GescMcIitB id Krilik i Dienste Antwort an P. V. Cathrein S. J. von Joh. Laur, Jansen C. SS. R. Mit kirchlicher Druckorlaubnis. Qülpen. Paderborn. Firrna M. A 1 ber ts. j Fe r<1 i 11 a nd Schü 11 i 11 g h. V orbemerkung. Diese Arbeit ist an erster Stelle eine Entgegnung auf dié ▼on dem hochw. Pater Victor Cathrein S. J. in der „theologisch-praktischen Quartalschrift" von Linz (Jahrgang 1905) veröffentlichten Abhandlungen zu Gunsten der Befolgung der opinio certo minus probabilis und zur Widerlegung der von Ter Haar und Wouters in jüngster Zeit gegen sie vorgebrachten Gründe. Als diese Seiten schon druckfertig waren, erschien das Werk des hochw. P. Lehmkuhl S. J.: Probabilismus vindicatus (Freiburg, Herder). Da sich der Inhalt seiner Broschiire mit dem der Abhandlungen Cathreins ziemlich deckt, so sind unsere Bemerkungen zugleich eine Antwort auf die Erörterungen P. Lehmkuhle. Einleitendes. Sint! die neueren Aequiprobabiüsten im Gefolge der Kirchenfeinde? Der Name: „Min us-probabi I ismus." Die Angrifte aut' ilen vom heiligen Ivirehenlehrer Altons von Liguori endgiiltig adoptierten Aequiprobabilismus batten sicli in jüngster Zeir derart geniebrt, dass eine griindliche Entgegnnng sowolil aut' historischeni als metaphysischem Boden notwendig erscbien. Historisch wurde die F rage cingeliend eriïrtert von F. Ter Haar ('.SS.li. in seiner, aiich in lateinischer Sprache erschieneiien Schrift: ,Das Decret des Papstes Innocenz' XI. üher den Probabi 1 ismus. 15ei trag zur Gescbichte des Probal) i 1 i sin u s und zu r Ile eb t fe r t i g u n g der katbolischen Moral gegen Diillinger-lieusch. Harnack, llerrmann und Ilo e n sb r o ech." (1) „An der Spitze der tuchtigen Arbeit—so schreibt Prof'. I)r. A. Ivoch --stebt eine kbire i'ehersicht iiber die .Moralsysteme und eine vortrefHiche Widerlegung des eint'achen Probabilismus init einer soliden liegriindung des Ae([uiprobabilisinus. ' (2) l nd Prot'. Dr. ili l'aderboru F. Schiiningh l.ateinigcli: Ven. lnnocentii IM'. XI. de I'i'i> 1 >.11>iIisiiio Oeureti llistoriu et Vindicicu; mm cura responsione nd pruJi'i!111;i> ict'i'iitiuni acatliolieoruni accusationi's adversus Kcclesite Catholica: docfrimim nioralern. Kegensbur^. I'\ Pustot. ei Deutsche Litteraturzcituug 1 W)\ Sp. *213*.. Mausbach : „Die Untersuchung zeichnet sicli durch Gründlich- keit, Gelehrsamkoit und ruhigen Ton aus Der Eindruck der historisehen Darlegung Ter Ilaars wird für den unbefangenen Leser zweilellos der sein, dass nicht bloss Innoceuz XI, sondern der riïmisclie Stulil überhaupt sieh der probabilistisclien Ansicht, nacli welcher die Befolgung einer wahrscheinlichen Meinung erlaubt ist, auch wenn sie „vv eniger wahrscheinlich" ist als die gegenteilige, nicht gunstig ijezeigt hat." (1) Prof. L. Wouters C.SS.R. hat in seinem spater veröfl'entlichten Buche „De Minus p r o b a b i 1 i s m o" (2) die neuesten Schwierigkeiten und Einwürfe der Probabilisten gegen den Aequiprobabilismus, init Anführung ilirer Worte, auf ihren richtigen Wert gepriit't. Vor diesen beiden, im Jahre 1903, batte Mandonnet O. I'. den Probabilismus auf historisehen) Boden in seiner Broschiire: „L e Décret d'Innocent XI. c o n tr e le Probabilis m e", bekiimpft. Diese drei Schriften besonders haben den sonst riilimlich bekannten Moralphilosophen P. Cathrein S. J. zu einer Entgegnung in der „Theologisch-praktischen Quartalschrift" von Linz (3) veranlasst, die wir nicht unbeantwortet lassen künnen. Ihre Spitze richtet sich besonders gegen die zwei erstge- (1") Litterar. Beil. der Küln. Yolkszeitung 1905, S. 35. Günstig wurde die Schrift weiter noch beurteilt von Prof. Dr. Schmückenschliiger in der Theol.-prakt.-Quartalschrift (Linz 1904, S. (>40 ff.; von l>r. (.jetzt Iiischof) Vinati im lHvus Thomas 1904. S 445; in «Friedensbliitter" 1905, S. 1 '21 f. : Augsburger l'ostzeitung. Heilage, 1004, S. "295: Revue Thomiste" 1904, S. I'29 s.s.: Nouv. Kevue théol. 1905. j>. 53 s.s.: Etudes Franciscaines 1005, 7 .liinv.; Itevue ecclésiastique Metz 1904, p. 735 gs.; Kapaïia y America 1905, p. 126 88.; Ecclesiaetical Review Aug. I904. p. '200 f; Litterar. Rundschau, 1905, Sp. 131 ff; Litterar. Ilandweiser 1905 Sp. 502. ('2) 1905. Freiburg. Herder. 13) Die kirch 1 iche Autoritiit und der Probabilismus 1905, S. ."i4.S—561. Bieser Abhandlung ist in der niimlichen /.eitsclirift, S. 74-5— 765 eine andere gefolgt, deren Titel lautet : Dab Grundprinzip des Probabilismus. wird also mit vollstem Rechte der Probabilismus Cathreins genannt. Kein Probabilist wird jedoch hoffentlich den eigentüchen Fragepunkt so wenig zu wiirdigen wissen, dass er, wie Cathrein es a. a. O. für möglich halt, den A e q u i - probabilismus als: Paulo-minus - probabilismus bezeichne. In dieser Benennung liegt ja niehts Characteristisches tïir unser System, nichts was den Fragepunkt fixiert. Denn die opinio paulominus- probabilis wird ja moralisch tïir aeque-probabilis gehalten nach dem von allen Theologen, Probabilisten und Rigoristen, angenomrnenen Axiom : Parum pro nihilo reputatur (vgl. S. Alf. Theol. Mor. I n. 55) (1); die Benennung: aeque-probabilis ist also in unserer Sphare sowohl f'ür die aeque-probabilis als für die paulo-m in u s-probabilis einzig gerechtfertigt. Dagegen bleibt jedoch immer die Frage offen : Ist es auch erlaubt die (certo) minus-probabilis zu befolgen (Minus-probabilismus) oder mussdie opinio probabilis wenigstens aeque — oder, was praktisch das namliche ist, — fere a>que probabilis sein? (Aequiprobabilismus). 'I) Aus der Beweisfülirung der AequipVobabilisten, die das Defolgen der certo minus probabilis verbieten, weil darin ein Verstoss liegt gegen das pHiehtmassige Slreben nach Uebereinstimmung mit der Lex Dei anteeedens, folgt also durchaus nicht, dass es, wie P. Lehmkuhl daraus folgert, nach ihnen gestattet sei >paululum ab ejus [UeiJ voluntate declinare". (L. c. p. 18). Denn weil das «paululum" in der Moral gar keinen VVert hat, deckt sioh die p a u 1 o minus probabilis ganz mit der aeque probabilis. Haltung des h. Stuhies in den letzten hundert Jahren gegenüber dem Minusprobabilismus. — Seine Verbreitung. Urteil des h. Alfons iiber ihn in ahnlichen Umstanden Beweiskraft der kirchlichen Toleranz. Damit es dom Loser einlouchte, dass die neuercn Aequiprobabilisten tuit ihroin Vort'aliren „die allorscliworsto .Ynklage gegen die ganze katholische Kirche orliebon" bringt Catbrcin au erater Stelle die Bemerkung, der Minus-probabilisinus worde seit tast einein Jahrhundert von vielen dor angoaehensten und gefeieraten Moraltheologen an den katboliachon l'niversitiiten und Seminarien in Wort und Schrift golehrt und zwar „in „Rom selbst, unter don Augen des heiligen Vaters." (S. .">44). „Haben denn, — so fiihrt Catlirein fort — die Wachter der „Kirche ein Jahrhunderf lang gesclilafen und in striiHicher Pflichtvergossenheit die Proballilisten rullig das Unkraut ihres „verderblichen und unkirchlichen Systems in den Anker der „Kirche siien lassen ? .. . Wo bloibt da dio Sorge der Kirche „urn Reinerhaltung der Sittenlehre ? Oder haben wenigstens „in jüngater Zoit die Piipste oder die romischen Kongrega„tionen aich aufgerafft und dein schiindlichen Probabilisnius „das Verwerfungaurteil gesprochen 't Nicht ini geringsten !" (A. a. O.) Diese Phrasen — worin die dein Probabilisnius beigefiigten Benennungen von : „verderblioh , unkirchlich , „schiindlich nur von Catlirein, nicht von don Aequiprobabilisten herriihren,— beziehen sicli also auf dio letzten hundert Ja lire. Nuii wird der heser »erade in den Schriften Per Tlaars und Wouters den ISeweis tinden', dass, obgleich der rümische Stuhl den Probabilisnius, mïnilich die Lehre, die das Betolgen der Minusprobabilis gestattet, toleriert, die Wachter der'Kirche denuoeh nicht geschlaten haben. Audi ini letzten .lahrhunderte haben sie w iederholt dein Aequiprobabilismus ihre Gunst bezeugt, besonders dui'cli die Art und \\ eise, in der sie die Lehre des l lauptvertreters dieses Systems anempfohlen haben. Man lese nur, was Ter Haar (A. a. U. S. 11;5 l-l) U|1d Wouters (A. a. O. p. '>2 tl»-»', p. i'.s ~t 1) diesbezüglich bemerken. Man wird daim leicht dein bereits teilweise angefiihrten Urteile beistimmen, das 1'rot. l)r. Mausbach iiber die Schrift Ier | laars ausgesprochen bat : „Der Lindruck der h istorischen Darleguug Ter IIaars wird für den unbefangenen Leser zweifellos der sein, dass nicht bloss Innocenz XI, sondern der riiniische Stulil überhaupt sicli der probabilistischen Ansicht, nacli welcher die Betolgung einer wahrscheinlichen Meinung erlaubt ist, auch wenu sic „weniger wahrscheinlich" isr als die gegenteilige, n i c li t g ii 11 s t i g gezeigt bat. Weder eine „(ïenohniigiing" Itoins noch auch ein moralischer Konsens der Theologen besteht fiir den Probabilisnius in dem Masze, wie es oft. behauptet wird; weit gunstiger liegt die Sache t'iii' den HMjuiprobabilistischen Orundsatz, dass die l1 rei— heit von der Pttioht wolil anzunehmen ist im eigentlichen Zweifel, beigleicher Wahrscheinlichkeit der entgegengesetzten Ansichten. Die L'iipste und riimischen Kongregationen haben in jüngster Zeit niit keiner Silbe den Lindruck erregt, als wollten sic die friilieren Hennihungen des H. Stuliles gegen den Minusprobabilisnius nicht aufrecht halten oder sic abschwüchen. Catlirein führt zwar eine ganze Reilie Theologen an, deren Werke weite Verbreitung tanden und mit grossein Erfolge sclbsr am riimischen Kollcgiuni den Minusprobabilismus lehrten. (A. a. O. S. Ö44). Dieses beweist jedocli uur, dass der hl. Stuhl den Miniisprobabilisnius toleriert, wie er selbst noch von Alexander VI1 und Innocenz XI toleriert wurde, alsdiese ihre ungünstige Stimmung gegen ihn, wie wir spater bemerken werden, kundgetan hatten. lJass der lil. iStuhl jene früheren Aeusserungen der Miszbilligung des Minusprobabilisrnus nicht wiederliolt, mag seine Erkliirung darin finden, das dieses Bystem jetzt bei weitem nicht su allgeniein ist, wie urn die Mitte des 17. Jahrhunderts, wo es, wie Cathrein bemerkt, „die nahezu einstimmige Lebre aller Theologen war, (A. a. ü. S. r>47> und deshalb eine mehr ausdrückliche Uiige herausforderte. In diesem lef/ten .lahrliunderte jedoch bat, seit dein Yerschwiiiden des streageren Probabiliorismus, der alfonaianische Aeciuiprobabilisinns, der nicht nur toleriert wurde, sondern besonders in den dem ld. Alions za leil gewoidenen Lobeserhebungen eine besonderu üegünstigung des lil. Stuhles genoss, eine so grosse Anzalil Vertreter gehabt, dass Bischof Müller im Jahre IbT^ sagen konnte: „Aequiprobabilismus hodieduin in scholis tere ubicjue docetnr." (Ij Alle diese (1) Tlteul. mor. 1. I S 78, ;i Kd. 3a 1878 p. 293. - Ausser den Theologen aus dein Redemptoristen-Orden nenuen wir hier: Ualani, Grassi, Scavini, Del Vecchio, Gabriel a Varceno, Yitozzi. Ninzatti, Kuchs, Schwane, Hobliug, A. Koch, Kard. Gousset, Neyraguet, .Martinet, Albrand, ilrandclaude, Sala, Puig et Xarrié, lierardi, llilarius a Sexten, Timotheus, Sweens und besonders die vier deutselien üischül'e: Martin, Linsenmann, Simor und Müller, deren Zeugnisse Ter Haar zitiert (Das Deere! S. I0j. Pazu komrnt die grosse Verbreitung melirerer aequiprobabilistischen Moralbücher : Mare zahlt wenigstens zwülf Auüagen; Scavini-del Vecchio v i e r z e h n ; M üller neun: Aertnys s i e b e n ; K onings sicben; Ninzatti s e c li s ; 1'runer drei: Simar drei. Und ist aucli in der Darstellungsweise oder Begründung des Aequiprobabilismus bei diesen Autoren ein Unterschied. alle kommen darin überein - und das ist der eigentliche Fragepunkt . dass sic die I hese liallerini-Palmieri s bekampfen : «Licere sequi opinionem probabileni relieta probabiliore . . . sive «opinio probabilior sit ra u 11 o sive pa ulo probabilior, dummodo oppo»sita raaneat vere probabilis" (Opus Theol. mor. 1. tr. •» n. Hit.) Als vera probabilitas für die Praxis gilt bei dieseu letzten I'heologen die Probabilitiit ira logische n Simie ; namlich jene, welche volbanden ist, so lange die entgegengesetzte Meinung noch nicht einigennaszen den firmus assen sus verdient. Dagegen behaupten die Aequiprobabilisten, Autoren bekampfen den Minusprobabilismus als zu lax, aU objectiv fal8ch und unsittlich; sie fahren in dieser Bekiimpfung fort, gestützt nicht bloss auf das Sc'uweigen des obersten kirclilichen Lehraintes, sondern auch auf das Ansehen des hl. Kirchenlehrers Alfons, dein sie als Führer folgen; gestützt, wie bereits bemerkt, auf die hiiufigen Lobeserhebungen und Aneinpfehlungen, die ihm seitens des hl. Stuhles zu Teil geworden sind. üazu kommt, dass die Theologen des Aequiprobabilismus meistens ganz unabhangige Gelelirte, aus den vorschiedenen Schillen aller Liinder sind. Dagegen sind die von Cathrein zitierten Verfechter des Minusprobabilismus fast alle entweder Jesuiten oder Jesuitenschüler ; das römische Kollegium wird von Jesuiten geleitet Schliesslich wurden die neuesten Werke Ter Ilaars und Wouters, die wohl am schiirfsten den Minusprobabilismus angegriffen haben, nur von den jesuitischen Zeitschriften ungiinstig, von den anderen jedoch anerkennend beurteilt. Alle diese Umstiinde zusammengonommen lassen den Aequiprobabilismus nicht bloss als schweigend toleriert, sondern als kirchlicherseits anempfohlen erseheinen. Dadurch wird seitens Roni ein so erhebliches Gewicht gegen den Minusprobabilismus in die Wagschale gelegt, dass es einer Erneuerung oder ausdrücklichen Bestiitigung der früheren antiprobabilistischen Aeusserungen des hl. Stuhles nicht bedarf; ilire Bestatigung ist und bleibt sequivalent in den von uns erwahnten Tatsachen gegeben. dass diese logische Probabilitüt nur daun praktisch en, moralisohen Wert hat, nolange das Gewissen des llandelnden nicht überzeugt ist, dass die entgegengesetzte Meinung wahrscheinlicher ist; denn in der Moral gilt nicht einfachhin die Frage: Ist es probabel sondern: Gestatten Gottes Rechte , gestatten die Rechte der moralischen \\ ahrheit der als gowisg geringer anerkannten Probabilitiit zu folgenAus dar iuc|uiprobabilistischen Beweisführung ergibt sich jedoch, das9 die certo probabilior gegenüber der minus probabilis einzig die Wahl und Zustimmung des Menschen als Handlungsnorm verdient, und bereits eine in der Moral genügende certitudo latissimo sensu und eine genügende I'romulgation in sich schliesst. '2 Soll jedoch vielleicht die Tatsaclie, dass die Kirche den Minusprobabilisnuis toleriert und dass er von so vielen angesehenen Theologen verteidigt wird, die Aequiprobabilisten davon abhalten ilm als la.\ zu bezeichnen und als objektiv unsittlich zu bekümpfen ? Durchaus nicht! Sie künnen aucli heutzutage in dieser 11insicht rullig dem JJeispiele des hl. Alfons folgen. Sie handlen dumit gewiss im Geiste der Kirche selbst, die die Lehre des heiligen Alfons lobt und seine Taten zur Xachahniung anempfohlen hat. Nun hat der Heilige die oben von Catlirein erwiihnte Tatsaclie, dass der Minusprobabilismus im 17. .lahrhundert eine Zeit lang allgeinein war, otfen anerkannt, wo er schrieb : „l.'trum autem liceat cum opinione probabili operari tres „adsunt sententia>; quarum prima est, ut possit quis licite „sequi opinioneni minus probabilem pro libertate, licet opinio „pro lege sit certo probabilior." „liane sententiam elapsi saeeuli auctores communiter tenuere." (1) Trotzdem, ungeachtet der von der Kirche gegen den Minusprobabilisnuis ausgeübten loleranz, liisst der hl. KirchenIelirer auf die soeben angeführten \\ orte diese anderen folsren : O O „Sed nos dicimus eam esse laxam et licite ani„plecti non posse-" Wird nun Cathrein aucli vom h. Alfons sagen, dass er mit dieseni Lrteile, „die allerschwerste Anklage gegen die ganze katholische lvirche erhebty" Consequent muss er das sagen. Es erhellt jedoeh daraus, wie ungerecht diese gegen die neuen Aequiprobabilisten gerichtete JJemerkung Cathreins ist, und wie diese sich uur auf eine Verwechselung von Duldung und Billigung einer Lehrmeinung und auf das Ausserachtlassen der kireblicheu Uocumente gegen den -Minusprobabilisnuis stützt. Wie nachteilig für die Kirche eine derartige Verwechselung ist, hat uns das Werk lioensbroechs gezeigt, der, wie auch Dr. (Ij Homo apostolicus 1. n. 31. Mausbach treffend bemerkt,, diese Duldung der Kirche zur Grundlage seiner Angriffe auf die ultramontane Moralgenommen hat. Die Grümie, deretwegen Rom, trotz seines gegen den Minusprobabilismus ausgesprochenen Tadels, dennoch niemala ihn zensuriert, sondern ihn toleriert hat und noch toleriert, hat Ter Haar zur Geniige in seiner von Cathrein angeführten, jedoch sehr wenig von ihui verwerteten Schrift erörtert. (Vgl. Das Deeret, S. 177. flgg.) Um seine schwere Anklage gegen die neueren Aequiprobabilisten aufrecht zu halten, sah sich Cathrein wohl gezwungen diese Griinde stillsohweigend zu umgehen. Diese Bemerkungen sind wohl mehr als geniigend um das Auftreten der neueren Aequiprobabilisten vollends zu rechtt'ertigen und es von jeder Yerdachtigung der lvirchenfeindlichkeit zu befreien. Ja, weil der Kirche nur der Sieg der W a li rh e i t niitzlicli und willkommen sein kann, muss ihr Verhalten als pietiitvoll bezeichnet werden. Die niimlichen Bemerkungen beweisen jedoch auch, dass man sich fruchtlos auf einen vorhandenen oder nicht vorhandenen consensus theologorum und ihre von der Kirche nicht zensurierte Lehre und Lehrtiitigkeit beruft, um die Tadellosigkeit des Minus probabilismus darzutun. Cathrein hat dazu selber, vielleicht unbewusst, den Beweis geliefert. Denn die unten zu besprechenden Kundgebungen Innocenz' XI waren nach Cathrein (was wir aber nicht zugeben) dem strengeren Probabiliorismus, nicht dem Aequiprobabilismus giinstig. Diese Gunst war also (nach Cathrein) einem Systeme verliehen, das, als es noch in voller Bliithe war, vom hl. Alfons bezeichnet wurde als „eine Ansicht, die wahrhaft zur Hülle erbaut, da sie dem Gewissen eine unertriigliche Last uufbiirdet" ; (1) das er nannte: „eine Quelle des Verderbens so vieler armen Seelen, die vom rechten Wege abweichen und alles fahren lassen." (2) Trotzdem ist jenes den Seelen so (1) Briefe. Spez. Korresp. III. S. '293. (2) A. a. O. S. 329. Si —. | Gescliiclite lied Kritik i Dienste | p: der „Minus-proliabilis". I 1 : 1 M m \m m " J Antwort an P. V. Cathrein S. J. &B C> U K fê von p P r- B Joh. Laur. Jansen C. SS R. i, i yw1 < > m m f<- Mit kirelilichor Druckorlaubnia. m pJ: 1 I ^ •— —' I || Giilpen Paderborn. || |^j| F i r fri a M. Alberts. Ferdinand Schouiiigli. jS V. V.' V:\. \ nannten. P. Cathrein macht Ter Haar den Vorwurf, or gehe „so weit, dass er die grollen und teilweise geradezu sinnlosen Schmiihungen eines TIarnack, TIerrmann und IToensbroech jregen den Probabilismus abdruckt. (A. a. O. S. 543) Ihnund P. Wouters liisst er sai>'en, der Probabilismus sei .,ein verderbliches, die Moral untergrabendes, unkircbliohes System (K..>44); er meint, dass diese Theologen mit ihren l rteilen „die allerschwerste Anklage gegen die ganze katholische Kirche erheben" (A. a. O). „Tbr Hauptarsenal" sei Dnllinger-Reusch (S. r>4fi); ..in ihrem [Pöll.-Reusch| Gefolge" haben Mandonnet. Ter IInar und Wouters dus Decret Innocenz' XT gegen den Probabilismus ins Feld gefiihrt (S. .)4'.t): er htilt es tiir schwer begreitlich, wie katholische Theologen den Feinden iler Kirche, die den Probabilismus als ein von der Kirche verurteiltes System hinzustellen suohen, auf diesom ege folgen können. (S. 546.) Wir weisen diese Aensserungen :11 s ungerechte Verdiiehtigungen iicht katholischer Autcren und als Uebertreibungen entscbieden zurück. Oder ist es zu tatleln. wenn man die V\ orte von „Kirchenfeinden" ,abdruckt", um sie nbjektivauf ihren riebtigen Wert zu prüfen ? um zu untersucben, inwiefern sie in der Bekiimpfung des von vielen katholischen Gelelirten verteidigten Minuspriibabi li sinus Hecht haben, inwiefern nicht? — um zu untersucben, ob sie mit Hecht „die katholische Kirche für dieses System verantwortlich macben 'i Xichts anderes haben die von Cathrein angegriffenen Autoren bei der Anführung der Worte von Gegnern der Kirche getan. Damit haben sie die beste polemische Methode eingebalten, welche auch Cathrein selber in seiner Moralphilosophie <;egen Nicht-Katholiken befolgt hat. (1) (1) Wouters haf in seinem \\ erke : »De Minusprobabilismo das niimliohe Yerfiihren einffelmltcn und bei der ausführliohen Heantwortung der gegen den Aei|üipr<»hal>ilisniuri vorgebrachten Sehwierigkeiten die Worte der Gegner vollstiindig angeführt. Leider gibt es mehrere Theologen Veranlassung zu diesen ganz objektiven Untersuehungen war die Tatsache, dass eine dor hautigst wiederholten Anklagen gegen die katholische Moral in den let/ten Jahren gerade jene ist, die Papste hiitten, besonders s diese Autoivn viele seiner Angriffe von vornherein widerlegt liaben. (I) Vgl. Ter Haar Das Uecret S 181. (a. a. O.) wird je-ler entscheiden kiinnen nacli der Lesung dei' beidon obengenannten Werke Ter I [aars und Wouters, deren Geist und Inhalt nicht nur ungeniigend von ('athrein wiedergegeben, sondern entstellt wird. Er gibt sich den Anschein, als ob es sich bloss um einen hauslichen Streit handle, wodurch die Aequiprobabilisten ihn und seine Meinungsgenossen daran hinderten, ihre grosse Aufgabe , die Bekampfung der Kirchenfeinde, zu ertullen. Dagegen wollen die neueren Aequiprobabilisten ebenso gut treue Kinder der lvircihts und Verfechter ihrer Rechte sein. Deshalb lieben sie einen von Cathrein und seinen Gefahrten iibersehenen, tiir unsere Zeit selir wichtigen apologetischen Punkt hervor, und beniiihen sicli ihn ganz objektiv zu behandeln: sie geben den Gegnern der Kirche Recht, wo sie wirklich Recht haben, widerlegen sie, wo sie im Unrechte sind. Dass dieses Verfahren den Minusprobabilisten nicht willkommen ist, soll uns gleichgültig sein. Der Theologe soll nach Griinden richten, nicht nach \ orurteilen der Schule. Er soll sich bemühen auch dein Gegner gerecht zu werden. Es soll ilun nicht als ein Tadel, sondern als ein Verdienst nngerechnet werden, wenn er kirchliche Aktenstücke aus dein Dunkel hervorhebt und in ihrem waliren Lichte zeijrr. Oder gibt man sich vielleicht einen alt-katholischen Anstrich, wenn man sich aut' piipstliche, dein Minusprobabilismus ungiinstige Erliisse beruft, um ihn zu bekiimpfenl' Ob das nun von Alt-Katlioliken zuerst getan wurde oder nicht, ist gleichgültig. I nrichtig und ungerecht jedoch ist die Behauptunij Cathreins, das „Hauptarsenal" dieser Ae(|iiiprobabilisten sei Diillinger-Reusch: denu was sit» Düllinger-Reusch entnommen haben, ist nichts anderes als ein Teil der von diesen Autoren veröffentlichten Aktenstücke aus dem Archivum Societatis Jesu. Dass die Arbeit Ter Haars und Wouters nicht ohne Ert'olg war, zeigt wohl die Anerkennung vorurteilst'reier Gelehrten und die Entriistung im minusprobabilistischen fiager, welche Cathrein zum Ausdruck gebracht. Wir wollen untersuchen, was er den Erörterungen jen er Autoren entgegenstellt. Vorab sei jedocli sein Protest erwahnt gegen die von kouters dem einfaohen Probabilismus gegebene Benennung von Minusprobabilismus; welche nach Cathrein „weder das Wesen noch den Umfang tles Probabilismus richtig bezeichnet." (S. 546, n. 2. Ebenso Lehmkuhl, Probabilismus vindicatus p. 15, nota 1) (1) I Heser Grund ist jodoeh nicht sticbbaltig; er beweist zuviel. Denn auch der Name: Probabilismus gib tweder das Wesen noch den Umfang der von Cathrein verfochtenen Lehrmeinung an. Der Name: Probabilismus liisst es ja dahingestellt, ob auch die opinio minus-probabilis sic cognita et judicata praktisch befolgt werden darf oder nicht. Das aber ist der Sehwerpunkt der Frage; um ihn dreht sich die . S. 98, \vo er das Zeugnis von Kardinal Franzelin anführt: >.Non oerte repugnat, nf aliqua sententia aliquamdiu inter theologos communis, postea argumentis er documentia melius perspectis communis esse desinat vel etiam obsoleaoat." (l)u div trad. Th. 17. Und die Worte Lugo's : »Quas opinio hoe siucuh) in ncholis frequentissima est et fere ah omnibus defenditur, ga'culo proximo. re melius examinata et novits fundamentis apparentibus a paucis retinebitur. Non ergo repugnat aliquamdiu majorein Scholasticorum partem opinioneni aliquam ut probahiliorem amplecti, quse reipsa falsa sit. Quis cniiii ueget sreculo proximo ante Scotum majorem partem theologorum. imo )Vie omiies docuisse in scholis B. Virginem conceptam fuisse in peccato «niginali(Do Fide. disp. '20. 11. 128.) Mit Hecht jedoch fiigt Ter Haar hinzu: "Verane an falsa postrema Lugonis verba sint, nestra hic parum interest" \. a. O, p. 911.); Lugo's Worte zeigen allerdings, was seine Meinutig war iiber die Heweiskraft des consensus theologorum Besser verweiBt Ter Haar (A. a. O.) auf die Lehre der Chiliasten im '2. und 3. Jahrhundert. und auf die Lehre. dass die traditio instrumentorum die Materie des Sacramentum ordinis ist, welche zur Zeit des h. l'homas allgemein war. keit und dem Eifer eines Heiligen nachgeforscht hat, und weil die von ihm gewonnene Ueberzeugung, in der auagsdehn testen seelsorgerlichen Praxis erprobt, auch durch die ausdauerndste Polemik nicht ersehiittert werden konnte." (1) 1) Moraltlieologie. Dritte Aufl. ij 5*2. Der Minusprobabilisrrus in friiheren Jahrhunderten von der Kirche nicht verworfen, sondern getadelt. Das Decret Innocenz' XI und der h. Aifons. Der h. Alfons und die Minus-probabilis. Verteidigt er sie in seiner Moraltheologie? Benedikt XIV. — Die Minus-probahilis in Alfons' Heiligsprechun^sprozess. Das Vorhergehende sei gesagt in Bezug auf die Toleranz und die Verbrcitung des Minus-|>i'obabilismus in den letzten hundert .Jahren. Wir miissen jetzt anf die friiheren Jahrhunderte zuiüükgreifen ;im auf' die Beinerkungen Riicksicht zu nehmen, welche Cathrein den diesbeziiglichen Kiürterungen Ter Haars und Wouters entgegenhiilt. „Ich begreife nun sehr wohl, so schreibt er, dass Feinde der ivirche den Pt'obabilismus als ein von der Kirche verurteiltes System hinzustellen suehen , uni dadurch eincn Widerspruch iin Verhalten der Ivirche zu konstruieren, die lieute rullig lehren lüsst, was sie schon vor 200 Jahren als unkirehlich und verderblich verworfen haf. Wieihnenaber katholische Theologen auf diesem We ge folgen können, ist schwer begreiHich.'' (A. a. O. S. ö4.) Diese Aeusserung ist so zu bericlitigen : Die Feinde der Ivirche behaupten mit Hecht, die Ivirche balie friiher den Minus-probabilismus getadelt (nicht: ,verurteilt oder verworfen"). Mit l'nrecht jedoch unterstellen sie, dass die Ivirche diesen Tadel heutzutnge und iin letzten Jahrhunderte überhaupt nicht niehr aufrecht halt. Mit Unrecht also wollen sie im Yerhalten der Kirche gegenüber dem Minusprobabilismus einen Widerspruch konstruieren. Das haben jene katholischen Theologen zu beweisen sich bemüht. Sie haben also zugegeben, dass die oberste kirchlichc Lehrgewalt den Minus-probabilismus früher scharf getadelt hat, und diese Tatsache in ihr volles Licht gestellt. Dann haben sie gezeigt, dass die Kirche heutzutage den Minus-probabilismus nicht so ruhig lehren liisst, wie Cathrein darzutun sucht, sondern dass die Kirche, besonders durch die Anempfehlung der Ijehre des hl. Alfons, heutzutage diesen Tadel aufrecht halt. Nun ist es schwer begreiHich, wie Cathrein das Verfahren dieser Theologen als eine Nachahinung der Kirchenfeinde bezeichneir kann. Sie haben vielmehr dadurch die Kirche gegen den Vorwurf des Widerspruches geschfitzt, und somit hat ihre Tat einen grossen apologetischen Wert. — Wiederum sei ausdrücklich hervorgehoben, dass diese Theologen nienials den Minusprobabilismus als von der Kirche „verurteilt" oder „verworfen" hingestellt haben. — Sehr bedauerlich ist est jedoch zu sehen, wie wenig der gelehrte Gegner des Aequiprobabilismus es vermocht hat dein Sinne und der Tragweite der Schriften, die er bekümpft, gerecht zu werden. orauf stützen denn, — so fahrt a. a. O. (S. 545) Cathrein fort, — Mandonnet, Ter Haar und Wouters ihren Vorwurf der l nkirchlichkeit des Probabilismus, der nahezu eine theologische Zensur desselben enthalt? Auf ein paar Aktenstiicke, von denen das jüngste über 200 Jahren alt ist und die man schon im 17. Jahrhundert den Probabilisten und im 18. Jahrhundert dem hl. Alfons ertgegengehalten hat!" Gewiss, man hat besonders das Decret des Papstes Innocenz' XI demli. Alfons entgegcngehalten. Der Leser solljedoch auch wissen, was der h. Kirchenlehrer darauf geantwortet hat. Vielleicht war diese Antwort Cathrein unbekannt, obgleich sie von Ter Haar ausführlich zitiert ist (Das Decret S. 50); man findet die Stelle in der »Apologia quinta i tal i ana"(wahrsch. nach 1765(1)), (1) Cinquo Apologie italiane della Teologia morale di Sant' Alfonso Maria ue Liguori... Torino, presso Giacinto Marietti, 1830. sie warde von uns bereits in der Revue Thomiste (1) verwertet. Was antwortet aber der h. Alfons? Da zu seiner Zeit der authentische Text nock nicht sicher festgestellt war, wie jetzt, drückt er sich so aus: „Selbst wenn der erste Tekst des Decretes (namlich: der strengere) und nicht der zwei te mildere (der mit dem jetzt beglaubigten übereinatimmt) authentisch ware, folgt denn daraus, dass unser System verurteilt sei ? Gewiss nicht: denn unser System sagt nicht, dass man der minder probablen gegenüber der w ahrscheinlicheren Meinung folgen darf, sondern dass man die mildere Meinung dann befolgen darf, wenn sie ebenso wahrscheinlich ist wie die strenge. .Sage ich : „ebenso wahrscheinlich", so wisse man, dass alle Antiprobabilisten, wie Patuzzi selber sagt, zugestehen, auch dann noch könne eine Meinung gleich wahrscheinlich mit einer anderen genannt werden, wenn das Uebergewicht der einen über die andere gering ist, sodass der Ueberschuss schwach und zweifelhaft erscheint, und zwar nach dem Axiom: Parum pro nihilo reputatur. Wenn dagegen der Ueberschuss gross ist, so bleibt die entgegenstehende Meinung nur mehr tenuiter oder auch nur dubie probabilis. (2) Oieses Decret ist also durchaus nicht ge»en uns." (3) Konnte der heilige Kirchenlehrer deutlicher Stellung nehinen ? und klarer hervorheben, dass wohl der M i n u s-probabilismus, jedoch nicht dor Aequi-probabilismus, — il mio sis te ma, wie er es nennt — vom Decrete getroffen wurde? Es ist wahr, dass der h. Alfons selbst eine Zeit lang den (1) I.a these probabilioriste du S. Alplionse ot les préfi'rences doetrinale» du S. Siége. 1003. S. 323 sq. III Namlich was ihren Wert fiir die l'raxis anbetrifft, wie wirdiesesin unserer Antwort an Le Bachelet S. .1. (Revue Thomiste 18'J9 La questiun liguorienne p. 186—187) erörtert haben. (31 Auch Lehmkuhl iProbabilismng vindicatus p.99) verschweigt diese entscheidende Beinerkung des h, Lehrers. M i n u s-probabilismus verteidigt hat. (1) ln Bezug hieraut liat Cathrein seiner Feder diese Phrase entfallen lassen : „Bemerken übrigens Ter Haar und Wouters nicht, dass sie mit ihren schweren Anklagen gegen den Probabilismus auch einen schweren Vorwurt gegen ihren heiligen Ordenstifter erheben? ^ie können doch nicht leugnen, dass ein Jahrhundert nach Lrlass der Dokuniente, aut die sie ihre Anklagen stiitzen, der h. Alfons den Probabilismus verteidigt hat. Wenigstens votn •'ahre 1i4H bis zum Jahre 11(>2 hat er den reinen, „von der Kirche otfen bekümptten Probabilismus gelehrt." (A. a. O. S. 545.) M as erhellt nun aus der \ ergleichung der Schriften des Heiligen in Bezug aut diesen Punkti' Dass er in den von ( athrein erwiihnten Jaliren diese p.ipstliclien Kundgebungen nicht gekannt lint. Datiir spricht die Fatsache, dass er in der Abhandlung vom Jahre 1».».> wohl einen ganzen Paragraph der \\ iderlegung einer Einwendung widmet: „Quod sententia benigna est implicite dainnata per plures propositiones ab Innocentio XI proscriptas", des Dekretes aber des niimlichen I apstes mit keinem Worto erwahnt. Zur Erklürung dieser Unwissenheit des Heiligen dient der von Cathrein selbst hervorgehobene l mstand, dass dus Decretgenau gesproehen eher das ottizielle Protokoll einer Sit/.ung der allerliöchsteu kirchlichen Lehrbehörde, des h. Ofticiuins, war, das aus sich nicht fiir die Oeffentlichkeit bestimmt wurde. (A. a. O. S. 551.) So l.isst es sich leicht erkhiren, d:iss dem Heiligen diese püpstliche Kundgebung nicht eher bekannt war, alswo er von Patuzzi darauf aufmerksain geniaclit wurde, wie dieses aus der von uns angefiihrten Abhandlung erhellt ('_»)■ Der Streit mit Patuzzi (1) Mit wclcliom lirail von imiiTlicher lleberzeugun^' werdun wir uuten aohen. i1) A. a. O. £ II. Riposte ad alcune altre opposi/ioui de' contrarj. 16. II p. Patuzzi to. •!. p. -2I'2 o p p o n e uil certu lireve (! d' I nnocenzo XI della '20 di Giugno 11'iKO. || futto era, che il p. Tirso Gonzalez Gcsuita, volendo cacciar fuori un libru cuntro l'uso dol!' opinio ne fing aber erst gegen 176B an, nachdcm der Heilige zum Bischofe von S. Agatha ernannt war und sich bereits öffentlicb zum Aequiprobabilismus bekannt liatto. Die Antwort an Patuz/i war, wie wir gesehen, nicht ablehnend gegen das Decret gehalten, sondern enthielt die Bemerkung, dass wohl der Minusprobabilismus, jedoch nicht der Aequiprobabilismus vom papstlichen Decrete getroffen worde. Die Berufung auf das Decret Innocenz' \I seitens der Aequiprobabilisten schliesst also für den h. Alfons durchaus keine Anklage in sich ein. Cathrein sagt: „Nicht nur in der Dissertatio von Jahre 1749 und in der austïïhrlicheren von 1755, sondern auch in den vier ersten Auflagen seiner Moraltheologie verteidigt er (der h. A.) mit grossem Kif'er und niit soltoner (ïelehrsamkeit ausdrüeklich die These, dass man der opinio minus probabilis et minus tuta in ooncursu probabilioris folgen dürfe, und er beruft sich tïir seino Ansicht auch auf'die Autoritiit der Kirehe." (S. 545.) In seiner zweiton Abhandlung wiederholt Cathrein die niimliche Behauptung (S. 75;$ . Vgl. auch Lehmkuhl, l'rob ab. vin die. p. 71. 11 7. Sie ist jedoch durehaus unrichtig. His aut' die vier te Autlage der Moraltheologie (Bononise 17l!0) enthiilt die Prjefatio: „Ad lectoremqui rogatur legere hanc praefationem pro intelligentia totius operis", die ausdrückliche Weisung : ,No n a utem li i c mens m i h i est loquendi de qusestione illa: an liceat seijui opinionem minus probabilem in concursu probabilioris... Praescindo ab hac quaestione." In der sich in jener vi e r te n Autlage betindenden „Dissertatio de usu moderato opinionis probabilis" bemerkt er bloss (s. 47) gegen die gemiissigten Tutioristen : „Sententia nostra et communis tenet lieere usum opinionis absolute probabilis, aut saltem probabilioris, meno pro babi le. sapplico il detto Pontefice ail ordinare alla Com. pagnia, chc non glie avessero impedito ; onde il Papa. co me refe risee ll Patuzzi, mando il seguente Breve !): «Injungatiir . . u. s. w. etei contraria pro lege sit probabilis." (1) Aehnlich drückt er sich in der ersten Auflage(1748) aus : „QUfestio celebrisest, utrum hceat sequi opinionem probabilem relicte probabiiore. 8ed quiaabunde et undique hsec queestio ab Auctoribus ■ I i In der aweiten sop ben erwahnten Abhandlung (a. a O. Xote I i fiihrt athrem aus der Dissertatio der vierten Auflage zum lieweise seiner Re hauptung folgende Worte des h. Alfons an: -Qioad .judicium vero speculaïvum de veritate rei non requiritur ut certo, sed suffieit ut p r o ba b i 1 i t er putet esse legi reterna; conforme, licet probabilius ei videatur o pl . 1. I. tr. I. n. ,i1 . I.iest man jedoch den ganzen Context dan s.ebt man, dass dieser Satz mit dem M i nus - p robabi l i g m u s gar keine Rewandtms bat. Denn erstens batte der li. Alfons im Anfange cr 1 issertatio (n. 44) ausdrücklicb erkliirt, sicli mit der Frage ob man der Minusprobabilis folgen dürfe, gar nicht befassen zu wollen, -weitens an der von C. angeführten Stelle handelt es sich bloss urn das judicium speculativum de veritate rei, das keine unmittelbare eziehung aut die Praxis bat, wie es aus dein vom h \lfons beigefügten oispiele erbellt: »Hinc miles, etiamsi putet probabilius bellum esse nijustum, quod revera injustum sit. non peccat militando. si pugnet ex prucepto sui liegis." Auch ein Probabiliorist wiirde diesen Fall so lösen; enn die Kraft des unsicheren, wenn auch wahrscheinlicheren Urteils des Lntergebenen. wird durch ein siclieres Gebot des Oberen pro quo stat preesumptio aufgehoben. Die Streitfrage zwischen Minusprobabilisten und . equiprobabilisten ist. ob man einem judicium practicum de honestate rei minus probabili folgen darf oder nicht. lier h. Alfons wollte jedoch a. a. O. blosz Antworten auf die in n. : I \]J gestellte Frage: uinam judieio conformanda sit conscientia. an speculativo de veritate rei, an vero practico de honestate actionis" Er antwortet: «llomo ut licite operetur, debet quidem esse moraliter certus de suo judieio practico <|uod sit conforme legi «ternw: quoad judicium vero u. s. w. vgl, oben. Dann lasst er als Begrundung die Worte folgen: "Equid.-ni si hic (namlich: miles. wovon 'ie Hede war) se dirigere deberet ex judieio speculativo circa justitiam belli. non posset utique militare, quia judicium speculativum neinpe de justiti.i' 'PBI aPI'!iret probabilius oppositum legi antecedenti. qua; prohibet bellum iniquum aggredi. ideo tarnen non peccat, quia format aliud judicium practicum, quod liceat ipsi bellum illud inire, quamvis probabilius injustum. ea ratione duetus, quia tenetur parere suo principi semper ac non constat bellum esse iniustum, juxta legem subsequentem qu;e jubet pneliandum esse subdito. accedente prsecepto sui Regis, quando bellum non est certe injustum;" aifitata legitur, ipsos passim observare potes". (Lib. I. tr. 1. col. 8). — In der Pratica del Confessore von 1748 redet er ebenso (t ap. VIII n. 69 ; in der lateinischen Uebersetzung n. 114). In der zwei ten Auflage der Moral (1753—1755) vermeidet er wiederum sich über die Frage auszusprechen: „I)e liac ultima sententia Probabilistaruin, quod liceat sequi opinionem minus probabilem. relirta probabiliore, jam diximus, quod cum liu'C qutestio undique ab Auctoribus agitatur, apud ipsos observari potest". (n. 44.) So auch in der „Risposta ad u n Auto re olie ha eensurato... 1'opera morale"(1756) und in derdritten Auflage der Moral (1757). Das namliche Verfahren bef'olgt er in der „Istruzione e p r a t i e a per u n confessore" (ed. I. 1 757), und in der ersten AuHage des Homo apostolicus ^1759), wo er schreibt: „Silentio pra'tereo opinionem minus probabileni." (Tr. I. n. 3:i.) Die vier te AuHage der Moral (17 Hü) wurde bereits oben erwiibnt. In 1762 erscliien die erste Arbeit des Heiligen, worin der Ae q u i - probabi lismus gegenüber dem strengeren Probabiliorismus und deui Minusprobabilismus ausdrücklieli formuliert wurde. Wir fiiliren dieses Alles an, damit der Leser selie, dass die Aequiprobabilisten dein li. Alfons wirklicli keine Unehre antun, indem sie den Minusprobabilismus bekampfen. Ter Ilaar hat wolil das riehtige getroffen, wenn er die beiden anonymen , spiiter nie von Alfons erwlihnten Dissertationen von 174!) und 1755, welche einzig, (wie auch vielleicht der bekannte, stets ungeiindert gebliebene Brief de maledictie n e m o r t ii o r u in (1)) dem Minusprobabilismus I) Diesel' Brief datiert spatestens von 1758. Der in seiner Begiinstiguug lusiones seu tentamina qusedam" bezeichnet, welche mehr der Liebe zum Gehorsam als seiner innerlichen l'eberzeugung entstammen. (1) Wie Alfons allmithlig seine Meinung persiinlich bildete, welchen ausserst langwierigen Geistesprozess er dabei durchmachen musste erzahlt er uns selbst in diesen Worten : „Dreissig Jahre lang habe ieli iiber diesen Stott' eine luzahl von Autoren gelesen sowohl strengere als milde, und fortwahrend habe ich in dieser Zeit zu Gott uni Licht gebetet, damit ich nicht irren sollte. Schliesslich habe ich mein System t'estgestellt." (2) Zur Ehre der Gesellschaft Jesu sei es wieder hervorgehoben, dass, wie Ter Haar bemerkt, der gelelirte Amort, den der Heilige in der Wulil sei nes Systems als seinen „.Meister" anorkennt, den Aequiprobabilismus von den deutsehen Jesuiten empfangen hatte. (■!) Aus dein Gesagten erliellt noch, wie schwach ein anderes Argument Cathreins ist. Er schreibt (S.545): „Was noch mehr ist, im Jahre 17.").") übersandte | A.| seine bekannte Uissertatio de usu moderato opinionis probabilis in concursu probabilioris zugleichmit einem Bande seiner Moral dem I'apst Benedikt XIV. Und wa» antwortet der i'apst? Tadelt er ihn ob seiner „der von uns gesperrten W'orte. woraus zu ei-hellen schuint. dass der Heilige nichts behaupten wollte, was gogen den danmls allgemeinon Antiminusprobabiliemus war. (I) Dor Heilige hatte mïmlieli, wie er selbst gestekt, aus Gehorsam gegen seinen lieichtvater den l'robabilismus. défaut ('2- Dichiarazione del Sistema a. 1774. n. 49. (3) Das Decret. S. 10:) 115. In die dritte und vierte Auflage der Moral hat Alfons allerdings eine Dissertatio iihnlich wie die von 1755 aufgenommen: jedocli so umgeandert. dass er wiederum ausdrücklich e r k l ü r t, s i c h ii b e r die. 1' r a g e ; »An liceat sequi minus probabilem in concursu probabilioris' nicht ausiprechen zu wollen. Diese absichtliche Umiinderung der Dissertatio ist ein starker Hewois für die Richtigkeit unserer Darlegung. Fiihrung der l'apste entgegengesetzten Richtung? Keineswegs. Er spendet ilim das grösste Lob." (Vgl. Lehmkuhl. 1. c. p. 117.) Dieser Bevveis is durchaus hinfallig. Denn eratens ist die Bebuuptung unriclifig, der li. Alfons habe dem Papste auch die von Cathrein erwiilmte Dissertatio zugesandt. Wolil befand sich in jener dem Papste zugesandten zweiten AuHage der Moral eiue andere Dissertatio pro usu moderato opinionis probabilis. (L. I. tr. I. n. 44.) Darin spricht er sich jcdoch nur gegen die .Meinung der milderen Tutioristen aus. Am Ende der Praefatio sagt er von der Prage: ,An liceat sei|iii opinionem minus probabilem in concursu probabilioris" nur diese Worte: „Pra'scindo ab hac (jua'stione." Der erwiilmte lirief »de maledictione mortuoruin , worin sich eine leise minus-probabilistische Aeusserung vorftndet, erschien, wie bereits bemerkt, nicht vor 1758. „Das grösste Lob", d;iK der Papst dem h. Alfons spendete, und das noch in den neuesten AuHagen abgedruckt ist, bat also mit dem Minusprobabilismus gar keine Bewandtnis. (1) „l'nd merkwiirdig so rïihrt (Jathrein fort — (S. 545)-- (!) Kin Theologe, dem Benedikt \ 1 \ wogen seiner Hultung in der l'robabilisinusfrage > das grösste Lob" spendete. warConeina. Dessen Werk : «Del la S t o r i ft del F' r o b a b i 1 i s ra o e del Rigorism o", das besonders gegen die opinio minus probabilis c o g n i t a gerichter ist wurde vmn i'»|>»t mit dem griissten Lob überliauft. V'gl. Ter Haar. lias Deer et S. Noch eine andere Tatsache gibt uns die Stinimung Benedikts XIV zu erkennen Aut' aeinem Ilefehl wurde die probabilioristisehe Moral Antoine's als llandbuch t'iir das Seminar der Propaganda eingeführt (a. a. O S. il:(.) Diese von Tor Haar angeführten Tatsachen erwahnt Cathrein nicht: Lehmkuhl erwiihnt bloss das Einführen dor probabilioristisehen Lohrbiicbor, oline auf das von Ter Haar angefiihrte /.eugnis zugunsteu ('oncinq's zu antworten. (I. e. p. 117.) Das die von Alfons dem Papste zugesandte zweite Auflage der Moraltheologie »expressis verbis prineipia nudi probabilisnii contra probabiliorismum" Lehmkuhl I. e.) enthielt, ist unrichtig insofern es die Minusprobabilis betrifft; wie aus den soeben angeführten Worten erhellt. Ebenso muss auch noch bewiesen werden, dass Henedikt XIV La Croix. Lugo und Suarez als Verteidigcr der Minusprobabilis preist. als spater im Selig- und Heiligsprechungsprozess und bei der Erliebung des Heiligen zum Kirchenlehrcr die römische Kongregation die Werke des h. Alfons, und zwar auch seine Dissertatio voni tlahre 1755 prüfte, fand sie in ihnen nihil censura dignum. Aber ist es denn nicht eensura dignurn eine der Führung der Papste entgegengesetzte Riehtug cinzuhalten und init grossem Eifer und grossem Aufwand von Gelehrsamkeit zu enipfehlen und zu verteidigen ? Kann man den Beichtviitern einen Mann als sicheren Führer anempfehlen, der Jahre lang öffeiitlich „cin von der Kirche offen bekampftes System verteidigt ?" Wir legen einen gewissen Wert daraul' diesen Passus Cathreins ganz abzuschreiben. Man ersieht daraus, wie wenig selbst angesehene Minus-probabilisten die historische Seite diescr Frage, auch \vo es sich um den Ivirchenlehrer der Moral handelt, kennen. Vor allein geben wir zu, dass der Minus-probabilismus nie im theologischen Öinne ,zensuriert" wurde. Darum konnte auch keiti Werk des Heiligen wegen einer Verteidigung dieser Lehre eine Zensur verdienen. Uebrigens wird kein Theologe das Einhalten „einer der Führung der Papste entgegengesetzten Kichtung" als dignum theo logica censura betrachten. Wem würde es einfallen, das Werk eines Mitgliedes der Gesellschaft Jesu, der Papst Leo XIII bekanntlich das Hefolgen der Lehre des h. Thomas vorgeschrieben hat, als censura dignum hinzustellen, wenn es eine der Lehre des h. Thomas entgegengesetzte Kic'itung vertrate ? Ob nun Alfons die Minus-probabilis „mit grossem Eifer und grossem Aufwand von Gelelirsamkeit" verteidigt hat, kann der Leser selbst aus unsern litterar-historischen Bemerkungen beurteilen. enn auch Alfons in diesen zwei anonymen Dissertationen von 1749 und 1755, als er das Decret Innocenz' XI und die weiteren von Ter Haar erörterten h i s to r i sc hen Tatsachen nicht kannte, diesen von Rom getadelten, doch nicht zensurierten Minus-probabilismus befürwortet hat, so konnte Rom ihn trotzdem ganz rullig auch in Bezug auf das Moralsystem den Beichtviitern nis sicheren Fiihrer empfehlen. Denn seit 1762 hat er viel <"> tt e n t1 i c li e r und »ch a rfer die in i nus-probabilis verworfen und bekiimpft, als er sie jeinals verteidigt liatte ; er trat ihr entgegen suwohl in seiner Moral, als in Abhandlungen und Brieten; sowohl als Gelehrter als in der Ausübung seines bischütlichon Amtes. Besondersin der letzten Ausgabe seiner Moral hat er den AequiprobabilLsmus als den einzig richtigen endgiiltigen Ansdrm-k seiner Gedanken bezeiclinet; sodass die Beichtviiter nur dann mit Ilecht sagen kunnen den h. Alfons als „Fülirer" zu habeu, wenn sie, wie er, das Befolgen der minus probabi lis sic cognita et judicata t'ür unerlaubt halten. Seine bis jetzt erwiihnten Bemerkungen schliesst Cathrein mit der F rage ab: „Sollte nicht die Aehtung vor dein h. Alfons uud noch mehr die Aehtung vor der lvirche die Acquiprobabilisten veranlassen sicb einer grosseren Miissigung in ihrer Sprache zu beHeissigen ?" (S 545.) Wii stellen die Gegen frage : Sollte nicht die Aehtung vor dein h.Altbns, der den .Minusprobabilismus lax und unerlaubt uennt, sollte nicht di< Aehtung vor der lvirche, die, wie die Civilta cattolica gesteben rnuss, der anti-minuspiobabilistischen These ihre Vorliebe gezeigt (B Sept. 1902), Cathrein veranlassen nicht zu sagen, dass die Aequiprobabilisten „die allerschwerste Anklage gegen die ganze katholiscbe lvirche erheben" und „den Feinden der Kirche aut' ihrem Wege t'olgen r1" Zu dieser Gegenfrage sind wir uin so mehr berechtigt, als im Beatificationsprozesse des h. Alfons, in den Jahren 1SU6 und 1807, die Heroicitüt seiner Klugheit gegen dieEinwendungen des Promotors fidei gehandhabt wurde auf Grund seiner Bekiimpfung der miuus-probabilis. Wir lassen hier folgen, was der jüngste Biograph des h. Kirchenlehrers darüber erzahlt. Als der Advoeatus causaj die Einwendungen gegen die Heroicitüt von Alfons' Tugenden siegreich widerlegt hatte, kam der Promotor auf die Schriften des h. Alfons zurück, und warf die Frage auf, ob sein Moralsystem bezüglich der 3 Wahl der Meinungen und der Lossprechung von Gewohnheitssiindern und Rückfiilligen als Grundlage dienen konnte für ein Uecret zu gunsten der Heroicitat seiner Ivlugheit. „Yergisset nicht, — so fiihrte er aus—, dass ihr durch die Erhebung von Alfons auf die Altare ilin zu einer Leuchte macht für alle Priester und Bischöfe. Ehe man soweit geht, soll man mit der grössten Sorgfalt untersuchen, ob in dieser Zeit der Erschlaffung und des sittlichen Verfalls nicht einige von ihm gegebene Gewissensnormen, welche der menschlichen Freiheit allzu freien Zügel lassen, als unklug zu betrachten sind, wie mehrere es meinen. Ich fülire hier nur das Zeugnis Blasco's an, der, obwohl er Alfons einen frommen und gelehrten Schriftsteller nennt, ihm dennoch den Yorwurf der Unklugheit macht wegen der von ihm aufgestellten Maxime : lex dubia non obligat." In der Entgegnung auf diesen Einwurf betonte der Advocatus causae, dass nacli dem ligorianischen System das Gesetz bloss dann zweifelhaft und ohne verbindende Kraft sei, wenn die zwei entgegengesetzten Meinungengleich wahrscheinlich sind. Tritt die dem Gesetze günstige Meinung aus dem strikten Zweifel heraus, dann hat sie verbindende Kraft. Dann fiihrt er fort zu beweisen, dass eine derartige Erkliirung des: Lex dubia non obligat kein Yerstoss gegen die Klugheit ist, sondern die wahre Mitte hiilt. Damit wurde die Schwierigkeit als erledigt betrachtet. (1) Wir wollen jetzt Cathreins Aeusserungen über die anderen, von Ter Haar und Wouters verwerteten papstlichen Actenstücke prüfen. (1) Vgl. Saint Alphonse de Liguori par le R. P. Berthe, T. II. p. 640. — und unsere Abhandlung in der Revue thora is te 19Ü3: La thèse probabilioriste de S. Alphonse et leB préférences doctrinales du S. Siége, p. 472 s. — üiese Bemerkungen richten sich auch gegen die Erörterungen Lehmkuhls Prob. vindicatua S 12: «Disquiritur, num approbationes et laudes, quibus Ecclesia S. Alphonsum prosecuta est, sensum antiprobabilisticum habeant." Das Oecret Alexanders VII. — Cathreins Erklarungsversuch. — Stephanus Gradius. Meinung Alexanders. — Seine Haltung gegenüber Guimenius (Moya). — Versehen Cathreins. P. Cathrein meint (S. 54(5), es sei schwer einzusehen, was die Anfangsworte des Decrets von Alexander VII mit dein Probabilismus zu schaffen haben, weil ja der Probabilismus nur diejenigen weniger probablen Meinungen zu betblgen gestattet, welche solid wahrscheinlich sind. Durcli diese Beinerkung oder diesen Erklarungsversuch Cathreins wird jedocli die Kundgebimg Alexanders VII in ein falsches Licht gestellt. Demi der Papst erkliirt, er liabe mit Betriibnis vernoinmen : erstens: „Complures opinio 11 es ehristianaj disciplinaj relaxativas et animarum perniciem int'erentes partim antiquatas iteruni suscitari, partim noviter prodire." zweitens: „et summam illam luxuriantium ingeniorum licentiam in dies magis excrescere, per quam in rebus ad conscientiam pertinentibus modus 0 p i n a n d i irrepsit alienus omnino ab evangeliea simplieitate et SS. Patrum doctrina et quem si pro recta regula fideles in praxi sequerentur, ingens irreptura esset christianse vitee corruptela." Damit werden also zwei Dinge getadelt: erstens, die allzu laxen einzelnen Meinungen, die für die Praxis nicht solid wahrscheinlich sind; zweitens: ein modus opinandi überhaupt. Cathrein versteht unter der: luxuriantium ingeniorum licentia — „die Sucht neue und gewagte Ansichten aufzu- stellen.'" (S. 547). Wir stellen das nicht in Abrede. Der Papst sagt jedoch aucli, diese Slicht liabe einen „modus o pina ndi" hervorgebracht, dessen Befolgung zur Sittenverderbnis fülire. Nun wissen wir, dass bis auf Medina allgemein die VerpHichtung der certo probab ilior, cognita gelebrt wurde, wie dieses von iilteren Probabilisten zugegeben wird.— Weiter ist bekannt, dass erst seit Medina, ain Ende des Ui. .lahrhunderts, der Minusprobabilisnius eingefiihrt worden ist, und besoiiders von D12U bis 1065 allgemein vorherrschend war. Diese Tataar hen vor Augen kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, Alexander VII habe mit der ingeniorum licentia und dem modus opinandi, die er tadelt, den neiicn Minusprobabilisnius gemeint. IHeser Eindruck wird noch gesteigerr durcli das von Ter Haar (a. a. O. S. ÜN) und "Wouters (a. a. O. p. IN) erwahnte Zeugnis des Zeitgenossen Alexanders, Stephanus (iradius. In seiner Disputatie de opinione probabili gegen den bekannten 1'robabilisten Ilonoratus Fabri (c. Ut) erzahlt (Jradius der l'apst habe beabsiclitigt eine eigene Constitution herauszugeben, um das Uebel „in wuo foute ac radice funditus aus/.urotten ; er habe es jedoch in dieser von ihm verötfentlicliten Constitution bloss „sub involucro verborum getan, indem er nur von eiuem „modus opinandi redet. ( athrein bezweifelt, ob (iradius damit den M iiiusprobabilism us meint. Das erhellt jedoch unzweideutig aus der ganzen Disputatio, die nur über dieses System handelt: das erhellt aucli aus dein Gestiindnisse des bekannten (iegners Concina's, Sanvitale S.,l., der dieses ausdrücklich zugibt. (1) Wie Alexander über die Minusprobabilis dachte, erhellt aucli noch aus anderen Tatsachen, welche von Ter Haar ausdrücklicli erwahnt, von Cathrein jedoch mit Stillschweigen übergangen werden. So führt Ter Haar (a. a. O. S. :5N,39) das Zeugnis Micli. de Elizalde S. J. an, der auf Verlangen Alexanders (2) ein anti-probabilistisches (1 l'atuzzi. Osservazioni. II. p. 34. c2 Cathrein int, wo er (S. 557) um zu beweisen, daas Innoeenz XI Work: „d e rectadoctrina morum herausgab, das Zeugnis der Dominikaner, die in ihrem Generalkapittel von 1656 hauptslichlich auf Anregung Alexanders den Kampt gegen die Minusprobabilis anfnahmen. Dergleielien Tatsachen lassen iiber die Gesinnung Alexanders keineii Zweifel mchr iibrig. (1) Weshalb nnn die Piipste AleNnndor VII und Innocenz XI, wiihrend sie die Absieht hatten den Probabilismus zu tadeln, nicht deutlicher gesprochen haben ; weshalb sie nicht zur Yerurteilung geschritten sind (Cathrein S. .>47) erklart sich zur Genüge aus der Schwierigkeit der Frage, aus dem damaligen „Wirrwarr der Meinungen", wie Cathrein ilin nennt (S. 556), aus der Gefahr von grossen Missverstandnissen, wie von Ter Haar ausfiihrlich gegen IToensbroech erörtert wird. Allerdings ist es „nicht die Gewohnheit der IVipste, Ansichten, die von vielen und hochangesehenen Theologen verteidi^t werden, so nebenbei und oline eingeliende \ oruntersucliung zu zensurieren", wie Cathrein init Recht bemerkt (S. >47). Die I'sipste haben jedocli ausser ausdrücklicher \ erurteilung und Zensur noch andere Mittel Irrtiimer zu beseitigen, aut indirektem Wege, durch Warming, inilden Rinfluss, Anemptehlung ilor entgegengesetzten Lehre, wie es z. 15. Leo XIII iretan in Hezug aut' die in der Philosophie einzuhaltende Richtun. Jahrhunderts fast einstimmig «■elehrt wurde, (wie Cathrein a. a. O. bemerkt) ist dann ziem- O 7 ^ lich gleichgültig. (I) Aus dem vorhergehenden wird der Leser ersehen, init welchem Hechte Cathrein sagt: „Wie der Papst (Alexander VII) selbst fiber den Probabi lismus gedacht luit, wissen wir nicht . Ein weiterer Irrtum ist, was er unmittelbar hinzutügt. „ Tatsache jedoch ist folgendes: Als die Pariser theologische Facultiit die Zensur fiber ein Bucli ausgesprochen batte, in dem ein Theologe die Meinungen der .lesuieten iiber die Sünden und die opinio probabilis in Schutz nahm, liess der Papst |Alexander VII| (1665) diese Zensur auf den Index setzen (A. a. O.). Durch Ileranziehung dieser Tatsache bat Cathrein jedoch dem Minus-probabilismus wirklich geschadet. — Er verweist auf das Bullarium Romanum XVII. p. 869. Vielleicht bat er nicht bemerkt, dass ein Druckfehler sicli in den Text eingeschlichen bat- Wo von dem den Jesuiten giinstigen Buche die Rede ist, soll es anstatt: Amadei Grimensis Lomaren sis, hei»sen: Amadei G uimenii Lomarensis. Nun wird bei jedem , der in der Geschichte des Probabilismus bewandert ist, dieser Name wohl genügen, ein gewisses Misstrauen zu erzeugen bezüglich des papstlichen (1) Es wird jedocli mit Hecht bestritten. Mit ebensoviel Recht nümlich als Cathrein (S. 548) sicli auf die Aussage I.essius beruft, der gegen 1600 den Satz aufstellte, dass vpassim recentiores. i|U' hoe tempore scribunt die Minusprobabilis verteidigten, beruft sicb A\ outers (Ü e Minus prob. S. 75— 77) auf das Zeugnis Coratius und Concina's. woraus erhellt, dass die gegenseitige Ansicht allgeraein war. Was die Scholastiker vor Medina anbetrifft, geben die alteren Probabilisten, wie oben bemerkt, selbst zu, dass sie die probabilior in concursu minus probabilis als verpfliebtend binstellten. Vgl. Ter Haar. Das Deer et. S. 34. wo er ihre Zeugnis»e ausführlich zitiert. Wouters a. a. O. S. 72 flgg. „Schutzes", den Alexander verliehen haben soll. (1) Die Lesung der ganzen Constitatio lasat denn auch erkennen, dass es sich hier nicht urn eine Inschutznahme des genannten Puches handelt, sondern urn eine Verurteilung der anmassenden, voreili Vgl. Duplessis d'Argentré : Collectiojudiciorum t. III, p. 1, pag, 106 et p. 2, pag. 196 - Euseb. Amort. Theologia e cl eo t i ca (1752) tom. III, p. 5*27 und Concina. Della Storia del Probabilismo t. I. Disier t. 1. p. 44. Die „Hauptwaffe". — Die Urheber der Bewegung gegen die minusprobabilis im 17. Jahrhundert — Das Decret Innocenz'XI und die aequeprobabilis. — Gonzalez' Zeugnisse. — Verhalten des Ordensgenerals Oliva. — Worte Clemens' XI. Schliesslich geht Oathrein iiber zur Besprecluingder .. 11:t ii]itwatt'e, welche Döllinger-Reusch und in ilirem Gefolge .Mandonnet, Ter Haar und Wouters gegen den Probabilistnus der Jesuiten ins Feld füliren" (A. a. O. S. ~>4!>.) Er meint das sogennnute Decret Innocenz' XI. vom 2 Juni 16SU. Ob der Ausdruck: „in ihrein Gefolge'" hier absiehtlich angewendet worden ist oder nicht, lassen wir dahingestdlt. Sieher ist er materiell und forinell unrichtig. Denn die letztgenanntou Autoren, katholische Ordensleute wie P. Cathrein, liaben sicli weder durch die Tut, noch durch die Autoritiit jener Haretiker bestimmen lassen dieses papstliche Decret eingehend zu wiirdigen. Ferner ist es eine selir katholische, einein jeden katholisohen Theologen und Ordensmanne sehr wiirdige, der katliolischen Wissenschaft sehr niitzliehe ja notwendigv Tat, nuf papstliche Kundgebungen sich zu berufen , deren Sinn und Tragweite zu erörtern um zu wissen was der 111 e n s E c c 1 es i je ani meisten entspreche. Ob nun Haretiker vor iltnen das niimliclie getan, ist gleichgiiltig; dieser Unistand macht den katholischen Gelehrten ein solches Vorgeben noch mehr zur Pflicht, uni etwaige irrige Auffassungen und IVIiauptungen der Haretiker zu berichtigeu. Oathrein schickta. a.O. „einige geschichtliche Bemerkungen 1 voraus. Sie be/. wecken bei dein Leserden Eindruck hervorzurufen, erstens dass die Bewegung gegen den Probabilistnus nach der Mitte des 17. Jahrhunderts „hauptsiïchlich von Jansenisten und Gallikanern ausging"; zweitens, dass diese von Jansenisten und Gallikanern ausgehende Bewegung die Ursache war, dass aucli katholische Theologen, besonders im Dominikanerorden, aber auch hei den Jesuiten, tïir den Probabiliorismus eintraten. Dagegen steht jedoeh die bei Ter Haar (Das Decret S.. 125 ff.) und Wouters (De niinusprob. p. 76 Hgg.) bervorgehobene Tatsache, dass die ersten Bekiinipfer des Probabilismus im 17. Jahrhundert Jesuiten waren: und dass der Dominikanerorden bereits vor dem Erscheinen von Pascals Briefen in ihrem Generalkapittel von 1656 aut' Anregung Alexanders VII sicli zutn Kampte gegen den Probabilistnus entschlossen batten. Man wird doch nicht sagen, dass diese Jesuiten und das Generalkapittel der Doininikanerunter dein Eintlusseder Jansenisten und (iallikaner handelten. Tatsache ist es /.war, dass eine Hauprursitche der Bewegung gegen den Probahilismus <1 ie grosse Menge laxer Meinungen gewesen ist, welchedainals von katholischen Theologen aufgestellt wurde. Deun die Lehre zu gunsten der m i n u s-pr ob ab i 1 is wurde als die Wurzel dieser Laxitaten betrachtet. Tatsache ist es jedoeh ebenso, dass unzahlige Bischrtfe und Kardinale, dass die ritmische Kurie, die Congregatie S. Otticii und besonders die Piipste Uexander ' II und Innocenz XI die Bewegunggegeu den Probabilistnus uuterstiitzt haben. Wir geben zu, dass die Jansenisten diese Uevegung init grosser Schlaulieit tïïr ihren Rigorisntus und gegen die Gesellschaf't Jesu ausgebeutet haben; wir geben zu, dass die lleaetion gegen die minus-probabilis viele katholische 1 heologen zu weit fiihrte und sie dazu hrachte auch das Betolgen der aeque probabilis zu verwert'en. Es ist wahr. dass Gonzalez, au den der erste Teil des Decrets geriehtet wurde. dein strengeren Probabiliorismus huldigte. Viel lei ebt war dieses Svsteni auch die persönliche Meinung Innocenz XI- Ganz gewiss ist es jedoeh auch, erstens, dass Gonzalez I lauptstrelwn war das Befolgen der minus-probabilis zu bekainpfen. (1) zweitens und das ist in unserer Frage entscheidend - dass der Wortlaut der an Gonzalez und den Jesuitengeneral zu richtenden Mahnung einzig gegen die minus-probabilis cognita, nicht gegen die ajque probabilis gerichtet ist, und daher den Probabiliorismus nicht begünstigt. Um dieses festzustellen iniissen wir auf den Text des Decrets, den Cathrein (S. 552, 553) abgedruckt hat, verweisen. Wir heben daraus folgende Siitze hervor: „Mandavit [S. Pontifex] ut ipse [Gonzalez] libere et intrepide pra;dicet, doceat et calanio defendat opinionem magis probabilem necnon viriliter impugnet sententiam eorum. qui asserunt, cjuod in concursu minus probabilis opinioiiis cum probabiliore, sic cognita et judicata, licitum sit sequi minus probabilem: eumque certum faciat, quod quidquid favore opinionis magis probabilis egerit et scripserit, gratum erit Sanctitati Sua\ „Injungatur Patri Generali Societatis Jesu de ordine Sanctitatis Sua>, ut non modo permittat Patribus Societati- scribere pro opinione magis probabili et impugnare sententiam asserentium, (|Uod in concursu minus probabilis opinionis cum probabiliore sic cognita et judicata, licitum sit sequi minus probabilem; verum etiam scribat omnibus universitatibus Societatis mentem Sanctitatis Sua> esse ut ([uilibet. prout sihi libuerit, libere scribat pro opinione magis probabili et impugnet contrariam prsedictam, eisque jubeat, ut mandato Sanctitatis Sua> omnino se submittant." Nun behauptet Cathrein, durch dieses Decret sei höcbstens der strengere Probabiliorismus, jedenfalls nicht der Aequiprobabilismus begünstigt. VYo der Papst Gonzalez ermuntert, er solle „t'ür die magis probabilis" eintreten, setzt Cathrein in Klammern : „d. li. f'iir den Probabiliorismus" (S. 555). Er findet es daher „schwer begreiflich", dass die Aequiprobabi- (') Vgl. Ter Haar. Das Decret. S. 83. Wouters De Minuspr. p. 31. 32, listen, die doch ebensogut wie die Probabilisten den Probabiliorisinus verwerfen, „sich zu ihrem Gunste auf Innocenz XI berufen." (S. 559.) Wir glauben, dass keiner, der die Frage richtig erfasst, sich diese Deutung Cathreins erklaren kann. Könnte ein Aequiprobabilist besser als mit den "W orten des Decrets seine Ansicht zum Ausdruck bringen'r1 Lr lehrt ja, — gerade wie die Worte des Decrets lauten —: NN o eine opinio probabi li or p;ro lege erkannt wird (also : die certo probabilior pro lege), muss man sie befolgen ; man dart' der minus pro babi lis, sic cognita et judicata nicht folgen. -- Nur dieses wird im Decrete erwühnt; gegen dus Befolgen der aequeprobabilis hat das plipstliche Actenstiick kein Wort; kein Wort also zu gunsten des Probabiliorismus, insofern es dein Aequiprobabilismus entgegensteht. Dazukommt, dass Gonzalez selbst seinganzes Auftreten hauptsiichlich nur gegen die minus-probabilis gerichtet hatte ; so, dass er selbst im von Lehmkuhl (Prob. vind. p. 85, 87) angefiihrten Briefe an Innocenz XI als „principium, quod si semel fidelium cordibus infigatur, opinionuui abusum, spero, cohibebit nur die Nicht-erlaubtheit der minus-probabilis angibt. Zwar ging Gonzalez zu weit, indeiu er nachher auch die seque-probabilis bekanipfte (Lehmkuhl a.a. O. p. 90 seq.). Jedoch auch dieser l mstand ist ein neuer Beweis dafür, dass das Decret Innocenz XI nur gegen die minus-probabilis gerichtet war. Denn trotz seiner probabilioristischen Tendenz hat Gonzalez selbst die Kundgebung des Papstes, welche doch eine Antwort aut seine l>emühungen waren, dennoch als bloss gegen die minusp r o b a b i 1 i s gerichtet auf'gefasst. Man hiire seine eigenen Worte. Als vereideter Zeuge im Beatificationsprozesse Innocenz XI erzahlt er : „Postquam tui electus Generalis, occasione qua adivi sanctum Pontificem ad pedum osculum, me ardenter cohortatus est pro adhibendo remedio nimia? adhaesionis quam Jesuitse ostendebant erga sententiam benignam de usu licito opinionis minus probabilis et minus tutae -Ogl. Ter Haar. a. a. O. S. 62.) Cathrein selbst zitiert (S. 557) diese anderen Worte Gonzalez: ^Seri»» me admonuit fS. Pontifex] ut otnni opere contenderera, ut daretur in Societate plena libertas ad defendendam sententiam severiorem de usu illicito sententiir minus probabilis et minus putae, sicut dabatur ad defendendam nppositam." Merkwiirdigerweise hat Catbrein aueh au» diesen Worten uur den Probabilioristnus herausgelesen. (S. 5">7 und ebend. Note 2). (1) Auch der h. Kirchenlehrer Alfons dachte iiber den Sinn des Decrets gerade wie die Aequiprobabilisten: er Kielt es, selbst in der allerstrengsten Fassung, bloss gegen die minusprobabilis, nicht gegen die ae<[ ue-probabi lis gerichtet, wie aas den oben vou uns angeführten "Worten bis zur Lvidenz erhellt. „Pi es es Decret ist also dure h a u s nicht g e g e n u 11 s : Sicrlie <|uestn decreto niente fa contro di ni, so sehliesst er, nachdem er schart betont, dass er uur das 15efoli>en der ae<[Ueproba bi 1 is, nicht der in i n u s p r o ba bi 1 i s <• o g n i t a gestatte. Man bomerke sehliesslich, dass Altons so geantwortet bat in einer iiffontliehen Krwidernng gegen l'atuzzi. der sicher nicht geruht liiitte, weiin die Autfassung des b. Altons nicht die richtige gewesen ware. Wrr wei ter die geschichtliehe hrörternngen Ter I laars iiber das Decret liest, und sowolil die Hauptabsicht tionzalez als die Aiiffassiing des h. AUons iiber das iiainliche Deeret in Betracht ziehr, wird unscliwcr erkennen, dass Lehnikuhl tuir I 'nrecht den Ae(|iiiprobabilisten den \ orwurf macht: ..llli rninculum decreti sumunt euiiujue abs<|iie !) «Yerurteilt" wurde dei' Minus-probabilismus allerdings nicht, wit; ('athrein (a a. O. S richtig bemerkt: weder (lonzalez noch einer der heutigen liekiimpfer jenes svstem8 hut die Worte innocenz NI als eine •> Rntscheidnng" oder < Yerurteilung anfgefasst. Dass jedoeh der erste. an • ■onzalez gerichtete 'l'eil des Decrets «rein privater N.itur war wie l a a IIS. 555 sagt), isl uur wahr in dein Sinne, dass os an eine private i'erson gerichter warde. Das tlrgan war jedocli die oberste kirchliche l.ehrbehüide als solche. tuit dein l'apstc als Vorsitzendon; das Decret ist aiso ein ottizielles Actenstück innocenz \l als l'apst \:;l Ier Haar. Das Decret. S. Ki'.t gegen Arondt S. ,1. connexione cuiu aliis Oecreti partibu* et adjunctis intei pretantur'. (Prol), vindio. p. (1) Wir ^ehen jedoch woiter, und sagen: Angeiioinraeu, dass Innocenz XI Gonzalez, und die vom Papste berutenen lheologen siimmtlich dein strengen Probabiliorismus huldigten, — dann ist es desto autt'allender, und erscheint es 11111 so melir als eine nicht privat-persönlielie Aousserung eines Papstes als I heologen, sondern als otfizielle Ivundgebung des Magisterium Ecclesia', dass der Wortlaut und s e n s u s obvius des Decrets gar nicht die liekiimpfung der opi uio aeque probabi 1 i s, sondern bloss die der ni i 11 11 s p r o b a 1 i lis sic cognita et judicata aneinptiehlt. \\ as dann vielleicht aucli i nnerlicii n o c h n e b e n li i n „genieint'' gewesen sei, ist gleichgültig, wie Cathiein von einer persiïnlichen Meinnng Sixtus' \ mit Hecht bemerkt (S. ."»7): wii- stiinmen dem bei, was er von Papst Alcxander 11 sagt: „Wir sind nicht durch S. ->4N). Also gesetzt auch, dass Innocenz \l nicht „bloss in dein Sinne persönlich ein Gogner des Probabilismns war, in welchein sicli dieser vom Ae;>!) schreibt) (2): auch wenn er persiinlicb dcui l'robabiliorismus I Wir gebon gerne die Hemerkung l.elimkuhls zu 'I. c. p. SI»), dass wenn Pjn l'apst Abneigung gogen eino I. liriiussert. dieses noch kein Howei» ilirt-r Uuricbtigkeit ist. iietraebtet man .jedoeb genau den ganzen geHcliiolit liclien Ralimen, tier da - \uftretcn Innocenz \I umgibt und der von Ter Haai mit grosset Sacbkenntniss und massvollem Urteil gescbildert wird, ziebr man die ganze Vor- und Naobgesehiebte do» Hecrets, bis aut den ln-utio-en Tag. i" Krwagung, dann wird man leiebt einsehen, dass im Argumento. das I er Haar und W outers aus der Haltung der Piipste gegen die tninasprobabilis ableiten, doeli elwas mebr liegt als "aversatio quam aliquis Suminus l'ontifex contra aliquain doctrinam ostendat" oder «unus alterve Suinniu» Pontifex contra probabilismum ostendisset (1. e.) (>2) Wenn C. hierauf folgen liisst: »l>ie gegenteiligu liehauptung Ier llaars und Wouters ist ein Anachronismus' (a. a. I»., zeigt er, dass er seine Ge"ner nicht auftnerksam gelesen hut. Sie sagen bloss, das Decret, gehuldigt hatte; auch wenn es zu seiner Zeit, nach der Meinung Cathreins, „den Probabilismus verwerfen... den Probabiliorismus verteidigen hiess, (was wir jedoch nicht zugeben) (1 , — auch dann wurde der A\ ortlaut des Decrets einzig als ortizielle lvundgebung der kirchlichen Autoritiit in (leltung gebracht werden können. Dieser ^ ortlaut aber ist positiv einzig deui Aequiprobabilismus gegen den Minusprobabilismus günstig, nicht dein Probabiliorismus insotern er die aecjue p r o ba b i 1 i s verwirft. Dieser oftiziellen lvundgebung der kirclilichen Auto.itüt gegenüber verteidigt Cathrein das \ erhalten des Ordensgenerals Oliva (S. 556. 557). Er rneint, Oliva liabe der Kirche einen groszen Dienst erwiesen, indem er dem Bestreben des Kirchenoberhauptes, der zur Bekampfung der minusprobabilis mahnte, sich entzog. Er liabe damit dein Eindringen des Probabiliorismus in alle katholische Schulen vorgebeugt. Andere werden sagen, Oliva sei mit daran Schuld gewesen, dass ein System, deni die höchste kirchliclu Eehrgew.ilt ihre Abneigung nicht verhehlte, besonders dureh den groszen Eintfusz der Gesellschaft ,lesu spater wieder aufiebte und soviele Anhanger gewann. Sic werden betonen, dass die Probabilisten mit ihrer Verteidigung der minus probabilis cognita Veranlassung gaben zur Verbreitung des Rigorismus und Jansenismus, die gewiss ohne ilie Ausschreitungen des Probabilismus nie solche Erf'olge erzielt hiltten. (2) Sie werden sagen, dass die göttliehe Vorsehung, die der kirchlichen Lehrgewalt ihren Beistand versprochen hat, auch ohne das Auftreten Oliva's und seiner Anhanger, ohne die Mithilfe ein Actenstück, das lnnocenz XI nicht als Privatgelehrter sondern als Papst erlassen hat, sei nar gegen die minus-probabilis, nicht gegen die asqueprobabilis gerichtet; sie sagen auch, dass damals der Kampt hauptsachlich gegen die minus-probabilis war, wie aus allen gleichzeitigen Documenten hervorgeht, wo nie von der a^queprobabilis geredet wird. (1) Ter Haar. Das Decret. S. 39 flgg. (2) Vgl. Ter Haar, a. a. U. S. 126 Note. des Minusprobabilismus den allzu strengen Probabiliorismus verdriingt hiitte. Er ware niedergerungen worden durch den tiefeingreifenden Einfluss des Kirchenlehrers Alfons von Liguori. Nicht der von dein Kirchenoberhaupte ge t ad el te, voiu Kirchenlehrer Alt'ons als lax verworfene und von demselben als Biscbof verbotene Minusprobabilismus, (1) sondern der ini Bchosse der öesellsehaft Jesu entstandene (2) Aequiprobabilismus, dein nie ein Tadel seitens der Kircbe zu Teil wurde, wiire vorherrschend geworden. Catlirein gibt ja selbst zu, dass der h. Alt'ons den Probabiliorismus siegreicli überwunden hat (S. 558.) Sie werden scbliesslich sagen, dass, was die Gesellscliat't Jesu anbelangt, Papst Clemens XI, als Oberhaupt der Kirche uud als liöehster, noch über dem General stebender Uberer der Gesellscliat't Jesu, das richtige getrotien haben wird, wenn er an den GeneralGonzalez die "\V orte richtete: „Rem gratissimam Sanetitati Sua- f'acturos SuperioresJ Societatis, si prtestent, ut Jesuitse abstineant a docenda et defendenda sententia qua: asserit licitum esse usum opinionis minus probabilis et minus tutae; cum Sanetitati Suae compertum sit ita omnino expedire ad incolumitatem et honorem Societatis." (3) (1) Vgl. Briefe. III S. 361. ('2) Vgl. Ter Haar. A. a. O. S. 108 Hgg. (3) Vgl. A. a. O. S. 94 und Note 1. Das Decret Innocenz' X! und die .,principia reflexa". Irrtum Cathreins. Oer h. Alfons und das Axiom: „Lex dubia non obligat". Andere .,Hauptprinzipien"'des h. Kirchenlehrers. Seine Erioarungen üher die minus-probabilis. — Systeinwechsel des h Alfons. (,'athrein nieint jedoch, gegen die Ansicht des h. Alt'ons — „dn~s man niir dein Probabilismus aitch den Ae<|uiprobabili sinus getroffen hiitte, wenn es zu einer Yerurt.eilung des ersteren gekommen wiire " (8. 5")!).) Ans welchem Grimde ï Das gelie „sonnenklar ans dein (tegenstand der dumaligen Controverse zwischen l'ro babi li sten und Probabilioristen hervor." (A. a. O.) „Der 8treit so meint er niimlich — drehte sich hauptsaclilich uni die sogeiiaiinten principia retlexa. Dart' mail sich, uni zu eiueiu sicheren praktischen propius ad veritatem accedit; qualis est opinio probabilior." (Morale Systema I). Wie er das Prinzip „Lex (stricte) dubia non obligat" principalissimum nennt gegen den strengeren Probabiliorismus; — so nennt er dieses andere Prinzip die „principalis ratio" gegen den Minus-probabilismus. Im Lichte dieser „p r i n c i p a 1 i s r a t i o" müssen aufgefasst und erkliirt werden die weiter a. a. O. von Catlirein zitierten Worte des Heiligen: „Le.\ dubia ut obliget non solum promulganda est sed etiam promulganda est ut certa";— d. h. nach der von Alfons angenommenen Terminologie: certa im Sinne der certitudo moralis late oder 1 a t i s s i m e d i c t a im weitesten Sinne, wie selbst Catlirein zugibt(S. 757), welche bereits in der certo probabilior vorhanden ist, und welehe jene „pro babilis certitudo" darstellt, die nach dem li. riiomas „ut in pluribus veritatem attingat, etsi in paucioribus a veritate deficiat." (Ij Diese certitudo besitzt übrigens, weil sie unvollkommen ist, nicht aus s i c li \erbindende Kraft, sondern indirekt wegen des gegen den M i ü u s-probabilismus so soharf von Alfons betonten reflexen i'rinzips: „In rebus d u b i i s veritas est s e c t a n d a." So konnte der li. Alfons ohne si. li zu widersprechen zwei p r i n c i p i a als p r i n c i p a 1 i s s i m a für sein System anführen; das eine (in sicli hühere, allgemeinere) in seinem lvampf gegen den AI i n u s - p r o b a I. i 1 i s m u s; das andere gegen den strengelen 1' r o babilioris m u s. N'och an einer anderen Stelle (II (Jon fessore diretto. 174. c. 1. n. 11) nennt Altons das I' o s s e s s i o n s p r i n z i p das e r s t e : „Ira gli altri ia primo luogo i' principio certo quello: M e 1 i o r est c o n d i t i o p o s s i d e n t i s." Diese Verschiedenheit hangt selbstverstandlicli ab von dem Standpunkte, den er einuinimt, von dem (iegner, dun er bekiimpft. Dass das Prinzip : Lex d u b i a non o b 1 i g a t bei dem h. Alfons am haüfigsten zurückkehrt und dass er ihm eine so wichtige Holle zuerkennt, kommt daher, weil seine Lebensaufgabe ganz besonders war, den eigentliclien Probabiliorisrnus zu bekiimpfen. Wie wir oben bemerkten, kommt es gegen dieses System darauf an, zu betonen, dasz, wo gar k e i n e Kennt n i s, sondern d u b i u m s t r i c t u m vorhanden ist, auch gar keine Promulgation, und folglich gar keine, weder (1) JI. II. qu. 70. a. 2. c. direkte noch indirekte, Verptlichtung existiert. Im Eifer seiner Poleraik geht Alfons so weit, daas er Ausdrücke gebraucht, die selbst von Probabilisten nicht buchstablich aufgefasst werden können, wie wenn er srhreibt. „ic;irpie juxta lias omnes doctrinas S. Thoma> concludendnni, divinam legein non obligare, nisi cuin est cognita, nisi cum est certissiina" (Th. in. 1. I tr. I n° "(I). Man kann diese Kraftausdrücke des Heiligen nacli Helieben haiifen. A\ ill man jedoch etwas damir beweisen, dann soll niiin aus Liebe zur Wuhrheit und Gerechtigkeit auch jeue anderen Stellen anführen, aus denen ein volles, selir neutralisierendes Licht aut' diese, gegen den Hauptfeind, den Probabi liori sinas, gerichteten Kraftausdrücke f'illt. Xur so wird man zu einer objectiven Ausgleichung der scheinbaren Widerspriiche in Alfons' Aiisserungen gelangen. Dieser Anforderung ist jedoch weder ( athrein, noch Lehnikuhl gerecht geworden, wie selir dieser letztere auch in ij 1U. u. 11 seines „Probabilismus vindicatus" den Schein davon erweckt. Die betreffenden Stellen sind die, in denen der h. Lehrer ausdriicklich erkliirt, dass wir vonder Verpflichtung blosz dann enthoben sind, wenn das Gesetz im strikten Sinne zweifelliaft erseheint. Es sind diejenigen, worin er diesen strikten Zweifel im Sinne des li. Thomas erkliirt als: a> q u a 1 i s p r o b a b i 1 i t a s o p i n i o n u m ; oder: f e r e q u a 1 i s p r o b a b i 1 i t a s. Wir füliren einige dieser Stellen an. „Wenn die Meinung zu Gunsten der Freiheit ein g 1 e ii' li e s Gewicht von (minden bat, wie die eritgegengesetzte, welche dem Gesetze günstig ist, dann liegt dubium strictum et rigorosum vor, welches das Urteil des Verstandes völliff in der Schwebe hiilt. Ich sage: gleiches Gewicht; denn, wenn sie minus probabilis ist, dann musz man, wie oben gesagt, der Meinung, welche dein Gesetze günstig ist, folgen, welches (Gesetz) zwar noch einigermaszen zweifelhaft ist, alier doch uur im weiteren Sinne." (Dichiarazione del S i s t e m a 1 774. n. 4.) „Der h. Lliomas sagt also, dass wenn die Gründe gleich sind, der ^ erstand in der Schwebe verharrt, ohne zur einen oder anderen Seite hinzuneigen." (A. a. O. Append. n. 21.)(1) „Nur jene Meinung ist wirklich probabel [fiir die Praxis], welche innere und aüssere Griinde hat und zwar g 1 e i c h e r oder fast gleicher Kraft als die entgegengesetzte Meinung zu Gunsten des Gesetzes, sodass das Gesetz c e r t e et stricte zweifelhaft erseheint" (Apolog. von 1765.) „Ich unterlasse es, die anderen Einwendungen gegen den 1 robabilismus zu beantworten ; denn sie bekiimpfen nur das Befolgen der n o t a b i 1 i t e r minus p r o b a b i 1 i s zu gunsten der Freiheit, nicht das Befolgen der ra q u i p r o b abilis, und nur dieses ist von uns gestattet". (D i s s e r t. von 1762.) In einem an P. Blasucci gerichteten Briefe sagt er: „E\v. Hochw. sagen, dass wenn die Meinung fiir das Gesetz auch nur um einen Grad wahrscheiulicher ist, der Verstand sich natürlicherweise hingezogen fühle ihr zu folgen. Dies leugne iGh nicht; allein wenn ein Zweifel besteht, ob ein soldier höherer Grad der W ahrscheinliclikeit wirklich vorhanden sei oder nicht, so sage ich, dass der Verstand noch nicht hingezogen wird sondern nur in der Schwebe bleibt; und dies ist es, was ich zu wiederholten Malen erkliirt habe. Denn ich habe gesagt; wenn es gewisz ist, dass die strengere Meinung die wahrscheinlichere ist, dann musz man ihr folgen; wenn man aber zwei feit, ob die strenge Meinung gleich probabel sei oder einen g e r i n g e n Ueberschusz an Wahrscheinlichkeit habe — ich mcine: einen so geringen Ueberschusz dass man im Zweifel bleibt, ob die Meinun>rein wenig probabler oder gleich probubel sei —, wenn dies der Fall ist, dann sage ich, dasz das Gesetz im strengen Sinne zweifelhaft ist und nicht fiir promulgiert angesehen werden kann, und dass es folglich vernünftigerweise die Gewissen nicht (I) Man vergleiche noch die Vindicia> alphonsianre Kd. 2. p. 54. 56. 58. 61. 66. 67. 72. 75. 78. 82. wo ahnliche Texte angeführt werden. bindet, die der Gelehrten ebensowenig als die der einfachen Glaubigen." (Briefe. III. n. '219.) Aehnlich driickt der Heilige sicli aus in seiner Moraltheologie 1. I. n. 55 und im Homo A pust. tr. I. n. 77. Dass der h. Kirchenlehrer mit der ron ihm verbotenen minus probabilis die meint, welche von dem II a ndeinden selbst, nach geböriger Untersuchung und Erwagung als solche betrachtet wird, erhellt schlieszlich aus mehreren Stellen: „Wenn die strenge Meinung mi r (presso me) sicher wahrscheinlicher ist, musz ich ihr folgen" (Briefe III. n. 217). „Üerjenige, der durch das Licht seines Verstandes urteilt, dass eine Meinung für das Gesetz bedeutend oder sicher wahrscheinlicher ist, musz sie befolgen, wie grosz auch die Meinungsverschiedenheit unter den Theologen sei." (De 11' Uso m o d e r. c. III. n. SI. a° 17 65.) (1) Aus diesen Texten ersieht man sonnenklar, dass das System des h. Alfons von dem der einfachen Probabilisten schr verschieden war. Er war sich dessen wohl bewuszt, und brachte diese Ueberzeugung wiederholt zum Ausdruck. „Die Jesuiten, schreibt er — gestatten die weniger pi'o ba bl e Meinung, ich jedoch venverfe sie." (Briefe. 111. n. 211). „In Bezug auf die probable Meinung tblge ich keineswegs dem System der Jesuiten... sie verteidigen nach lvrliften die liChre, dass man der weniger probablen Meinung folgen kiinne; dies aber verneine ich und sage: wenn man erkennt, dass die grössere Probabilitat für das Gesetz ist, so musz man dieser folgen." (A. a. O. n. 224.) „Mein System der probabi lis ist nicht dasjenige der Jesuiten; denn ich verurteile das Befolgen der als weniger wahrscheinlich erkannten Meinung, wie Busem- (1) liucceroni S. J. dagogen behauptet: «Loquitur S. Doctor de raulto majori probabilitate eerte et evidenter tali: certe et evidenter cui? Non o pin anti certe sed omnibus." (Instit. Theol. mor. 1892. T. I. De Consc. IV. n. 45.) baum, Lacroix und fast alle Jesuiten dieR gestatten, welche die minder probable Meinung zulassen." (A. a. O. n. 209). „Die Jesuiten verteidigen gemeiniglich, man könne einer minder probablen Meinung folgen; ich alter sage: wenn man e r k e n n t, dass die Meinung, welche für das Gesetz spricht, probabi er sei, so musz man ihr folgen, und man dart' nicht der minder probablen folgen; und deshalb ha ben sich die Jesuiten ülier mich beklag t. Und gerade diesen Punkt habe ich besonders deutlich und weitlaüfig erörtert im Anhang [zum „H o m o apostolicus], welchen ich dem Traktat vom Gewissen beigefiigt habe, wo ich von der probabeln Meinung handle. Diese kleine Abhandlung habe ich hier italienisch separat drucken lassen (und socben habe ich sie ins Lateinische iibersetzt) gerade zu dem Zweck um der ganzen Welt zu zeigen, dass ich in der Moral nicht der Lehre der Jesuiten folge, wie mir einige aufbürden wolle n." (A. a. O. n. 230. Ygl. auch n. 217.) (1) Aus diesen oft genug ervvahnten, von Cathrein jedoch fast gar nicht berücksichtigten Stellen ist es also ganz sicher, dass der h. Alfons seit 1762 das Axiom: „Ij ex dub ia non o b 1 i g a t" nur im a^quiprobabilistischen Sinne, im Sinne des dubium strictum als giltig anerkannt hat. Dass besonders nacli dem erscheinen der B r i e f e des h. Alfons es keinem Zweifel mehr unterliegen kann, der Heilige sei Aequiprobabilist gewesen, wird in neuester Zeit von vorurteilsfreien Gelehrten ersten Ranges aufs nachdrücklichste betont und ausgesprochen. Pralat Dr. A. Bellesheim sagt im „Katholik" (1891. II. S. 245): „(Es) erhellt aus den Briefen des dritten Bandes, welche Entwickelung das Moralsystem des Heiligen genoinmen hat. Eine Zeit lang mag er Probabilist gewesen sein. Aber (1) Man vergleiche mit diesen Aüsserungen des Heiligen den Inlialt des zitierten S 1" Lehmkuhls, dessen Titel lautet: «Qua; S. Alphonsus dixerit contra probabilisraum, qua; jiro |»robabilismo dixerit." (p. .">y sq.> das Endergebnis seiner durch Jahrzehnte fortgesetzten Untersuchungen liiszt auch nicht den mindesten Zweifel darüber, dass er ain Ende seines Lebens Aequiprobabilist war, und die bekannten beiden Sütze dieses Systems zu Cardinalpunkten seiner Lehre erhoben hat. Die Texte sind derart zahllos und geradezu überwiiltigend, dass je der Widerspruch verstummen musz. Scharfer als es im dritten Bande geschieht laszt sich der Aequiprobabilismus nicht darstellen." Priilat Dr. Joh. Pruner, Dompropst in Eichstiitt, schreibt: „Den Aequiprobabilismus erklarte der li. Kirchenlehrer wenigstens seit dem Jahre 1762 ganz entschieden als sein Moralsystem unter vielfachen Protesten gegen die Unterstellung, er hiinge dem gewöhnlichen Probabilismus an." (Theol.-prakt. Quartalschrift von L i n z. 1895. S. 404.) Bischof Dr. Wilh. Schneider von Paderborn erklart: „Seitdem die Briefe des Heiligen vorliegen, sollte nicht langer bestritten werden, dass er von 1762 an bis zu seinem Tode den Aequiprobabilismus im Gegensatz zum einfachen Probabilismus als seine Lehre ununterbrochen vorgetragen und standhaft verteidigt hat, und zwar nicht aus bloszer Yorsiclit, sondern aus Ueberzeugung und Gewissensdrang." (Liter. R u n d s c h a u. 1895. S. 2U2.) Aehnlich Dr. A. Ivoch, Professor der Moraltheologie in Tiibingen, in L i t e r a r. Rundschau 1898. S. 171. (Vgl. Ter Haar. Das Decret S. 53.) Es hatte also dem h. Lehrer, nach langem Suchen und Ringen um in der Wahl eines Moralsystems das Riclitige zu treffen, eingeleuchtet dass in dem von Amort und mehreren andern vertretenen Mittelsysteme die Wahrheit lag. Es war ihin klar geworden, dass fiber dem „Lex dubie non obligat" ein anderes, höheres, von den Probabilioristen anerkanntes, von den Probabi listen auszer Acht gelassenes Prinzip stand. So sah er auch ein, dass praktisch das probabilistische Prinzip nur für das d u b i u m strictum giltig war; dass im d u b i u m 1 a t u m die Pflicht nach der Wahrheit aufrichtig zu streben, nicht nur mit dem Verstand, sondern auch mit dem Willen und mit der H a n d 1 u n g, nach Maszstab der Einsicht, auch zur Wahl der certo probabilior c o g n i t a als Handlungsnorm verpflichtete. Jemehr Alfons in seinem Studium voranschritt, desto scharfer bringt er diesen Gedanken zum Ausdruck. Inzwischen liesz er seine Kedeweize gegen den Probabiliorismus, der auch die fp q u e p r o b a b i 1 i s zu befolgen verbot, ungeandert. Die neueren Aequiprobabilisten suehen gar nicht, wie Cathrein meint (a. a. O. S. 752) das Prinzip: Lex dub ia oder incerta non obligat durch ein neues zu ersetzen. Ihr Ycrdicnst ist es, darauf hinzuweisen, das« dns andere, vom h. Alfons seit 172 mit allen Probabiüoristen anerkannte, von ihm in seinen letzten Ausgaben angefiihrte Prinzip, die logische und ontologische Prioritat iiber das den Probabilisten so bel i eb te Axiom besitzt, und infolge dessen den richtigen Sinn und die Granze der Giltigkeit des „L ex d u b i a non o b li gat" feststellen soll. Seitdem der h. Alfons dieses Prinzip ert'aszt hatte, war es seinerseits sehr logisch den Minus pro b ab i 1 i s in us ohne weiteres zu verwerfen: und iiber «lie jetzt von ihm vertretene Ansicht, kraft seiner fortgeschrittenen Kenntnis, mit den I'robabilioristen zu sagen: La risoluzione è troppo chiara. Auch hatte er keinen Grund lange bei der Begründung dieser Lösung zu verweilen, weil sic einerseits von seinen Gegnern, den tutioristischen Probabiüoristen, mit aller Kraft verteidigt und andererseits der Minus-proltabilismus damals aufgegeben war. Cathreins Deutunpsversuche. — Die ae q u e p r o b a b i l i 8 bei Alfons. Die certo probabilior bei Alfons und die moralische Gewissheit. — _ A.uthentisp.hf* Interpretation"? Was stellt nun Cathrein diesen Erklarungen gegenüber? Er stens, dass das Axiom: „Lex dubia non obligat naeli Alfonsens eigenem Zeugniss immer die Ilauptgrundlage seines Systems geblieben ist. (A. a. O. S. 74tS). Darauf wurde bereits von uns geantwortet mit der Beinerkung, dass dieses Axiom auch mit Hecht das wiclitigste ist im Kampfe gegen den Probabiliorismus, mit dem der Heilige sein Leben lang zu tun hatte. Dieses Axiom wird denn auch, wie bemerkt, von den neueren Aequiprobabilisten nicht durch ein neues ersetzt, sondern nur dureli das andere erklart., das der h. Alfons ebenfalls: ,1a ragione principale nennt. Zweitens: Cathrein behauptet, der h. Altons habe stets unter lex dubia jedes Gesetz verstanden, „dessen Existenz nicht moraliscli gewiss ist'. (A. a. O. S. 748.) Das geben wir zu. J edoch die Frage ist gerade, wann diese certitudo moralis in sensu latissimo, im weitesten Sinne (Cathrein A. a. O. S. 757) für die Praxis vorhanden ist; oder, mit anderen Worten: Was ist moralische Gewissheit im ethischen SinneP Der h. Kirchenlehrer antwrortet immer: „ Ubi adest probabilior opinio pro lege, tune lex est moraliter promulgata, ideoque obligat" (Theol. mor. I. 88.); oder: „Dum opinio pro lege est certe et sine ulla hsesitatione probabilior, tune opinio illa non potest esse nisi notabiliter prol)abilior. Et eo casu opinio tutior non erit jam dubia (intellige de dubio striete sumpto, ut in altera qusestione dieemus) sed est moraliter aut quasi moraüter eerta; saltem nequit dici amplius striete dubia, eum pro 3e eer turn habeat fundamentum, (juod ipsa sit vera^ (L. e.n.56). Hieraus erhellt, in welehem Sinne Alfons zur Verpflichtung des Gesetzes eine „scientia" fordert, eine „eognitio eerta", „eonvictio" (1) -Er nimmt diese Worte im weitesten Sinne, in welehem bereits die probabilior c o g n i t a oder die e e r t e probabilior, auf e t h i s eh e m Gebiete, eerta genannt wird. Das ist ganz gewiss die Terminologie des h. Kirclienlelirers. 1 2) Cathrein zitiert zwar gegen uns Homo apost. tr. I. n. 71, wo der h. Alfons diese Worte schreibt: „"Wenn meine Gegner nicht beweisen, das von mir angenommeiie und evident bewiesene Prinzip sei falsch, nam- 1 V\elchen Misabrauch Cathrein mit Jein Worte «conviotio" treibt, sieht man schon daraus. dass der h. Alfons bereits in der Dissertatio von 1/55 zugibt, daas keine convictie im strengen Sinne erfordert ist, sondern im al lerw eit e h te n Sinne. wie ibn der h Antoninus erkliiit: «non... oonsurgit certitudo moralia ex evidentia dernonstrationis, sed ex probabilibus conjeeturis, grossiaet figuralibus, ma gis ad unam partem u a m ad alteram se habentibus. (n. ,"ï.' I (-1) Vgl. Ter Haar. Das Deere t S. 15. Note 1. Lehmkulil (1. c. p. tol ereifert aich gegen die der certo probabilior gegebene Benennung von eerta sensu ethieo: er nieint: »Extra logicam certitudinem uliam quandain quterere, impossibile est neque in rebus inoralibus vel in statuendis officii? contra logieam peccare licet." Dagegen ist erstens zu bemerken, daas. wie nicht alles, was i ogiscii p robabel ist, uuch ethisch probabel genannt werden kann, so auch umgekehrt man auf ethischem Bodem nicht die namlichen Anforderungen stellt. um eine Meinung «sicher" zu nennen, als für die certitudo metaplivsica, physica. moralis, wovon Fjehmkubl spricht. Zweitens, dass Ter Maar an der von Lehmkulil angeführten Stelle die Verbindungskraft dieser certitudo so erklart: »' Ipinio certo probabilior juxta S. Alphonsum est directe sufficienter eerta. ut indirecte vi principii retlexi omnino certo obliget.' Weiehes dieses reflexe Prinzip ist, werden wir in t; VIII aehen licli das Prinzip, dass das zweifelhafte Gesetz nicht eine sichere Verpflichtung erzeugen kaan, weil ihin die genügende oder sichere Promulgation fehlt, wie der li. Thomas und alle Theologen sagen, so lüsen sicli alle ihre Einwendungen in nichts auf. Hir scheint es aber inoralisch nnmöglich, dass sie dieses mein J rinzip (principium nieuin) das so klar bewiesen ist, jenials werden widerlegen können ; (A. a. O. S. 765). In der I' ussnote jedoch verweist Cathrein nach: 1 heolog. mor. 1. I. tr. 1. n. 67. Nu n ist es gerade dieser O r t, wo der h. Alfons auf das allerdeutlicliste erkliirt, was er mit den Worten: zweifelhaftes Gesetz verstehe; wo er aut das allerdeutlicliste erkliirt, dass er dainit nur die lex stricte dub ia, also die aequalitas opinionum meint. In der unmittelbar vorangehenden Xunituer tülirt er zu Grunsten seiner Ansicht die Worte Amorts an : „Quandocumqueexistentia 1 e g i s non redditur credibilior, m o raliter eer tuin est non dari legem... et alibi ait, quod cum adsunt duic opiniones reque probabiles, non d a t u r lex directe p r o h i b e n s." Dann fahrt er (n. 67) so fort : „Posito igitur principio a S. Thoma tradito ac satis suporque probato, nempe quod nullus ligatur per praeceptuin aliquod, nisi mediante scientia illius prsecepti... ni'cessario eruitur esse moraliter certuni, quod ubi dua* opiones aequalis ponderis concurrunt, non est obligatio sequendi tutiorem. Si quis autem de hujus sententise certitudine rationem exposcat, breviter ei ex omnibus in hoe inonito probatis respondetur: (^uia lex dubia non obligat. Et si quaerere pergat. Cur lex dubia non obligat? respondebimus hoe succincto argumento: Eex non sufficienter pro- mulsrata non obliifat: lex dubia non est suthcienter promulÖ ~ 7 gata... ergo lex dubia non obligat. (jui argumentum hoe inficiari vellet, probare deberet vèl quod lex etiam non proiniiIgata obligat; vèl quod lex dubia est vere promulgata; contra id quod expresse docet S. 1 liomas et alii eommuniter, ut diximus; sed nunquain haruui propositionum ullam pro- babit in seternum. Haec tandem sitconclusiohujus sententiae: spectato ponder e a e q u a 1 i utriusque opinionis Ihomo dubius maneret, neque operari posset; spectata autem vi legis, cum ipsa eo casu non sit sufficienter promulgata, non obligat nee ligat. Et ideo homo, utpote ab hujusmodi lege dubia non ligatus redditur certus de sua libertate, et sic licite operari potest." Aber ist es denn kein Widersprueh - wie Cathrein uns entgegenhalt (A. a. O. 8. 752) — das Axiom: „Lex dubia oder incerta non o b 1 i g a t anzunehmen, und trotzdem das Befolgen der minus p r o b a b i 1 i s c o g n i t a zu verbieten? Der h. Alfons hat selber auf diesen Einwurf geantwortet und damit den letzten Zweifel iiber seine Meinung, iiber seine Auffassung der „c o g n i t i o ccrta" gehoben. „Dixi sub initio, - so fïihrt er a. a. O. fort —, quod ubi opinio pro lege videatur certe probabilior, eam sequi tenemur. Secus vero si est ejusdem ponderis, quod habet opinio pro libertate. Auctor autem Ephemeridum öallicaruni mihi objecit, quod haec propositio probat nimis; si eniui sequi non teneremur opinionem, qua> stat pro lege, cum opinio pro libertate est sequalis momenti, «juia tune lex est dubia, nee etiam teneremur sequi opinionem pro lege cum opinio pro libertate esset minus probabi lis; quoniam etiam opinio minus pro babilis efficit, quod lex sit dubia et non sufficienter promulgata. „Sed respondeo, quod cum opinio tutior est certo probabilior, eo casu (ut in principio hujus Moniti pra>misi) quamvis lex omnino certa non sit, tarnen propter illam majorem probabi li tatem opinio pro lege videtur moraliter verior, et consequenter apparet rn oraliter ac sufficienter promulgata; ideo nequit dici tune omnino dubia dubio stricto; remanet tantum eo casu quoddam dubium latum, quod ab opinione tutiore discedere non permittit. Cum autem opinio, (juse stat pro libertate, est ae q u a 1 i s in o ra e n t i, tune adest d u b i urn s t r i c t u m de existentia legis; ac propterea, sicut probaviiuus, non adest tune obligatio amplecttndi opinionem severiorem nee servandi legem, de qua omnino dubitatur an ipsa existat vel non existat." (n. 67.) Aus diesen Worten erliellt bis zur Evidenz, dass der h. Alfons eine opinio eerto probabilior für moraliseh sjewisz, ini weitesten Sinne, halt; dass er diesen Ueber- o 7 ' ' sehusz von Probabilitiit für eine zur Yerpfliehtung genügende Gewissheit und Promulgation liiilt; dass er die eerto major probabilitas opinionis als Gr und betraclitet, weshalb eine Meinung für moraliseh gewisz und proraulgiert gehalten werden sol 1; denn er sagt: et consequenter apparet nioraliter ae sufficienter promulgata. Folglich geht Alfons aus von dein Begriffe: „eerto probabilior" um die rnoralische Gewissheit und Promulgation zu fixieren; und nicht umgekehrt, wie Catlirein seine Worte zu deuten versucht. Drittens sagt Catlirein noch: „Sobald es solid wahrseheinlich ist, dass ein Gesetz nicht existiert, ist dieses Gesetz nicht sicher, anch nicht moraliseh sicher, sondern zweifelhaft." (S. 751). Wir antworien: Die Frage zwischen Aequiprobabilisten und Minusprobabilisten ist, ob die minus probabilis cognita im ethisch en Sinne noch solid probabel sei oder nicht. Der Aequiprobabilismus verneint dieses. Damit hiingt consequent zusammen, dass die eerto probabilior praktisch genügende rnoralische Gewissheit und Promulgation besitzt um zu verpflichten. Dass im logischen Sinne die eerto probabilior nicht sicher genannt werden kann, wird damit nicht verneint, liat jedoch aucli nichts mit dem Fragepunkt zu tuii. Aber praktisch genommen ist die opinio solide probabilis die, welche der h. Alfons so charakterisiert: „Opinio probabilis est illa sola quse habet fundamenta intrinseca et extrinseca sque aut quasi teque valida ac opposita pro lege, ita ut lex certe ac stricte dubia appareat." (Dell' uso mod. 1765 c. 5. n. 25.) Der eerto probabilior stelit also naeh dieser Erkliirung die eerto minus probabilis als praktisch teil ui ter oder dubie probabilis gegenüber, ja schlieszlich als improbabilis, insofern sie sieh unmittelbar auf die Wahl des Ilandelnden bezielit. (1) Cathrein lordert Wouters auf „aueli nur eine einzige Stelle zu nennen, wo der Heilige behauptet, man dürfe der weniger wahrscheinlichen Ansicht nicht folgen, obgleich sie solid wahrscheinlich ist". (S. 754.) Die Antwort ist im \ oraus von \\ outers gegeben, mit den Worten: „Utrum opinio eerto minus probabilis re vera sensu logico vere probabilis dici possit necne, longe alia quaestio est, quam inprsesentiarum pertractare non lubet. Id unum affirmamus, vi principii a S. Alfonso admissi nequaquam par esse sequi opinionem, (juam quis, dato id fieri posse, vere, sed eerto minus probabilem habeat." (De Minusp r o b a b i 1 i s m o p. 53.) Viertens behauptet Cathrein, dass beim h. Alfons kein eigentlicher Systemwechsel anzunehmen sei, da er sein System immer auf das Prinzip: „lex ditbia non obligat" stiitzt. „Wie können sieh nun, so fragt er, zwei wesentlich verschiedene Systeme auf dasselbe Prinzip stiitzen." (S. 752.) Die Antwort wurde bereits gegeben. Seit 1762 hat der Heilige das genannte Prinzip immer und ausdrüeklich aut das dubiuni strictuin oder die opinio a;que aut fere aeque probabilis besehrankt. Weilnun nicht der Wortlaut, sondern der Sinn eines Prinzips ihm seine Kraft verleiht, nehmen alle Aequiprobabilisten an, dass Alfons seit 1762 sein System gewechselt. Schlieszlich halt Cathrein uns diesen Passus des h. Alfons vor: „Ego nee contendi nee contendo nova systemata comlere; et bene novi nulluin probabilistam solidae doctrinae ut licitum tradere usuni opinionis tenuiter vel dubie probabilis. Sed quia (1) Vgl. Revue thomiste 1899: La question liguorienne, — p. 186,187. multi probabilistae indiscriminatim dicunt licere sequi opinionera minus probabilem, quando liabet aliquod fundamentuiu a ratione vel auctoritate, idcirco volui distinguere statuendo quod non liceat sequi opinionem minus tutam, quando multa et certa est prseponderantia a parte opinio nis tutioris... quia tune opinio minus tuta non potest dioi certe probabilis." (Apologia. 1765. —) Nach Anführung dieser Worte erklart Cathrein a. a. O. S. 756.: „Hier haben wir die authentiscke Interpretation des heiligen Alfons selbst." Wir nehmen dieses nur au unter der Bedingung, dass man erstens auch die Worte in Betracht ziehe, welche Cathrein im Texte unterdrückt. Naeh den Worten: „opinionis tutioris" folgt namlich bei dem h. Alfons anstatt der diese Parenthesis: „(scilicet; quotiescumque aliqua opinio est d u 1» i e minus probabilis, ipsa est etiam vel aique probabilis vel admodum paulo minus probabilis; contra si est certo minus probabilis, eam semper notabiliter minus probabilem esse concipio)". Zweitens: schliesse man mit den bei Cathrein zi tier ten Schlusz worten den Text des h. Alfons nicht ab , sonde rn le se auch die Worte, welche er unmittelbar d a r a u f f o 1 g e n laszt: „Neque lex in tali casu potest dici dubia dubin stricto; quando autem prseponderantia modi ca est et dubia a parte opinionis, qua1 stat pro lege, tune opinio qua; stat pro libertate bene vocari potest seque probabilis, juxta axioma commune traditum mihi ab ipsissimo P. Lectore [Patuzzi] (juod: Parum pro nihilo reputatur, et opinio, quse stat pro lege, tune stricte dubia est." — Diese „authentisch e" Erkliirung des Heiligen, iiber die opinio certe et notabiliter probabilior, und die darin vorhandene „moralische Gewissheit im weitesten S i n n e", lauft also aus auf die Wiederholung des in den oben von uns zitierten Texten so scharf betonten tiedankens: dass man von der VerpHichtung nur dann enthoben ist, wenn die Meinungen fiir Oesetz und Freiheit gleich oder fast gleich sind. Diese „authentische Erkliirung" des h. Alfons ist denn auch ein Protest gegen den willkührlichen Erklarungsversuch Cathreins, der schreibt: „[Wir] haben unter den opiniones ajque vel fere teque probabiles alle s o 1 i d w a h rscheinliche Meinungen zu verstellen, denen andere solid wahrscheinliche Meinungen gegenüberstehen (A. a. O. !5. 757.) Ganz anders verstanden Patuzzi und die anderen Gegner den Heiligen. Sie griffen ihn nicht als Probabilisten sondern als Aeijuipro babilisten an. N ur als Aequiprobabilist antwortete er, wenn er in seine Theologia mora 1 is, fast gleichlautend mit dem oben angeführten Texte schrieb: „Ephemeridum Gallicarum [Scriptor]... mihi tantum objecit quod ego opinionem reque probabilem admittendo, e o quod in hujusmodi casu lex est dubia, etiam minus probabilem admittere debereiu, quia tune lex etiam est dubia. Sed huic oppositioni jam in libro meo praüvi, statuens, quod, ubi adest opinio probabilior pro lege tune lex est moraliter promulgata, ideoque obligat non obstante illo dubio lato pro opinione benigniori. Ubi enim veritatem certain non invenimus, illam sequi debemus opinionem, qua1 niagis veritati appropinquat; contra vero, ubi opiniones sunt a>que probabiles, lex est vere dubia dubio stricto, ita ut nullo modo tune lex dici possit sufficienter promulgata. (L. I. tr. 1. n. 88.) — Ware die Erkliirung Cathreins die richtige, dann liiitte der Heilige diesen Gegnern einfachhin antworten sollen: „Nun ja, ich halte auch-die certo minus probabilis für erlaubt; nur soll sie vere et solide probabilis seiner hatte dann auch in seinem Briefe an Blasucci nicht zu sagen brauchen: „Wenn ich weisz, das die Meinung für das Gesetz probabler ist, so sage ich, dass mann ihr folgen musz; und darin bin ich gegen das System der Jesuiten." (Briefe. III. n. 217.) Wir nehmen also an, und mit uns mehrere Probabilisten, (1) (1) Wie Génicot, Michel, Tanquerey, die zugeben, dass der h. Alfons den Minusprobabilismus verlassen hat. dass der h. Alfons sein System gevvechselt hat. Auf seine eigenen Aussagen gestiitzt behaupten wir, dass er nis Fruclit seines langjahrigen Studiums den Aequiprobabilismus, (oder die Lebre, welche das Befolgen einer certo minus probabilis sic cognita — wenn sie auch an und für sich triftige Gründe hat — verbietet), adoptiert, und den friiher von ihm verteidigten Minusprobabilismus verworfen hat. Halt man unsere Erklarungen, oder vielmehr die Erkliirungen des h. Kirchenlehrers selbst, vor Augen, daim wird man in den nach 1762 verfaszten Schriften des Heiligen gar keinen Widerspruch entdecken. Wohl nehmen wir zwisehen einigen seiner Schriften vor diesem Jalire und seinem spateren Verhalten gegen den Minusprobabilismus einen Widerspruch an, in dem Sinne, dass jeder Gelehrte, der aus guten Griinden seine Meinung andert, sieh selbst, — magna cum laude! — widerspricht. Mit Unrecht jedoch macht Catlirein («. ÏU.'S.) es Wouters zuin Yorwurf, dass er einige Argumente des h. Alfons, welche von Catlirein in minus-probabilistischem Sinne vorgetragen wurden, widerlegt. Vielmehr handeln die Aequiprobabilisten ganz im Geiste des Heiligen, wenn sie die Argumente, die er vor 1702 zu gunsten des Minusprobabilismus verwertet hat, bekampfen, und die, welche er nach 1762 gegen den Probabilismus anführt, blosz im iiquiprobabilistischen, von ihm selbst als einzig richtig anerkannten Sinne, annehmen wollen. Derjenige bekampft den Heiligen, der, wie Catlirein, aufrecht halten will, was deiHeilige bereits umgestoszen batte, oder es erklaren will in einem Sinne, der der Meinung des Heiligen widerspricht. Was die Dissertationen von 1749 und 17.">5 anbetrifft, batte Wouters (De Minusprobabilismo S. 53.) mit Recht bemerkt, der h. Alfons liabe sie nicht ausdrücklich zu widerrufen brauchen, da dieselben anonym erschienen seien und der Name des Verfassers unbekannt geblieben sei. Cathrein dagegen halt das letztere für wenig wahrscheinlich, (S. 755), aus Gründen, die alle hinfallig sind. Denn der Heilige hat seine Dissertatie von 1755 dem Papste Beuedikt XIV durch- aus nicht zugesandt, wie Cathrein zum zweitenmale hier behauptet. Alfons' Klage überFagnani, worauf Cathrein sich beruft, beweist noch weniger, dass Alfons als Verfasser der Dissertatio bekannt war. Denn Fagnani (f 1078) war damals fast hundert J ahre tot; die Redeweise Alfonsens ist folglich nur eine figürliche. Und wer wird die Erwühnang Torni's als seines Lehrers bei dem h. Alfons als einen Beweis gegen die Anonymitat der Dissertatio gelten lassen? Schlieszlich bleiben die zwei von Cathrein gar nicht erwiihnten Tatsachen bestellen, die es vollcnds zur Grewissheit machen, dass Alfons nicht oder fast nicht als Autor jener Dissertationen bekannt war: erstens, dass weder Alfons noch einer seiner (ïeg 11 er sich jeinals auf sie beruft; zweitens, dass in allen Ausgaben seiner grossen Moraltheologie, auch in jenen, die in die probabilistische Periode des Heiligen fallen, er jedesmal über das Befolgen der certo minus probabilis buchstablich oder dein Sinne nach nichts anderes sagt als : Praescindo ab hac quaestione. (1)- Gegenüber der weiteren Erürterung Cathreins (A. a. U.) über „Frivolitat", die man in diesein Falie dem h. Kirchenlehrer zur Last legen nuisste, hat schon Ter Haar (Vgl. oben S. 30.) als Erklarung des Systemwechsels des Heiligen auf die von Altons selbst bekundete Tatsache bingewiesen, dass seine eigentlich probabilistischen Schriften nicht einer gereiften Ueberzeugung entstammen, sondern Proben und Versuche sind sich mit den damals landlaufigen Argumenten gegen den strengeren Probabiliorismus zu vvehren. Erst dann wurde ihm die Sache klar, als er den Unterschied zwischen dubium strictum und latu m in den Vordergrund gedrangt sah, und im Lichte dieser Unterscheidung das gute Recht der probabilioristischen Beweisführung gegen die minus probabilis cognita wiirdigte, ohne Einbusse der Freiheit im strikten Zweifel, im Falie gleicher oder fast gleicher Probabilitiit. Hamit war (1) Die irrtümliche Hehauptung Cathreins bezüglich der 4. Auflage haben wir oben (.S. 27. 2H.) berichtigt. das Yerhalten Alfonsens gegen den Minusprobabilismus völlig gerechtfertigt. Dass nun Anfangs seine Ausdriicksweise sowohl in seiner Moral als in der Dissertatio von 1765 noch einen gewissen Mangel von Entschiedouhuit tragt, dass eine oder andere Lösung eines Casus ungeandert in der grossen Menge steben geblieben ist, wurde bereits von Aequiprobabilisten anerkannt (1). Niemand der die ganz apodiktischen. überdeutlichen Aeussernngen Alfonsens gegen den jesuitisehen Probabilismus kennt, wird darin einen Beweis finden, dass der h. Kirchenlebrer bei der probabilistischen Ansicht beharrt liat. Wir haben diese Aensserungen bereits angeführt; sie wurden in den letzten Jahren in noch grösserer Anzahl üfters wiederholt. C a t h r e i n h a t sie j e d o ch ga r nicht e r \v a h n t. Selbst in der Anführung des Passus aus der Dissertatio von 1765 als eincr „authentischen Intorpretation" des neuen Systems Alfonsens (a. a. O. S. 757) ist Oathrein, wie wir oben bemerkt haben, unkritisch zu Werke gegangen. Er unterschliigt die in der Alfonsianischen Terminologie so wichtige Schlussbemerkung, welche wir hier wiederholen : „Neque lex in tali casu [d. h. im Falie dass die der Freiheit giinstige Meinung certe minus probabilis ist| potest dici d u b i a d u b i o s t r i c t o ; quando autem prseponderantia m o d i c a est et d u b i a a parte opinionis, quse stat pro lege, rune opinio qua; stat pro libertate bene vocari potest aeque probabilis juxta axioma commune.... Paruin pro nihilo reputatur. et opinio qua* stat pro lege, tune strictc dubia est". (Apol. 1765). 1 Vgl. De Minusprobabilismo p. n'2 nota '2. Vgl. auch p. 110. Ueber die Kpistola do maledictione mortuorum vgl. unscre Kcmerkung oben S. '29. Die ,.principalis ratio" des h. Alfons gegen die minusprobabilis. — Versehen Cathreins. — Seine erste Antwort. Führt die „principalis ratio" zum strengeren Probabiliorismus? — „Direkte Widerlegung"? — Schluszbemerkung. — Wii kommen jetzt zu dein Argumente, womit der h. Alfons seinen Systemwechsel gerechtfertigt hut, und nuf das gestiitzt er sicli einen nicht-tutioristischen Probahili o risten nannte. Zu unserm Bedauern miissen wir bemerken, dass Catlirein den Sinn der alfonsianischen Beweisführung viïllig verkannt hat; und zwar in dem Masze, dass er wiederum, bei Anfuhrung der Worte Alfonsens, den entscheidenden Teil übersieht. Wo der Heilige die Verpflichtung der c e r t o probabi li or cognita begründet mit den Worten: Principalis ratio hsec est: In dubiis moralibus ver i tas est sec tan da;" (Dichiar. del Sist. n.2); oder (in seiner Moraltlieologie): „Ratio est: ad licite operandum debemus in rebus dubiis veritatem inquirere et s e (j u i" (M orale Syst. I); ebenso wo der Heilige als Folgerung seine diesbeziigliche antiprobabilistische These wieder holt, führt Catlirein (S. 760) als vom Heiligen gelieferte Begründung (a. a. O.) nur eben diese Schluszfolgerung an. Uamit legt er ihm also eine Tautologie und eine petitio principii zur Last. Bekanntlieh sucht auch P. Lehmkuhl den h. Alfons zu einem Minus-probabilisten zu stempeln. Wo er jedoch in der 10,on Auflage seiner Moraltlieologie (I. p. 7ti) die Einwürfe gegen den Minusprobabilismus widerlegt, fiihrt er als dritten Einwurfan: „Ratio ipsa dictat in defectu certitudinis adhserendum orse verisimilioribus si quis prudenter agere velit." Dann fügt er in einer Fusznote hinzu: „Hanc objectiouem, quae est propria Probabilioristarum, etiam Y i n d. Alph. (Ed. 1. p 35) aliique movent hoe inodo : Ad licite operandum debemus veritatem inquirere et sequi; ac proinde ubi veritas clare inveniri nequit, tenemur saltem illam opinionem amplecti, quse juxta propriatn persuasioneni propius ad veritatein accedit, qualis est opinio eerte probabilior." P. Lehmkuhl bat in diesen Worten fast buchstablich den Satz angeführt, womit der h. Alfons in den letzten Auflagen seiner Moral und in der D i e h i a r az i o n e del Sistema den Minusprobabilismus bekampft. P. L. wird also wolil gezwungen sein den h. Alfons nicht inelir für einen gewühnlichen Probabilisten zu halten. Ter Haar und Wouters haben das Argument des h. Alfons in scholastiseher Form dargestellt. Catlirein bemülit sieh besonders die Beweisführung Wouters zu widerlegen. Er iibersetzt sie in diesen Worten: „leb musz aufrichtig streben nach der Uebereinstimmung meiner Handlungoder Walil mitdeni objectiven sittlichen Charakter der Handlung, oder mit der Anordnung des ewigen Gesetzes, wie sie objektiv und vor aller mensehlichen Erkenntniss bestelit. „Das tue icli aber nicht, wenn ich einer Richtschnur folge, die nach meinem IJrteil wahrscheinlicher jencm objektiven sittlichen Charakter (moralitati) widerspricht, und jene Xonn nicht befolge, die ihm wahrscheinlicher entsprieht als nicht entsprieht; „Mit anderen Worten: wenn ich als Norm meines Handelns diesen Satz erwiihle oder befolge: diese oder jene Handlung ist erlaubt, wiihrend sie nach meiner Meinung wahrscheinlicher von dem vorhergehenden ewigen Gesetz nicht erlaubt, sondern verboten ist." (S. 7fil. 7 (1) Ein anderer Probabilist, der sic)» wohl mit diesen Antworten befasst hat, is Arendt S. J.. In den Analeeta e cc 1 esi a st i ca, von 1 '04 1905 hat er eine Heihe von Artikelen gegen Wouters veriiffentlieht. Dieser hatte auf eine probabilistische Unterscheidung: «Delieo sincere tendere ad convenientiam cum ordinatione legis divinie certo seu fere certo cognita: cdo; probabilius cognita. nego" mit Recht geantwortet, dass durch diese Unterscheidung sein Obersatz gar nicht getroffen werde. Denn dieser laute nicht: üebeo tendere ad ordinationem divinam certo aut probabilius cogni tam. sondern einfachhin : »ad ipsam ordinationem divinam." (De minuspro b p 62.) Darauf antwortet Arendt in einer Weise. die in formeller und materieller Hinsiclit Beachtung verdient: «lliidie itaque ego. prohabilista. tuil insistcnti requisitione adstrictus, sin tuam, tui saltcm argumenti Wir wollen die verletzenden, verdnchtigenden Aeusserungen des gelehrten Verfassers gegen die neueren Aequiprobabilisten auf Rechnung seiner ungeniigenden Durcharbeitung der strittigen Prage set/en. Die aequiprobabilistischen Autoren liegen echt katholisclie und kirchliche CJesinnung und setzen eine echt katholisclie Tat, auch wenn sie den von der Kirche tolerierten Minusprobabilismus entscbieden bekiimpfen und sich ini Kampte gegen die minus p r o b a b i 1 i s auf püpstliche Aktenstücke und Aeusserungen berufen. Inzwischen bleibt die „princi palis ratio" des h. Alfonsgegen den Minusprobabilismus, auch in der Fassung, worin die neueren Aequiprobabilisten sie darstellen, völlig gesichert. Es sei uns gestattet zu scliliessen mit dem Urteile, das der gelehrte Hischof l)r. Yinati über die Kraft des von Ter Haar, Wouters und anderen Aequiprobabilisten entwickelten Argumentes tïillt: „Gravis momenti est argumentum sumptum ex ratione, ac irriti, ut clare ostendit el. Wouters, sunt conatus, <|uibus minusprobabilismi sectatores insum solvere nituntur." (1) fallaciam in apertam luceni adduco: Obligatio moralift lioniinj libero non resultat nisi ex imperio divino et quidem in ejus ordinatione certa meute judieata non tantum ut probabiliori sed uti objective certa. ldc|ue prima moralitatis principia demonstrant Nego idcirco tuum fundamentale prineipium. Probationes autom quibus ipauni communire Cunaris. oriuntur omnes ex illo duplici falso supposito: ex probabilitate enim vel majnri probabilitate ordinationis divinee etiam certe judieata non potest per se resultare obligatio moralis: nee O quia est ordinatio legis Bternm.. .. nee "2 quia est certe cognita uti probabilior " p 914. nota Was Arendt hier schlieszlich der Wouterschen Argumentatiou entgegenstellt, wird von Wouters gar nicht verneint. Auch Wouters behauptet, daas die ordinatio legis seternffi allein nicht genug ist zu einer subjectiven Verptiichtung: und dass die probabilioritas legis certo cognita nicht per se zum liefolgen des Gesetzes verpflichtet. Diese Verptiichtung entspringt jedoch indirekt aus dem jederzeit verpflichtenden S t rebe n nach Uebereinstimmung mit der objektiven Lex te ter na. (1) Divus Thomas. 1905. p. 34U. 11 ilmlt Seite ; Vorbemerkung 5 5; I. Einleitendes. — Sind die neueren Aequiprobabilisten im Gefolge der kirchenfeinde.' — Der N'aine: Minusprobabilismus ....... 7 § II. Haltung des li. Stuhles in den letzten hundert Jahren gegeniiber dein Minusprobabilismus. — Seine Verbreitniig. •— Urteil des h. Alfons iiber ilin in ahnlichen Umstiinden. — Beweiskrat't der kirchlichen Toleranz. 14 ij III. Der Minusprobabilismus in fri'iheren Jahrhunderten von der Kirche nicht verworfen, sondern getadelt. — Das Decret Innocenz' XI und der h. Alfons. — Der h. Alfons nnd die minus-probabilis. — Verteidigt er sie in seiner Moraltheologie/ — Benedikt XIV. — Die minus-probabilis in Alfons' Heiligsprechungsprozess 23 S IV. Das Decret Alexanders VII. — Cathreins Erkliirungsversuch. — Stephanus Gradius. — Meinung Alexanders. — Seine Haltung gegeniiber Guimenius (Moya S. J.) — Versehen Cathreins 35 Sj V. Die »Hauptwaffe". — Die Urheber der Bewegung gegen die minus-probabilis im 17. Jahrhunderte. — Das Decret Innocenz' XI und die seque-probabil is. — Gonzalez' Zeugnisse. — Verhalten des Ordensgenerals Oliva. — Worte Clemens' XI. . . 40 § VI. Das Decret Innocenz' XI und die sprincipia reflex a". — Irrtuni Cathreins. — Der h. Alfons und dasAxiom: »Lex dubia non obligat". — Andere »Hauptprinzipien" des h. Kirchenlehrers. — Seine Er- Inhalt. klürungen iiber die minus-probabilis. — System- wechsel des h. Alfons .48 § VII. Cathreins Deutungsversuche. Die seque probabilis bei Alfons. — Die certo probabilior bei Alfons und die mmoralische Gewissheit". — »Authentisehe Interpretation"? 59 § VIII. Die «principalis ratio" des h. Alfons gegen die minus-probabilis. — Verselien Cathreins. — Seine erste Antwort. - Fi'ihrt die »principalis ratio" zuin strengeren Probabiiiorismus? — »Direkte Widerlegung"? — Schluszbeinerküng .... 7 IMPRIMATUR. IiuK.-EMUNDit;, 5 Maji 1900. Dr. P. Man neus, Can., Libr. Cens. IMPRIMI POTEST. Wittemii '20 Februarii 1900. J. C. Mee uwisse 11 C.SS. R. Sup. prov. holl. Im gleicher» Verlage sincl erscliieneii s Theologia Moralis, auctore .los. Aertnys, C.SS.ll. Editio septima, aucta. m. 10. Ad lioc opus pertinet: Supplementum ad tractatum de VII prsecepto Decalogi, secundum jus civile gallicum, Vel idem secundum jus hollandicum. Vel idem secundum jus germanicum. Theologia Pastoralis tradens practicam institutionem Confessarii. Editio quarta. m. 2,50. Caeremoniale solemnium functionum secundum Liturgiam Romanam. Editio altera, m. 3,00. Compendium Liturgiae Sacrae juxta Ritum Romanum in Miss» celebratioue et Officii recitatione. Editio quarta. m. 1,40. Das Decret des Papstes Innocenz' XI über den Probabilismus von Franz Ter Haar C. SS. R. m. 1.80.