Bestimmung zu beschranken, der Poesie zu dienen für den Ausdruck und die Situation des Gegens standes ohne die Handlung zu unterbrechen oder sie durch überflüssige Zierraten zu erkalten

Ich habe also einem Darsteller weder in der grössten Warme seines Dialogs durch Abwarten eines langweiligen Zwisehenspieles aufhalten, noch ihn mitten im Worte auf einem günstigen Vokale anhalten wollen, um entweder in einer langen Pass sage mit der Beweglichkeit seiner schonen Stimme zu glanzen oder abzuwarten, dass das Orchester ihm Zeit gebe, den Atem zu einer Kadenz zu

schöpfen.” Hier sagt also Gluck ganz eindeutig, was er will: der Poesie dienen.

Der Wiener Intendant Graf Durazzo ver* mittelte Glucks Bekanntschaft mit Raniero de Calzabigi, der 1761 als Beamter der Niederlandi* schen Rechnungskammer nach Wien gekommen war, und in dem Gluck eine für seine Plane aufs geschlossene und gleichgesinnte Dichterpersön« lichkeit fand. Aus dem Zusammentreffen dieser beiden Manner und ihrer idealen Gemeinschafts* arbeit konnte erst die Opernreform entstehen, die, fast 100 Jahre vor Richard Wagner, so etwas wie ein Musikdrama vorwegnahm. Denn dies war es, was beiden Mannern vorschwebte : die Musik

Prof. Hanns Niedecken-Gebhard inszenierte als Gastregisseur am Deutschen Theater in den Niederlanden „Orpheus und Eurydike” von Gluck. Die Aufnahme zeigt Prof. Hanns Niedecken-Gebhard mit Lorna von Ronacher als Orpheus

sollte wieder in den Dienst der Dichtung treten, anstelle der willkürlichen Effekte sollte die aus dem Geist der Diehtung geborene wahre Leidem schaft herrschen. In diesem Sinne hat auch Gluck sein 1762 uraufgeführtes Werk nicht Oper genannt, sondern die Partitur tragt den Titel: „Orfeo, dram» ma per musica in due atti”. Die alte Bezeichnung „opera seria” ist absichtlich vermieden. Der Be? ginn des Orpheus mit seinen grossen Chören und Ballettpantomimen führte den Reformer sofort in den Mittelpunkt der neuen Probleme. Wenn er auch im ersten Akt in Gestaltung des neuen zu=

nachst noch hinter seinen eigenen Absichten zu« rückblieb, so gelang ihm die Lösung dessen, was ihm als Gesamtkunstwerk vorsehwebte, um so glücklicher in der Eingangsszene des zweiten Aks tes, WO Orpheus den Zorn der Furiën in der Unters welt zu besanftigen sucht. Rousseau sagt, dass er bei dem schreckensvollen „Nein”, das die Geister des Orkus, dem sie anflehenden Sanger immer wieder entgegendonnern, und das zu allen Zeiten wegen seiner dramatischen Wucht Bewunderung hervorgerufen hat, und dem wir in der gleichen Grossartigkeit nur noch einmal in Mozarts „Don Giovanni” begegnen, jedesmal sein Herz bis in seine Tiefe efbeben fühle.