schied er aus der Kirche aus, um sich völlig seinen philosophischcn und literarischen Studiën zu wi& men. Er Hess sich daraufhin in dem komforta« beien Villendorf Aerdenhout (bei Haarlem) nieder und erbielt deswegen aucb den Namen „Pbilosopb van Aerdenhout”.
Es wurde seine Lehensaufgabe, die Philosophie aus der engen abér nicht destoweniger spekulatis ven Stube des wir mochten fast sagen lebenss fremden Gelehrten zu befreien, zu popularisieren, damit sie durch vertiefte Einsichten in die Lebenss zusammenbange den Sinn des irdiscben Daseins erleucbtete. Nacb seiner Dissertation: „Die tung Sbaftesburys in der engliscben Etbik” ver= öffentlicbte er eine grosse Serie popularswissens scbaftlicber Studiën, u.a. über Spinoza, Dante, Goetbes Faust, Scbopenbauer und Plato. In einer Reibe Monograpbien bebandelte er die figuren aus der Gescbicbte der Philosophie. Wie in den vielen Aufsatzen zu seinem Ableben in der niederlandiscben und flamiscben Presse zum Ausdruck kommt, übte er auf das Geistesleben der Niederlander grossen Einfluss aus. Er war ein unermüdlicber Kampfer für einen stark platonisch gefarbten Idealismus, in dem er die Werte des Geisteslebens in sorgfaltig erwogener Spracbe denn er war aucb Dichter bocbbielt und ver? teidigte. Kurz vor seinem Ableben erscbien von ibm noch eine Studie, in der er inmitten der Wirr? nisse dieser Zeiten auf den weiten, versöbnenden Bliek binwies, den das Denken verleibt, und auf die Rube, die in das Gemüt derjenigen einkebrt, die aucb die Gescbebnisse der beutigen Tage unter dem Licht der Ewigkeit seben können.
G. J P. J Bolland schilderij van Georg Rueter
Nicht nur als Schriftsteller und Dichter, sondern aucb als Dozent an Volksuniversitaten, pbiloso? pbiscben Lebrgangen und anderen kulturellen Ein; ricbtungen tracbtete Dr. Bierens de Haan danacb, ein so breit wie möglicbes Publikum mit dem pbi? losopbiscbcn Gedankengut, das er sonst nicht mit weltbewegten Neuorientierungen erweiterte, vertraut zu macben. Dass die Kant?Gesellscbaft ibn zum Ebrenmitglied ernannte und die Amster? damer Universitat ibn zum Ebrendoktor erbob, dürfte als Beweis geiten, wie sebr man ibn aucb in wissenscbaftlicben Kreisen anerkannte.
lm Gegensatz zu dem aggressiven, willenskrafti? gen Bolland, dessen Gedankengut babnbrecbend aucb die breite niederlandiscbe Volksmasse an? spracb, blieb die bescbeidene, verbindlicbe, gewis? sermassen gezierte Scböngeisterei Bierens de Haans das Vorrecbt einer breiten, aber oberen Schicht. Er ist kein Erneuerer, sondern ein aus? wablender Verfasser vieler Studiën, ein Populari? sator im guten Sinne des Wortes, ein kritischer Vermittler des pbilosopbiscben Gedankengutes, bei dem das Schone genau so scbwer wog wie das Pbilosopbiscbe. Durch seine Studiën, Werke und Vorlesungen regte er stark zum Studium der Pbi? losopbie an und bat auf diese Weise grosses Ver? dienst für deren Verbreitung. Genau so wie seine Studiën war aucb sein persönlicbes Wesen: ver?
bindlicb, bescheiden, nacbdenklicb, kritisch und doch voller Autoritat.
Seine grosse Passion war die Philosophie. Sein ganzes Leben widmete er bedingungslos dem Su? cben nacb den menscblicben W'erten, nacb dem tiefsten Boden des Geisteslebens und nacb der Bestimmung der Stellung des Menscben im Weltall. Das Denken, als zentrale Funktion des Geistes, war für ibn unentbebrlicb. Kenntnis eracbtete er als das erste menscblicbe Lebensbedürfnis. Das Denken ist für Bierens das scböpferiscbe Werk, das das Leben glücklicb macht, ~weil es uns zum Nacbsinnen über unsere Menschlicbkeit zwingt. Dadurcb erwerben wir ein Bewusstsein, das uns vom Naturstaat zum Geistesstaat erbebt”. Die Vollendung des Lebens siebt er in dem Qualita? tiven, sie kann desbalb nur in einer Vertiefung des Bewusstseins besteben.
Bierens de Haan weist alle Spezialisierung der Philosophie ab. „Durch Spezialisierung trennt man Zweige von einem Baume ab, in der Annabme, dass die Zweige auf sich selbst fortbesteben kön? nen”. Er yerbindet den Spinozismus und Hegelia? nismus mit kritischer Philosophie. Bei seiner Pro? movierung zum doctor bonoris causa der Amster? damer Universitat 1936 umriss er seinen Werde? gang. „Spinoza und Kant wurden für micb zwei Wegweiser. Scbliesslicb musste in mir das Denken seinen eigenen Weg der Besinnung geben und wenn aucb dieser Weg nabe an Ficbte und Hegel, den Heroen des deutscben Idealismus, entlang fubr, Ficbtianer oder Hegelianer wurde icb nicht”.