BRUDER ELIAS YON CORTONA DER ZWE1TE GENERAL DES FRA1ISKA1R-ÖRDENS. HISTORISCHE INAUGURAL-DISSERTATION BEHUFS ERLANGIJNG DER DOCTORWÜRDE IN DER PHILOSOPHISCHEN FACULTAT DKR UNIVERSITAT LEIPZIG VKRFASST VON k i- HEINRICIf RYBKA AUS PLESS IN SCHLESIEN. LEIPZia. DRÜCK. VON C. O. NA UMAX N. 1874. Bib.W.ij >>!: liöDLu... .,ix WEERT. MEINEM HOCHVEREHRTEN LEHRER HERRN PROFESSOR DR. GEORG VOIGT AUS DANKBARKEIT ZUGEEIGNET. Im Anfange des XIII. Jahrhunderts, zu eincr Zcit, als in Folge des unlieilvollen Doppelkaiserthums zwischen Staufer und Welf heftige Kriegsstürme auch Italien durchtobten, als die Stadte mit einander in rivalisirendem Zwiste lagen und der alte Streit zwischen Kaisermaclit und priesterlicher Oberhoheit eine neue, grossartigere Gestalt denn je anzunehmen begann, — da zeigte sick mitten in diesem Weltgetriebo auf den Gefilden um Assisi in der Landschaft Umbrien ein Schauspiel ganz eigener Art. Um dem allgemein herrschenden, durcli die Kreuzzügc nach dein Abendlande herübergebrachten Luxus, der damit verkniipften Sittenverderbniss und dem Streben und Ringen nach irdischen, vergiinglichen Gtttern nachlialtig zu steuern, den Simi auf Einfachheit der Sitten und des Lebens und auf Verachtung alles falschen Gliickes liinzulenken, um das Reich Gottes, wie es dereinst sein grosser Gesandtcr gepredigt, in reiner Ursprünglichkeit und heseligender Naivetiit müglichst wieder herzustellen, war ein neuer Frophet im Bettlerkloide aufgetreten: Prantiskus von Assisi. Er lehrte freiwillige Armut und Herzenseiufalt in evangelischer Deniut und Liebe. So absonderlich, schroff und abstossend auch die aussere Form seiner neuen Lebeusregel erscheinen musste, sie übte dennoch, und vielleicht gerade darum, einen ei^enthümlichen Reiz auf viele seiner Hörer aus')» und nicht gar lange wührte es, so hatte er die Freude, ein betrachtliches Hauflein eifriger Jünger um sich geschaart zu sehen. — Er wusste auch bald die Curie seinen Bestrebungen geneigt zu machen und erhielt vom Papste Innocenz III. im Jahre 1208 oder 1209 eine vorlaufige, mündliche Bestatigui'g seiner missionarischen Thatigkeit. Es ist klar, dass der Papst ') Ueber die Gründung des lïettelmönchthums ist verschicden geurtheilt worden, arn einseitigsten und sehrofl'sten aber wol von Gurlitt, Geschichte der Bettelmönehsorden. Hamburg 1822. (Gymnas. Progr.), weleher Aufsatz in Spittlers Sainmtliehen Werken. Stnttgart u. Tübingen 1836. Bd. 10, pag. 76 ff. wieder abgedruckt ist. Es spricht wenig für eine nüehterne AuHassung dieser Erse'neinung, wenn sie, wie es hier geschieht, mit Gellert's Erziiblung vom „grünen Esel" verglichen und dem .,Waldbruder und Narren" l'ranziskus unter Anderem „Kannibaleiifrömmigkeit" vorgeworfen wird. 1 diesen sich so eigenthümlich darstellenden Bekehrungsenthusiasmus anfangs mit etwas misstrauischem Augc betrachtete und erst auf Grund nachhaltiger Erfolge eine officielle Gutheissung abgeben wollte. Der sich von Tag zu Tag mehrende Anhang, den Franziskus durch sein Bcispiel und seine Predigt in den verschiedensten Lebenskreisen und Standen fand, ist aber ein bercdtes Zeugniss dafür, dass seine persönlichen Bestrebungen einem in Vielen lcbendigen Bedürfnisse entgegenkamen. — lm Jahre 1211, dcm vierton nach seiner Conversion, kam der neue Bussprediger auf seinen Wanderungen auch nach einem Stadtchen Etniriens, Cortona2) mit Namen. Hier gründete er, von den Cortonensern bereitwillig untersttitzt, in stiller, lieblicher Thalniederung ein armliches Ordenshauschen (pauperem conventum, hospitiolum), nach dem Platze selbst die „Zelle von Cortona" genannt. Unter den Schülern, die er sich hier envarb, haben besonders zwei eine höhere Bedeutung für die Genossenschaft erlangt, Guido der Heiige (Acta Sanctorum, 12. Juni) und Elias. Die eigenthümlicho Rolle, welche dieser letztere in der Folgezeit im Orden als dessen reformirendes und abtriinniges überhaupt zu spielen berufen war, hat seinen Namen bei den Ordensschriftstellern zu einem hüclist anrtichigen gemacht und sie veranlasst, sein Bild mitunter gar arg auf Kosten der Wahrheit und Gerechtigkeit durch unwilrdige und oft allzu plump erfundene Fabeleien zu verunstalten. Die Schilderungen, welche sie besonders von seinem Verhilltniss zu Franziskus geben, sind so tendenziös gehalten, voll innerer Widerspriicho, oft im schroftsten Gegensatze zu den altesten Nachrichten und in so offenbar stetigem Wachsthum der Uebertreibungen begriffen, dass es der Kritik in der That nicht allzu schwer gemacht ist, hier Wahrheit und Lüge zu scheiden. Die monographischen Darstelluugeu von dem Leben und der Wirksamkeit des Elias sind, so weit sie mir bekannt geworden, fast durchweg nur im engsten Anschluss an die meist kritiklos zusammengestellte Erzablung Waddings gegeben, ohne weiter besonders auf die Richtigstellungen, die schon der Bollandist vorzugswciso für die erste Periode J) Nach Lucas Wadding, Annales Minorum seu trium ordinum a S. Francisco institutorum. Editio sccunda. Romac 1731. toni. I. pag. 108 ist die St.hrcibweise dieses Ortsnanicns eine versehicdeno: Cortonia, Crutunia, Crotona (so in der Legende des Thomas do Celano), auch Croton, die hüufigstc und wol richtigste aber Cortona. Im Spceulum vitae S. Francisci et sociorum eius. Venet. 1504 fol. 170 ff. wird die Statte Thortoniuni, locus Thortoni genannt. versacht hat, gebührende Rücksicht zu nehmen3). Yon eincr gründlichen Yergleichung und Würdigung dor erhaltenen Quellen ist bisher aus maucherlei Griindcn wenig oder gar nicht die Rede gc .vesen, und so kommt es, dass Elias je nach dem Standpunkte der betreffenden Verfasser die verschiedenste, oft unbilligste Beurtheilung erfahren hat. Unter solchen Umstanden raag wol der Versuch gerechtfertigt erscheinen, das Leben und den Charakter dieses höchst merkwürdigen Mannes einer neuen, eingehenden Untersucliung zu unterziehen, zumal wir dabei uns auf eine neuerdings erst zug&nglich geraachte Quelle stiltzen und manche Irrthiimer berichtigen kunnen. I. Elias von seinem Eintritt in den Orden bis zum Tode des hl. Franziskus, 1211—1226. Das Geburtsjahr und Einzelheiten über das weltliche \orleben des Elias sind unbekannt. Wahrscheinlich war er gleichaltrig mit Franziskus, vielleicht etwas jünger als dieser; denn würde er früher, also vor 1182, geboren sein, so hiltte er ein Alter von über 70 Jahren erreicht, was gewiss auf irgend eine Weise durch die Clironisten bei den Vorgiingen vor seinem Tode ware angedeutet worden. Wadding (Ann. min. tom. 8) So „Das Leben des Elias von Cortona, erstcn Generals des FranziskanerOrdeiis" in „Italicnische Biographie. Aus dem Französ. Von Herrn Klotz' (in Hallo; dem Gegner Lessings?) Leipzig, 17(59. I. Bd. pg. 397 ff. In der „Pragmatischen Geschiclite der vornehmsten Mönelisorden " Leipzig, 1775 (nach Gurlitt von L. G. Crome und Bartels edirtj tom. II. pg- 289 ft. ist Elias als berechnender Sclilaukopf und feiner Intrigant geschildert, der sich in alle Lagen bequem zu finden wussto. Dieser ganze Bericht hiilt sich an Ilelyot s „Ausführliche Geschichte aller gcistl. u. weltl. Klöster- und Ritterorden für beiderlei Geschlecht. Aus dem Franzüs. 8 Bande. Leipzig, 1753—5G". Hier begegnet man übrigens, beiliiufig bemerkt, durchweg der sonderbaren Schreibweise. „Helius." — Bemerkenswerther als diese Arheiten ist ita di frate Elia, I. ministro generale do' Francescani, scritta dal Padre Ireneo Affo. ' Parmae 1783. Die 2. Ausgabe von 1819 hatte icli aus der Königl. Ilof- und Staatsbibliothek zu Miinchen. Affo's Grundlagen waren hauptsachlich Waddings Annalen u. Salimbenes einsehlagende Schrift. Die von Atlo in der Vorrede pg. 1 erwahnte Eliasbiographio eint.'s Sig. Proposto Fiüppo Vcnuti, der sich unter einem „Anonimo Cortonese" verbarg, gedruckt 1755, lag mir nicht vor; nacb den Widerlegungeu Affo's aber zu schliesscn, ist diese Schrift ein reines, wenn auch wolgemeintcs Fabelbuch, das bcsondcre Berüoksichtigung kaum beansprucbcn dart. 1* I. pag. 109) stellt die verschiedenen Angaben seines Geburtsortes zusammen, als welchen Einige das Dorf Bivilium bei Assisi, Andere einen Hof Cellula im Gebiete vön Cortona oder die Landschaft Piemont, der Chronist Marianus (naeh dem Bollandisten im 15. oder 16. Jahrhundert) den streitigen Platz Ursaria nennen. Der Annalist entscheidet sicli seinerseits für den Flecken Ossaria nahe bei Cortona und werden wir uns wol beim Mangel bestimniterer Nachrichten seinen beigebrachten Gründen auscblicssen müssen. Nacb Salintbcne4) war sein weltlicher Name Bonusbaro, (also wol Buonbarone), erst als Ordensbruder habe er sicb Elias genannt; sein Vater stammte aus dem Castell Britti im Sprengel von Bologna, seine Mutter aus Assisi; er trieb das Geschaft eines Teppichwirkers und lehrte Knaben im Gebiete von Assisi den Psalter lesen, immerhin ein Zeichen einer gewissen Bildung. Mehrfach heisst er ein Spross der edlen Familie der Coppi. Woher diese Notiz stammen mag, weiss ich nicht; weder Wadding hat sie noch Salimbene und schon Aft'o (pg. 13) zweifeit ihre Richtigkeit an. Von einem grosseren Güterbesitz seiuer Familie im Gebiete von Orfaia und um den Trasimenischen See, zu dem auch die Zelle von Cortona gehort habe, wie in der „Italienischen Biographie" erziihlt wird, geben die von niir durcligesehenen Quellen keine Kunde. Es ware auch auffallend, dass der Sohn eines so reichen und edlen Geschlechtes sicb batte von seiner Handearbeit ernahren müssen. Auf ein früheres Wolleben aus seinen spater hervortretenden Neigungen dafür schliessen zu wollen, dürfte wol eine etwas kühne Folgerung sein. Franziskus verweilte bei Cortona nahezu vier Monate und batte da wol genügend Gelegenheit, seinen neuen Jünger nSher kennen zu lernen. Dieser muss ihm wol nicht missfallen haben, da er gerade ihn so eng an sicb zu fesseln suchte. Selbst spatere Gegner des Elias erkennen ihn als offenen, klaren Kopf und praktisches Genie an und künnen nicht uiuhin, neben allerlei Gehassigkeiten sogar manchen liebenswürdigen Zug von ihm zu erzfthlen. Von Cortona wanderte Franziskus weiter nacb Florenz, wo sicli ihm Johannes Pareus aus Carmignano unweit I'istoja, spiiter sein erster 4) Yergl. was als angeblicher Libcr de Praelato im Anhang zu Salimbeues Chronik in: „Monumenta historica ad provincias Parmensem et Placeutiiiain pertineutia." Parmae 1857. toni. III. pg. 401 ti'. gedruekt ist. Ueber dieses Stüek der Chronik siehe Alfred Dove, die Doppelehronik von Iteggio und die Quellen Salimbeues. Leipzig. 1873 pg. 2 u. 5. — 5 - Nachfolger in der Loitung des Ordcns, anscliloss; (Wadding, tom. I. pg. 113; nacb andcrer Nachricht — Jordanus von Giano — war er zu Citta di Castello geboren;) in Pisa geselltcn sicb zu ihm Agnellus und Albertus, von denen wir letzterem weiterhin noch wiederholt begegnen werden. — Nachdem Oberitalien und, wenn Waddings Zcitangabe hier nicht eine zu lange, in den Jahren 1213 u. 14 auch Spanien5) für die neue Genossenschaft genugsam vorbereitet waren, besuchte Franziskus 1215 auf seiner Rückreise wieder Cortona, hielt sich hier drei Tage auf und predigte zu öftcren Malen. Bis zu dieser Zeit scheint Elias still und bedeutungslos in den dortigen Zeilen geweilt zu haben; von jetzt ab zeigt er sich aber in stetem und regem Verkehr mit seinem heiligen Freunde, hat sich das Vertrauen desselben vollstandig ervvorben und erhalt seine Heimat Tuscien als Verwaltungsbezirk. Dieser Aufgabe hat er wahrscheinlich bis zum Jabrc 1218 gelebt, in welchem er, also noch vor dem Kapitel von Assisi, auf dem die orste Mission der Brüder in alle Lande beschlossen wurde6), sich 5) Thomas de Cclano (Acta Sanetorum mons. Octobr. tom. II. pg. 699): „cum iam ivisset usque in Ilispaniam . . . . no ultra proccderet, aegritudine intenta eum a coepto itinerc [Deus] rcvocavit. e) Dass Waddings Datirung dieses Kapitcls in das Jahr 1216 eino durehaus irrige ist, dio in Rede stchendc Versammlung vielmehr ins Jahr 1219 gchört, hat Georg Voigt nachgewiesen in „Die Denkwürdigkeiten (1207—1238) des Minoriten Jordanus von Giano" (Abhandlung der philol.-hist. Classe der Komgl. Sachs. Gesellsch. der Wisssehft., des 5. ISaudcs No. VI.) Leipzig, 1870. pg. 52ff. und pg. 97. Note 7. — Uebcr die Erhaltung dieses schiitzbaren Werkcs siehe Voigts Angaben pg. 5, über den Werth desselben pg. 15 ff. Die Kapiteleintheilungen des Textes rühren vom llcrausgeber hor. — Affo gibt pg. 4 eine interessante Notiz über den Verbleib einer dem Werke des Jordanus sehr nahe stellenden Handschrift. Er sagt: „Nell' Archivio del C'onvento di Sant' lsidoro de Minori Osservanti Ibernesi di Eoma trovasi un Chronieon parvum Fratrum ïliuorum appartenente a cose succedute per lo piü in Alemagna, ove si narra, che tra coloro, i quali da Frate Elia, mentr' era Vicario di San Francesco, turono mandati co'la dietro Fra Giordano dalla Valle di Spolcti, e Fra Cesario da Spira, annoveraronsi ancora aleuni Predicatori di Lombardia, e Fra Tommaso de Celano, che 1'anoiiimo Cronista chiama espressamente: Fratrem Thoinam de Zclchio vel Cclano, qui antiquam Legendam sancti Francisci postea conscripsit." Sub nota a.) Questo Codice sta nell' Armadio V. Nro. 50. e le citate parolc si leggono alla pg. 10. Dass dieses „chronieon parvum" aber nicht unser Orignial, sondern nur eine der spateren Bearbeitungen desselben, viellcicht Balduin von Braunschweig, ist, erhellt sowol aus dem Wortlaute der Bemerkung über Celano (vergl. Jord. c. 19) wie aus einem Citat, welches daraus Affo pg. 45 bringt. Siehe dieses unter Note 56. als Wegbereiter für Franziskus nach dcm Oriënt mit einem kleinen Gefolge begab. Jordanus von Giano, dessen zuverlassiges Memoirenwerk bis vor Kurzem für verschollen galt und uur entstellt oder aus= zugsweise in anderen Ordensebroniken fortlebte, jetzt aber in seiner fast ursprünglichen Gestalt durcb Georg Voigts Edition wieder zuganglich gemacbt ist, — Jordanus bericbtet uns (cap. 7) von dieser Aussendung des Elias und fiigt (cap. 9) hinzu, dass Franziskus ihn zura 'minister provincialis ultra mare' ernannt habe, wesbalb er ilm aucb spater eiumal (c. 14.) 'minister Syriae' lieisst. Als eine Fruebt seiuer Thiitigkeit hier in Syrien wird die Reception des Caesarius von Speier bosonders hervorgeboben und es ist in der Tbat interessant zu erfabren, dass gerade dieser Mann, spater einer der heftigsten Gegner des Elias, durcb die Fredigt desselben für den Orden gewonnen wurde.7) In wie weit sonst noch seine Wirksamkeit bier eine erfolgreiche gewesen, ist uns leider nicht bekannt. Inzwischen war aucb Franziskus über das Meer zu den Unglöubigen gegangen8), batte dem Sultan selbst das Christenthum zu predigen versucht und sich bei den Kreuzfahreru vor Damiette aufgehalten, war dann mit Elias, Caesarius und andern Brüdern zusammengetroffen und trat in Begleitung dieser die Heimreise an. (Jordanus c. 14.) Was ihn zur Rückkebr veranlasste, ist kurz Folgendes. Für die Zeit seiner Abwesenheit batte er in Italien die Brüder Matthaeus von Narni und Gregorius von Neapel als Vikare bestellt, um die Genossenschaftsangelegenheiten, Aufnahme neuer Brüder und Starkung und Aufmunterung der schon gewonnenen, zu besorgen. (Jord. c. 11 ff.) Der Uebereifer einzelner Brüder führte zu einem Fastenstreit; die Vikare berufen eine Versammlung, die Regel des Franziskus erlialt einige Zusatze. Ein Laienbruder — bei Spateren wird sein Name Stephan genannt, — eilt oline Vorwissen und Erlaubniss der Yikaro nach dem Oriënt, sucht Franziskus auf und überbringt ihm die ÜS'acliricht von i 4 argerlicben Vorgangen in Italien. Zudem zeigten sich aucb bei Anderen Geluste, sich von don Vorschriften des Franziskus zu befreien: die Brüder Pliilipp und ') Wadding erwahnt beiliiufig (tom. II. pg. 3) die Conversion des Caesarius dureh die Predigt des Elias, sagt aber nicht, wo dies geschelien; bei ihm ist ja Elias gar nicht im Oriënt gewesen. — ") 1219. Thomas de Celano pg. 699: „decimo tertio anno convcrsionis suae ad partes Syriae pergeus." Iiiermit übercinstimmend Jordanus eap. 10. Johannes de Capella9) (bei Jordanus Conpello), beanspruchen eine ge= wisse Selbstandigkeit, handeln eigenmachtig; bei letzterem zeigt sich besonders die Absicht, eine ncue Genossenschaft — die der Aussatzigen 9) Voigt will (pg. 59) diesen Johannes mit dein bei Wadding (tom. I. pg. 339) angeführten Johannes von Stiachia identificiren, dessen Störungen auch im Speculum vitae Set. Francisci etc. fol. 126 ausführlicher zu lesen sind. Ich kann mich nicht der Verschmelzung dieser beiden Johannes anschliessen. Ihre Vergehen und Schicksale werden doch ganz verschiedenartig dargestellt. Johannes de Capella ist der Stifter der kurzlebigen Leproscngenossenschaft und stirbt nach spaterer Tradition einen Judastod. Seine Siinden flndet man bei Wadding torn. I. pg. 57 aufgezahlt. Nach dem Liber conformitatura des Bartolomeus Pisanus (Mailander Ausgabe von 15131 lib. I. fruct. 8. fol. 44 tritt an die Stelle des erhangten Joh. de Capella Wilhelm von England, welcher nach seinem Tode durch seine Wunderkraft fast den Kuf der Heiligkeit des seraphischen Yaters zu verdunkeln scbicn, so dass ihm Elias, damals General, seine für den^Ordens stifter gefiihrlichen Manifestationen untersagen musste! — Johannes de Stiachia, bei Wadding tom. I. pg. 339 auch Petrus Joannes de Stiachia genannt, erscheint dagegen wiederholt als Verwalter der Bologncsischen Provinz; seine Aufsassigkeit aussert sich in ganz andercr Weise. Er baut den Brüdern eine prachtige Kirche und eröfi'net eine Schule. Franziskus ist aufgebracht über den Aufwand des Gebaudes und das Bcstrebeu, die Gelehrsamkeit mehr als die Frömmigkeit fordern zu wollen; er inhibirt den Bau und schliesst die Schule. Johannes nchtet sie aber sofort nach des Franziskus Abreise wieder in früherer Weise ein. Wegen dieser Renitenz ladet er den Fluch seines Oberen auf sich und wird spater (Wadding tom. I. pg. 345) seines Amtes entsetzt, welches ein gewisser Gratianus erhiilt. Trotz der Bitten der Brüder ist Franziskus nicht zu bewegen, seinen Fluch zurückzunehmen und dem Johannes den nachgesuchten Scgen zu geben. Wadding sagt dabei: „Deinde terribilia secuta sunt spectacula, quae hominem vere condemnatum circumstantibus comprobarunt"; diese Aeusserung ist aber immerhin noch nicht auf ein gleiches Ende dieses Johannes mit dem des Joh. de Capella zu deuten. Das Specul. vitae berichtet von einem plötzlichen Feuerund Schwefelregen, der vom Ilimmel herabkam und dem ans Krankenlager Gefesselten einen schrecklicben Untergang bereitete; seine scheidende Seele empfing der Teufcl, „vor welchem Schicksal uns der Herr gnadiglichst bewahren moge. Amen." Wahrscheinlich, dass Wadding diese Erzablung auch im Sinne hatte; aber sonst sind die „terribilia spectacula" ein so uubestimmter Ausdruck, dass sie auch andere Deutung wol gestalten. Ich möchte glauben, dass Johannes jetzt nach seiner Ausstossung als Concurrent des Franziskus auftrat und die „congregatio heremitarum" gründete, von der Salimbene chron. pg. 110 spricht als der Schöpfung eines Johannes Bonus, der wol eher, wie es auch Voigt thut, mit Johannes de Stiachia zu identiiiciren ware; die neue Gründung von Einem aus ihror Mitte konute wol den eifrigen und eit'crsüchtigen Minoriten auch als ein spcctaculum gelten. Er mag sich, in Bologna uumöglich geworden, nach Mantua, eiuem für ihn fruchtbareren Gebiete, begeben haben und dort zu Salimbenes Zeit, der 1238 die Franziskanerkutte nahm, gestorben sein. — Aus dem hier aus — zu begründen; sic wenden sich mit ihren Gesuchen sogar an die Curie, anfangs nicht ohne Erfolg. Franziskus musstc für seine junge Pflanzung bei solchen Sonderbestrebungen mit Recht Besorgniss bogen; sein persöidiches Erscheinen und Einschreiten war nothwendig. In Italien eingetroffen, geht er direct zu Papst Honorius III., erbittet sich von ihin den Cardinal von Ostia, Ugolino — nachmals Gregor IX. — zum Protector und durch die Vermittelung dieses wird die gestorte Ruhe in der Genossenschaft wieder hergestellt. So erzahlt uns Jordanus diese Yerhaltnisse völlig unbefangen und in klarem Zusammenhange. Wenn er damals auch selbst noch nicht dem Orden angehört haben sollte, — er gibt uns die Zeit seincs Eintrittes in denselben nicht an, — so konnte er doch durch Caesarius, zu dein er spater als seinem Provinzialminister in den engsten Beziehungen stand, genaue Kunde davon erhalten haben. Seine Nachrichten hieriiber sind also joden Falies die vcrlïisslichsten. — Wie ganz anders aber werden uns diese Unruhen von den Spateren, hauptöachlich von Marianus und Angelus a Clareno, berichtet, wenn deren Aufzeichnungen Wadding genau wiedergibt! Da ist, wahrscheinlich in Folge eines Missverstandnisses (siehe Voigt pg. 61) oder in der Absicht, den Elias schon jetzt bei der ersten sich darbietenden Gelegenheit als den unruhigen Kopf hinzustellen, von seiner Abwesenheit und Thatigkeit im Oriënt gar keine Rede; im Gegentheil: er soll in Italien von Franziskus als Vikar, mit der Ordensleitung betraut, zurückgelassen worden sein10) und liat seine Stellung unterdess zu Ueberschrcitungen und Neuerungen gemissbraucht. (Wadding I. 331 ff.) Schon vor der Abreise des Franziskus in das Morgeidand, am Tago nach dem (falsch datirten) Mattenkapitel, so erzahlt Wadding dem Marianus nach, liabe Elias und Johannes von Stiachia vor dem Protector, (den der Orden nach Wadding seit 1217, nach des Bollandisten Rechnung erst soit 1223 besass), das Wort geführt für eine Anzahl Unzufriedener, die eine Acnderung der Lebensordnung nach den Regeln des hl. Augustinus, Benedictus, Basilius und Anderer wtinschten; Franziskus solle, zumal er ein „vir simplex et illiteratus" sei, doch mehr Wadding uud Pisanus Angcführtcn geht wenigstens klar hervor, dass an beide Namen sich völlig verschiedene Berichte knüpften, dass wol also auch ihre Trügcr zwei ganz verschiedene Persönliehkeiten gewesen, deren Kcnitenz uud Kiinke freilich wol in so ziemlich dieselbe Zeit gefalleu sein mogen. — '") Wadding tom. I. pg. 321: „Franciscus . . . iter aggressus est Syriam versus, commisso in occidente ordinis regimina fratri Eliae Tusciae ministro." den Rathschlagen seiner Brüder, „quorum plures crant doctissimi et universo apti regimini", folgen, wegen seiner körperliehen Hiiifalligkeit auf die Leitung einer so grosseii Menge, der er nicht gewachsen sei, verzichten. Der Cardinal tragt diese Forderungen Franziskus vor, wird aber entschiedeu damit abgewiesen, indern dieser sich auf seinen gött- liehen Auftrag beruft u) Ich glaube, die ganze Sache verdient gar nicht die ernstc Widerlegung, die der Bollandist (Octbr. tom. II. pg. 840) gegeben bat. Ist es nicht absonderlich, die Brüder, wenn aucli immerhin die unzufriedenen, solche Antrage in soldier Forni gegen ihren doch sonst liochverehrten „Vater" stellen zu lassen? Und würde Franziskus unter solcben Besorgniss erregenden Umstiinden und bei der erw&hnten Körperschwaclie sich wol zu einer Heidenfahrt haben rüsten können, von welcher er das Martyrium erhoffte? (Jordanus cap. 10) Was Elias betrifit, so sagt hier der Bollandist sehr richtig ciu Wort, das ich eigentlich als Motto für diesen ersten Theil batte hinstellen mogen: „Suspicari enini cogoi, fratri Heliae ob posteriora ipsius facta improbauda quaedam etiam aha, velut. vivente Francisco comniissa, non recte imposita esse; cum tarnen Ilelias a Francisco, dum vixit, niaximi factus iuisse apud Lelanensem legatur." Auf diesen letzteren I'unkt kommen wir weiter unten noch ausführlicher zu reden. Franziskus batte durch diese Radelsführerei des Elias doch Grund genug zu einem gewissen Misstrauen gegen ihn gehabt; trotzdem aber liisst er ihn als Vikar in der Heimat zurück! Der unruhige Bruder hatte jetzt freies Spiel und schaltetc und waltete auch ganz nach Belieben. Im Anschluss au Angelus a Clareno12) (I. tribulatio in Historia do septem ordinis tribulationibus) unterrichtet uns Wadding (tom. I, pg. 331 ff.) eingehend über das verwerfliche Treiben des Vikars: wie er die Brüder aufs neue aufgewiegelt, ihnen vorgestellt, dass nicht Allen ") Eine iihnliclic Erziihlung im Speculum vilae bcati Francisci et sociorum cius, fol. 49, aber oblie den Elias damit in Verbindung zu bringen. Der historische Werth dicses Buehes ist sonst nicht gross; es ist vorwiegend eiue fronime Anecdotcnsammlung, deren Glaubwürdigkcit selbst fiir den nicht gar zu peinlichen Wadding der Bollandist (mens. Octbr. tom. II. pg. 550, wo übrigens ein langer, kritischer Excurs über dicses Maehwcrk; vergl. auch Wadding tom. II. pg. 148) mit den Worten anzweifeite: „Ulud haud dubie niulto crebrius allegasset, si omnia in eo contenta pro veris certisque habuisset." la) Nach dem Bollandisten pg. 619 ist dieser Autor zwisehen 1337 und 1348 gestorben. die Reinheit und Hciligkeit ihres Ordenshauptes verliehen sei, dass man dessen Leben wol loben, aber nicht nachahmen könne; die Regel enthalte Yieles, was menschliche Krafte übersteige, sie müsse ge&ndert, theilweise gestrichen werden. Solclie Vorstellungen fanden natürlich bei Vielen leicht Anklang; man schritt zur Reform. Wurden nun manche Punkte der Regel gemildert, so nahm man doch merkwürdiger Weise ein strengeres Fastengebot an: den Brüdern sollte der Fleischgenuss untersagt bleiben sowol im Kloster als ausser demselben. Die treuen Anhanger des Franziskus schichten den Bruder Stephanus ab, um jenem Kunde über diese Eigenmachtigkeiten des Vikars und seiner Genossen zu bringen. Franziskus kehrte nun wol alsbald zurück? Nein; er empfiehlt seine Schaar dem Herrn, begibt sich nochmals zum Sultan, reist sodann unter langerem oder kürzerem Aufentlialte über Venedig, Padua, Bergamo, Cremona, Bologna, straft hier Joliannes von Stiachia, bringt noch einen Monat mit dem Cardinal Ugolino in der Camaldulensischen Einöde fromme Betrachtungen pflegend hin, weilt mchre Tage auf dom Alvernerberge und trifl't nun endlich unter allgemeinem Jubel der Brüder im Spoletanerthale ein! — In der That, eine unbegreifliche Tour und eine noch unerklürlichere Sorglosigkeit! War Franziskus auch eine höchst naive Natur, der man wol allerhand Absonderlichkeiten zutrauen konnte, — eine solche offenbare Nachlassigkeit, besonders wo es sich um die Existenz seiner Stiftung handelte, lag doch nicht in seinem Wesen; man hatte sie ihm also auch nicht in solch abenteuer•licher Weise andichten sollen. Wenn dor Yerfasser solcher Unmöglichkeiten daraus etwa einen Beweis für das felsenfeste Gottvertrauen dos Franziskus herleiten wollte, so ist ihm seine fromme Absicht hier wenigstens nicht sonderlich geglückt. Ware das Erzahlte wahr, so müsste Franziskus nur mit vollstem Rechte der Vorwurf ciner unverantwortlichen Saumseligkeit treffen. Doch hören wir weiter, wie er nun gegen die Uuruhestifter eingescliritten sein soll. — Franziskus Uberzeugt sich, dass die ihm überbrachten Beschwerden nicht grundlos gewesen; ja, er sieht, wie Elias sich selbst in seiner Gegenwart besonders in Bezug auf regelwidrige, bequenio und elegante Kleidertracht zu viel erlaubt. Er erbittet sich für einen Augenblick das anstüssigo Gewand, legt es an und stolzirt damit höhnend und spottend einhor; daim reisst seine Geduld, er wirft das Kleid ab und zu Elias gewendet, sagt er: „Also schreiten die Bastarde des Ordens eiuher." Hierauf zeigt er, wie seine rechten und wahreu Jünger sich bewegen und verhalten sollen und ermahnt sie zur Demut und Entsagung. Allgemeines Stauncn über dio Weisheit des heiligen Mannes und seine discrete (!) Art zu tadeln; keiner der Brüder wagt es, fttr Elias einzutreten. — Die Neuerungen, welche Elias walirend seiner Abwesenheit eingefülirt, widerruft Franziskus; nur das Fastengebot lasst er bis auf wciteres besteben, um nicht den Schein auf sich zu laden, als leiste er der Yöllerei Vorschub. — Es bedarf wol kaum einer eingehenderen Kritik dieser Erzahlungen; sie stammen durchweg aus spateren Zeiten, die mit einer wahren Virtuositat Yerwirrungen in die ersten Ordensverhaltnisse gebracht und Alles, was nur irgend Stürendes eintrat, auf des Elias Recbnung gestellt liaben. Des Jordanus oben angeführter, einfaclier und klarer Bericht spricht genugsam für sich und weist durch seine Durchsichtigkeit Alles dieses in den Bercich der Fabel. Dazu komnit, wie bereits kurz angedeutet, dass das Verhaltniss zwischen Franziskus und Elias bei des ersteren Lebzeiten ein durchaus herzliches und ungetrübtes gewesen. Ich konnte aber diese Erdichtungen, die sich sowie die bald folgenden Erzahlungen doch zu sehr als ungescliickt erfundene Analogien und Vor laufer der spateren „Sünden" des Elias charakterisiren, nicht gut mit Stillschweigen übergehen, «la an ihnen trotz all ihres Bedenklichen selbst noch zu unserer Zeit fast hartnackig festgehalten und Solches mit einer gewissen Vorliebe immer wieder nachgesprochen wird13). Das einzig Richtige und Wahre in der Darstellung der Spateren ist also nur der durch die Ordeusverweser veranlasste Fastenstreit und die Riickberufung des Franziskus in Folge dessen u). Es ist immerhin 13) So von Hurter „Geschichte Papst Inuocenz III. u. seiner Zeitgenossen." Hiimburg 1834—42. 4. Bd. Höfler: „Kaiser Friedrich II." Münehen 1844; u. Anderen. ") Der Bollandist (pg. 619 ff.) wusste aus Waddings Bericht über diese ünruhen offenbar nichts zu maehen, da er ja Elias davon nacb dessen sonstigem Auftreten zu Lebzeiten des Franziskus freispreehen musste; er spricht daher seinen Zweifel an der ganzen Sache aus und sucht nach einer doch etwas er künstelten Widerlegung — Stephanus hiitte ja den Franziskus im Oriënt zu schwer auffinden können — das Motiv für die Ileimkehr aus den Misserfolgen des Franziskus bei den Heiden zu erkliiren und aus dem natürliehen Verlangen desselben, bei dem niichsten Pfingstconvent über die Missionsthiitigkeit seiner Brüder etwas zu horen. Er stützt sich dabei auf die ersten Biographen, die aus freilich leicht erklarlichen üründen nichts über die Streitigkeiten sagen; nur Bonaventura e. IX. pg. 768 gedenkt einer „divina r»velatio", welche zur Kückkehr gemahnt habo. — Mit Hecht aber bcstreitet der Bollandist pg. 848 die lange Tour, die Wadding den Franziskus auf der llückreise maehen lasst. — gewiss interessant zu sehen, mit wclch scheinbarcr Sicherheit daran die fromme Phantasie ilire tendcnziösen Ausschmückungen zu knüpfen verstand. Doch die Diclitungen über Elias sind hier noch nicht zu Ende. Es scheinen trotz ihrer sonstigen Entsagungsfreudigkeit die Herren Fratres keine besonderen Freunde von strenger Fastenordnung gewesen zu sein; sie kommen auf diese angebliche Neuerung des Elias wiederliolt mit einer gewissen Erbitterung zuriiek und lassen sogar einen Engel als Intervenienten auftrcten. — Ein freinder Jüngling im Reisekleide pocht an die Pfortc des Hauscs, wo sich gerade die Brüder aufhielten, und begehrt mit Elias zu sprechen. Massaeus, der Pförtner, mnss ihn abweisen. Da weudet sich der Engel, denn ein solcher ist natürlich der Unbekannte, durch Massaeus an den im benachbarten Haine betenden Franziskus, der dem Elias die gewünschte Unterredung anbeliehlt. Voll Unwillens und in barscher Weise begegnet dieser nun dem Fremden, der ihn fragt, ob es den Beobachtern des heiligen Evangeliums gestattet sei, von Allem, was ihnen vorgesetzt würde, nach Cliristi Beispiele zu essen und ob es wol irgend einem Beobachter des heiligen Evangeliums frei stünde, etwas gogen die Satzungen desselben, gogen die evangelische Froiheit zu verordnen. Elias zieht sich in seine Zolle zurück und sinnt auf cine entsprechende Antwort. Als er wieder vor die Thür tritt, ist der Engel verschwunden. Franziskus, dem Gott dieso Vorgange in der Einsamkeit oifonbart, tadelt seinen Vikar wegen dos ungebührlichen Verhaltens, prophezeit ihm den einstigen Abfall und hebt sofort das Fleischverbot auf15). — 16) Siehe das Speculuni vitae l>. Francisci fol. 35; Lib. conformit. lib. II. fruct. 6. fol. 1(>4; Wadding tom. 1. pg. 343 ff. — Der Bollandist gibt sich pg. 850 ff. cino grosse und last zarle Miihe, dieser Fabel entgegenzutreten. Wadding crziihlt sie nach einem chron. antiqu. MS. und der Summa liistorialis dos Florenzer Erzbischofs Antoninus (f 1459). Die Trüfung dieser entzieht sich dem Bollandisten ; bei den ihm bekannten Franziskusbiographen ist keine Spur davon. Er sagt daher: „aliunde confirmare nequeo aut velut commentitiam reiicere". Doch kann er nicht glauben, dass es Elias jetzt schon hiittc wagen sollen, cine Acndcrung in der selbst vom Papste Iunocenz III. gebilliglcn Kastenordnung vorzunchmon; es ist sicher oine unbillijje Beschuldigung, welche hier Elias trifft, dem iber wol die Agitation für eine Erleichterung der Kegel zuzutrauen gewesen ware. Zusugemler würde ilim allenfalls eine Erziililung sein, welche den Elias, der als Vikar einen solchen Schritt durchaus nicht eigenmachtig thun konnte, als Rathgeber des Franziskus in dieser Ilinsicht darstellte. Die Etigelsmahiiung wagt er nicht zu verwerfen; in Folgc dieser hiitto Franziskus daun wol wieder seine Wenden wir uns aber jetzt wieder unserem Jordanus zu und horen wir dessen weitere Nachrichten. — Die Genossenscliaft hat also einen Protector in der Person des Ugolino von Ostia erhalten, welcher fortan der Anwalt derselben bei der Curie ist; dnrch seinen Einfluss werden die Reformatoren Philippus und Johannes mit ihrem Begclir abgewiesen. Franziskus nimmt nun selbst 'secundum sua statuta Verbesserungen vor und lasst seine einfach entworfene Kegel von Caesarius, einem 'sacris litteris eruditus', (über den Lebens- und Bildungsgang dieses gibt Jordanus cap. 9 einige Mittheilungen) mit Bibelworten ausschmückon. (eap. 15). Um eiiimal die durch vielfaehe Geriichte tür ihn besorgt gewordenen Brüder wiederzusehen, scbreibt 1' ranziskus für das Ptingstfest 1221 ein General-Capitel zu Set. Maria do Portiuncula aus. Diese Versammlung ist nach des Augenzeugen Jordanus Darstellung (vergl. Voigt pg. B9 ff.) das berühmte Mattencapitel (capitulum storearum), welches Wadding, wie scbon oben bemerkt, irriger Weise zwei Jahro zu früh ansetzt. Bei Jordanus (cap. 1G) stimmt zwar das Datum nicht genau mit dem Pfingsttage, der im Jahre 1221 auf den 30. Mai fiel; es findet sich hier namJich der 23. Mai (deciino Kalendas Junii) angegeben. Ein Irrtlium im Tagesdatum wiire jedoch, zumal bei der fast 41 Jahre spateren Abfassung dieser Memoiren, nicht so aufliillig und gewiss leiclit verzeihlich. Nun ist aber in der Chronik des Johannes de Komorowo1G), der im Anfange seines Werkes den Jordanus stellenwcise fast wörtlich excerpirt, (pg. 20) der 1. Juni (a. d. 1221 Kld. Junii, Indictione XIIII.) als der Versaminlungstag bezeichnet, eine Angabe, die doch anniihernd genauer ist und wol aus einer besseren Handschrift stammt. Die Jahreszahl 1221, auf die es hier ja hauptsiichlich ankommt, ist unbestreitbar. — Die Versammlung, zu der gegen 3000 Brüder — nach Spateren waren es sogar 5000 — sich einfanden, wurde höchst feierlich eingeleitet. Gegen Ende des Capitels, in dessen Schilderung sich Jordanus Meinung geiindert. Die einzeluen Fastcngebote der Franziskaner prüfend, kann er nicht finden, gegen wclche Punkte sich eigentlich der Angriff ues Elias batte richten sollen. — Dicser ganze Excurs, so vorsichtig und gewissenhaft er auch ist, hat für uns keinc weitere Bcdcutung mehr, da wir wissen, dass Elias an dent Fastenstreite ja gar nicht hetheiligt gewesen. — ï6) Johannis de Komorowo tractatus cronice fratrum mitiorum observantie a tempore Constanciensis concilii et specialiter de provincia Polonie. Herausgegeben von lleinrieh Zeissberg, Wien. 1873. (Bericht der Kais. Akad. der ■Wissenschaften.) (cap. 16—18) mit einem gewissen Behagen ergeht, — musste doch dieses Fest den grossartigsten und nachhaltigsten Eindruck auf den jungen Novizcn gemacht haben! — bringt Franziskus die deutsche Missionsfrage wieder zur Sprache. Die erste Aussendung von 1219 batte den 60 oder mehr nach diesem „Barbarenlande" unter Johannes de Penua abgegangenen Brüdern, wol meist in Folge der Unkenntniss der Sprache, wenig Ruhrn und Dank gebracht; sie kehrten erfolglos zurück. (Jord. c. 5). Jetzt sollte abermals gewissermassen ein Massenangriff auf dieses iin Orden Ubel berufene Land gemacht werden. Elias spricht im Auftrage des sich kranklich fühlenden Franziskus, dor zu seinen Füssen sitzt und ihrn ab und zu seinen Willen einflüstert, in bcgcisternder Weise für die Sache und fordert unter Hinweis auf grössere Obedienzen17), als sie bei den früheren Aussendungen (1219) gewahrt wurden, zur freiwilligen Meldung nach Deutschland auf. Die Rede des Elias bat so gezündet, dass sich gogen 90 Brüder sofort für diese gefahrdrohende Aufgabo bereitwillig anboton; unter diesen war auch unser Gewahrsmann Jordanus, der freilich, wie er selbst höchst ehrlich und naiv mittheilt, mehr durcli einen launigen Zufall dazu kam. Er legte den Entscheid iiber sein Scbicksal, getreu dem Geliorsamsgelübde, in die Hand dos Elias und dieser gesellte ihn zu der Schaar Auserlesener,lfl) die unter der Ftthning des Caesarius von Speier, der ja mit den dortigen Verhaltnissen ziemlich vertraut sein musste, bald darauf nach Deutschland abgingen. Bei diesem Capitel, so wie auch spater noch manchmal, erscheint also Elias als die rechte Iland des Franziskus; von einem völligen Rücktritt des letzteren aber von der Leitung der Geschafte und einer ofticicllen, dauernden und fast unabhangigen Yorstehcrschaft des Elias ist hier kein Wort gesagt. Jordanus bx-aucht für Elias sogar den Titel „Vicar11 das erste Mal erst bei Erwahnung éines Rundschreibens desselben nach dan Tude des Franziskus (cap. 50). Des Franziskus besonderer Gunst batte sich aber neben Elias noch ") Voigt pg. 104. Note 38 erkliirt die „obedientia" als „auch einc Art lïoisopass, der dom Bruder. den Weg \inil die Aulgalie, die Ordensprovinz und den Beglciter vorscihricb oder aueh gewisse Kreiheiten gewiihrte." '*) Aus dem theilweisen Namensverzeichniss dieser Missionare, das Jordanus cap. 19 gibt, erhellt deutlicb, wie man, duroh trübe Erfahrungen klüger geworden, jetzt mehr darauf bedacht gewesen, Miinner entweder deutseher Abkunft oder wenigstens doch der deutschen Sprache machtig, für diese schwere Aufgabe zu verwenden. ein anderer Brudor zu erfreuen: Petrus Catancus. Diescr war, wie wir durch Jordanus erfahren (cap. 11 u. 12), dor vornehmstc Genosse und Berather jencs auf seiner Oricntreise gewesen und kehrte mit ilim zuglcich wieder bcim. Er wird bei Jordanus ein „iuris pcritus et divinarum legum", ein „vir litteratus et nobilis" genannt und der Liber conformitatum weiss von ihm (lib. I fruct. 8. fol. 46), dass er vor seiner Conversion „canonicus maioris ecclesiae de Assisio" gewesen, welchc Notiz aucli Wadding aufgenommen. Darnach ist es unzweifelhaft, dass diescr Petrus Catancus nicht identiscb sein kann mit dem als zweiter Jünger des Franziskus aufgefübrten Petrus, welcher an demsclben lage wie Bernardus dc Quintavalle, der „Urjünger", recipirt wurde und den die Tres Socii (Acta Sanct, Octbr. toni. II. pg. 731) cinen „hominem simpliccm noque in lectione evangelica versatum" nennen; Celano (pag. 691) gibt gar nicht den Namen dieses zweiten Bruders an, bezeichnet ibn nur als einen „vir quidam Assisii civitatis", rülinit seine Heiligkeit und spricht von seinem bald nach dem Eintritt erfolgten ïodeVJ). — Für-das Verhaltniss des Franziskus zu Petrus Catancus ist die Stelle bei Jordanus c. 12 werthvoll uiul bezeichncnd. Da hcisst cs: „ . .. beatus I' ranciscus propter suam urbauitatcm ipsum (scil. Petrum) honorando dominum appellavit, Et /mee uitdun reverentia fuit inter ipsos tam ultra mare quam in Italia." Nach solchen Aufmerksamkciten zu schliessen, die gewiss nicht blos scherzhaftcr Natur waren, mag wol Pisanus mit seiner Nacliricht von einer hüheren kirchlicben W'ürde des Petrus Recht liaben. Diescr Autor meldet nun abcr arn angcführten Ortc weiter: „Hic frater Petrus primo fuit beati Francisci vicarius et demum beato Franeisco renuneiante officio gcneralatus coram fratribus, ipsc frater Petrus factus est generalis minister". Franziskus erbittet sich sodann von ihm einen der Brüder, dom er, um so sclbst des Verdienstes des heiligen Gehorsams theilhaft werden zu künnen, gleichsam als seinem Guardian in Demut unterthan sein wolle. Diosem Wunsche wird ontsprochon und Franziskus entaussort sich seiner Machtstellung in der Art, dass er die Disciplin deS Ordens ganz in des Petrus Hiinde legt. — Das ist jedoch oino völlig unmotivirte Behauptung, die schon durch den Bollandisten (pg. 620 ff.) ihrc Würdigung orfahren bat, Yon oincr freiwilligen Untorordnung des Franziskus untor cinen Andern, dessen Namen wir hier zwar nicht erfahren, spricht wol aucli dor Lcgendar Bonaventura (pg. 757). Diesclbe batte abcr gewiss nur cinen rein privaten Charakter; auf die 19) Lies darülier die Untersuchung «les Bollandisten pg. 581. eigentliche Oberleitung bat Franziskus nie verzichtet, am allerwenigsten den Petrus, der immerhin von gewissem Einfluss mag gewesen sein, zum General90) gemacht. Davon wissen die ersten Quellcn durehaus niclits und sclbst für Wadding scbeint eine solche Angabe ihr Bedenkliches geliabt zu haben. Nacb ihm bat sich namlich Franziskus dem Petrus selbst, nicht also einem von diesem erbetcnen Dritten, unterstellt „tamquam geuerali ordinis ministro" und er setzt hinzu, es seien die Brüder nicht damit zufrieden gewesen, dass zu Lebzeiten des seraphischen Vaters irgend Jemand 'minister' genannt würde; den Titel 'vicarius' wollten sic allenfalls gelten lassen. Trotz seiner Milde soll Petrus wahrend seiner Amtsthatigkcit auf vielfache Opposition gestossen sein. Es ist wol anzunehmen, dass Petrus eine ahnliche, wenn aucli minder hervortretende Vertrauensstellung wie Elias bekleidete; daraus hat aber Wadding, bei seiner Voreingenommenheit gegen Elias um so leichter durch jene Nachricht des Pisanus verleitet, in eigener Weise Capital gemacht und so natiirlich dem einmal falsch angclegten, verworrenen Faden einen neuen Knoten hinzugefilgt. Der 'laudatus Annalista' erzahlt namlicb (tom. I. pg. 345), Franziskus liabe — bei seiner Rttckkehr aus dem Morgenlando von Venedig aus — für das Michaelisfest (29. Septbr.) 1220 ein Capitel nach Assisi ausgeschrieben 21)- Nach dem die schon besprochenen Unruhen beigelegt und die Stimmen für und wider Elias gehort worden, liabe er diesen auf dem Convent seines Vicariates absolvirt und an seine Stelle den Bruder Petrus Cataneus gesetzt. Nun erscheint aber jene uubequeme Persünlichkeit auf dem Pfingstcapitel des folgenden Jahres22) schon wieder in voller Tliatigkeit als Vertrcter des kriinkliclien Franziskus; es bleibt also niclits anderes übrig, als Petrus durch die eingeschaltete Nachricht von seinem '») I.ese ich bei Tisanus (lib. I. fruct. 8. fol. 64) die Stelle, wo er zum Jabre 1221 von Elias als „generalis minister uwe beati Francisei vicarius" spricht, so kommt mir freilich fast der Gedankc, als sei derselbe überhaupt in Bezug auf den Unterschied dieser beiden Würden nur allzu gieiehgültig gewesen. — lm Speculum vitae wird Petrus nur vicarius, nicht generalis minister genannt. — 21) Dagegen der Bollandist pg. 020. 22) Wadding bat, wie er selbst nngibt, für die Schilderung dieser Versammlung (toni. II. pg. 3.) den Balduin von Braunschweig „ausgeschrieben", dessen Arbeit vorzüglich sich auf Jordanus stütztc. Niiheres ütier das Verhaltniss dieser Uuellen zu einandcr sielie bei Voigt pg. 24 ft. Ableben23) aus dom Wege zu raumen und von cinor Wiederwahl des Elias zum Vikar zu sprechen: auf eine besondere Mahnung Gottes — unbegreiflich sind doeb seinc Wego und Rathschlüsso! — rcassumirt Franziskus den, von dom er vorher weiss, dass er das Verderben für sein Werk sein worde. Man sieht, der Annalist wusste sich so ziemlich geschickt mit frommer Logik aus der einmal angerichteten Verwirrung herauszufinden; er liat eine probable Erklarung oder einen deus ex machina in seinen oft selbst verschuldeten Yerlegenheiten fast stots zur Hand. Mitunter gibt er sich freilich kaum noch dieseMttho! — Jetzt, wo Elias wieder an dor Spitze der GeschSftsleitung steht, richtet Franziskus an ihn dieselbe Bitte urn einon Guardian, wio dies früher bei Petrus geschehen; Angelus aus Reato24) wird ilim als solchcr boigesellt. So sehr hat sich Wadding in diesen Verhaltnissën mit seinen Irrthümern verrannt, dass er uns ganz überflüssiger Woise mit Jast wörtlichen Wted&rholungen dioser Vorgange überschüttet. Auch das führt or hier nochmals an, dass die Briider ebenfalls don Elias nicht anders als „Vikar" genannt wissen wollten. Bonaventura hat für die an sich wol glaubhafte Unterordnung dos Franziskus keinen Zeitpunkt angegeben; in unnöthiger Yerlegenheit, diesen zu fixiren, gibt uus nun der Compilator dieselbe Geschichto zwei Mal bei verschiedenen Anliissen zu horen! — Doch noch einige weitere Proben von den „Abscheulichkeiten" des Elias! Franziskus erhalt immer neue Beweise von dem hüclist bedenklichen Charakter seines Vertrauten. Als einmal wieder aus verschiedenen Gegenden Brüder herbeikommen, um iliren „Vater"25) zu sehen und zu besuchon, zeigt sich Elias, der wol in solchen Fiillen die Honneurs machen musste2"), zwar sehr liebenswürdig, — aber mit Ausnahmen; 2S) Wadding will naeh einer höchst bedenklichen Grabschrit't in der rortiunculakirche den 10. Mürz 1221 als den Todestag des Petrus ansehen; Andere haben den 2. Miirz 1224 daraus gelesen. Ueber dieses zweifelhafte Denkmal spricht der Bollandist pg. 630. 24) Wadding, tom. II. pg- IS'. Es soll dies gewiss dersclbe sein, der auch als Verfasser eincs Chronieon de rebus gestis S. Francisci in valle Heatina genannt wird. M) lm persönlichen Yerkehr liess sich übrigens Franziskus — quasi per exiellentiam (Joril. c. 17)., per antonomasiam (Wadding) — von den Briidern auch nur „frater" nennen. 20) Vergl. Jord. c. 31: „Caesarius . . . Tenit [anno 1223] ad beatum Franciseum vel fratreni lleliam et benigne ah ipso et ali aliis tratribus est receptus. 2 er nimmt auf Stellung und Bildung der Gaste — wie dies doch wol ziemlich natürlich — besondcre Rücksichten und macht bei Tische insofcrn Rangunterschiede, als er die Vornehmeren zu oberst, die Geringeren weitor unteu placirt. Ueber dieses bedenkliche Verfahren erhalt er nun dio bitterste Rüge. Um ihn zu beschamen, walilt Franziskus absichtlich nacli Tische sich zwei Genossen inferionis nominis zur Unterhaltung. Elias missbilligt dies als offcubare Vernachlassigung der Sitte in seinem Innorn; (nacli anderer Version aussert er sich darüber freilich laut;) dor Heilige errath aber seine Gedankcn, wirft ihm nun in vollster Heftigkeit seinen Stolz, seine Prunksucht, seine Ueberklugheit vor und — ein nacli solchen Scenen oft wiederkehrender Schluss — prophezeit ihm seine einstige Apostasie, staunend über die sonderbaren Rathschlüsse Gottes, der ihin befolilen, in dieses Mannes Handen die ganze Genossen* schaft zu lassen 27). Staunenswerther erscheint mir die fruchtbare Erfindungsgabe der frommen Chronisten! Ein dcrartiges Verfahren des Franziskus gegen seinen Genossen ist vüllig aus der Luft gegriffen; aber darauf kommt es diesen Geschichtsschreibern, die oline jede Prüfung den argsten und gehassigsten Klosterklatsch besouders gegen Elias eifrigst registrirten, wenig an. Das Aergerlichste dabei ist, dass sie noch unbedingte Glaubwürdigkeit für sich beanspruchen zu dürfen meinen, und diese ist ilinen leider auch lange in zu grossem Maasse bei frommen Seelen zu Theil geworden. Bartolomeus Pisanus führt dieso angeblichen Differenzen noch auf die Spitze. Lib. II. fruct. 11. fol. 179 erzahlt er, dass Franziskus, als ihm von Gott der Abfall des Elias vom Orden und der Kirche offenbart worden, denselben aller Wege genlieden; er sei ihm ausgewichen, habe ilin keines Blickes oder Wortes gewürdigt, selbst die Tischgenieinschaft mit ihm aufgehoben. Ein solches Betragen befremdet den Elias, er fragt nacli dein Grunde dazu; Franziskus macht ihm kein Ilehl daraus. Da wirft sich der Unglückliche in Thranen aufgelöst seinem Oberen zu Füssen und beschwört ihn unter den instandigsten Bitten, durch sein viel vermögendes Gebet bei Gott doch sein Schicksal zu wenden. Gerührt entspricht der Heilige diesem "Wunsche und erreicht wenigstens so viel, dass das Verdammungsurtheil im Himinel cassirt a') Wadding, tom. II. pg. 23, wol aus dom Lil), conform, lib. II. fruct. 6. fol. 104. Klwas anders im Speeulum vitae S. Fr. fol. 181. — Hurter: „Innocenz III." hal Bd. IV. pg. 200 diese Erzahlung verkürt zwiedergegeben. wird, scine freilich unvermoidliche Apostasie worde scliliesslicli zum Gutcn ausschlagen. — Einos Commentars bedarf es hier wol nicht! — Franziskus will endlich seiner Regel, für die er bisher nar, wie schon oben bemerkt, eine mündliche Bestatigung durcli Innocenz III. batte, die volle p&pstliche Anerkeimung verschaffen. Er erlangt dieselbe von Ilonorius III. am 29. November 1223 (Jord. c. 29.). Bevor er alter seine Satzungen der Curie vorlegt, unterzieht er sie noch einer Revision. Die n&horen Umstande bei diesem Vorgange sind nun auch wieder von der Verleumdungssucht aufs Heissigste gegen Elias ausgebeutet worden. Hier können wir so ziemlich genau das Wachsen der Sage durch die verschiedenen Stufen verfolgen. Bonaventura berichtet ganz einfach und offeubar noch ohne besonderen Argwohn in seiner vita (pg. 753.): „Franziskus liabe den Entwurf der Regel seinem Yicar znr Aufbewahrung übergeben; nach einigen Tagen meldet dieser, es sei ihm das Unglück begegnet, das anvertraute Document zu verlieren; Franziskus zieht sicli wieder in die Einsamkeit zurttck undarbeitet die Regel nochnials aus, ganz in derselben Wcise wie die erste verlorene; sie erlialt die nachgesuchte papstliche ('oniirmation Hier ist also niclits von Vorwurf, Unwillen gegen Elias oder von irgend einer Absichtlichkeit oder Opposition seitens desselben gesagt. Celano und die Tres Socii, die alteren Biographen, wissen von dieser Nachlilssigkeit des Elias überhaupt noch nichts, wenigstens erwiihnen sie dieselbe mit keinem Worte; die letztereu sagen uur ganz allgemein: „(Franciscus) plures regulas fecit et illas expertus est, priusquam faceret illam, nuam ultimo reliquit fratribus". — In Betreff Bonaventuras darf abor nicht ganz ausser Acht gelassen werden, dass er erst tast zelin Jahre nach dem Tode des Elias seine Legende scbrieb, also in einer Zeit. wo diesem schon allcrhand theils mit Recht theils ohne allen Grund nacligesagt wurde; es dürfte dalier wol auch seine Erziihlung trotz ihrer ziemlichen Unbefangenheit nicht auf der sichersten Basis ruhen. Doch lassen wir dies dahingestellt sein! — Für 1'isanus ist diese Nachricht des Bonaventura insofern willkomnieu, als er daran eine neue Schuld des Elias zu knüpfen verstcht; bei ihm bat der Intrigant das ihm anvertraute Schriftstück natürlich nicht absichtslos verloren, — eine dcrartigo Harmlosigkeit ware ja diesem bösen Bruder gar nicht zuzutrauen! — er bat den Verlust lediglich geheuchelt und die Regel, weil sie ihm in manchen Punkten nicht zusagte, vernichtet. Bas Speculum vitae b. Franc., welclies im weiteren Berichte ganz dem 1'isanus folgt, spricht zwar ebenfalls von dem sonderbaren Schicksale der Regel, bringt alier 2* auffalliger Wcisc des Elias Namen damit gar nicht in Verbindung. Wadding, der sich hier hauptsüchlich an Marianus anschliesst, weiss auch, dass Elias das Abhandenkommen der aufgesctzten Regel aus Abneigung gegen alles Strengenur log; die vollstandige Yernichtung derselben — ein Zug, der jedenfalls nur das Gehassige der Tliat noch steigern sollte, — übergeht er jedoch. — Tisanus, der würdige Fabeldichter, erzahlt wei ter28), wie Franziskus mit zwei Brüdern (Leo, einer der „drei Genossen", wird hier als Begleiter genannt und doch schweigt dieser uber das Folgende in seinera Buclie!) auf den Berg gegangen sei und die Regel unter Gebet erneuert habe. Alsbald versammeln sich mehre Ordensminister bei dem Vikar Elias und tragen ihra ihre Bedenken und Besorgnisse vor über die neue Lebensordnung, von deren allzu grosser Strenge sic gehort; er moge darum doch bei Franziskus geeignete Vorstelingen machen. Elias, durch frühere Erfahrungen gewitzigt, will nichts von dieser Agitation wissen; endlich aber lSsst er sich doch bestimmen, den Wortführer der Petenten zu spielen; er tragt Franziskus das Anliegen vor. Dieser erhalt jedoch durch eine Stimme vom Himmel — bei Wadding ist es schon eine Erscheinung Christi geworden — die vollstandige Billigung seiner Absichten; gegen jede willkürliche Aenderung dieser göttlichen Satzungen wird feierlich Verwahrung eingelegt. Verwirrt und erschreckt verstummen die aufsassigen Brüder und ziehen sich beschamt zurück. Glaublich ist es immerhin, dass Franziskus bei iler definitiven Fixirung seiner Lebensnormen auf mancherlei Schwierigkeiten und Widersprüche bei seinen Anhiingern gestossen sein mag; ganz rullig und glatt ist es hierbei sicher nicht zugegangen, — das wenigstens spncht ziemlich klar und unzweifelhaft aus den haufigen Berichten über das Auftreten Widerstrebender. Dass sich aber Elias auch an diesen oppositionellen Bestrebungen, und wie hier gesagt wird, gar in eister Reiho betheiligt habe, ist durch nichts zu beweisen29), — alshöchstens dure !8) Lib. I. fruct. 9. fol. 77. — Speculum vitac fol. 7. ff. Wadding, tom. II. '29) Von den drei GrUnden, welche der Bollandist (pg. 637 ft.) gegen die Wnhrbeit und Möglichkeit solcher Beliauptungcn zum Naohtheile des Elias au stellt halie ieh mich nur dera ersten anschliessen können: dem bedenkliehen Schweigen über eine so bedeutende Sache seitens der altesten, zeitgenoss.sehen Schriftsteller, besonders der Tres Socii, von denen Leo ja als Zeuge spiitei mi bineingezogen wird. Die ferneren beiden Argumente erseheinen mir jedoch nicht stichhaltig genug; darnach wiire es niimlich kauni annehmltai, dass Klias soort willigen Anliang für seine Tctition bei den anderen Ministem batte finden können, cinige kühnc, gar sehr gcwagtc Schlüsse aus den Vorfallen der Folgezeit auf die Vergangenhcit. Es erscheint fernor die eben wiedergegebeue Erzahlung durelf ibre Aehnlicbkeit doch gar zu sehr als eiiie blosse Auffrischung und Wiederholung der schon oben abgefertigten Sage von dei Petitie^ die Elias und Jobannes von Stiachia — dort freilich dureh den Protector — friiher einnial gefübrt baben sollen. Letzterer erfabrt fur seinen Ungehorsam von Franziskus eine so barte, nie aufgehobene Strafe, und gegen den ewigen Unrubestifter, der bei jeder unliebsamen Gelegenbeit seine Iland im Spiele bat, sollte Franziskus nacbsicbtig, ja zartlich bis an sein Ende gewesen sein? Wer kann sicb das zusammenreimen ? Welches war deun nuu aber eigentlich das Yerbaltniss zwischen Franziskus und Elias'? Die bündigste und umfassendste Antwort darauf finden wir in einer Stelle der Legende des Tbonias de Celano, der datur unzweifelhaft die lauterste Quelle. Dieser sagt (pg. 711): „••• frater Elias, quem loco matris elegerat sibi (Franciscus) et aliorum fratrum fecerat pairem". Und gleicbsam als Beweis hierfür führt er uns eine Reibe von Scenen vor, die wahrhaft rührend sind. Abgeseben davon, dass Franziskus dein Elias seine Wundmale soll gezeigt baben, welche hohe Auszeichnung nach den ersten Berichten nur den Yertrautesten zu Theil geworden, so bctrachtet er besonders auf seinem Kranken- und Sterbelager ibn als seinen liebsten und unentbehrlichsten Freund; so sehr ihm die verordnete Medicin widersteht, auf des Elias Bitten und Versteltangen niinmt er sie doch; als er seclis Monate vor seinem Todo zu Siena abermals heftig erkrankt und auf die Nachricht davon Elias schleunigst berbeieilt, stellt ibn die Freude über dessen Ankunft so weit wieder her, dass er mit ihm nach der Zelle von Cortona sich zu begeben vermag, wo ihm Elias vielleicht bessere Pflege angedeihen lassen konnte. Hier tritt nuu eine bedenkliche Verschlimmerung des Zustandes ein; Franziskus bittet nach seinem geliebton Assisi gebracht zu werden und der „bonus ülius" entspricht diesem Wunsche init der grössten und liebevollsten Sorgfalt. Der Heilige kommt zum Sterben; die Brüder umgeben sein Lager, er segnet sie. Da legt sich seine Rechte auf das HauptEines, den er, des Augenlichtes bereits beraubt, nicht zu erkennen und die Regel, die wenigstens Wadding als die neu entworfene und sehliesslich bestatigte anführt, hatte ja gar nicht Anlass zur Uuzufriedenheit geben kunnen, da sic durebaus nicht strenger als die frühere, erste ware, vielmehr in emzelnen Punkten manche Erlcichteruugen enthalte. - Die Frage über das versch.edene Alter und die Aufeinanderfolge der n.ehrfach überlieferten Ordensregeln halte ich für eine wol uulosbare. Yergl. Voigt pg-. tt. vermag; er fragt, ver es sei, auf dessen Haupte seine Iland ruhc; — es ist. Elias. Darob freut sicli der Sterbende und spricht noch bcsonders über dieseu Bruder einen patriarchalischen Segen,"der von Liebe, ller/liclikeit und Vertrauen wahrhaft überfliesst. „Dich, mein Sobn", so betet er, „dich segne icb in Allem und durch Alles, und wie der Hüchste durcli deine Iland meine Brüder und Söbne gemehrt bat, so segne ieh durch dieli und iu dir Alle. Ini Himmel und auf' Erden segne dieh Gott, der Herr Aller, lch segne dieb nacb Kratten und daruber binaus, und was icb niebt vermag, vermag gegen dich der, welcher Alles vermag. ]Möge eingedenk sein der Herr deiner Miibe und Arbeit und in der Heimsucbung der Gerechten niöge • dein Loos gewalirt bleiben •!®). Jeglicber Segen, den du wünscbest, ausdenkst, und was immer du billig forderst, muge sicli erfüllen!" — Xacli Sonnenuntergang des 3. October 1226, eines Sabbaths, scbied diese seltene Seele von binnen. — Celauo scliiieb dies nicht gar zu lange nach den Ereiguissen; dor Bollandist setzt die Abfassung dieser Legende mit guten Gründen in das Jahr 1229. Vvar er selbst etwa bei dem Todo des Franziskus nicht zugegen, so erfuhr er die Vorgange dabei, die damals sielier noch ziemlicli unverfalscht und unbefangen erziihlt wurden, gewiss in aller Ausiührliclikeit von Augenzeugen. Sein Bericht konnte hier noch nicht angesteckt sein von Erdichtungen gegen Elias, wie sie spater Missgunst und tödtlicber Ilass mit allem Eifer schufen. Seine treuherzige Erzahlung tragt ganz den Stempel der Wahrheit und Gerechtigkeit; sein Ilerz war zu voll der reinsten, aufrichtigsten Pietat gegen seinen heiligen Oberen, als dass es ihm batte in den Sinn kommen künnen, dessen liebste und bovorzugteste Freunde31) in ein nachtheiliges Licht zu stellen. Elias batte gewiss aucli keinen Grund dazu bisher gegebeu; demi hiitte sonst Franziskus ihn mit einer solchen Fiillo von Segen gleichsam überscliütten künnen?! Es ist klar, dass uur das z&rtlichste und nie getrübte Ver- ™) lch selie hier nicht die Nothwendigkeit einer Conjeetur, wie sic der 3lolliiimis! macht (statl in tribulutione—in retributione), cin; die Stelle giht auch su einen ganz guten Sinn. Carl llasc (Franz von Assisi. Kin lleiligenbild. Leipzig, 185ü) iibersetzt — pgr. 135 —: „und in der Trübsal mag das Erbe der (iercchten die bewahrt bleiben". — "'l Pie I.egende des Celauo (pg. 713) liisst den Elias auch durch die Gnade ausgezeichnet werden, dass ihm zwei Jahre vor dem Tode des Franziskus des Nachts durch eine himmlische Erscheinung der Keitpuukt t'iir das Iliuseheiden des verehrten Meisters geoffenbart wird. haltniss einen solchen Abschluss finden konnto. Wenn Sic andern beiden Legenden (die Tres Soeii und Bonaventura) sieb nicht weiter darüber aussprechen, so darf ilir Sehweigen, wie schon der Bollandist pg. 84!) richtig hervorhebt, nicht auffallen; sie wollten eben, da sie nach cinander schrieben, nicht schon Gesagtes wiederholen, batten auch bei ihren Aufzeichnungen ganz verscliiedene Zwecke im Auge. Und was haben die Spateren daraus gemacht? Den Segen künnen sic einmal, wol zu ihrem Bedauern, nicht ganz wcgleugnen; — aber Elias muss ihn da gewisserntassen erschlichen haben! Hüren wir, was Pisanus (Lib. I. fruct. 8. fol. 42.) darüber zu melden bat! Vor seinem Ende will Franziskus seinen „Erstgeborenen", Bernardus de Quintavalle, segnen; er liisst ihn rufen. Dieser aber weiss den Elias heimlich zu überreden, — das Waruni ist in der That rathselliat't — sicli statt seiner zur Rechten des fast orblindoten Kranken zu setzen. Franziskus merkt beim Handauflegen die Tauschung; er verlangt nochmals nach Bernardus. Derselbe niimnt nun auf der linken Seite I'latz und der Segnende legt mit gekrenzten Armen die Linke auf Elias, seine Rechte aber auf Bcrnard,32) und zu diesem speciell gewendet spricht er seinen Abscbied, macht ihn zum Hcrrn iiber seine Briider und seinem Befehle sollen sammtliche Brüder unterstehen, nach seinem Willen sollen sic aufgcnommen oder ansgestossen werden, keiner solle iiber ihn Macht haben und jegliche Freiheit des Aufenthaltes sei ihm gewalirt33). Elias bleibt unerwahnt und geht leer aus. — Es ist eigentlich wunderbar, dass dieser Berichterstatter noch das Zartgefühl besessen, den Elias für sein Benehmen nicht wieder eiue schroffe Zurückweisuug erfahren zu lassen; aber das ging doch wol nicht gut an, da Elias ja nur auf des heiligen Bernard Anlass sicli zu dem Segen gedrftngt liatte; die vüllige Nichtbeachtung mochte ihm diesmal Strafe genug sein. Von Wadding erfahren wir noch melir darüber;34) tui den Stamm der Sage sind in der Folgo noch neue Sprossen getreten. Als Franziskus im Herbst 1225 die erste Augcnoperatiou zu über- 32) Dies crinuert off'enbar an die Art der Segnung, wie sic Joscphs Soluien durch Jacob zu Thcil ward; 1. Mose 48, 13 ff. 3S) Bezeichnend ist's, das Bernardus eigentliuh nie in dieser oxiniirtcn Stellung erscheint; von der freiwilligen Wabl seines Aufenthaltes ist wol spater einmal die Kede, sie hat aber ihren Grund in anderen, dort gegebenen Verhaltnissen, die, wie wir sehen werden, init dieser Scgeiiserthcilung durchuus nichts gemcin haben. a4) Ann. tom. II. pg. 111. 127. 133. 140. stelicn hal, sehnf cr sich nach der Gegenwart seines Freundcs Elias; dieser kann abor nicht am Leideuslagcr erscheinen, da cr sich in Ordensangclcgcnheiten beim Papste zu Reate bcfiudet. Soine aufopfernde Sorgfalt und Pflege für den laugsam Dahinsiechenden wird nicht in Abrcde gestcllt, sein Mitgefühl für die herben Leiden dcsselben sogar besonders betont. Die Kranklieitsgeschichte wird ira Anschluss an Celano wcitliiufig und getrcu berichtet. Insoweit ist ja Alles in schönster Ordnung; — min koinmt aber der Segen des Elias, ein Stein des Anstosscs für die jüngere Generation. Die Prophetengabe des Franziskus wurde schon so oft gerühmt, hier gibt es eine gefahrliche Klippe für sic. Wariuii liat er deni Elias einen so besonderen Segen gegeben, wenn cr dessen Abfall voraussali; warum ein solcher Vorzug für einen Unwürdigen? Eino Erklarung liisst sich aucli in solchem Falie für die fromraen Franziskusjünger nicht schwer finden: Elias machte sich spater wol des Segens unwürdig, aber dennoch war derselbe „non sine fructu, dum tandem eius [Francisci] precibus et meritis Elias post tot demerita salutem est consecutus aeternam." Jetzt folgt aber auch noch eine Scene, die wol geeignet sein konnte, auf Elias ein übles Licht zu werfen. Pisanus hat sie nicht; Wadding citirt als seine Quellen den Marianus und die sogenannto Legenda antiqua. Diese hat zwar, wie Yoigt pg. 38 ft', nachweist, auch den Thomas de Celano zum Verfasser, ist aber erst geraume Zeit nach des Franziskus Tode, wol in den vierziger Jahren — ah also Elias bereits abyesetzt war —, geschrieben und „spann die Erzahlungen, wie sie im Orden gingen, in breitcr und rednerischer Weise aus, in kühnstem Schwunge zudichtend und verherrlichend." — Gleichsam in Nachalmiung der Nachtmalsfeier vertheilt am Vorabcnde seines Todes Franziskus an 'die Brüder Stückchen Brotcs, von ilim durch das Kreuzeszeichen geweiht. Voll Ehrerbietung nehmen die Brüder dieselben hin und geniessen sie. Nur Elias allein — verschmaht die Gabe. Nein, — das ist eigentlich nicht gesagt, wurde aber gewiss vielfach so aufgefasst. Der Erzahler schreckt vor einer solchen harten Beschuldigung gegen den, dessen Verhalten in der Krankheit seines Freundes er cben erst hat lobend anerkennen mussen. doch oft'enbar zurück; er sagt nur: „Elias allein ass nicht, bis zu Thranen hetrübt iiber den bald zu erwartenden Heimgang eines solchen Vaters; cr hielt den Bissen eliriüi'chts\oll in der Iland. Bruder Leo erbat sich ihn, verwahrte ihn sorgfaltig und spater wurde dieser Talisman für viele Schwache eine (^iicllc des Ileiles". So also ging Elias des daran geknüpften Segens durch eigene Schidd verlustig; kein Wunder wol, dass er spater vom rechten Wego abirrtc. Es ist uur zu bedaucrn, (lass uns Bruder Leo nicht aucli etwas davon mitgothoilt bat! — Kurz vor seincm Scheiden segnet Franziskus die Brüder nochmals; Bernardus kniet zu seiner Linken, zur Rechten aber — Aegidius. Den Widerspruch, in den sich hier der Annalist mit seinen Vorgiüigern verwickelt, sucht er durch den Bericht von einer doppelten Segnung (mit gekreuzten Armen) zu lösen, zuniichst für Elias, dann für Bernard. — Wir haben nun gesehen, wie die Tradition bemüht war, deni Elias nichts weniger als volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Und was bat sie mit all ihren lügenhaften Zusatzen erreicbt? Den Elias für lange Zeit in Misscredit zu bringen, ist ihr wol so ziemlich gelungen, aber auch des Franziskus Bild bat darunter bedeutend gelitten. Wenu derselbe trotz der mannigfachen, unliebsanien Erfahrungen, welche er mit diesem seinem Gefahrten gewacht haben soll, trotz seines prophetischen Blickes, der ihm des Elias Zukunft enthüllte, doch ihm bis zum letzten Moniente sein vollstes Vertrauen schenkte, ihn sogar durch seinen Segen und sein Testament vor den Anderen, selbst Aelteren, auszeichnete, indem er die Fortsetzung seiner Lcbensaufgabe gerade in diese Handc legte, so musste, falls jene Anklagen gogen Elias für Wahrheit hingenommen wurden, dieses unbesonnene Verfahren sich mindestens einer höchst eigenthümlichen Bcurtheilung aussetzen. Wer hier einmal nicht an ein riithselhaftes Walten des Ilimmels zu glauben vermochte, dem konnte schliesslich das Wcsen und der Charakter des Franziskus nach solchen und iihnliehcn Erziihlungen in der Tliat nicht anders erscheinen, als — „einfaltig, stujiid und gleichgültig, rob und ungebildet." Für Viele ist Franziskus — und dies wahrlich nicht ohne Schuld der Ordenschronisten! — ein „Narr", ein „Don Quichote" geworden, und ein Franzose urtheilt über ihn: „Dont le suprème idiotisme est la qualité distinctive"S5). Das ist die Frucht der Lüge! Warum aber verfolgte die böse Zunge den Elias soV Der nachherige Umschwung seines Wcsens und seine spateren Schicksale erschienen den Epigonen bei ihrem einseitigen Standpunkte der Auflassung und Bcurtheilung der folgeuden Verhaltnisse ganz unverstilndlich, wenn sie nicht anders den Keim und die Anlage dazu schon in die Verga ngcnheit datiren konnten; das Bild des Elias wurde also von ihnen in einer Weise zuiechtgestutzt, dass der Bollandist billig ausrufen . konnte ,(pg. 84'J): „Quis in bis Eliam, tiualem alii narrant, agnoscatV" 3r>) „ïrop est trop; capitulation de la Franco avec ses moines et religieux de toutes les livrées," ;t la liayc 17Ü7. pg. 61. Die Sündcn Andercr legte man, wie dies selbst Wadding gelegentlicL einraumt36), auf seinc Schultern und seine eigenen spateren crhielten liier, was weiterhin noch klarer wird, oft uur zu ungeschiekt erfundene Vorlaufer. Etwaige Widersprüche machten den Chronisten nicht viel Bedenken; wie sie sich dainit abfinden — oder auch nicht abtinden, liat sich uns ja wiederholt gezeigt. — Es erübrigt noch, am Schlusse dieses Kapitels zweier Briefe zu gedenken, dit^ uns als Sendschreiben des Franziskus an seinen \ikar Elias tlberliefert worden.3') Eine eingehendere Untersuchung über ihre Authenticitat anzustrengen, ist bei ihrem wenig bedeutungsvollen Inlialte fruchtlos und tiberfltissig. Icli will den ersten Brief, der des Elias Adresse als „pater frater, totius ordinis vicarius" triigt, nicht beanstanden; er enthalt in einfachem, herzlicheni Tone Eriiiahnungen zum geduldigen Ertragen etwaiger Unbilden und zur liebevollen Nachsiclit gegen abirrende, fehlende Brüder und gibt Instanzenvorschriften für die Verzeihung schwererer Silnden. Das Schreiben dttrfte vielleicht die Antwort auf eine nachgesuchte Instruction sein. Die Datirungsfrage bat Wadding und den Bollandisten (pg. 997) beschaftigt. Der zwcite Brief, ahnlichen Inhaltes, ist sehon durch seine Ueberlieferung sehr bedenklich. Wie der Herausgeber sagt, tindet er sich nicht in den alten Codices; er ist uns nur spanisch durch Rebolledo erhaJten; Wadding hat ihn aus dieser Sprache erst ins Latein übertragen. — ]T. Elias als Vikar und als Genosse des ersten Generals Johannes Parens, 1226—1232. Am Abond des 3. October:3S) 1226 war also der Gründer des Minderbrüderordens aus dein Diesseit geschieden. Am folgenden Tage, einem Sonntage, wurde er in der Set. Georgs-Kirche nahe bei Assisi, dort, wo zuerst der Ruf an ihn ergangen war, feierlich bestattet. Die schoii bedeutend angewachsene, in alle Weltgegciiden zerstreute Brüder- a') Mir lagen sie vor in: Sancti Francisci Assisiatis .... opera omnia, cd. Joaiincs de la Haye, Parisiensis. Pedeponti (Stadt am Hof) 1739 pg. 5. -1") Ueber dieso Zeitbestiinmuiig vergl. die Angabe und Bereehnung des Bollandisten pg. 709. Siehe auch Voigt pg. 119, Note 114. 3a) Ann. toni. II. pg. 234: „licet aliqui ex nostris culpam omncm reiiciant in Kit/int, cuiplu-ra ultra veritatem imposita; quod fit frequeuter his, qui regunt, praesertini iis, quorum scmel deperiit opinio, ut facile quidquid sit mali in cos refundatur et dubiae noxac, quarum actor incertus, illis atfigantur. schaft war nun ohne Haupt, war vcrwaist; Elias, der die Leitung der Geschafte ah Vicar bis auf weiteres übernommen, unterrichtete alsbald in cincm Rundschreiben die Genossen von dem herben Verluste, der sic betroffen. Jordanus spricht c. 50 von dieseni Briefe und seincm Inhaltc; Wadding theilt ihn uns (tom. II. pg. 149 ff.) unter der Adresse des Bruder Gregor3n), des Provinzialen von Frankreich, mit nach einer Abschrift, die er vom Original im Recollectenconvent zu Valenciennes40) nehmen liess. Das Schreiben zeugt, wie Wadding sclbst nicht umhin kann anzuerkennen, von „einer Gewandtheit im Stil, einer Fertigkeit im Citiren von Bibelstellen und einer kindlichen Pietat gegen den Ordensstifter". Dieses Urtheil möchte ich dahin noch erweitern, dass sich hier auch der aufrichtignte, bitterste Schnierz über den Verlust des gefeierten Vaters kuudgibt und eine scltcuo Gabe, die Mitbotrübten durch cbristlich-tröstenden Zuspruch zu erheben. Es kann nicht in meiner Absicht liegen, hier das ganze Document in seincm Wortlaut wiederzugeben, so sehr es vielleicht fiir eine besserc Beurtheilung des Elias uns zu statten kamc; aus seinem lesenswerthen Inhaltc hebe ich nur diesen einen Punkt heraus, auf den wir weiter unten noch werden zurückkonmien mussen: wir liabeu hier das erste, rilteste Zeugniss über die Stigmatisation des Franziskus. Der Bollandist (pg 669) muthmasste, ob die Ucberlieferung des Schreibens nicht vielleicht eine Zusammenschweissung zweier Briefe sei: er findet nünilich in der zweiten Halfte die Sprachc minder glatt und rein und die wenig glückliche Wiederholung der Freude und Trauer über das Ableben des Franziskus erscheint ihm bedenklich. Wenn es nicht etwas zu gewagt ware, solche Hypothesen weiter zu führen, so möchte ich bcsonders im Hinblick auf die am Schlusse gegebenen Fürbittsverordnungcn annehmen, dass das eventuclle zwei te Schreiben als oin vorwiegend geschaftliches auch vielleicht die Aufforderung zur Zusammenkunft behufs einer Generalswahl, wie dies Jordanus am Ende seines 50. Kapitels bemerkt, enthalten liabe; durch eine freilich grobe Nachlassigkeit ware dann möglieher Weise bei dem Zusammeuschinclzen der beiden Schriftstücke dieser letztere Passus übergangen worden. — Elias führt als Vikar die Geschafte nun weitcr bis zum nachsten Uober Gregors Verwaltung und Suhicksale siehe die Notiz pg. 23 bei Thomas de Eccleston, dc adventu Minuruni in Angliam (Monura. Franeisc.) cd. J. S. Jirewer. London 1858. "') Laut einer Naoluiehl des Chalippe - vcrgl. Aela Sanct. pg. 608 — isl von dort spatcr das Originalmanuscript vcrschleppt worden. Pfingstkapitel, 1227, wo die Walil cincs neuen Generals vorgenominen werden sollte. Sein Ansehen, besonders in den auswartigen Kreisen des Ordens, war ein grosses; seine Sitten und sein Interimsregiinent erfreuteii sicli der weitesten Ancrkennung. Lucas Tudensis — aus Tuy im spanischcn Galicien — bezeicLnete z. B. nacb einer Unterredung, die er mit EJias gehabt, denselben als einen heiligen Mann, des heiligen Franziskus verebrungswürdigcn Nachfolger, dessen Ansehen nach seiner Meinung allein hinreichen würde, die ketzerisehen Albigcnser, an deren Bekehrung er selbst durch seine Schriften fleissig arbeitete, aus ihrem hartnackigeu Irrthume zur Heilswahrheit zurückzuführen. Freilich konnten, so wendet Wadding (toni. II. pg. 150) ein, in dieser Weise uur Leute urtheilen, die sich von seiner absichtlich zur Scliau getragenen Liebeiiswürdigkeit bestechen und tauschcn liessen, die sein wahres Wesen nicht recht gepriift und erkannt hatten41). Elias batte aber einnial doch die Herzen der Brüder für sich gewonnen und so war es wol, schliesst Wadding, ganz natürlicli, dass er im folgenden Jahre, also 122 7, zuni Generalminister gewalilt wurde. Ja, dies hiitte man allenfalls erwarten können; aber dem ist in der That nicht so. Nicht Elias wurde erster General, sondern — Johannes Paren». Dieser war, von Franziskus selbst zu Florenz recipirt*2), spater rrovinzial von Spanien geworden; man rükmte ihm strenge Gerechtigkeit und gerechte Wilde nach; Gott batte ihm die Gabe der Thranon ") liemerkenswerth ist es, wio dieser Gcdanke an eine wol berechncte Yerstelluiig (les Elias schon früh Wurzel sclilug und stets weiterwueherte. Abgesehen von vielen anderen Darstcllungen der Art will ich hier nur an cinem Beispiele zeigen, bis zu welchcm Grade von Vorcingenominenhcit und Einseitigkeit diese Auffassung gedieh. Nacb dem Vorgange Ilelyots, Bd. 7., ist in der sehon citirten „1'ragmatischcu (J escbichte der vornehnisten Miinchsorden etc." über Elias tuigende Charakteristik entworfen: „Helius war klug, aber mit bösem Ilerzen klug, lisiig und betrügerisch. Seine Aussiehten gingen weit, aber sic gingen seltcn auf Pflicht, meistens aut' Riinke. Er wusste seine Aussiehten zu verbergen und seine Entwürfe bis auf die zur Ausfülirung gelegene Zeit für sich zu behalten; aber er verbarg sic aucli dann, wann Redlichkeit, Treue und Glauben und Gewiasen darunter litten. Die Kunst sich zu verstellen war ihm ganz eigen; er übte sie aber bis zur schandlichsten Heuchelei, auch bis zur lleligionshcuchelei. Alle Verstellung orlaubte er sich olme lSedenkliehkeit, wonn sie ihm nöthig schien, uiu seine Absichtcu zu erreichon und seine Neiguugen zu befriedigen. Seine Lieblingsueiguugcn, welche ihn in den nieisten Handlungen regierten, waren Ehr- geiz und llerrschsuclit. Minoriten malen ilin noch schtocirzer, aber so wie ich den llelius bcschrieben liabe, tindet man ihn gewiss in der ganzen Folge der Geschichte. — 4a) Seinen Eintritt in den Orden weiss Wadding tom. 1. pg. 113 ausführlieh ru erziihlen. Siche oben pg. 4. verlichen, deren reichliches Fliessen ihm den Beinamen, „Tliranenmeistei-" (lacryraarain magister) eintrug; aucli seiner Wanderungenmit nackten Fttsson dureh viele Gegenden Europas geschieht öfter bcsondere Envahnung. Wie war man nun gerade auf dieson Mann verfallen, der doch trotz seiner Tugenden lange nicht den Ruf und das Anselien eines Elias genoss? Dariiber schweigen unsere Qucllen; man goht aber sicher nicht fehl, wenn man schon bei diesein ersten Wahlcapitel heftige Opposition und Intriguen gegen den gewiss wegen seiner Energie gefiirchteten und mn seines Ansehens willen beneideten Elias voraussetzt. Er batte, vielleicht gerade in Folge seiner Vertrauensstellung zu Franziskus, wie das doch nichts Seltenes, bereits manche Gegner und Neider, die ilirn seine Aufgabe erschwerteu und verbitterten; scheint er solches doch selbst schon in dem erwfthnten Trauerbriefe anzudeuten, wenn er sagt: „der Verlust des Yaters ware ein commune damnum, scd meum singulare periculum, quem in ipso tenebrarum medio dereliquit multis occupationibus circumdatum et oppressum flagellis innumeris." Andrerseits ware es aber auch denkbar, dass er selbst wegen seines Gesundheitszustandes, der nicht der festeste gewesen, wie dies einzelne ihm spater willig gestattete Licenzen beweisen, auf die Fortführung der allgemeinen Geschafte als verantwortlichor 01>erer nicht ungern verzichtete. Es ist zu bedauern, dass wir durch unsern Gewahrsmann Jordanus nicht mehr über diese erstc Generalswahl erfahren; — er wohnte ihr nicht bei, sondern war ja uuterdess in Deutschland; — dankbar sind wir ihm aber jeden Falies auch fiir seine kurzen Notizen darüber, die uns in den Stand setzen, mit historischer Gewissheit einer Menge von Irrthümer und Verwirrungen entgegenzutreten, welche, frilh entstanden, bis in die neueste Zeit ihre verhangnissvolle Geltung hatteii. Bei Vielen bestand und besteht namlich der Glaube, Elias sei jetzt er der General geworden, habe sicb Uebergriffe und Ausschrcitungen im Amte erlaubt, nach seiner Absolution 1230 ware ihm Johannes Pareus gefolgt; sechs Jahre spater wieder zum General gewiihlt, bekleidete er die Würde bis 1239, wo seine zweite Absetzung ausgesprochen wurde. — Dieser Auffassung der Verhaltnisse begegnen wir in fast. allen Kirchen- und Profan-Geschichten, welche diesen Punkt berüliren; selbst Winkelmann („Zur Geschichte Kaiser Friedrichs II. in den Jahren 1239 bis 1241" in den „Forschungen zur deutschen Geschichte." 12. Bd. Göttingen. 1872. pg. 540) bchillt sie liüchst sondorbarer Weiso noch bei, obwol ihm, wie aus einer Note deutlich hervorgeht, Voigts Abhandlung wol bekannt war. Wie grundfalsch aber eine solclie Annahme sei, wolier sic ibren Urspruiig genommeu und welche Förderung sic gefunden, — das zu zeigen ist nun in Folgendem unsere Aufgabe. J'on eincvi tweimaligen Getieralat des Elias kann den besten Nachrichten mfolge gar nicht die Hede sein. Die sclion zeitig ins Unklare gebrachte, durcli Waddings (fast entscbuldbare) Fehlschlüsse aber zur grössten Verwinning gesfeigerte Successionsfrage bat bereits Voigt in seinen Erlautcrungen zu des Jordanus Denkwürdigkeiten (pg. 70 ff.) einer ebenso gründlichen, als erfolgrcichen Erörterung unterzogen. In Berufiing auf dicse willkonnncne Vorarbeit darf ich wol eine weitlaufigere Ilecapitulation derselben mir erlassen. Das Ergebniss dieser Forschung ist kurz folgendes: Johannes Paren* war General von 1227 hts 1232; in dieser Zeit nahm /edoch Elias auch einen hervorragenden Antheil an der Erledigung gewisser Geschafte, und diese T/uitigheif sowol wie seine J.nterimsverwaltung a/s Vicar vor der GenerahwaM haben zu der Arimhme verleitet, a/s hatte er sclion jctzt se/bstiindig an der Spitze des Ordens getande»; aber eist nach don llücldritt des Johannes Parem, 1232, warde er General und blieb es ununterbrochen bis 1239.4V — Die Genesis (les Waddingscben Irrthumes geilt aus Voigts Deductionen klar genug hervor; für die chronologischen Fehler jcnes aber inöcbte ich Franciscus Gonzaga oder dessen nachste Vorlagen verantwortlich machen. Dass ein sicberer Ueberblick bei den in bunteni Durcbeinander sicli bewegenden, riebtigen wie unklaren Nachrichten über die Reihenfolge der ♦3) So erzahlt z B. Thomas de Eccleston pg. 33: „Tempore fral,-is Johanhi'h wmularit frater Helios, ul fratres ipsi lavarent femoralia sua: lavarunt ergo fratres adminislrationis Angliae, secundum quod mandatum fuerat; fratres autcm administrationis Scotiae rescriptum suum exspectaverunt." — Ferner die Leitung des Portiuncula-liaucs. 44) Durcli diese Zeitangaben verliert sclbstvorstandlich auch die Beweisfiihrung BilbassofTs (Zeitschrift des Vereius für tliüringische Geschichte und Alterthumskunde. 7. Hand. Je.ia 1870. pg. 139) für die Abfassung des dort zuerst mitgetheilten Britfes Kaisor Friedrichs TT. an Elias (über die Tugenden und Wunder der hl. Elisabeth) noch tlem AV. Mui 1 'J-Ui ihre speciellen Stützpunkte, wenn es darum wol auch ganz ausser Zweifel bleibt, dass die Anuahine von Iluillard-Bréholles, der lJrief sei rur der Canonisalion der hl. Elisabeth, also vor dem 20. Mai 1-35, geschrieben, eine unsichere, die daraus gezogene Schlussfolgerung desselhen auf die Absichten des Kaisers gewiss eine viel zu weit gehende ist Für unsere Zwecke ist das Schriftstück nicht weiter von Belang; ani Schlusse di sselben emptiehlt sich Friedrich der Fürbitte des Elias und der IJruder, quorum vitam coliimnam immobilem mortalibus extimamus." Doch kann es tür die ïlteste Nachricht von den lieziehungen des Kaisers zu Elias angesehen werden. ersten Generale und ilire Amtsdauer sich olme festere Grundlage, wie wir sie jetzt besitzeli, schwer gewinnen Iiess, wird vielleicht leichter erklarlich, wenn ich einige Beispiele aus den Clironiken oder den ihnen mitunter beigeftigten Catalogen in zeitlicher Stufenfolge heraushebe. Schon bei Salimbene treffen wir eine Unsicberheit oder doch wenigstens einen unklaren Ausdruck. Er sagt (pg. 402): „Helyas bis factus generalis minister" und an einer anderen Stelle (pg. 404) „Helyas, qui bis praefuit et obfuit." Trotzdem ftthrt er aber dabei den Johannes Parens gleich nach dem heiligen Franziskus an. Dass der Liber conformitatura die Reihenfolge richtig gibt, zeigt bereits Yoigt pg. 79. Thomas von Eccleston, „nach 1250," sagt in seinem Werke „T)e adventu Minorum etc." pg. 44: „Primus autem minister generalis post beatum Franciscum fuit frater Helias, qui fuerat scriptor Bononiae. (?) Cui successit frater Johannes Parens de Florentina, minister Hispaniae, vir sapiens et religiosus et summi rigoris. Quoper fautores fratris Heliae absoluto, iterum factus est generalis frater Helias." Beigefügt ist dieser Chronik ein Registrum fratrum Minorum Londoniae (angeblich aus dem 15. Jahrhundert, ed. Brewer. pg. 5S2/33.). Ilier liest man: „Isti sunt ministri generales ordinis Minorum: I. Sanctus Franciscus, ordinis fratrum Minorum institutor et dux, generalis minister fuit in eodem ordine et rexit ordinem XX [annos], In quo tempore frater Helyas de Assisio fuit vicarius eiusdem s [ancti]. II. Frater Johannes Parens de provincia Ilomana fuit secundus generalis minister [et] ministravit VI annis; . . III. Frater Helyas de Assisio, qui scriptor fuerat Bononiae, fuit tertius generalis minister, et ministravit IX annis." Endlich noch in demselben Bande ein Appendix of original documents, (Appendix IV. pg. 558): „Minister primus, frater Franciscus fundator ordinis minorum. Minister secundus, frater Elias, quondani scriptor Bononiae. Minister tertius, frater Johannes Parent, primus minister Hispaniae. Minister quartus, frater Elias iterato." Im Speculum vitaeb. Francisciet sociorum eius (Venet. 1504) fol. 207 : „Fuerunt igitur post transitum sancti patris hi eius successores in ministerio generali: videlicet. frater Johannes cognominatus Parens; . . . isti successit frater Helias, qui et ante ipsum aliquo tempore ministri locum tenuit— Aus diesem vorsichtig gewalilten Ausdrucke spricht doch wol noch ein leises Bewusstsein des ursprünglichen \ erhiiltnisses. In der Erzahlung desselben Buches „Wie Bruder Elias als General gewesen" wird (fol. 167) gesagt: „Heliam fratres ab offieio (nicht ausdrücklich ab generalatu, wie auch vorher nicht der Titel „General" fiir ilin gebraucht ist) deposuerunt et fratrem Johannem de Florentina concorditer elegerunt.'" Aus dem Speculuni minorum, per magistrum Martinum Morin, Rothomagensi, 1509, pg. GO: „Anno Domini 1227 in festo Penthecostes apud Portinnculam cele.bratum est generale capitulum, in quo frater Johannes Parens de civitate Castellana minister Hispaniae electus fuit in generalem ministrum pontificatus domini Gregorii IX. anno primo. Qui fuit secundus generalis minister. (Franziskus wird hier als erster General gezahlt.) . . . Tertius generalis minister fuit frater Helyas de Assisio, qui aliquanto temporis ante dictum fratrem Johannem tcnuit loctim ministri." Schon oben bezeichneten wir Gonzaga als die muthmassliche Quelle fiir Waddings unrichtige Zeitbestimmungen. Hier der Beleg aus: „De origine seraphicae religionis Franciscanae. Hom. 1587." (pg. 65.); „Beatissimus pater Franciscus, qui sub Innocentio III. ordinem anno Domini 1206 instituit itidemque .... per se suosque Vicarios vitfinti continuis annis et ultra, gubernavit. 2. Generalis Minister pater frater Joannes Parens ... in Capitulo generali Romano anno Domini 1230 primo electus, Gregorio IX. Pont. max. ac eius Capituli Praeside, ordinem gubernavit annis 6. 3. Generalis Minister pater frater Ilelias a Cortonio, eodem Gregorio IX. surnrno Pont. in sexto generali Capitulo Assisii, anno Domini 1236 electus ordinem gubernavit annis 3. Nam expleto sui officii triennio ab ipso Gregorio IX. privatus fuit, a quo etiam primo a Vicariatus Generalis offieio, quo per quatuor annos post seraphici patris Franvisei mortem functus fuerat, deiectus erat; imo et ante omnia ista ab ipsomet beato patre Francisco ab eodem munere propulsatus fuit." Spiitor noch einmal die richtige Tabelle bei Henricus Sedulius, „Historia seraphica vitae B. P. Francisci Assisiatis etc." Antwerpen 1613. pg. 231: „Primus (gener. miuist.) fuit Joannes, cognomine Parens, Florentinus, Tuscus, Assisii creatus, vir sanctus et iustus. Secundus Ilelias, Assisicnsis, homo elatispiritus. Tertius Albertus Pisanus." — Aus allen diesen Citaten spricht es doch niehr oder minder deutlich, dass nur das Interimisticum des Elias zu der irrigen Aulfassung von einem zweifachen Generalat desselben Veraidassung gegeben; nir- gend ist etwas von seiner Walil zum ersten General gesagt. Erst Wadding hat, wenn auch nicht völlig selbstiindig, um das lose Gerippe der Tradition eine entsprechende Umkleidung geworfen, deren Zuschnitt bei der grossen Autoritat, die er genoss, als massgebend und mustergiltig angesehen wurdc. Weiehen Gewahrsmannern er dabei folgte, we lelie Chronisten er dabei verdaehtigte, was für Gründe für ihn bestinunend gewesen, das Alles sagt er selbst toni. II. pg. 1G4. Der Bollandist hat auffallender Weise niclits daran auszusetzen gewusst. — Auf einen kleinen Widersprucli aber, den sieli Wadding trotz der sonst conscquenten Durchführung seiner Ansicht doch eininal zu Schulden kommen liisst, möchte ich hier noch aufmerksam raachen. Ann. torn. I. pg. 113 heisst es von Johanncs: „deinde post S. Prancisci obitum assumptus fuit ad generalatus apicem." Aus allen diesen Unsicherheiten sind wir nun durch Jordanus endgiltig befrcit. — Der neu gewahlte Genera! Johanncs eröffhete seine Thatigkeit damit, dass er den aus Deutschland zur Wahl herbeigekoinmenen Provinzialminister Albert von Pisa4ft), den spateren Nachfolger des Elias, seines Amtes, das er von Caesarius von Speier 1220 übernommen, absolvirte und Simon von England die erledigte Stelle übertrug4li). Albert blieb vorlaufig in Italien und ging spater nach England. Sein Auftreten gegen Elias- wird uns noch beschaftigen. — Die weitere Wirksamkcit des ersten Generals kann ich hier füglich wol übergehen; sie enthalt nielits, was für uns von besouderem Belang ware. Nur den Umstand darf ich doch nicht unerwahut lassen, dass im Jahre 1230, nacli dem Tode des Simon, Jordanus in Angelegenheiten der deutschen Ordensprovinz nach Assisi gereist war und dort mit dem General Johanncs persönlich verhandelte. Der Name desselben ist zwar an der bctreffenden Stelle (c. 58) nicht ausdrücklick genannt, doch ergibt der ganze Zusammenhang, dass uur Johanncs 1'arens gemeint sein kann. Was that Elias nun unterdess V Von Jordanus erfahreu wir darüber sehr wenig; nur beilautig (c. 61) spricht er von dem inzwischen durch diesen in Angrift' genominenen Bau der Portiunculakirclie. Wir mtissen hier also anderen Nachrichten folgen. Um Franziskus, welchen der neue Papst Gregor IX. (der frühere Protector des Ordens Ugolino, auf' dem Stuhlu Petri seit 1227) zwei Jahre nach dem Tode — am 16. Juli 1228 —- nach vorangegangener 4r') Ucber den Iicbcnsgaiig «lioses Mannes sieho Voigt pg. 112 Nole 7;*). 4,1 j Wadding liisst dicses natürlich durch Elias geschehen. 3 Prüfung dor vielfach erzahlten Wunderwirkungen unter grossen Festlichkeiten heilig gesproclien, eine würdige Ruhestatte zu bereiten, wurde auf dem sogonannten „Höllenhügel" (collis inferni), dem früheren Richtplatze, jetzt in „Paradiescshöhe" (collis paradisi) umgetauft, ein Prachtbau beschlosseu47). Die Mittcl dazu wurden auf püpstlichen Befehl aus einer jahrlichen Steuer der umliegenden Kirchen und Parochiën beschafft und Elias, der die besondere Gunst des Papstes genoss, mit der Leitung des Baues betraut; Gregor selbst legte den Grundstein. Im Jahre 1230 war die Arbeit so weit gediehen, dass man au die Uebertragung der Gebeine des Heiligen aus der Georgskirche in die neue Basilika denken konnto. Als eine grosse Zahl von Brüdern zum Plingstkapitel sich eingefunden liatte, ging dieselbe am 25. Mai, dem Vorabende des Festes, mit grossem Pompe vor sich. Der Papst, am persönlichen Erscheinen gehindert, liess sich durch Gesandte vertreten, welche reiche Geschenke und Ablassbriefe48) überbrachten. Wahrend aber nun der Zug der Festgenossen mit dem kostbaren Schatze unterwegs war, erhob sich plötzlich ein Tumult. Die Assisiaten, misstrauisch gegen die Brüder caventes ne dolo ullo aut arte surriperetur vel praescisis ullis partibus minueretur adeo insignis thesaurus' und in der Absicht, nicht diesen allein die Translation zu überlassen, - 'nam civitatis rectores id sibi munens assumpseru.it', - suchten bewaffnet und in starker Schaar dem Vorhaben entgegenzutreten, dass dem Wunsche des versammolten Volkes gemass vor der Kirche der Sarg noch einmal geöffnet und die Leiche zur Scliau gestellt würde. Die Verwirrung und Aufregung war gross. Dieser Moment wurde benutzt, die umstrittene Bahre schleunigst an einen geheimen Platz in der Kirche zu bringen, verborgen für Jedermann — bis auf den lieutigen Tag. Von dieser störenden Scene erzahlen uns die altesten Legenden gar nichts. Celano schloss sein uns erhaltenes Werk nocli vor der Translation; die Tres Socii und Bonaventura berichten in wolgefalliger Ausführhchkeit aber nur von den dabei stattgehabten Festlichkeiten; ihr Schweigen über den Tumult dürfte leicht erklarlick sein. Wadding führt uns für seine Erzahlung davon keinen Gewahrsmann an; trotzdem ist dieselbe ») Naoh einer Urkunde im Kloster zu Assisi, auf die Sbaralea iu Annotatis, tom. I. Bullarii Franciscani pg. 60 lit. c. BeZug nimrat heisst es der Hugel se, gescheukt anno 1228 die XXX. Martii a Simone Puzarelli, fratri Heliae reeipi pro domino Gregorio papa IX. corafh domino Guidone, iudiee eommums Ass.su aliisque testibus. 4B) Abgedruekt bei Wadding lom. II. pg- 232 It. aber wol diesmal nicht so unzuverlassig, da sie von einem papstlichen Schrciben 49) untcrstützt wird, in wclchem die Biirger von Assisi, von den Brüdern bei der Curie verklagt, wegen ihres prophanirenden Betragens heftigen Tadel erfaliren und die lïiseliöfe von Perusia und Spoleto beauftragt werden, deni gekrankten Papste in Kürze volle Genugtliuung zu verschaffen. Es ist in der Tliat iiberraschend, wie jener storende Zwischenfall, dem doch gewiss nur eine unrichtig zum Ausdruck gebrachte 1'ietat zu Grunde lag, spater gedeutet wurde: — er soll das Werk des schlauen Elias geweseu sein! Um eine geeignote Gelegenheit zu finden, den heiligen Leichnam, geschmückt mit den (fraglicheti) Wundmalen Cliristi, dem Anblick frommer Beschauer für immer zu entziehon, habe er das traurige Schauspiel, wol im Einverstandnisse mit der Beliörde von Assisi, in Scene zu setzen gewusst. Gegen einen solchen Vonvurf sucht aber selbst Wadding zu Gunsten des Elias Verwahrung einzulegen, wenn er es auch als inimerhin moglich gelten lassen will, dass dieser bei der Verberging der Leiche seine Hand mit im Spiele gehabt habe. Ebenso weist der Bollandist (pag. 683) jene Verdachtigung entschieden zurück und hebt mit Recht hervor, dass dem Elias ja vom Papste keinerlei Schuld beigemessen sei, eine vorher geplante Bcseitigung der Gebeine sicli auch im Geheimen leiehter und besser liattc bewerkstelligen lassen als unter dem gewaltsamen AuHaufe und Larm der Bürger von Assisi. Thatsache ist es, dass die neue Ruhestatte des Franziskus ein ticfes Geheimniss stets gewesen und geblieben ist; wer und wie viele anfangs darum gewusst, ist schliesslich gleichgiltigr>0). Als Motiv für dieses sonderbare Verborgeidialten muss man aber wol die einmal érregte Furcht vor einem Ilaube oder einer sonstigen, wenn auch fromm gemeinten Verstümmelung und Verschleppung dor Leiche gelten lassen. Denn dass seit je eine gewisse Eifersucht um den Besitz der heiligen 49) 1'reilicli (ragt dasselbe in dor Wiedcrgabe Waddiiigs (toni. II. pg. 234) die nuffiillige Datirung: Datum l.aterani XVI. Kalendas Junii Pontificatus nostri anno IV." Das waren ja acht Tage vor dem betreffenden Ercigniss! Gewiss doch nur ein Schreib- oder Druckfehler. 5") Als die versi'lnviugeneu Mitwisser dieses Ueheininisses nicht jnelir lebten, konnte trolz wiederholt angestrengter Versuehe die Statte nicht wieder aufgetunden werden. Vergl, darüber die lange lteilie von licmerkurigen des Bollandisten pg. 980 ft'. 3* Gebeine besonders unter den NachbarstMten herrschte, sagt Jordanus 5r) ausdrücklich und wird von Anderen ebenfalls bestatigt. Es felilt auch nicht an Versionen, wonach jene Uebertragung auf des Elias Betrieb schon einige lage vor dem Eintreffen der Brüder licimlicb in aller Eile sollte stattgefunden haben52). Ware aber dem so, wie hatten deun da jene Legendare als Augenzeugen von den damit ve'rknüpften Festlichkeiten und von so zahlreicher Theilnahrae so unbefangen reden können? Unsicher und gewagt ist aber entschieden auch die Annahme, als sei Elias der eigenmachtige Vollstrecker der Beseitigung der Leiche gewesen. Er war ja noch nicht, wie freilich falschlich bisher angenommen wurde, zu dieser Zeit General, batte also auch nicht eiue unumschrankte Machtvollkommenheit hierzu. Sollte ihm etwa, was jedoch in den ursprtinglichen Quellen durchaus nicht zu fiudon ist, die Vorbereitung und Yeranstaltung des Eestes übertragen gewesen sein, so ware ein solch gewaltsames Verfahren mit der verehrten Leiche ohne Vor- und Mitwissen der andem Ordensbeamten sicher hier oder bei spaterer Gelegenlieit, wo die Unzufriedenheit gegen ihn zum offenen Ausbruch kam, zur Verantwortung und Rechenscliaft gezogen worden. Aber davon ist lange r.i) cap. 50. „Et licet felix pater, beatus Franciscus disideravit in ecclesia sepeliri, populus tarnen terre et cives de Assisio timentes, 11e propter signa que per ipsuni et in vita et post mortem deus dignatus est operari, a Perusims violcnter tolleretur, ipsura prope muros Assisii in ecclesia Sancti Georgu transtulerunt et honorifice condiderunt." Merkwürdig ist es, dass Jordanus gar nichts von der Translation von 1230 erzahlt, da er doch nicht gar zu lange nach derselben in Italicn war und nahere Erkundigungen darüber hatte einziehcn können. Welcher Cultus übrigens mit den einfachsten Franziskusreliquien getrieben wurde, geht aus cap. 59 zur Uenüge hervor. Die viel spa tere „Chronik der XV und XXIV Generale" - der Bollandist sctzt sie ungefahr in das Jahr 1374— sagt über diese Vorfalle: „Ut al.qm ferunt, (so z. B. Thomas von Eccleston pg. 44 und des Speculum vitae fol. lb») antequam fratres convenisscnt, aliquibus diebus frater Helyas, qui opus dictae hasilicae sequebatur, per potentiam secularium, non obstante quod frater Johannes ordini praesideret, ductus humano timore occulte fecit Jieri translationem, nolens quod sciret aliquis in ecclesia sacrum corpus paucis exceptis, de quo posten inter fratres magna fuit tarbatio mbsecxlci, qui ad hoe venerant principaliter, ut viderent sacrum corpus. Sed frater Helyas satisfecit multis rationibus allcgatis Dcmgcmass ware also die Uebertragung hcimlich vor sich gegangen, der Tumult erst einige Tage nach derselben ausgehrochen. Was hatte denn dann aber die „potentia secularium" bei eiuer „translatio occulte facta" für eine Bedeutung und einen Zweck ? — nichts zu hören; crst die jüngcrc Tradition legte sich nacli ihrem Geschmack und Belicben jciie Yorfallc zureclit. Man kami sonach uur glauben, dass die Aufhcbung des heiligen Leichnams int Interesse der Assisiatischen Gemeinde vom General Johannes angoordnet oder wenigstens vollstandig gebilligt wurde; die meisten der dort ansassigen Brüder, selbstverstandlich nicht Elias allcin, batten siclier Theil an der Kenntniss des Gebeimplatzes. Will etwa Jemand diese fast egoistische Ilandlungsweise nicht gutheissen, so darf er doch keinesweges den Elias ausschliesslich dafiir verantwortlich machen. Und welche Absichten sollte denn auch Elias gcrade bei der Geheimhaltung des Wunderkörpers verfolgt liaben? Diese Frage führt uns auf einen Punkt, dem wil' uni so grössere Aufnierksamkeit zuwenden miissen, da wir liier die Widerlegung einer Ansicht versuchen wollen, welche einen so bedeutenden und gewissenhaften Vertreter in dem verehrten Kirchenhistoriker Carl Hase zu Jena gefunden hat. Nach sehr cingehenden Untersuchungen über die Geschichtc oder Sago der Stigmata des heiligen Franziskus glaubt dieser Gelehrte namlich — und mit ihm Voigt (pg. 55) — in Elias entioeder den directen oder indirecten Urheber derselbcn erbheken zu dürfenf>i). Für eine weitlüufigere Recapitulation dieser so vielfach mit mehr oder minder ansprechendem Resultat behandelten Wundmalenfragc ist hier nicht der Platz; die Sache ist ziemlich dunkel und wird es wol immer bleiben, so lange nicht etwa eine zweite ahnliche Ersclieinung Gelegenheit zu nüchterner, gewissenhafter Beobachtung und Untersuchung bietet. Will man jedoch nicht voreilig die Stigmata des heiligen Franziskus ganz leugnen, so muss man sich streng an die altesten Nachricliten darüber halten und diese stellen die Male in einer Weise dar, welche von den Zeichen der übrigen sogenannten Stigmatisirten vollstandig abweicht: nicht ojfene Wunden hatte Franziskus an Handen und I1 üsson, sondern „nügelförmige I'lecken oder FleiscJuiuswiichse von der dunklcn Ttirbc des Eisensdie linke Seite freilich machte eine entsprechende Ausnahme. Man hat dafür die mannigfacbsten Erkliirungen von den vcrschiedensten Gesichtspunkten aus aufzustellen versucht; wol eine jede davon hat ihre Anhanger und Gegner gefunden54). Ich tttr meineu 53) Lies in Hase's „Franz von Assisi" die interessanten Kapitel: „XIII. Dio Wundmale" pg. 121 ff. und „Anhang. Untersuchung der Wundmale" pg. 143 ff. M) Tholuck (Vermischfe Schriften. Erster Theil. Hamburg 1839) schreibt in dem Aufsatze über die „Wunder der kathol. Kirche" pg. 106: Sollte es wol undenkbar sein, dass in einem so disponirten ecstatischen Menschen (wie Fran- Tlieil würde niich olmc falsche Rücksichtnalimc auf etwaige Verletzung naiv-frommer Gefühie und Anschauungen oder auf papstliehc Bannbullen am clicston ftir cinc ganz einfaclie, uatürliche Auslegung dicser „Wundcrerscheinung" entscheidcn. Nur A\ under-Glaubige und \V under-Bedürftige dürften sich damit niclit zufriedcu geben; für sio, die oft selbst das Einfachste leiclit zu et was Aussergewöhnlichem zu machcn wissen, streift die nüchterne Auffassung einer vielleicht abnormen Erscheinung nahc an Prophanirung. So weit niein Einblick in diese Saclie reicht, ist es historisch wol unzweifelhaft, dass Franziskus gewisse auffallige Zeichen an sich gehabt; seit wanu? — darüber gehen die Aussagen bedeutend auseinander; vielleicht gar schon seit seiner Geburt, — niit Aufinerksamkeit behandelt, seitdera er ein Heiliger geworden. An eine voltige Erdichtung der se/ben seitens des El/as, der uns in seineni schon oben besprochenen Briefe die er de Kunde davon gibt, kann ich nicht mit Ilase glauben. Zugestanden, dass Elias hier vielleicht den Malen in frommem Eifer und gutem Glauben eine Bedeutung beilegte, die ihnen ursprünglieh gar nicht zukam,85) direct und aus unhuterer Ahicht dein Franziskus andicliten konnte er sie aber gewiss nicht. Ein solcher wol iiberlegter Betrug, denn anders dürfte dann dicses Yerfahren nicht genannt werden, ist mir, der ich freilich durchweg eine bessere Meinung von dem Charakter diescs Mannes habe als die bislang hergebrachte war, aus inneren und ausseren Gründen geradezu nndenkbar. Im Augenblicke der tiefsten Trauer über den Hingang eines walnhaft geliebten Freundes ist man wol nicht Jeicht in der Stimmung, demselben, weini aucli immerhin zu seiner Verherrlichung, eine solche vollstdndig fingirte Abnormitiit in einem nmtlichen Schreibcn, dessen Bedeutung man sich bewusst, falsclilich nachzuerzahlen. Wer das th&te, der ist ein abgefeiinter Schiu'ke, — und Elias war das niclit! Und gesetzt, es hattc in Elias schon friiher der Gedanke an eine solche — bisher unerhörte! ziskus) dureh die t'ortgesetzte Fixirung auf das Kreuz Christi in einem Momente, wo dieselbe sich vorzugsweise gesteigert, das Abbild dieser Vorstcllung ihm körperlicli aufgepriigt worden ?" Trotz der weiteren Anführung einschlagender ]!eispielc kann jeh mich, bei alleni sonst zugestaudeneu grossen Einflusse der 1'hantasie auf den leiblichen Urganismus, docli nicht zu diesera (jlauben bequemen. Warum die Xuflucht zu einer so unsieberen, den medicinischen Krfahrungen fast widersprechcnden Erklürung uehmen, so lange eine natürl i ch e Deutuugswcise ohne erheblicbe Schwierigkeit, noch immer möglich ? •r'6) In dein vielleicht richtigen Vorgefühle einer solchen Missdeutung seiner „besonderen Keiiiizcicheu" mag sie Franziskus wol auch, wie erzahlt wird, möglicbst geheim zu halten bemüht gewescn sein. — Glorificirung seines Ordenshauptes aufkcimen können, den cr jetzt bei Gclegeuheit zur Reife brachte, — würdcn nicht sicher diejenigen Brüdcr, die aucli öftcr uin Franziskus gewesen, sclion wegen ilirer thi//wcisen Abneigung gegen Elias eincr solcheu Lüge desselben frülier oder spater entgegen getreten sein? Der Zweifel und Unglaube an dem „Wunder" zeigte sich nur in entfernteren Gegenden. Es liesse sicli etwa einwenden, die Brüder h&tten sich mit dieser Erdichtung, die ihnen zu eineni so besonders begnadigten Ordensstifter verhalf, im eigenen Interesse stillschweigend einverstanden erkliirt. Immerhin möglicli! Aber hatte Elias spater, wo er nach den trübsten Erfahrungen und bitteren Krankungen nicht mehr dem Orden angeliürte, aus demselben sogar unter Yerwünschungen ausgestossen war, hatte er da nicht, wenngleich mit einiger Schüdigung seines eigenen Credites, dem Orden den allerempfindlichsten Stoss versetzen können durch Aufdeckung dieses fruges < Nach solcheu Erwagungen ist es mir unmöglich zu glauben, dass Elias der Welt etwas verkündet habe, was er selbst nicht fttr wahr gehalten, was ohne jeglichen positiven Anlass nur seiuer ii ommen Phantasio oder klugen Berechnung den Ursprung verdankte. Dass ei einc an sich wahrscheinlich ziemlich harmlose Erscheinung am Kürpcr des Franziskus mit nicht ganz unbefangenem Auge betrachtet, will ich, wie schon gesagt, allenfalls einraunien; dafür war cr aber Münch und lebte in einer Umgebung, deren excentrische Denk- und Anschauungsweise selbst oinen noch so klaren Bliek triiben und den niichternsten Sinn mitunter verwirren konnte; ein dolus brauchte deshalb seiner \ erkündigung des „Wunders" durcliaus nicht zu Grunde liegen. Noch weniger annehmbar erscheint mir natürlicli Hase s zweitc Ansicht, Elias habe dem Leichnam, die Zeichen lciinsthch beigebracht. Ei glaubt dies ihm, der einseitigen, darum vielfach uugerecliten Darstellung Waddiugs vom Charakter und der Wirksamkeit dieses „weltklugen Mannes mit zu viel Vertrauen folgend, allerdings zumuthen zu dürfen. Und so sagt er: „Es ist aucli möglicli und nach den Verhaltuissen nicht unwahisclieinlich, dass Ilelias in jener Sterbenacht zu Portiuncula dem Leichnam, do• ganz in seiner Gewalt war, (?) die Wundmale eingepiagt habt. Dieser Tod war kein unerwartetes Ereigniss; eben Ilelias soll ihn zwei Jahre vorher verkündigt haben und jedermann konnte ihn voraussehen. Helias konnte alles vorher bedenken und vorbereiten, was er da thun wollte .... Die fromme Scheu, welcke unter uns den Leichnam eines verehrten Todten beschützen wiirde, war ohnedem in der damaligen Giei nach Reliquien untergegangen." \Vftre die blossc Andichtung der Wundmale schon oin grobcr Betrug gewesen, liicr lage, trotz der milderen Anschauung des Mittelalters darüber, niebts anderes wie der abscheulichste Frevel vor! Naclidem für mis im Laufe der Untcrsuchungen das ganze Bild des Elias ein anderes, reineres geworden, als es eliedem im Legendennebel und Lügendunste erscbien, naclidem er sicli mis — und dies besonders nocb in der Folgezeit — als eine besonnene, fast aufgeklartere Natur zeigt, abhold bliudem Aberglaubcn und jeglichem Fanatismus und Zelotismus, — wer könnte da in ibm noch den Mami tinden, der nicht blos den liath sondern aucli die Hand geliehen batte zu eincr solchen völlig neucn Ausschmückung — oder richtiger Yerstümmelung der Leiclie des cben erst verblichenen, geliebteu Freundes? Ferner ist es nirgend gesagt, darum also wol aucli nicht so obnc weiteres anzunebmen, dass der Leichnam die Nacht über so unbewacht dagelegen, dass er gatiz in den Jilia» Gewalt gewesen; die trauernden Brtider werden unzweifelhaft nach hergebrachter Sitte die Leichenwache und ilire Klagegesange dabei nicht verabsaumt haben. Und batte aucli Elias wirklich jetzt noch Gelegenheit gefunden, den Todten zu kennzeichnen, — warum genügte es ihm da nicht, den auswiirtigen Brüdern von den erst an der heihgen Leiclie zichtbar gewordenen Wundmalen zu berichten, da wo er aucli von deni lieblielicn Aussehen des Entschlafenen und der sonderbaren Weichhcit und Gelenkigkeit der abgestorbenen Glieder zu sprechen wusstc; warum datirte er das Hervortreten derselben in eine frühere Zeit zurück (nou diu ante mortem) und setzte sicli unkluger Weise dadurch leichter einem etwaigen Widerspruch oder eincr Widerlcgung seiner Gegner aus ¥ Wollte man' aber glauben, Elias habe hier im Auftrage und mit Zustimmung der Brüder gehandelt, so macht sich dagegen der Umstand wol geltend, dass sein Verliftltniss gerade zu den Eiferern des Ordens nie ein solches war, dass er sicli liiitte zu ihrem Werkzeug brauchen lassen. — Entspricht es nun einmal anderer Auffassung besser, an eine kiimtliche Erzeugung der Stigmata zu glauben, so ware es doch minder bedenklicli und anstüssig, den Franziskus sclbst zum schwarmcrischen Urheber derselben zu machen, als Elias zum Betriiger und Leicheufrevler zu steinpehi. Sonderbar ist allerdings die Eile, mit der man schon am nachstcii Morgen zur Bestattung schritt und spater das Verschwinden des Leichnams. Aus diesem Uinstande liisst sich aber noch innner keine Bestürkung in dem Verdachte gerade gegen Elias herleiten. Wenn er aucli nach dem Ableben des Franziskus Vikar war und als solcher wol die Trauerfcicrlichkciteii bestinunte und anordnete, die Brüder würden sicher diesc Beschlcunigung der Beisetzung der Leicho nicht geduldet babcn, wenn dafür nicht auch vou ihnen als zwingend anerkannto Grüiule — uud nacli des Jordauus Notiz zu schliessen, war es die Purcht vor ciuer Entführung durch die Perusiner, vielleicbt si>ielten auch klimatische Verhaltnisse dabei eine Iiolle, — vorgelegen batten. Die von Elias beigebrachten Stigmata wiirden wol eher eine Ausstellung, von der übrigens auch Celano spricht, als eine Geheimhaltung gerechttertigt haben, welche nur erklarlich ware, wenn man etwa an ein Misslingen des Experiinentes glauben sollte. Dass die als verdachtig angesehene Störung bei der spateren Translation und die Verbergung der verehrtcn Gebeine auf ein unreines Gewisseu des Elias hiudeuten sollten, haben wir bereits oben zurückzuweisen versucht. Ist es an sicli schon eine etwas schwicrige Autgabe, Vorurtheile und Verdüchtigungen zu beseitigen und auszurotten, welche selbst mit fast augenfalliger Grundlosigkeit eiumal bestehen, so steigert sich diese Mühe jeden Falies noch bedeutend, wenn dieselben als Ergebniss fleissiger Forschung von einein hocbangeschenen Maune der Wissenschaft ausgesprochen worden sind. Gleichwol hofie ich aber, vou anderen, gewiss nicht minder gut unterstützten Voraussetzungen bei den eben behandel ten Fragen ausgeheiid, auch für meine Ansicht einige berüeksichtigung beanspruchen zu dürfen, und es sollte nur eine grosse Befriedigung gewahren, den viel geschmahten und vielfach verkannten Elias einigerniassen von den auf ihm zuin grössten Theil ganz ungerechtfertigt lastenden Beschuldigungcn, besouders aber von der letzteren, gereinigt zu haben. — IÏI. Elias als General des Ordens, 1232—1239. Für diese Periode, die bcdeutendste und interessanteste ini Leben des Elias, fliesscn uns glücklicher Weise ziemlich reichliche, wenn auch vielfach durch Parteileidenschaft getrübte Quellen aus verscbiedcnon Zeiten und Gegendeu. Des Jordauus Xachrichten darüber siud freilich uur kurz, dafür bieten aber Salinibene und Thomas von Ecclestou als Zeitgenossen des Stoffes genug. Was Wadding tiber den zweimaligen Generalat des Elias und iiber die Yorgange bei jedem einzeluen davon zu erzahlen weiss, müssen wir als von • ihm grossen Theils willkürlich getreunt und gewaltsam aus einandcr gerissen wieder zusammenfassen. Aus des Jordauus Denkwürdigkeiten erfahren wir (cap. 61 ff.) über diese Zeit Folgcndes: „lm Jahre 1232 wird auf einem diosmal zu Rom abgchaltonen Gencralcai>itel Iirudcr Johanncs Parens als General absolvirt und an seiiie Stelle Iirudcr Elias gesetzt56). Um den Kirchenbau zu Assisi in seiner Pracht ztf vollenden, treibt diescr die nöthigen Geldmittel jetzt auch im Orden — oder vielmcbr durch denselben — auf, welehe Massregel, wol mit einiger Strenge gebandbabt, zu allerhand Unzutriiglichkcitcn fübrt. Wahrend seiner sicbcnjahrigen Anitsleitung beruft er gogen die Regel kein Generalcapitel und nimmt mit den ibm widerstrebenden Brüdern willkürliche Versetzungen vor. Die Brüder troten zusammen und beschliessen gemeinsam ein Abstellen der drtickenden Missvcrbiiltnisse; als Jlawptgegner des Elias werden bier Bruder Alexander und Bruder Johannes de llupe/la, beide Ordensbeainte zu Paris, genannt. 1237 bescbickt der General die einzelnen Proviuzen durch Visitatoren, deren regelwidriges Verfabreu die schon berrschende Erbitterung gogen ibn nur steigert. Die Brüder aus Sacbsen besebweren sicb im folgenden Jahre über den Visitator bei Elias, doch erfolglos. Sic nchmcn daher ihrc Zuflucht zum Papste, Jordanus selbst ist hier der Wortftihrer. Die Potenten werden erst abgewiesen, aber Jordanus weiss durch naivc Scblaubeit und Keckheit des Papstes Obr fiir sein Begehr zu gewinnen. Elias ist inzwischen bemüht gewesen, durch Gegenvorstellungen Gregor IX. auf diese Agitatiouen vorzubereitcn und ibn seinen Bestrebungen günstig zu stimmen. Der Papst scbien ihm trotz der eingelaufenen Klagen noch nicht ganz abgeneigt. Als sicb die Beschwcrden aber aus den verschiedensteu Provinzen stcts inehren, wird Rath gehalten und uach langer Ueberlegung der Bescbluss gefasst: nichts weiter zu betreiben und nicht die Hand an die Wurzel zu legen, durch directes Auftreten namlich gegen Elias." Hiermit breclien diese Denkwürdigkeiten in der Abschrift Voigt's plötzlich ab. Der Herausgeber machte schon (pg. 20) auf das Sonderbare und Unerwartete des Abscblusses kurz vor dem Sturze des Elias aufmerksam, bemühte sicb aucb Erklarungen daftir beizubringen. Inzwischen ist aber durch Zeissberg's schon oben (Note 16) citirte Edition des Tractates des polnischen Minoriten Johannes de Komorowo (zu Ende 56) Wenn auch dem Inhalte nach wesentlieh übereinstimmend, so doch im Wortlaute abweichend ist das Citat, welches Aft'o pg. 45 aus dem „Chronicon parvum Fratrum Minorum" gibt. Die Stelle lautet dort: „Anno 1232 celebratur capitulum generale Romae, in quo absolvitur frater Johannes Pareus a ministerio geuerali eique frater Helias, xed nou canonice electus substituitur." Vergl. die Note 6. des 15. und Anfang des 16. Jahrhundorts), weieher ganze Stücke aus Jordanus wortgetreu aufgenommen, die Amiahme eines Weiterreichons jener Nachrichtcn fast zur Gewissheit geworden. Im engsten Anschlusso namlieh au die eben wiedergegebenen Schlussworto uiisores Erzahlers berichtet Joliannes über die folgenden Schicksale des Elias noch ein Stückchen weiter und springt dann, offenbar jetzt erst von seiner Quelle im Stieh gelassen, sofort zu den Zeiten Gregors XI. (1370 78) übei; er crwahnt noch die Beilegung des Zwistes zwischen dem Orden und Elias und scliliesst den Bericht über diese Vorgiinge mit der Bemeikung: „Ibi etenim cronica a principio religionis facta finitur." An einer andera Stelle heisst es, „die Chronik des Jordanus reiche a principio ordinis . . . usque ad tempora Bonagratiae generalis [1279 83] et ïsicolai III. [1277—80], qui regulam declaravit57)." — Hat Jordanus nun auch nicht niehr selbst über die weiteren Éreignisse bis zur Zeit des Bonagratia erzahlt, — das Capitel zu Halberstadt, wo er seine Erinnerungen dictirte, fand 1262 statt, — so verdanken wir diese kurze Fortsetzung gewiss der Feder Balduins von Braunschweig, seines von ihm dazu beaultragten Ueberarbeiters, und somit würde Voigt's (pg. 4 und pg. 26 ausgesprochene) Vermuthung, als habe dieser „noch die siebziger, vielleicht die achtzigei Jahre des Jahrhunderts behandelt", die erfreulicliste Bestatigung erhalten. Die durch Joliannes de Komorowo überlieferte Fortsetzung (Zcissberg, pg. 22 ff.) unterrichtet uns, dass die Brüder ilire Klagen übei Elias aufsetzten und dem Papste vorlegten. Dieser aber hiess sie eist den Streit möglichst unter sich ausmachen und die Yorwürte und Entgegnungen, also eine Art Protocoll, ihm zum endlichen Eutscheid dann vorlegen. Sie sollten in ihre Provinzen zurückkehren, — der viele Larin und das Gezank mochten ihm schon lastig sein, — und zwanzig gereifte und auserlesene Brüder besonders von denen, welche Untersuchuiigcn über die Reform des Ordens angestellt batten, sollten sic 4 Woclien vor dem Generalcapitel nach Rom entsenden, um dann hier über die Lage des Ordens Bestimmungen zu treffen58). Dieser Verfügung wird 1239 entsprochen und nach dem Rathe und Willen des Papstes Einzelues reformirt, wie auch verordnet, dass durch die Provinzialen in ihren Bezirken ein Capitel abgclialten werde. Auf dieser Versammlung zu Rom muss Elias nach siebenjiihriger Amtsjührung seine Wiirde •") Diese Erklarung der Regel führte zu bedenklichen Unruhen und Spaltungeu im Orden, wubei die gemassigte Partei die Oberhand behielt. *«) Davon weiss auch Thomas de Ecclcstou zu erziihleu und bei ihm tinden wir sogar eiuzclne Namen dieses Ausseliusses autget'ührt (pg- 45). niederlegen und, da sein Naclifolger Albcrt von Pisa nach sechs Monaten und einigcn Tagen schon stirbt59), tritt als 5. General (Franziskus gilt bei dieser Zahlung offenbar als erster) Aymo am Allerheiligcnfeste (1. November) noch dossclben Jahres an die Spitze des Ordens. — Es folgen dann einige Mittheilungen über Aenderungen in der Verwaltungseintheilung unter diesem General und mit cinem kurzen Hinweis auf das wiederholte Auftreten von Unruhen und anderen Unzutraglichkeiten schliesst das Refcrat über diese Periode. So knapp und unzulanglich im Ganzen diese Darstellung ist, so wenig uns daraus klar wird, wie Elias trotz der bisherigen offenbaren Zuneigung des Papstes und bei seiner Machtfüllo und seineni Anhange durch seine Gegner endlich doch gestürzt werden konnte, um so erfreulicher wiederum und wolthuender ist sic, weil aus ihr noch nicht der giftige Hass spricht, der die übrigen Berichte mohr oder minder erfüllt. Hier bei Jordanus sind des Elias Vergehen seine Geldeintreibungen, die Ausscndung der Visitatoren und die Saumseligkeit in der Abhaltung der Jahrescapitel, — Dinge, welche wol in den allgemeinen Ycrhaltnissen auch ihren guten Grund oder ihre Entschuldigung mogen gehabt habcn. — Ein ganz anderes Sündenregister finden wir schon bei Salimbene,,i0) wo neben manchein gewiss Begründetem der argste Ordensklatsch oft in seinem nacktesten Grolle uns vorgetragen wird. In drcizehn „defectus fratris Ileliae" sind seine Schandthaten rubricirt und so ist oin Bild von ihm gezeichnet, dem man schon wegen der oft naiven Entrüstung oder stellenweis liicherlichcn Uebertreibung zum Theil dio Unwahrheit anmerkt. Wollte man hier die Mengc der mitgetheilten Anecdoten duichweg als baare Münze nehmen oder auf sic ein gleich schwcres Gewicht legen, wie es der ordenseifrige Verfasser thut, so würden uns diese Scandalgeschichten sicher von eiiiem richtigen, parteiloscn Urtheil über Elias weit abführen. Zur Orientirung über Bruder Salimbeue de Adam diene Folgendes. Er war im Staate Parma von edlen Eltern am 9. October 1221 geboren und trat mit 17 Jahren, also 1238, in den Orden. Seine Aufnahmo durch Elias, da dieser im Auftrage des Papstes zum Kaiser nach Cremona 60) Salimbeue setzt wol irrig, weil im Widersprueh mit dieser und den meisten übrigen Nach richten, den Tod des Albortus Pisauus erst in das Jahr 1240. Das ltcgistrum fratrum Minorum Londoniae (ed. Brewer. pg. 532) spricht aber gar von eincm dreijahrigen Generalat desselben. 40 Siehe oben die Note 4. ging61) als 'specialis amicus utriusque et ita conveniens mediator', erziililt er selbst (pg. 11 ff. der Chronik in der Parmenser Ausgabe von 1857) mit aller Ausführlickkeit. Wir ersehen daraus, wie tactvoll Elias sich dabei benahm, indem er dem Novizen, der gegen den Willen seines Yaters und endlich mit dessen Fluche beladen dio Bettclkutte verlangte, vollstandig freie Wahl liess, durchaus keinen Druck auf ihn ausübte und ihm schliesslich mit Gruss und Gunst selbst den Aufenthaltsort freistellte. Der junge Bruder lebte nun die folgenden acht Jahre in Tuscien und war theilweise — wie er wiederholt hervorzuheben nicht unterlasst — Augenzeuge der weiteren Vorgange, die ihm aber doch wol durch den Einfluss seiner Umgcbung in allzu grellem Lichte erschienen, so dass seine Unbefangenheit darunter litt. Unterstützt wird diese Annahme durch die Stelle in seinem Chronicon, wo er tiber sein Verhiiltniss zu Bernardus de Quintavalle, einem der Hauptfeinde des Elias, sich also ausspricht: „Vidi et etiam primum, scilicet fratrem Bernardum de Quintavalle, cum quo in conventu Senensi una bienne habitavi et fuit intimus meus amicus et mihi et aliis iuvenibus de beato Francisco multa magnalia referebat et multa bona ab eo audivi et didici." Dabei wurde gewiss auch des Elias, aber nicht in liebevollster Weise gedacht, Dazu kommt, dass Salimbene seine Anklageschrift erst 1283 (wie er selbst pg. 405 sagt) schrieb, zu einer Zeit also, wo das Gedaclitniss für des Elias guto Seiten durch die nach seinem Tode noch stets wachsende iible Nachrede fast ganz geschwunden war, wo er nur noch für das Prototyp eines harten Tyrannen und für den abscheuliclien Verrather an der heiligen Sache des Ordens von den Eiferern angesehen wurde. Die einzige Anerkennung, welche ihm hiér gespendet wird, ist in dem Satzc enthalten: „hoe solum habuit bonum frater Helyas, quia ordinem fratrum Minorum ad studium theologiae promovit;" des sterbenden Elias Keue und Aussöhnung mit der Kirche und dem Orden wird aber ganz verschwiegen. Um einen Ueberblick über das zu geben, was dem Elias in der Schrift Salimbenes (bekannt unter dem besonderen, bisher gangbaren Titel „Liber de Praelato") Alles vorgeworfen wird, liebe ich die Ilauptmomente seiner Anklagen in gedriingter Skizze heraus. 61) Schirrmaeher, Kaiser Friederich dor Zweite. Güttingen 1805. Bd. 4 pg. 413 bemerkt: „das ware im Mai oder Ende des Jahres gewesen, da sich Friodrich zu Cremona aufhielt.'" Dagegen spricht jedoch Saliml/enes Angalie, (pg. 401) der als Tag seiner Recipirung den 4. Fehruar, ein für ihn gewiss unvergessliehes Datum, ausdrücklich bezeichnet. 1) Elias zcigt siclt st.olz, rücksichtslos und ohne feinere Sitte bei ilem Besuche des Gliirardus de Corrigia, des Podesta von Parma; er erhebt sicli, wie dies Salimbene selbst gesehen haben wil], niclit von seincm Sitze, um den hohen Gast zu begriissen und behalt scine armenisclie Kai>i>e ungenirt auf dem Haupte G2). 2) Er schadigt den Orden durch die (den theologisch gebildeten Ordensgliedern natürlich unwillkommene) Aufnahme einer grossen Zahl von Laienbrüdorn; in diesen sucht er sich eine Stütze seiner Macht zu schaffen und durch ilir Vermogen zu reichen Geldmitteln zu gelangen, wclches unlautere Tliun nach Salinibene allein schon hinreichte, urn seine nachherige Absetzung gerechtfertigt erscheinen zu lassen. 3) Aemter und Würden des Ordens werden „Unwürdigen" übertragen; obwol es an Clerikern nicht mangelt, macht er Laien zu Guardianen, Custoden und Ministern; docli „Gleich und Gleicli gesellt. sich geril." 4) Wahrend soines Generalats reissen Missstande ein, denen er aber ruhig ihren Lauf lasst; keine bessernden Bestimmungen werden getroffen; Laien tragen geistliche Kleider und — kennen nicht einmal einen Buchstaben; Einige wohnen in den Stadten, neben der Kirche der Brüder in Eremitagen eingeschlossen und unterhalten sich durch das Fenster mit Personen weiblichen Geschlechts; Andere hausen und gehen allein, ohne Genossen, tragen einen langen Bart nach Art der Armeniër und Griechen, haben keinen Gürtel, wahrend wieder Andere sonderbar geflochtener Stricke sich bedienen. 'Ach, da gabe es noch viel zu erzahlcn von dem, was mit einem würdigen Aussehen nicht im Einklange stand'! Die Laien besucheu aucli die Capitel, überschwemmen sie fast und _ essen und schlafen doch nur dabei; sic zeigen sich übermütig, krankeu, unterdrücken, verfolgen sogar die Geistlicken. Ah! domme Ilelya, multiplicasti gentem, non magnificasti laetitiam. (Is. IX. 3.) 5) Der General ist zu bequem, den Orden persönlich zu visitiren; er bleibt lieber daheim zu Assisi oder in der Zelle von Cortona, die er sich scliön und angenehm einzurichten verstanden bat. G) Zahltcn ihm die Provinzialminister nicht Tributc oder brachten sie ihm keine Geschenke, so erfuhren sic seinen Tadel, oft auch noch 02) Mit (lieser Kopfbedeckung, einem langen Barte und finster-strengem BUcke stellt ihn «las Titclbild in Affo's Biographie dar; ob dies blos ein neueres PhanUisiestüek ..der nach einer alteren Vorlage etwa mit dem Anspruche auf einige Aehnlichkeit gefertigt sei, ist nicht gesagt. Schlimmeres. Erschwang ühor 'hnen eine Zuchtruthe, die sie theihvcis in sturamen Schrecken versetzte; fast keiner wagte es, ilim dio Walirheit zu sagen, seine Handlungen und Missethaten ihm vorzuhalten; nur zwei batten den Muth dazu, Augustinus de Recanato und Bonaventura de Yseo (Jesi). Seine Spione waren allerwarts zerstreut, verleumdeten fleissig, Elias strafte dann oft urn ein Kleines. Willkürliche Absetzungcn oder Beschrankungen in der Amtsbefugniss kamen haufig vor, ebenso Yersetzungen von einer Weltgegend zur andern, von Sicilien oder Apulien nach Spanien oder England und umgekehrt. Die Erbitterung gegen Elias wucbs, man sann auf Raclie, wollte aber erst noch die geeignete Zeit dazu abwarten. Salimbene wendet auf ilm das Wort Daniels tiber Nabuchodonosor (Dan. V. 19) an: „Quos volebat interficiebat, et, quos volebat percutiebat, et quos volebat exaltabat, et quos volebat liumiliabat". Sein Regiment war das scblimmste und unertraglicbste: die Minister wurden angeschwarzt, Recht und Gerechtigkeit. galt nicht rnehr in ihren Bezirken; ihre Selbstandigkeit wurde gelahmt durch das Erscheinen der Visitatoren, die sich langere oder kiirzere Zeit hie und da aufhielten, für solche, die mit dem Minister unzufrieden waren, stets ein williges Ohr hatten und ganz nach Belieben, unbekilmmert uni den Provinzialen, schalten nnd walten durften; die Gelderpressungen für den Portiunculabau horten nicht auf. Endlich nach wiederholten Klagen und Bitten nimmt sich der Papst der Bedrangten an und befreit sie durch Absetzung dieses 'pessimus generalis minister' von dem bittern Joche. Der Orden steht an einem bedenklichen Abgrund, denn selbst, viele Pralaten sind scbon angesteckt von dem bösen Beisi)iele des Elias, welcher 7) nur in Pomp und Ueppigkeit zu leben verstand. In seiner Bequemliclikeit ging er fast nirgend hin als hochstens zum Papste und zum Kaiser, 'quorum intimus erat'; er weilte bestiindig in Assisi oder in der lieblic.h eingerichteten Zelle von Cortona; er hielt sich wolgenahrte Pferde, war oft lioch zu Ross zu sehen selbst bei den kleinsten Reisen, hatte prachtig gekleidete Knaben als Diener um sich, führte eine feine Tafel, speiste meist für sich allein, nicht im Convent mit den andern Brüdern03) und besass nach besonderer Versicherung an Bruder Bartolomeus von Padua einen empfeblenswerthen Koch, der ihm in unwandelbarer Treue anhing bis an sein (des Elias) Ende. Gleicher Anhilng- oa) Vergl. die Anecdote im I.iber conform. I. fruct. 8. fol.42., wo Bernardua de Quintavalle ihn wegen dieses Wollebeiis derb verspottet. lichkcit erfrcute cr sich bei seinen übrigen Günstlingen, die sich aber spüter, nach ihres Verführers Tocle, wieder dem Orden zuwandten. Als des Eli as will&hrigster Helfershelfer und unbarmherziger „Henker" wird der Laienbruder Johannes, mit dom Beinamen de Laudibus (von Lodi?), genannt. 8) Um in seiner Willkürherrschaft nicht gestort zu werden und joden Aufstand unmöglich zu machen, wechselte er lmufig mit den Ministern, betraute mit ihrem Amte seine Freunde und Parteiganger und hielt keine Generalcapitel, zu denen auch die ultramontanen Minister hatten berufen werden müssen, aus Besorgniss vor einer Absetzung. Dies Alles nützte ihm aber nicht viel; denn auf Betreiben des Bruder Arnulf aus England, der damals Pönitentiar am Hofe Gregors IX. war, kam es schliess- lich doch dazu64). 9) Als der General aber merkte, was gegen ihn geplant wurde, entbot er durch Obedienzen alle kórperhch kriijtigcn Laienbrüder Italiens, welche er sich genoigt glaubte, zu dem Generalcapitel in der Iloffnung, dass diese ihn nüthigen Falies mit Knütteln vertheidigen würden! Arnulf weiss diesos Aufgcbot mit papstlicher Einw illigung diuch Aufhebung jener Obedienzen zu nichte zu machen. Da verordnet Elias, dass eine Zeit lang vor dem Zusammentritt der General-Versammlung der achtzigste Psalm von den Brüdern alltiiglich gesprochen werde, ein Gebet, welches, wie Salimbene meint, wol ganz für den Orden des heiligen Franziskus besonders vor der ^Neuwahl eines Generals zu passen scheint, unter den obwaltenden Verhaltnissen aber doch sonderbar genug ausgewahlt gewesen. Der 10. Fehler des Elias wird darin gefunden, dass cr nach seiner Absetzung sich nicht demtttig und unterwürfig zeigte, sondern sich dem excommunicirten Kaiser Friedrich aufs engste anschloss und diesem Feinde der Kirche und des Ordens durch Bat li und Einfluss dicntc. Dadurch gab er allgemeines Aergerniss und brachte selbst bei den 64) Dor Generalat sowio die anderen Ordenswürden gatten übrigens nie für lebenslangliche. Salimbene spricht (pg. 407) von den Vorthcilcn, die ein zeitweiser Weohsel in den Anitspersonen mit sich bringe und sehon in der Regel, welehe Wadding (torn. II. pg. CC tf.) als die zweite von Franziskus aufgesetzte mittheilt, lieisst es eap. VIII: „Si aliquo tempore appareret universitati Ministrorum Provincialium et Custodum praedictum Ministrum non esse suflicicntom ad servitium et communem utilitatem fratrum, teneantur praedicti fratres, quibus elevtio data est, i» uomine Domini alium sibi cligere". Die vermeintliehe erste Regel, bei Wadding toni. I. pg. 07 «'•, entl.alt diese Restimiuung noch nicht.. niedrigston Kreisen die Minderbrüder in Misscrodit. Landleute und Kinder sangen ilinen jetzt auf Weg und Steg den Spottvers nach: „Hor attorna fratt Ilelya, Ke pres' lia la niala via." Darüber grosser Unwille und Betrübniss; der Papst that wegen seines Treibens den bösen Bruder in den Banu. 11) Elias beschaftigte sich auch mit der verfelimten Geheirawissenscliaft der Alchymie. Brüder, vertraut mit diesen Kunsten, zog er au sich und arbeitete mit ilinen in den Kammern und Schlupfwiukeln des papstlichen Schlosses zu Assisi. „Sil)i imputetur: viderit ipse."fift) 12) Nach seiner Entsetzung, als er mit dem Kaiser umherzog (ibat vagabundus), trat er eines Tages in eine Versammlung der Brüder, betheuorte seine Unschuld, beschwerte sich iiber das ungerechte Verfahren gegen ihn, prahlte und rühmte sich und tadelte heftig den Orden. Da erfuhr er eine scharfe Zurückweisung durch Bruder Bonaventura de Furlivio und niedergesehlagen und beschamt inusste er von dannen gehen.06) 13) Ungeachtet der wiederholten Bitten und Vorstellungen seines Freundes Gerardus von Modena"7) mag Elias von Reue und Rilckkehr in den Orden niclits wissen; er fürchtet harte Behandlung und strenge Strafe und will die Freundschaft mit dem Kaiser nicht aufgeben. — Die spater doch erfolgte Aussöhnung des Elias mit dem Papste und seiner Genossenschaft findet hier keine Erwahmuig. — So Salimbene. Einzelne Punkte seiner Anklagen haben uns bereits über die für dieses Kapitel vorgezeichnete Periode hinausgeführt; um aber seine Darstellung nicht zu zerstücken, gaben wir dieselbe hier schon vollstandig. In welchem Geiste sie geschrieben, springt deutlich geuug in die Augen. Der blinde Eifer des Verfassers versclnnaht jede geordnete Disposition und seliützt ihn nicht vor mehrfachen, ganz übertlüssigen Wiederholungen. Dass unter Anderem das Ilerbeiströmen von 65) Jede Desehaftigung mit irgend eincr der exacten Profanwissenschaften, welche über das Fassungsvermügen der durch Beten und Faslen stunipf gewordenen Brüder hinausging, wurde wol gleich als Geheimnisskrumerei und schwarze Kunst verschrieen. Spaterhin scheinen sich die Ansichten darüber im Orden doch ein wenig geandert zu haben, 00) Hier hat Salimbene wol das Genuesische Kapitel von 1244 im Sinne, iiher welches Niiheres im vierten Absclinitt. °7) Ueber diesen sagt Salimbene ehron. pg. 37: „Erat enim frater Girardus imperialis multum, et nihilo minus in paee et in aequitate ambulavit coram Deo et muitos avertit ab iniquitate." 4 zablreichen Eaien in den Orden einem eifrigen, standesstolzen Cleriker unwillkommen und anstössig war, ist wol erklarlich; aber sonderbar bleibt es doch, dass er sicli gar so selir darüber aufgebracbt zeigt, da ihm doch nicht unbekannt sein konnte, dass der Ordensstifter seme Anstalt Allen ohne Unterschied des Standes, ja des Geschlecht.es — we 1111 aucli in vcrschiedenen Stufen — erüft'net batte. Dass der General Elias aucli den Laienbritdern den Zutritt zu Aemtern und Würden gestattete, spricht gewiss nur fiir seinen Billigkeits- und Gerechtigkeitssinn. Welche Aufmerksamkeit aber er sonst gerade dein Clerus und seiner Bildung aucli zuwandte, musste der Anklager doch selbst anerkennen. Bei gewissen Vorwürfen fallt es uns fast schwer, einen ernsten und erhebliclien defectus lierauszufinden. Inwiefern aber Salimbene mit anderen Anklagern des Elias übereinstimmt, ergibt ein Bliek auf Jordanus und seinen Fortsetzer uud wird im weiteren Yerlaufe unserer Abhandlung noch mehr erliellen. Wenden wir uns nun zu Waddings ausführlichem, zum grössten Theile aber ganz unkritischem Berichte. Worin sein Hauptirrthum bei der Frage betreffend die Zeitdauer des Generalates des Elias besteht, baben wir obeu ja schon besprochen uud berichtigt. Hier ist aber doch noch seine Erzalilung zuni Jahre 1227 nachzuholen. „Am 6. Juni, deni Vorabende des Pfingstfestes, wird im Beisein des Papstes auf dem diesmal zu Roni gefeierten Capitel der Vikar Elias zum General erhoben, 'non mediocrem tune prae se ferens pietatem zelumque retinendi vel restituendi ordinis uitoris'. Anfangs spielt der Gewahlte den Spröden; er lehnt die ihm zugedachte Ehre ab unter dem Vorwande körperlicher Hinfalligkeit und im Hinweis aul seine für ein solches Amt imzuliiriglichen Gaben. Durch dieses W iderstreben abei nur gereizt, dringen die Brüder mit instandigen Bitten in ibn: jegliche haci richt und Preiheit in der Lebenswmc nolle ihm, soweit das Gesetz es ge stutte und darüber hinaus, gewiihrt sein. Unter solchen Umstanden nimmt jener endlich die Walil an"8) und erlialt die papstliche Bestatigung." Historisch haltbar ist, wie ich meine und schon oben beilaufig andeutete, bei diesem Wahlvorgange von 1227 — wo übrigens der 6. Juni der Trinitfttssonntag war, rfingsten tiel auf den 30. Mai — wol uur der Umstand, dass an eine Candidatur des Elias möglicher Weise gedacht 6") Hiitte Wuclding Shakespeare's Ricliard III. gekannl, einen entsprechenden Hinweis auf dessen Heuehlerkomödie in Baynards-Schloss (8. Aufzug. 7. Scene) hiitte er daim hier vielleicht nicht uiigeschiekt anbringen kunnen. wurde, dieser aber thatsüchlich aus den hier eben angeführten Gründen freiwillig zuriicktrat oder in Folge angesponnener Intriguen refüsiren musste. Wie bereits nachgewiesen, wurde er auf diesem Capitel sieher nicht General. Dass dasselbe zu Rom abgehalten worden, steht keinesweges fest; andere Nacliricliten widersprechen dein; wahrscheinlich liegt hier eine Verwechselung mit dem Capitel von 1232 vor. Mit den dem Elias zugestandenen Indulgenzen bat es übrigens gewiss seine Richtigkeit, beruft er sich doch spater selbst vor dem Papstc darauf; ob sie ibm jedocli jetzt schon zu Theil geworden oder erst bei seiner wirklieken Wahl im Jaliro 1232, liisst sich nicht bestimmt naehweisen; letzteres erscheint mir wahrscheinlicher. Was nun von Wadding weiter über des Elias Verhalten und seine Wirksanikeit mitgetheilt wird, niuss, wenn es nicht etwa theilweüe schon unter des Joliannes Parens Oberleitung geschehen ist, wtlhrend welcher Elias den weiteren Ausbau der Basilika wol ziemlich selbstandig betreiben durfte, unbedingt um etliche Jahre spater angesetzt werden. — Die vom Papste den umliegenden I'arochieen auferlegten Bausteuern mochten nicht ausreichen und darum zieht Elias zum nicht geringen Verdruss der Bettelbrüder die Ordensprovinzen mit Beitriigen heran. Uns erscheint es doch etwas sonderbar, dass sie da in ihrein Eifer den Begritt' der Armut so streng fassten, dass selbst ein Kirchenbau zu Ehren ihres seraphischen Vaters als iiberflüssiger und anstüssiger Luxus betrachtet wurde; brauchten sie docli die verlangten Gelder nicht sauer zu erarbeiten, sondern nur zu sannneln! Des Elias Verlangen ist ihnen aber ein argerlicher Bruch der Ordenssatzungen; sie machen ihm allerhand Schwierigkeiten und Bruder Leo, nachdeni er sich Ratli geholt bei Aegidius, zerstört das am Eingange des Tempels angebraclite Sannnelbecken. Elias ist natilrlich im hüchsten Grade aufgebraclit über diese Gewaltthat und verfahrt nicht allzu sanft gegen die „frommen Manner" (oder wol besser Tempelfrevler), indem er sie von Assisi wegtreibt. Leo zieht sich in die Einsamkeit zurück, wo er auf bessero Zeiten wartet.6!') — Die Unzufriedenheit der Eiferer mit Elias steigert sicli noch, als er sich eine laxere Deutung der Ordensregeln erlauben will:70) das Geldnehmen sei in gewissen Fallen durch Mittelspersonen wol gestattet und die Verordnungen des hl. Franziskus brauchten nicht im strengsten 69) Wadding, Ann. tom. II. pg. 216. Ebenso im Speculum vitae b. Franc, fol. 167. ,0) Wadding, Ann tom. II. pg. 240 ff. 4* Wortlaute beobachtet zu werden; sie seien ja nur für solrlie, die ihm ganz iihnlich und Gottes auserlesene Lieblinge wiiren. Derartige Grundsatze — llaumer nennt sie jesuitiscbe — fanden natürlicb bei A ielen leiclit und rascli Anklaug und Billigung, tlieils aus Furelit vor dem Gewaltigen, tlieils aus Beschranktheit und Unkenntniss. In denen aber noch des Franziskus Geist und Wille lebendig war, diese hielten heimlich berathende Zusammenkünfte; nur zwei wagten es, dem „Menschen" offen entgegenzutreten, der hl. Antonius von l'adua und der EnyUinder Adam de Marisco,71) und ihm unersehrocken den Vorwurf ins Gesicht zu schleudeni, dass seine vom 1'apste erworbenen Privilegiën aut den \ erfall des Ordens abzielten und auf den Umsturz des evangelischen Lebens, welches zu beobachten sie feierlich gelobt hatten. Diesen Miinnerii standen, wenn anch weniger oft'enkundig, besonders der englische liovinzial Albert von Pisa, der spatere Nachfolger des Elias, und der Florentiner Joannes Bonelli eifrigst zur Seite. Der Anliang des Elias betrachtete diese als Schismatiker und Spalter des Ordens und zeigte sich nicht gerade nachsichtig und schonungsvoll gegen sie. Der Tyrann batte sie, so heisst es, in den Kerker geworfen, wenn es ihnen nicht durch den Schutz des apostolischen Pönitentiars gelungen ware, sich der Gewalt ihrer Verfolger zu entziehen und zum pilpstlichen Stuhle ihre Zuflucht zu nelimen. Hier aber fanden sie freundliche Aufnalnne und der Papst, betrübt über die so bald nach dem Tode des heiligen Stifters ausgebrochenen Wirren, rief Elias und alle kapitelfahigen Manner vor sich, um diesem Uebelstande schleunigst. abzuhelfen. In der von Gregor IX. selbst geleiteten Versammlung, 1230, treten jene beiden Hauptgegner als die lieftigsten Zeugen gegen Elias auf: sie werfen dim ein regelwidriges Wolleben, sein Beiten, seine Dienerscliaft und besonders die dem Papste abgezwungenen oder hinterlistig erschlichenen Privilegiën vor, welche der reinen Observanz zum offenbarsten Nachtheile gereichten. Der Beklagte weist bei seiner Rechtfertigung darauf hin, wie er wider seinen Wunsch und Willen gewahlt. worden, wie man ihm, als er sich auf seine schwachen Krafte berulen, die ihm jetzt zum \ erbrechen angerechneten Licenzen freiwillig und gern zugestanden batte: er dürfte Gold essen (d. h. ein besseres Leben führen) und sich em Pferd für seine Reisen halten; für letzteres brauche er einen Warter, '>) In «Ier reiehen Briefsammlung Aer (luos annos et dimidium Angliani nobilins rcxerat, prol'cctus est cum pluribus electis contra fratrem Heliam". — Uebcr des Albert Berufung nach Knglaml durch Elias siche Eed. pg. 54. seinerseits eine strafte und concentrirte Organisation in der Ordensverwaltung für unbedingt nothwendig und wurde trotzdem — wegen Lockerung der Disciplin als gefabrlich verschrieen! Nicht so sehr die Massregeln und Einrichtungen des Elias, als vielmehr die Aufsassigkeit der Brilder, die ja zuni Gehorsam dureh ihr Gelöbniss verpflichtet waren, müsste eigentlieh verurtheilt werden. Man wollte sicli eben selbst regiereu und machte darum dem General, als er sicli einen Einblick in die internen Yerhiiltnisse der Ilauser zu verschatten suclite, die grössten Schwierigkeiten. Wozu wurde er da eigentlieh überhaupt erst noch gewahlt ?! — Erwahnenswerth ist auch Ecclestons Mittheilung (pg. 31 und 33), dass Elias Theilungen der verschiedenen Provinzen vornahm, uni so nach Analogie der 72 Jünger Jesu 72 Ministerialstellen zu schaffen; (die Dominikaner batten nach der Zahl der Apostel die Zwölftbeilung für ihr Ordensgebiet gewiihlt;) nach seiner Absetzung liess man aber den Orden uur in 32 Verwaltungsbezirke — 10 diesseits, eben so viele jenseits der Alpen — zerfallen, urn nicht durch eine allzu grosse Menge der wahlberechtigton Beamten die Stimmen bei der Erliebung eines Generals zu sehr zu zersplittern. Von einer Abgranzung der Provinzen unter dem General Ilaymo spricht auch Wadding toni. III. pg. 23. — lm Anschluss an Eccleston und das Speculuni vitae b. Franc, dürfen wir also — gegen Wadding — jene oben wiedergegebene Anklagesceno wol in der Hauptsaclie in das Jalir 1239 setzen und bringen mit ihr das in Verbindung, was Wadding (tom. III. j»g. 19 ft'.) als Veranlassung zum zweiten Sturze des Elias erzahlt. Als seine Gewahrsmanner nennt der Annalist bei der folgenden Schilderung der Ereignisse von 1237—1239 wieder Marianus, Marcus Ulyssoponensis, das c.hron. antiij. MS. und den Angelus Clarenus (in 2. tribulat. ord.), Quellen, auf deren unbedmgte Ziivcrliissigkeit wir wegen ibres viel jüngeren Alters nicht allzu fest bauen dürfen; ilire Skizzen, die sicli unserer Nachprüfung eutziehen, bedürfen zuni mindesten der Abstreifung des ohne Zweifel etwas tendenziös gefiirbteu Gewandes, damit die nackte Wahrheit erscheine. Die Gegner tles Elias sind eifrigst bemttht, durch mancherlei Vorstellungen ihm seinen Anhang abwendig zu machen; bei Einigen gelingt ihnen dies wol, im Ganzen war aber ihr Erfolg kein glanzender, denn des Elias Beispiel und Macht lockte oder nöthigte die Mehrzahl, zu ihm zu stchen. Die Missmuthigen verbinden sicli unter dem uns sclion bekannten Caesarius von Speier erst zu geheinier, daim zu oftener Reac- tion. Einc mit Elias stattgehabte Unterredung scheint die gewünschte Verstiindigung nicht herbeigeführt zu liaben, denn dicser wendet sicli an den Papst und erlialt von ihm die Vollmacht, mit allem Nachdruck gegen die Renitenten verfahren zu dürfen, urn sio zur Ordnuug und Unterwürfigkeit zu bringen. Freilich wissen die Chronisten die Sache wieder so zu fassen, als habe Elias in seiner bekannten Truglist den eifrigen Franziskusjüngern scheinbar ein geneigtes Ohr geliehen, sie mit falschem Wolwollen entlassen und ilire lüblichen Absichten dann bei dem durch seine Scheinheiligkeit wiedergewonnenen Papste in geliassigster Weise verketzert. Pass jeue in allem Thun und Lassen dieses Mannes seit jeher nur Hcucbelei und Falschheit erblicken, ist uns ja nichts Ueberraschendes mehr. Ist aber wol anzunehmen, dass Gregor ohne weitere Prüfung des Conflictcs, blos auf die einseitige Aussage des ihm gewiss vielfach schon verdachtigten Elias hin diesem in der Bekampfung seiner Gegner so freie Iland gelassen hatte'? Dass er letzteres that, beweist, wie wenig sympathisch ihm selbst jener Uebereifer und all das Gezank gewesen sein muss und dass er des Elias Richtung nicht so ganz entgegenstand. Von Perusia nach Assisi zurückgekebrt, gelit Elias gegen 1237 an die Ausrottung der „Caesariner", so benannt nach ihrem Haupte; sie worden, je nach dein Grade ihrer Schuld, in die Verbannung geschickt, mit hartem Tadel angelassen, zwölf von ihnen nach erlittener Bestrafung in die verschiedenen Provinzen zerstreut; einige müssen sich in Klöstern strengen Bussübungen uuterziehen, andere wandern in den Kerker. An Simon von Collazon79) wagt der General aus Furcht vor dessen machtiger Familie nicht Hand anzulegen; Bernard von Quintavalle flieht vor dem Angesichte seines Feindes und in Berufung auf das ihm \ on Franziskus besonders verliehene Freizügigkeitsrecht80) (?) baut er sich eine Laubhütte auf dem Berge Sephrim, wo er im Dienste eines Zimmermannes seinen Unterhalt erwirbt. Erst nach ungefahr zwei Jahren, als der gefürchtete Obere beseitigt war, kehrte er zu den Brüdern wieder zurück. — Das traurigste Schicksal erfuhr — 'ita scribunt vetera quaeque nostra monumenta' — Bruder Caesarius. Er wurde zwei volle Jahre im Kerker gehalten; seine Haft war jedocli eine ziemlich ertragliche. Eines kalten, heiteren Wintertages blieb, wahrscheinlich aus Nachlassigkeit, die Gefangnissthür ofïen und um sich ein wenig in der Sonne zu '») Ueber ihn lies die Note 46 bei Voigt pg. 106. 8Ü) Siehe oben die Note 33. ergehen, trat er liinaus. Sein Warter, ein erbitterter Gegner der caesarinischen Partei, bemerkte dies kaum, als er, einen Fluchtversuch vermutliend, den Armen niit einem Stocke zurücktricb und ilin dabei, wol wider Willen, wie Wadding selbst sagt, am Kopfe tödtlich verwundete. So starb dieser Bruder und sein Tod fand bei Elias keine solche Missbilligung, dass er denselben an dem Brudermürder allzu streng bestraft hatte. Die Vorfolgung der Caesariner nimmt lange ungestört ibren Fortgang; der Papst erhiilt endlich Kunde von der übertriebenen Harte des Generals, er sieht sieh von ihm hintergangen und seino bislier günstige Stimmung gegen ihn scliliigt um. Für das Ttingstfest (15. Mai) wird ein Capitel nacli Rom berufen und bier spriclit der Papst, nachdem er sich vor den versannnelten Provinzialen mit grossem Eifer für die Wiederherstellung der heiligen Einfalt und Herzlichkeit erklart hat, am 14. Mai (nach Anderen am 15. oder 16.) 1239 die Absetzitng über Elias aus; Albert von Pisa wird dessen Nachfolger. Da dieser nacli sehr kurzer Regierung stirbt, — deren Dauer sich aber bei den widersprechenden Angaben nicht ganz genau bestimmen lasst, — so tritt noch in demselben Jahre Haymo de Feversliani (sive de Pevereschiuo seu de Fevershino) in sein Amt, der viele Einrichtungen des Elias aufhebt, wie besonders die den Custoden vordem eingeriiumte Volliuacht bei Besetzung der Guardianposten erheblich beschrankt. Wollten wir mit gutem Glauben uur diesen Nachrichten folgen, so wftre also Elias lediglich auf Grund seiner Verfolgungssucht und übergrossen Harte endlich gefallen. Ein Moment zu seinem Sturze bildeten ja unleugbar die bestandigen berechtigten oder unberechtigten Machinationen seiner verfolgten Gegner bei der Curie, denen es endlich gelang, dieselbe in ilire Interessen zu ziehen. * Glücklicher Weise erhalten wir aber noch durch cin anderseitiges Schriftstück einen kurzen Einblick in diesen bemerkensvvorthen Conflict, woraus wir ersehen, dass hier auch noch ganz andere, weiter greifende Factoren in Betracht kommen. Elias war namlicli dem Papste verdaclitig geworden wegen seiner Beziehungen zu Kaiser Friedrich II. und „so wird wol auch die Behauptung des Kaisers von der Wahrheit nicht abliegen, dass es des Elias Freundschaft zu ihm war, die ihm den Sturz brachte." 80j Doch darüber noch ausführlicher im nachsten Abschnitt. — sl) Schirrmaehor: KaiserFriederichII.4.1itl. pg. 175/76. Gegen solche Auft'assung crkliirt sich Ed. Winkelmumi in den „Forschungen zur deutschen üesehichte," 12. Band. (Göttingen, 1872) pg. 540, ausschliesslich Waddings Ansicht beipflichtend. Bevor wir des Elias weitere Schicksale verfolgen, dürfte hier noch etwas nachzuholen sein iibcr die V ollendung der Portiunculakircho. dieses redenden Denkmals von des Elias hohem Kunstsinn und der (iuolle so vieler Verdriesslichkeiten fiir ihn. Als die Translation stattfand, war nur der Unterbau beendigt; gegen 1235, (nach dem Zeugniss des Marianus c. 8.), batte man dann den Mittel- und Oberbau fertig gestellt; am 20. April, der Dominica in Albis (?)8a), weibte der Papst sclbst dieses Prachtwerk ein. Der Erbauer desselben war ein deutscber Steinmetz, Jacob mit Namen. C. Hase sagt mit. Recht: „Elias berief die junge bildende Kunst in don Dienst des Ordens und das Grab des Bettlers ist die Wiege italicnischcr Kunst geworden.'1 Als eine besondere Zier des Tempels führt Wadding (torn. II. pg. 397) ein prachtvolle Bild des gekreuzigten Christus von der Hand des Pisaners Giunta an, weiehes zugleich ein getreues Conterfey des Elias aufwies. Darunter standen die Worte: „Frater Elias fecit fieri. — Jesu C]hriste pit; — Miserere precantis (peccantis?) Eliae. — Giunta Pisanus me pinxit anno Domini 1236 indictione nona" Spater vergessen, wurde dieses Gemalde 1023 wieder aufgefunden. S3) — Elias baute auch zwei rhürme und versah sie mit sechs Glocken, von denen die alteste und grösste die Umsclirift trug: „A. D. 1239 frater Elias fecit fieri. Bartholomaeus Pisanus me fecit cum Loteringio lilio eius. Ora pro nobis beate Francisce. A\e Maria gratia plena. Alleluja." Salimbene (pg. 407) riihmt den schonen, hellen Klang des wol abgestimmten Geliiutes, von welchem das ganze Thai angenehm wiederhallte. Ich glaube, dieser Luxus hiitte den frommen Brüdern doch nur willkommen sein dttrfen. Aber dafür zeigten sie sonderbarer Weise kein Verstandniss; fiir allo seine Miihe und Sorgfalt wussten sie dem Eli.is nur übleu Dank! — 82) Diese Datirung Waddings ist fulsch; dor 20. April 1235 war ein Frcitag. Die Dominica in Albis ist nach Weidenliach und. Grotefeiul der erste Sonntng nach Ostern, hier also der 15. April. (IHlgram, 1781, hiell die Dominica in Albis für iilentisch mit der Dominica Invocavit.) s3) nase )iat es bei seinem Besuyhe in Assisi nicht mehr gesehen. 'IV. Der abgesetzte Elias bei Kaiser Friedrich II. Sein Tod, 1253. Der langwierige Hader zwischen Kaiser und Papst war Anfangs 1239 hauptsachlich wegen der Besitzfrage Sardiniens wieder heftiger denn zuvor entbrannt.84) Bei der Gründonnorstagsfeier — ani 24. Marz — excommunicirte Gregor seinen Feind und „gab ihn anheim dem schrecklichen Verderben des Satans." Der Brucb war somit ein unlieilbarer geworden. Und zu diesem gebannten Kaiser nahm Elias jetzt seine Zuflucht! Wie wir bereits durch Salimbeno erfahren haben, batte derselbe scbon wiederholt als Vermittler zwischen den streitenden Parteien gedient. Erst im Jalire vorher war er im Auftrage des Papstes an das kaiserliclie Hoflager gen Cremona gegangen und man hofl'te von seinem Einfluss das Beste. Der rapst hatte gerade ibn zu dieser Mission auserlesen, „nam, eum is, qui displicet, ad interpellandum mittitur, irati animus ad deteriora provocatur."S5) Wie witzig, gewandt und vorsirhtig dor Bruder in seinom Ausdrucke zu sein verstand, davon linden wir ebenfalls bei diesem Schriftsteller ein Beispiel. m!) — Der Kaiser moehte des Elias Befahigung und Geistesrichtung bald ricbtig erkannt haben. und da er sie zu bcnutzen wünschte, suchte er ihn eng an sich zu fesseln. Als sich nun die Differenzen zwischen Krone und Tiara iinmer niehr zuspitzten und Elias seine Stelluug innerhalb des Ordens durch seine Gegner, die sich bei der Curie niehr und mehr zu insinuiren verstanden, gefahrdet sah, wollte er die Stiitze, welclie er am Kaiser fand, nicht verlieren, seine Gunst nicht verscherzen. Daber kam es, dass das Misstrauen Gregors gogen den bei ihm ohnebiu Angeschwarzten rege wurdo, durch fleissige Scbiirereicn wuchs und dass die friiher ihm "4) Siehe darübcr Mutthueus Paris, Historia nuiior (cd. W. Wats. London 1640 ft.) ad aiinurn 1239. Die von mir benutztc Ausgabe, im Dcsitzo dor Leipziger Stadcbibliotliek, ist von 1684; nach dieser sind also mcine spütercn Scitonoitato. ') Diose AVorte führt Salinibone pg. 401 als eigenen Ausspruch Gregors au. Ha) Salinibone pg. 403: „Frater llolyas habebat consuetudiuem, ut parabolice loqueretur. Cum.jue interrogatus fuisset a domino Ghirardo Parmensium Potestale, 4uo tenderet et ad qU auditoribus supicntissimuni verbum." gescheukte Neigung zuletzt in einen Hass umschlug, der nicht allein den machtigen General zu Falie, sondem auch in persönliche Falirliclikeiten brachte. So erkliirt sich des I'apstes \crfahren gegen Flias weit natürlicher und besser, als lediglich ans den Gründen, welche Wadding angegeben. Wie batte auch Gregor den Mann blos darum so hart straten mui mit seineni Grollc vvcitcr verfolgeii können, weil deiselbe et was getlian, wozu er ilini ja vorher selbst cinc "ampla potestas eitbeilt batte Vs') — Dass abcr unserc eben ausgesiirochciie Ansicht tiber diese Punktc nicht etwa nur eine vage Hypothese, dafür hier der Beweis. Iluillard-Bréholles 8!S) theilt (ad annum 1239 circa Juliura ineuntem) einen Brief des Kaisers mit, worin dieser sich übcr die ungerechto Absetzung des Elias, seines Freundes, beschwert und dein Papste vorwirft, dass er denselben, wie cr in harmlosem \ertraueu auf seinc Geleitsbriefe zu Friedensunterhandlungen gen Hom ging, wol wegen der Mitwissersehaft seiner Geheininisso und Thaten liabe heimtttekisch aufheben wollen. Nur durch eine zufalligc Yorsicht entkani der Getöusclite dor ihm zugedachten Gefahr. Bas Schreiben ist auch ein beredtes Zeugniss von Friedriclis antmerksamer tiirsorge fttr Flias und enthalt die Ancrkennung, dass dieser stets beinüht gewesen, den I rieden des Reichcs nach Kraften zn fürdern. Letzteres wird auch von den gegnerischen Schriftstellern durchaus nicht in Abrede gestellt. Wahrscheinlich nur eine die Pointe jenes beabsichtigten Attentates auf Elias verhüllende oder verrückendc Version ist es, welche zu dem von dem Schauplatzo weit entfcmteu lliomas von Fccleston gediungen war und von ilini pg. 17 berichtot wird. „Flias bcgab sich nach seiner Absetzung nach Cortoua und vcrkehrte gegen das Verbot des neuen Generals mit den 'Armen Frauen'. Dadurch verhel er einem papstlichen Spruche und wurde dcshalb vor Albert zur Erlangung dei Absolution beschieden oder sollte wenigstens diesem auf der lliilfte des IVeges entgegenkommen. Flias abcr weigertc sich dessen; der Papst verlangte, dass er dom General ebenso gehorche wie jeder andere Bruder. Weil «) Wie ï. 15. auch dor Papst sclbsl ilio Bettelmöncho dazu benutzte und a,.hielt ihm Gelder für seinen Kampt' gegen den Kaiser in grossen Massen zusammenzuhringen, und Sie dafür zu den bevorzugtesten Stellen gelangen hess, erzalilt Matthaeus Taris pg. 405 und au anderen Orten. Wadding schildert den Matthaeus freilich als partciischcn Schriftsteller und sucht dessen Olaubwürdigkeit zu verdachtigen. Historia diplomatiea Friderici secundi. 1'aris 1852—'>1. (om. V. pars l. pg. :14«. er aber nicht zu gcborsanieu gelernt hatte, untcrwarf er sich nicht in Demut, soudern ging zu Friedrich, weshall) er nicht unvcrdicnt von Gregor öft'entlich excommunicirt wurde." Die ini Jahre 1240 vom Kaiser über die Dominikaner nnd Franziskaner ausgesprocliene Venveisung ans seinen Landen89) ist gewiss nicht auf Betreiben und ini Eiuverstaudnisse des Elias geschehen. da ihm nirgend ein dahiii lautender Vorwurf geniacht wild. Angelns Clarenus, nacli Waddings ausdrftcklicher Yersicherung keinesweges ein Freund des Elias, weiss von eincm Briefe desselben au Gregor xu berichten, worin er, wegen seines Anschlusses an Friedrich in deu Bann gethan i,#), dein Papste die feierliche Erklaruug abgab, er liabe sieh seiner Oberhoheit nicht entziehen, vielmehr uur darauf hiuwirken wollen, dass der Kaiser von seinen Wegen ablicsse und Frieden machte. Dieses Schreiben batte aber ein iiusserst sonderbares Schicksal: es gelangte nicht in die Hftnde des Papstes, sondern wurde nach dem Tode des Generals Albert, dein es zur Weiterbeförderuug an seine Adresse tibergeben worden, in dessen Manteltasche eingeniilit vorgelunden. Der Erzahler lasst es unentschieden, ob hier eine iible Absicht oder uur eine Nacbliissigkeit vorliege. Mag dieser Bericht mui bcgriindet sein oder nicht, jeden Falies ist es doch Uöclist bezeiehneud, dass selbst von den Gegnern des Elias so etwas iliren General Coinpromittirendes gesprochen wurde. Der Versöhnungsversuch mit der Curie scheiterte also diesmal; Elias blieb beim gcbannten Staufer uiul diente ihm in treuer Ergebenlieit, begleitete ihn auch ins Feld. Die Abwickelung eines — leider nicht naher bekannten — diplomatischen Geschaltes li'üirte ihn Ende 1243 nach dem Ostreiche und Friedrich empfahl ihn aut's warmste der Fürsorge des Königs von Cypern!l1), an dessen Hofe er sich langere Zeit aufhalten sollte. Wenn Schirrmacher sagt : „Der Kaiser . . . schickte ihn 1243 an den Kaiser Vatatzes, um sowol wegen eines Friedens mit dem Kaiser von Constantinopel als auch wegen des Ehcbünduisses zwischeu jenem und Friedrichs 'I ochter zu verhandeln", so ist dies wol niclits nielir als eine Vermuthuug, da jeder sichere histo- *") Siehe Bölimer's llegestcn zu diescm Jahrc. 9U) Es ware in der Tlmt ein inleressanler (iewinn, wenn viellciiUt Polthast in seinen Regestis Pontific-um, welelie bi-her . Guidouis, (Actn Sanct. mens. Iun. II. pg. 602): „Frater Elias tic villa Urearia, qüi postca Cortonam attulit sanctas reliquias a Friderieo II. Impeiatore aeeeptas", wozu «Ier Bollandist (pg. 605) 1'olgende Erliiiiterung gibt: „Eclitiuiac istac suilt caput S. Eraerentianae Virg. ct Martyris, et ïrustum ex liguo S. Crucis, uuum ex maioribus, nuoil m Italia sit. Additur ctiuni Tunica S. i'iancisci ct alia quacdam . welehe ihin Versohnung mul Freispreeliung überbriiigen sollten, trafen erst nach soinein Todc, gegen Ende d'js Monats, zu Cortona Pin. Sic hörtcu voii seiner Bukehrung uiid Busse und nacli gewisscnhaftcr und umstandlichcr Prüfung wurdcu alle Nachriehtcn darübcr zu l'rotokoll gebracht. Dieses Actenstück (processus de niortc Eliae), datirt vora 2. Mai 1253, vcrsehon mit i>apstlicher Best&tigung und guteu Zcugenunterschrifteu, besass in authentischem Exemplar das Conventual-Archiv zu Assisi und Wadding hat cs da selbst eingesehen. Nach dein Liber conformitatum (lib. II. fruct. 11. fol. 179) und dein Speculum vitae (fol. 172) kehrt des Elias Bruder noch kurz vor dem Ableben desselbeu mit der papstlichen Absolution und dein wieder bewilligten Ordeuskleide zurück und so scheidct der durch des hl. Eranziskus Fürbitte Gerettete in Frieden daliin. Dio Euhestatte des Elias ist unbekannt. Dass er im Miuoritenconvent von Besangon in Frankreich ehrenvoll bestattet worden, wie Einigo melden, weist Wadding als entscliiedenen Irrthuni zurück. Salinibene macht eine Mittheilung, die, wenn walir, — und er dürfte wol ctwas derartiges nicht leicht zum geringen Kuhme der Brüder nur ersomien haben! — ein trauriges Zeugniss gibt von dem entsetzlichen Ilasse und einer unerhörten Rohheit seiner Ordensgenosseh gegen Elias noch nach dessen Tode. Ein Custos, so erzahlt er (pg. 412), hat die bereits seit langer bestattete Leiche wieder ausgraben und in einen Tümpel (sterquilinium) werfen lassen. So ward dem Armen nicht einmal im Grabe die Kuhe zu Theil! — In viel spaterer Zeit, nach Afto's Angabe (pg. 80) von 1651 bis 1721, beland sicli in der Portiunculakirche eine Marmortafel, welche — wenigstens tin Zeichen spaterer Pietat! — für des Elias Leichenstein galt. Sie trug die Aufschrift: „Hic iacet — frater Helias Coppi de Cortona, — primus generalis ordinis minorum, — qui obiit X. Kalend. Maii MCCLIII". Proposto Venuti101) liess sie 1721 erneuern und setzte darauf die Worte: „Fr. Eliae Coppio et Carolo Bacciocchio — Franciscani ordinis moderatoribus — domo Cortona — ob legibus sanctissimisque institutis — auctam ornatanujue religiosam familiam — doctrinae ])rudentiae rerum gestarum — parem famam — Cortoneusis SicUe obeu die Jfote 3. coenobii fratres viris bencnicrcntibus — monum. memor. restit. anno 1731 (?). — Primus obiit X. Kal. Maii 1253. Alter prid. Kal. Novembris 1721." — , Sclilicsslich noch eine Bemerkung über des Elias aussere Lrscheinung und Persönlichkeit, welchc uns freilick nicht sehr genügen kanu. Salimbene (pg. 413) vergleicht sie als eine auffallend ahnliche nut deides gelehrten Bruders Ilugo von Reggio, aucli Hugo Faucapalea gcnannt, ohne jedoch denselben in seinen» Aussehen eingehender zu schüdern, weil er seiner Zeit im Orden der Minderbrüder als ein 'sollenmis et optimus praedicator' gewiss allgcmeiu bekannt war. — Kitte zu verbessern: Seite 22, Note 30, Zeile 5 statt „die" — „dir". ^ Seite 34, Zeile 6 von oben statt „raroobien" — „Parocbieen . ^ Seite 35, Zeile 3 von oben stalt „ptophanirenden" — profanirendeii . Seite 36, Note 51, Zeile 1 statt „disideravit" - „desideravit . ^ Seite 38, Zeile 8 von oben statt „Propbaniruiig" — „Proiamrung. Lebenslauf des Verfassers. Icli hcisso Heinrick Hermann Josef Rybka und bin am 1. Juli 1848 zu Plcss in Obor-Scblesien geboren als der Sohn des dortigen Rendanten Joliannes Rybka und seiner Ehefrau Amalie, gebor. Hübner. Meiner religiüseu Ueberzeugung nach bin ich Altkatholik. In der Elementarschule meiner Yaterstadt und durch Privatunterricht vorbereitet, wurde ich Ostern 1861 Quintaner des königl. Gymnasii zu Gleiwitz; Michaelis 1866 ging ich an das königl. Gymnasium zu Ratibor, \vo ich Ostern 1869 mcine Maturitütsprüfung bestand. Darauf bezog ich die Universitat Iireslau, um philosophischen, hauptsachlich aber historischen Studiën obzuliegen. Im Sommer-Semester 1871 war ich in Leipzig, kehrte aber für das nachste Studienjahr wieder nach Breslau zurück, um, jetzt erst für den Militardienst tauglich befunden, meiner Wehrpfliclit dort zu genügen. Am 1. October 1872 nach abgelegtem Officier-Examen ontlassen, wurde ich am 13. November desselben Jahres zum zweiten Male an der Universitat Leipzig immatriculirt. Wahrend dieser neun Semester habe ich Vorlesungen gehort bei den folgcnden Herren Professoren und Docenten: a) in Breslau: Röpell, Neumann, Griinhagen, Max Karow (fj, Jacoi Caro, Ltndner; llückert, Zupitza, Rimpelt; Rosshnch; El vent'ch, Webcr, Ogimlci, Dilthey; b) in Leipzig: Georg Voigt, Wuttke, Wend, Biedermann, Roscher, Ebers; Zarncke, llildebrund, II. Paul; Ahrens, Hermann. Ein Jahr hindurch war ich Mitgliod im historischen Seminar des. Herrn Professor Wuttke, je ein Semester gehorte ich den historischen Gesellschaften dor Herren Professoren G. Voigt und Pückert hier, des Herrn Dr. Th. Lindner in Breslau an. — Allen meinen Lehrern, besonders aber den letztgenannten Herren meinen tiefgcfühltesten Dank!