siehe Seite 49. Meinc Abhandlung iiber die sogenannten Schwanze der Schmetterlinge wird binnen kurzem erschcinen in der deutschen Entomologischen Zeitschrift Iris. Siehe Seite 56. Zeile 3 von unten statt: dann, lies: das. Siehe Seite 57. Ich habe nunmehr den von ür. Grafin M. VON LINDEN unter dem Titel: „Morphologtsche und pliysiologische L > sac/ien der Fliigelzeichnung und Farbung der Insekten mit besonderer Berüchsichtigung der Schmetterlinge" auf dem V Internationalen Zooiogen Kongress gehaltenen Vortrag noch einmal aufmerksam lesen können. Da dieser jedoch nur eine verkiirzte Uebersicht enthalt der ausführlicheren Arbeit der Schreiberin iiber diesen Gegenstand der französischen *htzdemie des Sciences eingereicht, lasst sich ohne diese zu kennen darüber kein definitives Urteil fallen. Sicherlich sind ihre Untersuchungen im höchsten Grade interessant. Ich kann jedoch noch nicht sehen, dass sie die E1MERSCIIE Theorie der Streifen und Flecken auch nur einigermassen bestatigen und ebensowenig fiir den von diesem Gelehrten angenommenen Standpunkt von der Selbstandigkeit der Zeichnung etwas bedeuten. Sicher zufallig ist diese nicht, aber darum noch nicht selbstandig und deshalb einer selbstandigen Evolution unterworfen sein könnend. Wenn man übrigens die Zeichnung auf den Schmetterlingsflügeln so sehr wie die Schreiberin es wünscht an die Flügeladern binden will, je nun, wie erklart man dann den bisweilen sogar sehr ansehnlichen Unterschied darin zwischen sehr verwandten Arten nicht allein sondern zwischen den Geschlechter einer gleichen Art, ja zwischen den Individuen desselben Geschlechtes bei polymorphen Arten ? Dasjenige was sie über das Entstehen des Farbstoffes sagt, scheint mir meine Auffassung dass Rot die ursprünglichc Farbe der Lepidopterenfliigel gewesen sein muss, noch wesentlich zu bekraftigen. Denn, was die Thatsache betrifift dass der urspriinliche rote Farbstofif aus einem Gemenge eines gelben und eines roten I'igmentes besteht, welche beide nahe verwandt sind und bequem ineinander übergehen, und dass dieser nun in der Puppe dann auch solch einen Farbenwechsel zeigt und dabei zuerst der gelbe spiiter der rote Farbstofï vorherrscht, sowohl im Darm wie im Körperepithel, was dann, wie sie sagt, gegen meine Theorie sprechen soll welche das rote Pigment als den urspünglichen Farbstofif der Schmetterlinge ansieht, so kommt mir das noch ziemlich unbedeutend vor und sicherlich keineswegs genügend um die zahlreichen Thatsachen zu widerlegen, auf denen meine Anschauung beruht. Aus der blossen Mitteilung lasst sich überdies auch der Wert dersclben nicht beurteilen. Siehe Seite 7/. Ich kann hier noch hinzufügen, dass auch die Farbengleichheit zwischen D. Chrysippus L. und H. Misippus L. keineswegs überall gleich stark ist; auf Java, wo sie sehr verbreitet sind, giebt es in der Nuancierung beider Arten genug Verschiedenheit, um sie nicht mit einander zu verwechseln. Auch ist ihre Flugart nicht dieselbe. Siehe Seite 101. Zeilc 2 von oben: „was an sich — vorkommt. Diese Worte müssen gestrichen werden. Jener blauliche Glanz kommt bei beiden Geschlechtern vor, aber allerdings am meisten bei dem 99. Man findet jedoch auch Exemplare beider Geschlechter, welche diesen Glanz nicht besitzen, Zeile 5 von unten: Neu-Guinea, und damit auch einige dem Euploea-Typus folgenden 99 von Hypolimnas bolina L. kenzeichnet. Siehe Seite 102. Pap. Caunus WESTW. ist der Enploea Rhadamantus F. sehr ahnlich, einem in Hinter-Indien, Sumatra, Nias und Borneo ausserst gewöhnlichen und auf Java wohl nicht seltenen, doch auch nicht so allgemeinen Schmetterling, welcher sowohl in der Flügelform als auch in der Zeichnung durch ein eigentümliches Auftreten von Weiss von den anderen Euploea-Arten abweicht, sodass man die Entstehung dieser Form wohl sehr besonderen örtlichen Umstanden, für welche diese Art besonders empfindlich war, zuschreiben muss. Und nun ist Pap. Caunus WESTW. wohl überall viel weniger gewöhnlich als diese Euploea, aber kommt doch in denselben Gegenden vor, ausser auf Sumatra, wo er wenigstens noch nicht gefunden wurde; aber auf Java, wo diese Euploea doch auch noch am wenigsten allgemein ist, sehr selten, wahrend dabei kleine eigenartige Unterschiede, welche zwischen den Exemplaren dieser Euploea auf Borneo und denjenigen auf Java zu beobachten sind, sich auch zwischen genannten Papilios dieser Gegenden offenbaren! Eine gleiche Empfindlichkeit für einige specielle Einflüsse kann hier wohl die einzige annehmbare Erkliirung sein. Wozu sollte doch solch eine mimetische Gleichheit dem javanischen P. Caunus WESTW. dienen können, da wo Euploea Rhadamantus F. nicht besonders gewöhnlich und o selbst ausserst selten ist. Sieke Seite io j. Ich hatte hierbci auch noch die nicht wcnigcr starke Aehnlichkeit erwahnen können zwisschen den beiden in Sikkim lebenden Papilio Astorion WESTW. und Epicopeia Polydora WESTW., welcher letztere Falter doch, wie SNELLEN mir mitteilt, ebenso wie das Genus Nyctalemon zu den Uraniden gehort. Vermutlich ist bei diesen Fallen auch Homoeogenesis eine Hauptursache. Im Allgemeinen besitzen ja doch viele Uraniden, sowohl andere Arten von Nyctalemon als auch amerikanische — z.B. Cydimon Leilus L., C. Cacica GUÉR. und C. Sloanus CRAM. wohl nicht die Farbe aber doch in stalker Weise den algemeinen Habitus der Papilio1 s\ sogar bei den Urania Ripheus CRAM. von Madagaskar ist dies in der Flügelform der Fall. Aber daneben kann nun auch noch wohl geographischen Einfluss — in diesem Fall speciell betreffs der Farbe — einwirken. Denn wo sich solch eine Erscheinung bei mehreren untereinander sehr verwandten lieren offenbart, liegt es auf der Hand die Ursache dafür in einer gewissen somatischen Gleichheit zu suchen, welche solch eine gleiche Empfindlichkeit mit sich bringt. Soll aber Empfanglichkeit eine Rolle spielen, dann muss auch ein von Aussen wirkender Einfluss vorhanden sein für den sie bestehen kann. Und da wir nun aus vielen Beispielen wissen, dass solche Einflüsse in der That auf diese Weise stark auf Form und Farbe einwirken können, darf dann auch hinsichtlich der mimetischen Falie, wie die der genannten Uraniden, wohl angenommen werden, dass dabei Homoeogenesis und geographische Einflüsse zusammen gehen. Siehe Seite i jó. Wiewohl sicherlich die eigentliche von dem Menschen erlangte Kenntnis sich nicht erblich fortpflanzt ist doch die Empfanglichkeit dafür wohl zweifellos erblich. Die Fahigkeit zum Lernen, welche sich als sogenannte Schnelligkeit im Lernen offenbart, ist bei Kindern aus den gebildeten Klassen viel grösser als bei solchen aus weniger gebildeten, besonders bei Bauernkindern. Dem wird wohl hin und wieder widersprochen auf GrUnd der Thatsacbe, dass auch aus Bauern sogar wegen besonders bedeutender Eigenschaften berühmte Personen hervorgegangen sind. Aber mit dem Wesen der Evolution nicht bekannt begrift man nicht, dass solchc 1 crsonen ausschliesslich Individuen sind, bei denen eine besondere Beschlcunigung der evolutionellen Entwickelung statt fand, die bei jeder Evolution sparsim vorkommt. Fiir die direkte Wirkung der Erblichkeit muss man jedoch nicht auf solche Ausnahmen sondern auf den Durchschnitt achten, und dann ist das Resultat so, wie oben angegeben. Sogar kommen solchc unbeschrciblich harten Schiidel, wie man sic nicht selten bei den Bauern fïndet — abgesehen von morbiden Fallen — nicht einmal viel in den niedrigeren Standen der grossen Stadte vor. Hebeammen werden selten als wissenschaftliche Autoriteiten angeführt, doch möchte ich die Bemcrkung nicht zurückhalten, die ich einmal von einer alten, in ihrem F ach sehr erfahrenen Hebeamme gehort habe, dass bereits bei ganz kleinen Kindern ein deutlichcr Unterschied in der Intelligenz wahrzunehmen ist zwischen denjenigen der gebildetcren und jenen der niedrigeren Standc. Fiir die& politische Gleichheit aller Menschen ist dies sicherlich cine wenig erwünschte Beobachtung — aber mit der Wissenschaft hat diese wohl auch nicht viel zu thun. Siehe Seite 171. Eine sehr wichtige und sich wohl meiner Anschauung anschliessende Auftassung hinsichtlich der Pflanzenpsyche, traf ich spater in einer Rede, vor einiger Zeit von francis darwin in Glasgow gehalten über die Bewegungen der Pflanzen, welche ich in einer Uebersetzung in der Revue scientifique vom 1 Marz 1902 kennen lernte. Siehe Seite 181. Nculich, in seinem Aufsatz Les phénomenes de la transmission héréditaire (Revue scientifique 21 bevrier icjoj) tcilte Le Hello noch eine Menge derartiger 1'acta mit. Siehe Seite 24.0. Von der Raupe Parechidnia elegantula h.-sch. habe ich in Bd. XL der Niederl. Tijdschrift voor Entomologie Tafel 4 Figur 6 eine Abbildung veröffentlicht, wclche jedoch nicht vollstandig gut gelungen ist, da darauf durch das Farbendruckverfahren die erwahnten feinen, weissen, krummen Linien nicht wiedergegeben werden konnten. Siehe Seite 332. In den Bulletins de CAcadémie royale de Belgique November 1902 soll, wie ich in der engl Zeitschrift Nature lese, Prof. Plateau dann auch wieder neue Proben veröffentlicht haben, bezüglich des Besuches der Insekten bei Blumen bei welchen die Blütenblatter vorsichtig entfernt waren, und solchen, welche in ihrem natürlichen Zustand gelassen waren. Das Resultat ergab, dass der Unterschied im Besuch unbedeutend war und auch bei den der Blütenblatter beraubten viel stattfand. Mehrmals wurden mehrere Bienen zugleich auf der bliitenblatterlosen Blume angetroften. Auch will er dabei bemerkt haben dass der Besuch von Insekten bei Blumen, die auf natürliche Weise ihre Blütenblatter verloren, keinesvvegs selten ist, und dann auch bereits von üarwin beobachtet wurde. Siehe Seite 336. Zeile 3 von unten: Man könnte hier auch noch an die Thatsache erinnern dass wenn man durch Züchtung, wie bei den gefiillten Blumen, die Blütenblatter sich besonders stark entwickeln lasst, dies haufig auf Kosten der geschlechtlichen Fahigkeiten geschiet und sogar inwieweit dabei Geschlechtsorgane in Blütenblatter umgewandelt werden, vollstandige Unfruchtbarkeit verursacht. VViewohl nun hier von einer künstlichen abnormalen Umbildung die Rede ist, lasst sich doch eine solche Möglichkeit bezüglich Organe, deren Bestehen, deren ganzes Wesen also, an den bestimmten Zweck urn der Fortpflaiming zu dienen, gebunden sein soll und wobei also wohl in diesem Sinne Korrelation bestchen muss, schlecht verstellen. Stche Seite 4.04.. Die ausserst ungleiche Weise, in welcher jede Evolution verlauft, ist ein wichtiger Punkt, ohne welchen das Wesen der evolutionellen Veranderung nicht in der erforderlichen \\ eise erkannt werden kann, was aber doch nur sehr ungenügend eingesehen wird. Ganz kürzlich fand ich in der 1 olitisc/iAnthropologischen Revue vom Februar 1903 'n einem Aufsatz von G. MARINA; Anthropologische Un ter stichtingen an jugendlichen Personen, dafür noch ein gutes Beispiel. „Die bekannte Rundköpfigkeit der Kinder — so lese ich dort erreicht mehr oder weniger ihr Maximum um das Alter von sieben Jahren; dann beginnt sie, sehr langsam, abzunehmen. Diese Abnahme geschieht gegen die Pubertat hin schneller und zwar bei Knaben, wie bei Madchen, jedoc/i in hóclist verschiedenem Masse bei den einzelnen Individuen undoftauch bei demselben Individuian innerhalb weniger Monate. So ist in der That die Weise des Verlaufes jeder evolutionellen Veranderung; sie wird immer in gewissem Grade durch die Eigenart des Wesens, bei dem sie auftritt, beherrscht. Aber abgesehen von dieser Verschiedenheit nach den Individuen ofïfenbart sie sich auch noch in Ungleichheit je nach der Art, der Rasse und dem Geschlecht. Durch dies alles zusammen sind z.B. die zahlreichen Unterschiede in Farbe und Zeichnung entstanden, von denen die Flügel der Lepidopteren das wundervolle Bild zeigen, nicht durch die sogenannten Gesetzc von ElMER und anderen. Erst nachdem dieses Werk schon beendigt war, kamen mir die Vortrdge über Descendenztheorie von Prof. Dr. A. YVeismann im Jahre 1902 in Jena herausgegeben, zu Gesicht. Es war mir nun nicht mehr möglich dem darin Vorkommenden in Verbindung mit meinen in diesem Werk ausgesprochenen Ansichten in geniigender Weise Rechnung zu tragen. Jedoch glaubte ich einige Kapitel, wclchc speciell das Thema Mimicry in dem von mir angenommenen ausgebreiteten Sinn betreffen, nicht ganzlich unbesprochen lassen zu können. Ich habe dieselben deshalb aufmerksam durchgelesen und meine Kritik dariiber kann sehr kurz sein. Nicht allein namlich dass darin kein einziger neuer Gesichtspunkt angetroffen wird, es enthalt auch sonst nichts als eine Wie„ derkauung aller alten Dummheiten auf diesem Gebiet, sogar der nun schon mehr als 30 jahrigen hinsichtlich der Verfarbung der Sphingidenra.\i otoparce convolvuli L. Chacrocampa celerio L. und Daphnis nerii L. aus südlicheren Gegenden nach den Niederlanden und Norddeutschland übersiedeln. Sollen nun jedoch Schmetterlinge aus warmen Landern in kalteren Gegenden ihre Ait fortpflanzen, so müssen sie dazu erst einen Anpassungsprozess durchmachen und das wohl von so eingreifender Art, dass dazu sicher eine lange Zeit nótig sein wird. Sie mussen dann namlich die Fahigkeit erlangen, das kaltere Klima zu ver- tragen und dabei sogar einen Teil ihres Bestehens im Zustande schlummernden Lebens, den man Winterschlaf nennt, zu verbringen. Wenn nur das erste der Fall ist, dass sie namlich im allgemeinen das kühlere Klima vertragen können und als Ei sogar in der Winterkalte, dann ist ihr Bestehen dort wohl bereits möglich, aber nur erst in einer jahrlichen Generation, erst wenn sie auch als Puppe und vor allem als Raupe, wahrend der Zeit in vvelcher keine Nahrung zu finden ist, den Winter verbringen können, sind mehrere Generationen im Jahre möglich. Je nachdem Lepidopteren also hierzu fahig sind kann man sie auch als mehr oder weniger dem kalteren Klima angepasst betrachten. Am starksten kommt dies unter den Rhopaloceren vor bei den Vanessa s von denen sogar die imagines bereits überwintern können; diese haben dann auch mehrere Generationen in einem Jahr und kommen in Europa in verschiedenen Art vor. Von anderen Nymphaliden jedoch wie z.B. von Limenitis, welche in den Tropen in zahlreichen Arten mit mehreren Generationen im Jahr leben, findet man in Mittel-Europa nur noch einzelne Arten mit einer einzigen Generation, ausschliesslich mitten im Sommer lebend. Von den ebenfalls in den Tropen so zahlreichen, jahrlich in mehreren Generationen vorkommenden Papilios kennt man in Mittel-Europa nur zwei Arten, von denen auch nur eine, Papilio Machaon L. so nördlich wie die Niederlande gefunden wird; bei dieser hat die Puppe bereits die Fahigkeit zum Ueberwintern erlangt; sie haben es dann auch schon zu zwei Generationen des Jahres gebracht. So ist also der Standpunkt, bis zu dem diese Anpassung bei den Rhopaloceren fortgeschritten ist, bei den verschiedenen Arten sehr verschieden. VVo ein echt tropischer Schmetterling wie Danais Chrysippus L., der in Indien z.B. viele Generationen im Jahre besitzt, sich nur ganz wenig über die Tropen hinaus ausgebreitet hat, wirkt dies augenblicklich sehr stark auf sein Fortpflanzungsvermögen. Die Exemplare dieser Art, die in Griechenland vorkommen, werden dort nur allein mitten im Sommer gefunden und besitzen nur eine Generation im Jahr. Dasselbe ist wenn ich nicht irre mit der tropischen Chaerocampa Alecto L., in Indien sehr verbreitct, der Fall, die gleichfalls in Griechenland vorkommt. Bei Acherontia Atropos L. scheint der Verlauf dieses Anpassungsprozesses sich auch auf eigenartige Weise zu offenbaren. Viele Schmetterlinge dieser Art kommen namlich in den Niederlanden im Spatsommer wohl aus der Puppe, aber wiewohl übrigens ausgewachsen noch mit nicht entwickelten Geschlechtsorganen nur sind demnach nicht im Stande ïhre / Art fortzupflanzen. Andre Puppen jedoch überwintern und die daraus im Frühjahr kommenden Schmetterlinge sind auch als Geschlechtstiere entwickelt und erzeugen die Sommergeneration dieses Schmetterlings. Hier zeigt sich also ' wohl ein Uebergangszustand, bei dem nur erst ein Teil der Tiere die Fiihigkeit besitzt als Puppe zu überwintern; wahrend gerade die langsame Entwickelung der Geschlechtsorgane bei den andern auch deutlich darauf hinweist, dass bei der grössten Anzahl dieser Schmetterlinge die Fiihigkeit, um mehrere Generationen im Jahr zu erzeugen noch nicht erlangt ïst. Auch mit 1\ Phlaeas L. nun wird wohl derselbe Prozess stattgefunden haben. Im Hinblick auf die Nahrung, den wilden Sauerampfer, auf dem die Raupe lebt, ist es nicht unmöglich, dass diese Art auch bereits wahrend der Eiszeit in einigen nicht vergletscherten und im Sommer also aufgetauten Gegenden in Europa gelebt hat, wie dies auch mit einzelnen Schmetterlingen in Groenland der I-all ist; aber dann doch allein mitten im Sommer. Und ist er auch spater eingewandert, dann wird er wohl zuerst allein im Sommer dort haben bestehen können. Nun ist seine Anpassung jedoch bereits ziemlich weit fortgeschritten; er überwintert schon als Raupe und hat drei Generationen, wahrend auch viele verwandte Arten in denselben Gegenden leben. Aber so wird doch auch die Sommerform, die noch immer die dunkelste ist, wohl die ursprüngliche allein bestellende Generation sein, aus welcher spater auch die Frühlings- und Spatsommergeneration entsprossen sein mussen. Und so kommen wir dann auch auf diesem Weg wieder zu demselben Resultat, dass die Sommergeneration dieses 1-alters einen alteren Standpunkt in seiner evolutionellen Veranderung darstellt, als die beiden anderen Generationen. Sicherlich bleibt hier nun noch wohl eine schwer zu beantwortende Frage iibrig; warum doch nun zwischen diesen Generationen wiewohl die dazu gehörenden Tiere erblich von einander abstammen solch ein konstanter Unterschied bestehen bleiben kann. Sehr leicht schien wohl diese Frage durch die Theorie der direkten Einwirkung der Warme gelost zu sein, gleichwohl war dies doch nur Schein; so giebt es besonders aut physischem und meteorologischem Gebiet viele Fragen, die früher sehr leicht zu beantworten schienen, aber seit man weiss dass der Vorgang, den man damals für so einfach hielt, viel verwickelter ist, auch viel schwieriger geworden sind. So ist es auch hier; wie bequem jene Theorie der direkten Einwirkung der Warme auch sein möge, sie ist nun einmal nicht mehr haltbar. Dass hier der Klimaunterschied als Reiz für den Verlauf der Farbenevolution aus der alteren in Epistase befindlichen Form gewirkt hat, ist jedoch sehr annehmbar, und dass dann auch noch immer nur dort, wo derselbe Reiz noch einwirkt, der Verlauf weitergeht, auch nicht unmöglich. Dabei würde dann noch mehr von einer Einwirkung der grosseren Kalte, als von einer solchen der Warme die Rede sein, doch muss dabei auch nicht an einen direkten chemisch wirkenden Einfluss gedacht werden, sondern an eine allgemeine durch die klimatologische Veranderung in ihrer Gesamtheit erzeugte physiologische Wirkung an und für sich nicht von chemischer Art, obwohl sie zu einer Reihe von Veranderungen auch von chemischer Art die Veranlassung geben kann. Uebrigens steht man hier wohl vor einer Erscheinung wie die, welche sich z.B. auch bei der Fortpflanzung der Blattlause zeigt, wobei auch nach mehreren veranderten Generationen doch immer auch die altere noch nicht veranderte Form wieaer auftritt; ebensowenig wie dies Letzte ist auch das Erste vorlaufig zu erklaren. Wenigstens ich fühle mich dazu nicht in der Lage; auf dasjenige, was ich mit Obenstehendem deutlich zu machen versucht habe, übt jedoch die Beantwortung dieser Frage keinen Einfluss aus. REGISTER. A. Abbott und Smith 8. Abraxas glossulariata l. 205,211, j 290, 297, 298, 303, 304. Abrus prccatorius l. 9. Acanthodactylus Boskianus daud. i 150. Acanthoderus 202. Acca Procris cram. 6, 151, 165, 204. Ac/iatesform 55, 62, 63, 64, 66, 104. . Acherontia 18, 61. „ Atropos l. 435, 437. „ Lachesis f. 136. Achirus pellucidus e. benn 4,194. Acidalia incanaria hb. 199. „ subsericeata hew. 73. Acraca Anteas jjoubl. hew. 247. Acronycta abri l. 265. psi l. 73. „ tridens w. v. 73. Actima crassicornis mull. 19. Adolias anosia moore 151. Acnea 203. Affalo (F. G.) 295. Aigner Abafi (L. von) 202, 236, 258, 283. Ajuga ophrydis benth. 10, 312. Alaena Amazoula bsd. 104. Alcidus O routes l. 105. Alctnendoxm 100. A/cippitsform 71. Allen (Grant) 314, 320. Amachania hew. 99. Amalopteryx maritima etn. 132. Amauris Echeria stoll. 228. Amciscn 7, 16, 109, 127, 128, 146, 167, 172, 173, 194, 204, 217, 218, 231, 232, 233, 237, 248, 249, 250, 251, 319, 324, 325, 34°- Ameisengaste 109, 127, 128, 146, 167, 231, 249, 250, 252, 254, 255. 256- 2ó4Amesia euploeoides h.-sch. 103. Amphidasys betularia l. 145. Amphioxus 45. Amorphophallus variabilis blume 314- Anacardium occidentale l. 18. Ancula cristata alder 290. Anoa depressicornis sm. io, 19,314. Anolis 143. Anthracophora rusticola (?) 236. Antigoneio rm 100. Antirrhinum l. 144. Antocharis Be /en ia esp. 265. „ Be/ia esp. 265. Antocharis cardaminis l. 20, 264. „ Euphcno l. 265. „ Euphenoides stdgr. 265. Apatura Iris l. 5, 194. Aphaenogaster testaceophilosa luc. 250. Aporia crataegi l. 297, 301. Araschnia levana l. (prorsa l.) 8, 61, 88, 162, 237. Archaeopteryx 45, 365. Ar dia caja l. 300. Argynnis Niphc l. 346. Argyopes sav. 144. Argyrocpeira striata (?) 147. Aromia moschata l. 340. Artasca simularis butl. 73. Artemis circumusta muls. 9. Artbildung 52, 349, 361,401,402, 4°3> 4°8, 409, 410. Asclepiadeen 8, 10, 310. Asc/cpias curassavica l. 326. As de pias syriaca l. 329. Asthcna candidata w. v. 73. Astraupen 151, 161,162,163, 180, 210, 212. Astur Nisus l. 80, 168. Atavismus 114, 120, 121. Atclla Sin ha koll. 130, 241,301. Atemeles 194. Athyma Saalmülleri mab. 130. Athyrma stupens sn. i. I. 26. Attiden 233, 335. Augeiorm 99. Augenflecken 8, 12, 136, 138,347. B. Bagehot (W.) 155. Barkett (A. D.) 118. Barsche 229. Basset (I. S.) 374. Bates (H. W.) 7, 70, 103, 107) 281, 282, 285, 286, 291, 295, 3°2. 345. 346, 348, 364, 381, 397- Bateson (W.) iio, 145, 202,220. Beccari (Dr. O.) 312. Beddard (F. E.) 142, 299, 303, 3°4- Bell 9, 114. Belt (M.) 7, 282, 286, 294. Bentham (J.) 397. Beschleunigung der Evolution 51, 53. 54, 4°3> 4°4> 410. Bf.the (A.) 330. Betta pugnax cant. 146. Biederman. 181. Bienen 126, 172, 204, 258, 331, 332, 333» 339' 341Biserrula poledmus l. 9. Blanchard (Dr. R.) 154. Blandford (W.) 96, 103, 290. Blatlause 237. Blattahnlichkeit 5, 150, 151, 248, 260, 261, 262, 263, 264. Boarmia lichenaria hfn, 145. Bombus lapidarius l. 7, 243. „ muscorutn f. 243. „ terrestris l. 242. Bombyx la nes tris l. 297. „ mori l. 182. „ neustria l. 297, 300. „ pini l. 297. „ regia sm. abb. 8. „ rubi L. 297. Bonnier (J.) 330. Bordage (E.) 75, 88,180,182,189. Braconiden 280, 298, 300, 305. Branco (Dr. W.) 354, 403. Brandicourt (V.) 9, 311. Brehm (C. L.) 80, 114, 168, 229, 34i, 375Brongniart (C.) 47. Bryophila lichenis F. 239. Büchner (Dr. L.) 331. Bupala piniaria l. 242. Burchell (Dr.) 310. Bürger (I)r. ü.) 86, 109, m, 143, 208, 243, 277. Butler (G. A.) 258, 283, 289, 293, 296, 297, 299, 303, 305. Bütschli (Dr. E.) 29. Buttf.l—Reepen (Dr. H. von) 204, 332. Byrrhus 6. C. Cacrostris mitralis vins. 6. Calendyna chiliensis cast. 236. Cai.koen (Dr. H. J.) 308. Callidryas Scylla l. 21, 301, 366, 367. 368. Callidryas Pomona F. 284, 366, 367, 368. Calycoptcryx Moseleyi etn. 132. Camelopardalis 80. Canon Fowler (W. H.) 200. Carpococcyx radiatus temm. 168. Caryatis viridis plötz. 236. Cassididen 5, 21, 79, 144. Catacalanus pavo dana 131. Catillaioxm 366, 368. Catocala nupta l. 300. „ promissa w. v. 300. Cestracion Francisci girard 9,162. Cethosia Leschenaultii godt. 9, 236. Chaerocampa 8, 22, 61, 298, 304. „ Alecto l. 437. „ Celerio l. 74, 435„ Lucasi moore 8, 23, 24, 213. Chaerocampa Oldenlandiae f. 74. „ Thyelia l. 74. Charaxes Hebe butl. 194, 245. „ Psaphon westw. 286. Chariclesiorm 62. Chlamys pi/ttla ki.. 6. Chrysotis amazonicus l. 141. Chrysophanus v. Polyommafus. Cicindela 7, 79. „ campestris l. 288. Ciconia nigra l. 238. Cithcronia Laocoon gram. 8. Cladobates 131. Clothos Atropos l. 218. Clysus arietis l. 7. Coccinelliden 7, 237. Coleborhombus fasciatipennis wa terhouse 7. Colias Hecla lef. 115. „ Pelidne bsd. 115. Cotivolvulus arren sis l. 144. Constantin (j.) 382. Copilia vitrca haeckel 131. Copsychus mindanensis gm. 238. Crinodes Ritscmac butl. 210. „ Sommeri hb. 209, 210. „ Vethi sn. 209. Cucullia verbasci l. 297. Cuculus canorus l. 80, 168. cunningham (j. s.) 143, 176, l8l, 183. Curculioniden 7. Curruca nisoria bchst. 80. Cuvier (G.) 46. Cycloptera speculata stoll. 5, 150. Cydimon Leilus l. 424. „ cacica guér. 424. „ Sloanus gram. 424. Cyllo Leda l. 88, 137, 224, 297, 300. Cynomis ludovicianus ord. 341. Cyprini 229. Cyrestis lutea zinken 73. „ tiivea „ 73- Cyrestis Periander 73. „ Thyonneus cram. 73. D. Vanais Chrysippus l. 55, 69, 70, 7i, 72. 97- 99. 236> 237» 346, 422, 436. Danais Clcona cram. 97. „ Erippus cram. 70, 72, 326, 327. Danais Hcgcsippus cram. 97. „ Juventa cram. 97, 103. „ Plexippus l. 70, 97, 287. „ Titia gray. 97. Daphnia 232, 233. Daphnis nerii l. 241, 435. Daptonoura lycininia cram. 288. Darwin (C.) 100, 120, 169, 197, 222, 281, 282, 295, 296, 329, 335. 348, 349. 358. 359. 3^4, 391. 393. 394. 395. 396. 397. 398. 399. 4°2, 426. Darwin (Fr.) 425. Dasypeltis scaber l. 218. Deilephila euphorbiae l. 298, 303. „ ga/ii w. v. 116, 297. Deudoryx Epyarbas moore 129. Diabrotica 108. Dichonia aprilinia 1. 239. Dicranocephalus 140. Dismorphia hb. 103. Dimorphismus 189, 190, 364. Dimorphochlamys Mannii hook. 9. Dinar da 254, 255. „ dcntata grav. 250, 251, 252, 254. Dinar da Hagensi wasm. 250. „ Slarkeli ksn. 250, 251, 252. Dinar da nigrita (?) 250. Dinar da pygmata wasm. 250. j Dinosauriër 140. Diplognotha hcbraca ol. 236. Diptiton halterata f. Distant (W. L.) 283. i Dixey (Dr. F. A.) 89, 278. Djambu monjet 18. Doleschaltia bisaltide f. 263, 264. Dönhoff 330. Dorfmeister (G.) 89. Dorhn (Dr. C. A.) 288. Dorippujform 71, 237. Dörnitz 202. Dory/us Klugii hag. 7. Draco volans l. 6, 227. Drepana argcnteola moore 16, 20, 265. Driesch (Dr. H.) 393. Druryia Antimachus drury 81, 104. Dunkelberg (Dr. F. W.) 36, 186, 358- Durio Zibethinus l. 129, 343. Dutartre (A.) 146, 149. E. Echidna 125. Eciton 128. Eciton praedator f. sm. 167. Eier 228. Eimer (Dr. G. H. Th.) 30, 31, 34. 37. 38. 45. 53. 60, 79, 80, 91. 93. 139. I5°. 20°, 238,248, 260, 261, 263, 264, 285, 352, 354. 355. 396. 4°4, 4*7, 418. Elaps 109, 243. „ furcatus schneider 213. Elateriden 208. Elymnias Malelas hew. 55. „ undularis drury 55, 72. Elwes (H. J.) 284. Emery (C.) 388. Eohippus 376. F.picopcia Polydora westw. 424. I Epistase 31, 33, 36, 37, 38, 41, 50, 62, 63, 65, 66, 71, 72, 92, | 95. i83> 352. 353. 366, 368. 369, 406, 407, 408, 438. Eratcina Staudingeri sn. 18. Erkennungszeichen 296, 307, 387. ! Eronia hb. 98. Eryciniden 18. Erythrolampus 109, 243. Euchelia jacobeac l. 297. Eucides pavana ménétr. 247. Eupithecia oblongata thumb. 144. „ strobilata bkh. 129. „ togata hb. 129. Euplocamus 168. Euploea assimilata felder 94. „ Browni gdm. salv. 94. „ Climena cram., scpulchralis butl. 94. Euploea Corc cram. 288. „ Eurypon hew. 94. „ gloriosa butl. 94. „ Goudoti bsd. 75, 76, 88. „ Hopferi felder. 94. „ Kollari felder 288. „ leucostictos GM. 75, 76, 88, 94, 180. Euploea Mazares moore 94. „ Midamus l. 75, 99, 100, 101. Euploea Kafflesi moore 166, 288. „ Rhadamantus f. 423. „ Schlegelii voll. 94. „ viola butl. 94. Euripus Halitherses doubl. 55, 100. Fabrf. (M.) 232. Farbencvolution 26, 48, 49, 50, 51. 53. 55. 56. 57. 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72. 74. 75. 78. 79. 8o. 87> 8890, 91, 97, 98, 99, 100, 102, 104, 106, 108, 110, in, 114, 115, 116, 117, 120, 121, 145, 189, 190, 191, 238, 264, 270, 271, 328. 347. 352. 353. 364, 366, 367, 368, 369, 403, 431, 434. 438Fclis 80, 11 o, 246. „ pardus l. 109, 110. Eidonia piniaria l. 242. Fische 229, 234. Fischer (Dr. E.) 89, 90, 92. Fleischmann (Dr. A.) 52,59,363, 365. 396. 398. 413. 4l8Flügelverkleinerung 49, 50, 51 55. 62, 63, 64, 65, 66, 262, 347. 434. 435Forbes (Dr. H. O.) 153, 233. Forel (Dr. A.) 204, 330, 332, 333 Formica exsecta nyl. 250. „ fusca-rufibarbis for. 250 rufa l. 250, 251. „ rufibarbus f. 250. „ sanguinea latr. 194,217 25°. 251. 252, 254. Frosche 229, 234. Fruhstorfer (H.) 287. G. Gahan (C. J.) 108. | Gallus bankiva temm. 342. | Garrulus glandularius l. 298. | Gaucher (H.) 162. ' Genepistase v. Epistase. Gcomctra papilionaria L. 5. Geometriden 5, 18, 184. Geotrupes 199. Giard (A.) 124. Girardinus dcccmmaculatus jew. 146. Girschner—Torgau 300. Goniatraea 15. de Graaf (Dr. H.) 49. Graber (Dr. V.) 184. Gracula javanensis osbeck. 239. Grapta charonica drury 197. Grote (Dr. A. Radcliffe) 56, 226. Gulich (J. F.) 93. Günther (A.) ui. H. Haacke (Dr. W.) 376. Haberland (Dr.) 381. Haeckel (Dr. E.) 48, 365, 396, 398. 399Haematopus pstrealogits l. 238. Hagen (Dr. H. A.) 8, 200, 213. Hagen (H.) 136. Hahnel (Dr. P.) 6, 18, 161, 240, 247, 281, 285, 287, 289, 381. Haifische 45. Haliaetus lencogaster gn. 257. Halictus cylindricus f. 7, 242. Halmatogenesis 51, 352, 353, 401, 402, 403, 404, 407. Hamadryas Zoilus f. 105. Ha.mpson (G. F.) 284, 288. Harpyia vinula l. 8, 225, 297, 299. 3°5Hartert (E.) 200. Hebomoia Glaucippe l. 8, 22, 138, 3°i- Heckel (Dr. E.) 144. Hclicoiiius mctalilis butl. 247. „ Phyllis f. 70. Hcliocopris Buccphalus f. 125. Hellius (J.) 130. La Hello (P.) 187, 425. Hemmung der Evolution 51, 54. Hanidactylus 223. Hf.nslow (G.) 125, 126,195,238. Hf.rdman (W. A.) 290. Hertwig (Dr. O.) 59. Hestia hb. 97. Hestina mimetica butl. 99. Heterepistase 31, "37, 38, 53, 261. Hewitson (W. C.) 67, 344. Hibernia 5. Hibiscus rosa simensis l. 331. Hickson (S. J.) 143, 147, 246, 257- Hicrofalco 113. Hillehrecht 199, 308. Himantodes Cenchoa l. 244. Hippocrcpis l. 9. Hirundo rustica l. 300. Histia libelluloides h.-sch. 103. Home (A.) 283. Homoeochromatismus96,103,107. Homoeogenesis 29, 30, 53, 54, 55, 64, 71. 75' 8°> io9> I29i 130. 242, 261, 313, 424, 433. Hyatt (A.) 93. Hyblaea 7. Hydnophytum formicarum jack. 325- Hymenopus bicornis l. 6. Hypaetra rcnosa hb. 130. Hypena bip/agia/is butl. 201. Hypochroma ruginaria guén. 8, 212, 213. Hypolimnas Alimena l. 95, 99. „ anomala wall. 55, 99, 100, 101. Hypolimnas Anthedon doubl. 69. „ bolina l. 55, 71, 95, 99. 236, 423- Hypolimnas dolomena hf.w. 104. „ dubius palis. 69. „ Eurytus clerck. 104. „ Misippus l. 55, 70, 71, 72> 99> 236> 271) 422* Hypolintnas pal/esccns butl. 100. I. Ichneumoniden 280, 298, 305. Ichnusaiorm 91, 93, no. Ichthyosaurus 125. Idcopsis Cloris feldf.r 97. Ilerda Epicles gdt. 433. Impatiens capensis thumb. 10,312. Inachus 202. Inariaiorta 71, 236, 237. Indicator 168. Interferenzfarben 100, 201, 107. lp/lias Vossii maitland 198, 232. Iphigeniaiorm 99, 100. Isbarta imitans butl. 103. „ pierioides h.-sch. 103. Ithomia hb. 7, 103, 278,287,288. Ityphallus impuduus er. 10, 19. J. Jacobson (G.) 124. Jacoby (M.) 284. Jaekel (Dr. O.) 376. Jatropha 9. Jentink (Dr. F. A.) 116. Jones (E. Lloyd) 143. Joubin (L.) 146. Jitnonia Asterie l. 74, 237. „ Erigone cram. 74, 237. Juglans nigra l. 141. regia l. 141. K. Kabeljau 229. Kallenbach (Dr. F. W. O.) 145. Kallima 5, 200, 248, 260, 261, 264, 428. Kallimaparalecta horsi . 200, 248. Kent (VV. Saville) 15, 179. Kerivoula picta pall. 5. Kircher (A.) 160. Klapperschlange 341, 342. K.olbe (H. J.) 136, 144, 233. Konvergenz 126. Korallen 193, 247, 257. Korrelation 106, 107. ! Krapotkin 93, 119, 276, 322, 356. Krebse 230. L. | Labridae 220. | de Lacerda (J. B.) 144. | Lacerta viridis laur. 297. Lagopus a/bus gm. 113, 114. „ scoticus lath. 114, 121. La mellaria per spie na l. 149. ! Lam in m album l. 10, 313. Lanius 6, 168. ! Larden (W.) 6, 215. Lasinassaform 99. ; Latter (Ü. U.) 205. j Ie ma 108. | Leocynia batcoides sn. 129. Lcptocircus 27, 62. ! Leptocorisa acuta thumb. 245. | Leptodira annulata l. 244. 1 Lewis (G.) 193, 241, 246, 284. | Libellen 232, 233, 286. | Libellula depressa l. 197. „ quadrimaculata l. 284. [ Libythca Narina godt 197. Lila Dahlia cavan. 144. Limacodiden 9. Li me uit is albomaculata ch. oberth. 72- I.imcnitis Archipput cram. 72. „ punctata lf.ach. 72. von Linden (DrGrafin M.) 57, 58. Litzt (Dr. von) 413. Lombroso (C.) 152. Lomechusa strumosa f. 194. Lophius piscatorius l. 8, 230. Lotus ornithopodioides l. 9. Lorius 222. Lubbock (J.) 10, 232, 233, 311, 3i3. 33°- Lycaena boeticus l. 95. lycaena Scarus roth. 197. Lycaeniden 237. Lycaon pictus temm. 81. Lydekker (R.) 112. M. Maclachlan (R.) 284. Macrog/ossa 6, 126, 339, 341. „ Tantalus l. 6. Madreporen 179. Mantis rcligiosa l. 24. Marchal (P.) 82. Marina (G.) 427. Marsupia/ia 238. Martin (Dr. L.) 103. Martinia diandra gl. 9. Massart (J.) 374. Matte (P.) 146. Matthews (G. F.) 220. Mauereidechsen 201, 223. Mayer (P.) 145. Meldola (R.) 73, 216, 278, 299, 304, 3°5Melinaea Li/is doubl. 247. Meliphaciden 6. Mephitis 307. Merops 258. Merrifield (J.) 89. Mescmbryanthcmum 9, 310. Messaras Erymanthis prury 130, 241, 301. Microgaster glomcratus f. 300. Midca Scolymus butl. 265. Mimeciton pulcx wasm. 167. Minieta 6. Mimosa pudica l. 316, 319. Mimus carolincnsis gray. 283. Misoneismus 254, 278, 280, 291, 293» 294, 3°2, 3°4. 3°SMivart 141, 345. Möbius (Dr. K.) 376. Modigliani (E.) 198, 232. Moma Orion esp. 239. Moore (F.) 71. Morgan (C. Lloyd) 5, 6, 7, 8, 150, 162, 186, 193, 215, 218, 3°5. 335. 39iMoseley (H. N.) 4. Müllf.r (A.) 197. Müllf.r (Dr. F.) 29, 176, 247, 277, 288, 294. Muller (H.) 225, 269, 320. Muller (Dr. W.) 203. Mutation 32, 402, 410. Mutationstheorie 393, 400, 410, 411. Mygminia oricn/us sauss 7. Myrineconius 125. Myrmecophila ochracea fischtz. Myrmicia rubra l. 194. Myrmicodia echinata gaud. 325. Myrmicophaga 125. Mysis chamaeleon thompson 146. Mysis flexuosa o. f. muller 146. N. Na ja tripudians merrem. 214. Nauclca excelsa bl. 151. Nessae Chione cram. 74. Nessae Nychinus hew. 74. Nephelium lappaceum l. 5, 292. „ longanum hook 5. Nepheronia butl. 98, 106. „ Valcria cram. 99. Neptis aceris lepechin 19, 74, 95. de nlcéville (L.) 288. Niphargus puteanus c. KOCH175. Niphargus virci\. dollf. 175,183. Nomada solidaginis panz. 7, 242, 243- Nottidge (F.) 144. Nyctalemon Agathyrsus kirsch 105, 289. Nyctemera pellen l. 105. o. Oberthür (Ch.) 70, 115. Ocneria dispar l. 364. Odontolabes 78. Oecodómci eephalotes f. 248. Ohaus (Dr. Fr.) 125, 236. Okapi 81. Ophideres 8, 13, 213. Ophiophagus E/aps gthr. 244. Ophtalmus lineea cram. 73. Orchis maculata l. 144. Orgyia antiqua l. 296. Orioliden 6. Ornithopteren 56, 62, 65,97, 103. O ruit hopte ra Croesus wall. 107. „ Lydius felder 107. „ Pompeus l. 236. „ Priamus l. 106,107. „ urvilliana guér. 107. „ van de Pollii sn. 331. „ Richmondia gray. 106. Orthocraspeda sordida s\\ 140. „ tri ma moore 140. Osiïorn (H. F.) 46, 276, 356. Ostracion 140. Oudemans (Dr. J. Th.) 175, 193, 266, 364. O vis Dalli nels. 114. Ovula umplicata sowesby 199. Oxyrhopus petolarius l. 244. P. Pachyrynchus 7. Paniscus eephalotes hoi.mgr. 225. Panmixie 63, 78, 92, 117, 122, 123, 407. 4o8. Panolis piniperda esp. 242. Papilio Aegeus don. 220. „ Agamemnon l. 137. „ Agenor l. 55. 63. 64. „ Alcidinus butl. 105. „ Antinorii ch. oberth. 67. „ Antiphus f. 55, 65, 66. „ aristolochiae f. 50, 55,65, 66, 103, 288. Papilio Ascalaphus bsd. 55, 62, 63, 352. Papilio As tor ion westw. 424. „ ürutus f. 67. „ Caunus westw. 102, 423. „ Cenea stoll. 67, 68, 228. „ Charicles hew. „ Coon f. 55, 62, 63, 64, 65, 66, 104. „ Deiphobus l. 62, 64. „ Demo/ion l. 20, 265, 268. „ Dionysos doubl. 67. „ dissimilis l. 240. „ Doubledayi wall. 64. „ Encelades bsd. 102. „ Ifee tor l. 50, 55, 65, 66. „ Hippocoon f. 67, 68. „ Humbloti ch. oberth. 67, 68. Papilio Idaeoides hf.w. 102. „ Laglaizei Dcpuisct 105, 289. „ Lowii druce 5s, 63, 352. „ Macarcus godt, 102. „ Machaon l. 58, 176, 297, 436- Papilio Mayo atkins. 55. „ Memnon L. 8, 55, 56, 58, 62, 63, 64, 65, 66, 68, 104, '3°» I37> 138, 176, 190, 268, 352- Papilio Meriones fel der 67. „ Merope cram. 55, 58, 67, 68, 69, 104, 228, 271, 346. Papilio niavioides kheil. 67, 68. „ paradoxa zinken. 102. „ Parinda moore. 55. „ Politcs l. 55, 65» 130, 138„ Polydamas e. 176. „ Polymnestor cram. 55, 64. „ Priapus bsd. 331. „ quadratus stdgr. 236. „ Ruspinac kheil. 67, 68. „ Tibullus kirby 67. „ Trophonius westw. 67, 68, 69. Papilio Vcioris hew. 102. „ Zalmoxis hew. 104. Par ar ga Egeria l. 74, 237. „ Megaera l. 74, 198, 237. Parechidnia elegantula h.-sch. 24, 240, 267, 426. Paris quadrifolia l. 320. Parnassia palustris l. 320. Parnassius latr. 58. „ Apollo l. 58. Passiflora 18, 311. Pastor jal/a horsf. 117. Peckham (G. W. und E. G.) 330, 335Pennatula 199. Penthina salicella l. 265. Pcntila amenaida rogers &: mon- teiro 104. Pf.rez (J.) 82. Per hybris hb. 103. Per ime/cform 100. Perkins 288. Perrier (E.) 172. Peter (H. F.) 210. Petersen (W.) 182. Petrie (Dr. Flinijers) 41. P ha langer orientalis pall. 116. Phaleophynx hypogaea woodth. 342. Phalera bucephala l. 6, 25, 26. „ bucephaloides ochs. 25, 26, 297. Phasmodea 5. Phauda Mahisa moore 265. Phlogophora metieulosa l. 141. P hryanistriata Fruhstorferiy?) 171. Phrynocephalus mystaceus pall. i5°- Phyciodes 18. Phycioides Ciriope cram. 238. Phyllium siccifolium l. 5, 19. Phyllodromia germanica l. 184. Phyllopteryx eques günther 5. Physocephala rufipes l. 7, 242, 243. Pica caudata keys-bl. 238. Pieris brassicae l. 284, 285, 289, 293, 300. Pieris Callidice esp. 265. „ Chloridice hb. 265. „ napi l. 265, 285, 288,300. „ rapae l. 201, 284, 285, 288, 289, 293, 300. Pierre (St.) 198. Plate (Dr. L. H.) 279, 351,353. 364> 385. 389. 391. 393 Plateau (Dr. F.) 27, 184, 290, 298, 303, 306, 308, 330, 332, 338, 426. Platypteryx axgentcola moore 16, 20, 265. Pocock (R. J.) 358. Po/arisioxm 91. Polymorphismus 58, 59, 63, 66, 7°, 4°7- Polyommatus Dispar haw. 375. „ Phlaeas l. 432,433, 434- 437- Pompelon marginata guér. 103, 130. Pontel/ina mediterranea claus. 131. „ plumata dane. 131. Popi/ia cyatiea hope. 236. „ viridicyanea (?) 236. Porthcsia subnobilis sn. 73. Potonié (Dr. H.) 187, 369. Potomorphora Manlia cram. 214. Pouchet (G.) 145. poultet l8l. pöulton (e. b.) 13. 24, 27, 74, iii, 112, 113, 141, 142, 150, 176, 184, 185, 188, 193, 194, 203, 2io, 211, 216, 225, 258, 264, 3°S> 385. Precis Ida cram. 204. Prioneris Autothisbe hb. 242. Pring/ca antiscorbutica r. br. 132. Protoparce convolvuli l. v. Spinx convolvuli l. Pryer (w. b.) 283. Psittyrus rupestris f. 7, 243. Psychische Wirkung 170. Pteris aquilina l. 268. Pterodactylus 125. Pterogon oenotherae esp. 136. Pteromus curtispinus thoms. 194. Pterophorus 27, 131. Purnell (C. W.) 164. Pygaera anachoreta w. v. 26. „ angu/aris sn. 26. „ curtula l. 26. Pygaera javana moore 22, 26. >1 pisra ochs. 26. „ sangatia moore 26. Pyncnonotus haemorrhous gm. 286. Pyrameis Atalanta l. 18. „ abyssinica felder 91. cardui l. 91, 95, 284, 32 7- Pyrameis Dcjcanii godt. 197. Q. Quételet 34, 402, 403. r. Rafflcsia 343. Regression 121. 122. Rhodocera rhamni l. 300. Rhea amcricana l. 214. Ribbe (C.i 105, 283, 289. Ricinus 9. Robinsonia 132, 134, 313. Romanes (G. J.) 164, 232. Romulusitmw 55, 66. Rosenberg (Dr. E.) 45. Ross (J.) iii. Rothschild (L. YV. de) 284. Roux (Dr. W.) 36. Sachs (J.) 329. Saisondimorphismus 87, 88, 115, 120. Sallé (A.) 144. Saturnia pavonia l. 297, 385. Satyrus Circe f. 202. „ Hermione l. 202. „ statilinus hfn. 193, 202. Scaphura 7. Sclater (P. L.) 7. 29 Schlangenahnlichkeit 8, 9, 10, 138, 212, 213, 214, 215, 225, 234, 24°! 267, 301, 312, 314. Schlegel (Dr. H.) 232. Schreckhaltung 8, 13, 213, 214, 215, 216. 235,' 258, 280, 295, 299> 3°2, 305. 3°. Schröder (Dr. C.) 144, 193, 210, 237- SCHWEINFURT (G.) 202. Scopelodes palpigera h.-sch. 209. Scorpiurus subvil/osa l. 9. „ vermiculata l. 9. Scudder (S. H.) 283. Seitz (I)r. A.) 109, 149, 193, 236, 238. Selektion v. Züchtwahl Sc/en ia bilunaria esp. 210, 212. De Selys Longchamps 288. Semnia auritalis hb. 236. Scmnopithccus ma 11 rus cuv. 109. „ Pyrrhus horsf. 110. Semper (G.) 263. Sesiiden 7, 258. Sharp (Dr. D.) 344. S'ia/a sia/is bsd. 283. Simroth (Dr. H.) 151, 182, 184, 192, 195. Sitta europaea l. 300. Skertchley (S. B. J.) 283. Slevogt (B.) 300. Snellen (P. C. T.) 26, 145, 197, 288, 424. So/ea vu/garis l. 143, 181, 183. Spa/gis substrigata sn. 16, 234. Speyer (Dr. A.) 129, 144. Sphingiden 48, 74, 145, 203,216, 240, 249, 345, 428. Sphinx convolvuli l. 74, 95, 232, 345. 435Spilosoma mendica clerck. 73. „ menthastri w. v. 73, 296. Sprengei, (C. K.) 429. Sprungvariationen v. Halmatoge- nesis. Stahl (E.) 314. Standfuss (Dr. M.) 87, 88, 89, 90, 91, 141, 2O3, 364. Staudinger (Dr. O.) 71, 81, 102, 105, 236, 262, 344. Stauropus fagi l. 225, 234, 258, 269, 320. Stauropus sikkimensis moore 7, 8, 210, 213. Stegaspis 264. Steinert (H.) 181. Stenorynchus 202. Stewart (C.) 150. Stichel (H.) 70. Strix javanica gml. 342. Strophantus dichotomus bl. 166. Suthf.rland (A.) 383. SwiNHOE (E.) 5. Symbiose 255, 256, 325, 326,328, 382, 383- Syrmatia Dori/as cr am. 18. Syrphiden 330. T. Tachiinen 280, 298, 305. Tachyris Nero f. 232. Tardf. (G.) 153. Tegenaria 298. Tcnaris hb. 58, 105. Tenebrioniden 125. Tcrias Hecabe l. 21, 300, 367, 368, 369. Tcrias Lisa bsd. 283, 284. Sari horsf. 367, 368, 369. Ter mes 7. Thca viridis l. 201. T/icc/a pruni l. 265. Thephroclystis druentiata dietze. 145- Thcscusioxm 55, 66. Thomisus citrcus walck. 6, 144. „ inustus walck. 144. Thwaites (Dr.) 161. Thyatira Batis l. 265. Thyca Crithoe bsd. 242. Trapa bicomis l. 9. Trychodes affinis (?) 236. Trichoptcron 7. Trichosantes anguina l. 9. Trimen (R.) 66, 67, 68, 69, 70, 104, 144, 228, 346. Tropidorynchus 6. Turcicaioxm 93, 110. Turnix pugnax l. 342. Typhlopiden 129. U. Ule (E.) 328. Ungeniessbarkeit 257, 275, 276, 277, 278. 280, 281, 282, 286, 296, 297, 299, 303, 304, 305. Urania Ripheus cram. 424. Urapteryx sambucaria l. 145, 210. Urech (Dr. F.) 60, 89, 92. Urtica dioica l. 10, 313. V. Vanessa Antiopa l. 236. „ Io l. 88. „ polychloros l. 54. „ urticae l. 54, 88, 91, 93, 110, 289, 299. Variabilitat 31, 32, 33, 58, 78, 354, 355, 386, 387, 389, 4oi, 403, 4°5> 4°8, 4i°Variationen (individuelle)387,388, 401, 402, 405, 407. Variationen (sprang) v. Halmato- Viburnium lantana l. 6. Viola tricolor l. 48. Vit is discolor hl. 141. Vogelschmutz 6, 19, 20, 265, 266, 267, 268, 299. Vogt (C.) 124. 1)e vögué (E. M.) 152. Volucclla bombylans l. 243. de Vries (Dr. H.) 38, 48, 328, 329, 359- W. Walker 284. i Wallace (A. R.) 5, 6, 8, 54, 64, 7°, 73, 80, 93, 100, 105, 108, 114, 132, 133, 168, 179, 192, 197, 200, 261, 277, 285, 286, 295, 296, 308, 3°9, 3io, 312, 3i4, 317, 323, 329> 335, 338, 346, 364, 391, 397, 398, 402. j Wanzen 245. I Wamfarben 138, 295, 296, 297, 298, 299, 300, 301, 302, 303, 3°5> 306, 307, 313, 343, 387. Wasmann (E.) 109, 126,127,128, 146, 167, 194, 217, 231, 233, 249, 250, 251, 252, 255, 340. Weale (J. P. Mansel) 9, 10, 247, 310, 312. Weir (I. Jenner) 296, 303. Weismann (Dr. A.) 31, 48, 59, 60, 86, 87, 89, 186, 190, 219, 245, 297, 303, 3°4, 305, 347, 348, 35°, 353, 362, 363, 393, 394, 398, 401, 4io, 427, 433, 434- j Westwood (J. O.) 344, 546. Wiener (O.) 192. Wilser (L.) 399. | Workman (Thos. und M. E.) 147. Wüst. %\o. Y. Yerbury (J. W.) 284, 289. Z. Zethera felder 99. Zeuzera pyrina l. (aesculi l.J 299, 3°4- Züchtwahl (künstliche) 172, 357, 358. 394, 395Züchtwahl (natürliche) 93, 166, 245, 264, 251, 255, 272, 276, 278, 281, 296, 310, 315, 318, 323, 329, 334, 335» 34i, 344, 348, 349, 35°, 352, 354, 355, 356, 357, 358, 359, 360, 361, 373, 385, 386, 387, 391, 391, 392, 393, 394, 397, 398, 4°o, 402, 410, 411, 417, 420. Züchtwahl (sexuelle) 295, 306, 335- 364, 386, 389, 399, 401, 420. Zygaena filipendulae l. 297, 303. Zygaeniden 103. n