bekannt und so ware es für die Mysten gewiss keine Überraschung gewesen nur das anzuschauen, wovon sie schon so oft gehort hatten. Auch die geheimen Mythen, welcheja nur durch allegorische Deutung zu rechtfertigen waren, ') haben schwerlich jemand in Verzückung gebracht. Wohl aber vermochten das jene "unauSsprechlichen," oder wie andere sie nennen "heiligen"2) und "göttlichen"3) Erscheinungen, worüber wir uns spater ausführlich verbreiten werden. 1) Vgl. über geheime Mythen ausser den schon oben angedeuteten F o uc a r t, Rech. s. 1'orig. S. 47, der sich ausser Gregor. v. Naz. Red. XXXIX, 4 auch auf das nicht-christliche Zeugnis des 41. orphischen Ilymnus V. 5—9 beruft. 2) Plutarch (nach anderen Themistius) Frg. Über die Seele 2., Aristeides Rede IV, S. 51 Ed. Dind., Ed. 13. Keil Vol. II, Red. XLI S. 333. 3) Himerius, Ecl. XXXII S. 304 Ed. Wernsdorf, Proklos, Theol. 'Plat. I, I, S. I. 3 schen Kaiserzeit, und zwar durch die Schilderung eines Eingeweihten, Apuleius, am besten unterrichtet. Denn wenn er auch, wie ja nicht anders zu erwarten ist, das Wichtigste verschweigen musste, so hat er doch eine zusammenhangende Erzahlung geliefert und es verspricht immerhin grosseren Erfolg, ein mangelhaftes Ganze abzurunden als zerstreute Fragmente aneinander zu fügen. Eine biographische Notiz iiber Apuleius im herkömmlichen Lexikonstile diirfte hier iiberflüssig sein, da dieser encyclopaedische Schöngeist des zweiten Jahrhunderts in unseren Tagen keineswegs eine unbekannte Grosse ist. Wenn P. Monceaux sein geist- und gehaltvolles Werk: "Apulée, Roman et Magie" mit den Worten beginnt: "Apuleius ist für die Mehrzahl der Modernen ein Alter, langweilig wie alle Alten, der Latein schreibt und den man nicht liest," — so ist dies leicht irrefiihrend, denn bei Belletristen sowohl als Gelehrten erregt Apuleius immer lebhafteres Interesse und alte Übersetzungen der "Metamorphosen" aufs Neue herauszugeben ist fast zur Modesache geworden.') Übrigens ist es durch die treue und Jedem leicht zugangliche Übersetzung der "Apologie" des Apuleius von F. W e i ss (1894) dem geneigten Leser ermöglicht, sich über die Lebensumstande des "Platonikers von Madaura"2) aus der besten Quelle naher zu unterrichten. 1) lm Deutschen ist die Übersetzung von Rode (1783) in 1885 in einer auf chemischen Wege reproducierten Liebhaberausgabe (Leipzig, Glogau 11. Comp.) und in der Volks-Bibliothek f. Kunst u. Wissenschaft No. 15 mit Einleitung von Sacher-Masoch, in 1894 mit Einleitung von M. G. Co n rad (Leipzig, H. Barsdorf) zum dritten Male aufgelegt; im Französischen Bétolaud, Oeuvres complètes d'Ap., 1835 in der Collektion Panckoucke, 1861 vereinzelt und umgearbeitet erschienen, wie es denn auch an neueren Übersetzungen keineswegs fehlt; im Englischen Apuleius, The golden ass, transl. by W. Adlington 1566 (Reprint from 1639) w. introd. by C h. W li i b 1 e y, London 1893, 40, in The Tudor transl. ed. by W. Ilenley. 2) Dem heutigen Mdaurusch in Algerien. Die "Metamorphosen", als Marchendichtung ein Vorlaufer der "Tausend und Eine Nacht", schildern uns als treues Sittengemalde die römische Kaiserzeit in ihrem Kunstsinn, ïhren sittlichen Verirrungen und ihrer ergreifenden Religiösitat. Der Held des Romans, Lucius, ein junger, etwas flatterhafter Gelehrter, wird durch ein unvorsichtig angestelltes magisches Experiment in einen Esel verwandelt') und macht als solcher eine Reihe der sonderbarsten und schlüpfrigsten Abenteuer durch. Schliesslich für eine schmachvolle Zurschaustellung im Zirkus zu Korinth aufbewahrt, gelingt es ihm, sich der Aufmerksamkeit seiner Warter zu entziehen; er schleicht durchs Stadttor hinaus und eilt in vollem Laufe dem Meere zu, bis er unweit Kenchreaes2) todesmatt am Gestade niedersinkt. Da endlich wird ihm die lang ersehnte Erlösung zu Teil. Zur besseren Orientierung des Lesers führen wir, in so fern dies möglich, den Autor selbst redend ein,3) wie er Lucius seine Rettung erzahlen lasst. I. "Ungefahr um die erste Nachtwache mit jahem Schreck erwacht, sehe ich die funkelnde Scheibe des Mondes, in überheller Weisse gefüllt, soeben aus den Meeresfluten empoitauchen und da ich mich in der schweigenden Einsamkeit der finsteren Nacht befand, auch davon überzeugt war, dass diese hehre Göttin an Majestat weithin hervorrage, dass alle menschlichen Dinge ganzlich durch ihre Vorsehung gelenkt werden, dass nicht nur alle zahmen und wilden Tiere, sondern auch alles Unbeseelte durch die göttliche Macht ihres Lichtes und Waltens gedeihe, ja selbst die Körper auf Erden, im Himmel und im Meere bald, 1) Daher der gewöhnliche, aber nicht wirkliche Name des Werkes, nl. "Der goldene Esel." 2) Hafenstadt am saronischen Meerbusen. 3) Hierbei habe ich vorzüglich die meisterhafte liollandische Übersetzung von Boeken "Herscheppinge of de gouden Ezel" (1901) benutzt. ihrer Zunahme gemass wachsen, bald ihrer Abnahme entsprechend, mindern, so beschloss ich, da das Schicksal, endlich meiner so vielen und so grossen Leiden satt, mir, obzwar spate, Hoffnung auf Erlösung gab, die erhabene Erscheinung der gegenwartigen Göttin anzubeten, und nachdem ich flugs die trage Ruhe von mir abgeschüttelt, stehe ich munter auf und im Eifer, mich zu reinigen, übergebe ich mich sogleich dem Meeresbade und nachdem ich mein Haupt siebenmal unter die Fluten getaucht, da der göttliche Pythagoras diese Zahl als die schicklichste zu religiösen Handlungen angiebt, flehte ich, frohen und munteren Herzens, doch betranten Angesichts, die machtige Göttin also an: 2. "Königin des Himmels! Du seist nun die allernahrende Ceres, der Feldfrüchte Urmutter, die du, ob der wiedergefundenen Tochter erfreut, die tierische Kost der ajthergebrachten Eichel verdrangt und eine milde Speise offenbart hast und jetzt die eleusinische Scholle bewohnst — oder du seist die himmlische Venus, die du, im Anfange der Dinge die Verschiedenheit der Geschlechter durch Erzeugung Amors geeint und das menschliche Geschlecht durch ewigen Anwachs fortgepflanzt hast und jetzt im ringsumflossenen Heiligtume zu Paphos verehrt wirst — oder Phoebus Schwester, die du, das Gebaren der Schwangeren durch sanften Beistand lindernd, so grosse Völkerschaften erzogen hast und jetzt gehuldigt wirst im weitberiihmten Tempel zu Ephesus — oder die durch nachtliches Geheule schauererregende Proserpina, die du mit dreifachem Angesicht die Angriffe der Gespenster abwehrst, der Erde Riegel verschliessest, und, bald hier, bald dort die Haine durchirrend, mit verschiedenartigem Dienste besanftigt wirst; die du mit diesem weiblichem Lichte aller Stadte Mauern erleuchtest, mit feuchten Gluten die frohen Saaten nahrst und auf einsamen Umlaufen dein wechselndes Licht erteilst:1) — unter i) Zweideutige Stelle. welchem Namen, mit welchem Brauche und unter welcher Gestalt man dich anrufen soll: stehe du mir jetzt in den aussersten Kümmernissen bei! stelle du mein gesunkenes Gliick wieder her! gieb du mir, nach so vielen grausamen und schwer überstandenen Unglücksfallen, Rast und Frieden! Es sei der Mühen, es sei der Gefahren genug! Nimm von mir hinweg die scheussliche Tiergestalt, gieb mich dem Anblick der Meinigen, gieb mich mir selber wieder! Verfolgt mich jedoch .eine beleidigte Gottheit mit unerbittlicher Strenge, so sei es mir wenigstens vergönnt zu sterben, wenn es mir nicht vergönnt ist, als Mensch zu leben!" Nach diesem für den religiösen Synkretismus der Kaiserzeit höchst karakteristischen Gebete, dem es übrigens nicht an Parallelen fehlt,') sinkt Lucius aufs Neue in Schlaf. Aber kaum hat er die Augen geschlossen, da entsteigt den Wellen eine göttliche Gestalt, deren imposante Schönheit er folgendermassen schildert:2) 3. "Volles, langes Haar, das allmahlich in Locken überging, floss, über den göttlichen Nacken zwanglos zerstreut, sanft herab. Ein vielförmiger Kranz mit mancherlei Blumen umwand ihren erhabenen Scheitel und mitten darauf, über die Stirn, glanzte eine flache Rundung nach Art eines Spiegels, oder vielmehr als Bild des Mondes in hellweissem Lichte. Rechts und links wurde sie von furchengleich sich windenden Nattern festgehalten, wahrend auch Kornahren dariiberhin gesteckt waren. Ihre Bekleidung war eine vielfar- 1) Vgl. Gr. Zauberpap. v. Paris u. London, herausg. v. C. Wessely in Denkschr. d. Phil.-Hist. Classe d. Kais. Akad. d. Wiss. Wien XXXVI (1888), Paris. Pap. 2522—2567, wiederhergestellt von Wessely S. 6, und 2786—2870, wiederherg. von E. M i 11 e r, Mélanges de littérature grecque, S. 452. 2) In dieser Beschreibung sind so ziemlich alle Merkmale der Isisbilder zu finden, L a f a y e, u. d. W. Isis in Dar. et Sagl. Dict. ant. gr. rom. V S. 579 Anm. 2. Vgl. die Abbildungen daselbst S. 579 flg. Vgl. auch Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 253 flgg. 275 f. f., D r e x 1 e r u. d. W. Isis Sp. 433, 437, 448 f'gg-, 535 fig. 547, und die schone Reproduktion einer Isisstatue in Baumeister, Denkm. d. klass. Alt. I u. d. W. Isis, S. 761. bige Tunika aus feinem Byssus gewebt, bald in weissem Glanze leuchtend, bald wie die Krokusblume safrangelb, bald in rosiger Röte flammend, und, was schon aus weiter Ferne meinen Bliek blendete, ein tiefschwarzer Mantel in dunkelm Glanze leuchtend, der, doppelt um sie geschlagen, unter dem rechten Arm hindurch zur linken Schulter zurückkehrte und, indem ein Teil des Gewandes einem Bausche der Toga') gleich niederhing, in mannigfachen Überwürfen bis zum aussersten Saume in geknüpften Fransen zierlich herabwallte. 4. Auf der Verbramung und auf der Mantelflache selbst flimmerten zerstreute Sterne und mitten unter ihnen hauchte der Vollmond flammende Gluten. Und wo auch die Wölbung jenes bestickten Mantels sie umfloss, daran hing in unzertrennlicher Verknüpfung ein aus lauter Blumen und lauter Früchten gewundener Kranz. In ihren Handen führte die Göttin himmelweit verschiedene Dinge. Denn in der Rechten trug sie eine eherne Klapper, durch deren schmales und wie ein Gürtel umgebogenes Blech einige Stabchen gezogen waren, die beim dreimaligen Schütteln des Armes einen klirrenden Ton gaben. Von der Linken aber hing ihr ein goldnes Trinkgeschirr herab, über dessen Handhabe an der Seite wo sie sichtbar war, eine Natter sich emporstreckte mit hocherhobnem Kopfe und stark geschwollenem Nacken. Ihre ambrosischen Füsse bedeckten Schuhe aus Blattern der Siegespalme geflochten.2) So schön und gewaltig und des glücklichen Arabiens Wohlgerüche atmend, würdigte sie mich ihrer göttlichen Anrede: 5. "Hier bin ich, durch dein Gebet, Lucius, gerührt, ich, Allmutter Natur, aller Elemente Beherrscherin, erstgeborenes 1) Oder "einem Schilde gleich." Diese ganze Stelle ist sehr schwierig zu versteheii, und der Unterzeichnete masst sich nicht an, den richtigen Sinn getroffen zu haben. 2) Vgl. Hildebrands Anmerkung zur Stelle, Apul. Opera omnia 1, s. 993. Kind der Jahrhunderte, Höchste der Gottheiten, Königin der Schatten, Erste der Himmlischen, einsgestaltige Erscheinung der Götter und Göttinnen, die ich des Himmels lichte Gewölbe, des Meeres heilsame Winde, der Unterwelt trauervolle Stille nach meinen Winken lenke, deren einige Gottheit in verschiedener Gestaltung mit mannigfachem Brauche und unter vielerlei Namen der ganze Erdkreis verehrt. Darum nennen mich die erstgeborenen Phrygier die Pessinuntische Göttermutter, hier die autochthonischen Attiker die kekropische Minerva dort die wogenden Kyprier die Paphische Venus, die pfeilbewehrten Kreter die Diktynnische Diana, die dreizüngigen Sikuier die stygische Proserpina, die Eleusinier die Altgöttin Ceres, andere die Iuno, andere die Bellona,') diese die Hekate, jene die Rhamnusia,2) aber die von den aufgehenden Strahlen des geboren-werdenden Sonnengottes erleuchteten Aethiopier und Ariër, sowie die an uralter Weisheit reichen Aegypter, die mich mit den angemessensten Gebrauchen verehren, nennen mich mit dem wahren Namen Königin Isis. Hier bin ich, voller Mitleid über dein Unglück, hier bin ich, dir huldvoll und gnadig! Lass' deine Tranen, vergiss dein Klagen, verscheuche deinen Trübsinn. Schon leuchtet dir, kraft meiner Vorsehung, der lag des Heils; mache deinen bekümmerten Geist nur auf diese meine Befehle gespannt!" Und nun sagt sie dem Lucius, wie er zu seiner Erlösung mit zu wirken habe. Am folgenden Tage namlich (dem 5. Marz) soll der Göttin ein neugezimmertes Schiff als Erstlingsopfer für eine glückliche Schiffahrt geweiht werden. In der Mitte des Zuges wird der Hohepriester einen Rosenkranz in der rechten Hand am Sistrum hangen haben. Ohne Zögern 1) Über den Kult dieser vorzüglich mit der kappadokischen Md gleichgesetzten Göttin vgl. Procksch u. d. W. Bellona in Rosch. Lex. Myth. I Sp. 776 flg. u. Wissowa, Rel. u. Kult. d. Röm. S. 289—292. 2) Nemesis, nach Rhamnus, einem Orte in Attika, vgl. Gruppe, Gr. Myth. u. Rel. I S. 45. soll Lucius sich an ihn herandrangen und ihm, unter dem Scheine eines Handkusses, einige Rosen rauben, durch deren Genuss er sofort die Gestalt des garstigen und ihr langst verhassten Tieres') ablegen wird. Bei der Ausführung dieses Gebotes soll Lucius keine Schwierigkeit fürchten, denn in demselben Augenblicke, wo sie vor ihm steht, erscheint sie auch ihrem Hohepriester im Traume und gebietet ihm, wie er sich zu verhalten habe. Auch werden die Volksmassen dem Lucius Platz machen und Niemand wird ihm seine plötzliche Verwandlung boshafter Weise verunglimpfen. Nur soll er es wohl im Herzen bewahren, dass er der Göttin, durch deren Gnade er wieder unter die Menschen zurückkehrt, sein ganzes Leben schuldig ist. Glückselig wird er und ruhmvoll unter ihrem Schutze leben und auch nach vollendetem Lebenslaufe als Bcwohner der elysaeischen Gefilde sich ihrer Huid erfreuen. Alsbald erwacht Lucius und eilt der Stadt zu. Begünstigt vom herrlichsten Frühlingswetter wird das frohe test gefeiert. Zuerst, zur Belustigung des Volkes, ein Maskenzug, sodann die eigentliche Procession der lieilbringenden Göttin.2) 9. "Frauen in weisser Hiille lichtglanzend, an mancherlei Last sich erfreuend, in Friihlingsbekranzung blühend, bestreuten aus ihrem Schosse den Weg, welchen der heilige Zug nahm, mit Blumen; andere führten auf dem Rücken schimmernde Spiegel, in denen sie der Göttin das Gefolge als ihr entgegenkommend zeigten; einige hattcn elfenbeinerne Kamme und ahmten mit Geberden der Arme und Beugungen der Finger den Schmuck und Kopfputz der 1) Der Esel war ein ihrem Todfeinde, dem Set (Typhon) wohlgefalliges Tier, vgl. Plularch "Ober Isis u. Osiris" 30 flg. u. Ilildebrand zur Stelle Apul. Opera omnia I S. 1003. 2) Vgl. über diesen Aufzug Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 121 124, eine genaue Übersetzung mit archaologischen Erlauterungen. königlichen Haare nach. Noch andere besprengten die Strassen mit allerlei wohlriechenden Salben und tropfenweise ausgeschüttetem köstlichem Balsam. Ausserdem war noch eine grosse Anzahl beiderlei Geschlechts mit Lampen, Fakkeln, Wachskerzen und anderen Arten künstlicher Lichter bemüht, die Gunst des Geschlechtes der himmlischen Gestirne zu erflehen.') Dann erklang eine liebliche Musik von Pfeifen und Floten in den süssesten Medodien. Ein anmutiger Chor der auserlesensten Jugend in schneeweissem Festkleide folgte und wiederholte ein reizendes Lied, von dem ein durch der Musen Gunst erfinderischer Dichter Worte und Weisen erdacht und dessen Inhalt ein Vorsang zu grosseren Gelübden war.2) Es kamen auch die dem grossen Sarapis geweihten Flötenspieler, welche auf in die Richtung des rechten Ohres gehaltene Querpfeifen die dem Tempel und dem Gotte eigne Melodie wiederholten und mehrere, die mit lauter Stimme riefen, man solle Raum für die Heiligtümer geben. 10. Sodann strömte die Schar der in die göttlichen Zeremonien Eingeweihten heran, Manner und Frauen jedes Standes und jedes Alters, in reiner Weisse des Linnengewandes leuchtend, die Frauen das gesalbte Haar in durchsichtigen Flor eingehüllt, die Manner das Haupt so kahl geschoren, dass die Scheitel glanzten. Mit ehernen, silbernen, ja selbst goldnen Sistern machten sie ein klirrendes Gerausch. Aber die irdischen Gestirne der grossen Religion,3) jene Oberpriester,4) im eng anschliessenden weissen Linnengewande vom Brustgürtel bis zu den Fusssohlen, trugen die herrlichen Symbole der allgewaltigen 1) Verderbte Stelle. Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 122 übersetzt: "qui devaient attirer sur elles les bénédictions de la Mère des astres", mit Hinweis auf Hildebrands Kommentar z. S., Apul. Opera omnia I S. 1014 flg. 2) Verderbte Stelle. Vgl. Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 122. 3) Wir folgen hier den Text wie van der Vliet ihn geordnet hat. 4) Über die Priesterschaft und was damit zusammenhangt vgl. Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 131—155. Götter. Der Erste hielt eine mit hellem Lichte strahlende Lampe vor sich gestreckt, nicht eben denen ahnlich, welche unsere Abendmahlzeiten erhellen, sondern ein goldnes Schifflein, das aus seiner Mitte eine breite Flamme hervorlodern liess. Der Zweite war ihm an Kleidung gleich, trug aber in beiden Handen Altare, denen die hilfreiche Vorsehung der hehren Göttin den Namen "Hilfsaltare" gegeben hat.') Der Dritte hielt einen Palmzweig mit aus feinem Golde gebildeten Blattern empor; auch trug er den Schlangenstab Merkurs. Der Vierte trug das Sinnbild der Billigkeit zur Schau, eine nachgebildete linke Hand mit vorgestreckter Handflache, denn die Linke schien durch ihre angeborene Tragheit und ihren Mangel an Gewandheit und List der Billigkeit angemessener als die Rechte. Derselbe trug auch ein Goldgefass, zur Gestalt einer weiblichen Brust gerundet, woraus er Milch spendete,2) der Fünfte eine goldne mit Lorbeerzweigen gefüllte Schwinge3) und ein anderer einen Krug. ii. Ohne Verzug schreiten jetzt die Götter, geruhend auf menschlichen Füssen einher zu wandeln, vorwarts, hier jener furchtbare Vermittler zwischen Über- und Unterirdischen, diesen mit dunkelm, jenen mit goldnem Antlitz aufsteigend, mit schrofferhabenem Hundsnacken, Anubis,4) in der Linken einen Schlangenstab tragend, mit der Rechten einen grünenden Palmzweig schüttelnd. Seiner Spur folgte unmittelbar eine Kuh in aufrechter Haltung, das fruchtbare Bild der allgebarenden Göttin, welches auf seinen Achseln der seligen 1) Vgl. hierüber Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 123. 2) Vgl. hierüber Otto, Priest. u. Temp. i. heil. Ag. I, S. 333 Anm. 2) u. Gruppe, Gr. Myth. u. Rel. II, S. 15^9- 3) Über dieses insbesondere den dionysisch-orphischen Weihen eigentümliche Instrument vgl. Harrison, Proleg. S. 518—535, f. f. 527 flg. uud Mystica Vannus Iacchi in Journ. o. hellenic Studies XXIII (i9°3) S. 292— 324 u. XXIV (1904) S. 241—254. 4) Vgl. Pietschmann u. d. W. Anubis in Pauly's Real.-Enc.2 cl. Alt. I Sp. 2645—2649. Dienerschaft Einer mit gebardevollem Schritte trug. Von einem andern wurde die mystische Lade getragen, die in ihrem Innern die Geheimnisse der erhabenen Religion verbirgt. Ein anderer trug in seinem glückseligen Schosse der höchsten Gottheit ehrwürdiges Bildnis, weder einem Rinde noch einem Vogel noch einem wilden Tiere, und auch selbst einem Menschen nicht ahnlich, sondern der sinnreichen Erfindung und gerade der Neuheit wegen anbetungswürdig, ein unaussprechliches Sinnbild der höchsten und in tiefes Stillschweigen einzuhüllenden Religion, aber ungefahr auf diese Weise aus funkelndem Golde gebildet: eine höchst künstlich gehöhlte Urne mit rundem Boden, auswarts mit den wundersamen Bildzeichen der Agypter verziert. Ihre nicht eben hoch aufsteigende Mündung lief in eine ausgestreckte Röhre mit langer Rinne aus; an der anderen Seite aber hing eine in geraumiger Erweiterung ausweichende Handhabe, auf welcher in verschlungenem Knoten eine Natter sass, mit des schuppigen Nackens buntgestreifter Schwellung emporragend." Da endlich naht mit seinem Rosenkranze der Hohepriester. Lucius schleicht sich an ihn heran, verzehrt die Rosen und wird alsbald entzaubert. Nun redet ihn der Hohepriester teilnahmsvoll mit folgenden, an christliche Denkweise gemahnenden Worten an: 15- "Nach so vielen und vielerlei überstandenen Miihen und von so grimmen Ungewittern und wilden Stürmen des Geschickes') getrieben, bist du, Lucius, endlich im Hafen der Ruhe, am Altar der Barmherzigkeit angelangt! Trotz deiner Herkunft, deines Standes, ja selbst trotz der Gelehrsamkeit wodurch du glanzest, bist du, auf der schlüpfrigen Bahn iippiger Jugend zu sklavischen Wohllüsten herabgesunken und hast den herben Lohn unseliger Neugierde i) Fortuna. davongetragen. Aber wie dem auch sei, die Blindheit des Geschickes hat, indem sie dich durch die argsten Gefahren peinigt, in kurzsichtiger Bosheit dich zu dieser religiösen Gesinnung geführt! Nun mag es sich in toller Wut ergehen und andere Opfer für seine Grausamkeit suchen! Denn über diejenigen, deren Leben die Hoheit unserer Göttin für sich hat aufgefordert, hat der feindliche Zufall keine Macht. Was haben die Rauber, was die wilden Tiere, was die Sklaverei, was der beschwerlichsten Reisen verschlungene Irrwege, was die tagliche Todesfurcht dem verruchten Geschicke genützt? Du bist jetzt aufgenommen in die Hut auch eines Geschickes, aber eines sehenden, das mit dem Glanze seines Lichtes auch die übrigen Götter erleuchtet. So nimm denn eine frohere Miene an, wie sie sich zu diesem weissem Gewande schickt und begleite mit festlichem Schritte den Zug der heilbringenden Göttin! Sehen mögen es die Unglaubieen, sehen und ihren Irrtum erkennen! "Siehe da, wie, von O ' seinen früheren Kümmernissen erlöst, Lucius, ob der grossen Isis Vorsehung erfreut, über sein Geschick triumphirt! Doch um sicherer, um desto beschützter zu sein, melde dich zum Eintritt in diesen heiligen Kriegsdienst — bald wird man dich aufïfordern, ihm den Eid zu leisten — und weihe dich schon jetzt dem Gehorsam unserer Religion und nimm freiwillig das Joch ihres Dienstes auf dich! Denn sobald du erst angefangen hast, der Göttin zu dienen, wirst du desto mehr den Genuss deiner Freiheit empfinden." Auf die Schiffsweihe, so interessant sie auch ist, können wir nicht eingehen: wir müssen uns so rasch wie möglich zu den Mysterien wenden. Wahrend bisher das elfte Buch in engcm Zusammenhange mit den vorhergehenden steht, lockert sich von nun an das Band mehr und mehr, bis schliesslich der Autor sich selbst identisch mit seinem Lucius erklart, 27 flgg. Und wenn wir es auch nicht, mit Augustinus, für möglich erachten werden, dass der Lucius in den zehn ersten Büchern gleichfalls kein anderer als der Verfasser selber sei,') so darf, doch auch andererseits, nach den griindlichen Darlegungen der Sachkundigen, nicht mehr in Abrede gestellt werden, dass Apuleius am Schlusse des Romans seine eigene Einweihung in den Isiskult und zwar in vollem Ernste geschildert hat.2) Lucius also, entschlossen, sich dem Dienste der Isis zu weihen, mietet sich eine Wohnung innerhalb der Ringmauern des Tempels,3) um desto bequemer mit den Priestern der Göttin Umgang zu pflegen, 19. Treu nimmt er an den öffentlichen Zeremonien teil und wünscht auch, zu den geheimen zugelassen zu werden. 21.-4) "Mit jedem Tage" — so der Autor — "wuchs meine Begierde um der Heiligtümer teilhaftig zu werden und mit den dringendsten Bitten lag ich zum öftern dem Hohepriester an, mich endlich doch in die Geheimnisse der heiligen Nacht einzuweihen. Allein dieser übrigens ernste und im Rufe strenger Inachtnahme des Gottesdienstes stehende Mann hielt mit Milde und Freundlichkeit und gleichwie Eltern unzeitige Begierden ihrer Kinder zu massigen pflegen, 1) Vom Gottesstaat, XVIII, 18, woselbst er eine psychologische und keineswegs sinnlose Erklarung solcher angeblichen Verwandlungen versucht. Vgl. A. de R o c h a s, Les frontières de la science 2e série (1904) S. 81 flg., der auch jene Stelle teilweise zitiert, S. 82, 1) wo aber, anstatt LVIII, XVIII zu lesen ist. 2) Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 80 flg. 112 flg.* Rohde, Zu Apuleius in Rhein. Mus. N. F. 40 (1885) S. 775 Monceaux, Apulée magicien in Rev. d. deux mondes 85, S. 593i Roman et Magie S. 274;Guimet, Le dieu d'Apulée in Rev. hist. Rel. XXXII (1895) S. 242—248. 3) Über diesen, jetzt ganzlich zerstörten Tempel vgl. Lafaye, Hist. cult. div. d'Al. S. 230—234 u. Drexler u. d. W. Isis Sp. 389. Von dem aufgedeckten Isium zu Pompeji, vgl. Lafaye Hist. cult. div. d'Al. S. 173—199, Mau, Pompeji (1900) S. 154—167, war er durch seine Dimensionen und auch in anderen Hinsichten verschieden, L afay e, Hist. cult. div. d'Al. S. 231. 4) In diesen und den folgenden Paragraphen habe ich starke Bezüge aus der Übersetzung gemacht, welche J. A. Hartung, Die Rel. u. Mytliol. d. Griechen IV (1873) S. 129—133 von dieser Stelle gegeben hat. mein ungestümes Drangen zurück und beruhigte mit dem Troste einer besseren Hoffnung mein erregtes Gemüt. "Denn der Tag, worauf ein Jeder eingeweiht werden könne, werde durch den Wink der Göttin angezeigt, gleichfalls der Priester, welcher die iïeiligtümer reichen dürfe, durch ihre Vorsehung erwahlt und auch die zu den Zeremonien nötigen Ausgaben durch eine ahnliche Weisung bestimmt. Dies alles, meinte er, müssten auch wir mit geziemender Geduld abvvarten, da ich ja sowohl Zudringlichkeit als Widersetzlichkeit aufs Ausserste zu vermeiden habe und dem Rufe der Göttin weder ungehorsam sein noch zuvorkommen dürfe. Und es sei auch niemand der Seinen von so heilloser Sinnesart, ja, so todessüchtig, dass er, ohne einen absonderlichen Befehl der Göttin, einen so vermessenen und heiligschanderischen Dienst zu verrichten und eine tödliche Schuld auf sich zu laden wage. Denn sowohl die Riegel der Unterwelt als auch der Schirm des Heiles lagen in der Hand der Göttin und die Übergabe selber werde als Bild eines freiwilligen Todes und einer Rettung aus Gnaden gefeiert, denn die Göttin pflege nur solche, die nach dem Ablaufe der Lebenszeit, schon auf der Schwelle des scheidenden Lichtes stehen, denen jedoch die grossen Verschwiegenheiten der Religion ruhig anvertraut werden können, zu erwahlen und, nachdem sie durch ihre Vorsehung gleichsam wiedergeboren sind, auf eine neue Lebensbahn zu stellen. Ich müsse also auch der himmlischen Vorschrift mich unterwerfen, ob ich gleich aus besonders auffallender Gunst der grossen Gottheit vorlangst schon zu ihrem seligen Dienste auserkoren und berufen sei, und ich müsse mich ebenso wie ihre anderen Verehrer ungeweihter und sündhafter Speisen schon jetzt enthalten um desto rascher zu den verborgensten Geheimnissen der allerreinsten Religion zu gelangen." 22. So sprach der Priester und mein Gehorsam wurde durch keine Ungeduld getriibt, sondern erwartungsvoll in milder Ruhe und löblicher Schweigsamkeit verrichtete ich einige Tage den heiligen Dienst aufs Eifrigste. Und nicht tauschte oder qiialte mich durch langwierigen Aufschub der machtigen Göttin heilbringendes Wohlwollen, sondern im Dunkel der Nacht gab sie mir durch keineswegs dunkle Bcfehle deutlich zu verstehen, gekommen sei der mir immer wünschenswerte Tag, an dem sie mich der Erfüllung des höchsten Wunsches teilhaftig machen wolle, bestimmte die Kosten, welche ich für die vorbereitenden Sühnopfer zu erlegen hatte, und übertrug ihrem Oberpriester, jenem Mithras selbst, der, wie sie sagte, durch eine gewisse göttliche Übereinstimmung der Gestirne mit mir verbunden sei, meine Einweihung. Durch diese und die übrigen wohlwollenden Befehle der hehren Göttin im Herzen erquickt, schüttle ich, ehe es noch ganz heil geworden, die Ruhe ab, eile sogleich zur Behausung des Priesters hin und begrüsse ihn, als er eben aus seinem Schlafgemach herausgeht. Fester als je war ich entschlossen, von ihm die Bedienung, wie durch göttlichen Befehl mir verschuldet, zu fordern. Aber sobald er mich erblickte, kam er mir zuvor und rief: "O glücklicher, o seliger Lucius, den die erhabene Gottheit eines so ausnehmenden Wohlwollens würdigt! Und" — rief er aus — "was stehst du noch zögernd und versaumst dich selbst? Der Tag ist da, den du in anhaltenden Gebeten herbeigewünscht hast, an dem du, auf der vielnamigen Göttin Geheiss, durch diese meine Hande in ïhrer Heiligtümer frömmste Geheimnisse eingeführt werden solist." Hiermit legt der freundliche Alte sehie Rechte auf mich, führt mich stracks zu den Flügeltüren des geraumigen Tempels, verrichtete nach feierlichem Brauch das Amt der Eröfïfnung und holt nach Darbringung des Morgenopfers aus dem verborgenen Teile des Heiligtums einige in unverstandlichen Buchstaben geschriebenen Bücher hervor, welche teils in allerlei Tierfiguren kurzgefasste Satze einer Formelsprache ahnen liessen, teils durch verknotete und radförmig gewundene und wie die Gabeleien der \\ einranken in einander gedrangte Schriftzüge vor profaner Neugier beschützt waren. Daraus giebt er mir an, was zum Zweck der Weihe notwendigerweise vorzubereiten sei. 23. Sofort sorge ich mit Eifer und noch viel freigebiger dafür, dass dies teils durch mich selbst, teils durch meine Gefahrten angekauft wird. Und als bereits die Zeit, wie der Priester sagte, es gebot, führt er mich, in Begleitung der heiligen Schar zum nachsten Bade und nachdem er mich zuvor der gebrauchlichen Waschung übergeben, flehte er erst die Götter um Einwilligung an, wusch mich ab mit reiner Urnsprengung, führte mich wieder zum Tempel zurück, als bereits zwei Drittel des Tages verstrichen waren, steilte mich unmittelbar vor der Göttin Füsse, trug mir insgeheim einiges auf, was zu gut ist für Mitteilung und laut vor allen Zeugen befiehlt er mir, die folgenden zehn Tage nacheinander die Esslust einzuschranken, kein Tierfleisch zu essen und weinlos zu bleiben. Nachdem ich dies in ehrfürchtiger Enthaltsamkeit nach Brauch erfüllt, war schon der Tag da, an dem ich auf göttlichem Befehl zu erscheinen hatte, und in schrager Bahn zog die Sonne den Abend herbei. Siehe, da stromen von allen Seiten die Scharen der Geweihten heran, nach altem Brauch mit verschiedenen Geschenken jeder mich ehrend. Dann nach der Entfernung aller Ungeweihten fasst mich, den mit einem groben Linnengewande Bedeckten, der Priester bei der Hand und führt mich zum Innersten des Heiligtums. Vielleicht möchstest du, geneigter Leser, mit gespannter Erwartung fragen, was ferner gesagt, was getan sei; ich würde es sagen, wenn es vergönnt ware, es zu sagen, und du würdest es vernehmen, wenn es vergönnt ware es zu hören. Aber in gleichem Masse würden Ohren und Zunge, diese gottloser Schwatzhaftigkeit, jene vermessener Neugier sich schuldig machen. Dennoch will ich, da du vielleicht von religiösem Verlangen getrieben wirst, dich nicht mit langgespannter Erwartung qualen. So höre denn, aber glaube, was wahr ist: "Ich ging bis zur Grenze des Todes; ich betrat Proserpinens Schwelle und nachdem ich durch alle Elemente gefahren, kehrte ich wiederum zurück; um Mitternacht sah ich die Sónne mit hellweissem Lichte strahlen; vor die unteren und oberen Götter trat ich hin, von Angesicht zu Angesicht, und betete sie aus nachster Nahe an." Siehe! da habe ich dir berichtet, was du, obwohl du es gehort, doch nicht verstehen kannst. Also werde ich allein dasjenige, was ohne Versündigung dem Verstande der Ungeweihten verkiindet werden kann, berichten. 24. Es war Morgen geworden und nach Vollziehung der Feierlichkeiten trat ich in zwölf Stolen (heiligen Gewandern) hervor,') einem zwar sehr rituellem Anzuge, über den mich jedoch nichts zu reden verhindert, da es ja zu der Stunde sehr viele Anwesenden gesehen haben.2) Denn in der Mitte des heiligen Gebaudes betrat ich, auf des Priesters Geheiss, eine hölzerne, vor das Bild der Göttin gestellte Bühne, in einem zwar linnenen, aber blumig bestickten Kleide augenfallig. Von meinen Schultern hing ein kostbarer Mantel bis auf die knöchel hinterwarts herab. An allen Seiten war ich be- 1) J. van der Vliet hat in seiner Ausgabe: "Duodecim sacratis stolis ," d. i. "von zwölf mit heiligen Gewandern Bekleideten umgeben." Wo er seine Gründe für diese eingreifende Anderung auseinandergesetzt hat, habe ich nicht ermitteln können. In den Philosophoum. ist S. 142 Ed. Dunck., an einer in IV naher zu behandelnden Stelle, von Isis als'der "mit sieben Stolen Bekleideten" die Rede, wobei freilich diese Siebenzahl auf die sieben Planetenspharen bezogen wird, eine unverkennbar chaldaische Lehre, sodass hier an eine Verschmelzung der Isis mit Istar zu denken ist, Gruppe, Gr. Myth. u. Rel. II S. 1566 Anm. 1). Plutarch spricht in Über Isis u. Os. 78 von den buntfarbigen Stolen der Isis, ohne indessen eine bestimmte Zahl zu nennen. 2) Hieraus ergiebt sich dass an der mystischen Feier selbst nur Wenige teilnahmen. zeichnet mit bunten Tierbildern: hier indische Schlangen, dort hyperboraische Greife, wie sie in der Gestalt gefliigelter Wesen eine andere Welt erzeugt. Die Geweihten nennen dies die olympische Stola. Aber in der rechten Hand trug ich eine hellbrennende Fackel und um mein Haupt schlang sich ein zierlicher Kranz, aus welchem glanzende Palmblatter gleich Strahlen hervorstanden. So war ich der Sonne gleich geschmückt und wie ein Standbild hingestellt, als plötzlich die Vorhange zurückgezogen wurden und das Volk an meinen Anblick hing. Darauf feierte ich den Geburtstag meiner Einweihung mit süsser Mahlzeit und heiterem Gelage. Auch der dritte lag wiirde mit gleichem zeremoniellem Brauche gefeiert: einem heiligen Frühmahl und der gebührenden Vollendung der Weihe." Über das Weitere können wir uns hier kurz fassen. Lucius reist auf Antrieb der Göttin nach Rom, 26 und wird nach Verlauf eines Jahres auch in die "nachtlichen Orgiën (s. II, Anf.) des höchsten Gottes" (wohl Osiris)') eingeweiht, 27— 28. Bald darauf ermahnen auf's Neue ihn nachtliche Bcfehle, sich auch einer dritten Weihe zu unterziehen und sich höchlich dariiber zu freuen, dass ihm "dreimal zu Teil wird, was einem anderen kaum einmal vergönnt ist, 29. Schliesslich wird er, auf Geheiss des Osiris in das Kollegium der Pastophoren (Tempeldiener), ja, selbst unter die Dekurionen (Zehnmanner, Vorsteher der Gemeinde) aufgenommen, 30. Über das Wesentliche dieser Weihen schweigt der Verfasser ganzlich; die Vorbereitungen aber waren dieselben wie bei der ersten. Oft hat man diese Isisweihen für nahezu identisch mit 1) Man las früher an dieser Stelle vor den Worten "principalis dei" (des höchsten Gottes), "Serapis", was v. d. Vliet in "deraso capite" (mit glatt geschornem Kopfe) geandert hat. Da aber, wie schon bemerkt, Osiris mit Sarapis identifiziert wurde, ist dieser Unterscliied nicht sehr erheblich. den eleusinischen erklart, teils weil jener Demeterkult agyptischen Ursprungs sei, >) teils weil im Zeitalter des Synkretismus der Demeterkult überhaupt sich mit dem der Isis verschmolzen habe.2) Es ist jedoch ausserst zweifelhaft, ob die eleusinischen Weihen direkt vom Isisdienste abzuleiten sind und ob spater eine, sagen wir offizielle Gleichsetzung der Isis mit Demeter in Griechenland stattgefunden hat.3) Gewiss hat es sowohl in alteren als in spateren Zeiten an freundschaftlichen Berührungen zwischen beiden Religionen keineswegs gefehlt und sind gewisse Ahnlichkeiten in Mythus und Zeremoniell nicht zufallig.4) Doch wird dieses öfter allzuhoch angeschlagen. Wenn z. B. zu Hermione im Tempelbezirke der Isis (und des Sarapis) auch Demetermysterien begangen sind,5) so mochten hierbei auch andere als dogmatische Rücksichten bestimmend wirken. °) Keuschheit aber, Fasten, Reinigungen, Gelöbnis des Schweigens waren bei weitaus den meisten Geheimfeiern üblich. Und bei naherer, unbefangener Beobachtung wird jeder gestehen mussen, dass zwischen den eleusinischen Mysterien und den Isisweihen der Kaiserzeit ein grosser Unterschied obwaltet. Schon der Mythos ist in beiden keineswegs der gleiche: nirgends z. B. wird erzahlt, dass Isis ihre Tochter7) oder Demeter den zerstückelten Dionysos suchte. Aber noch grösser ist der Unterschied in der Ordnung und dem Zwecke der Feierlichkeiten, in der ganzen Tendenz beider Religionen. 1) Vgl. Foucarts in II S. 28 besprochene Hypothese. 2) Vgl. u. a. D re x 1 er u. d. W. Isis Sp. 443—448. 3) Gruppe, Gr. Myth. u. Religionsgesch. II, S. 1570 Aom. 5). 4) ï»ach Gruppe, a. a. O. hatte "eine weitgehende Anahnlichung der einzelnen Riten und Gebrauche des Isis- und Demeterkultus stattgefunden, hauptsachlich allerdings in vorhellenistischer Zeit". So sei die mystische Kiste (s. o. Apul. XI, 11) in den Isisdienst übernommen worden, S. 1574. 5) Pausan. Beschr. Gr. II, 34, 10. 6) Gruppe, S. 1570 Anm. 5). 7) Gruppe, Gr. Myth. u. Rel. II S. 1581. Die eleusinischen Mysterien wurden als Fest zu einem bestimmten, unveranderlichen Termin gefeiert, aber fiir jede Isisweihe (die ja an sich kein Kultfest war), konnte ein beliebiger Tag angewiesen werden. Die eleusinischen Geheimnisse konnten jedem, der nur keinen drevel begangen und kein Barbar war, enthüllt werden, die der Isis nur denjenigen, welche die Göttin selbst im Traume dazu angewiesen hatte. In Eleusis wurden, wenigstens in der Myese, Hunderte zugleich eingeweiht, in die Isisweihen in der Regel nur Einzelne, wenn es auch sehr wohl möglich ist, dass bei den Mysterienfesten, wovon spater die Rede sein wird, mehrere zugleich aufgenommen wurden.') In Eleusis war die Astrologie nicht eingedrungen, bei den Isisweihen dagegen übte sie einen gewissen Einfluss aus. Und schliesslich widmeten selbst jene, die zur Epoptie zugelassen wurden, sich nicht ganzlich dem eleusinischen Kulte; die Isismysten aber anderten ihre Lebensführung, sie wurden eine der Göttin geweihte Schar, und nicht selten sogar zu Priestern erwahlt.2) Die alexandrinische Religion war eben, wie es sich vom Anfang an zeigte, und wir bei Apuleius selbst ausdrücklich ausgesprochen finden, bestrebt, die anderen Kulte zu umfassen und sah in Isis die "Eine, die Alles ) war, so mussten denn auch ihre Weihen einen tiefergehenden und oft sich auf alles erstreckenden Einfluss ausüben. Hatten die Isisweihen ihren mythologischen Hintergrund teilweise mit dem Demeterdienste gemein, so zeigten sie be- :) Schoemann, der den Unterschied zwischen den eleusinischen Mysterien und den Isisweihen sehr gut aufgezeigt hat, geht doch wohl zu weit wenn er, Gr. Alt.4 II, S. 418 behauptet dass in diesen "immer nur Einzelne" eingeweiht seien. 2) Derselbe Unterschied wie zwischen den eleusinischen Mysterien und denen der Isis bestand wesentlich auch zwischen letzteren und den samothrakischen, ausser dass in diese auch Einzelne und zu beliebiger Zeit aufgenommen wurden. V) "Una quae es omnia" auf einer Inschrift in Capua, Corp. inscr. lat. X, I 3800. züglich des Zeremoniellen eine grössere Ahnlichkeit mit dem Kult jenes pcrsischen Gottes, dessen Namen wohl nicht zufallig der Einweihungspriester des Apuleius tragt, nl. des Mithra. ') Mithra war ursprünglich der Gott des Tageslichtes2) und wohl nur eine Modifikation des höchsten Himmelsgottes Ahura(mazda).3) lm Zeitalter der Achaemeniden (6.—4. Jht.) diesem untergeordnet,4) nahm er dennoch als Kriegsgott und Schutzherr der Dynastie5) eine hervorragende Stellung ein. Im Laufe der Zeiten aber wurde er mehr und mehr zum Beherrscher des Gebietes zwischen dem Aetherreich und der Unterwelt, zum Mittler zwischen Göttern und Menschen. °) Dem Einfluss des astrologischen Gestirnkultes der Chaldaer ist er nicht entgangen 7) und so kam es, dass man ihn schliesslich mit dem Sonnengotte identifizierte.s) Sein Kult, der sich wesentlich schon im dritten und zweiten vorchristlichen Jahrhundert herausgebildet hatte0) undspaterhin nur oberflachliche Anderungen erhielt,10) vermochte erst seit den Flaviern in der römischen,1') nie jedoch in der griechischen Welt Wurzel zu fassen.,2) Die Anhanger 1) Vgl. an erster Stelle F. Cumont, Textes et Monuments figurés rel. a. myst. d. Mithra, T. I (1899) T. II (1896), kurzgefasst als "Les mystères de Mithra" 1900 u. 1902; letzteres von Gerich übersetzt (1903). Vgl. auch J. Grill, Die persische Mysterienreligion im rüm. Reich und das Christentum (1903). 2) Cumont. Text. et Mon. I, S. 225, 303. 3) Grill, Die pers. Mysterienrel. S. 3. 4) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 227. 5) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 226 flgg., 229 f. f. 6) Cumont, Text. e. Mon. I S. 228 flgg. u. 303 f. f. 7) Cumont, Text. e. Mon. I S. 231, 299 flgg. Viele Mithrasverehrer befieissigten sich auch spater der Astrologie, Cumont, Text. e. Mon. I S. 120. 8) Cumont, Text. e. Mon. I S. 231, 236, 300, 303. 9) Cumont, Text. e. Mon. I S. 234. 10) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 238 flgg. 11) Cumont, Text. e. Mon. I S. 245. 12) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 241 flg. waren grösstenteils Sklaven') und Soldaten,2) daher die Legionen den Mithrasdienst bis an die aussersten Grenzen des Reiches gebracht3) und namentlich in Dacien und Germanien verbreitet haben. 4) Nie ist der Kult des Persergottes offiziell als Bestandteil der Staatsreligion anerkannt worden, 5) obgleich die Kaiser seit Commodus (180—192) ihn begünstigten und vor allen Iulian ein eifriger MithrasverehrerG) war. Aber mit dem Tode des Letzteren ging auch der Mithrai'smus rasch seiner Auflösung entgegen: schon vor dem Ende des vierten Jahrhunderts war er öffentlich vernichtet1) und spaterhin haben nur kümmerliche Reste im Stillen ihr Dasein gefristet.8) Wiewohl uns zahlreiche Überreste von Mithraeen und andere Denkmaler erhalten sind, so bleiben wir, der sparlichen und zerbröckelten litterarischen Zeugnisse wegen, doch über die Zeremonien und Dogmen dieses im vollsten Sinne des Wortes mysteriösen Kultes noch sehr im Dunkeln. °) Immerhin wissen wir, dass die Priesterschaft eine geschlossene Hierarchie war, ,0) dass an der Spitze jeder Gemeinde ein Kollegium von Dekurionen") stand und dass die Einzuweihenden sieben Grade, analog den Spharen der sieben Planeten, welche die Seele nach dem Tode zu durchsteigen hatte, durchliefen. n) Die Namen der Geweihten, in aufsteigender Reihe, waren: "Raben", "Verhiillte", "Krieger", 1) Cumont, Text. e. Mon. I S. 264 flgg. 2) Cumont, Text. e. Mon. I S. 246 flgg. 3) Cumont, Text. e. Mon. I S. 248. 4) Cumont, Text. e. Mon. I S. 249 flgg. 5) Wissowa Rel. u. Kult. d. Röm. S. 309. 6) Cumont, Text. e. Mon. I S. 281. 7) Cumont, Text. e. Mon. I S. 348. 8) Cumont, Text. e. Mon. I S. 348 flg. 9) Wissowa, Rel. u. Kult. d. R. S. 310 flg. 10) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 323 flgg. 11) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 326. 12) Cumont, Text. e. Mon. I S. 316, vgl. 309. "Löwen", "Perser", «Sonnenlaufer", "Vater".') Diese letzteren scheinen den Vorsitz bei den Zeremonien gehabt zu haben,2) wie ja auch die Priester, freilich nicht immer, zu den "Vatern zahlten.3) Das Oberhaupt der "Vater" hiess "Vater der Vater".4) Einen festen Termin für die Aufnahme gab es nicht, doch scheint sie am meisten im Marz und April stattgefunden zu haben.5) Bei der Einvveihung in jeden Grad waren Fasten, Enthaltsamkeit und allerlei Waschungen vorgeschrieben. °) Von den verborgenen Handlungen wissen wir nur sehr wenig. "Mithras" so versichert Tertullian7) "versieht seine "Krieger" mit einem Zeichen an der Stirn.. . und führt ein Bild der Auferstehung vor;" in welchem Grade und wie letzteres geschah wird nicht gesagt. Nach Porphyrius8) wurde jenen, die in den Grad des "Löwen" eintraten, ein mit allerlei Tierfiguren besticktes Gewand angelegt; auch scheint es, dass erst mit dieser Stufe die wahre Einweihung begann.9) Es gebrach nicht an schaudererregenden Handlungen, um den Mut des Initianden auf die Probe zu stellen,10) wie ja der Mithrasdienst ein militarisches Geprage n) trug und beziehungsweise nur wenige, Frauen aber gewiss nur in seltenen Ausnahmefallen zuge1 assen wurden. '2) Das heilige Siegesmahl mit Wasser (wohl auch Wein) und Brot, l3) von christlichen Schriftstellern für 1) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 314 flgg. 2) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 317. 3) Cumont, Text. e. Mon. I S. 323. 4) Cumont, Text. e. Mon. II, S. 317 flg. 5) Cumont, Text. e. Mon. I S. 326. 6) Cumont, Text. e. Mon. I S. 321. 7) t ber die Vorschriften der Hiiretiker 40. 8) tber die Enthaltsamkeit vom Fleischessen IV, 16. 9) Cumont, Text. e. Mon. I S. 317. 10) Cumont, Text. e. Mon. I S. 321 flg. 11) \ gl. A. Harnack, Militia Christi. Die chr. Religion u.d. Soldatenstand in den ersten drei Jahrhunderten (1905) S. 38 flg. 12) Tertullian, a. a. O., Cumont, Text. e. Mon. I S. 329 flg. 13) Cumont, Text. e. Mon. I S. 320 flg. eine damonische Nachaffung des AKndmahls erklart,') wurde erst in einem höheren Grade, ) vvahrscheinlich am Schlusse der ganzen Einweihung gehalten. Ausser den Übereinstimmungen in Détails,3) welche dem Leser alsbald auffallig sind, hatten der Isiskult und die Mithrasreligion vorzüglich dieses geinein, dass sie die ausgesprochene Tendenz zeigten, ihre Geweihten nicht nur vorübergehend zu impressionieren. sondern fürs ganze Leben an sich zu fesseln. In beiden Kuiten finden wir die Auffassung der Religion als die eines heiligen Kriegsdienstes,4) dem man sich, unter wiederholter Askese, rückhaltslos hin* zugeben hat. Auch war das ethische Moment beiderseits in starkerem Masse, als bei den anderen Mysterien ausgepragt; für die Keuschheit der Triester hat selbst ein Tertullian Worte der Anerkennung.5) Bei solch gemeinschaftlichem Streben konnte es an vielfachen Berührungen, und, bei der bekannten Toleranz des Polytheismus, auch an freundschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Religionen nicht fehlen. Es hat Mithras-" Vater" gegeben, die gleichzeitig Priester der Isis und des Sarapis waren, wobei, wie mit Recht bemerkt worden ist, der Wunsch des Familienhauptes mit hineinspielen mochte, den von der Mithrasweihe ausgeschlossenen weiblichen Angehörigen einen Ersatz zu schaffen.6) Bezüglich der Frage, ob die Isis-oder die Mithrasreligion grössere Ausdehnung genommen, ist u. E. auszugehen von 1) lustin. Apol I, 66, Tertull. a. a. O. 2) Cumont, Text. e. Mon. I S. 321. Vgl. auch O. Pfleiderer, Das Christusbild d. urchr. Glaubens in religionsgesch. Beleucht. (1903) S. 87 flgg 3) Cumont, Text. e. Mon. I S. 323 Anm. 4) "Beaucoup de traits des mystères d'Isis, tels qu' Apulée les dépeint, sont applicables a ceux de Mithra. 4) Vgl. die oben angeführte Stelle aus Apul. Met. XI, 15. 5) Über die Vorsch. d. Har. 40, Über die Ermahnung zur Keuschheit II, Über die Monogamie, 17. 6) Grill, Die pers. Myst. S. 41. einer Stelle aus dUvn von Origenes um 248, d. h. zur Zeit der Bliite des Mithraskultes verfassten Werke " Wider Kelsos", woselbst dem Mithraskulte, als eincr "sehr obskuren Sekte", VI, 23 die anderen Mysterien, vorzüglich der Agypter "auf welche viele stolz s" d", VI, 22 gegeniibergestellt werden, ein Zeugnis, welches die anderen Daten vollends bestatigen. Alle aufgedeckten Mithraeen sind von geringen Dimensionen; selbst die grössten konnten höchstens nur hundert Personen fassen!') In Spanien und Agypten sind nur wenige Mithrasheiligtümer gefunden, in Griechenland und WestKleinasien fast gar keine.2) Die Tempel der agyptischen Götter dagegen waren zum Teil, wie u. a. der obenerwahnte zu Kenchreai, von gewaltigem Umfange, und Überreste der Agyptischen Kulte sind in allen Landern des Römerreiches 3) gefunden. Es ist ganz im Einklang hiermit, dass in der Litteratur der Mithrasdienst nur eine geringe,4) der alexandrinische Kult aber eine grosse Rolle spielt.5) Und wie konnte es auch anders sein, da die persische Religion in Griechenland, dem Hauptsitz der alten Kultur, nie Fuss zu fassen vermochte und die Frauen, welche doch gewöhnlich das bedeutendste Kontingent zu einer Religion liefern, grundsatzlich ausschloss, die agyptische dagegen gerade in Griechenland grossen Anhang hatte und vorzüglich das weibliche Geschlecht zu gewinnen wusste?0) 1) Cumont, Text. e. Mon. I S. 65. ■*) Vgl. bei Cumont, Text. e. Mon. I am Schlusse die "Carte de la diffusion des Mystères de Mithra." ». 3) Drexler u. d. W. Isis Sp. 373—426. 4) Alle Texte, mit Einschluss der Anmerkungen, nehmen bei Cumont, Text. e. Mon. II u. I a. S. nur 84 Seiten ein! 5) Dies wird sich in V naher zeigen. 6) Alles in allem dürfte A. Gasquet das Richtige getroffen haben, wenn er in seinem "Essai sur le culte et les mystères de Mithra" (1899) S. 140 Zweifel an der angeblich so grossen Popularitat des Persergottes aussert und behauptet: "Ausserhalb der Legionskantonnemente zeigt nichts darauf hin dass er (der Mithriacismus) die Bevölkerungen tief durchdrungen hatte." Aber Dies trifft zugleich auch die Frage, ob und in wiefern der Mithras-') und der Isisdienst das Christentum beeinflusst haben. Zwar sind der Ahnlichkeiten zwischen dem Mithriacismus und dem Christentum viele, sowohl innerliche als ausserliche. Die eine wie die andere Glaubensweise war eine ausgesprochene Erlösungsreligion. War jene ein Geheimkuit, so entwickelte sich in dieser eine Geheimdisziplin. Hier wie dort eine Offenbarung, ein "Mittler", der Schöpfer und Heiland zugleich ist, der Glaube an die Auferstehung der Toten, an einen Himmel der Seligen, eine Hölle der Verdammten; eine asketische Moral mit der Idee eines sittlich-religiösen Kriegsdienstes, eine Taufe, eine heilige Mahlzeit, die Feier des Sonntags und, mindestens seit dem vierten Jahrhundert, ein zum Solstitium in Beziehungstehendes Weihnachtsfest am 25. Dezember. Aber all diese — und noch andere — Ahnlichkeiten, wie treffend auch, können grösstenteils aus dem Ursprunge beider Religionen erklart werden ~) und eine bewusste Entlehnung ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil beide Confessionen ihre besten Krafte aus wesentlich verschiedenen Spharen zogen. Der Mithraskult rekrutierte seine besten Anhanger aus den Legionen, in welchen die Christen selbst noch in nach-Konstantinischer Zeit lange in der Minoritat waren,3) das Christentum dagegen gerade aus jenen Provinzen, in denen der Mithrasdienst nie Wurzel zu fassen vermochte,1) und aus dem weiblichen Teile der Bevölkerung. Haben daher auch Beziehungen zwi- Cumont, Text. e. Mon. I S. 344 f. f- hat sich leider von dem Worte des überhaupt nicht so ernst zu nehmenden Rénan, "Mare Aurèle" S. 579: "Ware das Christentum in seinem Anwuchs durch irgend eine tötliche Krankheit aufgehalten worden, so ware die Welt mithriastisch" zu sehr beeinflussen lassen, vgl. Grill, Die pers. Myst. S. 52. 1) Vgl. Cumont, Text. e. Mon. I S. 338—344, Grill, S. $0 flg. 2) Cumont, Text. e. Mon. I S. 341. 3) Vgl. meine Schrift "Dienstweigering bij de oude Christenen" (1905) S. 3a— 50. 4) Dieterich, Die Rel. d. Mithras S. 31 in Bonn. Jhrbb. 108/9 (1902). t schen beiden Religionen stattgefunden') und war ein gewisser Wettbetrieb unvermeidlich, haben die Mithraspriester vielleicht den Anstoss zur grossen Verfolgung des Diokletian gegeben3) und spater die Christen mit unerbittlichem Hasse die Mithrasheiligtümer zerstört,3) so konnte doch niemals das Christentum vom Mithriacismus in seiner Existenz bedroht werden.+) Ganz anders war das Verhaltnis des Isisdienstes zum Christentum. Nicht nur, dass hier die Analogieen in Benennung — man denke nur an den "heiligen Kriegsdienst" 5)— und im Zeremoniell — man denke nur an die Fasten, die Waschungen, die Tonsur;0) die Prozessionen,') die Morgenund Abendfeiern8) — treffend sind; dass, beim Isisdienste, die Teilung der Anhanger in eine grosse Menge "Glaubige" und einen Kern von "Geweihten" mehr als der wesentlich aufs Geheime beschrankte Mithraskult, an die christliche Kirche mit ihrer Scheidung zwischen "Katechumenen" (Uneingeweihten) und "Glaubigen ' (Eingeweihten) gemahnt; dass, im Mythos, die Tötung und Wiederbelebung des Osiris unwillkürlich an Christus Tod und Auferstehung, ®) die Schicksale sowohl als der Charakter der Isis, die, nach Apuleius' Worten Met. XI, 25 "den Unglücklichen in ihren Schicksalsschlagen die süsse Zartlichkeit einer Mutter bezeigt lebhaft an Maria, wie sie spater als Madonna ver- 1) Cumont, Text. e. Mon. I, S. 220 u. ;42 flg. glaubt konstatieren zu kónnen dass, nach dem Siege der Kirche, die christliche Kunst manches aus der des Mithriacismus entlehnt hat. 2) Cumont, Text. e. Mon. I S. 344. 3) Cumont, Text. e. Mon. I S. 347. 4) Hamack, Militia Chr. Die chr. Rel. u. d. Sold. S. 39. 5) Vgl. Hamack, Militia Chr. Die chr. Rel. u. d. Sold. S. 1—46 n. 122. 6) Apul. Met. XI, 10 u. 30, Plutarch, Über Is. u. Os. 3. 7) Vgl. J. Réville, La religion a Rome sous les Sévères, S. 60 Anm. 2). 8) Vgl. C. A. Böttiger "Die Isis-Vesper. Nach einem Herculanischen Gemalde", in Kleine Schriften arch. u. antiq. Inhalts, II, S. 210 230. 9) Vgl. O. Pfleiderer, Das Christusbild d. urchr. Gl. S. 62, 6q Anm. I) u. los. ehrt wurde, erinnern;') dass überhaupt die ganze Weibhchkeit und Weichheit des Isiskultes der Religion der Liebe niiher stand als die rauhe Soldatenreligion des Persergottes: der Umstand, dass beide Religionen aus denselben Spharen und Landern ihre besten Krafte zogen, macht es unglaublich, dass hier nicht Berührung und Entlehnung2) stattgefunden hatte. Es ist auch sehr bemerkenswert, dass erst nach dem Sinken des Isisdienstes (bzw. dem Eingehen der eleusinischen Mysterien) die Madonnaverehrung ihren Aufschwung nahm, wobei die in allen Landern angebetete Isis grosseren Einfluss als die immerhin in etwas mehr beschrankteren Kreisen heimische Demeter ausüben musste. Dass auch der Kampf des Christentums mit dem Isisdienste ein weit schwierigerer als mit dem Mithriacismus oder anderen Kuiten war, bezeugen nicht nur die haufigeren und heftigeren Angriffe der christlichen Polemiker auf Isis 3) und die agyptischen Götter als auf Mithras oder vielleicht sonst ïrgend eine Gottheit, sondern vor allem die unleugbare Tatsache, dass die Zerstörung des Sarapistempels in Alexandrien, jenes Bollwerkes der agyptischen Religion, einen viel tieferen Eindruck auf die ganze damalige Zeit gemacht hat als die Verwüstung der Mithraeen oder irgend welcher Heiligtiimer.4) 1) Die reichhaltigsten Litteraturangaben auch hier bei Drexler u. d. W. Isis Sp. 428 flgg. Dass insbesondere die Haltung der Isisbilder auffallig an die unserer Madonnen erinnert, ist auch neuerdings noch von E r m a n, Die agypt. Religion (1905) S. 224 bemerkt worden. 2) Vgl. vorzüglich die interessanten Ausftihrungen bei W. M. Flinders Petrie, Religion and conscience in ancient Egypt (1898) S. 46 und iiber die Einwirkung des Isisdienstes auf den christlichen Heiligenkult vgl. P. Saintyves, Les Saints Successeurs des Dieux (1907) S. 383—405. 3) Die Stellen u. a. bei Eafaye u. d. W. Isis in Dar. et Sagl. Die. d. Ant. V S. 578 Anm. 12 u. 13, doch nicht vollstandig. Hinzuzufügen sind z. B. Augustin, Vom Gottestaat VIII, 26 u. 27, XVIII, 37* 4) Vgl. V. Schuit ze, Gesch. d. Unt. d. gr.-röm. Heident. I S. 266 f. f. "Wie hoch man besonders die Zerstörung des Serapistempels anschlug, geht daraus hervor, dass ein christlicher Gelehrter namens Sophronius eine eigene Schrift darüber abfasste." Und schliesslich sei noch darauf hingewiesen, dass, wahrend die anderen Mysterien im Stillen untergingen, der Isisdienst sogar noch an einem berühmten Orte, ja, einem seiner Mittelpunkte, der Insel Philae, offiziell gefeiert wurde, bis, erst in 560, (s. oben S. 34) Iustinian dem Dienst ein Ende machte. Die Religion, welche dem Christentume am nachsten stand, hat ihm auch am langsten widerstanden. IV. Bei den Versuchen, die ausserordentliche Wirkung der Mysterien zu erklaren, wird oft vorzugsweise auf ihre aussere Ausstattung, die reichverzierten Tempel, die blendenden Lichteffekte, die prunkenden Gewander der Priester, die melodischen Musiktöne und Gesange, die kunstvollen "dramatischen" Darstellungen der Mythen hingewiesen. Gewiss nicht ohne Grund, wie dies ja Zeugnisse antiker Schriftsteller, wie z. B. das von uns am Schluss von II herangezogene des Aristeides, bestatigen. Aber doch ohne das Problem ganzlich zu lösen. Denn auch im früheren Altertum, als die Feier z. B. der eleusinischen Weihen eine noch ziemlich einfache sein musste, erfreuten sich diese schon eines gewissen Ansehens und den grössten Einfluss übten die Mysterien gerade zu jenen Zeiten aus, in denen es an prunkvollen, raffinierten und leicht zuganglichen Schaustellungen keineswegs gebrach. Überdies konnte von einer "dramatischen", oder richtiger, wie wir es in II gezeigt haben, pantomimischen Aufiführung nur dann die Rede sein, wenn an einem Feste Viele zugleich, nicht aber, wenn, wie es doch oft der Fall war, einzelne an beliebigen Tagen eingeweiht wurden. Statt an eine "dramatische Darstellung der Cultsage" ware hier noch eher an eine "Vorführung der die Darstellung ersetzenden heiligen Symbole" zu denken, ') gleichwie auch bei dem eleusinischen Mysterienfeste Symbole als "sinnbildliche, den Teil statt des Ganzen setzende, i) Anrich, Das antike Mysterienw. S. 44 u. 48. in dem Teil auf das Ganze hinweisende A b kü r z un ge n der unmöglich in voller Ausdehnung zu vergegenwartigenden Scenen"') gedient haben werden. Gleiches ist ja auch bei den Mysterien der Naturvölker der Fall, wie z. B. Fewkes von den mythologischen Darstellungen des von uns in II, S. 26 erwahnten Festes der Hopi sagt: "Das dramatische Element war sehr unvollkommen und folgte nicht den Détails der Legende.... sondern (nur) einzelne Episoden derselben werden vorgeführt".2) In betreff symbolischer Vorstellungen im Isisdienste ist hier eine vom Anfang der Kaiserzeit datierende Inschrift zu Rate zu ziehen, worin die Mitglieder einer religiösen Genossenschaft verzeichnet stehen, welche sich an der Zeremonie auf dem "Nilaeum" beteiligten.3) Diese wohl nur an standigen Festen übliche Zeremonie bezweckte vorzustellen, wie Isis auf der Barke von Papyrus die in den Nil geworfenen Glieder des Osiris sucht und auffischt; das "Nilaeum" war ein Bassin in welches etwas Wasser aus dem Nil gegossen wurde und das den heiligen See vorstellte, auf welchem Herodotos (vgl. II S. 27) die Schicksale des Osiris vorgeführt sah. Die mystischen Symbole waren natürlich, den verschiedenen Kuiten gemass, verschiedenartig; vieles ist uns auch von ihnen nicht überliefert. Die Symbole der kleinen Mysterien zu Agrai haben wir in II S. 11, und (S. 15 u. 21 fl&gO auch die eleusinischen, über die wir übrigens nur Vermutungen aufzustellen haben, erwahnt. Indessen ist hier noch eine Stelle aus dem Anfange der Schrift Tertullians gegen die Valentinianer zu berücksichtigen und zwar die Bemerkung, deshalb werde der Zutritt erschwert, die Einweihung verlangert, und die Erwartung aufs Höchste gespannt, um 1) Rohde, Psyche2 I S. 295. 2) Journ. americ. Ethn. a. Arch. IV S. 67. 3) Vgl. Foucart's schon in II zitierte Rech. s. 1'orig. e. la nat. d. myst. d. Él. S. 37. 5 schliesslich (in der Epoptie) das Bild des mannlichen Gliedes zu enthüllen; also ware der Phallos ein Hauptsymbol des Kultes gewesen.') Nach Anlass einer Zeremonie der (ursprünglich thrakisch-phrygischen) Sabaziosweihen, wobei den Mysten eine goldne Schlange den Schoss hindurch gezogen wurde, vermutet Dieterich, dass in der Bekenntnisformel der eleusinischen W-eihen: "Ich habe gefastet, ich habe den Kykeon getrunken, ich habe es aus der Kiste genommen, und nachdem ich gearbeitet hatte, habe ich es in den Korb gelegt und aus dem Korbe in die Kiste", die umstrittenen Worte (vgl. II S. 20) "nachdem ich gearbeitet" bei zu behalten und so zu erklaren seien, dass bei der Feier zu Eleusis die Mysten einen Phallos aus der Kiste genommen und damit eine jener oben erwahnten Zeremonie analoge Handlung verrichtet hatten. Dieterich beruft sich dabei auch auf archeologische Daten,2) vorzüglich auf jenes bekannte Campana-Relief, worauf ein mystischer Korb dargestellt ist, der zwischen allerlei Friichten einen deutlichen Phallos enthalt. Wenn aber auch Dieterichs Vermutung betreffs jener Bekenntnisformel der Wahrscheinlichkeit nicht ermangelt, so dürfte doch das erwahnte Bildwerk eher auf die mit orphischen Vorstellungen vermischten Dionysosweihen zu beziehen sein,3) da jener Korb, oder richtiger jene Schwinge von einem bartigen Satyr gehoben wird und hinter dem verhüllten Mysten eine Manade das Tamburin schlagt; auch war ja der Phallos schon unter den alten 1) Wir haben oben (II) S. 21 bemerkt, dass die Schlange zu Eleusis ein mystisches Symbol war. "In der Regel sind Schlangen in den cistae dargestellt. Aber Schlangen und Phallen sind in diesem Zusammenhang dasselbe." So H. Hepding, Attis, seine Mythen u. sein Kult S. 191 Anm. 6, der hierbei auf Gruppe, Gr. Myth. u. Rel. II S. 866 u. Anm. 1) verweist. 2) Dieterich, Eine Mithraslit. S. 125 Anm. 1). 3) Dies ist auch Dieterichs Auffassung in seinem Artikel "Ueber eine Scene der aristoph. Wolken" in Rh. Mus. 48 (1893) S. 278. Vgl. ferner Svoronos Erklar. S. 481 (273) mit Abbildung S. 480 (272)5 Harrison, Prol. S. 521, mit Abbildung S. 520. Symbolen des Dionysos.') Bei den samothrakischen Weihen, die ja mit dem Dionysosdienste verknüpft waren, wird der Phallos nicht gefehlt haben und Klemens spricht bei seiner Reproduktion der Kabeirenmythe ausdriicklich von einer Kiste, in der das Schamglied des Dionysos verborgen gewesen sei.2) Sicheres wissen wir auch in dieser Hinsicht von den Isisweihen. Nach dem Verfasser der "Philosophoumena", S. 142 versichern die Naassener "dass die Agypter, nach den Phrygern,3) die altesten aller Menschen, welche anerkanntermassen die Weihen und "Orgiën" aller Götter allen anderen Menschen zuerst mitgeteilt und deren Formen und Energieen verkündet haben, die heiligen und ehrwürdigen und den Uneingeweihten nicht mitzuteilenden Mysterien der Isis besitzen. Diese aber sind nichts anderes als das geraubte und von der siebengewandigen4) und schwarzgekleideten5) (Isis) gesuchte Schamglied des Osiris",0) also war von den Symbolen der wahrscheinlich in der heiligen Lade (vgl. III S. 45) verborgen gehaltene') Phallos nicht das letzte. Zur Bestatigung sei Kap. 18 von Plutarchs Büchlein "Ober Isis und Osiris"8) angeführt, woselbst erzahlt wird "von den Stücken des (zerrissen in den Nil geworfenen) Osiris habe Isis das Schamglied allein nicht gefunden, denn es sei sogleich 1) Vgl. z. B. über den phallischen Dionysosdienst in Attika Foucart,Le culte de Dionysos en Attique, in Mém. Ac. I. B. L. XXXVII 2>' part. S. 71—80, der auch diesen Brauch aus Agypten herleitet. 2) Klemens v. Al. Ermahnungsr. II, S. 16 Ed. Pot., Ed. Stahlin I S. 15. 3) Vgl. Apul. Met. XI, 5 (in III S. 41). 4) Vgl. oben, III S. 51 Anm. 1). 5) Vgl. Apul. Met. XI, 3. 6) Vgl. zu dieser Stelle Reitzenstein, Poimandres, Studiën zur griech.agypt. u. frühchristlichen Litteratur (1904) S. 86. u. Me ad, Thrice-Greatest Hermes Vol. IS. 155 flg. 7) Vgl. Hildebrand zu Apul. Metam. XI, 11. 8) Wir haben hierbei die Uebersetzungen von Parthey in seiner Ausgabe (1850) und von G. R. S. Mead in Thrice-Greatest Hermes. Vol. I S. 255 —368 benutzt. in den Fluss geworfen und von dem Lepidotos, dem Phagros und dem Oxyrynchos verzehrt worden, welche sie von allen Fischen am meisten verabscheuen. ') An seiner Statt habe Isis aber als Nachbildung den Phallos gemacht und geweiht, dem zu Ehren auch jetzt noch die Agypter Feste begehen." So versichert auch Diodoros Sikulus, I, 22; "— das Schamglied aber sei, wie man sagt, von Typhon in den Fluss geworfen.., von der Isis aber nicht minder als die anderen Glieder göttlicher Ehren würdig geachtet. Denn sie habe ein Abbild davon angefertigt und in den Heiligtümern zur Verehrung gezeigt und bewirkt, dass es sowohl in den Weihen als bei den diesem Gotte dargebrachten Opfern, mit der grössten Scheu und Ehrfurcht angebetet werde". Es ergiebt sich auch aus archaologischen Funden, dass schon im alten Agypten dem Osiris ein Phallosdienst geweiht war.2) Natürlich darf aus diesem Phallosdienste ebensowenig als aus den in II S. 20 flg. erwahnten anstössigen Mythen des eleusinischen Kultes, auf eine liederliche Lebensweise der Mysten geschlossen werden. Die alten Völker hatten eben rücksichtlich des Geschlechtslebens freiere Ansichten als wir, wenn auch manche schon damals an diesen Zeremonien und Mythen Anstoss nahmen und das Treiben gewisser mystischen Konventikel, zumal der aus Asien stammen- 1) P. Frisch zeigt in seiner Dissertation "De compositione libri Plutarchei qui inscribitur Tlepï "l