Sonne gehe auf und unter, obschon wir sehr wohl wissen, dass dies nur scheinbar geschieht und mit der Erdrotation zusammenhangt. So reden wir vom Luftballon, der frei im Luftraum schwebe, wobei wir absichtlich vergessen, dass er nur dem Gesetze von der Dichtigkeit der Gase gehorcht.

Sobald man die vom wissenschaftlichen Standpunkte richtigen Pramissen des Herrn Naville zugibt, dass namlich eine Willensausserung durch die Impulse der Sensibilitat oder die Motive der Intelligenz determiniert sei, gibt es keine Ausflüchte mehr. Dann existiert auch kein Grund mehr, die drei Wörter; wahlen, widerstehen, nachgeben in eine besondere Klasse zu versetzen. Es bleibt rein nichts anderes übrig, als beim Determinismus anzulangen, oder dann der Vernunft mit aller Bestimmtheit Valei zu sagen.

Man fürchtet die Lehre des Determinismus, welche besagt, dass diese Impulse unsere Handlungen mit absoluter Notwendigkeit zustande bringen, und gerade gegen diesen Fatalismus lehnt man sich auf. Man denkt dabei merkwürdigerweise nur an die Impulse zum Schlechten, fasst nur die Triebe der „Béte humaine” ins Auge und wendet sich vom Determinismus ab, als ob er ein empörendes Sklaventum, die gewaltsame Unterdrückung der Moral in sich schlösse. Darob vergisst man, dass wir auch die Sklaven des Gut en und Schonen und der Gesetze der Moral sein können, dass wir auch höhern Impulsen unserer Sensibilitat nachgeben und dass endlich die Motive der Intelligenz zu machtigen Triebfedern werden durch die damit verbundene Anziehung oder den Widerwillen, so dass gerade sie es sind, welche oft unsere Willensausserungen bestimmen.

Was wir auch tun mogen, so gehorchen wir immer irgend einem Gefühl, einem Gedanken. Wenn wir irgend eine beliebige Handlang die Selbstaufopferung eines Martyrers ganz ebensogut, wie das scheusslichste Verbrechen kritisch untersuchen: immer werden wir eine unabweislich gebieterische Triebfeder entdecken, welche die Tat veranlasst hat. Bei dem einen ist es ein angestammter, durch die Erziehung gefestigter Seelenadel; es sind moralische oder religiöse, durch den FamUienkreis oder die soziale Umgebung des Betreffenden sorgfaltig gehegte und gepflegte Überzeugungen; bei dem andern sind es die furchtbaren Impulse des tierisch rohen Egoismus, die niedrigen Leidenschaften, welche als Unkraut im