verganglichen und raschen Ruhmes, bis an sein Ende verwachsen geblieben ist, scheint diesen treuen Sohn nicht losgelassen zu haben. Mit der Rückkehr nach Brünn 1881 sind die Lehr* und Wanderjahre für ihn beendet. Nach dem Prager Vorbild gründet er jetzt eine Orgelsehule, die er unter finanziellen Opfern über alle Schwierigkei* ten hinweg aufrecht erhalt, und an der er selbst eine Lehrtatigkeit entfaltet, die auf die gesamte mahrische Musik nicht ohne Einfluss blieb. In jene Jahre fallen, neben seinen kompositorischen und theoretischen Arbeiten (die eigentlich nur für seine Lehrtatigkeit bestimmt waren), die Forsehungen über Wesen und Wirkung des Volksliedes und der Spraehmelodie. Vor allem auf dem letzteren Ge*

biet beschritt er ganz neue Wege und sammelte Erfahrungen, die sich zu ihrer Zeit künstlerisch mainifestieren sollten. Sein starker Realismus, der ihn von dem tektonischen Aufbau der klassischen Musik, der auch Smetana noch durchaus verbun* den war, hinwegführte, fand hier eine neue Mög* lichkeit der Aussage auf dbm Gebiet des musika* lisehen Dramas. Geleitet von diesen Forsehungen und Beobaehtungen entfaltete er hier nicht mehr das musikalische Motiv, sondern in einem dynami* schen Aufbau setzte er seine musikalischen Ge* danken in die Realitat um. Trotz aller Vorwürfe, die man gegen Janacek wegen seiner angeblichen Naturnachahmung gemacht hat, hat er weder Volkslieder noch Sprechmelodien in sein Werk aufgenommen. Alle seine Studiën haben immer dazu gedient, seine musikalische Ausdrucksweise zu vervollkommnen. Sie haben ihm die Schlagkraft

seiner Aussage und die Konzentration auf das We* sentliche gegeben.

Seine aus der Volksseele Mahrens kommende Musik hat immer mit den einfachsten Mitteln aus* zukommen gewusst. Ein Akkord, eine Andeutung genügte ihm, wo andere, um sich auszudrücken, einen ganzen Orchesterapparat in Bewegung set* zen mussten. Diese Bemühung nach einer einfa* chen Linie beginnt bereits mit der Bearbeitung und Herausgabe der Volkslieder, wo er oft nur eines einzigen Grundakkordes bedarf, um eine Stimmung, eine Melodienfolge in der Gesangs* stimme festzulegen. Bei dieser einfachen und spar* samen Verwendung der künstlerischen Mittel blieb es nicht aus, dass ihm, auf dem nun einmal

„Jenufa” 1. Akt Zeic'hnu ng von Aifred Sack

beschrittenen Weg, der Vorwurf der Primitivitat gemacht wurde. Aber es ist gerade umgekehrt. Nich weil er wenig zu sagen hat und ungegliedert ist, sondern weil er reich und differenziert bis in die Endpunkte aller Dinge empfindet, licht er die reine und einfache Linie. So will es sehr überra* schend erscheinen, wenn sich der fast sechzigjah* rige Meister kurz nach 1910 als so etwas wie der Führer einer ausserst radikalen Richtung in der musikalischen Formgebung sieht. Die Musikbe* strebungen jener Zeit entdeekten plötzlich in ihm, der stets kompromisslos und ohne Anlehung an eine Schule für sich komponiert hatte, der von ganz anderen Vorstellungen und Voraussetzungen ausging, ihre eigenen Tendenzen. In seiner Harmo* nielehre, die zum Teil aus dem Bedürfnis seiner Lehrtatigkeit an der Orgelsehule entstanden war, lesen wir: Jeder Akkord kann durch jeden ande*